RZ114 CERN: CMS

Aufbau, Funktion und Aufgabe des CMS-Detektors am CERN

Der CMS (Compact Muon Solenoid) ist einer der beiden Detektoren, die gemeinsam den Nachweis des Higgs-Bosons ermöglicht haben und ist eine dieser gigantischen Strukturen 100m unter der Erde am CERN and dem die vom LHC beschleunigten Teilchen untersucht werden.

Dauer:
Aufnahme:

Wolfgang Adam
Wolfgang Adam

Wir sprechen mit Wolfgang Adam, dem stellvertretendem Sprecher CMS-Kollaboration, über die Planung, Bauphase und Design des Detektors, die Funktionsweise und Aufgaben der einzelnen Detektionsschichten und welchen Beitrag CMS zum Nachweis des Higgs-Bosons geleistet hat.


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Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich Willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Frithloff und ich begrüße alle hier zu Nummer 114 von Raumzeit.Und ja, wie ihr schon gemerkt haben dürftet, gibt es ja hier eine ganze Serievon Podcasts hier am CERN in Genf, wo wir mal aufschlüsseln wollen,was denn hier eigentlich alles so installiert ist, warum und wie es funktioniert.Und nachdem wir jetzt schon ein wenig über die Geschichte des CERNs gelernthaben und auch so die Grundlagen der ganzen Physik,die hier erforscht wird,angerissen haben, uns auch schon den ersten Detektor angeschaut haben mit ALICE,wollen wir heute mal so ein bisschen auf den Kern der Kernforschung hier kommenund uns in einer Reihe von zwei Sendungen die Hauptdetektoren des LHC,des Large Hadron Collider, anschauen, mit denen so der Großteil der Experimente durchgeführt wird.Und fangen wir an mit dem CMS-Detektor, dem Compact Muon Solenoid, Toller Name, Detektor.Ja und um darüber Auskunft zu erhalten, begrüße ich meinen Gesprächspartner,nämlich Wolfgang Adam. Hallo Wolfgang.
Wolfgang Adam
Hallo.
Tim Pritlove
Herzlich willkommen bei Raumzeit. Du bist Senior Research Associate für CMSAnalyse und CMS Tracking und stellvertretender Sprecher.
Wolfgang Adam
Genau, ich arbeite für das Institut für Hochenergiephysik der ÖsterreichischenAkademie der Wissenschaften in Wien und habe eben gleichzeitig auch Funktionenin der Kollaboration, die das CMS-Experiment betreibt.
Tim Pritlove
Ja und wie bist du dazu gekommen mit der ganzen Wissenschaft?War das irgendwie schon ein Kindheitstraum?
Wolfgang Adam
Naja ich hatte mich früher für Mathematik,Technik, Physik interessiert und habe dann ein Studium der Physik an der TechnischenUniversität in Wien begonnen und als es Richtung Diplom ging,hatten wir einen Professor für Theoretische Physik,der gleichzeitig zu dieser Zeit Präsident des CERN Councils war,das heißt der Vertretung an der CERN-Mitgliedsstaaten, die die strategischeAusrichtung des CERN sozusagen definieren.Und er hat uns eben diese Art von Physik näher gebracht und von den Herausforderungengesprochen, die es hier gibt.Und das hat mich natürlich interessiert habe mich dann für meine Diplomarbeitbeworben beim Institut für Hochenergiephysik,das eben das Institut in Wien ist, das sich mit dieser experimentellen Hochenergiephysikbeschäftigt und bin dort eingestiegen in die Vorbereitung des Delphi-Experiments.Das war der Beschleuniger, der hier im Tunnel vor dem LHC gelaufen ist,LEP, Large Electron Positive Collider, und wir haben da eine Detektor-Komponentein Wien gebaut und ich habe mich dann angefangen damit zu beschäftigen und bindann zum CERN gekommen um die Installation und den Betrieb und die Auslese diesesDetektors zu übernehmen.Das war ab dem Ende der 80er Jahre,also LEP ist während der 90er Jahre gelaufen, Also die beginnen 1989.
Tim Pritlove
Das heißt du bist jetzt hier seit 30 Jahren oder länger noch?
Wolfgang Adam
Ja. Ja.
Tim Pritlove
Okay.
Wolfgang Adam
Und ich habe dann am CERN ein Fellowship gemacht, im selben Experiment,aber in einem anderen Detektor, dem Cherenkov Detektor.Das ist etwas, was wir hier CMS nicht finden,aber das ist ein Detektor, mit dem man Geschwindigkeit geladener Teilchenmessen kann und sie damit identifizieren kann und habedann verschiedene Physikgruppen in Delphi übernommen und dann gegen Ende derLablaufzeit auch eine gemeinsame Arbeitsgruppe der vier Lab-Experimente fürSuchen nach unter Anführungszeichen exotischer Physik, also neuen Teilchen.
Tim Pritlove
Exotische Physik. Tcherenkov-Strahlung war ja auch schon mal ein Thema,Raumzeit 104, da war ich auf La Palmaund wir haben dort die Pläne für das Tcherenkov-Teleskop-Array angeschaut.Das ist ja related, sagen wir mal, da kosmische Strahlung und so weiter.
Wolfgang Adam
Genau, nur entsteht dort die Tcherenkov-Strahlung in der Atmosphäre.Da muss man nicht beschleunigen. Genau, während hier in den Hochenergiephysik-Experimentendas innerhalb eines Detektors passiert.
Tim Pritlove
Genau, aber das ist ja immer wieder auch schön zu sehen, so diese Analogie.Auf der einen Seite gibt es halt die Installationen, die einfach versuchen diekosmische Strahlung, die ohnehin schon beschleunigt durchs All schießt,in irgendeiner Form auszuwerten.Da wäre ja nebenbei auch noch das Alpha Magnetspektrometer zu erwähnen.Hatte ich ja auch schon bei Raumzeit 38 schon vor 10 Jahren tatsächlich dasThema schon mal, dessen Kontrollzentrum ja tatsächlich hier auch auf dem Zerngelände ist.Genau, aber wie wir ja auch schon in den letzten drei Sendungen ausgeführt haben,hier wird halt viel beschleunigt und durch diese Kaskade von Ringen kriegt mandann halt einfach die Teilchen mit einer sehr sehr hohen Energie zu den Detektorenund das ist dann eben sozusagen der Ort, wo es dann unter anderem mit dem CMS weitergeht.
Wolfgang Adam
Genau, und das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Auslegung der Experimente,weil wir eben hier nicht natürlich vorkommende Phänomene betrachten,die über Zeit konstant beobachtet werden können, sondern wir generieren hierdie Kollisionen, die wir beobachten wollen, direkt.Und das hat natürlich Auswirkungen auf, wie wir die Detektoren auslegen, betreiben.
Tim Pritlove
Jetzt wollen wir nochmal sagen, also ich hab's ja schon angedeutet,also CMS und Atlas, was, Spoiler Alert, das Thema in der nächsten Sendung seinwird, das sind ja im Prinzip so...Geschwister, Nachbarn, die kümmern sich im Wesentlichen um freundliche Konkurrenten.Also zwei Detektoren mit unterschiedlicher Technik, die mehr oder weniger denselben Auftrag haben.Im Prinzip in all dieser ganzen Beschleunigungen die selbe Art von Phänomenenversuchen zu beobachten, aber eben mit unterschiedlicher Technik.Und das finde ich einen ganz interessanten Ansatz, weil man ja dadurch sozusagenvon vornherein feststellt, okay, wir haben kein Bias in unserer Technologie bei dem, was wir sehen.Oder zumindest nicht so weniger, weniger Bias.
Wolfgang Adam
Es gibt verschiedene Gründe natürlich, das so zu machen.Warum wir überhaupt zwei Experimente haben, das hat mit dem zu tun,was ich vorhin erwähnt habe, dass wir hier eben die Kollisionen selbst erzeugen.Ein Grundsatz der Wissenschaft ist natürlich, dass Messungen immer kontrolliert,unabhängig kontrolliert werden können von unabhängigen Wissenschaftlern.Bei vielen Experimenten kann das hintereinander geschehen.Also es wird ein Experiment durchgeführt, man findet etwas, danach kommt einanderes Experiment, das das überprüfen wird und verbessern wird.Aber nachdem wir hier natürlich den Beschleuniger betreiben müssen,ist es nicht optimal, wenn man die Messzeiten, die ja ohnehin Jahre und Jahrzehntedauern, wenn man die verdoppeln würde.Und daher ist es viel ökonomischer, die zwei Experimente gleichzeitig zu betreiben.Und für die unterschiedliche Auslegung gibt es verschiedene Gründe,technologische Gründe, aber es gibt Es gibt vor allem unsere,wenn wir Messungen durchführen, sind die Werte, die wir messen,natürlich mit Fehlern behaftet.Das heißt, es gibt da Unsicherheiten auf die Messwerte. Das ist vollkommen normal.Das geschieht in allen Messungen.Und diese Unsicherheiten können verschiedenen Ursprung haben.Es gibt einen ganz einfachen statistischen Ursprung.Das heißt, wir beobachten eine endliche Zahl von Ereignissen,wenn wir einen bestimmten Prozess messen und dadurch können Fluktuationen auftreten.Wenn man einen Würfel zehnmal würfelt, dann werden die Eins bis Sechs nichtgenau mit der gleichen Wahrscheinlichkeit auftreten.Also man wird nicht die gleiche Zahl beobachten.Ähnlich ist es hier, wenn wir nur eine bestimmte Zahl von gewissen Ereignissenbeobachten, dann kann diese Zahl einfach ganz natürlich rauf und runter fluktuieren.Aber es gibt dann eine zweite Komponente, die wir hier typischerweise systematischeFehler nennen. Das ist...Mögliche Verzerrungen des Messwerts durch Effekte, die zum Beispiel aus demDetektor kommen können oder aus der theoretischen Modellierung dieser Prozesse.Und um diese Fehler möglichst auszuschließen, ist es günstig,wenn man zwei Experimente mit unterschiedlichem Aufbau hat, weil Detektorfehlerdann im anderen Experiment nicht in derselben Form auftreten würden und mansich dadurch gegenseitig kontrollieren kann.
Tim Pritlove
Ja, das ist sozusagen jetzt erstmal die Prämisse gewesen.Das heißt die beiden Detektoren sind quasi mit unterschiedlichen Philosophien,mit unterschiedlichen technischen Philosophien, aber eben mit dem selben Ziel entwickelt worden.Was ich schon mal ganz bemerkenswert finde, weil das sind ja alles sehr komplexeMaschinen. Also jede Maschine für sich ist ja schon sehr sehr sehr kompliziertund auch so nie dagewesen.Also so ein bisschen wie auch in der Raumfahrt, es ist eine permanente Prototypenentwicklungund man baut ja nicht was, was man schon mal hatte, weil das kennt man ja schon,ist ja auch langweilig so.Und das verstehe ich auch sehr gut, das ist einer der Reize,der hier sozusagen immer wieder ist. Man hat es halt einfach immer mit BleedingEdge Technology zu tun, mit anderen Worten, man muss aber diesen Aufwand danngleich zweimal treiben.Und ist natürlich dann vielleicht auch versucht, in gewisser Hinsicht, Oh mein Gott.Also dann steht man ja immer so in diesem Spannungsfeld, machen wir es jetztüberall komplett anders aus Prinzip oder tendieren wir dann dazu zu wenig aufabgehangener Technologie zu basieren,die dann auch so viel Risiko mit in das Ding reinbringt, dass es eben vielleichtam Ende nicht funktioniert?
Wolfgang Adam
Die Auslegung dieser Experimente ist immer eine Balance zwischen einem Kompromisszwischen wirklich die neueste und beste Technologie zu verwenden und gleichzeitigdas Risiko klein zu halten.Das Kleinhalten des Risikos, ein Teil davon ist natürlich wiederum,dass wir zwei Experimente mit unterschiedlichen Technologien haben.Und es gibt natürlich noch eine endliche Zahl von Detektor-Technologien,aber das heißt gewisse Elemente werden ähnlich sein,aber in den Details unterscheiden sie sich dann und vor allem in der Gesamtkonzeptionunterscheiden sich die zwei Experimente.
Tim Pritlove
Gut, dann schauen wir doch mal darauf, was jetzt im Falle von CMS tatsächlich gebaut wurde.Wie ist sozusagen das Design des Detektors?Im Namen steckt ja schon so einiges drin. Also im Prinzip das Bauprinzip,wenn ich das richtig sehe, ist hier unter anderem mit enkodiert.Und wie muss man sich das vorstellen? Wie groß ist das Ding? Erzähl doch mal.
Wolfgang Adam
Also wie gesagt, wir haben ein Kompakt im Namen. Das könnte vielleicht etwastäuschen, weil der Detektor wiegt über 10.000,Tonnen, ist über 20 Meter lang und circa 15 Meter Durchmesser,also ungefähr die Größe eines Hauses.Und dieses Volumen ist zum großen Teil mit Präzisionstechnologie gefüllt.Das Grundprinzip, das gilt auch für Atlas, ist,dass wir idealerweise, wir haben diese Kollisionen,die im Beschleuniger stattfinden, daraus entstehen Sekundärteilchen,sehr viele, hunderte, tausende, und idealerweise wollen wir alle diese Teilchenmessen und ein Maximum der Eigenschaften jedes dieses Teilchens messen.Leider gibt es kein Detektor-Konzept, das alle Eigenschaften gleichzeitig messen kann.Mit Eigenschaften meine ich da zum Beispiel den Ursprungspunkt,weil es gibt natürlich Teilchen, die direkt aus dem Punkt kommen,an dem Protonen oder Atomkerne kollidiert sind.Aber es gibt dann auch Zwischenstufen. Es gibt kurzlebige Teilchen,die dort erzeugt werden, ein Stück weit fliegen, dann in weitere Teilchen zerfallen.Das heißt, wir wollen wissen, ob Teilchen vom ursprünglichen Kollisionspunktkommen oder aus dem Zerfall eines kurzlebigen Teilchens kommen.Wir wollen die Richtung wissen.Wir wollen idealerweise die Art des Teilchens wissen, seine Masse und natürlich seine Energie.Und um das für alle wichtigen Teilchenarten zu erzielen, gibt es nur die Möglichkeit,dass man mehrere Detektorsysteme kombiniert, weil eben ein einzelnes Systemnicht alle diese Eigenschaften messen kann.Das heißt, ganz grob gesagt, teilt sich der Detektor in drei Zonen, je nach Teilchentyp.Im innersten Teil des Detektors versuchen wir die Flugbahn von geladenen Teilchen festzustellen.Also damit kann man eben auch den Produktionsort feststellen,die Richtung und wir können auch den Impuls feststellen.Das heißt im klassischen Fall ist Impuls einfach das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit.Im relativistischen Fall, unsere Teilchen, die dort erzeugt werden,sind alle normalerweise relativ nah an der Lichtgeschwindigkeit.Es ist etwas komplizierter, aber es gibt jedenfalls einen Zusammenhang zwischenEnergie, diesem Impuls und der Masse eines Teilchens.Und das erzielen wir dadurch, dass wir eben ein starkes Magnetfeld im Großteil des Detektors haben.Und dieses Magnetfeld wird die geladene Teilchen auf Helixbahnen zwingen.Und aus der Krümmung dieser Helixbahnen kann man dann den Impuls berechnen.Die Idee ist, dass man in diesem Volumen die Teilchen möglichst wenig und unterAnführungszeichen stört.Das heißt, wir wollen diesen Teil des Detektors möglichst leicht bauen,damit die Teiche nicht mit Material kollidieren und sich in andere Teiche umwandeln.Und das ist sozusagen die erste Zone. Die zweite Zone wird verwendet,um die Energie der meisten Teilchen zu messen, indem man sie de facto absorbiert.Das heißt, dort kehrt man das Prinzip sozusagen um.Man hat eine Zone mit sehr dichtendem Material.Und in dem dichten Material werden die einlaufenden Teilchen eine Wechselwirkungmit Atomkernen oder Elektronen machen.Das wird neue Teichen erzeugen und diese neuen Teichen können wiederum kollidierenund wiederum neue Teichen erzeugen. Das heißt, das ist ein Lawineneffekt.Das heißt, man hat eine Multiplikation der Teilchen, die dort in diesem Schauerentstehen und das geht so lange, bis die Energie der Teilchen,die durchschnittliche Energie der Teilchen so weit gesunken ist,dass sie keine neuen Teilchen mehr erzeugen können.Weil das ganze geschieht natürlich über die übliche Äquivalenz zwischen Energie und Masse.Das heißt, solange die einlaufenden Teilchen Energien haben,die über der Masse anderer Teilchen liegen, können sie neue Teilchen überzeugen.Und das heißt, irgendwann einmal fällt die Energie und der Schauer wird beendet.Und aus der Größe des Schauers, aus der Zahl der Teilchen mit dem Schauer,können wir die Energie des einlaufenden Teilchens rückrechnen.
Tim Pritlove
Habe ich das gerade richtig verstanden? Also die eigentliche Kollision,klar die löst du jetzt erstmal aus, dann gibt es halt nachfolgende Prozesse,wo dann eben weitere Zerfallsprodukte entstehen, weil das einfach die Eigenschaftdieser Teilchen ist, dass sie nicht langlebig sind.Aber das System ist schon so aufgebaut, dass man dann ab einem bestimmten Zeitpunktauch schon bewusst anderes Material bereit hält, einfach um dann noch weiteresekundäre Kollisionen geschehen zu lassen.
Wolfgang Adam
Die sekundären Kollisionen in dieser zweiten Zone werden sozusagen absichtlichherbeigeführt, eben um die Energie dieses einlaufenden Teilchens messen zu können.Und diesen Bereich werden die allermeisten Teilchen nicht verlassen.Also vielleicht sollte man dann hier sprechen, ein bisschen über die Teilchenarten,die wir da messen können. Also wir haben im Wesentlichen...Das Standardmodell mit eigentlich vier Wechselwirkungen, aber die Gravitation,die Schwerkraft spielt hier bei den Experimenten de facto keine Rolle.Das heißt wir haben die elektromagnetische Wechselwirkung, schwache Wechselwirkung,starke Wechselwirkung und wie sich Teilchen innerhalb eines Detektors verhalten,hängt davon ab, welchen dieser Wechselwirkungen sie unterliegen.
Tim Pritlove
Um es gleich nochmal klar zu machen für alle, die nicht ganz so in der Materiedrinstecken, mit Wechselwirkung meinen wir jetzt im Prinzip die fundamentalen Kräfte der Natur.Schwerkraft kennen wir alle, leiden wir täglich drüber, aber wir würden es nochdürrer finden, wenn sie nicht da wäre.Also die starke Kernkraft und man sagt halt hier eher Wechselwirkung,weil das ist sozusagen das, was man in diesem Teilchensystem sieht oder was dort,was wir meinen oder glauben, wissen, was dort stattfindet, eine Interaktionzwischen diesen Teilchen und manche Teilchen sind halt mehr so dieses Ist undmanche sind mehr so das Wird und diese Wirtsteilchen, das ist sozusagen dieseKräfte, von denen wir sprechen.Starke Kernkraft ist halt das, was im Kern, im wahrsten Sinne des Wortes,die Kerne auch zusammenhält, also dafür sorgt, dass nicht alles auseinander fliegt.Die schwache Kernkraft kennt man halt so ein bisschen auch unter dem Aspektder Radioaktivität, dass man sozusagen auch in der Lage ist,Obwohl schwach in irgendeiner Form das Ganze auch immer mal wieder sich auflösenzu lassen. Finde ich auch einen schönen Regulationsmechanismus.Es bleibt halt nicht alles so wie es ist, sondern mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeitfliegt der ganze Kram dann einfach so aus sich heraus, mehr oder weniger, auseinander.Und dann halt noch der gesamte Elektromagnetismus, den wir alle toll finden,jeder hat schon mal in die Steckdose gefasst.Und das hält ja auch irgendwie alles zusammen, das heißt gerade die schwacheund die starke Kernkraft,würde ich sagen, das ist hier so der Hauptfokus, während die elektromagnetischeKraft eigentlich eher so ein bisschen der nützliche Idiot ist,um das genauer anzuschauen oder gibt's Tatsachen?
Wolfgang Adam
Nicht ganz, weil de facto war ja etwas, was man in den 80er Jahren eigentlichbewiesen hat, ist, dass die elektromagnetische Kraft und die schwache Krafteigentlich nur zwei Seiten derselben Metalle sind.Und dass wir sie nur so unterschiedlich sehen, weil wir hier normalerweise beisehr niedrigen Energien arbeiten, Aber wenn man sich Kollisionen bei sehr hoher Energie ansieht,dann sieht man, dass das eigentlich dasselbe Phänomen ist, nur in zwei Arten.Ja, und um auf den Detektor zurückzukommen. Es gibt eben Detektorteile,die sind spezialisiert auf Teilchen, die hauptsächlich elektromagnetisch wechselwirken,also geladene Teilchen oder Photonen, Lichtteilchen, die de facto diese elektromagnetischeWechselwirkung vermitteln, diese elektromagnetischen Kräfte vermitteln.Und dann gibt es Hadronen, das heißt Teilchen, die auch der starken Wechselwirkung unterliegen.Und die manifestieren sich eben anders und die zum Beispiel im Detektor erzeugen,diese Schauer werden länger sein und das heißt man hat einen speziellen Teildes Detektors für diese Art Teilchen.
Tim Pritlove
Hadronen muss man nochmal dazu sagen, das ist das, was den Atomkern im Wesentlichenausmacht, also was Protonen und Neutronen formt.
Wolfgang Adam
Protonen und Neutronen sind Hadronen, aber es gibt einen ganzen Zuf von Teilchen.
Tim Pritlove
Nur so zur Einordnung. Hadronen ist der allgemeine Begriff für das,was unter anderem Protonen und Neutronen formt.
Wolfgang Adam
Genau. Und dann nach dieser zweiten Zone bleibt eigentlich nicht mehr sehr viel übrig.Dort sind eben die meisten Teilchen sozusagen stecken geblieben und es bleibeneigentlich nur mehr Teilchen über,die eben in der Lage sind, sehr große Dichten von Stärken von Material zu durchdringenund das sind einerseits die Myonen.Also die Myonen, das ist ein Schwester oder Bruder des Elektrons.Das heißt im Wesentlichen haben sie alle Eigenschaften,die auch Elektron hat, das sehr bekannte Elektron hat,aber sie sind wesentlich schwerer und das führt dazu, dass sie eben wesentlichleichter durch Material durchdringen können und der beste Beweis dafür Dafürist die Höhenstrahlung.Das sind also Myonen, die bei Kollisionen, so wie diese Lawinenartigen Schauer,die ich beschrieben habe, die entstehen natürlich nicht nur im Detektor,sondern können auch in der Atmosphäre entstehen, wenn hochenergetische Teilchenaus dem Weltraum eindringen.Und die Myonen, die dabei entstehen, können bis zur Erdoberfläche laufen undde facto sogar unter die Erdoberfläche, weil unsere Detektoren hier am LHC,die so etwa 100 Meter unter der Erde liegen, sehen noch immer Myonen aus der Höhenstrahlung.Und diese Myonen können eben die meisten Detektorschichten durchlaufen und diewerden dann in der letzten Zone, im äußersten Teil des Detektors gesehen.Das ist sehr praktisch, weil dadurch können wir sie sehr leicht identifizieren.Wie gesagt, wir würden auch gerne wissen, um welches Teilchen es sich in jedem Fall handelt.Und die Teilchen, die wir in dieser äußersten Zone sehen, sind praktisch ausschließlich Myonen.
Tim Pritlove
Und da steckt ja auch ein Name mit drin.
Wolfgang Adam
Genau. Die Myonen, die erlauben, wir können Myonen sehr präzise messen.Sie sind also ein sehr wichtiges Instrument, um zu verstehen,was in einer Kollision passiert.Und gleichzeitig werden wir die Kollisionen, die hier im Beschleuniger entstehen,laufen hauptsächlich über die starke Wechselwirkung.Was in der Kollision passiert, ist im Wesentlichen eine Auswirkung der starken Wechselwirkung.Und dabei werden sehr wenige Elektronen, Myonen oder ähnliche Teilchen erzeugt.Das heißt, es ist auch einfach, diese Myonen zu detektieren,weil neben den hunderten Teilchen, die da entstehen können bei jeder Kollision,gibt es jeweils nur höchstens einige wenige Myonen geben.Und deswegen ist die Detektion einfacher und deswegen ist das Experiment auchsehr stark darauf ausgelegt worden, dass man Myonen messen kann,die zum Beispiel auch wichtig sind, um das berühmte X-Person zu messen und zu finden.
Tim Pritlove
Vielleicht mal so als Nebeneinschub, wenn man das jetzt mal mit so der Kernspaltungim Atomkraftwerk vergleicht, wenn man jetzt hier Atomkerne aufeinander ballertund die in ihre tausend Teilchen zerschießen, dann ist das ja im Prinzip auch eine Kernspaltung.
Wolfgang Adam
Nicht ganz. Also was man wirklich verstehen sollte ist, dass bei den Energienmit denen wir hier arbeiten, diese Energien liegen viele Größenordnungen überden Energien, die typischerweise in einem Atomkern auftreten.Und bei diesen Energien, wenn zum Beispiel zwei Protonen aufeinandertreffen,findet die Kollision nicht zwischen den Protonen als Protonobjekt 1 und Protonobjekt2 statt, sondern die Kollision findet statt zwischen Bestandteilen der Protonen.Also in den Protonen und Neutronen haben wir Quarks, was wir Up- und Down-Quarks nennen.Das sind also etwas seltsame Teilchen, weil sie nicht frei in der Natur vorkommen.Diese Bestandteile sind immer eingeschlossen in die berühmten Hadronen.
Tim Pritlove
Also Hadronen enthalten immer… Also sie kommen in der Natur vor, aber nicht einzeln.
Wolfgang Adam
Genau, sie kommen nicht frei in der Natur vor.Und die Hypothese dieser Quarks hat erlaubt eben eine Ordnung in diesem Zoozu bringen, man dadurch die Teilchen klassifizieren konnte, je nachdem welche Quarks sie enthalten.Und de facto, wenn zwei Protonen hier im LHC zusammenstoßen,ist die Kollision, die uns interessiert,ist die Kollision entweder zwischen einem Quark aus dem einen Proton und einemQuark aus dem anderen Proton oder aber,was hier sehr oft passiert, das Proton ist ein komplexes Objekt.Also im Prinzip, man lernt in der Schule.Das Proton besteht aus drei Quarks, aber in Wirklichkeit ist mehr Leben in diesem Proton.Und vor allem gibt es da Gluronan.Das Gluronan ist das Äquivalent des Photons, des Lichtteilchens für die elektromagnetischeWechselwirkung, da in diesem Fall für die starke Wechselwirkung.Das heißt, das sind die Teilchen, die die starke Wechselwirkung übertragen zwischenzwei Quarks zum Beispiel.Und das Proton ist de facto voll von diesen Glurnan, die die Quarks de factoim Proton zusammenhalten.Und das heißt, wir können auch Kollisionen zwischen diesen Q-Unern haben,wenn die zwei Protonen sich treffen.
Tim Pritlove
Das heißt der Unterschied ist, weil ich mich gefragt habe,wenn so viel kollidiert und man das vergleichen kann, so Kernkraftwechsel isthalt sehr viel Radioaktivität frei, inwiefern ist dann diese Kollision anders?Geschieht das dort auch oder ist das eben weil die Energie so hoch ist,dass alles so dermaßen zertrümmert wird, dass sich das komplett anders verhält?
Wolfgang Adam
Ja, wie gesagt, die Energien sind so hoch, dass de facto ein zerfallenes Atomkern,ein zerfallenes und komplexes Objekt, das aus vielen Protonen und Neutronenbesteht, und der wird sich de facto in zwei Teile spalten, weil energetischder Ausgangszustand günstiger ist.Aber das spielt sich typischerweise bei Energien. Die Energien,die in diese Prozesse involviert sind, sind typischerweise in der Million-Elektron-Volt-Gegend.Um das zu vergleichen, ist die circa tausendmal höher als typische Röntgenstrahlung,wenn man einen Vergleich haben will.Und wir reden hier über Giga-Elektron-Volt, also Milliarde-Elektron-Volt odernoch einen Faktor tausend drüber.Das heißt, wie gesagt, bei diesen Prozessen, das ist keine Spaltung,weil wir hier wirklich mit Elementarteilchen arbeiten.
Tim Pritlove
Das ist eine Zerschmetterung.
Wolfgang Adam
Es ist eine Umwandlung. Es ist eine Umwandlung, weil Zerschmetterung würde voraussetzen,dass das Teilchen aus Bestandteilen besteht.Während das wir hier mit, was uns interessiert, sind die Elementarteilchen.Das heißt Teilchen, von denen wir keine innere Struktur kennen,von denen wir glauben, dass sie wirklich elementar sind.Die niedrigsten Elemente, Bestandteile der Materie darstellen.Das heißt, man kann es zerschmettern, ist das vielleicht ein schlechter Ausdruck,weil sie keine Bestandteile haben. Und was passiert, ist eine Umwandlung.
Tim Pritlove
Ja ich meinte nicht die Teilchen werden zerschmettert, da habe ich mich vielleicht falsch ausgerückt,sondern die Struktur wird zerschmettert, also in dem Moment wo diese Bindung von den Quarks,Glonen und so weiter alles komplett aufgelöst wird in seine wirklichen elementarenTeilchen, dann ist sozusagen die komplette Struktur dessen was kollidiert istsozusagen vollständig aufgelöst.
Wolfgang Adam
Ja, es stimmt natürlich, das was zerschmettert wird, ist das Proton, d.h.Zwei Bestandteile, ein Bestandteil aus jedem Proton kollidiert und macht eineWechselwirkung, erzeugt neue Teilchen, das ist der Prozess, der uns interessiert.Aber das Proton, wenn das passiert, wird das Proton de facto zerstört,weil das Proton aus drei Quarks besteht und wenn man da Bestandteile herausschlägt,gibt es kein Proton mehr, d.h.Der Rest des Protons wird sich auch in neue Teilchen umwandeln.Das ist aber ein für uns eher ein störender Untergrund als das was uns wirklich interessieren.Ja der Rest des Protons wird sich auch in neue Teilchen.
Tim Pritlove
Aber Radioaktivität in dem Sinne wird da nicht frei?
Wolfgang Adam
Nein, Radioaktivität ist ja der spontane Zerfall eines Atomkerns de facto.Und während wir hier eine induzierte Kollision zwischen zwei Teilchen,die also größtenteils unter der Größe eines Atomkerns liegen.
Tim Pritlove
Ja man muss ja auch über gefühlte Gefahren reden.Wir hatten ja schon in der Ausgangsdiskussion die Diskussion um schwarze Löcher,die hier erzeugt werden, da ist ja ein Weltuntergang drohen.
Wolfgang Adam
De facto ist natürlich die Teilchen, die aus der Kollision hinauslaufen,sind natürlich Strahlung.Das heißt das könnte ionisierende Strahlung und deswegen ist auch die Detektorzonewährend wir operieren abgeschlossen.
Tim Pritlove
Bevor wir vielleicht gleich mal so den eigentlichen Messvorgang selber aus derPerspektive eines Teilchens dann oder eines Protons erstmal beobachten,würde ich ganz gerne nochmal von außen nach innen gehen.Also haben wir ja schon gesagt, es ist ein relativ großes System.Was war das? 15 Meter ungefähr?Super schwer, sehr viel Material und vor allem ist es halt ein,ich meine was der Name ja auch sagt, Solenoid, also sozusagen eine riesige Spule,eine Magnetspule, wie man das halt so aufgebückt kennt.Eine ganz kerstliche Spule, ja. Quasi wie so ein riesiges dynamisches Mikrofon.Und dieser Apparat sitzt wo genau? Wie tief?
Wolfgang Adam
Der Apparat sitzt auf dem Niveau des Beschleunigers natürlicherweise und dasheißt das ist knappe 100 Meter tief.In einer Kaverne in der von beiden Seiten der Beschleuniger Tunnel einmündet.
Tim Pritlove
Ist es da eigentlich warm?
Wolfgang Adam
Normale Temperatur, Umgebungstemperatur.
Tim Pritlove
Wenn man sich so dem Erdkern nähert, wird es ja irgendwann warm.Bleibt doch etwas Abstand. Also Frost gibt es auf jeden Fall keinen.
Wolfgang Adam
