Ein Langzeitstudie testet die psychischen Belastungen einer bemannten Marsmission in der Zukunft
Langzeitaufenthalte im All haben ihre ganz eigenen Anforderungen und eine mögliche bemannte Mission zum Mars stellt die internationale Raumfahrt vor ganz neue Fragestellungen sowie organisatorische und vor allem medizinisch-psychologische Herausforderungen. Um letztere genauer zu analysieren und um entsprechende Rahmendaten für eine detaillierte Planung einer Marsmission zu gewinnen wurde von ESA und ROSKOSMOS das Mars500 Langzeitexperiment ins Leben gerufen.
Über einen Zeitraum von 520 Tagen wurde im Juni 2010 dabei ein Team von 6 Männern in einer Raumfahrzeug-ähnlichen Situation untergebracht und wird seitdem Tag und Nacht beobachtet und medizinisch-psychologischen Tests unterzogen. Während der langen Zeit werden möglichst viele Bedingungen eines realen Marsflugs simuliert. Im November 2011 endet das Experiment.
Dauer:
Aufnahme:
Jennifer Ngo-Anh Life Science Department, ESTEC, ESA |
Im Gespräch mit Tim Pritlove bietet Jennifer Ngo-Anh vom ESA Life Science Department beim ESTEC einen Einblick in die Vorbereitung und Durchführung des Projektes und die sich jetzt schon abzeichnenden Zwischenergebnisse noch bevor die eigentliche wissenschafltiche Auswertung der Mission beginnt.
Themen: Persönlicher Hintergrund; Bedarf für medizinisch-psychlogische Studien für Langzeitmissionen; Erfahrungen durch Raumstationen und Mondflüge; Auswahl der Mars500-Teilnehmer; Module zur Simulation des Raumfahrtzeugs und der Marsoberfläche; Unterschiede zwischen Simulation und einer richtigen Mission; Einrichtung der Module; Sportprogramm für die Astronauten; Verzögerung der Kommunikation; Tagesplan; Wissenschaftliche Experimente an Bord; Veränderung bei Menschen in Isolation; Die Rolle der Betreuer und des simulierten Kontrollzentrums; Lustige Gruppenfotos und die Bedeutung von Humor und Kreativität für die Motivation; Kameraüberwachung an Bord; Simulierte Notfälle; wie man aufkommende Monotonie erkennt; Auswertung der medizinisch-psychlogischen Tests.
Links:
- ESA: ESTEC
- ESA: Mars500
- RZ021 Weltraumedizin
- RZ026 Forschen in Schwerelosigkeit
- WP: Internationale Raumstation (ISS)
- WP: Mir
- ESA: SPHINX
- Institut für Biomedizinische Probleme (IBMP)
- IBMP: Mars500
- RZ010 Raumstationen
- WP: Big Brother
- WP: 2001: Odyssee im Weltraum
Schöner Beitrag! Meine Frage, warum nur Männer ausgewählt wurden, wurde zwar noch nicht zufriedenstellend beantwortet („medizinische Gründe“) – aber vielleicht kriegt man ja noch mehr raus…
Spannend stelle ich mir eine gemischte Crew schon vor!
Vielleicht sind ja beim nächsten Projekt dieser Art Frauen mit dabei…
Mich würde man übrigens für kein Geld der Welt in so eine Blechbox kriegen 😉 weder zu Studienzwecken noch um unseren kleinen gemütlichen Planeten zu verlassen.
Ist aber extrem spannend, zu sehen, was andere Menschen auf sich nehmen, um es trotzdem eines Tages möglich zu machen!
In der Mediathek von ZDF neo gibt es einige Filmchen über das Vorläufer-Projekt von Mars500, die Isolationsstudie über 105 Tage ist dort in mehreren Episoden zu sehen, und man bekommt sehr anschaulich gezeigt, wie die Leute in der „Dose“ leben.