Nein, Frost gibt es keiner.Die Größe des Apparats hängt de facto mit der Energie der Kollisionen und darausfolgender Energie der Teilchen, die aus der Kollision erzeugt werden, zusammen.Ich habe von diesen Schauern gesprochen. Diese Schauer wachsen mit der Energiedes Teilchens, werden diese Schauer immer größer.Und um eine präzise Messung der Energie zu erhalten, möchten wir,dass der gesamte Schauer im Detektor enthalten ist und nicht,dass gewisse Teilchen sich hinten aus dem Detektor rauslaufen würden.Und nachdem eben diese Schauer mit der Energie wachsen und wir die Dichte desMaterials nicht beliebig erhöhen können,weil wir müssen mit Materialien arbeiten, die es gibt, kann man diese Detektorenmit höherer Energie einfach nur dicker machen. Das ist der eine Grund.Der andere Grund, ich habe von der Impulsmessung und geladenen Teilchen gesprochen.Also der Sinn der großen Spule ist, dass geladene Teilchen eben auf eine Helixoder in einer Projektion, Kreisbahn abgelenkt werden.Dadurch können wir die Ladung messen, weil die positive und negative Teilchenwerden sich in unterschiedliche Richtungen wegrümmen und aus der Stärke derKrümmung können wir eben diesen Impuls abmessen.Und bei den Energien, die wir produzieren, ist diese Krümmung aber sehr gering.Und das heißt, um diese Krümmung messen zu können, gibt es zwei Möglichkeiten.Man erhöht die Präzision des Detektors, weil wir messen eben die Bahn an verschiedenenOrten und wenn man dann verschiedene Punkte misst, kann man irgendwann einmalsehen, dass diese Punkte nicht auf einer geraden Linie liegen,sondern eben eine leichte Probe machen.Aber wie gut man das messen kann, hängt natürlich von der Präzision ab,mit der man jeden Punkt messen kann.Und diese Präzision hat natürlich auch ein Limit, ihre Grenzen.Und die zweite Möglichkeit ist, dass man die Krümmung vergrößert bei gleicherEnergie und das heißt ein größeres Magnetfeld, das heißt eine sehr starke Spule.Und in CMS de facto haben wir versucht beides zu machen.Ein sehr sehr starkes Magnetfeld, also 3,8 Tesla, das ist größenordnungsmäßig100.000 mal das Erdmagnetfeld und gleichzeitig sehr Präzisedetektoren im Innenraum der Spur.
Tim Pritlove
Wenn man da runter geht, dann muss man sich auch all seine metallischen Dinge empfehlen.
Wolfgang Adam
Ja, wenn die Spule eingeschaltet ist. Es ist zwar, was man außen sieht, ist nur ein Rest Feld.Wenn man so eine Spule einfach frei in den Raum stellen würde,dann würde man ein Magnetfeld im großen Umkreis um den Detektor erzeugen.Das möchten wir natürlich nicht.Das heißt, die Spule ist komplementiert, und das macht den Großteil der Strukturdes Detektors aus, durch einen Rückflussjoch.Also, um es einfach zu sagen, die Spule an der Detektor ist eingebettet in einStahlkorsett, de facto, und dieses schließt die magnetischen Feldlinien.Das heißt, die magnetischen Feldlinien laufen durch die Spule und dann durchden Stahl wieder zurück Und das bewirkt,dass außen zwar nicht null, weil das System nicht perfekt ist,aber ein sehr viel geringeres Magnetfeld herrscht.Dieses sehr viel geringere Magnetfeld ist allerdings immer noch stark genug,um einfach sichtbar zu sein und in Führungen.
Tim Pritlove
Aber es reißt einem jetzt nicht die Armbanduhr vom Arm?
Wolfgang Adam
Es reißt nicht die Armbandufe am Arm, aber wenn man nahe an den Detektor geht,sollte man keine magnetischen Werkzeuge oder ähnliches haben.
Tim Pritlove
Man kennt ja diese Problematik aus der Medizin mit so einem Magnetresonanzsystem und so weiter.Da ist es ja ein echtes Problem, wenn man da mal was mit reinbringt.
Wolfgang Adam
Genau, wir bewegen uns in denselben Größenordnungen und das heißt natürlichauch, dass alle Komponenten im Detektor nicht magnetisch sein sollten.Aber wie gesagt außen in Führungen verwenden wir oft eine kleine Kette von Büroklammernund man sieht klar auch außerhalb vom Detektor und in einem Abstand vom Detektor,dass diese Kette nicht gerade hinunter hängt.
Tim Pritlove
Wäre das, würde man sich jetzt in der Mitte befinden, wenn der Magnet eingeschaltet ist?Nur so als Mensch nackt, würde einem das schaden? Also ist das ein Problem fürden menschlichen Körper oder ist es egal?
Wolfgang Adam
Im Prinzip sollte das egal sein, weil wir uns in den selben Größenordnungenbewegen wie für medizinische Untersuchungen, Magnetesresonanz.
Tim Pritlove
Na gut, also auf jeden Fall eine fette Spule.
Wolfgang Adam
Sie würden aber wahrscheinlich Effekte sehen, wenn sie sich bewegen,wenn sich jemand bewegt im Detektor.Im magnetischen Feld, das löst ja Ströme aus.
Tim Pritlove
Also man würde es stören, aber man würde nicht sterben. Ja.Okay, also so ein riesen Magnetspuler, die dann aber auch noch gekühlt werdenmuss, nehme ich an, also ordentlich?
Wolfgang Adam
Genau, das ist meines Wissens immer der größte supraleitende Magnet, der existiert.Das heißt, um dieses starke Magnetfeld zu erzeugen, verwenden wir einen Niob-Titan-Leiter,der supraleitend wird, wenn man ihn auf etwa 4 Grad über dem absoluten Nullpunkt kühlt.Und diese Kühlung passiert mit flüssigem Helium. Und das macht natürlich dieKomplexität des Systems aus.Man muss flüssiges Helium erzeugen, man muss die Spule natürlich thermisch isolieren,Das heißt, die ist in einem Vakuumtank eingebettet, sozusagen eine riesige Thermosflasche.Und man muss garantieren können, dass die Spule immer kalt bleibt,weil man muss sich vorstellen, der Leiter,also der elektrische Leiter, der dort ausgewickelt ist in der Spule,der hat eine Breite von einigen Zentimetern und eine Dicke von einigen MillimeternUnd durch diesen Leiter laufen 18.000 Ampere.Das wäre für normal leitende...Das heißt, man muss sicherstellen, dass die Spule im super leitenden Zustand bleibt.Und falls man glaubt, dass die Kühlung nicht mehr aufrechterhalten werden kannoder so, muss man die Spule möglichst schnell und kontrolliert abschalten.Weil man muss verstehen, dass im Magnetfeld kann man de facto Energie speichern.Das heißt, wenn das Magnetfeld aufgebaut wird, wird de facto Energie dort hineingebombtund im Magnetfeld gespeichert.In unserem Fall sind das ca. 2 Gigajoule.Das ist eine nicht vernachlässigbare Menge, mit der man eine Menge Metall zumBeispiel schmelzen könnte.Und sollte man die Kühlung nicht aufrechterhalten können, muss man dafür sorgen,dass man diese große Energie aus den Magneten möglichst schnell extrahiert,damit es keine Beschädigungen im Magnet ergibt. Das ist eine der technischen...
Tim Pritlove
So ein Abschalten-Moment?
Wolfgang Adam
Ja, wir versuchen das möglichst selten zu haben, aber es ist schon zweimal vorgekommen,dass wir ihn schnell abschalten wollen.
Tim Pritlove
Aber hat dann zumindest auch funktioniert und das glimpfliche auch.
Wolfgang Adam
Hat alles funktioniert, ja.
Tim Pritlove
Wenn ich das richtig sehe, ist ja CMS nicht vor Ort gebaut worden,sondern erstmal woanders und dann da rein.
Wolfgang Adam
Also CMS, diese Detektoren werden von Kollaborationen gebaut,die aus vielen Instituten bestehen. In CMS haben wir inzwischen mehr als 200Universitäts- oder andere wissenschaftliche Institute, die da mitarbeiten.Und normalerweise, wenn man diesen Konten aus so einem Detektor baut,trägt jedes Institut einen gewissen Teil bei.Und die Konstruktion basiert von kleinen Elementen zu immer größeren Elementen.Also viele der grundlegenden Bestandteile werden in Industrie gefertigt undsie werden dann sukzessive am Anfang in den Instituten zusammengebaut zu immer größeren Elementen.Und der finale Zusammenbau geschieht dann normalerweise hier am CERN.Und für CMS war das eine spezielle Komplikation, weil als wir anfangen mussten,den Detektor zusammenzubauen, also die Konstruktion der Elemente hat ungefährim Jahr 2000 begonnen, war die Kaverne im Untergrund noch nicht fertiggestellt.Und wir konnten aus Zeitgründen nicht warten auf die Fertigstellung,um das normale Prozedere zu machen, das heißt den Detektor in kleinen Stückenunten direkt vor Ort in der Kaverne aufzubauen.
Tim Pritlove
Also man hätte das eigentlich gerne getan, aber das macht man auch nicht.
Wolfgang Adam
Das wäre eine normale Vorgangsweise gewesen. Aber es ging nicht und deswegen,was wir gemacht haben, wir hatten über der Detektorzone eine große Halle undwir haben angefangen den Detektor dort aufzubauen.Und er ist de facto vollständig in dieser Halle aufgebaut worden und der Aufbauwurde aber so gemacht, dass er in größere Stücke zerlegt werden konnte.Also insgesamt 15 Stücke, davon 11 wirklich sehr große.Man muss sich vorstellen, dass das größte Stück, das auch den Magneten enthaltenhat, ca. 2000 Tonnen wiegt.Und als die Kaverne fertig war, wir haben einen sehr großen Zugangsschacht,der so diese 80, 90 Meter hinunter geht, bis er die Kaverne erreicht.Und es wurde dann ein riesiger Kran gemietet, der 2000 Tonnen tragen kann.Die kleine Komplexität dabei ist, dass diese Kräne nicht mehr beweglich sind.Das heißt, dieser Kran wurde direkt über dem Schacht aufgebaut.Und der Schacht kann durch einen Deckel verschlossen werden,der mehr als einen Meter Stahlbeton besteht.Und das System war dann, dass wir jeweils eines von diesen Detektorstücken aufden Deckel verschoben haben.Der Kran hat ihn dann dort aufgehoben, man hat den Deckel geöffnet und ihn dannin einer Operation, die halben Tag typischerweise gebraucht hat,das Teil runtergelassen bis in die Kaverne.Dann in der Kaverne verschoben, damit wieder Platz wird und das nächste Teil runtergelassen.Das war eine Operation, die von circa 2006 bis 2008 gedauert hat insgesamt.Krass. Dieses Konzept hat aber den Vorteil gehabt, oder hat noch immer den Vorteil,dass wir dieses Verschieben von Teilen auch jetzt für die Wartung des Detektors verwenden können.Der Beschleuniger läuft typischerweise den Großteil des Jahres und wir habendann eine Pause von zwei Monaten oder in der Größenordnung in der Winterperiode.Das wird für Wartungen benutzt oder Verbesserungen. Und dieses System mit denverschiedenen großen Teilen kann benutzt werden, um die Teile unten in der Kavernezu verschieben und dadurch Zugang zu den Zonen zwischen den Teilen zu bekommen.
Tim Pritlove
Okay. Aus der Not eine Tugend gemacht sozusagen.
Wolfgang Adam
Mhm.
Tim Pritlove
Gut, dann würde ich sagen, schauen wir doch mal, wie das jetzt wirklich in Operation aussieht.Also wir haben ja auch schon über den Beschleunigerring gesprochen. Die Teilchen,die man halt haben will, werden so einer Quelle entnommen und werden dann aufdie Reise geschickt und landen dann eben über die einzelnen Kaskaden von Ringen im LHC,in dem großen 27 Kilometer Ring und erhalten dort ihre finale Geschwindigkeitund entlang dieses LHC sind die vier großen Detektoren aufgebaut.Über LS haben wir schon gesprochen, jetzt halt CMS. Wo befindet sich CMS,schon in der Schweiz oder in Frankreich?
Wolfgang Adam
CMS befindet sich in Frankreich, also der einzige Detektor der in der Schweiz steht ist Atlas.Und wir befinden uns genau auf der entgegengesetzten Seite des Rings im Vergleichzum Hauptgelände des CERN.
Tim Pritlove
Also maximal weiter Weg.
Wolfgang Adam
Maximal weiter Weg, was natürlich die Operation des Detektors und den Betriebdes Detektors nicht erleichtert.Wir haben natürlich einen Kontrollraum beim Detektor, der ständig besetzt istund das heißt, die Leute müssen vom CERN typischerweise dorthin fahren.
Tim Pritlove
Ihr seid so ein bisschen die da draußen sozusagen.Ja, okay, gut.So jetzt kommen also die Teilchen dort an und werden dann ja auf den letztenMetern auch nochmal aus dieser Kreisbahn quasi herausgenommen und fliegen danngerade in diesen Detektor rein.So und jetzt bin ich ein Proton, was da sozusagen angeschossen kommt.Mir kommt ein anderes, entsprechend anders herum geladenes Teilchen entgegen.Und durch ein Wunder treffe ich jetzt genau auf dieses Teilchen.Also nicht jedes Teilchen, was da durchfliegt, trifft auch auf eins,nehme ich mal an, viele fliegen aneinander vorbei.
Wolfgang Adam
Nachdem die starke Wechselwirkung eben stark ist, passiert praktisch bei jederKreuzung etwas. Man muss natürlich dazu sagen, dass die Protonen nicht einzelnim Beschleuniger fliegen, sondern sie kommen in Paketen.Wir haben im Beschleuniger einige tausend Pakete von Protonen,die knapp beisammen sind und dann größenordnungsmäßigacht Meter wieder Pause oder inZeit ausgedrückt 25 Milliarden Sekunden unddann kommt das nächste Protonpaket und um sich eine Vorstellung zu machen injedem dieser Pakete sind circa 100 Milliarden Protonen und das heißt diese beidende facto kreuzen sich diese beiden Pakete und es können sich da bei jeder Kreuzung,können ein oder mehrere Protonkollisionen stattfinden und um die Intensität,wir wollen natürlich möglichst viele Protonkollisionen sehen,weil um unsere Physikzielsetzungen zu erreichen,möchten wir einerseits möglichst hohe Energien erreichen, um möglicherweiseneue schwere Teilchen zu erzeugen und wir möchten möglichst hohe Intensität,möglichst viele Protonkollisionen haben, weil wir Prozesse sehen wollen, die extrem selten sind.
Tim Pritlove
Aber zwei Pakete treffen quasiaufeinander. Jedes enthält 100 Milliarden Protonen, also Pi mal Daumen.Und wenn diese zwei Pakete von je 100 Milliarden Protonen aufeinander treffen,dann gibt es ein oder ein Paar Kollisionen?
Wolfgang Adam
Also die ursprüngliche Auslegung des LHC war typischerweise 25 gleichzeitigeKollisionen zu haben. Jedes Mal, wenn es...
Tim Pritlove
Alle 25 Nanosekunden.
Wolfgang Adam
Ja, das ist nur zufällig dieselbe Zahl und inzwischen ist es dem Beschleunigergelungen die Intensität zu erhöhen.
Tim Pritlove
Durch eine höhere Verdichtung dieses Pakets.
Wolfgang Adam
Genau und letztes Jahr hatten wir typischerweise über 50 und dieses Jahr werden wir noch mehr haben.
Tim Pritlove
Aber die finden ja dann alle gleichzeitig statt, das heißt man beobachtet sieauch alle gleichzeitig.Ist das nicht eher ein Problem, wenn man zu viele gleichzeitig hat,weil dann muss man sie ja auch auseinander halten.
Wolfgang Adam
Das ist potenziell ein Problem natürlich und die Detektoren wurden darauf auch ausgelegt.Man muss jetzt natürlich sagen, sie wurden auf die berühmten ca.25 ausgelegt und wir sind jetzt von mehr als einem Faktor 2 darüber.Aber ja, sie finden gleichzeitig statt, aber die Zone, in der diese Kollisionenstattfinden, erstreckt sich über plus minus 15 Zentimeter typischerweise.Das heißt, diese Kollisionen finden nicht alle genau am selben Platz statt,sondern sie sind etwas verteilt. Und wir können diesen Abstand verwenden,um sie von einander zu unterscheiden.Der zweite wichtige Aspekt ist, dass wir, wir suchen eben extrem seltene Prozesse,in denen sehr viel Energie freigesetzt wird. Und das passiert bei Weitem nicht bei jeder Kollision.Das heißt, aus den meisten Kollisionen werden wahrscheinlich nur wenige relativniederenergetische Teilchen entstehen.Und eine, typisch maximal eine von diesen Kollisionen, wird ein Ereignis auslösen,das uns interessiert und das wir messen wollen.Dazu sollte man vielleicht auch sagen, dass eine der Herausforderungen ist,dass der Detektor braucht, was wir ein Triggersystem nennen.Das heißt wir brauchen ein System, das genau diese interessanten Kollisionen aussucht.Weil die Gesamtzahl der Kollisionen,man muss sich vorstellen, dass circa 30 Millionen mal pro Sekunde kreuzen sichPakete und der Detektor ist in der Lage diese 30 Millionen Fotos,also er ist ausgelegt auf bis zu 40 Millionen Fotos pro Sekunde.Aber das ist eine Datenmenge, die schwer zu handhaben wäre und in vielen dieserKollisionen passiert eben nichts, was uns interessieren würde.Und deswegen brauchen wir ein System, das aus diesen 30 Millionen eine sieben wenige rausfiltert.Und das ist eine ziemliche Herausforderung und das CMS hat sich früher entschiedenund das war technologisch zum Zeitpunkt der Auslegung des Experiments noch einbisschen auch eine Vorhersage oder eine Wette auf die zukünftige Entwicklungvon elektronischen Komponenten und Rechenleistung,dass wir diese Auswahl in einem zweistufigen System machen.Wir haben eine erste Stufe, das ist Elektronik, die sich unten nahe beim Detektor befindet.Und diese Elektronik wird für jede Kollision ein paar Grunddaten bekommen überEnergie, die man im Detektor gesehen hat, die Anzahl zum Beispiel der Myonenoder von Elektronen, die gesehen wurden.Und aus diesen Daten kann sie sagen, ob wir dieses Foto behalten wollen oder nicht.Und das muss geschehen in einigen Mikrosekunden.Also die Elektronik hat einige Millionstel Sekunden Zeit, um für jedes Fotozu sagen, wollen wir es behalten oder nicht.Und nur wenn wir es behalten wollen, werden überhaupt alle Daten aus dem Detektor heraus transferiert.Und wir können bis zu 100.000 pro Sekunde transferieren.Das heißt, aus den ursprünglichen 30 Millionen pro Sekunde behalten wir malin dieser ersten Stufe 100.000 pro Sekunde.Und in einem zweiten Schritt werden dann diese Daten, die aus dem Detektor gelesenwerden, werden an ein Computerzentrum transferiert, das wir auch vor Ort am Experiment haben.Und dort können wir schon sozusagen eine beschleunigte Version der Auswerteprogrammeoder der ersten Stufe der Auswerteprogramme laufen lassen, die wir später dann verwenden auch.Damit kann man natürlich sehr viel detaillierter nachsehen in allen Detektoren,was passiert ist und eine viel detailliertere Analyse machen und deswegen auch genauer auswählen.Und damit reduzieren wir dann die Rate von 100.000 auf einige Tausend pro Sekunde.Das heißt von den 30 Millionen oder in der Größenordnung die Kreuzungen vonPaketen die im Detektor oder Fotos die im Detektor genommen werden,behalten wir letztlich nur einige Tausend pro Sekunde. Junge Prosekunde.Diese einigen tausend pro Sekunde, die werden dann permanent gespeichert unddas ist das, was für die Analyse nachher zur Verfügung steht.
Tim Pritlove
Das muss man ja auch erstmal in so ein Computersystem gespeichert bekommen.Das ist eine enorme Anforderung an die Geschwindigkeit, die da gestellt werden.Diese erste Filterung ist hier gar nicht so sehr eine qualitative Filterung,sondern mehr so ein Ranking und man nimmt dann sozusagen die hunderttausend,die man übertragen kann, Nimmt man dann alle, um dann in der zweiten Stufe erstauszusuchen, was für einen wertvoll ist oder ist es schon eine qualitative Auslesung?
Wolfgang Adam
Nein, nein. Das sind quantitative Kriterien und man kann, obwohl es nicht normaleCPUs sind, sondern Elektronikkomponenten.
Tim Pritlove
Also quantitativ im Sinne von wie viele Spuren?
Wolfgang Adam
Wir können zum Beispiel verlangen, dass wir zwei Myonen übersehen,die über einer gewissen Energie liegen.
Tim Pritlove
Okay, also auch schon mit einer, ich meine jetzt qualitativ im Sinne von was sehen wir?Also das wird auch schon berücksichtigt in dieser ersten Frage.
Wolfgang Adam
Genau, welche Arten von Teilchen haben wir gesehen, in welcher Zahl, bei welcher Energie.Wir könnten auch auswählen, dass diese zwei Teilchen in gegengesetzte Richtungen geflogen sind.Und da können wir einige hundert Kriterien definieren, die all diese Größen kombinieren.Und wenn mindestens eines dieser Kriterien erfüllt ist, dann würden wir dieses Event auswählen.
Tim Pritlove
Wenn es so schnell laufen soll, dann ist das schon so optimierte Hardware,wo die Software dann voll in die Hardware eingebrannt ist und das voll beschleunigt?
Wolfgang Adam
Das sind FPGAs, das heißt das ist Elektronik, die programmierbar ist,aber nicht programmierbar wie in dem.
Tim Pritlove
Also damit das wirklich sehr schnell abläuft, weil das wäre jetzt für eine normale CPU zu schnell.Alright, ja okay gut. Das ist also der Vorgang. Jetzt stellt sich natürlichdie Frage, wie funktioniert der Detektor eigentlich genau.Klar kann man ja sagen, das haben wir ja in Muon gesehen, das muss man ja aucherstmal sehen. Und wir hatten das im Prinzip, wir haben das auch schon,als wir über Alice gesprochen haben, im Prinzip folgt das ja dem ähnlichen Modell.Es geht einfach darum, durch diese magnetische Ablenkung, die durch diesen großenSpulenmagneten hergestellt wird,also sozusagen die ganzen Teilchen quasi in ihrer Ausbreitung,in ihrer Abstrahlung irgendwie versucht, wieder in den Griff zu kriegen undeben dieses starke Magnetfeld braucht, weil eben die Energien so hoch sind, die dort stattfinden.Die wollen halt einfach irgendwo hinschießen und der Magnet sagt so, so nicht.Ja, ich krümm dich jetzt mal hier so ein bisschen weg.Und durch diese Krümmung, die man beobachtet,dann ist es ja quasi so das Rennen zwischen Energie des Teilchens und derenRichtung kämpft gegen das Magnetfeld Und daraus ergibt sich halt so eine Spurenkurve,der man dann eben quasi nachsehen kann.Okay, alles klar, wenn du so schnell unterwegs bist, weil die Zeit kann ichja messen, und dann diese Kurve machst, dann musst du sonst so schwer sein,also bist du wahrscheinlich das und das Teilchen.Und wie misst jetzt CMS diese...Funktioniert das genauso wie bei ALICE oder kommt hier eine ganz andere Technologie zu?
Wolfgang Adam
Nein, wir verwenden andere Technologien. Wir verwenden eine Technologie,die ALICE auch in den ganz innersten Tonen verwendet.Das sind Siliziumdetektoren, das sind Pal-Beta-Detektoren.Man muss sich vorstellen, das sind ganz dünne Scheiben von Silizium,das speziell präpariert wird.Im Wesentlichen ist die Idee dieselbe wie die Sensoren in einer Kamera.Das heißt, das Silizium kann Lichtteilchen im Fall der Kamera oder geladeneTeilchen wie Myonen oder andere Teilchen in unserem Fall registrieren,wenn diese Teilchen durch das Silizium durchlaufen.
Tim Pritlove
Also quasi so CCDs, Charge Coupled Devices, sind das ja in der Kamera, als Ladung.
Wolfgang Adam
Aber in unserem Fall sind es keine CCDs, weil die CCDs viel zu langsam werden.Weil eines der Grundprinzipien des Detektors ist natürlich, wie gesagt,wir haben einen 25 Milliardstel Sekunden Abstand zwischen zwei Kollisionen.Und das heißt, alle Detektoren müssen schnell genug ein Signal liefern,um zwei Kollisionen unterscheiden zu können. Und das ginge bei CCDs nicht.Und das heißt, de facto, was wir haben, ist Silizium. Und auf dem Silizium sindStrukturen, Elektrodenstrukturen aufgebracht.Und das sind entweder Streifen oder kleine Rechtecke.Und jeder dieser Streifen undjedes dieser Rechtecke hat seine eigene Verstärkung und Datenübertragung.Das heißt, wir haben im Moment knappe 100 Millionen de facto aktive Elemente, so Streifen oder...Und jedes dieser Elemente wird gleichzeitig ausgelesen. Das ist eben der Unterschied zur Kamera.Und das ermöglicht einerseits eine sehr hohe Präzision.Das heißt, die Präzision der innersten Lagen ist besser als 10 Millionsilometer.Das heißt, das ist kleiner, dünner als ein Haar.Hinaus nimmt es dann etwas zu, aber es ist immer noch in dieser Größenordnung. 10, 20, 30 Mikrometer.Das heißt, wir haben eine Serie.Diese Detektoren sind in Schichten angeordnet. Das heißt, im Zentraldetektorsind das Zylinder. Das heißt, es ist jeweils eine zylindrische Schicht,und die ist mit Detektoren, mit diesen dünnen Platten, vollgepflastert.Und eine Schicht kommt nach der anderen.
Tim Pritlove
Wie viele Schichten sind es dann?
Wolfgang Adam
Wir haben insgesamt im Moment, also im Zentralteil würde ein Teilchen 14 Schichtendurchlaufen und das heißt jede Schicht würde eine sehr sehr präzise Messung des Ortes.
Tim Pritlove
Und der Abstand zwischen den Schichten ist konstant?
Wolfgang Adam
Nein, der Abstand vergrößert sich nach außen.
Tim Pritlove
Was ist der kleinste und was ist der größte Abstand?
Wolfgang Adam
Der kleinste Abstand ist also Zentimeterbereich, 2 Zentimeter und nach außenwird es größer, 10 Zentimeter Größenordnung.Also der ganze Detektor, um sich das vorzustellen, geht bis zu einem Radiusvon knapp über einem Meter.Also knapp einen Meter von der Wechselwirkungszone, von der Kollisionszone entfernt.Und mit diesen 14 Punkten, die kann man dann sozusagen verbinden und aus derVerbindung dieser 14 Punkte sieht man dann diese berühmte Spur.
Tim Pritlove
Genau, wo man dann Ort und Zeit hat, überall wo das Zeichen steht.
Wolfgang Adam
In unserem existierenden Detektor messen wir die Zeit nicht explizit.Der Detektor ist so ausgelegt, dass er optimiert ist, jeweils für eine bestimmteKollision die Teilchen zu sehen. Aber wir messen die Zeit nicht explizit.Wir werden das in der nächsten Generation von CMS machen, aber im derzeitigenDetektor ist das nicht notwendig.Was man da vielleicht auch erwähnen könnte, ist, dass man diese Punkte zu einerLinie, also zu einem Kreis, wenn man so will, verbinden muss.Die Komplexität ist natürlich, dass wir eben hunderte oder in Kollisionen vonKernen tausende Teilchen haben,die da fliegen und jedes dieser Teilchen hinterlässt natürlich Punkte in demDetektor und die ja je nachdem welcher Punkt oder Streifen getroffen wurde Und es ist natürlich,diese Punkte haben kein Etikett, das sagen würde, ich bin von diesem Teich hingekommen.
Tim Pritlove
Deswegen dachte ich ja, dass die Zeit ein wichtiger Faktor ist.
Wolfgang Adam
Nein, weil die Zeiten, die Teilchen laufen ja fast bei derselben Zeit,weil sie wurden zur selben Zeit produziert und fliegen dann de facto mit Lichtgeschwindigkeit hinaus.Und das heißt man hat ein Problem jeweils Punkte einem Teilchen zuzuordnen unddas ist ein ziemlich großer Rechenaufwand.Also wenn man ein Foto sehen würde, an dem einfach die Punkte aufgetragen sind,würde man mit freiem Auge nichts erkennen.Das heißt es gibt Algorithmen, die dann eben die Punkte verbinden und das klassifizierenin Teilchen und dann für jedes Teilchen aus der Krömung eben den Impuls,die Energie ausrechnen.
Tim Pritlove
Kann man dabei Fehler machen?
Wolfgang Adam
Natürlich. Es gibt natürlich Fehler, aber die Algorithmen sind eben so entwickeltworden, um diese Fehler sehr gering zu halten, so gering zu halten,dass sie de facto die letztlichen Messungen nicht beeinflussen.
Tim Pritlove
Also Teilchen trifft auf, Kollision findet statt,all das was dort aufeinander trifft wird dann eben in seine elementaren Teilchenzerschmettert und die machen sich dann auf die Reise,fliegen los und entweder streifen sie halt selber unmittelbar dann eine dieserSchichten Oder auf dem Weg zerteilt sich eben dieses Teilchen nochmal in andere,also von wegen Elementarteilchen, wenn es sich dann doch noch in andere Teilchenverwandelt, kann es ja so elementar auch wieder nicht sein.Egal, auf jeden Fall das findet statt und man hat es also bei jeder Kollisionmit einer Vielzahl von Durchschlagungspunkten zu tun,also zumindest in diesem inneren 14 Schichten Bereich,die man dann eben per Software wieder zueinander zuordnen und sagt okay,wenn das da war, das da war, dann gehört das wahrscheinlich zusammen und dannist das die daraus resultierende Bahn und aus dieser Bahn kann ich dann wiederum errechnen,okay was war das jetzt mit welcher Energie und damit weiß ich auch die Masseund wenn man die Masse weiß, dann weiß man um was für ein Teilchen es sich gehandelt hat.
Wolfgang Adam
Und wie gesagt, worüber diese Siliziumdetektoren, das ist dieser erste Teildes Detektors, von dem ich vorhin gesprochen habe, das heißt dieser Teil desDetektors, der möglichst leicht gebaut werden soll.
Tim Pritlove
Aber diese Phase reicht auch schon für die Klassifikation der Teilchen aus? Nein, noch nicht.
Wolfgang Adam
Nein, weil wir eben...Die Information aus mehreren Detektoren kombinieren wollen.Das heißt, wir haben so ein Teilchen, ein geladenes Teilchen,das läuft durch den Detektor durch, wir messen die Punkte, wir verfolgen seineSpur und dann wird es in den nächsten Detektor übergehen, eben in dieses Kalorimeter,wo sehr viel Material ist, in dem das Teilchen de facto seine ganze Energie abgeben kann.Das ist dann eine ganz andere Technologie.Im Fall von CMS verwenden wir dabei Kristalle.Das ist Blei-Wolframat.Das sind sehr, sehr transparente Kristalle, die aber de facto die Dichte von Blei haben.Das heißt, eine sehr große Dichte. Man stellt sehr viel Material entgegen,um eben diese Schauer, diese Lawinen möglichst kurz zu halten.Und Teilchen, besonders Elektronen oder Photonen, die dort in diese Kristallehineinlaufen, die werden den Kristall anregen und es wird Licht ausgesendet,Stintillationslicht ausgesendet.Das Licht wird im Kristall, der sehr transparent ist, weiterlaufen und jedervon diesen circa 80.000 Kristallen hat dann hinten am Kristall einen Detektor, der Licht messen kann.Und aus der Menge des Lichts, das dieser Detektor hinten am Kristall misst,kann man dann rückschließen, wie viel Energie sozusagen dort deponiert wurde.Und das heißt, man kann diese Messung mit der Messung aus dem Siliziumdetektor kombinieren.Dieser Kristalldetektor ist auch notwendig, weil der Siliziumdetektor wird nurelektrisch geladene Teilchen sehen.Das heißt neutrale Teilchen, wie zum Beispiel Photonen, Lichtteilchen,werden im Siliziumdetektor nicht gesehen.Die werden erst dann in diesem Kristallteil gesehen werden.
Tim Pritlove
Also wenn diese Kalorimeter, die dann auch die Endstation darstellen für dieauseinanderfliegenden Teilchen.Wenn die jetzt zuverlässig aber eingefangen werden sollen, dann muss ja im Prinzipeine riesige, vollständige, den kompletten zentralen Teil umschließende Schicht sein.
Wolfgang Adam
Das ist genau die Grundkonzeption. Wir wollen natürlich möglichst alle Teilchenmessen, die aus der Kollision entstehen. Das heißt wir möchten den Kollisionspunkteigentlich möglichst hermetisch umschließen.Das ist nicht vollständig möglich, weil wir… Man muss ja auch mal ran, ne?Naja, der Beschleuniger, die Beschleunigerröhre muss natürlich durchlaufen.Das heißt, dort per Definition können keine Detektoren stehen,aber wir versuchen den Rest möglichst abzudecken.Und wie gesagt, nachdem wir mehrere Lagen verschiedene Detektoren brauchen,sind die so angeordnet, dass ein Teilchen eben, egal in welche Richtung es läuft,immer dieselbe Sequenz von Detektortypen durchläuft.Und man könnte sich jetzt naiv vorstellen, dass man eine Kugel baut,Aber das ist aus mechanischen, Wartungs- und ähnlichen Gründen nicht sehr praktisch.Das heißt, die meisten dieser Experimente an Beschleunigern,an Speicherringen wie dem LAC, haben einen zylindrischen Aufbau.Das heißt, man hat einen zentralen Zylinder, in dem man eine zylindrische Lage nach der anderen hat.Und das wird dann abgeschlossen durch Endkappen, also großen kreisförmigen Strukturen,wo dieselbe Sequenz, aber linear von der Mitte nach außen, nach links und nach rechts geht.Vorkommt und dadurch kann man den Detektor relativ leicht öffnen,weil man kann diese Endcaps, wie wir es sagen, diese kreisförmigen Strukturenvom Zentralteil entfernen und dann ins Innere des Detektors kommen.Aber durch diesen Aufbau kann man garantieren, dass dieselbe Sequenz von Detektorenvon jedem Teich entgegen ist.
Tim Pritlove
Das heißt, diese Kalorimeter, dieser Zylinder ist sozusagen komplett mit diesemBlei, was war das für eine Verbindung?Genau mit diesen Kristallen beschichtet und messen kann man das dann,also das ist dann diese Sintillation, also das ist sozusagen so ein Lichteffektder dabei dann entsteht.
Wolfgang Adam
Genau es wird Licht erzeugt im Kristall und dieses Licht wird gemessen.
Tim Pritlove
Okay also im Prinzip ist es dann letzten Endes ein optisches Messgerät,was eigentlich das Licht misst.
Wolfgang Adam
Misst die Quantität von Licht die aus dem Kristall kommt.
Tim Pritlove
Okay, gut. Und das tut es mit welcher Auflösung dann wiederum?Also man kann ja nicht jeden Punkt beobachten.
Wolfgang Adam
Ja, wie gesagt, über die ganze Fläche. Wir haben jetzt hier 80.000 Kristalle.Man muss sich vorstellen, die Kristalle sind so längliche Gebilde mit einemquadratischen Querschnitt von einigen Zentimetern.
Tim Pritlove
Okay, also 80.000 Kalometer.
Wolfgang Adam
Also die Größe ist dadurch bestimmt, dass die Schauer eine gewisse Ausdehnungin der Tiefe, aber auch in der Breite haben.Und es ist sinnlos, die Detektoren sozusagen sehr viel kleiner zu machen alsdie Breite des Schauers. Das war die ursprüngliche Idee.Das bestimmte die Zahl der Kristalle.Und das ist der erste Teil des Kalorimeters. Und in diesem Teil,der genügt, um de facto alle Teilchen zu stoppen, die elektromagnetisch wechselwirken,also wir sind Elektronen und Photonen.Und andere Teilchen, Hadronen, die erzeugen größere Schauer und wir braucheneinen zweiten Kalorimeterteil dahinter.
Tim Pritlove
Also die durchschlagen sozusagen auch noch diesen ersten Teil.
Wolfgang Adam
Genau, die würden zwar einen Schauer beginnen im ersten Teil,aber der Schauer wäre so tief, dass er aus diesen Kristallen heraustritt und hinten raustritt.
Tim Pritlove
Ohne einen Lichteffekt zu erzeugen?
Wolfgang Adam
Nein, es wird Licht erzeugt, aber das Problem ist, dass nicht der gesamte Schauerenthalten sein wird in den Kristallen.Das geht danach weiter und dann haben wir einen zweiten Teil.Das beruhigt wieder auf dem Prinzip, dass wir dem Teilchen möglichst viel Material entgegenstellen.Aber in dem Fall ist das Messing.Es ist sozusagen ein Sandwich von Messing und wieder Zintillatoren.Zintillatoren, das ist ein Plastikmaterial und dort ist wieder dieselbe Idee.In dem Plastikmaterial entsteht Licht und man misst das Licht am Ende des Elementsund aus der Quantität des Lichts schließt man.
Tim Pritlove
Das ist also auch nochmal so eine zylindrische Struktur.
Wolfgang Adam
Das generiert wieder eine zylindrische Struktur, die eben außerhalb des,die nächste Lage darstellt nach diesen Kristallen.Und wie viele Detektoren sind das dann?Das ist in großen Modulen strukturiert. Also wir haben einige hundert von dengroßen Modulen, aber in jedem Modul gibt es Glasfasern, die Teile des Moduls messen.
Tim Pritlove
Ja, also ist das dann so wie bei dem ersten Zylinder, so 80.000 in der Größenordnung?
Wolfgang Adam
Es ist in der Größenordnung. In diesem Teil braucht man etwas weniger Genauigkeit.Das heißt, man muss nicht so feine Elemente haben.
Tim Pritlove
Gut, nur mal so ein Gefühl für die Datenpunkte zu bekommen, wie viel das so ist.
Wolfgang Adam
Und dann gibt es einen...
Tim Pritlove
Gibt es noch Teilchen, die diese Schicht dann auch noch überwinden können?
Wolfgang Adam
Genau, dann gibt es die berühmten Myonern, die diese Schicht überwinden können.
Tim Pritlove
Ah ja, okay, jetzt wird es spannend.
Wolfgang Adam
Diese Myonen sind eingelagert, diese Detektoren sind eingelagert in dieses Rückflussjoch.Also ich habe davon gesprochen, dass wir das Magnetfeld sozusagen im Detektorzu halten, haben wir diese Stahlkonstruktion, die rundherum geht.Und in diese Stahlkonstruktion sind eingelagert, in Spalten in der Stahlkonstruktionsind Myonkammern eingelagert. Und in dem Fall sind das Gasdetektoren.Das sind Detektoren, Schichten mit verschiedenen Technologien,die mit einem Gas gefüllt sind.Wenn Teilchen durch das Gas durchlaufen, dann ionisieren sie Atome in dem Gasund man kann diese Ladungen durch elektrische Felder bewegen und dann messen.Diese Detektoren werden elektronisch ausgelesen, also de facto die Bewegungdieser Ladungen der Elektronen und der positiven Ionen, die dabei entstehen,die erzeugen elektrische Signale auf Elektroden und die werden dann ausgelesen.Dort ist es eben wichtig, dass wir mit vernünftigen Kosten eine sehr,sehr große Fläche abdecken können, In diesem Prinzip, dass eine Lage nach deranderen kommt, natürlich je weiter man nach außen kommt, desto größer wird dieFläche, die man abdecken muss. Gleichzeitig ist die,ist die Genauigkeit, die man dort erzielen muss, geringer.Das heißt, dort genügt uns ein Zehntel Millimeter oder etwas weniger.Und der Grund dafür ist, dass die Myonen, bis sie in diese Lage kommen,haben sie schon viel Material durchlaufen. Das Material wird sie zwar nichtstoppen, aber es wird leichte Ablenkung an der Bahn verursachen.Und das heißt, es ist sinnlos genauer zu messen als die typische Größenordnungdieser Ablenkung der Bahn.Zu den Myonen möchte ich vielleicht noch sagen, dass im Prinzip,so wie die CMS konzipiert wurde, um die Myoner zu messen, um zu wissen,dass es ein Myon ist, brauchen wir dieses Signal in den äußersten Detektorschichten.Aber die genaue Messung der Energie des Muons wird in CMS gemacht,dass wir den inneren Siliziumdetektor mit den Informationen aus diesen Muonsdetektoren verbinden.
Tim Pritlove
Das erklärt jetzt auch warum dieser Muon, also warum das auch im Namen drinsteckt.Weil es sozusagen ein Element in diesem großen Magnet mit drin ist und von dahersozusagen so ein Major Design Prinzip darstellt sozusagen und nicht einfachnur so ein bisschen Gerät, was man noch in die Mitte reingeworfen hat.Also dieser Teilchen zu diesem Standardmodell ist ja wirklich...Das kann ja sehr verwirrend sein. Was wir ja die ganze Zeit angerissen haben mit diesen Myonen.Es gibt ja in diesem Standardmodell Klassifizierungen auf unterschiedlichen Dimensionen.Wenn man erstmal generell so diese Quarks und Leptoden unterscheidet,also das was sozusagen Protonen im wesentlichen baut sind die Quarks und derRest sind eben die Elektronen und Verwandte sozusagen.Gibt es ja das dann alles noch dreimal.Alles ist irgendwie dreimal vorhanden, hat dann andere Namen,ähnliche Namen und warum es das jetzt alles dreimal gibt, weiß man nicht sorichtig und es gibt es dreimal, weil es dann unterschiedliche Massen hat.
Wolfgang Adam
Das ist ganz klar eine der großen unbeantworteten Fragen in der Teilchenphysik,dass man im Moment keine Erklärung hat, warum es drei Generationen sein sollten.Diese Teilchen haben exakt die gleichen Eigenschaften, nur die Masse ist unterschiedlich. Genau.
Tim Pritlove
Das heißt dieses Myon, von dem wir jetzt die ganze Zeit reden,um das mal ein bisschen bekannter zu machen, ist eigentlich in seinem Wesen ein Elektron.Es ist nur sehr viel schwerer als ein Elektron.In welchem Faktor ist das schwerer, sehr viel schwerer?
Wolfgang Adam
200 Faktor, 1000, 2000, ca.2000. Ca. 2000 sind 500 Kiloelektronvolt und 100 Megelektronvolt.
Tim Pritlove
Ja, wie auch immer. Auf jeden Fall ist sehr viel schwerer, aber ist ansonsten wie so.Warum gibt's da, also das wissen wir nicht, aber warum ist man da jetzt so drauf abgefahren?
Wolfgang Adam
200 Stimmen.
Tim Pritlove
Genau, aber es gibt ja auch noch ein drittes, was dann nochmal extrem viel schwererist, das ist dann das Tauon.
Wolfgang Adam
Genau, das Tauon oder Taulepton.
Tim Pritlove
Das sieht man aber nicht.
Wolfgang Adam
Oh ja, das produzieren wir ebenfalls.
Tim Pritlove
Kann das auch detektiert werden?
Wolfgang Adam
Natürlich, wir detektieren das. Das einzige Problem, es ist schwerer zu detektieren,das Elektronen und Myonen, weil es nämlich relativ instabil ist.Elektronen sind stabile Teilchen, da gibt es kein Problem.Myonen zerfallen, aber die Lebensdauer eines Myons ist so groß,dass sie auf jeden Fall den Detektor verlassen werden, bevor sie zerfallen.Dagegen haben Daunen, eben weil sie schwer sind, eine relativ kurze Lebenszeit.Und das heißt, die würden schon in den ersten Zentimetern des Detektors zerfallen.Das heißt wir werden kein Dow-Lapton als solches durch den Detektor fliegen sehen,sondern das Dow-Lapton kann in verschiedene Konfigurationen zerfallen und umdie Dow-Laptonen zu identifizieren müssen wir eben die Sekundärteilchen,in die das Dow-Lapton zerfallen ist, identifizieren.
Tim Pritlove
Also man weiß schon, dass es da war, aber man sieht es nicht als sollte so.
Wolfgang Adam
Es ist schwieriger zu sehen, ja.
Tim Pritlove
Ok, verstehe. Und warum ist man dann jetzt so scharf drauf?Also was kann man, was meint man oder was kann man denn sozusagen daraus ableiten,dass jetzt sozusagen dieses Myon da ist?
Wolfgang Adam
Ja, wie gesagt, eine direkte Erklärung, warum es eben diese drei Generationen gibt, haben wir nicht.Aber das, wie gesagt, unser derzeitiges Standardmodell,mathematisches Modell, mit dem wir die Teilchen und die Kräfte zwischen denTeilchen beschreiben, setzt eben voraus, dass sich diese drei Generationen gleichverhalten, bis auf die Masse.Und das ist zum Beispiel ein interessanter Teil des Forschungsgebietes,um zu überprüfen, möglichst gut zu überprüfen, ob das wirklich der Fall ist.Weil wenn es nicht der Fall wäre, das würde das Ansatz geben,um neue Theorien zu entwickeln.Und deswegen, das ist natürlich ein Grund, sie zu messen. Der andere Grund,sie zu messen, ist, dass es einfach zusätzliche Möglichkeiten gibt,um andere Teilchen zu vermessen oder zu entdecken.Weil sehr oft, eben dadurch, dass die Elektronen Myon und Olepton dieselbenEigenschaften haben, kann ein Teilchen, das in Elektronen zerfallen kann oderin Myonen zerfallen kann, auch in die jeweils anderen Teilchen zerfallen.Das heißt, wir können dieses zerfallende Teilchen genau untersuchen.Wir haben mehr Möglichkeiten, wenn wir alle drei Zerfallsmodi untersuchen.
Tim Pritlove
Old Myon spielt auch eine Rolle bei der Detektion des Higgs-Bosons?
Wolfgang Adam
Zum Beispiel, ja.Genau, das Higgs-Boson kann in sehr viele unterschiedliche Arten zerfallen.Und eine dieser Arten ist, dass es de facto zuerst in zwei Z-Posonen,das sind die Vermittler der schwachen Wechselwirkung übrigens, zerfällt.Und diese Posonen können dann wieder in Leptonen zerfallen, zum Beispiel.Auch in Quarks, aber sie können auch in Leptonen zerfallen.Und sie können zum Beispiel in zwei Myonen zerfallen. Es könnte jedes dieserzwei Z-Posonen dann in zwei Myonen zerfallen.Und warum uns das besonders interessiert, ist einfach, weil wir die Myonen,das ist wirklich das Objekt, das wir am besten messen können.Sie können auch in Detektoren zerfallen, andere Teilchen, aber der Zerfall ininsgesamt vier Myonen ist das, was wir normalerweise einen goldenen Kanal nennen.Das heißt, das ist wirklich die Art und Weise, die wir am besten messen können.
Tim Pritlove
Ah ja, okay, verstehe.
Wolfgang Adam
Voraussetzung ist natürlich, dass wir alle vier Myonen in einer Zone des Detektorssind, die wir sehen können.Und warum ist es wichtig, dass man die so genau messen kann,ist, weil wir dann aus den, wenn wir die Energien und Richtungen der Virmionenbestimmen, können wir zurückrechnen, die Masse des Teilchens, die zerfallen ist.Das ist, wie wir überhaupt versuchen, typischerweise neue Teilchen zu finden.Es gibt Energiehaltung, d.h. wenn ein schweres Teilchen zerfällt,muss die Masse, also Masse und Energie der Zerfallsprodukte,aus denen kann man wieder die Masse des ursprünglichen Teilchens zurückrechnen.Und man sollte sagen, am LHC, wir haben immer sehr viel...Untergrund. Das heißt, wir suchen ein bestimmtes Ereignis, einen bestimmtenTyp von Ereignis, aber es gibt immer andere Prozesse, die etwas Ähnliches produzieren.Aber dadurch, dass wir diese Masse rekonstruieren können, ist dieser Untergrund,der ist normalerweise einfach zufällig verteilt.Und wenn es wirklich ein neues Teilchen ist, wie das X-Boson im Jahr 2012,dann sehen wir, dann werden die berechneten Massen, werden immer dort an derechten Masse des neuen Teilchens sitzen.Das heißt, wenn wir das ansehen, dann gibt es eben diesen Untergrund,der verteilt ist und über diesem Untergrund werden wir beginnen ein Signal zusehen, dass auf einer bestimmten Stelle immer mehr Ereignisse sind,die genau diesen Wert haben.Das ist wie das X-Boson gefunden wurde und das ist auch die Methode,um nach anderen Teilchen zu suchen.
Tim Pritlove
Genau, weil am Ende ist es ja alles eine statistische Betrachtung,jede Kollision ist anders, immer wieder passiert irgendwas,aber mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit passieren halt bestimmte Dingehäufiger und wenn man das dann eben einfach über Wochen,Monate und Milliarden an Beobachtungen zusammensummiert und plottet,dann entstehen halt diese Grafiken, wo so eine kleine Spitze ist,die halt so einen ganzen Raum voller Wissenschaftler total zum Schreien bringen,weil das dann einfach total irre ist.Und alle anderen fragen sich nur so, was passiert hier eigentlich gerade?Aber das kennt man ja auch aus anderen Sportarten. Also Leute,die mit Fußball nichts zu tun haben, wundern sich ja dann auch mal wieder,was die anderen alle so begeistert.
Wolfgang Adam
Ja, aber etwas zu finden, was man 60 Jahre lang gesucht hat,das kann etwas Begeisterung auslösen. Genau.
Tim Pritlove
Jetzt kommen wir vielleicht so langsam zum Ende und die große Frage ist ja halt immer,wie kann das alles dazu beitragen jetzt auch wirklich was neues zu finden undvielleicht neu ist ja dann auch immer so ein dehnbarer Begriff,also das Higgs Boson war ja nicht in dem Sinne neu, als dass es auf einmal soda war und man gesagt, oh Holla was ist das denn?Sondern das war ja quasi eine Suche nach 60 Jahren, weil es eben diese Theoriegab, wenn es das gäbe, dann würde auf einmal alles zusammenpassen.Alles was wir bisher beobachtet haben, haben wir sozusagen in dieses Standardmodelleingefügt, da fehlte dann aber irgendwie noch so ein Slot und man hat immerso gehofft, dass es das auch gibt, weil dann passt alles zusammen,weil wenn es das nicht gibt, dann passt gar nichts mehr zusammen.Dann müsste man sich was Neues ausdenken und bisher ist noch keinem was anderes eingefallen.
Wolfgang Adam
Naja es gibt einige andere Ansätze, aber es war klar der einfachste Ansatz umdas zu finden und deswegen war es spannend um zu sehen ob dieser Ansatz auchwirklich realistisch ist.
Tim Pritlove
Ich denke es ist ja auch alles gebaut worden. Deswegen hat man den LAC gebaut,deswegen hat man diese Energien versucht aufzubauen,weil man halt einfach so ein gewisses Target hat und sagt okay das ist so derEnergiebedarf den wir benötigen und wenn wir das dann lange genug beobachten,dann haben wir vielleicht eben diese Auffälligkeit und CMS ist einer von denbeiden Detektoren, die das eben mit der hier beschriebenen Technik beobachtethaben, die Statistiken gemacht hat.Atlas das andere, was im Prinzip dasselbe in grün gemacht hat und dann werdenwir halt auch nochmal drüber reden, wie das dort funktioniert und der Vergleichdieser beiden Ergebnisse hat dann eben diese Gewissheit gebracht.So jetzt ist das aber sozusagen aus dem Rennen, Higgs ist jetzt alter Käse.
Wolfgang Adam
Absolut nicht.
Tim Pritlove
Es wird natürlich nach wie vor noch weiter geguckt nach Higgs oder?
Wolfgang Adam
Wir stehen eigentlich am Anfang der Reise, weil Entdeckung heißt,dass wir die ersten überzeugenden Zeichen für die Existenz eines Teilchens gefunden haben.Aber was jetzt gemacht wird, ist zu überprüfen, was wir wissen.Wir haben ein Teilchen gefunden. Das Teilchen entspricht in etwa den Erwartungen der Theorie.Aber was wir jetzt machen ist, um die detaillierten Vorhersagen der Theoriezu überprüfen und zu sehen, ob diesesHiggs-Teilchen wirklich genau das Higgs-Teilchen dieses Modells ist.Und das ist eben ein langfristiges Programm.Das Higgs-Feld gibt eben Masse an die Teilchen und das hängt damit zusammen,wie stark sozusagen diese Teilchen mit dem Higgs-Boson reden. und.Das bedingt auch, wie oft ein Higgs-Boson aus diesen Teilchen erzeugt werdenkann oder wie oft ein Higgs-Boson in diese Teilchen zerfallen wird.Und die Vorhersage des Standard-Modells, dieses Modells ist eben,dass diese Wechselwirkung immer schwächer wird, je leichter Teilchen werden.Und dementsprechend werden die leichteren Teilchen auch seltener im Zerfalleines Higgs-Bosons vorkommen.Und die Entdeckung des X-Bosons wurde im Wesentlichen getragen durch den Zerfallin zwei Arten, eben in zwei Z-Bosonen oder ein Zerfall in zwei Photonen.Jetzt kann man sich fragen, Sie haben gesagt, dass das X hängt mit Masse zusammen.Das X gibt eigentlich die Masse. Photonen sind bekannterweise masselos.Also wie kann ein Higgs-Boson in Photonen zerfallen? Und das geschieht in der Beschreibung,die wir von der Natur in der Quantenfeldtheorie haben, dass da einfach ein komplizierterProzess aufgetreten ist, dass das Higgs ursprünglich in zwei andere Teilchenzerfallen ist und diese Teilchen dann zwei Photonen erzeugt haben.Und in Wirklichkeit hängt das sehr stark zusammen mit dem zerfallen SIX-Bosonsin zwei virtuelle Topquarks, also in schwere Teilchen.Und im Prinzip haben wir jetzt gemessen und wir haben überzeugende Messungen,dass der SIX eben in Z-Bosonen zerfallen kann,in W-Bosonen zerfallen kann, dass der SIX mit Topquarks redet,dass der SIX, also direkt in Topquarks, in zwei Topquarks kann der SIX nichtzerfallen, weil der SIX einfach zu leicht ist.Die zwei Top Quarks zusammen werden schwerer als das X-Poson und deswegen kannes nicht direkt zerfallen.Aber es kann trotzdem in der Produktion und im Zerfall auf indirekte Arten mitdiesen Top Quarks reden.Wir haben den Zerfall in B, Quarks.Und die berühmten Dow-Leptonen. Das sind alles de facto die schwersten Teilchen, die wir kennen.Aber um jetzt überzeugt zu sein, dass dieser Mechanismus der Stärke der Wechselwirkungmit Masse wirklich funktioniert, sollten wir auch sehen, ob es mit den leichteren Teilchen redet.Und wir haben jetzt in CMS, wir haben mit den Daten aus den letzten Jahren daserste Mal einen Hinweis dafür gesehen, dass das X-Boson direkt in zwei Myonen zerfallen kann.Das ist schon jetzt ein großer Sprung in der Masse, weil, wie schon gesagt wurde,die Myonen sind sehr viel leichter als die Dauleptonen zum Beispiel,auch sehr viel leichter als Z-Bosonen oder W-Bosonen. Das heißt,da ist ein großer Sprung.Wir haben eben Hinweise dafür, noch nicht auf dem Niveau,das wir typischerweise in der gleichen Physik Entdeckungsniveau nennen,diese berühmten 5 Sigma statistische Wahrscheinlichkeit, also Wahrscheinlichkeitvon weniger als 1 zu 1 Million, dass das einfach eine Fluktuation war.Aber das steht auf unserem Programm und auch zur Fälle in andere leichte Teilchen,um eben das vollkommen zu überprüfen, das Modell.Und dann auf einer etwas längeren Zeitskala ist die Frage, wie das Higgs mitsich selbst redet und...
Tim Pritlove
Teilchen reden auch mit sich selbst.
Wolfgang Adam
Ja, es kann ein Higgs-Boson zum Beispiel in zwei Higgs-Bosonen zerfallen undzwei Higgs-Bosonen produzieren in seinem Zerfall.Und das Interessante daran ist, dass das Higgs-Boson ursprünglich erfunden wurde,um zu erklären, warum diese W- und Z-Bosonen, für die es in den 80er Jahrenden Nobelpreis gegeben hat und die die schwache Wechselwirkung erklären,warum die nicht wie das Photon masselos sind, sondern warum sie eine Masse haben,eine ziemlich hohe Masse sogar.Und das läuft unter dem Konzept der Symmetriebrechung.Es gibt da in Symmetrienstellen einen sehr wichtigen Bestandteil aller modernenTheorien der Teilchenphysik vor.Symmetrien können so etwas wie die einfache Links-Rechts-Spiegelsymmetrie sein,die wir kennen, aber es kann auch Symmetrien in anderen Formen geben,die zum Beispiel, das wäre sozusagen eine Art Spiegeleffekt,die zum Beispiel ein Teilchen in ein anderes Teilchen verwandeln könnte unddadurch ihre Ähnlichkeit erklärt.Und jedenfalls, das Higgs-Poson hat eben diese spezielle Eigenschaft,Eigenschaft, dass es eine gewisse Symmetrie bricht, also dazu führt,dass die Symmetrie nicht mehr vollkommen respektiert wird.Und das gibt diesen W- und Z-Posonen die Masse.Und das hängt sehr stark davon zusammen, eben wie stark dieses X-Poson sozusagen mit sich selbst redet.Und das ist ein Programm, das ist sehr schwierig zu messen. Das ist ein Prozess,der noch viel seltener ist, als was wir im Moment schon messen und die,Und das wird wirklich ein Programm sein für die nächsten Jahre,für die zukünftige Phase des LACs und dann sogar, wahrscheinlich um Präzisezu messen, auch für die nächste Beschleuniger-Generation, die nachher kommen werden.
Tim Pritlove
Okay, also man ist quasi auf der Mission, also nachdem man sich sicher war,dass Higgs-Prinzip das existiert, das ist da, das ist messbar,das entspricht so gut den Vorhersagen und wir haben es auch aus den statistischenDaten mit der statistischen Sicherheit herauslesen können.Da ist was, geht es jetzt im Wesentlichen darum zu sagen, wie verhält es sichjetzt genau, was hat das für eine Auswirkung.Das ist jetzt sehr kompliziert zu verstehen, dieser ganze Bereich.Aber eine Sache wollte ich mal kurz rausgreifen, weil das irgendwie eben viel,also wenn wir jetzt den Begriff Wechselwirkung hier mit reinnehmen,hab ich ja vorhin schon auch angesprochen, da haben wir es ja sozusagen mitdiesen Naturkräften zu tun.Schwache Kernkraft durch diese WZ-Versionen, die elektromagnetische Kraft durch dieses Photon,die starke Kernkraft durch diese Gluon, die dann halt irgendwie Lepton und Quarkirgendwie zusammenbacken oder auch nicht. Und...Dann gibt's halt noch dieses Higgs. Und jetzt hast du aber auch diesen BegriffWechselwirkung in den Mund genommen, wenn man sagt, wie Higgs jetzt sozusagenmit den anderen interagiert.Heißt das, dass man dann sozusagen, also ist das dann sozusagen noch eine weitereKraft, die wir so bisher so nicht auf dem Zeiger haben oder reden wir jetzthier von einer anderen Wirkung, die nicht auf dem Level sich abspielt?
Wolfgang Adam
Ich würde das nicht als Kraft bezeichnen. Es ist einfach nur,dass es Prozesse gibt, in denen Higgs-Boson und andere Teilchen vorkommen unddie dann… Also nicht jede Wechselwirkung ist eine Kraft, aber jede Kraft ist eine Wechselwirkung?Ja, das könnte man vielleicht so sagen.Aber was man vielleicht zum Programm mit dem Higgs-Boson noch hinzufügen sollte,ist, dass das Higgs-Boson auch sehr interessant ist, um mögliche neue Effekte zu studieren.Wir haben noch nicht erwähnt, dass das Standardmodell, dass wir sehr zufriedensind, dass wir dieses letzte Teilchen des Standardmodells gefunden haben.Aber wir wissen, dass es nicht vollständig sein kann.Und da gibt es einen starken Zusammenhang mit Kosmologie und dem,was wir im Universum beobachten, weil zwei der großen Fragen in der Entwicklung des Universums sind,warum es einen Unterschied zwischen Teilchen und Antiteilchen gibt und was esmit dieser berühmten dunklen Materie im Universum an sich hat.Und beide Themenbereiche hängen mit Teilchenphysik zusammen,weil der Unterschied zwischen Teilchen und Antiteilchen,das ist etwas, was man messen kann in verschiedenen Arten, auch am LHC,Und die dunkle Materie, es ist sehr plausibel, dass die dunkle Materie de factoaus Teilchen besteht, die wir noch nicht kennen.Und wo kommt das Higgs da hinein? In vielen theoretischen Modellen,die versuchen, dunkle Materie mit neuen Teilchen zu erklären,spielt das Higgs-Boson oder mehrere, möglicherweise mehrere andere Higgs-Bosonen noch eine Rolle,um sozusagen die Welt, die wir da jetzt schon kennen, und diese dunkle Weltmiteinander zu verbinden, also Verbindungen herzustellen zwischen den Teilchen, die wir kennen,und der Produktion von Teilchen, die wir noch nicht können und die zum Beispieldunkle Materie hervorrufen könnten.
Tim Pritlove
Also zum Beispiel würde man jetzt, und das ist ja unter anderem auch geplant,noch einen größeren Ring bauen und damit noch mehr Energien aufbauen könnenund noch fettere Detektoren bauen,die mit diesen Energien auch umgehen, was dann noch größere Magneten wären undüberhaupt kann man sich das fast schon gar nicht mehr vorstellen,Wie groß das alles wäre, auf jeden Fall wenn man sozusagen höhere Energien noch beobachten könnte,dann könnte es vielleicht theoretisch sein, dass auch in der Mangelung einerpassenden Theorie zu diesem Zeitpunkt mal halt an irgendeiner Stelle mit nochmehr Energien nochmal so einen kleinen Hopser in der Kurve hat.
Wolfgang Adam
Das muss nicht unbedingt beim nächsten, das könnte natürlich beim nächsten Beschleunigersein, aber selbst bei uns könnten Prozesse sein, die einfach so selten sind.
Tim Pritlove
Die einfach selten sind, das ist der andere Punkt. Oder aber eben auch,dass man erstmal woanders noch suchen muss, das meinte ich eigentlich mehr.Also es könnte auch sein, dass man nochmal ganz woanders gucken muss,als wir derzeit gucken können und dort sozusagen nochmal so ein Geschwisterhicks haben,die dann vielleicht einfach nur in der Antimaterie irgendwas machen und da dieseMassen erzeugen, die wir quasi da ja ausmachen.Weil das ist ja das, was wir sehen. Wir sehen, dass da irgendwas gravitativ wirkt,Galaxien irgendwie zusammenhält und auf andere Geschwindigkeiten bringt,die sich eben mit unserer Vorstellung der normalen Materie nicht verbinden lässtund von daher irgendwie das große Fragezeichen, also eins der großen drei Fragezeichenist, die wir derzeit so im Weltall haben.
Wolfgang Adam
Ja, aber die Verteilung von dunkler Materie und die Geschichte des Universumssagt uns, dass es eine gewisse Verbindung, eine sehr, sehr schwache Verbindung,aber zwischen diesen Teilchen, wenn es Teilchen sind der dunklen Materie,und den normalen Teilchen geben sollte.Und das ist eben Teil des Forschungsprogramms. Mit dieser Verbindung könntenwir diese Teilchen unter Umständen hier auch schon im LHC produzieren und mit dem Detektor sehen.Das ist übrigens ein interessanter Aspekt, dass die Detektoren de facto auchDeichen Detektieren können, die gar nicht direkt im Detektorsignal hinterlassen.
Tim Pritlove
Man kann etwas detektieren, was man gar nicht detektiert?
Wolfgang Adam
Genau, das betrifft schon bekannte Teilchen.Im Standardmodell mit den Elektronen, das Elektron hat nicht nur schwere Geschwister,sondern auch ein Pendant, das ist das Neutrino, das zum Beispiel in großen Mengenin der Sonne in den Kernprozessen erzeugt wird.Und das Neutrino ist fast masselos und hat nur eine sehr schwache Wechselwirkung mit Materie.Das heißt, die Neutrinos würden aus unseren Detektoren hinauslaufen und wirwürden sie nicht sehen. Aber auch wenn wir zum Beispiel Teilchen der dunklenMaterie erzeugen könnten, würden diese auch den Detektor verlassen, ohne dass wir sie sehen.Aber wir können uns ein Prinzip in der Physik zunutze machen,und das ist, es gibt die Energieerhaltung, aber es gibt auch ein Prinzip,das nennt sich Impulserhaltung, das ist also, sagen wir so, verwandt mit derEnergie, aber das spielt sich in allen drei Raumrichtungen ab.Das heißt, man kennt vielleicht dieses Spiel mit dem Bändeln mit den Kugeln,wo man die Kugel fallen lässt und dann läuft auf der anderen Seite eine Kugelraus. Das ist de facto Impulserhaltung und das könnte man auch in drei Dimensionen machen.Jedenfalls, wir haben das Prinzip, dass die Protonen, die zusammenlaufen,die bewegen sich entlang des Beschleunigers, auf einer geraden Linie eben,aber nicht links, rechts, oben und unten.Und daraus schließt man, dass die Summe aller Teilchen, die nach der Kollisionproduziert wird, kann insgesamt, kollektiv sozusagen, auch keine Bewegung links,rechts, oben und unten haben.Und wenn da jetzt aber ein Teilchen dabei wäre mit hoher Energie,das wir nicht sehen, Und wir machen die Summe über alle sichtbaren Teilchenund würden sehen, dass die Summe der sichtbaren Teilchen in irgendeine Richtung zeigen würde.Während das unsichtbare Teilchen in die andere Richtung gegangen wäre.Und auf diese Art und Weise können wir feststellen, ob ein unsichtbares Teilchenden Detektor verlassen hat.
Tim Pritlove
Also man rechnet sozusagen einfach nach wie viel Energie ist denn hier insgesamtfehlt, was fehlt, fehlt und daraus kann man schließen.
Wolfgang Adam
Und damit könnte man zum Beispiel sehen, falls dunkle Materie produziert würdeund das ist ein wichtiger Teil unseres Forschungsprogramms.
Tim Pritlove
Ja, spannend. Das bringt uns jetzt so ein bisschen ans Ende.Können natürlich jetzt noch stundenlang weiter philosophieren,aber um es vielleicht mal abzurunden.Man sieht, dass die Detektoren halt auf der einen Seite dazu beitragen,bestehende Theorien zu überprüfen und das eben teilweise mit Erfolg,aber auch das nicht Nachweisen ist ja in gewisser Hinsicht auch ein Erfolg,aber auch noch sehr viel Potenzial hat jetzt sozusagen auf dem nächsten Wegmit der existierenden Technologie plus der Upgrades, die ja hier regelmäßigstattfinden, die halt Dinge genauer machen, verfeinern, Energien erhöhen usw.Anders ballen, dass man eben auch auf dem Pfad zu weiteren Erkenntnissen kommen kann.Also jetzt nicht mit dem Higgs ist nicht das ganze Pulver verschossen worden. Nein, absolut.
Wolfgang Adam
Und wie gesagt, wenn man ein neues Teilchen entdeckt, das ist die erste Stufe,die ist Entdeckung und die zweite Stufe ist dann, um dieses neue Teilchen defacto als Werkzeug zu verwenden, um neue Erkenntnisse zu bekommen.
Tim Pritlove
Ja, gut Wolfgang, ich sag vielen Dank für die Ausführung zum CMS,das war alles sehr interessant, sehr spannend.Ja, und ich bedanke mich fürs Zuhören, das war's zum CMS, weiter geht's dannmit dem Atlas, gucken wir mal wie die auf die Welt schauen, ja.Und dann geht's halt hier wieder weiter. Bis dann sagt Tschüss, bis bald!