Hier der Link: http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/aktuellste/857392#/beitrag/video/1109390/Reise-zum-Mars—Teil-2
Bei einer gemischten Crew muss man einiges beachten.
Wenn Männer und Frauen über zwei Jahre zusammen sein sollen, rechne ich mit Intrigen. Das ließe sich nur ausschließen, wenn diese sechs Leute eng miteinander befreundet sind.
Wenn schon küssende Russen auf Silvester ein Problem sind, sollte man entweder sechs Frauen oder sechs Männer nehmen.
http://www.youtube.com/watch?v=pj0WT6IvoCg ab 2:51
Eine Frage, die sich mir beim Hören stellte, wurde leider nicht beantwortet:
Es wurde gesagt, dass die Crewmitglieder jederzeit hätten aussteigen können. Was bedeutet das aber für die Psychologie im Gegensatz zum echten Marsflug, bei dem diese Option dann ja nicht besteht?
Gibt es deshalb nicht große Unterschiede im Verhalten, in der psychischen Belastung zwischen der Simulation und der echten Mission?
Hallo Dirk!
Jennifer Ngo-Anh hat mich gebeten diese Antwort auf deine Frage zu posten. Beste Grüße, Lena
Natürlich kann man über die Frage, ob die Simulation realistisch ist, wenn man den Teilnehmern freistellt die Studie zu jedem Zeitpunkt verlassen zu können. Zum einen bekommen sie so ein Gefühl der Sicherheit und Kontrolle über ihre Situation, die echte Mars-Astronauten nicht hätten. Auf der anderen Seite kann man argumentieren, dass sie dafür immer wissen, dass sie nie den echten Mars erreichen werden mit ihrer Mission. Nichts desto trotz sind wir davon überzeugt, dass die Studie sinnvoll durchgeführt wurde und wir wertvolle Ergebnisse und Erkenntnisse gewinnen, die wir in der Zukunft für echte Missionen verwenden wollen.
@Jennifer Ngo-Anh
> Nichts desto trotz sind wir davon überzeugt, dass die Studie sinnvoll
> durchgeführt wurde und wir wertvolle Ergebnisse und Erkenntnisse
> gewinnen, die wir in der Zukunft für echte Missionen verwenden
> wollen.
Ihr habt getan, was ihr könnt.
Dirks Einwand ist aber tödlich. Es bleibt eine Simulation. Bitte überschätzt eure Simulation nicht!
Der Link zu SPHINX sollte eher zu SFINCSS zeigen…
Schönes, ausführliches Gespräch und vor allem tolles Timeing!
mal wieder ein toller podcast. allerdings fehlte mir eine ganz wichtige information. die crew hat counter strike gezockt, um zu entspannen und aggressionen abzubauen 😀 (http://www.gamersglobal.de/news/45517/mit-counter-strike-zum-mars-fliegen). da hätten mich ja ein paar mehr details interessiert. ob die spiele, die gespielt werden konnten, vorher ausgesucht werden konnten, ob es da irgendwelche wissenschaftlichen kriterien gab usw. und natürlich, ob das zocken, nach den erfahrungen vom mars500 projekt, auch eine option für den richtigen marsflug ist 🙂
@bbb @Jochen O aus S @Fluch @Meike:
Hier eine Antwort von Jennifer Ngo-Anh zum Thema Computerspiele.
Die Freiwilligen durften vor dem Start ihrer Mission Videospiele (z.B. auch für das an Bord befindliche WII System) mitnehmen. Es gab von unserer und auch von wissenschaftlicher Seite keine Einwände gegen die Art der Spiele, die an Bord genommen wurden.
@bbb:
Erster Satz auf der von dir verlinkten Website: Zitat: [Kein anderes Computerspiel wurde (…) öfter als „Killerspiel“ verunglimpft als der Taktik-Shooter Counter-Strike.] Zitat Ende.