Shownotes

RZ113 CERN: Der ALICE-Detektor

Das ALICE-Experiment auf der Suche nach dem Wunderland des Quark-Gluon-Plasmas

Das ALICE-Experiment ist eines der großen Detektorsysteme am CERN in Genf und nutzt den CERN-Beschleunigerring um die Kollision schwerer Ionen zu beobachten. Dabei entsteht ein sogenanntes Quark-Gluon-Plasma, in dem sich Atom zu einem Teilchenbrei vermengen wie man es vermutlich kurz nach dem Urknalls vorgefunden hat.

Dauer:
Aufnahme:

Kai Schweda
Kai Schweda

Wir sprechen mit Kai Schweda, derzeit der offizielle Sprecher und Projektleiter des ALICE-Teams am CERN. Wir schauen auf die physikalischen Hintergründe, die aufwändige Technik und Funktionsweise des Detektors, welche Ergebnisse das Experiment bisher schon hat liefern können und was für Aufgaben und technische Weiterentwicklungen in den nächsten Jahren zu erwarten sind.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Pridlaff und ich begrüße alle hier zu einer weiteren Ausgabe von Raumzeit.Und wie schon in den letzten Sendungen sich abgezeichnet hat,heute geht's wieder um das ZERN.Ich bin hier in Genf vor Ort und spreche mit einer ganzen Reihe von Gesprächspartnern.Und so auch in dieser Sendung. Und heute geht es um die Detektoren,die es ja hier so einige gibt, an dem großen Large Hadron Collider,dem großen Beschleunigerring, der hier aufgebaut worden ist in den letzten Jahrzehntenund fleißig betrieben wird und wie man ja auch schon gehört hat zu diversenwissenschaftlichen Erkenntnissen geführt hat.Und diese Erkenntnisse gäbe es nicht, würde nicht das, was da beschleunigt wird,auch mal ausgelesen werden.Es muss ja auch was kollidieren, wenn man diese Kollision auswerten will.Und eine dieser Kollisionsmaschinen, dieser Detektoren heißt ALICE,Large Ion Collider Experiment und darüber spreche ich heute mit Kai Schweda.Hallo, herzlich willkommen bei Raumzeit.
Kai Schweda
Hallo Tim, gut dich zu sehen.
Tim Pritlove
Ja, Kai du bist, stimmt das, Alice Deputy Spokesperson steht hier.
Kai Schweda
Genau, seit Januar diesen Jahres für drei Jahre. Spokesperson wird demokratischgewählt von den teilnehmenden Instituten und alle drei Jahre gibt es einen neuenSpokesperson. Und der ist auch nicht wiederwählbar, das heißt nach drei Jahren ist es vorbei.
Tim Pritlove
Aha, warum macht man das?
Kai Schweda
Generell ist es am Zehren so, dass auch die Generaldirektorin,die wir jetzt haben, von den Mitgliedstaaten gewählt wird.Das macht man, dass Machtstrukturen nicht verkrusten. Wir haben ja gesehen,wenn eine Kanzlei in Deutschland vier Legislaturperioden überlebt...Da haben die Leute die Schnauze voll. Und genau das ist das Ziel vom CERN.Selbst die Sekretärinnen in den Sekretariaten wechseln alle 5 oder 6 Jahre die Abteilung auch um,natürlich auch wenn man eine bestimmte Aufgabe eine Zeit macht,wird es sehr routinemäßig, dann sehen die andere Abteilungen und das wird sehraktiv betrieben beim CERN.
Tim Pritlove
Es gibt ja auch genug, wo man durchrotieren kann. Also es bleibt abwechslungsreich.Und ich denke das schärft dann auch den Blick für das Ganze dann doch auch,dass man sieht, aha andere Abteilungen machen auch cooles Zeug und haben abervielleicht einen anderen Stil und dann übertragen sich natürlich auch Erfahrungen.Aber das heißt, dass man nicht mehr so viel Wissenschaft macht oder?Wenn man Spokesperson ist oder ist das nur so ein Anhängsel?
Kai Schweda
Nach wie vor zwei Doktoranden, die ich betreue, die unsere Daten auswerten undPhysikanalyse betreiben und die auch veröffentlichen die Ergebnisse.
Tim Pritlove
Also es ist eigentlich nur so ein zusätzlicher Job und kein neuer.
Kai Schweda
Also ich denke Spokesperson, das ist ja der CEO wäre das, bei einer großen Aktiengesellschaftoder im deutschen Sprachraum ist das der Vorstandsvorsitzende.Ich bin der Stellvertreter.Und ich behalte noch mehr 10% meiner Zeit für Dinge, die mir Spaß machen,zum Beispiel Doktorandbetreuung, ich mache noch Lehre in der Uni Heidelbergin der Physik und das will ich nicht aufgeben. Als Brooks-Person wird es vielleicht anders.
Tim Pritlove
Wie hat es dann angefangen mit der Wissenschaft?
Kai Schweda
Ich denke schon in der Schule, so rückblickend waren immer die Naturwissenschaftendas, was mich interessiert hat und dann im Studium war es die Kernphysik.Alles andere hat mich dann weniger interessiert.
Tim Pritlove
Warum?
Kai Schweda
Das kann ich nicht sagen. Vielleicht ist das Purismus,dass man die Kern- und Teilchenphysik versucht ja die Natur zu beschreiben,indem man die Kräfte auf fundamentale Teilchen und fundamentale Wechselwirkungenreduziert und vielleicht ist es dieser Reduktionismus, den ich so attraktiv finde.
Tim Pritlove
Ja und auch natürlich dieser Teilchen Zoo, das hatten wir ja schon im Eingangsgespräch,Standardmodell, das ist einfach so das, was alles definiert.Von daher glaube ich auch nochmal besonders interessant sein kann.
Kai Schweda
Da gibt es unterschiedliche Meinungen, wir versuchen das,wie gesagt, über fundamentale Teilchen- und Wechselwirkungen zu beschreiben,aber selbst wenn man diese Wechselwirkungen nicht beliebig genau kennt,könnte niemand ausrechnen, welche Formation eine Schneeflocke wenn man alsoSysteme hat, die aus sehr vielen Teilchen bestehen.Prinzipiell kann man das machen, es gelingt aber keinem, weil dann gibt es ebenkollektive Phänomene, die nicht immer aus den fundamentalen Wechselwirkungen kommen.
Tim Pritlove
Oder anders ausgedrückt, Europa braucht unbedingt ein Schneeflockenformungsforschungszentrum.
Kai Schweda
Nein, ich will das nicht ins Lächerliche ziehen, aber es gibt auch emergentePhänomene, auch ALICE beschäftigt sich damit, vielleicht kommen wir da nochspäter drauf, die man eben nicht so einfach aus den fundamentalen Wechselwirkungen herleiten kann.
Tim Pritlove
Alles nicht so einfach. Trotz alledem gibt es den Bedarf hier mal ins Detail zu gehen.Ja, Alice. Also ich habe es schon gesagt, Large Ion Collider Experiment mitden Abkürzungen ist ja immer so eine Sache. Man will immer auf irgendwas hinaus.Eine schöne Abkürzung, liest sich halt gut.Aber es beschreibt ja schon auch in etwa was getan wird. Wovon reden wir jetzt?Wir haben hier am Standort den großen Ring, den Archidron Collider,den Beschleunigerring, der halt die Teilchen ordentlich auf Fahrt bringt.Und entlang dieses Rings gibt es verschiedenste Instrumente,wie man sagt, wobei das Wort irgendwie nicht so richtig erfasst,um was für Kolosse es sich dabei handelt.Sehr sehr große, sehr komplexe technische Geräte, die dann eben diese beschleunigtenTeilchen kollidieren lässt und sie dabei beobachtet.Also ein Detektor. ALICE ist jetzt einer dieser Detektoren, die alle mehr oderweniger, also die sozusagen alle parallel und unabhängig voneinander entwickelt wurden.Das heißt hinter jedem dieser Detektoren steckt eine eine Philosophie,eine Technik Wissenschaftsphilosophie, wie man auf dieses beschleunigte Teilchen schaut.
Kai Schweda
Also wir schauen nicht auf das beschleunigte Teilchen, sondern auf das kollidierende.Die beiden Teilchen kriegen sehr viel Energie mit. Das ist Bewegungsenergie.Und die kollidieren und dann wird in dieser Kollision ein Großteil dieser Energie,die ich vorher reinstecke mit dem Collider, mit dem Beschleuniger,die wird frei und erzeugt neue Teilchen. Da entstehen in der Kollision neueTeilchen und diese neuen Teilchen, die untersuchen wir.
Tim Pritlove
Und was ist jetzt sozusagen die Philosophie gewesen beim Design von ALICE?
Kai Schweda
Anfang der 1990er Jahre hat das CERN ernsthaft überlegt und auch eine Designstudiezum Large Hadron Collider entwickelt.Das heißt, sie haben sich überlegt, welche Energie brauchen wir,um in der Teilchenphysik Fortschritt zu machen. Es ging damals um das Higgs-Boson,das auch vor zehn Jahren entdeckt wurde.Und dann war klar, da gab es dann die Teilchenphysik-Gemeinschaft,die Community, baut traditionell zwei Detektoren mit unterschiedlicher Technologie,um eben diesen Nachweis des Higgs-Teilchens einwandfrei festlegen zu können.
Tim Pritlove
Weil wenn man das gleiche sieht oder dieselben Schlüsse zieht aus zwei vollständigunterschiedlichen Beobachtungen, dann kann man auch sicher sein, dass es stimmt.
Kai Schweda
Genau, so ist das traditionell in der Teilchenphysik, auch bei anderen Kollidern wurde,als das Topquark entdeckt wurde, waren es auch zwei große Experimente und dannwar klar am Large Hadron Collider, dieser Ring, die ja 100 Meter unter der Erdeist, der 27 Kilometer lang ist, hat vier Kollisionszonen.Da war vorher ein anderer Kollider drin, der Elektronen und Positronen kollidierthat. Und da gibt es vier Wechselwirkungspunkte, wo die Strahlen kollidieren.Es gab also noch zwei weitere.Kollisionspunkte, wo man ein Experiment aufstellen kann und dann hat sich unser Feld,das noch recht jung ist, die schweren Physik überlegt, wir könnten da bei diesenhöchsten zugänglichen Kollisionsenergien einen Detektor bauen und der ist nichtfür Proton-Proton-Kollisionen zuständig,denn in Proton-Proton-Kollisionen wurde das Higgs-Boson entdeckt und wird weitererforscht, welche Eigenschaften es hat, Sondern man kann auch einen Monat proJahr, also eine relativ kurze Zeit, schwere Bleikerne reinsetzen und die beschleunigen.Und das ist das zentrale Thema von ALICE.
Tim Pritlove
Was ist jetzt so besonders an diesen schweren Teilen?
Kai Schweda
Die Frage ist, was passiert, wenn ich sehr viel Energie in ein Volumen pumpe,das sehr viel größer ist als ein Proton.Darüber ist noch wenig bekannt. was passiert mit dem Vakuum,wenn ich da sehr viel, sehr sehr viel Energie reinstecke, über ein sehr großesVolumen, groß, wie gesagt, groß im Vergleich zu der Größe eines Protons.Und dann kommen da eben bei einer Proton-Proton-Kollision kommen ein paar hundertTeilchen raus, die erzeugt werden.Bei einer Blei-Blei-Kollision, da habe ich ja, Blei hat 82 Protonen und dieseBleikerne sind völlig nackt. Wir nehmen denen alle Elektronen weg,dass man sie möglichst stark beschleunigen kann. Das heißt, dieser Bleikernist 82 Plus geladen, der hat die Ladung von 82 Protonen.Und dann kommen noch 126 Neutronen dazu. dann habe ich also 208.Nukleon, also 208 Protonen plus Neutronen, habe ich ein sehr großes System,das kollidiert und da entstehen 20.000 geladene Teilchen, nicht nur ein paarhundert. Und das ist der große Unterschied zu ALICE.Wir müssen bei einer einzigen Kollision eine sehr, sehr hohe Teilchenzahldichteuntersuchen können und dafür haben wir einen speziellen Detektor gebaut.Also die Überlegung, was für einen Detektor wir gebaut haben,kommt daraus, was passiert in dieser Kollision.Und es war sehr schnell klar, wenn man am Large Hadron Collider ein Schwerion-Experiment,in dem man Bleikerne kollidiert, bauen möchte, braucht man zunächst mal praktischdie gesamte Physikergemeinschaft, die sich mit so einer Physik beschäftigt.Weil man einfach einen Detektor, weil die Herausforderungen so groß sind aufder Detektorseite, auf der Datenaufnahmeseite vom Rechenanspruch,dass man da praktisch fast alle Physiker, die in dem Feld arbeiten, zusammenbringen muss.Und dann war auch sehr schnell klar, da muss dieser Detektor nicht nur eineTeilmessung machen oder ein ganz besonderes Signal und eine Sonde untersuchenkönnen, sondern sehr breit aufgestellt sein, dass er möglichst alle Signale erkennen kann.
Tim Pritlove
Warum nimmt man Blei? Also es gibt ja sicherlich auch noch schwerere,man kann ja auch Uran nehmen.
Kai Schweda
Ja genau, Uran wurde auch gemacht, nicht Amzern. Dazu braucht man eine bestimmte Quelle.Quelle. Man fängt ja an ein Teilchen zu beschleunigen, in dem es immer zum Beispielim Proton nimmt man das Elektron weg, dann ist es positiv geladen,dann lege ich ein elektrisches Feld an und im elektrischen Feld bewegt sicheine positive Ladung entlang der Feldlinie und wird beschleunigt.Und Blei ist möglichst schwer, Uran ist noch schwerer.Aber für Uran muss man eine spezielle Quelle haben, das hat das CERN nicht,das wurde aber in anderen Experimenten gemacht. Da braucht man eine ganz spezielleQuelle. Das ist also ein technologisches Argument.
Tim Pritlove
Also Quelle im Sinne von, also nicht wo man das Uran her bekäme,sondern wie man das sozusagen erstmal in den Ring überhaupt reinschweißt.Wie man das vorbeschleunigt.
Kai Schweda
Die Frage ist immer, wie fange ich an? Ich habe zuerst ein neutrales Atom,ein Bleiatom oder ein Bleikern.Und da muss ich erst mal den positiv oder auch negativ laden.Ich gebe ihm ein Elektron dazu und ich nehme eins weg aus der Atomhülle unddann fange ich an, das zu beschleunigen.Und das ist die Schwierigkeit bei Uran. Wir hatten auch sehr gerne Uran-Kollisionen.
Tim Pritlove
Okay, also bleiht sozusagen der Kompromiss aus. Da weiß man,wie man es hinkriegt und es ist schwer genug, dass es einen Unterschied macht.
Kai Schweda
Ganz genau, aber der LHC hat auch mittelschwere Kerne schon kollidiert, Xenonkerne.Das hat wunderbar funktioniert. Da hatten wir mal sechs Stunden Strahl mit Xenonkerne.
Tim Pritlove
Und warum ist jetzt sozusagen, also das habe ich noch nicht so ganz verstanden,also klar Protonen aufeinander ballern, das bringt einen schon mal weit undhat auch irgendwie das Higgs-Feld nachweisen können.Was ist jetzt sozusagen die Erwartungshaltung gewesen, wenn man sagt,okay, es ist besser, wenn manjetzt viele Protonen hat, weil man dann mehr sieht oder was anderes sieht?
Kai Schweda
Weil man genau neue Eigenschaften sieht. Man sieht dann plötzlich,das muss ich weiter ausholen, die Protonen sind ja keine fundamentalen Teilchen.Elektron ist ein Elementarteilchen, das hat eine Ladung, das hat eine bestimmteMasse, aber Protonen sind ja ausgedehnt,die bestehen selbst noch mal aus Elementarteilchen, das sind die Quarks.Und das ist eben das fundamentale Teil, die Quarks sind Bestand der Bis dahin.Des Standardsmodells der Teilchenphysik und da gibt es sechs verschiedene Quarks.Ich kann mal aufzählen, die Physiker sind nicht besonders innovativ,wenn sie neue Namen geben.Da gibt es einen Up-Quark und einen Down-Quark und daraus besteht unsere gesamteWelt. Ich kann zwei Up-Quarks nehmen und einen Down-Quark, dann habe ich dreiQuarks und das ist ein Proton.Ich kann andersherum zwei Down-Quarks nehmen, einen Up-Quark,auch wieder drei Quarks, dann habe ich einen Neutron.Da nehme ich noch das Elektron dazu und damit kann ich vom Wasserstoffatom biszum Blei oder Uranatom das komplette Periodensystem bauen.Alles zusammenbauen und das ist unsere Welt, aus der wir auch bestehen,wo aus dieser Tisch hier besteht.Und die Natur hat es aber so eingerichtet, dass es noch eine zweite und dritteGeneration oder Familie, das sind Synonyme, man kann beides nehmen, sagen, gibt.Und kein Mensch weiß, warum es jetzt eine zweite und eine dritte Generation gibt.Es gibt auch genau drei, auch das wurde am LAC untersucht, auch bei anderen Beschleunigern.Gibt es denn nicht noch eine vierte, fünfte, sechste Familie?Gibt es nicht. Zumindest nicht bei den Energien, die uns momentan zur Verfügung stehen.Und das ist eines der großen Rätsel im Standardmodell der Deutschmusik.Warum gibt es drei Familien und genau drei und nicht mehr und nicht weniger?So und dann kommen wir zur starken Wechselwirkung. Die Protonen,diese Quarks, werden zusammengehalten von der starken Wechselwirkung.Wir kennen ja aus der Schule, aus dem Alltag, die elektromagnetische Wechselwirkung,elektrische Ladungen, magnetische Felder.Wir kennen die Schwerkraft, die, die Gravitation, die hat gespielt keine Rolleim Standardmodell der Teilchenphysik, die wird nicht berücksichtigt.Aber es gibt noch zwei im Standardmodell, zwei weitere mikroskopische Kräfte,das ist die schwache Kernkraft oder die schwache Kraft, Die ist zum Beispieldafür verantwortlich, dass ein Neutron zerfällt in ein Proton und ein Elektron und ein Neutrino.Und dann gibt es noch eine Kraft, das ist eben die starke Kraft.Und diese beiden Kernkräfte haben sehr kurze Reichweiten. Wir wissen ja vonder elektromagnetischen Wechselwirkung, die geht unendlich weit.Oder wir sehen, wir spüren die Schwerkraft der Sonne, die 150 Millionen Kilometervon uns entfernt ist, spüren wir, weil die Erde sich eben um die Sonne bewegt.Und diese Kernkräfte haben sehr, sehr kurze Reichweiten, also sehr viel kleinerals die Größe von einem Atom.Deshalb sind die so schwierig zu sehen.
Tim Pritlove
Und deswegen sind sie ja auch im Fokus.Okay, und inwiefern, also was ist jetzt sozusagen die konkrete Perspektive von Alice?Also Alice versucht es quasi so zu betrachten,dass man eben dadurch, dass man diese schweren Bleiatome beziehungsweise nicht die Atome,sondern die Kerne, die Bleikerne kollidieren lässt und diese extreme Teilchendichtezu erzeugen und dann hat man sozusagen die Hoffnung und die Erwartung und mittlerweilewahrscheinlich auch schon die Erkenntnis,dass man daraus dann Schlüsse ziehen kann auf das Wesen dieser Elementarteilchen und dieser Kräfte.
Kai Schweda
Ja, dazu dient, dass ich soweit ausgeholt habe. Diese Quarks,die in den Protonen eingeschlossen sind, die tragen jetzt eine Farbladung,so wie ein Elektron eine elektrische Ladung trägt.Und diese Ladung ist ja Ursache für eine Kraft. Die elektrische Ladung ist dieUrsache für die elektromagnetische Kraft, dass sich ein Proton und ein Elektron anziehen.Und so tragen die Quarks, die tragen auch elektrische Ladung,aber die tragen auch Farbladung und das ist Ursache für die starke Kraft.Und jetzt ist es so, ein freies Elektron können wir beobachten oder wir habendas sogar in dem Collider, vor dem Lärmschadung Collider hatten wir Elektronenund sogar Positronen, freie Teilchen im Ring, die wir beschleunigen konnten.Wir können auch Lichtteilchen, die von der Sonne kommen, können über sehr großeDistanzen sich fortbewegen bis zu uns, zur Erde, bis zu unserem Auge und werden dort dann detektiert.Die Quarks, aufgrund der Tatsache, dass die jetzt noch diese starke Farbladungtragen, dass die in der starken Wechselwirkung teilnehmen, diese Quarks istes uns noch nie gelungen, ein freies Quark zu beobachten.Also die sind eingeschlossen in diesem Proton und egal was man tut,Leuten 40, 50 Jahre lang.Stark danach geschaut, irgendwo im Experiment mal freie Quarks zu beobachten, das ist nie geschehen.
Tim Pritlove
Woher wusste man denn, dass es denn Quarks gibt, wenn man sie nicht beobachten kann?
Kai Schweda
Ah ja, das ist eine interessante Frage, das war in den 1960er Jahren,hat man die Struktur von einem Proton oder auch von Atomkern untersucht,mithilfe von Elektronenstreuung.Das Elektron ist ja ein Elementarteilchen, das hat selbst keine Struktur,das hat also keine Breite, keine Höhe, keine Länge.Es hat keine Dimension. Es ist punktförmig nach allem, was wir wissen.Wir haben noch nie festgestellt, dass das Elektron noch eine Unterstruktur hatund irgendwie ausgedehnt ist.Zumindest mit der experimentellen Auflösung, die wir heute erreichen,die mehr als tausend Mal besser ist als die Größe vom Proton.Also ein Elektron ist punktförmig im Standardmodell.Und mit diesen Elektronen, die hat man auf Protonen geschossen und aus dem gestreutenElektron dann über die Struktur des Protons einen Aufschluss erhalten.Das kann man sich vorstellen, wie wenn die Leute ein Einzelspalt-Experiment kennen.Wenn ich mit Licht auf eine Struktur leuchte, sehe ich, wenn die Lichtwelleungefähr die Größe hat von dem Spalt oder von dem Teilchen, das ich untersuche,dann sehe ich Beugungseffekte.Dann sehe ich eben nicht nur Licht und Schatten, sondern ich sehe Beugungseffekte im Licht.Und daraus kann ich auf die Größe des Deichens schließen. Das hat man gemachtmit Elektronen, also mit Materiewellen.Die Materiewellen haben sehr viel kürzere Wellenlängen als normales Licht,das uns zur Verfügung steht.Und dann hat man nicht nur das Licht gebeugt, man hat auch, das nennen die Physiker,inelastische Kollisionen gemacht.Das hat man mit sehr hohen Energien auch wieder an einen Beschleuniger,der damals die höchsten Energien zur Verfügung gestellt hat,mit Elektronen, die viel Energie hatten, auf den Proton geschossen und aus diesemStreumuster schließen können,dass hier Elementarteilchen mit einer bestimmten Ladung im Proton sind,genauso wie Radaford das vor über 100 Jahren mit am Goldkern gemacht hat mit Alpha-Teilchen.Er hat also ein Streuexperiment gemacht bei hohen Energien und dann gesehen,aha, die Proton haben noch eine innere Struktur.
Tim Pritlove
Weil sie nicht sich punktförmig verhalten, sondern in irgendeiner Form aus etwasanderem komponiert sind?
Kai Schweda
Man hat genau gesehen, das Proton ist ja ausgedehnt, das verhält sich nichtpunktförmig und dann hat man gemerkt, wenn man zu sehr, sehr hohen Energiengeht, sieht das so aus, als würde man wieder an einem punktförmigen Teilchen streuen.Und das sind diese punktförmigen Quarks mit einer Elementarladung von plus zweiDrittel der Elektronenladung oder minus zwei Drittel.
Tim Pritlove
Nur isoliert hat man sie halt nicht bekommen, die Quarks. Vielen Dank.Und das ist das, was Ellis dann versucht.
Kai Schweda
Genau. Das heißt, wenn man jetzt, dazu gibt es auch Rechnungen und schon seitden Anfangen der 1970er Jahren Vorhersagen,wenn man jetzt Kernmaterie genügend aufheizt und oder gleichzeitig komprimiert,also zusammendrückt, dann wird dieser Einschluss zumindest für kurze Zeit aufgehoben.Und dieser Einschluss, wenn man Kernmaterie auf zwei Billionen Grad Celsiuserhitzt, Dann wird dieser Einschluss wieder aufgehoben und die Quarks und Gluonkönnen sich quasi frei bewegen über ein relativ großes Volumen.Beim Collider kann man sich das so vorstellen, wenn ich jetzt Apfelsin habeund mache die in eine Aldi-Tüte und stoße diese zwei Aldi-Tüten mit möglichsthoher Geschwindigkeit zusammen,mit Lichtgeschwindigkeit und dann mache ich die Tüte auf, dann sind diese Apfelsin,das die Protonen und Neutronen sind, die sind dann nicht mehr da,sondern da ist nur noch der Saft da.Und das ist unsere Ursuppe, die aus Quarks und Gluten besteht.
Tim Pritlove
Das Quark, Glut und Plasma?
Kai Schweda
Ganz genau.
Tim Pritlove
Also sozusagen ein neuer Zustand, den man so im Normalzustand nicht antrifft,sondern der nur stattfindet, wenn besonders hohe Energien darauf angewendet werden.
Kai Schweda
Ganz genau. Und der Zugang zur Kosmologie ist folgender, das Olimersium dehntsich ja aus seit seiner Entstehung, seit dem Urknall.Das heißt, heute sind wir ungefähr 13,8 Milliarden Jahre nach dem Urknall.Das Universum hat sich sehr stark abgekühlt.Wenn ich jetzt die Zeit zurückdrehe, würde sich das Universum wieder zusammenschrumpfenund es wird immer dichter und heißer.Und ungefähr wenige Millionsel Sekunden nach dem Urknall war das Universum ebenso heiß, dass da keine Atomkerne bestehen konnten. Selbst die Bausteine derAtomkerne, die Protonen, Neutronen konnten nicht bestehen, weil die Temperaturen so hoch waren.Das heißt, die gesamte Materie, die wir heute sehen, aus der wir auch bestehen,aus der unsere Erde entsteht, aus der die Sonne besteht,Die ganze sichtbare Materie, die wir heute sehen, die lag in so einem Zustandvor, dass wir Quark-Gluten-Plasma nennen.Die gesamte Materie lag, wenn Sie so wollen, als Suppe aus Quark und Gluten vor.Und wir versuchen jetzt am Large Hadron Collider so ein kleines Tropfen dieserUrsuppe wieder herzustellen.
Tim Pritlove
Also sozusagen so ein Blick in den Urknall, könnte man fast sagen.Ich meine, die ganze Urknalltheorie ist ja wirklich bestechend,weil sie ja in gewisser Hinsicht viel von dem erklärt, was wir heute sehen unddieses Gedankenexperiment, quasi das Universum in der Zeit rückwärts laufenzu lassen, hat ja schon zu so einigen Vorhersagen geführt.Und wenn man sich mal vorstellt,heute haben wir halt so ein sich ausdehnendes Universum und wir falten das jetztsozusagen wieder zusammen,dann wird's halt erstmal kleiner und langsamer,jetzt wird's ja immer schneller, Es wird kleiner,langsamer, verdichtet sich irgendwann, man hatte dann,jetzt hab ich die Zahl vergessen, an bestimmten Zahl von Jahren nach dem eigentlichenKnall diesen Moment, wo alles soweitsich aufheizt, also normalerweise die Abkühlung jetzt heizt sich auf,dass gar kein Licht mehr frei fließen kann und das ganze Universum sozusagen undurchsichtig wird.Und wenn man es jetzt immer weiter komprimiert und die Temperatur immer weiter zunimmt,sind halt also all diese ganzen Strukturen, wie wir sie heute kennen,so gar nicht mehr da und alles besteht eigentlich nur noch aus so einer Suppeaus Elementarteilchen, in diesem Zustand der totalen Hitze nicht in der Lagesind, sich zu verbinden.Aber in dem Moment, wo man alles expandiert und sich abkühlt stellen sich sozusagendiese Verbindungen her und mit die erste Verbindung,die sich herstellt ist sozusagen, dass die Quarks durch diese Gluonen zusammengehaltenwerden und sich damit überhaupt erst Protonen bilden, die dann später zu Atomen werden.
Kai Schweda
Ganz genau. Dieser Zeitpunkt istauch ganz wichtig in der Geschichte des Universums, den du genannt hast.Nach ungefähr 380.000 Jahren hat sich das Universum soweit abgekühlt durch dieAusdehnung, durch die Expansion, dass die Protonen sich Elektronen eingefangenhaben. Dann gab es also elektrisch neutrale Atome.Und erst ab dem Zeitpunkt wurde das Universum durchsichtig oder transparentfür Licht, für Photonen.Vorher wurden die ständig von diesen Elektronen und Protonen absorbiert, wieder emittiert.Und zu dem Zeitpunkt war das Universum also opak, undurchsichtig.Und erst nach 380.000 Jahren, als sich die meisten Teilchen dann als elektrisch-neutraleAtome zusammengefunden haben, wurde das Universum transparent.Also das Licht, das wir vom Urknall sehen, entstand 380.000,Jahre nach dem Urknall und wir können nicht weiter in die Vergangenheit zurückschauen,weil das Universum opaq war und mit so einem Quark-Klon-Plasma kommen wir biswenigste Millionstel Sekunden an den Urknall ran.Also viel, viel weiter zurück in die Entwicklung des Universums.
Tim Pritlove
Jetzt natürlich die Frage, wie baut man sowas? Wie kriegt man das hin?Hin, weil die Kollision alleine mag das ja, also ich weiß gar nicht,was man sozusagen bauen muss, um überhaupt die Kollision zu ermöglichen unddann vor allem wie kriegt man das Ganze beobachtet.Wie ist so ein Detektor aufgebaut, wie groß ist der?
Kai Schweda
Also groß, der ist sehr groß. Unser Detektor ist 16 Meter hoch,10 Meter breit, 10 Meter tief und der ist um die Wechselwirkungszone,wie wir sie nennen, also der Bereich,in dem beide Strahlen, Teilchenstrahlen, am Large Hadron Collider zusammenstoßen.Das heißt, die Teilchenstrahlen sind erstmal unabhängig, die laufen im Strahlohr,das evakuiert ist, da ist ein Ultra-Hochvakuum drin, 10 minus 11 Millibar.Und ein Strahl, ein Teilchenstrahl, das sind also Bündel von Teilchen,Bündel von Protonen oder Bündel von Atomkernen, von nackten Atomkernen,die laufen im Irr-Uhrzeigersinn.Und beim Collider habe ich einen zweiten Teilchenstrahl, der läuft eben gegen dem Uhrzeigersinn.Und da, wo die Experimente stehen, da werden die Strahlen überkreuzt und zur Kollision gebracht.Und um diese Kollisionszone bauen wir einen Detektor herum, um eben die neuenTeilchen, die in der Kollision entstehen, nachweisen zu können.Wir wollen wissen, was sind das für Teilchen, welchen Impuls haben die?Und was sind das für Teilchen? Ist das ein Pion, ein Proton oder irgendein anderesTeilchen aus dem Super-Thoma und so, die das ganze griechische Alphabet bevölkern.
Tim Pritlove
Okay, aber wie, was muss man jetzt bauen und warum muss das Ding 16 Meter groß sein?
Kai Schweda
Ja, also so ein Teilchen, wenn es aus der Kollisionszone kommt,jetzt sagen wir die Bleikerne stoßen zusammen und dann, unser Detektor sitztja praktisch senkricht zur Strahlrichtung. Das Strahlrauer ist ja gerade in der Kollisionszone.Natürlich ist der Ladschadonkollein ein Ring, aber entlang der Kollisionszoneist das gerade. Und um diese Kollisionszone herum bauen wir den Detektor.Jetzt wird ein Teilchen in der Kollision, in diesem Ultrahochwakuum erzeugt.Dann macht sich das auf den Weg zu unserem Detektor. Das Erste,was es sieht, ist das Strahlrohr.Das muss ja durch das Strahlrohr durch. Im Strahlrohr ist Hochvakuum.Außerhalb vom Strahlrohr ist normaler Druck. Da können wir beide hingehen unduns den Detektor angucken und den reparieren oder was Neues einbauen.Das heißt, es muss erst durch das Strahlrohr durch. Und was wir,speziell in ALICE, aber das machen auch die anderen Experimente,tun ist, wir wollen möglichst niederenergetische, wir wollen möglichst alle Teilchen nachweisen.Das heißt, wir wollen die messen, aber möglichst wenig stören.Jede Materie, die das Teilchen auf dem Weg zum Detektor und Limit-Detector durchdringenmuss, stört das Teilchen. Das verliert Energie, das weicht ein bisschen vonseiner Bahn ab, die es ursprünglich hatte. Also wir versuchen möglichst minimalinversivdie Teilchen nachzuweisen.Jetzt geht das durch das Strahlor durch. Das heißt, allein das Strahlor istschon ein Hightech-Ausrüstungsgegenstand.Das wird aus extrem stabilen und leichtem Material gebaut, aus Beryllium.Dass eben die Teilchen möglichst wenig gestört werden. Allein das Strahlor kostetschon eine Million Schweizer Franken.Und das ist sehr, sehr brüchig. Das heißt, wenn wir den Detektor upgraden odererarbeiten, nehmen wir das Strahlor raus oder schützen es so,dass wenn einer mit dem Helm dran stößt oder aus Versehen da drankommt,dass das nicht kaputt geht.
Tim Pritlove
Weil das Beryllium ist so ein brüchiges Material.
Kai Schweda
Es ist sehr brüchig, giftig undtoxisch und hat aber natürlich sehr gute Eigenschaften für die Teilchen.Ja, sehr brüchig. Ich denke, man könnte das durch einen leichten Stoß mit einemharten Gegenstand sofort zerstören.
Tim Pritlove
Okay.
Kai Schweda
So, und dann hat es das Strahlrohr durchdrungen und dann kommt schon sehr knappnach dem Strahlrohr, wir versuchen auch möglichst nah an der Kollisionszoneschon die Teilchen nachzuweisen.Dann haben wir einen langen Hebelarm später, wenn wir das Teilchen,den Impuls zum Beispiel bestimmen.Und da sitzen dann Siliziumdetektoren, das heißt das sind sehr dünne Lagen vonSilizium und wenn das Teilchen durchgeht, macht es wieder das gleiche wie esein Strahlung macht, es deponiert Energie.Das ist einfach, das Teilchen ist elektrisch geladen und das wechselwirkt vorallem mit den Elektronen aus der Atommülle oder aus dem Festkörper von Silizium.Wechselwirkt das und deponiert da wie eine Energie durch die elektromagnetische Wechselwirkung.Und diese Energie, die im Detektor deponiert wird, die weisen wir nach.Das heißt, ich habe da Elektronen, die kann ich verstärken und am Ende habeich eine Pulshöhe, die ich messe und dann digitalisiere.
Tim Pritlove
Also das Teilchen bewirkt letzten Endes einen Strom, der in diesem System fließt?
Kai Schweda
Ja, einen Strom oder einen Spannungspuls, genau.Strom über den Widerstand ist eine Spannung.
Tim Pritlove
Das klingt jetzt alles sehr klein.Warum ist das dann 16 Meter groß?
Kai Schweda
Ja, wir messen jetzt, wir wollen das Teilchen nicht nur nachweisen,wir wollen auch sehen, welchen Impuls hat das, also welche Energie hat das Teilchen.Oder fangen wir beim Impuls an.Das heißt, die Messtechnik ist folgende, das ist an allen Experimenten gleich,bei den Spurdetektoren.Wir legen ein Magnetfeld an und ein geladenes Teilchen, wenn man sich an dieSchule erinnert, spürt im Magnetfeld, wird das auf eine Kreisbahn gezwungen.Das ist die Lorentz-Kraft.Und wenn ich also das Magnetfeld sehr gut kenne und die Spur,ich messe die Spur, ich messe mit meinen Detektoren sukzessive bestimmte Punkteentlang der Teilchenbahn, was das Teilchen nimmt,dann kann ich den Radius, den Krümmungsradius von dieser Kreisbahn,dass das Teilchen nimmt im Magnetfeld, sehr genau messen.Ich mache also eine Ortsmessung und aus dem Krümmungsradius kenne ich dann den Impuls.
Tim Pritlove
Über was für Distanzen reden wir jetzt hier, die diese Teilchen da jetzt durchschlagen?
Kai Schweda
Also unser Detektor, der Siliziumdetektor ist vielleicht 50,60 Zentimeter im Radius. Das ist so eine Tonne, sehr leicht.Ist 50 Zentimeter im Radius in verschiedenen Lagen. Die erste kommt bei etwa2 Zentimetern, das geht dann hoch bis 60, 70 Zentimeter und ist vielleicht zwei Meter lang.Zwei bis vier Meter lang.
Tim Pritlove
Verschiedene Lagen von Silizium?
Kai Schweda
Das ist die gleiche Technologie.
Tim Pritlove
Und das Silizium liegt jetzt, wie muss man sich das vorstellen,so als Blätter oder als Rohre oder als solide Masse?
Kai Schweda
Ja ein Rohr ist schon ein guter Punkt, weil unsere Geometrie ist zylindrisch.Das heißt der Detektor hat auch eine zylindrische Form.Das sind Leitern, das sind einzelne Lagen von Silizium,die quasi in so einer Faske, im Englischen sagen wir dazu Barrel,das hat eine zylindrische Form und da tun wir einzelne Lagen von Silizium beibestimmten Radien anbringen, wo das Teilchen dann durchgeht.Dieses Silizium ist sehr dünn. Das sind ungefähr 50 Millionen Meter.Das sind sehr, sehr dünne Siliziumlagen, wie gesagt, um das Teilchen möglichst wenig zu stören.
Tim Pritlove
Ja, okay. Gut. Also muss ich das, ich will jetzt nicht Alufolie sagen, aber das...
Kai Schweda
Alufolie ist viel dicker. Alufolie ist 100 Mikrometer, 150 Mikrometer. Aber so ist das...
Tim Pritlove
Okay, aber wir reden jetzt nicht von Platten und dicken, fetten Gehäusen,sondern wirklich sehr dünne Schichten von dem Material.
Kai Schweda
Genau. Also unser Detektor ist zwar riesig, aber der aktive Detektor,in dem die Teilchen nachgewiesen werden, der ist so leicht, der würde sogar in Milch schwimmen.
Tim Pritlove
Um ein populäres Bild zu bedienen.
Kai Schweda
Die Älteren kennen das noch, meine Kinder kennen das.
Tim Pritlove
Ich habe es auch schon mal gehört. Ja, okay. Also das ist so diese innersteSchicht, die sozusagen, das ist das erste, was man sozusagen beobachtet ist. Wo fliegt's lang?Und dadurch, dass das Teilchen dann mehrere dieser Schichten durchschlägt,kann man sehen, wo es lang fliegt. Also man hat sozusagen auf jeder dieser Folienquasi so eine zweidimensionale Ortungsmöglichkeit.Man sieht wo es genau aufschlägt.
Kai Schweda
Ganz genau. Es sind aber drei, weil ich ja weiß, wo der Detektor steht,bei welchem Radius. Also ich messe wirklich in drei Dimensionen die Teilstrecke.
Tim Pritlove
Dadurch auf welcher Folie es aufschlägt. Das ist dann die dritte Dimension.Aber pro Folie erreicht man diese zwei. Wie kann man merken, wo es genau aufschlägt?
Kai Schweda
Die Siliziumlage hat eine Granularität und diese Folie ist segmentiert in was wir Pixel nennen.Und diese Pixel haben eine Größe von momentan, wir haben gerade ein wesentlichesUpgrade vom Detektor gemacht, wir haben unseren alten Siliziumdetektor rausgeschmissen.Der steht jetzt in der Ausstellung, können wir uns angucken,wenn du nachher Zeit hast.Und jetzt ist das alles aus Siliziumpixelsensoren gebaut und diese Pixel habeneine Größe, also das ist die zweidimensionale Messung von 30 x 30 Mikrometer.Also sie sind 30 Mikrometer lang in x- und y-Richtungen, in zwei Richtungen.Wenn dieser Pixel jetzt anspricht, weiß ich, das Teilchen muss durch diesesSegment gelaufen sein und ich kenne tatsächlich dann die Position sehr vielbesser als 20 Mikrometer, es sind vielleicht dann 8 Mikrometer oder so.Also durch die Granularität dieser einzelnen Pixel, dass das segmentiert ist,Diese Siliziumfolie ist segmentiert in sehr sehr kleine Pixel.Dadurch kommt die Hoher Ortshauflösung.
Tim Pritlove
Aber was führt dazu, dass man das in einem Pixel detektieren kann?Also geht von jedem Pixel noch irgendwie nochmal ein...Draht weg? Natürlich. Okay, also das ist sozusagen… Ah gut, ja.Das ist ja dann sehr dünn der Draht.
Kai Schweda
Ja, ja, das ist die hohe Kunst. Und wir haben den, würde ich sagen,den modernsten Siliziumdetektor, den es gibt in der Welt. Den haben wir gerade eingebaut.Dieser Pixel ist wie gesagt 20 oder 30 mal 30 Mikrometer in der Ausdehnung unddann hat er eine Dicke von vielleicht 50 Mikrometern.Und jetzt schlägt das geladene Teilchen da durch, deponiert also Energie,kreiert freie Elektronenlochpaare und diese werden gesammelt und diese Elektronen,die frei werden, werden wieder eingesammelt und machen dann ein elektrischesSignal, das sich verstärken kann mit Elektronik.Und das passiert alles auf diesem Mini-Chip.Also die ganze Digitalisierung passiert auf dem Chip, die Auslöse-Elektronikist Teil dieses Pixel-Chips.Und dann geht natürlich eine Datenleitung raus ans Ende des Detektors,ans seitliche Ende und dann werden die Daten weggeschickt per Glasfaserkabel.Das heißt, das ist alles schon digitalisiert. Was aus unserem Detektor rauskommtsind nur Nullen und Einsen.
Tim Pritlove
Ja, ich meine deswegen heißt es ja auch Pixel, letzten Endes ist es ein Bildelement,das heißt ja Pixel, in dem Fall halt ein dreidimensionales Bildelement und dasdann eben auch über die Zeit im Verlauf.Also man kann sowohl den Ort als auch die Geschwindigkeit damit messen.
Kai Schweda
Also zunächst misst man erst mal nur den Ort und die Geschwindigkeit misst manja, eigentlich hat man dann vier Dimensionen, die Drei-Raum-Dimensionen und die Zeit, das stimmt.Wenn ich den Kollisionszeitpunkt genau bestimme, kann ich die Zeit messen bismein Pixeldetektor anspricht, dann weiß ich wie lange das Teilchen von seinerEntstehung vom Kollisionsort bis zum Detektor gebraucht hat.Und dann kenne ich die Flugzeit.
Tim Pritlove
Und das ist auch eine relevante Information?
Kai Schweda
Natürlich, wir haben auch einen speziellen Flugzeitdetektor,sehr viel weiter draußen bei 3,70 Meter Radius.Und man möchte natürlich die Flugzeit möglichst lange machen,dass man bei einer bestimmten Zeitauflösung relativ ist, dann die Auflösungsehr viel besser. Je länger die Flugstrecke ist, desto länger ist die Flugzeit.Und wie gesagt, den Impuls habe ich schon bestimmt über die Krümmung im Magnetfeld.Und jetzt habe ich noch die Geschwindigkeit gemessen durch eine Flugzeitmessung.Und Impuls ist Masse mal Geschwindigkeit im Klassischen.Das heißt, wenn ich Impuls und Geschwindigkeit bestimme, weiß ich,welche Masse das Teilchen hat. Und bei Teilchen ist es so.Die haben eine ganz bestimmte Masse, die sich auch nie ändert.Das ist also ein Fingerabdruck für ein Teilchen, welche Masse das hat.Du und ich, unser Gewicht ändert sich im Laufe unseres Lebens,aber für ein Teilchen ist das immer gleich.Und das heißt, wenn ich die Teilchenmasse kenne, weiß ich, welches Teilchendas ist. Dann weiß ich, war es ein Proton, war es ein Pion oder sonst was.
Tim Pritlove
Und was kann man der Bahn ansehen dann?
Kai Schweda
Den Impuls. Damit misst man den Impuls.
Tim Pritlove
Aber letzten Endes Ziel ist eigentlich nur die Masse, also anhand der Bahn,weil man dann Bahn und Impuls auseinander halten kann, also Zeit und Impulsauseinander halten kann, kommt man auf die Masse und damit weiß man welches Teilchen es ist.Das ist also letzten Endes die einzige Information, die ich gewinne,welche Teilchen entstehen.Wo die dann lang fliegen ist eigentlich gar nicht interessant,weil das nur das Hilfsmittel ist, um rauszufinden, worum es sich handelt.
Kai Schweda
Nein, das ist der erste Schritt. Ich bestimme ja das Teilchen,den Impuls und auch die Richtung. Ich bestimme die Pulsrichtung,also nicht nur die Größe. Ein Puls ist ja ein Vektor, der hat drei Richtungen.Also ich weiß auch, in welche Richtung das Teilchen geflogen ist von seiner Entstehung aus.Also kinematisch habe ich dann das Teilchen vollständig bestimmt.Ich weiß genau den Impuls und was es ist, was für ein Teilchen es ist.Und dann kann ich bei diesen 20.000 Teilchen, die bei uns in der Kollision entstehen,kann ich das mit anderen Teilchen korrelieren.Ich kann die gesamte kinematische Information benutzen und dann eben Korrelationzwischen einem und weiteren Teilchen bestimmen und dann zum Beispiel die Wechselwirkungzwischen diesen beiden Teilchen studieren.Das ist ganz wichtig, um Neutronensterne zu verstehen.Ich kann dann die Wechselwirkung, die starke Wechselwirkung zwischen diesenbeiden Teilchen untersuchen.
Tim Pritlove
Okay, zu den wissenschaftlichen Auswertungen oder den Schlussfolgerungen kommenwir vielleicht noch dazu.Aber wir haben ja jetzt wie viele Zentimeter an Technologie gerade jetzt beschrieben von innen?
Kai Schweda
Von innen haben wir zunächst das Strahlrohr, das kommt so nach zwei Zentimeternoder 1,8 Zentimetern Flugrichtung in radiale Richtung.Dann kommt der Silizium-Detektor, da bin ich bei etwa 70 cm Entfernung vom Kollisionsvertex.Und dann kommt, salopp gesagt, eine große Tonne, das ist unsere Zeitprojektionskammer,und die ist mit Gas gefüllt. Also die hat eine sehr, sehr geringe Dichte, das ist der Grund.Ein Gas hat ungefähr 100 bis 1000 Mal weniger Dichte und damit Material alsein Festkörper, als Silizium.Und diese Tonne geht von 80 cm Radius bis 2,50 m.Also das ist der radiale Abmessung, das heißt diese Zeitprojektionskammer hateinen Durchmesser von fünf Metern.
Tim Pritlove
Was ist da für ein Gas drin?
Kai Schweda
Da ist ein Edelgas drin, das haben alle Gasdetektoren. Das heißt in diesem Gaspassiert etwas sehr ähnliches wie im Siliziumdetektor.Das geladene Teilchen fliegt durch dieses Gas und knockt da Elektronen aus dem Edelgas raus.Das heißt, da entstehen freie Ladungsträger, die Elektronen,und die werden mit einem elektrischen Feld abgesaugt.Da legen wir 100.000 Volt an und dann driften diese Elektronen in Richtung derEndkappe von unserer großen Tonne.Und durch den Auftreffpunkt wissen wir schon wieder die X- und Y-Koordinate.
Tim Pritlove
Das heißt, nachdem man so die ursprüngliche Ableitung,die durch dieses am Zentrum des Detektors befindlichen Magnetfelds beobachten kann,dann fliegt es mehr oder weniger gerade weiter und innerhalb dieser Time ProjectionChamber heißt es glaube ich, TPC, geht es eigentlich nur darum,eine gerade Flugrichtung, weil dann wird es ja nicht mehr weiter abgelenkt,dann fliegt es einfach gerade aus?
Kai Schweda
Ich habe nicht dazu gesagt. Unser gesamter Detektor steckt in einem riesigenMagneten, das ist der größte warmleitende Magnet der Welt. Das heißt auch inder Zeitprojektionskammer ist ein Magnetfeld.
Tim Pritlove
Okay.
Kai Schweda
Ja, also wir haben einen Solenoiden, das heißt eine Spule,wenn ich einfach eine Spule wickele mit vielen, vielen Windungen und lege dannStrom an, dann habe ich im Spulen, innerhalb der Spule ein sehr homogenes Magnetfeld,das entlang der Spulenachse geht.Und so ist auch unser Magnet gebaut. Das ist ein Solenoid. Also ich habe eineriesige Kupferspule und die erzeugt ein Magnetfeld, das entlang der Strahlachse geht.Und in diesem riesigen Magnet befinden sich alle unsere Detektoren.Und das macht das große Gewicht aus von ALICE, das sind ungefähr 10.000 Tonnen.Das ist einfach der Stahl aus dem Rückflussjoch des Magneten.Der Magnet wiegt 10.000 Tonnen.
Tim Pritlove
Okay, aber ich als kollidierendes Teilchen bin ja sozusagen immer noch auf meinemWeg von der Mitte nach wo auch immer es mich leitet.Ich bin jetzt also sozusagen von diesen inneren Magnetfeldern nach der Kollision abgelenkt worden,habe diverse Schichten Siliziumfolie sehr dünn durchschlagen,dabei meine Spur hinterlassen sozusagen gesagt,wo ich jetzt lang geflogen bin und letzten Endes habe ich mich dadurch auchschon verraten, was ich eigentlich bin und jetzt fliege ich irgendwie weiterdurch diese Time Projection Chamber, die diese Gas gefüllte Kugel?Zylinder. Und ein Zylinder drumherum,also auf jeden Fall habe ich jetzt noch mal ein paar Meter vor mir durch Gasund was genau kann man da messen?Also misst man nur wo es auftrifft letzten Endes am Ende dieser Kammer oderist das schon auch eine Beobachtung innerhalb des Weges dort?
Kai Schweda
Ja, also wir sind immer noch im Magnetfeld. Ich bin immer noch auf einer gekrümmtenSpur und ich messe 159 Punkte entlang dieser Spur in diesem Gas.
Tim Pritlove
Aber wie kann man denn in dem Gas was messen? Da gibt es doch keine Drähte.
Kai Schweda
Ganz genau. Das ist der große Vorteil von der Zeitprojektionskammer.Ich habe da auch keine toten Zonen. Ich bin aktiv im gesamten Gas.Also noch mal das geladene Teilchen geht durchs Gas, ionisiert diese Gasatome,also schlägt Elektronen raus, entlang seiner Teilchenspuren.Jetzt habe ich entlang dieser Spur überall Elektronen.Jetzt lege ich ein elektrisches Feld an und zwar auch wieder in Richtung derStrahlaxe. Das heißt, diese Teilchenspur wird dann, diese Elektronen werdendann Richtung Endkappe beschleunigt.Das ist so, wie wenn ich in den Himmel schaue und sehe ein Flugzeug,ein schweres Flugzeug mit Jetantrieb.Dann kann ich gucken, im Himmel habe ich Kondensstreifen. Und auch wenn dasFlugzeug schon lange weg ist, kann ich immer noch sagen, welchen Weg das Flugzeuggenommen hat, indem ich den Kondensstreifen anschaue. Und bei uns im Detektorgasist das die Ionisationsspur.Das ist einfach diese Wolke von Elektronen, die entlang der teilschen Spuren entstehen.Und jetzt kann ich da natürlich nicht mit dem Auge reingucken.Ich nehme ein elektrisches Feld und die Elektronen werden dann in Richtung Endkappe.Die gesamten Elektronen entlang der teilschen Spur werden in Richtung meinerEndkappe über eine Distanz von 2,50 Meter transportiert und kommen dann an der Endkappe an.Und da habe ich dann wieder Auslesesegmente, die eben diese auftreffenden Elektronendetektieren und das ist segmentiert in der Art und Weise,dass ich eben an dieser Endkabel 100 bis zu 159 Segmente habe,die diese ankommenden Elektronen detektieren.
Tim Pritlove
Erklärt für mich auch gerade so ein bisschen wieder mal, warum einfach dieseenormen Beschleunigungen eigentlich erforderlich sind,damit halt auch noch diese rausgesprengten Teilchen am Schluss so viel Alarmmachen können, dass sie irgendwie über so über Meter hinweg so viel Nebenwirkungenerzeugen, dass man die sogar noch messen kann.
Kai Schweda
Um genau zu sein, passiert mit den Elektronen gar nichts. Die werden nur transportiertvon ihrer Entstehung bis an die Endkappe. Sonst passiert mit den Elektronen nichts.
Tim Pritlove
Ja gut, aber sie müssen ja auch erst mal freigeschlagen werden.
Kai Schweda
Das macht das Teilchen.
Tim Pritlove
Das macht das Teilchen. Dazu muss das Teilchen aber auch ordentlich Performance am Start haben.
Kai Schweda
Ja, wenn man jetzt so schaut, aus der Schule kennt man das vielleicht,um ein Elektron abzulösen von einem Atom, braucht man die Größenordnung,Unsere Einheit ist Elektronenvolt, braucht man in Größenordnung paar Kilo Elektronenvolt.Unsere Teilchen haben Milliarden Elektronenvolt. Also der Energieverlust,den die Teilchen erleiden, indem sie Elektronen rausschrauben, ist minimal.Den kann man fast vernachlässigen. Das heißt, wir kriegen also primäre Elektronen,die kommen aus der Ionisation des Gases, durch das ursprüngliche Teilchen.Die müssen wir dann noch verstärken und das passiert an den Endkappen.Und da haben wir dann Zeldrähte, wo eben ein sehr starkes, hohes elektrischesFeld erzeugen, dass man so eine Lawine von weiteren Elektronen erzeugen kann.Also die Signalverstärkung passiert erst am Ende.
Tim Pritlove
Und warum ist jetzt diese Kammer so wertvoll und warum ist die noch da?Man hat ja im Prinzip den Weg und die Kurve sozusagen und auch schon die Bestimmung,worum es sich handelt und was der Impuls ist, hat man ja im Prinzip schon.Was ist sozusagen auf diesen zusätzlichen Metern noch der weitere Informationsgewinn?Ändert sich da noch viel dran?
Kai Schweda
Ja, erst mal je länger ich diese Spur verfolge, desto größer ist meine Auflösung,also desto präziser kann ich den Impuls bestimmen.Das ist einfach ein Hebelgesetz, wenn man so will. Je länger der Arm ist,desto stärker meine Kraft und genauso ist das bei einer Teilchenspur.Die Zeitprojektionskammer misst Spuren über eine Länge von 2,50 Meter.Der Siliziumdetektor nur über eine Länge von 70 Zentimetern maximal.Und das führt zu einer sehr, sehr viel besseren Impulsauflösung,zumindest mit dem Detektor, den wir bisher die letzten zehn Jahre benutzt haben,also dem Siliziumdetektor.Und dann ist eine Zeitprojektionskammer. Wir haben ja sehr hohe Teilchenmultiplizitäten.Wir haben eine sehr hohe Anzahl von geladenen Teilchen im Detektor in diesemPlei-Plei-Kollision. Und da ist eine Zeitprojektionskammer unschlagbar.Die kann das am allerbesten solche hohen Multiplizitäten auflösen.Wir messen, wir meisen jedes einzelne Teilchen nach und wir sagen auch bei jedemeinzelnen Teilchen, was für ein Teilchen das ist. Und das kann am allerbesteneine Zeitprojektionskammer.
Tim Pritlove
Und das tut man für wie viele Teilchen bei so einer Kollision, wie oft pro Sekunde?
Kai Schweda
Also wir haben bis zu 20.000 Teilchen pro Kollision.Und jetzt nach unserem, wir hatten ja zwei Jahre lang Strahlpause am Large HadronCollider, seit einem Jahr, seit letztem Jahr messen wir wieder.Wir haben quasi einen brandneuen Detektor. Die Zeitprojektionskammer ist noch da als Gasvolumen.Aber die gesamte Auslese an den Endkappen, was praktisch 90 Prozent der Arbeitist, die haben wir komplett erneuert mit einer sehr viel schnelleren Auslese,weil wir jetzt dieses Jahr kriegen wir die ersten Bleikollisionen bei hoher Rate.Wir werden diese bis zu 20.000 Teilchen 50.000,mal in der Sekunde kollidieren, zwei Bleikerne im Detektor.Also es sind gigantische Kollisionsraten für uns und da entstehen auch gigantische Datenvolumen.
Tim Pritlove
Was kommt da für ein Datenstrom raus?
Kai Schweda
Das ist der Nachteil bei einer Zeitprojektionskammer, die spuckt sehr,sehr viel Daten aus. Das Datenvolumen ist enorm groß, das macht über 90 Prozentunseres Datenvolumens aus und die wird liefern 3.500,Gigabyte pro Sekunde und das 24 Stunden am Tag. 3.500 Gigabyte?Ja, das sind 3,5 Terabyte pro Sekunde.3.500 Gigabyte sind 3,5 Terabyte pro Sekunde und wenn wir das einen Monat laufen lassen,haben wir eine Disk, wo wir die Daten speichern und ein Jahr behalten könnenund die ist 100 Petabyte groß, also 100.000 Terabyte.
Tim Pritlove
Ok und eine Datenrate von 35 Terabit pro Sekunde. Das ist schon ganz ordentlich.Da braucht man eine amtliche Netzwerktechnik auf jeden Fall.
Kai Schweda
Terabyte. Wir haben Terabyte.
Tim Pritlove
Ja ich hab's auf Bit hochgerechnet, weil das ist ja für Übertragung meistens so die eine.Also auf jeden Fall eine Menge, also sozusagen viele Festplatten pro Sekunde.Also es ist so als ob da die ganze Zeit jemand mit Festplatten durch die Gegend fährt.
Kai Schweda
Also ich habe mal geschaut, wenn ich sehe was der Datenstrom in ganz Europaist von 500 Millionen Menschen, das ist weniger.
Tim Pritlove
Im Internet?
Kai Schweda
Ich glaube da sind alle Sachen dabei, Datastreaming, E-Mail, Internet.
Tim Pritlove
Aber was sozusagen über das Internet geht.
Kai Schweda
Ja und unser Detektor spuckt da mehr Daten aus. Das heißt wir können das auchnicht irgendwo hinschicken und analysieren.Deshalb haben wir bei Alice ein Computerzentrum, eine Compute Farm aufgebaut,die diese Daten analysiert.Wie gesagt die kommen vom Detektor schon digital.Das heißt wir haben keinen Informationsverlust, keinen Qualitätsverlust im Signalund diese 3500 Gigabyte pro Sekunde reduzieren wir schon in Echtzeit,also während wir den Detektor betreiben auf 100 Gigabyte pro Sekunde und dieschreiben wir dann auf Disk.Was wir auf Disk rausschreiben ist ein Faktor fast 40 weniger.
Tim Pritlove
Ja klar, also wenn man da keine Kompression machen würde, aber das lässt sichglaube ich ganz gut komprimieren dann auch so das Material.
Kai Schweda
Also wir haben zur Kompression, das ist weitgehend eine verlustfreie Datenkompression,haben wir 50.000 CPUs, Prozessoren und 2000 grafische Prozessoreinheiten, also GPUs.Also das was mein Sohn in der Playstation hat, das sind schon sehr gute Grafikkarten,die eben sehr schnell rechnen müssen, weil sie eben diese sehr aufwendige Grafik rechnen können.Das heißt, die können sehr gut parallel rechnen, also mehrere Rechenschnittein einem Durchgang machen und unsere sind also noch ein bisschen besser,aber von den gleichen Anbietern, die auch Spiele, PCs herstellen.Und davon haben wir 2000. Und die machen diese Datenreduktion speziell für dieZeitprojektionskammer.
Tim Pritlove
Wenn ich jetzt richtig gerechnet habe, sind wir jetzt 5 Meter vom Kollisionsortweg, fehlen ja noch ein paar Meter.War es das schon mit der Detektion oder wird noch darüber hinaus auch noch detektiert?
Kai Schweda
Okay, also wir dürfen nicht Durchmesser und Radius verwechseln.Das habe ich vorhin schon gemacht.
Tim Pritlove
Durchmesser habe ich gesagt.
Kai Schweda
Also das Teilchen hat jetzt 2,50 Meter hinter sich, das heißt es verlässt dieZeitprojektionsgraden.Dann kommt ein Detektor, der kam ein bisschen später,also ein Subdetektor, ein Teil von ALICE, den haben wir ein bisschen spätereingebaut und der kann ganz besonders Elektronen identifizieren über einen bestimmtenphysikalischen Effekt, wir nennen das Übergangsstrahlung.Da nimmt man einfach ein Medium, das zwei verschiedene Dielektrizitätskonstantenhat, Das ist das Epsilon-R, wenn man das in der Schule mit dem Plattenkandensator rechnet.Auf jeden Fall tut dieser Detektor besonders Elektronen gut selektieren.Die meisten Teilchen sind stark wechselwirkende, das sind die Pionen und wie sie alle heißen.Und diese nicht stark wechselwirkenden Teilchen, wie das Elektron oder das Myon,das ist ja ein schweres Elektron, das ist zweieinhalb mal schwerer als ein Elektron,die werden nur sehr selten erzeugt und die will man rauspicken.Die würde man eben selektieren und das kann dieser Detektor,der dann bei 3,50 Meter Radius kommt.Oder 2,90 Meter bis 3,50 Meter.
Tim Pritlove
Warum will man die rauspicken, weil die so selten sind?
Kai Schweda
Die sind selten und die meisten Teilchen, wir messen ja keine freien Quarks,wir messen auch viele Teilchen,die sind so kurzlebig, die werden in der Kollision erzeugt.Sind die langlebigen Pionen, K und Protonen und dann noch Elektronomie und dasist im Wesentlichen, was man sieht im Detektor.Und alles andere zerfallen, zum Beispiel auch Teilchen, die diese schweren Quarkstragen, die Charm-Quarks und Beauty-Quarks und die zerfallen mit einer bestimmtenWahrscheinlichkeit in Elektronen oder Elektronen-Positron-Paare.Und wenn man jetzt Elektronen und Positronen selektieren kann,kann man diese Mutterteilchen wieder rekonstruieren.Genau aus dem Grund, weil wir alles, was wir mit dem Detektor messen,kinematisch vollständig bestimmen.Und das sind besondere Proben für das Quark-Klone-Plasma. Daraus kann ich waslernen, welche Eigenschaften dieses Quark-Klone-Plasma hat.
Tim Pritlove
Okay, das heißt wir sind jetzt über die 2,50 Meter. Jetzt bin ich wieder beimRadius. Wie weit hinaus?
Kai Schweda
Jetzt kommt der Übergangsstrahlungsdetektor. Der geht von 2,70 bis 3 Meter unddann schließt sich dieser Flugzeitdetektor an.Also der sagt dann nur noch, aha ich habe ein Teilchen gesehen und macht alsonur noch eine Zeitinformation, wenn ich bei 3,70 Meter in diesen Flugzeugdetektoreinschlage, bei Radius 3,70 Meter.Ich glaube jetzt habe ich auch ein bisschen die Zahlen durcheinander gemacht.Der Flugzeugdetektor ist bei 3,70 bis 3,90 Meter.Der liefert ein sehr genaues Zeitsignal und das kann ich der Teilchenspur zuordnenund weiß ich, aha dieses Teilchen, das sich auf den Weg gemacht hat,ist nach dieser Zeit in meinem Flugzeugdetektor angekommen, bei einem Radius von 3,70 Meter.Ich muss natürlich die Krümmung im Magnetfeld berücksichtigen,aber ich kenne praktisch die Länge, die Flugzeit, den Weg, den das Teilchengenommen hat, kenne ich dann sehr genau.Also den Flugweg und die Flugzeit und dann kenne ich die Geschwindigkeit unddann weiß ich, wer es war.
Tim Pritlove
Da weiß man, womit man es zu tun hat.
Kai Schweda
Ganz genau.
Tim Pritlove
Okay, da hab ich gleich noch ein paar Fragen zu den Erwartungen,aber ich würde gerne noch die Technik fertig bekommen,weil das ganze ist ja nach so einem Zwiebelschalen-System aufgebaut,also man hat einfach in der Mitte die inneren Spurdetektoren,diese Time-Projection-Chamber drumherum und diese weiteren Kaskaden,die jetzt eben sich nicht mehr um die Spur kümmern, sondern sozusagen nur noch das Timing erfassen.Und überhaupt sagen, wenn ich jetzt hier noch was detektiere,dann handelt es sich eben auch um wirklich interessante Teilchen.Gibt es noch weitere Detektoren oder war es das jetzt?
Kai Schweda
Ja, vielleicht hätten wir damit anfangen sollen. Zunächst macht man im Innereneine Spurrekonstruktion, genau wie du sagst. Und dann sind wir fertig.Also wir haben Silizium, wir haben die gasgefüllte Kammer, wir haben den Übergangsstrahlungdetektorund dann den Flugzeitdetektor.Damit ist die Teilchenspurrekonstruktion beendet. Und danach schließt sich dannein elektromagnetisches Kalorimeter an.Das heißt, wenn ich sehr, sehr hoch energetische Teilchen habe,Unser Magnetfeld ist nicht besonders hoch, ein halbes Tesla.Also sehr viel stärker als das Erdmagnetfeld, aber wenn du schaust,wenn nachher die Leute kommen von Atlas, die haben viel stärkere Magnetfelder.Das heißt, je höher mein Impuls ist vom Teilchen oder die Energie,desto weniger ist die Spur gekrümmt und irgendwann wird die ganz gerade unddann kann ich das gar nicht mehr unterscheiden. Ist das jetzt eine gerade Spuroder ist da noch eine Krümmung drin?Und dann hört irgendwann meine Spurrekonstruktion auf. Ich kann natürlich dieSpur immer noch rekonstruieren, aber ich weiß nichts mehr über den Impuls,weil ich keine Krümmung mehr feststellen kann. Also keinen Unterschied von einer geraden Spur.Und dann baut man einen Kalorimeter. Kalorimeter heißt, ich deponiere die gesamteTeilchenenergie in diesem Detektorteil und weiß dann die Gesamtenergie.Also ein Kalorimeter misst immer die Gesamtenergie von einem Teilchen.
Tim Pritlove
Und damit beende ich sozusagen auch den Flug.
Kai Schweda
Das war es. Da ist das Teilchen, das ist das Ende.
Tim Pritlove
Okay, es versackt im Kalorimeter und dann weise ich aber sozusagen die Restenergieoder eigentlich überhaupt die Energie, weil bisher nicht so richtig viel Energieeingebüßt wurde durch die ganzen Spurbeobachtungen.
Kai Schweda
Ganz genau.
Tim Pritlove
Und die misst man dann in was? In Kalorien?
Kai Schweda
In der Teilchenphysikschule ist alles in Energie.
Tim Pritlove
Alles.
Kai Schweda
Energie ist ein Elektronenvolt. Elektronenvolt kennen wir aus der Schule.Wenn ich einen Plattenkondensator habe, der macht ein elektrisches Feld, also Plus und Minus.Und da habe ich einen Volt und da läuft ein Elektron durch, hat danach das Elektron,die kinetische Energie von einem Elektronenvolt.Und wir messen alle Energien in Elektronenvolt oder eigentlich in Gigaelektronenvolt.Das ist so die natürliche Einheit. Milliarden Elektronenvolt.
Tim Pritlove
Okay, und wie viel Elektronenvolt haben die Teilchen, die jetzt da in dieseKalorimeter einschlagen?
Kai Schweda
Ein paar wenige Gigaelektronenvolt bis 100 GV vielleicht.Man kann das auch, das Higgs-Teilchen, das messen wir nicht,aber das Higgs-Teilchen wiegt 125 Gigaelektronenvolt.Das Proton wiegt etwa 1 Gigaelektronenvolt. Also das Higgs ist 125 mal schwerer als das Proton.Wenn das in zwei Photonen zerfällt, haben diese Photonen jeweils 65 GeV, Gigaelektronenvolt.Also ein paar Zig bis ein paar hundert Giga-Milliarden Elektronenvolt.
Tim Pritlove
Okay, das heißt diese ganzen Kalorimeter sind dann auch das Ende des Detektors.Das heißt die sind dann auch erst bei 16 Meter Durchmesser.
Kai Schweda
Ja, ganz genau.
Tim Pritlove
Okay, also nach 8 Metern sozusagen wird die Energie gemessen und dann ist dieDetektion abgeschlossen.
Kai Schweda
Noch nicht. Da gibt es noch die einzigen Teilchen, die noch durchkommen,sind die Myonen, die schweren Elektroden.Die deponieren eben ihre Energie nicht in einem Kalorimeter.Die gehen quasi durch alles durch. Man kann die Spur sehen durch den Siliziendetektor,durch die Zeitprojektionskammer.Die machen ein Signal im Flugzeitdetektor und die werden nicht im Kalorimetergestoppt. Das liegt einfach daran, dass die so hohe Masse haben.Die sind nicht stark wechselwirkend, die werden also nicht in einem hadronischen Kalorimeter gestoppt.Die sind zwar Leptonen, aber dadurch, dass die so viel Masse haben,das Elektron macht dem elektromagnetischen Kalorimeter Bremsstrahlung.Und die Bremsstrahlungsphotonen machen dann wieder Elektronen-Positron-Paareund die Elektronen-Positron-Paare machen wieder Bremsstrahlung.Und so geht das unendlich weiter.Es bildet sich also ein Schauer, das ist ein elektromagnetischer Schauer,aus Bremsstrahlungsphotonen und Elektronen-Positronen.Das Myon macht das nicht, weil das so viel schwerer ist. Das heißt, das geht einfach durch.Wir sehen sogar Myonen von der kosmischen Strahlung bei uns im ALICE,obwohl wir von 30 Metern Fels geschützt sind vor der kosmischen Strahlung.Also die Elektronen gehen durch alles durch und wir haben speziell jetzt nichtin dieser Zylindergeometrie, also senkrig zur Strahlaxe, aber parallel zur Strahlaxeoder unter Vorwärtswinkeln haben wir noch einen Myon-Spektrometer.Da machen wir genau das gleiche. Da steckt ein sieben Meter langer Absorberaus Eisen und Stahl und der filtert alles raus.Nur die Myonen kommen hinten an und dann stellt man da ein paar Kammern auf,die eben die Teilchenspuren messen. Und dann weiß ich, da können nur Myonen durchgekommen sein.
Tim Pritlove
Sind diese Myonen jetzt eher selten oder ist das so ein ganz normales Abfallproduktbei dem, was da passiert?
Kai Schweda
Nein, nichts ist Abfall. Das ist alles Signal. Wie gesagt, es gibt besondereTeilchen, die schwere Quarks tragen und die zerfallen gerne in Elektronenpaare,Elektronenpositonpaare oder Paare von positiven und negativen Myonen.Und die möchte ich rekonstruieren, weil das ganz spezielle Sonden sind.Schwere Quarks sind ganz besondere Sonden für unser Quark-Klon-Plasma.
Tim Pritlove
So jetzt ist ja Sinn und Aufgabe des Detektors ist jetzt primär diese Blei-Ionen-Kollisionen zu beobachten.Das heißt mal salopp formuliert passiert ja da immer das gleiche.
Kai Schweda
Jede Kollision ist einzigartig.
Tim Pritlove
Okay, gut. Darauf wollte ich hinaus. Aber man tut eigentlich immer das gleicheund man kriegt immer wieder andere Ergebnisse.
Kai Schweda
Das Signal ist ein anderes. Und genau,zum Beispiel wir brauchen ein paar zigtausend Blei-Blei-Kollisionen,Ob das da mal ein Teilchen rauskommt, das aus zwei schweren Quarks besteht unddann noch zerfällt in ein Elektron-Bosyton-Paar zum Beispiel.Und die gilt es zu selektieren. Das heißt wir bauen einen Trigger.Wir triggern auf ein ganz spezielles Ereignis, das nur sehr selten passiert.
Tim Pritlove
Und das ist ja sozusagen das Ding. Also es geht ja hier um Wahrscheinlichkeiten.Also jetzt könnte man sagen okay no two collisions are the same.Also obwohl wir eigentlich im Prinzip immer dasselbe tun, mit derselben Apparaturmessen, messen wir eigentlich jedes mal ein komplett anderes Gesamtergebnis.Also vielleicht nicht komplett anders, sondern es ist vielleicht in seiner Strukturähnlich, aber so im Detail.Mal wird von dem einen Teilchen mehr erzeugt, mal weniger, mal vielleicht überhauptnicht. Auf einmal sind es ganz viele.Und der eigentliche Wert entsteht dadurch, dass man eben sehr oft,sehr lange das macht, alle Daten aufnimmt und sich es danach anschaut,wie denn jetzt die tatsächliche Verteilung ist.Weil wir im Prinzip ja generell immer nur alles über Wahrscheinlichkeiten überhaupterfassen können auf dieser Quantenebene, in der halt alles nicht klar bestimmt ist.Da heißt es ja nicht, wenn das kommt, passiert das, sondern das passiert miteiner bestimmten Wahrscheinlichkeit.
Kai Schweda
Also es ist sehr klar bestimmt. Ich muss da widersprechen. Die Wahrscheinlichkeitensind sehr klar bestimmt. Also ich kann genau bestimmen, wie groß die Wahrscheinlichkeitist, nur das einzelne Event ist unbestimmt.
Tim Pritlove
Das wollte ich damit zum Ausdruck bringen, ja.
Kai Schweda
Ja, das unterliegt einer Wahrscheinlichkeit. Aber auch in der Quantenmechanikkann ich diese Wahrscheinlichkeiten sehr präzise ausrechnen.
Tim Pritlove
Also genau, man kann dann die Wahrscheinlichkeiten ausrechnen,aber man weiß halt nicht vor einer Kollision, was jetzt gerade dran ist.
Kai Schweda
Ganz genau.
Tim Pritlove
Also das ist sozusagen das Unbestimmte, nur bestimmt wird es eben über die Beobachtung,über die Zeit dadurch, dass ich sagen kann, okay, wir haben uns das jetzt irgendwieangeschaut und diese Konstellation entsteht mit der Wahrscheinlichkeit und dieseKonstellation entsteht mit der Wahrscheinlichkeit und damit erforsche ich quasidas Wesen dessen, was ich beobachte.Okay, ich habe das halbwegs verstanden, glaube ich, hoffe ich.Bis zum nächsten Mal.Upgrades hat denn jetzt ALICE, das haben wir ja gerade gehört,da wird immer wieder was ausgetauscht.Wie sehr ähnelt denn ALICE nach seiner ursprünglichen Version?Wie oft werden denn dort technische Änderungen vorgenommen?
Kai Schweda