Was, bitte schön, ist das denn anderes als ein genauso hirn- wie skrupelloses Killerspiel? (Siehe Galerie von Screenshots auf derselben Seite). Da gibt es nichts zu „verunglimpfen“!… Ich weiß, völlig Off-Topic, aber ich kann mich manchmal nur wundern über uns Menschen.
@ Tim Pritlove: Wirklich wieder eine sehr interessante und aufschlussreiche Folge, die Denkansätze gibt, auf die man aus dem bürgerlichen Alltag heraus nicht kommt. Ich bin wirklich gespannt, wann ein solcher Raumflug realisiert wird und welche Begebenheiten sich dort in der Realität dann ergeben. Es ist doch alles ein bisschen schwieriger als bei Käpt’n Kirk & Co.
Was mich auch interessieren würde, wie gut verkraftbar die Strahlenbelastung einer solchen Reise, inkl. Aufenthalt auf dem „schutzlosen“ Planeten, ist.
Ich freue mich schon auf die nächste Folge!
@ Jochen O aus S: Vllt, weil es kein „Killerspiel“ ist? Muss man hier wirklich nicht thematisieren.
Zum Podcast: Hat mir nach anfänglicher Ernüchterung dann doch noch gut gefallen. Spannend fand ich die Frage zu der „Langweile“ und den inszinierten „Problemen“. Ansonsten weiter so, ich hoffe, man wird noch auf viele Podcasts zugreifen können. Themen sollte es wirklich genug geben, vielleicht auch mal in die Richtung DLR-Aktiviatäten bei CERN.
Die Frage nach Counter-Strike finde ich auch nicht uninteressant.
In den ZDF-Filmen konnte man in einer Kamera-Einstellung auch einen der Teilnehmer ein „Ballerspiel“ spielen sehen (keine Ahnung welches das nun war).
Ich stelle mir allerdings vor, dass in einem solchen Experiment das Aggressions-Potential zwischen den Teilnehmern durchaus durch solche virtuellen Kriegsspiele kanalisiert werden kann.
Es hat ja in früheren Studien auch tatsächlich Handgreiflichkeiten und körperliche Attacken gegeben – insofern stelle ich mir vor, dass die Verantwortlichen daraus gelernt haben und einen Bedarf für solche Spiele sehen?
Auch und gerade unter diesem Aspekt (also Aggression, Hierarchie-Auseinandersetzungen usw.) hätte mich eine gemischte Gruppe mit Frauen sehr interessiert.
Die Frage nach dem Einsatz von Kriegs-Games finde ich daher schon spannend, da man ja immer wieder unterstellt, dass diese Spiele immer wieder von den Teilnehmern ins „reale Leben“ mitgenommen werden und die Leute dann ausrasten können.
Sicher traut man den Probanden in der Mars500-Studie genug Selbstvertrauen und innere Ausgeglichenheit zu, hier die Grenzen zwischen Game und Realität nicht aus den Augen zu verlieren…
ähmmm eigentlich ein ähmm schöner Podcast aber ähmm ein paar ähmm zuviel, hatte mich fast verleitet ähmm auszumachen ähmm
Sorry daher war er nicht ganz so toll wie andere, aber interessantes Thema
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In @raumzeit 027 geht es um Mars500, eine Langzeitstudie psych. Belastungen bemannter Raumfahrt. Könnten solche Studien nicht Impulse geben für psych. Bel. durch Isolation & Lockdown? Im @Psych_Cast 118 klang an, dass klassische Methoden langsam an Grenzen kommen.
https://psychcast.de/der-corona-alltag-und-die-wirtschaftlichen-folgen-mit-sven/
https://twitter.com/onmywaythrough/status/1365794795742986242
Eine weitere Frage, die sich mir beim Hören stellte:
Wurden auch die Themen Nahrung, Sauerstoff und Energie simuliert, oder wurde das immer von extern in ausreichender Form eingespeist?