Ja, das ist eine gute Frage. Also schon vor 30 Jahren war schnell klar,habe ich erzählt, dass man ein relativ schwaches, aber großvolumiges Magnetfeldbraucht. Das haben wir. Das haben wir sogar geerbt vom Vorgängerexperiment.Da haben wir Kosten gespart. Und dass das zentrale, das Herzstück eine Zeitproduktionskammerist, das hat sich auch nicht geändert. Das ist im ersten Design drin.Und dass man bei inneren Radien einen Silizium-Detektor hat,auch das hat sich nicht geändert.Und dann, das war sehr schnell klar, dass man den Doktor so bauen muss,um das die Ziele zu erreichen, die man hat.Dann das erste Upgrade war, der Myon-Arm kam später hinzu, das war aber,das muss ich erzählen, 1993 hat dann sich eine sogenannte Proto-Kollaboration geformt.Das waren also eine Reihe von Wissenschaftlern, die haben gesagt,wir studieren das, wir untersuchen, welchen Detektor wir brauchen und kamendann sehr schnell mit diesem Konzept von einem solenoiden Magneten in der Zeitprojektionskammerund einem inneren Siliziumdetektor und hat dann im Jahr 1993 einen Lettow-Intent vorgestellt,also die Absicht, so einen Detektor zu bauen, um diese Physik des Quark-Clone-Plasmaszu adressieren am Large Hadron Collider, in dem man das ausnutzt,dass da auch Bleikerne beschleunigt werden können.Und das wird begutachtet. Es gibt ein Komitee, das ist das LHC-Komitee,LHCC, und das besteht aus Experten und die schauen sich an,diese Vorschläge, die Gruppen machen, welche Direktoren gebaut werden sollenund dieses Das Komitee berät direkt den Generaldirektor oder die Generaldirektoren am CERN.Und die haben eben diesen Letter of Intent, den wir am 1.März 1993 eingereicht haben, gesagt, okay, das finden wir gut,macht weiter. Also wir haben eine positive Bewertung bekommen.Und dann kam 1995 der Muonarm dazu.Das waren eben Leute, die schon früher am CERN, am kleineren Beschleuniger,am SPS, am Superproton-Synchrotron, Muon nachgewiesen haben,eben genau um den Zerfall von Teilchen mit schweren Quarks.Und die haben gesagt, wir machen da auch mit, wir bringen einen neuen Detektormit, wir wollen einen neuen Detektor bauen, die sind Myonarm.Das war also das erste Upgrade sozusagen 1995, das war aber weit vor der ersten Konstruktion.Dann kam, ich glaube, der erste, das ist fair zu sagen, der erste Upgrade-Detektorwar dieser Übergangsstrahlungsdetektor,das ist ein Beitrag der deutschen Gemeinschaft und anderen Ländern,Russland und Rumänien, die dann gesagt haben, okay, zwischen der Zeitprojektionskammerund dem Flugzeitdetektor, da ist noch eine Lücke, radial, Und da bauen wir diesenÜbergangsstrahlungsdetektor ein, dass wir diese Elektronen und Positronen selektieren können.Den haben wir 2008 eingebaut, also die ganze Konstruktion.Das war noch mit der Konstruktion des ersten Detektors.Und was wir jetzt gemacht haben, das war im Jahr 2019, 2021,war eine lange Betriebspause des Large Hadron Colliders. Da wurde auch der Beschleunigerkonsolidiert, das heißt verbessert.Dinge, die nicht so gut funktioniert haben, wurden verbessert.Es wurden neue Instrumente eingebaut.Das kann wahrscheinlich der Manfred Kramer dir besser erzählen.Diese zweieinhalb Jahre haben wir genutzt, um unseren Detektor massiv zu erneuern.Wir haben den gesamten Silicon Detektor komplett rausgenommen und haben jetztdiesen hochgranularen Pixel-7-lagigen Pixeldetektor eingebaut.Wir haben die Zeitprojektionskammer, die gesamte Auslöseelektronik erneuert,was 90 Mannjahre an Arbeitsleistung ist.Also wir haben praktisch auch diese Zeitprojektionskammer praktisch neu gebaut.Da ist nur diese mechanische Struktur, die auch das elektrische Feld,diese 100.000 Volt, zur Verfügung stellt, die ist geblieben und die gesamte Elektronik ist neu.Und das ist eben geschuldet, dass es eine neue Technologie gibt für den Silizium-Detektor.Das haben wir entwickelt in ALICE. Das ist der L-Pite Pixel-Chip.Wir mussten die Elektronik verbessern, damit wir diese 50.000 Kollisionen proSekunde mit der Zeitprojektionskammer instand halten können.Es war nicht klar, ob das vor 10, 12 Jahren funktioniert. Das war wirklich einejahrelange Entwicklung von neuer Technologie. Da haben wir ein optimales Setupgefunden, wie wir diese Auslöse bauen können. Und das funktioniert.
Tim Pritlove
Wo wird denn diese Technik entwickelt?
Kai Schweda
In den Labors am CERN, also der Silizium-Detektor wurde ganz entscheidend hieram CERN vorangetrieben.Da gibt es eine Gruppe am CERN und unser vorheriger Spokesperson hat das entscheidend vorangetrieben.Also wenn man Silizium-Technologie macht, das ist mit einem enormen Aufwandverbunden. Da braucht man Reihenräume, da braucht man Maschinen.Also das ist vom personellen und finanziellen Aufwand enorm und das CERN kanndas sehr gut machen. Das hat die richtige Größe.In Deutschland braucht man dann schon die Nationallabors, zum Beispiel die Gesellschaftfür Schwerhörnforschung in Darmstadt, an der ich angestellt bin. Die können das machen.Die Zeitprojektionskammer, das wurde federführend in Deutschland entwickelt,auch von der GSI, von den Universitäten Frankfurt, Heidelberg.Da braucht man Ingenieure, die nicht nur die Elektronik entwickeln,sondern auch die Mechanik und so weiter und so fort. Und auch in Zusammenarbeit mit dem CERN.
Tim Pritlove
Ich glaube das ist auch etwas, was bisher bei den Gesprächen noch gar nichtso klar rausgekommen ist.Man sieht ja hier das CERN so im Wesentlichen als Betriebsort.Aber genau genommen wird ja alles erdacht. Also erstmal dieses,was braucht man eigentlich, wie könnte das funktionieren, welche Technologienbenötigen wir denn dafür und dann müssen diese Technologien halt auch erdachtund quasi erstmal erfunden werden.Und dann ist die Frage, wie viel findet hier statt, wie viel findet woanders statt?Also ist es der Normalfall, dass das alles woanders entwickelt wird und hierwird nur überlegt, was braucht man? Oder findet hier auch konkret Technologiedevelopment statt?
Kai Schweda
Ja wie gesagt, diese Entwicklung von Siliziumdetektoren, das ist ja weltweit führend.Viele, viele Gruppen benutzen jetzt diese Technologie, die wir in ALICE entwickelthaben, in anderen Experimenten oder wollen die verwenden, auch für neue Maschinen in den USA.Wir haben gerade jetzt, gerade in dem Moment, Gäste da aus den USA,die eben genau unsere Silizium-Technologie verwenden wollen.Also das wurde federführend am CERN gemacht, die Zeitproduktionskammer.Da gibt es eine neue Technik, auch die wurde am CERN erfunden.Das sind Gas-Elektron-Vervielfacherfolien, die heißen Gem-Gas-Elektron-Multipliers.Und diese Technologie, da nimmt man eine sehr dünne Folie, bohrt Löcher reinund isoliert die oben und unten und spitzt diese Löcher an. Und in diesen Löchernentstehen sehr hohe Feldstärken.Das ist das Geniale an so einer Gemfolie. Die wurde am CERN erfunden und diehaben uns diese riesigen Folien hergestellt.Die haben Quadratmeter Größe und die haben wir dann benutzt,um unsere Außerelektronik in Deutschland zu bauen. Also es wurde mit Gruppenaus München, Darmstadt und Frankfurt gemacht.Also nicht alles wird am CERN gemacht, aber vieles wird vorangeregtigt am CERN.
Tim Pritlove
Okay. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was kommt bei raus?Also was konnte denn mit Hilfe dieses Detektors und speziell eben dieser Bleikollisionenund sozusagen der Betrachtung dieses Quark-Gluon-Plasmas herausgefunden werden über dieses Plasma?Das ist ja so ein bisschen der Blick in die Zeit des Urknalls,nicht unbedingt davor aber zumindest in dem Moment.Welchen Erkenntnisgewinn konnte man bisher daraus ableiten, was hat sich daraus ergeben?
Kai Schweda
Also die erste Frage, was man sich stellt, wie hoch ist die Temperatur von demDing, von dem Medium, das wir erzeugen?Und die Temperatur kann man messen, indem man sich die Lichtteilchen anschaut, die Sonne.Hat eine Temperatur in der Oberfläche von 6.000 Kelvin, 5.700 Grad Celsius.Und wenn ich einfach das Spektrum des Lichts anschaue, das hier auf der Erdeankommt, kann ich sofort auf die Temperatur der Oberfläche der Sonne schließen.Salopp kann man sagen, man schaut sich das Spektrum, man schaut sich an,wie viel kommt von der Farbe Grün an, wie viel kommt von der Farbe Rot an,wie viel kommt von der Farbe Blau an.Und dann habe ich, was die Physikern Plank-Spektrum nennen.Das hat die meiste Farbe, die die Sonne ausstrahlt, ist tatsächlich grün unddann kann ich sofort, das Planck Spektrum hat nur ein Parameter,das ist die Temperatur, kann ich sofort die Temperatur bestimmen und so machenwir das auch. Jetzt habe ich gesagt, die Sonne ist 6000 Kelvin heiß.Unser Medium ist 2 Billionen Kelvin oder Grad Celsius heiß.Das heißt, diese Wellenlänge verschiebt sich von dem optischen Spektrum,das unsere Sonne aussendet, in die harte Röntgenstrahlung.Also diese Photonen, die Lichtteilchen, die haben Milliarden von Elektronenvolt.Unser optisches Licht hat einen Elektronenvolt etwa.Und wenn man dieses Photon nachweist, also dieses Licht, das von der elektromagnetischenStrahlung des Quarkplasmas kommt, dann kann man die Temperatur bestimmen.Wir haben eine erste Messung, die ist noch nicht besonders genau.Wie gesagt, diese Photonen und Elektronen, das sind ganz seltene Teilchen,die muss ich da rauspicken auspicken, aus meinen zigtausend geladenen Teilchenoder anderen Teilchen, die da entstehen.Und dann gibt es noch andere Untergrundquellen, die auch Elektronen,Positronen oder Photonen erzeugen. Also ich will sagen, das ist eine sehr schwierigeMessung, die sehr aufwendig ist, die sehr lange braucht, weil man sehr langeDaten nehmen muss, um das Signal zu extrahieren.Und da sehen wir, dass wir deutlich drüber sind über dieser Temperatur,die es braucht, um so einen Quarkblumenplasma zu erzeugen.
Tim Pritlove
In dem beobachteten Experiment.
Kai Schweda
Bei Alice.
Tim Pritlove
Also man weiß deswegen, dass da eins ist. Ein Quark, Chlor und Plasma.Das ist das, was einem die Gewissheit gibt?
Kai Schweda
Ja, also Gewissheit.
Tim Pritlove
Das war wieder so ein schlimmes Wort benutzt.
Kai Schweda
Nein, das ist eine gute Frage. Was wir nicht haben ist eine Smoking Gun.Eine Smoking Gun ist, wenn ich einen abschieße und dann raucht mein Colt noch,dann weiß jeder, Der hat es getan.Das gibt es halt bei uns nicht. Und das liegt daran, wir versuchen nicht eineinzelnes Teilchen nachzuweisen, das zu rekonstruieren.Wir haben ein System, das aus sehr, sehr vielen Teilchen besteht,der sich sehr stark ausdehnt, dass der starken Wechselwirk unterliegt.Und da habe ich kollektive Phänomene und es gibt nicht ein einziges Signal,wo dann sofort alles klar ist, sondern man muss das beschreiben,dass das konsistent ist. eine Temperatur, die weit drüber ist.Auch bei den Hadronen können wir die Temperatur nachbestimmen.Wenn ich jetzt das weiterdenke, wenn ich Hadronen messe, also Pion,Proton, Kaon und so weiter, die sollte es ja nicht geben, wenn ich diese kritischeTemperatur überschreite.Die sollten ja alle geschmolzen sein, weil ich da nur noch Quarks und Glon habe.Und genau das beobachten wir. Aber irgendwann hat sich das System so weit ausgedehnt,abgekühlt, dass wieder alles in normale Teilchen zerfällt.Und wir beobachten auch bei den stark wechselwirkenden Teilchen,dass die eben genau diese Grenztemperatur erreichen. Drüber könnten wir sienicht beobachten, weil sie nicht existieren.Also die scheinen genau an der Phasengrenze, wo dieses Quark-Gluon-Plasma sichso stark abgekühlt hat, dass es wieder in normale hadronische Materie zerfällt.Und diese Hadronen, die wir beobachten, haben genau diese Grenztemperatur.Dann sind es andere kollektive Effekte. Wir sehen, wie stark das Medium expandiert.Was eine Entdeckung war, dass die schweren Quarks sehr viel Energie verlieren.Ich habe also eine Farbladung, das ist alles starke Wechselwirkung.Ich habe ein schweres Quark, ein Charmquark, das propagiert in diesem Mediumund das verliert sehr viel Energie.Und das ist heute noch schwierig zu beschreiben für die Theorie,warum so schwere Quarks so viel Energie verloren im Quark-Gluon-Plasma.
Tim Pritlove
Das heißt alles was jetzt hier herausfällt ist quasi Nährboden für Wissenschaftlergruppen,die am Quark-Gluon-Plasma an sich theoretisch und hier sozusagen auch praktisch forschen.
Kai Schweda
Ich denke, es ist fair zu sagen, dass unser Feld sehr stark experimentell getriebenist. Das heißt, es gibt neue Detektor-Technologien, die eben neue,neuartige Messungen ermöglichen.Und die Theorie versucht das zubeschreiben und dann Erkenntnis über das Quark-Lungen-Plasma zu gewinnen.Also das ist anders an der Teilchenphysik. Das Higgs-Boson wurde 48 Jahre vorseiner Entdeckung vorhergesagt.Die Schwierigkeit war, möglichst viel Energie zu haben, einen großen Kollider,der auch dieses Teilchen erzeugen kann. Bei uns ist es, denke ich, eher umgekehrt.Das ist das Experiment, das den Fortschritt vorantreibt.
Tim Pritlove
Weil man jetzt einfach Daten bekommt aus etwas, was sich sonst nicht so ohneweiteres theoretisch beschreiben lässt, weil man es noch gar nicht,sein Wesen noch gar nicht verstanden hat.
Kai Schweda
Ja die Theorie ist eben schwierig. Ich habe versucht das mit der Schneefockezu erklären. Wenn ich ein Einzelsteilchen isoliert betrachte,kann ich das sehr gut beschreiben theoretisch.Ja, also das Quark-Klonen-Plasma ist ein Teil von ALICE. Wir können mit diesenKollisionen viel, viel mehr machen. Das tun wir auch. Das ist eine fantastischeTeilchenquelle, ein Quark-Klonen-Plasma.Da kommen alle möglichen Teilchen raus, die es gibt. Die werden alle thermisch gekocht.Die springen da alle raus. Wir können zum Beispiel auch nach Antimaterie schauen,weil es wird genauso viel, die Energien sind so hoch beim Ladschadon-Kollider,dass wir genauso viel Materie wie Antimaterie erzeugen.Also es gibt aus den Kollisionen kommen genauso viel Proton raus wie Antiprotonund es gibt noch andere Teilchen.Und zum Beispiel Anti-Alpha-Teilchen.Rutherford hat ja damals das Alpha-Teilchen genommen. Das ist ein Heliumkern,zwei Protonen, zwei Neutronen.Und dazu gibt es auch ein Anti-Teilchen, das wurde schon entdeckt.Das besteht aus zwei Antiprotonen, zwei Antineutronen.Und jetzt können wir diese Teilchen untersuchen und schauen,haben die genau die gleiche Masse, das Teilchen und das Antiteilchen.Das ist eine fundamentale Vorhersage von jeder Theorie im Standardmodell derTeilchenphysik, dass Teilchen und Antiteilchen gleich schwer sind und gleiche Lebensdauer haben.Wenn das nicht so wäre, hätten wir eine große Krise in der theoretischen Physik.Also niemand glaubt das.Das heißt aber, wir müssen das testen. Und das können wir in ALICE,wenn wir das testen mit den Daten, die wir jetzt die nächsten zehn Jahre nehmen.Wir nehmen deutlich mehr Daten.Wir haben jetzt letztes Jahr, im ersten Jahr schon in Proton-Proton-Kollisionen,300 Mal mehr Daten aufgezeichnet, als wir die ganzen zehn Jahre davor aufgezeichnet haben.Nur um so einen Geschmack dafürzu kriegen, welche irren Datenraten unser Detektor jetzt verdauen kann.Und da wollen wir zum Beispiel diese Teilchen-Antiteilchen-Symmetrie untersuchenfür Anti-Alpha-Teilchen.
Tim Pritlove
Um diesen permanenten Test des Standardmodells durchzuführen.Passt das Modell eigentlich wirklich so gut wie wir denken oder haben wir irgendwo nochmal einen Flaw?Aber ist schon irgendwas damit bestätigt worden oder ist es sozusagen,es konnte nur bisher nicht widerlegt werden? Wie muss man das so definieren?
Kai Schweda
Niemand erwartet ernsthaft, dass wir jetzt einen Unterschied sehen,aber man soll, Steven Weinberg hat das mal gesagt, den ich sehr verehre,der leider letztes Jahr gestorben ist, ein großer theoretischer Physiker,schauen, wo niemand vorher geschaut hat. Das können wir auch,diese Möglichkeit haben wir in ALICE.Wir haben zum Beispiel das schon gemacht für Deuteron und Helium-3-Kerne.Da haben wir die Teile, ein Deuteron ist ein Proton und ein Neutron und Helium-3ist zwei Antiprotonen und nur ein Antineutron.Da haben wir schon gezeigt, dass wir Massendifferenzen messen können.Mit guter Genauigkeit haben wir das veröffentlicht. Und der nächste Schrittist einfach mit mehr Daten können wir dann zu schwereren Kernen gehen.Also es ist noch nichts, wir haben noch nichts gefunden, das dem Standardmodell widerspricht.Du hättest das in der Zeitung schon oder im Fernsehen gesehen.
Tim Pritlove
Mit Sicherheit. Aber was ist denn schon an Erkenntnissen herausgekommen,wovon ich auch noch nichts mitbekommen habe? Was sind so die grundlegenden Erkenntnisse,die Alice abgeworfen hat?
Kai Schweda
Zum Beispiel die Teilchen haben eine bestimmte Lebensdauer und wir können,weil unser Detektor so präzise ist, zum ersten Mal werden ja alle möglichenTeilchen erzeugt bei uns in dieser Bleiblei-Kollision.Wir können dann Teilchen mit sehr hoher Genauigkeit, deren Masse oder Lebensdauerauch messen. Wir haben jetzt gerade das Lambda-Baryon untersucht.Das ist ein Neutron, wo ich ein leichtes Quark rausnehme und dafür ein bisschenschwereres, das Strange-Quark, reintue.Und diese Lebensdauer hat eine bestimmte experimentelle Präzision und wir habendas um einen Faktor 3 verbessert.Also man weiß jetzt auch dreimal mehr, welche Lebensdauer dieses Lambda Teilchen hat.Das kann man jetzt in einen Kernverband einbauen, in einen Deuteron zum Beispiel.Und da gab es 50 Jahre lang Spekulationen, ob das, wenn das jetzt dieses LambdaBaryon gebunden ist, also ein Neutron mit einem schweren Quark,einem Strange Quark, ob das dann die Lebensdauer beeinflusst.Und da gab es die letzten 50 Jahre viele, viele Experimente,die was gesehen haben, die keinen Unterschied gesehen haben und das haben wirjetzt auch entscheidend beantwortet, die Frage.Dieses Lebensdauer ist die gleiche im Kernverbund von einem Deuteron wie fürein Freies Lambda-Teilchen.Also es sind einfach Präzisionsmessungen, die gehen dann auch in die Bibel derTeilchenphysik ein, weil alle Teilchen, die man kennt, sind gelistet in einem Particle Data Book.Das wird jedes Jahr auf den neuesten Stand gebracht und da haben wir als eineMessung beigetragen, die dreimal genauer ist als alle anderen Experimente zuvor.
Tim Pritlove
Was sind denn jetzt, also das ist natürlich für die Wissenschaft super spannend,solche Detailupdates und so ein permanentes Verbessern eines Verzeichnissesaller wesentlichen Eigenschaften.Was sind so die großen Fragen, die durch die Arbeit mit Alice touchiert werden?
Kai Schweda
Ja, das ist die zugrundelegende Theorie, das ist eine relativistische Quantenfeldtheorie,die die starke Wechselwirkung beschreibt. Die so beschreibt,wie Quarks und Gluten miteinander, sich zueinander verhalten,wie die wechselwirken, das ist die Quanten-Chromodynamik.Es gibt die Quanten-Elektrodynamik, die beschreibt eben die elektromagnetischeWechselwirkung auf dem Quantenniveau und ist relativistisch korrekt.Und so gibt es in der starken Wechselwirkung die Quanten-Chromodynamik.
Tim Pritlove
Da kommt das auch mit der Farbe her, wir haben ja vorhin schon darüber gesprochen,das ist natürlich nicht so, dass wir hier von Farben reden, sondern das istein Bild, um einfach Zusammenhänge dieser Teilchen, also der Wechselwirkungzu beschreiben, also Eigenschaften davon zu beschreiben.Und wahrscheinlich weil mal wieder nichts anderes im Regal zu greifen war,hat man gesagt, dann nehmen wir jetzt einfach Farben und deswegen heißt es auch Chromo.
Kai Schweda
Ganz genau. Also es ist streng genommen die Farbladung, genau wie die elektrischeLadung die Ursache der elektromagnetischen Kraft ist, so ist die Farbladungdie Ursache der Farbladung.
Tim Pritlove
Ja, man hätte jetzt auch ein anderes Bild nehmen können als Farbe,aber das ist es einfach geworden.
Kai Schweda
Ja, aber das weißt du wahrscheinlich, das kommt daher, weil die Quarks in drei,um einen Proton zu machen brauche ich drei Quarks, um einen Neutron zu machenbrauche ich drei Quarks.Da hat man gesagt, also zwei Quarks geht nicht. Es geht ein Quark und ein Antiquark,das heißt diese Farbladung, das Quark hat Rot, Gelb oder Grün,die kann man auch 1, 2, 3 nennen oder wie auch immer, dass die drei Farben imProton, die drei verschiedenen Farben im Proton,Farben, die ein Proton haben kann, müssen sich so addieren, dass es farbneutral ist.
Tim Pritlove
Also rot, grün, blau.
Kai Schweda
Rot, grün, blau, aber eigentlich nach der Farbenlehre ist es nicht rot,grün, blau, sondern rot, gelb, blau oder umgekehrt. Auf jeden Fall hat man das,genau wie du sagst, versucht anschaulich zu machen. Warum habe ich jetzt dreiund nicht zwei oder sieben?Und das kann man mit den Spektralfarben sehr gut erklären, dass dann immer eine weiße Farbe rauskommt.
Tim Pritlove
Ok, aber das ist sozusagen, man will die starke Kernkraft besser verstehen,man weiß die kommen einfach in Dreiergruppen, also muss es dann irgendeinerForm Eigenschaften geben, die dafür sorgen, dass es immer drei sein müssen.
Kai Schweda
Und was wir gut verstehen theoretisch, also nicht ich, sondern meine Freundeaus der Theorie, ist eben, wenn man isolierte Prozesse bei sehr hohen Energienanschaut, dann kann man das sehr genau berechnen.Wir machen eine störungstheoretische Rechnung und kann die Experimente beschreiben.Was wir in ALICE machen, ist, wir gucken uns die Vielteilchenaspekte an.Also nicht ein isoliertes Teilchen, ein isoliertes Quark, sondern sehr,sehr viele Teilchen. Sehr viele Quarks und Gluren in verschiedenen Farben,schwere Quarks, leichte Quarks.Und wir versuchen die Vielteilchenaspekte der starken Wechselwirkung zu untersuchenund experimentell präzise zu bestimmen.Und das ist, was wir noch sehr wenig verstehen, obwohl es da sehr großen Aufwandgibt in der Theorie. Es ist also noch ein recht junges Feld,da kommen wir zurück zu der Schneeflocke.Ich kann die Quantenelektrodynamik nehmen, ich kann damit aber nicht ausrechnen,welche Form eine Schneeflocke hat, weil sehr sehr viele Teilchen daran teilnehmenund dann gibt es auch neue Effekte, die man erst mal so nicht in den elementaren Gleichungen sieht.
Tim Pritlove
Und gibt's hier auch eine Perspektive so die die großen Fragezeichen der Physikin irgendeiner Form zu bespielen,das was so auch die Kosmologie vor allem irre macht mit dunkler Materie und dunkler Energie,also ich meine wenn wir hier mit diesem Quark-Luhren-Plasma sozusagen an der,Ich weiß nicht, ob ich Geburt sagen soll,aber zumindest an diesem Urknall, diesem sehr besonderen Moment,wenn wir da sozusagen in dieser Ursuppe herumforschen, lässt sich daraus irgendetwasableiten für das, was wir heute im All sehen und uns noch nicht erklären können.
Kai Schweda
Ja, alles kann was dazu beitragen und hat beigetragen zur dunklen Materie.Dunkle Materie ist dunkel, das heißt wir sehen sie nicht, die strahlt nichtelektromagnetisch, die sendet kein Licht aus.Und wir wissen nur von ihrer Existenz, weil wir sehen wie die sich gravitativverhält. Also die beeinflusst andere Objekte um sich herum.
Tim Pritlove
Die Menschen sind nur Materie, obwohl wir ja auch nicht sicher sind, ob es welche ist.
Kai Schweda
Also es ist nicht Energie, es ist nicht nur Energie, es ist auch Materie.Aber gut eigentlich wissen wir gar nichts was dunkle Materie ist.
Tim Pritlove
Es tut das, was normalerweise nur Materie tut. Man sieht sie nicht deswegennennt man sie dunkle Materie, aber es könnte sich ja auch herausstellen,dass es was komplett anderes ist, was die Gravitation mit beeinflusst.
Kai Schweda
Ja, also wenn du mich fragst, das ist aber meine persönliche Meinung,dunkle Materie ist eine Umschreibung für unsere komplette Unkenntnis, für was das ist.Ich glaube das ist ganz okay. Es gibt ja auch Leute, die versuchen die Gleichungder Gravitation so zu ändern, dass man gar keinen neuen Materieterm findet,aber das hat eigene Probleme.Also, das Standardmodell der Teilchenphysik, das hat was dazu zu sagen,nicht das Standardmodell, sondern die erste, die minimale supersymmetrische Erweiterung.Das heißt, das hat man ja bevor der LHC angeschaltet wurde, gab es ja großeHoffnung, dass die sogenannte Supersymmetrie verwirklicht ist in der Natur.Das heißt, es gibt also eine Theorie, die sagt, okay, für alle Teilchen,die wir jetzt im Standardmodell haben, gibt es ein korrespondierendes supersymmetrischesTeilchen, das viel schwerer ist. Zum Beispiel gibt es zum Elektron ein s-Elektron.Oder zum Neutrino gibt es ein Neutralino. Also man verdoppelt den Teilchen so,der Elementarteilchen.Die müssen viel schwerer sein, sonst hätten wir sie schon gesehen.Und das war die große Hoffnung, als der Large Hadron Collider losging.Bisher hat man noch keine gesehen.Und ich glaube die Hoffnung ist ein bisschen am schwinden.Deshalb gucken wir trotzdem danach. Und was wir gemacht haben in ALICE ist,wir können dazu einen wichtigen Beitrag liefern.Zum Beispiel das Experiment EMS, das Alpha Magnet Spektrometer,das auf der internationalen Raumstation Daten nimmt.Das guckt zum Beispiel nach Anti-Kernen, zum Beispiel nach Anti-Helium-3-Kernen.Zwei Antiprotonen, ein Antineutron. Und dann ist die Frage, die haben noch keinen,zumindest nicht veröffentlicht, nachgewiesen.Wenn die jetzt Anti-Helium-3 sehen, also ein Anti-Kern, recht schwerer,schwerer als das Proton zum Beispiel. Immer noch ein leichter Kern, okay.Dann ist die Frage, wo kommt das her? Und das könnte zum Beispiel von Prozessenkommen, von einem supersymmetrischen Teilchen, dem Neutralino.Das Neutralino ist elektrisch neutral, nimmt also nicht an der elektromagnetischen Wechselwirkung teil.Es ist das leichteste supersymmetrische Teilchen. Das heißt,alle anderen Teilchen müssen irgendwann in Richtung dieses Neutralinos zerfallen sein.Die wurden am Urknall entdeckt, erzeugt und das Neutralino ist stabil.Das heißt, es kann auch nicht in Standardmodellteilchen zerfallen.Das heißt, wenn es die wirklich gibt und das ist der Ansatz dunkler Materiemit der Teilchenphysik zu erklären, Dann wurden die möglicherweise beim Urknallerzeugt und bevölkern zum Beispiel den Balg unserer Galaxie.Und es stellt sich heraus, die Neutralinos sind auch ihr eigenes Antiteilchen.Das heißt, die zerfallen zwar nicht, wenn ich aber viele Neutralinos habe,kannst du mir noch folgen, dann können die sich miteinander vernichten und würdenauch schwere Antikerne erzeugen.Das heißt also ein Antihelium-3-Kern im Weltall wäre ein Signal für die Vernichtungvon zwei supersymmetrischen Teilchen, die Kandidaten für dunkle Materie sind.Und wir haben bestimmt, wenn dieses Teilchen irgendwo weit weg von uns in derGalaxie erzeugt wird, ob das überhaupt bei der Internationalen Space Station ankommen würde.Also wir haben mit diesen Antihelium-3-Kernen, die aus unserem Quark-Lum-Plasmakommen, haben wir bestimmt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist,dass so ein Teilchen absorbiert wird auf seinem Weg vom Balg der Galaxie biszur Internationalen Space Station.Wir haben festgestellt, dass unsere Galaxie recht transparent ist dafür.Also drei Viertel aller Antihelium-Dreikerne kommen noch an, wenn es die gibt.Wenn es die gibt, also wenn AMS das sieht, wäre das ein wunderbares Signal.
Tim Pritlove
Ich habe zu AMS auch schon eine Raumzeitfolge gemacht, Nummer 38,das ist jetzt schon eine Weile her. Also das Ding ist jetzt schon seit ein paarJahren in Betrieb. Ist denn da überhaupt schon was Interessantes bei herausgekommen,was sich mit der Arbeit von Ellis kombinieren lässt?
Kai Schweda
Ja, die haben genau diese Teichensprecken gemessen und es zeigt sich,die Protonen sind, es gibt ja auch kosmische Strahlung, die auf unsere Atmosphäretrifft, da kommen auch Antiprotonen raus.Das heißt die Antiprotonen und die bisschen schwereren Antideuterungen, die sind wohl nicht gut.Der Untergrund, auch diese Prozesse haben wir gemessen, die kosmische Strahlungtrifft ja auf ruhende Kerne in unserer Atmosphäre und die Energie am LHC ist ein Kollider.Das heißt, was wir am LHC haben, trifft zufällig genau die Energie,die die kosmische Strahlung im Schwerpunktsystem macht.Und da haben wir auch Produktionsraten von Antiproton, Antideuteron,also von Antikernen gemessen, was dann der Untergrund für solche Messungen ist.Also es gibt einen Untergrund und es gibt ein Signal von der Neutralino-Vernichtungsstrahlung.Und daraus schließen wir das mit Antihelium 3, wenn man ein gutes Signal extrahierenkann, wenn es das eins gibt.
Tim Pritlove
Das heißt es gibt da noch keine Smoking Gun für die dunkle Materie,das ist alles noch Theorie?Ja natürlich, sonst hättest du davon gehört.
Kai Schweda
Es gibt aber auch andere Ansätze für dunkle Materie, schwarze Löcher,mini schwarze Löcher, die überall sind im Universum. Also das ist sehr sehraktuell natürlich momentan.
Tim Pritlove
Ja man ist sich auf jeden Fall nicht einig. Bin sehr gespannt ob da demnächst nochmal was kommt.
Kai Schweda
Das zeigt ja, dass es spannend ist.
Tim Pritlove
Ich habe noch so eine Erinnerung, dass auch die Theorien, die hinter Neutronensternenstehen, mit diesem Quark, Gluon, Plasma zu tun haben.
Kai Schweda
Ja, die Frage ist, als man nur Protonen und Neutronen kannte,da haben die Herren Oppenheimer und Volkow schon in den 1930er Jahren gezeigt,Man nimmt einfach die Kernmaterie, die Eigenschaften, wie stark lässt sich Kernmaterie komprimieren.Und irgendwann, die Kernmaterie zieht sich natürlich an, aber irgendwann stoßendie zusammen und dann kann man die nicht weiter komprimieren.Und das ist das, was einen Neutronenstern stabilisiert gegen den gravitativenKollaps. Also der Neutronenstern hat ja 1,5 Sonnenmassen oder so,also im Bereich der Sonnenmasse.Und wenn die Kernfusion beendet ist, gibt es keinen thermodynamischen Druck,der diesen gravitativen Kollaps auffällt.Das heißt, der Stern fällt in sich zusammen, aber die Kernmaterie stabilisiert,die Inkompressibilität der Kernmaterie stabilisiert diesen Neutronenstern.Und die Herren Oppenheimer, Volkow und Tolman, denke ich, die haben einfachsich die Struktur der Kernmaterie hergenommen und gesagt, Okay,maximal kann ich mit gewöhnlicher Kernmaterie Neutronensternen bis 1,8 Sonnenmassen stabilisieren.Wenn der schwerer ist, kollabiert der und wird zum schwarzen Loch.Jetzt hat man vor zehn Jahren gefunden, es gibt Neutronensterne,die haben ein bisschen mehr Masse.Und die Frage ist, was verhindert, dass diese Neutronensterne in sich zusammenstürzenund ein schwarzes Loch binden? Was stabilisiert die gegen den Kollaps?Und das können nicht nur Neutronen und die Neutronen sein.Das kann ein Quarkblumenlastmal sein oder nur die Quarks, dass man eben keineNeutronen hat, sondern so eine Quarksuppe im inneren Kern von den Neutronenschneiden. Ist aber alles spekulativ.
Tim Pritlove
Alles noch Spekulation.Ja, jetzt könnte ich fragen, haben wir noch was vergessen? Haben wir unter Garantie.Es gibt ja viele Details.Was sollten wir vielleicht noch am Ende hinzufügen zu dem, was wir bisher besprochen haben?Das Bild abzurunden, was man von diesem Detektor, diesem Experiment hat.
Kai Schweda
Also ALICE gibt es jetzt seit 30 Jahren. Wir haben im letzten Monat den 30-jährigen Geburtstag gefeiert.Wir haben jetzt einen brandneuen Detektor, mit dem wir 10 Jahre messen.Und danach wollen wir einen komplett... Da geht auch die Zeitprojektionskammerraus, weil die Raten dann so hoch werden am LHC, dass wir die Zeitprojektionskammernicht nutzen können. Auf der anderen Seite haben wir einen Durchbruch in derDetektortechnologie mit Silizium.Wir wollen in zehn Jahren einen komplett siliziumbasierten Detektor bauen,der praktisch gar keine Masse hat, dass die Teilchen überhaupt nicht stören.Das wollen wir in zehn Jahren einbauen und zehn Jahre damit messen bis 2042.Also jetzt ist ALICE 30 und wir haben einen konkreten Plan für die nächstenzehn Jahre und wollen noch 20 Jahre weitermachen bis zum Ende des LACs.
Tim Pritlove
Das heißt, dieses Upgrade mit den Pixeldetektoren aus Siliziumfolien,das ist im Prinzip auch so ein bisschen die Zukunft dieses Detektors.Also es hat sich als so gut erwiesen, dass man davon möglichst viel haben möchte.
Kai Schweda
Ja, ganz genau. Und andere Detektoren haben auch Silizium, aber was besondersist an unserem, dass der so unglaublich dünn ist und wir entfernen wirklichalles. Auch die Ausleseelektronik ist momentan im jetzigen installierten Detektornoch auf dem Silizium aufgebracht.Wir entfernen alles, was nicht aktiver Sensor ist und haben damit praktischeinen masselosen Detektor. Ich glaube, das ist ein einzigartiger Detektor in der Welt.
Tim Pritlove
Super Kai, vielen Dank an dieser Stelle für diese Ausführung.Schwierig irgendwie so eine hochkomplexe Technologie,die sich in so einem super Spezialbereich der Physik und damit der Wissenschaftbewegt, irgendwie zu vermitteln, aber ich bin schon wieder schlauer geworden.Insofern vielen Dank nochmal für die Ausführung und vielen Dank fürs Zuhörenhier bei Raumzeit. Das war der LS Detektor.Weitere Detektoren werden folgen bis wir hier das CERN ausreichend zusammengefasst haben.Bis dahin sage ich Tschüss, bis bald!

Shownotes

RZ112 CERN: Die Beschleuniger-Kette

Die größte Maschine der Welt ist die Basis der Forschung am CERN

Die Beschleunigung von Teilchen ist die Grundlage für die Forschung am CERN. Eine Kaskade von miteinander verbundenen Ringen wird dabei zur Schnellstraße für beschleunigte Elektronen oder Ionen und bauen dabei sukzessive die Energie auf, die letztlich in einer Kollision freigesetzt wird und die Experimente am CERN ermöglicht.

Daher sind Aufbau, Inbetriebnahme, Betrieb und Wartung dieser komplexen Maschine ein sehr wichtiger Bestandteil der Arbeit am CERN.

Dauer:
Aufnahme:

Alexander Huschauer
Alexander Huschauer

Wir sprechen mit Alexander Huschauer, zuständig für den Betrieb und Wartung des CERN Proton Synchrotron, über Sinn, Design, Aufbau, Betrieb, Wartung und Anwendung von Teilchenbeschleunigern im Allgemeinen und den Beschleunigern am CERN im besonderen.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Pridlaff und ich begrüße alle hier zu einer weiteren Ausgaberund um das CERN, was ich derzeit besuche und wo ich versuche mir mal allesgenau erklären zu lassen, was hier alles so rumliegt.Und was hier vor allem rumliegt, sind Ringe.Große Ringe, in denen sehr viel beschleunigt wird und das ist ja hier so ein bisschen,das ermöglichende Infrastruktur, die diverse Detektoren und zahlreiche Experimenteja überhaupt erst zum Leben bringt.Und um darüber mal zu quatschen, wie das so funktioniert, begrüße ich meinenGesprächspartner, nämlich den Alexander Huschauer. Hallo.
Alexander Huschauer
Hallo.
Tim Pritlove
Herzlich willkommen bei Raumzeit.
Alexander Huschauer
Vielen Dank, freut mich sehr hier zu sein.
Tim Pritlove
Du bist, wie es so schön heißt, Staff Accelerator Physicist and Engineer inCharge of the CERN Proton Synchrotron in the BEOPS Section. Das kannst du mirjetzt gleich mal aufdröseln, was das jetzt bedeutet.
Alexander Huschauer
Das bedeutet, dass ich im BEAMS Department arbeite. Das ist jenes Department,das eben zuständig ist für die Produktion der Strahlen am CERN.Dort in der Operations Group, also wirklich an den Beschleunigern selbst arbeiteund PS, das Protonen-Synchrotron.Wir sind in verschiedene Abteilungen aufgeteilt in der Operations Group fürdie verschiedenen Beschleuniger. Und in meinem Fall bin ich eben Engineer inCharge vom Protonen-Synchrotron.Einer der ältesten Beschleuniger, den wir hier am CERN haben,1959 in Betrieb gegangen.Schöne komplexe Maschine und eben ein Teil der Beschleunigerkette.
Tim Pritlove
Genau, aber du kennst ja die ganze Kette und darüber wollen wir jetzt nämlich mal ein bisschen reden.Und man sagt Kette, warum sagt man Kette, weil alles hier miteinander verbunden ist?
Alexander Huschauer
Alles ist miteinander verbunden. Die verschiedenen Ringe, wie du gesagt hast,sind über sogenannte Transferlinien miteinander verbunden, so dass wir von einemRing zum nächsten Ring die Teilchen schicken können.Mit der Idee dahinter, dass in jedem Ring die Energie der Teilchen immer höher und höher wird.Man hat da technologische, physikalische Limits, wie hoch man Teilchen in einemRing beschleunigen kann und deswegen braucht man wirklich so eine Kette von Beschleunigern,um dann höchste Energien, wieeben im Large Hadron Collider am Schluss der Kette, erreichen zu können.
Tim Pritlove
Genau, da wollen wir uns dann gleich mal auf die Reise machen und mal so einbisschen rauskriegen, was es dafür im Detail dann alles so erfordert.Jetzt will ich aber erstmal nochmal ein bisschen wissen, wie du denn hier überhauptzu der Tätigkeit gekommen bist. Seit wann betreibst du denn Wissenschaft und warum?
Alexander Huschauer
Ich bin jetzt seit ungefähr zwölf Jahren am CERN.Schulisch habe ich eine technische Ausbildung gemacht. Ich habe damals eineAusbildung in Mechatronik gemacht, wie es bei uns in Österreich spezielle Schulstufengibt, also im Prinzip noch vor der Universität.Ich war dann immer schon technisch begeistert und natürlich viel mit Physik,Optik, Elektronik, Mechanik in Kontakt gekommen.Und dann hat mich das Studium der Physik gereizt, Technische Physik an der UniWien, an der Technischen Uni Wien.Und dort so eigentlich im Laufe der Zeit mir gedacht, Grundlagenforschung ehernicht so meins, glaube ich werde ich nie hinkommen, es wird mich mehr eher soin die Industrie treiben dann irgendwann mal.Aber dann habe ich ein paar Vorlesungen belegt im Bereich der Teilchenphysikund später dann noch eine Vorlesung im Bereich der Beschleunigerphysik.Und das war so mein Einstieg. Mein Einstieg hier ins CERN im Prinzip,weil es ist wirklich eine coole Möglichkeit, um all diese verschiedenen,so Physik einerseits, Engineering andererseits zusammenzubringen.Und gerade im Betrieb eines Beschleunigers kommt man tagtäglich mit all diesen Dingen in Kontakt.Und das ist wirklich das, was für mich den Reiz ausmacht.Alles andere ist eine langweilige Tätigkeit. Jeden Tag unterschiedliche Herausforderungen,denen man gegenübersteht.Ja und dann habe ich damals meine Diplomarbeit hier gemacht,bin hier geblieben für ein Doktorat und bin jetzt seit 2017 angestellt Star Physicist am CERN.
Tim Pritlove
Im Prinzip arbeitest du ja wirklich im Kern am Betriebssystem des ZERN,könnte man sagen, weil ohne das System wäre hier kein Betrieb möglich.
Alexander Huschauer
Absolut.
Tim Pritlove
Ja, kann ich mir vorstellen. Es ist immer ganz interessant so eine Disziplinzu haben, die eigentlich dann sehr viel Überschneidung hat mit anderen Bereichen.Ja, na dann gucken wir doch mal, was hier eigentlich alles vorzufinden ist.Vielleicht blicken wir mal so von oben erstmal auf diesen ganzen Komplex.Ich hab mir irgendwann mal so eine Karte in Google Earth reingeladen,die sozusagen die ganzen Zernringe so einfach mal so in ihrer räumlichen Ausdehnung mit einblendet.Da merkt man erstmal schon, ganz schön groß alles.Insbesondere natürlich der große Ring, aber ist ja auch nicht der einzige.Was findet man sozusagen vor, wenn man jetzt diesen Bird's Eye View auf das CERN macht?
Alexander Huschauer
Also man findet in erster Linie verschiedene Orte. Also das CERN hat einen Hauptstandort,der im Kanton Genf liegt, in Maran.Dort sind die älteren, kleineren Beschleuniger des CERNs zu finden.Und von dort weg, die nächsten Maschinen, die sind dann doch etwas größer.Also wenn man sagt, die kleineren Maschinen haben so bis zu einer Länge von630 Metern, die sich am Campus selbst befinden.Und danach die nächsten Maschinen, 7 km oder 27 km, die sind dann schon unterder Erde gebaut und auch wesentlich dann über den Campus des Zerns hinausgehend.Und zum großen Teil eigentlich in Frankreich liegen die. Und wenn man sich soLuftlinien anschaut, wenn wir uns gerade den LHC anschauen mit seinem 27 km Umfang, von.Den Punkt, wo die Strahlen indiziert werden in die Maschine bis zum gegenüberliegendenPunkt haben wir doch acht Kilometer Luftlinie.Also das ist wirklich groß und wenn wir so zum Anfang dieser Kette gehen,dann haben wir dort eine ganz kleine Quelle.Weil was wir machen hier, einerseits beschleunigen wir Protonen,um die dann später kollidieren zu können in verschiedenen Experimenten.Andererseits machen wir das auch mit Ionen, also zum Beispiel Bleionen.Aber in der Vergangenheit auch verschiedene andere Ionen. Die müssen irgendwoerzeugt werden, diese Teilchen, bevor man sie überhaupt mal in einen Beschleuniger senden kann.Und dann ist es eben wichtig, dass man Schritt für Schritt die Energie dieserTeilchen erhöht, um am Schluss die Energien, die die Experimente verlangen, produzieren zu können.Und warum brauchen wir da überhaupt hohe Energien? Das ist einerseits,ist die Energiedichte wichtig. Was wir machen, sind Kollisionen.Wir schießen Protonen auf Protonen, wir kollidieren.Und die Energie, die diese Protonenstrahlen haben, die können über die Energieist gleich Masse, Lichtgeschwindigkeit zum Quadratformel umgewandelt werden.Also Energie kann in Masse umgewandelt werden, sprich aus der Energie der Strahlenkönnen wir neue Teilchen erzeugen und diese neuen Teilchen können dann einfachvon den Experimenten detektiert, untersucht, charakterisiert werden.Und andererseits, wenn wir vielleicht das Band ein bisschen zur Kosmologie,Astronomie spannen, da verwenden wir Teleskope, um in den Weltraum hineinzuschauen,um sich große Strukturen anzuschauen, Galaxien, Sterne dergleichen.Was wir machen hier ist genau das andere Ende der Größenordnung.Wir untersuchen die kleinsten Details der Materie.Und wie kommt man dorthin? Mit einem Mikroskop, mit optischem Licht,kann man sich bestimmte Teile sehr schön vergrößern. Irgendwann kommt man ans Limit.Das hängt einfach von der Wellenlänge des Lichts ab.Wenn man jetzt immer höher und höher auflösen, also in die Materie hineinschauenmöchte, braucht man im Prinzip immer kleinere und kleinere Wellenlängen.Die Wellenlänge ist indirekt proportional zur Energie. Das heißt,ich brauche extrem hohe Energien, um geringe Wellenlängen zu erzeugen und danneinfach diese kleinsten Details der Materie auflösen zu können.Und so gehen wir dann mit den Beschleunigern, die im Endeffekt nichts anderesals ein super Mikroskop sind,gehen wir wirklich hinein in den Atomkern, in die Bestandteile,die Protonen, Neutronen, die Quarks und all die Teilchen, die man dann nocherzeugen kann in Kollisionen.
Tim Pritlove
Ich fand es interessant, dass du von dem Ring als Maschine gesprochen hast,weil das muss man sich halt auch klar machen.Man denkt halt erstmal so, ja Beschleunigerring, da ist halt so ein Tunnel, da fliegt das rum.Das machen ja die Teilchen jetzt nicht von alleine, sondern im Prinzip sprechenwir wirklich von einer 27 Kilometer langen Maschine,die also wirklich über die gesamte Strecke in irgendeiner Form Technik bereithält,um letzten Endes das durchzuführen.Also wir haben es mit einem Megamaschinenpark zu tun, der sich räumlich extremausdehnt, um eben am Ende Kollisionen messen zu können.Die anderen Sendungen, die ich hier mache, werden sich also im Detail den einzelnenDetektoren widmen, der ja hier mehrerlei installiert sind. Alice, Atlas, CMS und das LACB.Nebst, da kommen wir vielleicht auch noch gleich drauf, vielen kleineren Experimenten,die ja auch noch mit dabei sind.Aber alle haben eigentlich denselben Bedarf. brauchen eben diese beschleunigten,hochenergetischen Teile, egal welcher Teil eines Atoms das jetzt sozusagen ist.Also nur die Protonen und die ganze Atomkerne etc.Ja, wo fangen wir an? Also es muss ja erst mal, das was man schießt,muss ja auch erst mal da sein.
Alexander Huschauer
Dafür braucht man eine Quelle.
Tim Pritlove
Da geht's los. Man braucht eine Quelle. Das ist hier so der Fachbegriff.
Alexander Huschauer
Das ist genau Source auf Englisch. Und in unserem Fall ist es so,dass um diese Protonen zu erzeugen, beginnen wir mit Wasserstoff.Sprich am Anfang der Quelle ist eine Wasserstoffquelle oder eine Wasserstoffflasche im Prinzip.
Tim Pritlove
Warum Wasserstoff?
Alexander Huschauer
Weil Wasserstoff aus Protonen und Elektronen besteht und wir wollen dieses Protonhaben, das da in Neutronen kennt. Alles besteht ja aus Elektronen.Natürlich, aber es ist relativ einfach, dieses Elektron zu entfernen und dannnur mit diesem Proton überzubleiben.Auch Wasserstoff ist natürlich weiter verfügbar, ist sehr leicht zu bekommen,herzustellen und als Grundstoff im Prinzip zu verwenden.Dieses Gas wird eingelassen in diese Quelle. In dieser Quelle wird das Gas dann erhitzt,und mit einem Magnetfeld, eigentlich mit einem wechselnden Magnetfeld,das dazu führt, dass sich die Teilchen in diesem Gas immer schneller und schnellerbewegen, dass das Gas ionisiert wird, sprich, dass die Teilchen auch,dass die Elektronen sich loslösen von dem Proton und dass man im Endeffekt ein Plasma erzeugt.Also einen Zustand, wo ionisierte Teilchen herumflitzen, wenn man so möchte.Und in dem ersten Teil unserer Kette ist es aber so, dass wir gar noch nichtdas Proton verwenden, sondern ein negativ geladenes Wasserstoffatom.Sprich, wir Wir fügen im Prinzip dem Wasserstoff einmal in erster Linie noch ein Elektron hinzu.Und dann wird dieser negativ geladene Wasserstoff aus der Quelle mit Elektrodenrausbeschleunigt, rausgezogen, rausgesaugt im Prinzip.Und danach, nach dieser Quelle, das sind wirklich die ersten zwei Meter derBeschleunigeranlage, geht es in einen Linearbeschleuniger.Und dieser Linearbeschleuniger ist die effizienteste Möglichkeit,um Teilchen möglichst schnell einerseits zu fokussieren, weil man muss sichvorstellen, wenn die Teilchen aus der Quelle herauskommen, haben die auch Winkelverteilungen.Das heißt, die haben eigentlich die Tendenz, in alle Richtungen gestreut zuwerden. Jetzt möchte man die transversal, also horizontal und vertikal,möglichst fokussieren, aber gleichzeitig sie nach vorne beschleunigen,also ihnen mehr Energie geben.Und das passiert in erster Linie in einem sogenannten RFQ, Radio Frequency Quadrupole.Radio Hochfrequenter Quadrupole.Da kann man vielleicht noch dazu sagen, dass ein Beschleuniger so Grundbausteine hat.Und wenn man sich jetzt so einen Linearbeschleuniger anschaut,hat er eben als einen Grundbaustein die Hochfrequenz-Elemente,Hochfrequenz-Kavitäten, wie wir sagen, die dazu dienen mittels elektrischenFeldern, Energie an die Teilchen zu übergeben und sie zu beschleunigen.Und andererseits gibt es Quadrupole, die sind magnetischer Natur,das heißt wir haben ein magnetisches Quadrupolfeld, das dazu dient die Teilchenzu fokussieren, horizontal und Transfersaal dafür zu sorgen, dass die eben nicht...Auseinanderlaufen und im Endeffekt verloren gehen.
Tim Pritlove
Die werden sozusagen durch Magnetfelder so eingerahmt und in Spur gesetzt.
Alexander Huschauer
Alles passiert natürlich in einer Vakuumkammer, weil wir möglichst wenig Kollisionenmit dem Restgas haben möchten, um die Anzahl der Teilchen relativ hoch zu halten.Dementsprechend bewegen sich die Teilchen in einer Vakuumkammer und außen herumsind eben diese magnetischen Felder und teilweise gibt es dann Öffnungen inden Vakuumkammern, wo eben diese elektrischen Felder wirken und die Teilchen beschleunigen können.
Tim Pritlove
Ich hab jetzt noch nicht so ganz verstanden, warum man jetzt erstmal noch einenElektron hinzufügt und dann aus dieser Quelle diese, wie nennt man das dann,wenn das Proton mit zwei Elektronen versorgt ist?
Alexander Huschauer
Das negativ geladene Wasserstoffatom.
Tim Pritlove
Das negativ geladene Wasserstoffatom. Das ist ja eigentlich nicht das,was wir auf die Reise schicken wollen. Warum wird denn das rausgezogen? Noch nicht.
Alexander Huschauer
Wir hatten auch bis 2018 haben wir rein Protonen beschleunigt und zwischen 2019und 2020 gab es hier ein Upgrade-Programm,wo viele der Beschleuniger in ihrer Leistungsfähigkeit verbessert wurden undeiner der Schritte war eben diesen neuen Linak, diesen neuen Linearbeschleunigerzu installieren, der H-, negativgeladene Wasserstoffatome, beschleunigt.Und das ist dazu da, dass man dann eigentlich in der nächsten Maschine,der erste Ringbeschleuniger ist, die Teilchendichte erhöhen kann und somit einegrößere Anzahl von Teilchen in einer kleineren Fläche zusammenpacken kann.Weil das ist das, was im Endeffekt bei Experimenten wie beim LHC zählt.Es ist, dass man möglichst viele Kollisionen zusammenbekommt.Und wie bekommt man mehr und mehr Kollisionen zusammen? indem man einerseitsdie Anzahl der Teilchen erhöht oder andererseits die Strahldimensionen verkleinert,damit, wenn man sie aufeinander schießt, möglichst viele Teilchen miteinander kollidieren.Das heißt wir gehen dann durch diesen Linak, wo Stück für Stück die Energieder Teilchen erhöht wird mit verschiedenen Kavitäten,verschiedenen Arten von Kavitäten und am Ende der Quelle haben wir zum Beispiel45 Kiloelektronenvolt an Energie.Das heißt, die Quelle hat 45 Kilowolt und wenn die Ladung da durchgeht,dann spricht man davon, dass die Teilchen auf 45 Kiloelektronenvolt beschleunigt wurden.Im Prinzip, wenn man sich eine Batterie hernimmt mit einem Volt,ein Teilchen, das von einem Volt beschleunigt wird, hätte am Ende einen Elektronenvolt.Und das sind diese Energieskalen, die wir am CERN verwenden,um unsere Beschleuniger zu definieren.Welche Größenordnungen von Energien, die im Prinzip den Teilchen geben können.Jetzt sind wir am Ende dieses Linux, sind wir von den 45 kEV am Beginn zu 160Megaelektronenvolt, 160 MeV gekommen.Und dann gehen wir in die erste Transferlinie.
Tim Pritlove
Warte mal kurz. Das Beschleunigen mit diesen Hohlräumen, diesen Kavitäten,was genau beschleunigt denn jetzt diese Elemente?Also was führt dazu, dass sie schneller unterwegs sind? Weil da muss ja irgendwieEnergie übertragen werden und nur so ein Magnetfelder nebenhalten allein reichtja nicht. Das ist zum Ablenken vielleicht ganz gut und zum Ausrichten,aber da wird man ja noch nicht automatisch schneller von.
Alexander Huschauer
Da wird man überhaupt nicht schneller davon, ganz genau. Deswegen braucht man elektrische Felder.Mit Magnetfeldern können wir die Teilchen manipulieren. Wir können sie ebenfokussieren oder auch auf Kreisbahnen lenken.Aber dann brauchen wir elektrische Felder, um wirklich die Energie der Teilchen erhöhen zu können.Sprich, man muss sich das so vorstellen, dass wir oszillierende elektrischeFelder haben Und die Teilchen im Prinzip.Angesorgt werden von diesem elektrischen Feld, wenn es die richtige Polaritäthat, je nachdem welche Ladung.Sprich, wir haben einen negativ geladenen Wasserstoff, der wird von einem positivenelektrischen Feld angezogen.Danach wird das umgepolt, sodass das Feld negativ wird, wenn das geladene Teilchenvorbei ist und dann wieder abgestoßen wird.Und so müssen wir schön synchronisiert Stück für Stück entlang des Beschleunigers dafür sorgen,dass diese Polaritäten der Felder immer so sind, dass wir im Endeffekt einekontinuierliche Beschleunigung entlang der Maschine erhalten.
Tim Pritlove
Also im Prinzip wie bei einer Schaukel, wo man dann auch im richtigen Momentsein Gewicht so verlagert,dass man dann immer genau schiebt, wenn man es braucht und sich nach vorne verlegtzurück und dadurch quasi die eigene Bewegungsenergie, Also wenn man sie richtigtimet, auf die Schaukel überträgt und dann schaukelt es immer schneller.
Alexander Huschauer
Ganz genau und wenn man sie falsch timet, dann bleibt das Teilchen stehen.
Tim Pritlove
Okay, verstehe. Und das machen diese Hohlraum- Hochfrequenz-Kavitäten.Hochfrequenz-Kavitäten.
Alexander Huschauer
Weil sie eben mit sehr hohen Frequenzen arbeiten. In dem LIMNAC zum Beispielmit 350 Megahertz oszilliert dieses elektrische Feld dann.
Tim Pritlove
Aber wie synchronisiert sich denn dann dieses elektrische Feld?Da muss man ja quasi sehr genau wissen wie schnell das Teilchen schon ist.Muss man das messen oder ergibt sich das?
Alexander Huschauer
Im Linac ist das ein Teil des Designs der Maschine.Man muss sagen im Prinzip gibt es da einen sogenannten Driftube Linac.Das heißt, die Teilchen fliegen durch kleine Röhrchen, in denen sie abgeschirmtwerden von dem elektrischen Feld. Und währenddem sie abgeschirmt werden, wird das Feld umgepolt.So, dass wenn das Teilchen am Ende dieser Röhre herauskommt,es genau wieder beschleunigt wird, weil das Feld die richtige Polarität hat.Dann gibt es aber jetzt nicht nur eine so eine Röhre in so einem Linearbeschleuniger, es gibt viele.Und die Teilchen werden schneller und schneller und schneller.Die Frequenz dieses elektrischen Felds bleibt aber konstant.Dementsprechend müssen diese Röhren, in denen die Teilchen abgeschirmt werden,auch immer länger und länger werden. Also im Inneren so eines Drift-Tube-Linux.Und ja, so ist das eine Anordnung von verschiedenen Röhren, wo dazwischen dannBeschleunigung stattfindet in einem Linearbeschleuniger, in einem Kreisbeschleunigersieht das Ganze wieder ein bisschen anders aus.
Tim Pritlove
Okay, aber der Linearbeschleuniger ist jetzt sozusagen erstmal dafür da,die Source erstmal anzuzapfen, überhaupt erstmal die Teilchen,die man haben will, die man beschleunigen möchte, rauszunehmen und dann ebenüber diese Methodik erstmal auf so eine Grundgeschwindigkeit zu bringen und nicht nur das,sondern auch gerade auszurichten, dass sie einfach eine klare Richtung habenund das sowohl in horizontaler, als auch in vertikaler Sicht.Also man weiß, wo man hinschießt und man weiß, wie schnell man schießt und woder Strahl sich befindet und dann kann es eigentlich erst so richtig losgehen.
Alexander Huschauer
Und man weiß auch, welche Größe der Strahl hat. Das ist wesentlich nachher fürdie Experimente und welche Energie. Also das natürlich geht mit der Geschwindigkeit einigermaßen.
Tim Pritlove
Aber nicht alle Detektoren schreienja jetzt nach Wasserstoffatomen oder beziehungsweise nach Protonen.
Alexander Huschauer
Aber der Großteil, sagen wir mal, also wir haben eben den Großteil des Jahresam CERN machen wir Protonenphysik.Wir machen meistens am Ende des Jahres, haben wir einen Monat Ionenphysik,wo wir dann Bleionen verwenden. Aber den Rest des Jahres machen wir eigentlich immer Protonenphysik.Natürlich ist es dann so, dass die Experimente selbst nicht unbedingt die Protonenbrauchen, aber aus den Protonen werden eventuelle Sekundärteilchen erzeugt,die dann wirklich von den Experimenten verwendet werden.
Tim Pritlove
Und das Blei, wo kommt das her?
Alexander Huschauer
Das kommt aus einer anderen Quelle. Also im Prinzip gibt es diese Wasserstoffquelle,es gibt eine Bleiquelle mit einem anderen Linak.Dort funktioniert das ein bisschen anders, da gibt es so ein kleines Stück 10Gramm schwerer Blei, das aufgeheizt wird, wo dann diese Bleiatome eben in eine Kammer hineinkommen.Dort auch wird wieder ein Plasma angeregt, in dem man mit Mikrowellen die ganze Struktur anregt.Die Teilchen dazu führen, dass sie ionisiert werden und dort werden die dannaus einer Quelle genauso herausgesaugt und in einen anderen Linang,der ein bisschen anders funktioniert, aber vom Prinzip her das gleiche ist,Teilchen beschleunigen, Strahlgröße definieren, vorbereitet.
Tim Pritlove
Also man macht sich quasi durch Hitze so eine Art Bleigas und dann geht es wenig weiter.
Alexander Huschauer
Absolut, genau. Und am Ende dieser Linearbeschleuniger gibt es dann eine Transferlinie,die jeweils zu dem ersten Ringbeschleuniger die Teilchen bringt.Und wenn wir zurück in zu der Protonenkette, dann ist nach dem LINAK 4,der eben unser erster Beschleuniger ist, der diesen Wasserstoff beschleunigt.
Tim Pritlove
Wenn er der erste ist, warum heißt er dann 4?
Alexander Huschauer
Ja, weil es davor 1, 2 gab. 3 ist der für die Ionen und 4 ist der neue,der jetzt eben 2019 quasi in Betrieb genommen wurde.
Tim Pritlove
Also die die neueste Version.
Alexander Huschauer
Und dann gehen wir hinein in den Booster, den Proton-Synchrotron-Booster,der die erste kreisförmige Maschine ist.Unsere Kreisbeschleuniger, die nennen wir Synchrotron. Da sage ich dann auchnochmal dazu vielleicht warum genau. Also gehen wir zu den Bestandteilen,die wir brauchen. Beim LINAC hatten wir jetzt schon die Hochfrequenz-Kavitätenund Quadrupole zum Fokussieren.Ein wesentlicher Bestandteil für einen Ringbeschleuniger fehlt uns jetzt noch,das sind die Dipolmagnete.Dipolmagnete haben ein konstantes magnetisches Feld und geladene Teilchen ineinem Dipolmagnet werden auf eine Kreisbahn gelenkt.Und das ist eben das, was es uns ermöglicht, die Teilchen im Kreis zu senden,in sogenannten Synchrotrons, in diesen Kreisbeschleunigern.Und mit diesen Quadrupolmagneten kommt es auch in diesen Maschinen zur transversalenFokussierung und dann gibt es eben noch genauso Hochfrequenz-Kavitäten in denMaschinen, die auch dort dazu führen, dass die Teilchen beschleunigt werden.Es ist ein großer Unterschied aber zum LINAK, weil beim LINAK gehen diese Teilchendurch zum Beispiel beim LINAK 4 86 Meter einmal durch.Die werden einfach einmal beschleunigt und dann ist die Beschleunigung dort erledigt.Bei dem Kreisbeschleuniger nützt man jetzt aus, dass man wesentlich kleinereelektrische Spannungen hat, kleinere Beschleunigung bekommt,aber dafür eben oftmals im Kreis geht. Und jedes Mal, wenn das Teilchen vorbeikommt,wenn es im Kreis geht, wird es mehr und mehr und mehr beschleunigt.Wenn es jetzt mehr beschleunigt wird, sagen wir auch, dass es im Prinzip morerigid wird, rigider, und Es lässt sich.Also die Ablenkung in einem gleichbleibenden Magnetfeld wird immer weniger und weniger.Um ein Teilchen, das immer höhere und höhere Energie bekommt,weiterhin auf einer gleichen Kreisbahn halten zu können,muss man auch das Magnetfeld der Dipole nach oben fahren, so damit eben derKreisbeschleuniger hat eben eine Vakuumkammer und die Teilchen müssen idealerweiseim Zentrum dieser Vakuumkammer bleiben.Wenn sie davon zu weit ausgelenkt werden, dann werden sie irgendwann die Kammertreffen und dann sind sie weg.Und deswegen heißen die Maschinen Synchrotron, weil synchron mit der Beschleunigungmuss man das Magnetfeld der Dipole und im weiteren Sinne auch der Quadropoleerhöhen, damit man die Teilchen auf der gleichen Kreisbahn halten kann.
Tim Pritlove
Und die erhöht man, indem man da mehr Strom reinsteckt?
Alexander Huschauer
Für die Magnete, ganz genau. Konventionelle Magnete, Eisenmagnete,die wir hier verwenden, die gehen so bis 1,2 Tesla Magnetfeld hinauf.Das sind normal leitende dann.Und wenn man dann an den LAC schaut, dann verwenden wir dort eben supraleitendeMagnete, wo wir 8,3 Tesla Magnetfelder erzeugen können, die mit konventionellenEisenmagneten nicht mehr erreichbar sind.
Tim Pritlove
Also das mit dem Ring ist ja eigentlich eine ganz pfiffige Nummer,weil sonst müsste man es ja quasi einmal um die Erde schicken,wäre auch ganz schön, wäre ein echt toller Ring, aber kriegt man irgendwie nicht so richtig gebaut.Heißt aber auch, wenn man es einmal in den Ring reinschickt,dann möchte man es ja auch irgendwann aus dem Ring wieder rauskriegen,da gibt es ja dann sozusagen eine Kreuzung, da muss ja dann irgendwo auch maleine Weiche gestellt werden und vor allem, vielleicht kannst du uns auch gleichmal so ein Gefühl für die Zeit geben, in der sich das jetzt alles abspielt.Also klar das Teilchen kommt aus dem Linearbeschleuniger, das macht halt zack,dann ist es halt irgendwie schon in diesem Synchrotron.Wie lange dauert das jetzt bis man das auf die gewünschte erste Zwischengeschwindigkeit bekommt?Ist das dann auch nur zack und dann war's oder reden wir von Sekunden?
Alexander Huschauer
Sekunden, Sekunden in dem Fall. Also wir sprechen da immer von einer sogenanntenBasic Period, das ist so quasi der Herzschlag aller unserer Beschleuniger, das ist 1,2 Sekunden.Alle 1,2 Sekunden kann unser erster Beschleuniger, erster Synchrotron der Boostereben Strahl liefern an entweder eins der Experimente, das direkt an dem Boosterdran hängt oder an die nächsten Beschleuniger in der Kette.Und innerhalb dieser 1,2 Sekunden passiert jetzt eben, dass der LINAC injiziert.Danach werden die Teilchen beschleunigt, also das Magnetfeld im Booster wirdnach oben gefahren, bis wir von der Injektionsenergie von 160 MeV auf 2 GeV kommen.An diesem Punkt würden dann die Strahlen aus der Maschine extrahiert werden,zu der nächsten Maschine zum Beispiel. Und danach muss natürlich das Magnetfeldauch wieder runtergefahren werden, damit man bereit ist für die nächste Injektion.Und das nennen wir einen magnetischen Zyklus.Injektion, Extraktion, wieder runterfahren, vorbereiten für die nächste Injektion.Und das passiert eben alle 1,2 Sekunden.Und die Beschleuniger, die dann dahinter stehen, Die können,die Länge des magnetischen Zyklus kann im Prinzip ein Vielfaches dieser 1,2 Sekunden sein.
Tim Pritlove
Die Rausführung ist dann sozusagen am Ende auch nur ein anders geschalteterMagnet, der dann sozusagen das Teilchen nicht weiter in dieser Kreisbahn hält,sondern einfach frei schießen lässt und dann schießt es einfach gerade rauf.
Alexander Huschauer
Wir nennen diese Elemente Kicker. Die kicken den Beam aus der Maschine raus.Die sind im Prinzip schnelle Magnete, weil diese Dipole, die wir im Ring haben,diese Hauptdipole, die ändern ihr Magnetfeld relativ langsam, über Millisekunden.Also im Bereich von Millisekunden ändert man das Feld um, wir sprechen da vonGauss, 10 hoch minus 4 Tesla.Und dann sind das 10-20 Gauss, die sich da in der Millisekunde ändern.Um den Strahl jetzt aber aus der Maschine zu extrahieren, wir sprechen da vonUmlaufzeiten, die im Mikrosekundenbereich sind. Das heißt viel schneller.Deswegen braucht man schnell gepulste Magnete, eben diese Kicker,die so ein, zwei Mikrosekunden lang ein Magnetfeld aufbauen und den Strahl wirklichdann rauskicken, durch ein sogenanntes Septum.Also im Ring selbst befindet sich so ein Kicker und dann geht der Strahl durchein Septum durch, das wiederum nichts anderes als ein Magnet ist,das dazu führt, dass der Strahl dann ausgelenkt wird in die Transferlinie.
Tim Pritlove
Okay, ich hätte jetzt vielleicht als erstes erstmal erwartet,dass man einfach einen dieser Magneten, die das im Ring halten,einfach ausschaltet und dann schießt das gerade aus, aber das ist nicht so,weil die halt eben langsam sind und insofern dafür geeignet sind.Das heißt man hat noch so einen zwischengeschalteten Kickermagneten,der das daher einfach rausboxt.
Alexander Huschauer
Genau, es gibt viele zusätzliche Magnete in einem Beschleuniger.Es gibt immer die Hauptdipole, es gibt die Hauptquadrupole, die eben für dietransversale Fokussierung da sind.Es gibt die Hochfrequenzkapitäten, es gibt diese Kicker, es gibt die Scepter,das sind eben diese Elemente zum Extrahieren direkt.Es gibt Messinstrumente, man möchte wissen,wie viel Intensität, wie viele Teilchen laufen um in meinem Ring,welche Größe haben die, sprich ich kann die transversale Größe messen und vieleandere Elemente. Es gibt Positionen.
Tim Pritlove
Wie viel ist da drin?
Alexander Huschauer
Mit einer Spule im Prinzip, die rundherum gewickelt ist, um deine Vakuumkammer.
Tim Pritlove
Achso, weil das Teilchen da durchfliegt, dann erzeugt es natürlich einen Strom.
Alexander Huschauer
Genau, das nennen wir Beam Current Transformer. Also da wird einfach ein Strominduziert, der der Anzahl der Teilchen proportional ist.Und genauso kann man transversal die Größe messen des Strahls.Das machen wir mit einem Draht, der durch den Strahl durchgeht,sogenannter Wire Scanner.Das heißt, der wird von links nach rechts oder oben nach unten durch den Strahl durchbewegt.Dieser Draht ist eigentlich so ein Kohlenstoffdraht, die Teilchen kollidierenmit diesem Kohlenstoffdraht.Wird dann dazu geführt, dass Sekundärteilchen erzeugt werden.Die werden von einem Sintellator gemessen, das wird verstärkt und das Signalist dann proportional zur Größe deines Strahls. Und du kannst sagen,okay, dieser Strahl in den kleineren Maschinen ist vielleicht einen Zentimeter groß.Im LHC, wenn es dann wirklich sehr klein wird, dann ist er halt ein paar hundert Mikrometer groß.
Tim Pritlove
Eben Durchmesser?
Alexander Huschauer
Genau. Das ist nämlich auch ein wesentlicher Punkt. Je höher die Energie ist,umso kleiner werden die Dimensionen der Teilchen.Dementsprechend hat man auch bei den ersten Beschleunigern Vakuumkammern,die extrem groß sind, weil diese Strahlen halt noch sehr divergent sind.Und da reden wir von ein paar Zentimetern.Dies können schon mal so sein, so 15 Zentimeter in der horizontalen Richtungund 7, 8 Zentimeter in der vertikalen Richtung.Während dann im LHC die Kammer halt wesentlich kleiner ist und hat dann nureinen Durchmesser von so 4 Zentimetern ungefähr.
Tim Pritlove
Aber nicht die Teilchen selber sind kleiner, sondern der Strahl in dem sie gebündelt sind ist kleiner.
Alexander Huschauer
Also im Prinzip der Leerraum zwischen den Teilchen verschwindet.
Tim Pritlove
Ok, verstehe.Ok, also wir haben jetzt die Quelle gehabt, wir haben die lineare Beschleunigunggehabt, dort ging es ins Synchrotron rein, dann hat man 1,2 Sekunden Zeit dasmal ordentlich in Rotation zu bringen.Das wird mit diesen langsamen Magneten, also verhältnismäßig langsamen Magnetengemacht und dann mit dem Kicker werden sie raus aus ihrer Flugbahn ein wenig abgelenkt,um dann von diesem Septum Element, was macht denn das überhaupt?
Alexander Huschauer
Ist wieder im Prinzip ein Dipole, ein schnell gepulster Genuss.
Tim Pritlove
Also nochmal ein Magnet.
Alexander Huschauer
Nochmal ein Magnet.
Tim Pritlove
Aber reicht der Kicker alleine nicht schon? Ich meine, wenn er kickt,dann fliegt das doch schon woanders hin. Wozu braucht man dann noch einen?
Alexander Huschauer
Dann fliegt es woanders hin, aber man muss in der Maschine, muss man sich vorstellen,aus dem einerseits den zirkulierenden Strahl hat.Und dann hat man den extrahierten Strahl. Wenn dieses Septum jetzt im Zentrumder Maschine sein würde, würde dort der zirkulierende Strahl sich bewegen undder Strahl würde im Prinzip jedes Mal aus der Maschine ausgelenkt werden.Aus dem Grund ist dieser Septum-Magnet mit einigem Abstand zum Zentrum der Maschine,also ein paar Zentimeter außerhalb, installiert.Dann verwendet man den Kicker, dass der Beam von der zentralen,idealen Orbit eben ausgelenkt wirdund dann in die Öffnung von diesem Septum hineingetroffen wird und nur dortsieht der Strahl dann wirklich das Magnetfeld von dem Septum,so dass der zirkulierende Strahl während dieser ganzen 1,2 Sekunden nie vondiesem Feld, das in dem Septum wirkt, beeinflusst wird.Und erst dann, wenn der Strahl zu hohen Amplituden gekickt wurde,dann sieht der Strahl dort das Magnetfeld, wird ausgelenkt und dann geht esweiter in der Transferlinie.
Tim Pritlove
Okay, also weiter in der Transferlinie.Was folgt denn auf dieses Synchrotron? Gibt es da nur eins von oder hat jederLinearbeschleuniger sein eigenes?
Alexander Huschauer
Da gibt es ein paar. Das ist eben die Beschleunigerkette. Es gibt einen Linearbeschleuniger,dann gehen wir in einen Proton-Synchrotron-Booster, von dort gehen wir in dasProtonen-Synchrotron, dann in das Super-Protonen-Synchrotron und dann in den LAC.
Tim Pritlove
Okay, also es gibt im Prinzip eine Kaskade von mehr oder weniger ähnlich aufgebautenDingern, die aber unterschiedliche Größen, andere Magnete, andere Dimensionierungenhaben und dabei immer wieder die Energie weiter steigern.
Alexander Huschauer
Genau, so Pi mal Dormen ist so ein Faktor 10 Energieerhöhung pro Maschine möglich.
Tim Pritlove
Okay, wie groß sind diese einzelnen Synchrotrone dann so im Durchmesser?
Alexander Huschauer
Also der Booster hat einen Radius von 25 Metern mit einer Länge von 157 Metern,der PS 628 Meter Länge, SPS 7 Kilometer und LAC dann 27 Kilometer Länge.Und zum Beispiel, wenn man sich den PS hernimmt mit einem Radius von 100 Meternund den Proton-Synchrotron-Booster mit einem Radius von 25 Metern,da sieht man genau da, dass da eben ein Faktor 4 dazwischen ist,weil in den Anfängen des ZERNs gab es den LINAK, der direkt in den PS injiziert hatte.Und zwischen dann irgendwann in den 70er Jahren, um die Energie zu boosten,wurde der Booster dazwischen geschaltet.Und der hat dann eben dazu geführt, dass die Strahlen, die in den PS injiziertwerden, höhere Energie haben, als sie ursprünglich vom Linnak hatten.Und das erlaubt einem höhere Strahldichten zu erzeugen, also mehr Teilchen inkleinerer Fläche, um dann effizientere Experimente durchführen zu können.
Tim Pritlove
So, das waren jetzt vier Synchrotrone, die wir aufgezählt haben.
Alexander Huschauer
Ganz genau.
Tim Pritlove
Aber der Booster gehört jetzt nicht dazu?
Alexander Huschauer
Doch, doch. Booster, PS, SPS und LAC.
Tim Pritlove
Okay, Booster, PS, SPS, LRC. Jetzt kriegst du langsam auf die Kette hier imwahrsten Sinne des Wortes.Und es folgt auch nur noch Synchrotron auf Synchrotron, also die Verbindungist sozusagen dann unmittelbar.Vom Booster fliegt es auch direkt in den nächsten Ring rein.
Alexander Huschauer
Jeder dieser Beschleuniger hat zusätzlich seine experimentelle Zone,Experimental Area nennen wir das, wo genauso Physikexperimente durchgeführt werden.Also einerseits kann der Strahl zur nächsten Maschine kommen,andererseits kann der Strahl zu diesen Experimenten direkt ausgelenkt werden.
Tim Pritlove
Für Experimente, die jetzt nicht so viel Energie brauchen.
Alexander Huschauer
Ganz genau, ganz genau. Gibt es verschiedenste. Eben je nach Energiebedarf sindsie dann an einem anderen Beschleuniger angesiedelt Und die nennt man FixedTarget Experimente, sprich man schießt den Strahl auf ein feststehendes Ziel,ein Metallblock in der Regel, und dahinter werden sekundäre Strahlen erzeugt.Und je nachdem welches Experiment dort angeordnet ist, filtert es dann die Sekundärteilchen aus, Die,benützt werden für das jeweilige Experiment und macht dann damit weitere Untersuchungenoder der Strahl geht eben weiter zum nächsten Beschleuniger,wo einfach die Energie erhöht wird und dann geht es weiter zum nächsten odereben zu der anderen Experimental Area.
Tim Pritlove
Das kann man sozusagen je nach Experimentbedarf entsprechend timen,dass man weiß so hier jetzt muss man da was machen und jetzt brauchen wir es in dem großen,Es ist nicht so, dass nur eine dieser Konstellationen gleichzeitig funktionieren kann,sondern die werden sozusagen die ganze Zeit alle parallel bedient,dass es mehr oder weniger gleichzeitig, nebenläufig funktionieren kann.
Alexander Huschauer
Ganz genau, das ist relativ flexibel. Also wir haben diese 1,2 Sekunden,in denen der Boosterstrahl produzieren kann,dann geht der Strahl zum Beispiel zum PS weiter und kann dort innerhalb von1,2 Sekunden wiederum extrahiert werden, ausgelenkt zu einem der Experimente.Zum Beispiel gibt es EntOF, Neutron Time of Flight, wo Neutronenphysik gemacht wird.Oder, es ist nicht immer im PS dann 1,2 Sekunden, manchmal muss man auch umdie Energie weiter zu erhöhen, 2,4 Sekunden oder 3,6 Sekunden machen.Also diese Basic Period von 1,2 Sekunden einfach zusammenpacken in längere magnetische Zyklen.Und dann kann man Strahl weiter senden zum Beispiel zu unserer Antimaterie Maschine,dem Antiproton Decelerator oder zum Superprotonen Synchrotron,wo dann im weiteren die Strahlen zum LAC.Für den LHC produziert werden, aber das geht eben relativ flexibel.Also einmal gibt es einen Strahl für ENTOF, einmal gibt es einen Strahl fürAD, einmal gibt es einen Strahl zum SPS.Danach hat wieder nur der Booster Strahl und schickt das zu seiner Facility,die ist die Isolde Facility, wo Isotope und exotische Atomkerne untersucht werden.Und das ist relativ flexibel und all das wird immer und wieder abgespielt ineiner Konstellation, die wir Super Cycle nennen.Also man hat zum Beispiel eine Programmierung von 20 verschiedenen magnetischen Zyklen,die werden abgespeichert, da gibt es das Haupt-Timing-System,das ist dafür zuständig, dass all diese Dinge eben der Reihe nach abgespieltwerden und nach 30 Sekunden beginnt es wieder vom Neuen und die gleichen Userbekommen wiederum ihren Strahl.Das heißt, was bei uns wichtig ist, ist dann der sogenannte Duty-Cycle,wie viel Strahl bekommt welches Experiment zu welchem Zeitpunkt.Und das ist halt ein bisschen ein Verhandlungsgeschick im Hintergrund und dagibt es natürlich gibt es da vom CERN Council dann auch Prioritäten,welche Experimente sollten wie viel Strahlzeit bekommen über das Jahr verteilt.Dann gibt es den Physikkoordinator, der sich dafür dann einsetzt,dass die Interessen der Experimente richtig vertreten werden.Und gemeinsam mit der Operation entwickelt man dann eben so ein Schema,wie man diesen Beschleunigerkomplex betreibt, sodass im Endeffekt jeder glücklich wird.
Tim Pritlove
Also vergleichbar mit so der Zuteilung von Beobachtungszeit auf Weltraumteleskopen,wo sich ja auch mal alle boxen, wer denn jetzt mal wann wohin gucken kann.Aber das lässt sich ja hier ganz gut aufteilen zumindest. Aber irgendwann istnatürlich dann auch jeder Strahl vergeben und dann geht's los das Geboxe.
Alexander Huschauer
Stimmt ja.
Tim Pritlove
Was sind denn exotische Atomkerne?Gibt es welche, die so ein bisschen aus der Mode gekommen sind oder die nichtso oft angeschaut werden?
Alexander Huschauer
Ja vor allem die sehr kurzlebig sind. Das sind dann Teilchen,die wirklich unter Lava-Bedingungen erzeugt werden, die dann sehr kurzlebigsind, oft sehr schwer sind und dann gibt es eben die Isolde-Facility,die sich damit genauer dann beschäftigt und ansieht, wie sich diese Teilchen verhalten.
Tim Pritlove
Diese vier Synchrotrone sind ja vermutlich auch alle mehr oder weniger in derReihenfolge gebaut worden. Mit dem kleinsten hat es mal angefangen und dannist man immer größer geworden, bis es halt jetzt bis zu dem LHC gekommen ist.Und es gibt ja auch schon Pläne für noch größere Ausdehnungen.Sind denn die technischen Unterschiededieser 4 Synchrotoner dürften wahrscheinlich auch signifikant sein?Also einerseits, also das Prinzip ist immer das gleiche, aber die konkrete Ausführung ist anders.
Alexander Huschauer
Genau, also die Art und Weise dieser Hauptmagnete.Die ändert sich von Maschine zu Maschine. Im Booster, im PS und im SPS verwendenwir eben immer noch normal leitende Magnete, während im LAC dann supra leitendeMagnete verwendet werden.Die Energie, die maximale Energie, die man erreichen kann in einer Maschine,hängt eben ab von dem maximalen Magnetfeld, das man erreichen kann und von demDurchmesser der Maschine.Dementsprechend braucht man, um zu den höchsten Energien zu kommen, große Tunnel.
Tim Pritlove
Warum ist denn der Durchmesser entscheidend? Man könnte doch im Prinzip sagen,man kann sich die ganze Zeit im Kreis drehen, wird immer schneller.
Alexander Huschauer
Aber irgendwann, das ist eben das Prinzip des Synchrotrons, sie werden immerenergetischer und energetischer, wenn das Magnetfeld nicht mehr mitfahren kann,dann kannst du sie irgendwann nicht mehr auf der Kreisbahn halten.Und deswegen mit normalen Leitungen.
Tim Pritlove
Man muss die Krümmung reduzieren, damit man es überhaupt noch halten kann,trotz höherer Energien.
Alexander Huschauer
Ganz genau. Und wenn wir dann vielleicht ein bisschen zur Supraleitung gehen, zum LHC.
Tim Pritlove
Das ist nur dort so.
Alexander Huschauer
Es gibt verschiedenste kleinere Installationen, wo einzelne Magnete supraleitendsind am CERN, aber wirklich am LHC sind die Hauptmagnete wirklich supraleitend.Also da gibt es 1232 Dipole, die installiert sind. Jeder ist 15 Meter lang und die sind supraleitend.Sprich, da ist nicht mehr das Eisen dafür zuständig,dass die magnetische Feldlinienverteilung vorgegeben wird, sondern diese supraleitendenKabel, die im Inneren der Dipole angeordnet sind, sind auf eine bestimmte Artund Weise angeordnet, dass eben ein Dipolemagnetfeld entsteht.Und um in diesen supraleitenden Zustand zu kommen, muss man die Magnete kühlen.Weil im Falle vom LAC wird er betrieben bei minus 271 Grad Celsius bei 1,9 Kelvin.Diese Kabel, die da verwendet werden, sind aus Niobium-Titan,die unterhalb einer bestimmten Temperatur superleitend werden,was eben heißt, dass sie ihren elektrischen Widerstand verlieren und dass hoheStröme, so wie im LHC, bis zu 12.000,Ampere, ungehindert fließen können. Aber dafür muss diese Superleitung permanentaufrechterhalten werden.Was heißt, diese Magnete müssen mit flüssigem Helium gekühlt werden,um eben auf 1,9 Kelvin Arbeitstemperatur gehalten zu werden.Da kann man sich schon vorstellen, dass da eine riesige Infrastruktur dahintersteckt, um dieses Helium zur Verfügung zu stellen, abzukühlen,in die Magnete zu bringen und die Magnete runter zu kühlen.
Tim Pritlove
Ist flüssiges Helium nicht auch so total ätzend, dass man das überhaupt im Tankbehält? Also das kriecht doch auch überall durch, oder?
Alexander Huschauer
Es gibt dann natürlich, wir sprechen da von einer Cold Mass,das ist jener Teil des Magneten, der kalt ist, der gekühlt wird.Und der muss natürlich bestens abgeschirmt sein gegenüber der Außenwelt.Das ist dann in seinem sogenannten Kryostat.Da gibt es eine riesige Infrastruktur für die Kryotechnik.Und man muss natürlich aufpassen zwischen den Verbindungen der Magneten,dass alles extrem dicht ist, dass dort das Helium dann auch nicht irgendwo entweichen kann.
Tim Pritlove
Weil das tut es gerne, ne?
Alexander Huschauer
Ja, ich meine, es ist natürlich auch in unserem Interesse, es nicht entweichen zu lassen.Das ist natürlich eine 150 Tonnen vom Helium sind am CERN gespeichert und inVerwendung, rein für den LHC. Das ist natürlich ein riesiger Speicher,der auch einiges dann an Geld bindet, sag ich mal.Und dementsprechend muss man da wirklich effizient sein, dass das wiederverwendet wird.
Tim Pritlove
Aber wodurch wird diese Kühlung realisiert?Also Helium muss ja erstmal gekühlt werden, das ist ja nur das Übertragungsmedium an der Stelle.
Alexander Huschauer
Da gibt es eben in dieser Kryotechnik verschiedene Kompressoren und Wärmetauscherund Stickstoff vor allem, der als erste Kühlstufe dient, um die Maschine dannrunter zu kühlen bis zu 80 Kelvin.Und ab dann erst übernimmt das Helium auch die weitere Kühltätigkeit, sage ich mal.Und es ist vor allem, wenn mansich denkt, dass man diese Maschine von Raumtemperatur runterkühlen muss,minus 270 auf minus270 grad dann kommt es dann natürlich auch zuextremen mechanischen änderungen alsoim endeffekt verkürzt sich so eine lhc magnet beim abkühlen um bis zu vier zentimeterder ist wie groß normalerweise der ist eben so 15 meter lang 15 meter und wirdvier zentimeter also über die ganze maschine sprechen wir da schon von mehrals 50 metern dann ja und das muss ausgeglichen werden,auch von diesen Flanschen oder Bellows,die flexibel gestaltet werden müssen zwischen den verschiedenen Magneten,damit dort diese Längendilatation abgefangen werden kann.
Tim Pritlove
Wann ist der LHC das erste Mal in Betrieb gegangen?
Alexander Huschauer
Das erste Mal in Betrieb gegangen ist der 2008 und dann gab es einen kleinen Stopp 2008 bis 2009.
Tim Pritlove
Weil mit dem Magneten was schief gelaufen ist?
Alexander Huschauer
Genau, da ist in der ersten Phase, während einer Testphase ein bisschen was schief gelaufen.Da warst du aber noch nicht hier oder? Da war ich noch nicht hier. Ich bin seit 2011 hier.Aber da gab es einen, im Prinzip gab es einen elektrischen Kurzschluss in derVerbindung zweier Magnete.
Tim Pritlove
Ja.
Alexander Huschauer
Das hat dazu geführt, dass es dann einen Lichtbogen gab, der genau diese Verpackungdes Heliums dann mal durchtrennt hat.Das Helium dann begonnen hat dort auszutreten und eigentlich sind die Magnete,haben schon Sicherheitsvorkehrungen dafür eingebaut, dass sowas passiert.Aber das waren einfach Unmengen von Helium, die da ausgetreten sind.Diese ganzen Ventile, die da existieren, die waren nicht dafür ausgelegt.Und dementsprechend hat es dann eine riesige Druckwelle in der Maschine gegeben,als dieses flüssige Helium dann gasförmig geworden ist, durch diese Ventile austreten wollte.Der Druck hat sich immer weiter aufgebaut in diesem Kryostaten.Und dann hat es einfach dazu geführt, dass longitudinal entlang der Maschineeine extreme Druckwelle sich ausgebreitet hat und große Teile der Maschine einfach zerstört hat.Und da mussten dann auch so bis zu 50 Magnete ausgetauscht werden,was dann zu einem Stopp von einem Jahr geführt hat. Das Sicherheitssystem wurdeüberdacht und seitdem laufen wir dann auch wieder ohne Probleme.
Tim Pritlove
Also gebrannt hat er aber nichts. Nein, gebrannt hat er nichts.So eine reine mechanische Deformation, aber das ist ja auch schlimm genug bei diesen Geräten.Die kauft man ja auch nicht so von der Stange, die werden ja auch alle spezielldafür hergestellt. und da gab es dann wahrscheinlich auch keine mehr,die noch irgendwie auf Lager lagen.
Alexander Huschauer
Es gab da zum Glück noch Ersatzterrenner und Ersatzmagnete, absolut.
Tim Pritlove
Glück gehabt.
Alexander Huschauer
Glück im Unglück, das sagt gern.
Tim Pritlove
Ok, haben wir denn jetzt die Chain mehr oder weniger komplett?Wenn wir jetzt mal so die ganze Beschleunigung vielleicht noch mal kurz zusammenfassenvon der Quelle geht es durch den Linearbeschleuniger und da waren wir schonbei den Megaelektronenvolt oder waren das noch die Kilowatt?
Alexander Huschauer
160 Megaelektronenvolt und dann gehen wir in den Booster,da gehen wir zu 2 Gigaelektronenvolt, im Protonensynchrotron zu 26 Gigaelektronenvolt,im Superprotonensynchrotron zu 450 Gigaelektronenvolt Und dann schlussendlichim LHC zu 7 Teraelektronenvolt oder 7000 Gigaelektronenvolt Energie pro Strahl.Weil im LHC kollidieren wir zwei Strahlen aufeinander.Das heißt, vom SPS gibt es zwei Transferlinien, die einmal BIM1 und BIM2 in den LHC injizieren.Einmal läuft der Strahl im Uhrzeigersinn, einmal gegen den Uhrzeigersinn,in zwei unabhängigen Vakuumkammern.Und an den Interaktionspunkten, wo dann die großen Experimente angeordnet sind,dort werden die Strahlen dann vereint in eine einzelne Vakuumkammer und in Kollision gebracht.Diese Strahlen sind jetzt nicht kontinuierlich in der Maschine,die sind in Pakete zusammengefasst, die nennen wir Bunches.Particle-Proton-Bunches und im LHC haben diese Pakete 25 Nanosekunden Abstand.Also alle 25 Nanosekunden haben wir so ein Paket und insgesamt können wir so2800 dieser Pakete in der Maschine Speichern.Und in Kollision bringen.
Tim Pritlove
Speichern heißt im Ring behalten.
Alexander Huschauer
Im Ring behalten, weil das ist auch diese 1,2 Sekunden, über die wir gesprochenhaben, diese Basic Period, die trifft nicht wirklich auf den LHC zu.Der LHC ist einerseits eine Kollisionsmaschine, die eben Teilchen kollidierenlässt, aber andererseits auch ein sogenannter Speicherring, der die Protonenstrahlenüber Stunden speichern kann.Sprich die ganze Injektorenkette, die die sendet Strahl zum LHC,die füllt den LHC mit der Anzahl an Teilchen, Anzahl an Protonenpakete, die der LHC benötigt.Sobald dieses Füllen abgeschlossen ist, beginnt der LHC die Energie zu erhöhenvon den 450 GeV Injektionsenergie hoch auf diese 7 Teraelektronenvolt.Und danach beginnt man so eine Phase, in der verschiedene Maschinenparameterangepasst werden, um möglichst effizient nachher in Kollision gehen zu können.Und dann erst beginnt man Physik und das nennen wir dann Stable Beams,wenn die Strahlen eben stabil kollidieren und das kann mehrere Stunden dauern.Also der Rekord, dass die Strahlen im LHC gehalten wurden,sind um die 56 Stunden und so ein typischer Fill,also typische Dauer dieser Stable Beams ist so 8 bis 12 Stunden,in denen Kollisionen stattfinden, in denen die Direktoren dann die Kollisionsproduktemessen und langsam stetig nimmt dann die Teilchenanzahl in der Maschine ab,bis irgendwann nicht mehr genügend Teilchen vorhanden sind und dann wird dieMaschine eben neu gefüllt.
Tim Pritlove
Das heißt man, ich hab mir das glaube ich am Anfang so ein bisschen vorgestellt,für jede Kollision pumpt man einmal da so einen Strahl rein und dann ballertder anderthalb Sekunden später halt irgendwo drauf und das war's.Und wenn man wieder weitermachen will holt man sich halt einfach das nächste aus der Quelle.
Alexander Huschauer
Das ist halt ineffizient weil diese Rampe um von 450 GeV auf 7 TeraelektronenVolt zu kommen im LHC schon mal eine halbe Stunde dauert.
Tim Pritlove
Aha, das wäre meine nächste Frage gewesen, wie lange das eigentlich dauert.Eine halbe Stunde bis man auf die maximale Geschwindigkeit kommt.
Alexander Huschauer
Genau, bis man auf die maximale Energie ist.
Tim Pritlove
Das heißt, wie viel davon wird in den einzelnen der vier Ringe drauf verwendet?
Alexander Huschauer
Dieses Füllen, das dauert ungefähr eine halbe Stunde.
Tim Pritlove
Oder sind die alle im Prinzip gleichzeitig im Betrieb, die Ringe?
Alexander Huschauer
Die sind alle immer gleichzeitig in Betrieb. Die Strahlen für den LAC werdendurch die komplette Kette durchgesendet, in den LAC injiziert.Aber wir können immer nur eine bestimmte Anzahl von Teilchenpaketen erzeugen in den Injektoren.Sprich, wir brauchen viele Injektionen in den LAC von einer bestimmten Anzahl an Teilchenpaketen.Jetzt sagt man zum Beispiel, wir injizieren 144 Pakete von dem SPS in den LAC.Wir wollen im Endeffekt 2800 haben.Dementsprechend muss man diese Injektionen und diesen Prozess immer und immerwieder wiederholen, bis der LHC schlussendlich voll ist und erst wenn der LHCkomplett gefüllt ist, dann beginnt der LHC sein Energiereinschub.
Tim Pritlove
Also der wird sozusagen so richtig Druck betankt und so voll gemacht wie es irgendwie geht.Und was ist die Grenze dafür, wieviel Teilchen der aufnehmen kann und von wasfür einer Menge an Masse reden wir da?
Alexander Huschauer
Also so ein Protonen-Bunch, der hat 10 hoch 11 Teilchen.Also sind wir so bei 100 Milliarden Teilchen in einem solchen Bunch und dannhat man 2000 die da drinnen zirkulieren.Ist nicht viel. Ist nicht viel.
Tim Pritlove
Also nicht dass da jetzt Kilogramm Material rumfliegt, sondern eigentlich eher sehr sehr wenig.
Alexander Huschauer
Aber energetisch ist es extrem viel. Also die Energie, die in so einem Strahlgespeichert ist, vor allem bei der höchsten Energie im LHC, bei 7 TeV,die ist schon wirklich enorm.Und einerseits hängt das natürlich ab von der Ladung der Protonen,einerseits von der Anzahl der Teilchen, von der Anzahl der Bunche.Und da kann man dann schon sagen, dass wir so 500 Megajoule an Energie in einemStrahl speichern, was dann auch gefährlich für die Maschine werden kann.500 Megajoule kann man so eine Tonne Kupfer schmelzen.Wir machen oft den Vergleich so ein Hochgeschwindigkeitszug bei über 200 Kilometerpro Stunde hat ungefähr die gleiche gespeicherte Energie.Also kann man sich schon vorstellen, wenn der einen Unfall baut, was damit passiert.
Tim Pritlove
Ein Güterzug.Obwohl es sich quasi unbeschleunigt nur um wenige Gramm handeln würde sozusagen.
Alexander Huschauer
Also die Masse ist nicht das Problem, es ist wirklich die Energie.
Tim Pritlove
Ja klar, die Masse entsteht ja dann durch die Energie, ist ja letztlich das gleiche.Und diese Speicherung, gerade mit dem Beispiel,das war auch mal, was weiß ich, über zwei Tage da drin,das heißt, wenn man es einmal so beschleunigt hat mit diesen supraleitendenMagneten, Muss man dann auch nicht so viel Energie wieder hinzuführen,um das am Laufen zu halten oder muss das im Prinzip die ganze Zeit angetrieben werden?
Alexander Huschauer
Die Energie, die man braucht, ist jene,um das Helium kühl zu halten und um diese ganze Kryo-Anlage im Betrieb zu halten.Aber dann genau, dann haben wir keine resistiven Verluste, keinen Widerstandin den Spulen. Da zirkulieren die 11.000, 12.000 Ampere durch die Maschine.
Tim Pritlove
Weil es ja Supraleitend ist, also Hauptsache es ist kühl, aber die Kühlmaschinen,die fressen natürlich auch nochmal.
Alexander Huschauer
Absolut. Trotzdem haben wir im LHC dann einen konstanten Verbrauch von 40 Megawatt.
Tim Pritlove
40 Megawatt konstanter Verbrauch, solange der Ring in Betrieb ist.Ganz genau. Und wie oft, also ist der immer in Betrieb?
Alexander Huschauer
Gerade heute haben wir im Prinzip, oder gestern, die Commissioning-Phase vom LRC abgeschlossen.Sprich, er ist jetzt wirklich in den Physikbetrieb übergegangen und beginntjetzt langsam mit der Intensität und der Anzahl der Protonenpakete nach oben zu gehen.Das ist immer so ein, der Anfang des Jahres muss man immer wieder checken,dass wirklich alle Systeme richtig funktionieren und dass man dann langsam dieIntensität, die in der Maschine gespeichert wird, nach oben dreht,bis man eben dort ankommt, wo wir dann so gegen Ende Juni bis Ende des Jahres laufen.Und dann gibt es diese Winterstops, Wintershutdowns,und die sind dieses Jahr zum Beispiel von Ende Oktober Bis dann nächstes JahrFebruar, März, wo die Maschinen dann graduell wieder ans Netz gebracht werden.Vor allem im Winter, wenn auch der Strom relativ teuer ist, wird gestoppt.
Tim Pritlove
Deswegen?
Alexander Huschauer
Auch deswegen, absolut.
Tim Pritlove
Aber nicht nur deswegen?
Alexander Huschauer
Naja, einerseits braucht man natürlich Wartungsarbeiten, die jedes Jahr durchgeführt werden müssen,aber gerade auch mit den aktuellen Strompreisen und mit eventuellen Engpässenin der Stromlieferung und so stoppen wir auch früher, als wir normalerweise getan hätten.Also zum Beispiel dieses Jahr wird ein Jahr früher gestoppt,eben auch aus Energieeffizienzgründen.Und während dieser ganzen Zeit verbraucht der LAC diese 40 Megawatt und erstdann wirklich im Winter, wenn er abgeschaltet wird, dann geht dieser Verbrauch nach unten.
Tim Pritlove
Verstehe. Also der Grund,dass es abgeschaltet wird ist, man muss sowieso warten und man macht es dannam besten im Winter, weil dann spart man auch noch am meisten Strom und dannhaben manche auch noch ein bisschen Pause und man macht ja lieber einen Urlaubim Winter. Okay, verstehe.Kommt das eine und das andere zusammen.Eigentlich wollen doch alle nur Skifahren gehen.
Alexander Huschauer
Gibt es hier eine gute Infrastruktur. Hab ich auch gehört.
Tim Pritlove
Jetzt hast du erwähnt, es gibt ja diverse Punkte,an denen man, also sozusagen immer am Ausgang der kleineren Synchrotrone,da gibt es sozusagen die Möglichkeit Experimente zu fahren.Im reinen Kollisionsmodus, also sozusagen die Teilchen die beschleunigt sinddie treffen dann auf irgendwas auf, dieses Prinzip mit zwei Strahlen treffenaufeinander, das ist sozusagen LHC spezifisch, das geht nur in dem großen Ring.Jetzt gibt es ja glaube ich noch so eine Sonderzone, wo so Experimente aller Art angesiedelt sind.
Alexander Huschauer
Die North Zone oder die East Zone. North ist am SPS,East ist am PS, wo dann verschiedene User,wie wir die nennen, von außen hineinkommen können und verschiedenste Tests machen können,also zum Beispiel Materialien einfach bestrahlen, um zu sehen,wie sich die unter der Einwirkung von Protonenstrahlen oder Ionenstrahlen verhalten.Oder wirklich auch Grundlagenforschung zu machen, um sich anzusehen,wie zerfallen verschiedene Produkte, was sind die Zerfallsprodukte.Also einerseits gerade zum Beispiel dunkle Materie,natürlich einerseits gibt es die Forschung dafür am LHC,aber es gibt auch sehr viel Forschung in diesen ganzen experimentellen Zonen,wo man halt, nachdem die Möglichkeit der Masse dieser Teilchen,die zuständig sein können für die dunkle Materie, einen enormen Energiebereichspannen können, man nicht genau weiß, wo, in welchem Energiebereich sich diebefinden, sucht man im LHC danach, sucht man aber auch bei anderen Energien danach einfach.Und dafür sind diese verschiedenen Beschleuniger mit ihren unterschiedlichenEnergien wirklich bestens geeignet, wenn man verschiedene Experimente an verschiedenenBeschleunigern durchführen kann. Was jetzt das...Was der Unterschied ist zwischen diesen Kollisionsexperimenten und diesen Fixed-Target-Experimentenist, dass die Energien, die erreicht werden können, wesentlich geringer sind bei Fixed-Target.Man schießt den umlaufenden Strahl auf einen ruhenden Block.Da ist im Prinzip die Energie, die man erzeugt proportional zur Wurzel aus derEnergie der einfallenden Teilchen,während bei den zwei umlaufenden Strahlen einfach die doppelte Energie,die Energie jedes Strahles zählt und somit haben wir diese Kollisionen bei 7 TeV.Das führt zu einer Schwerpunktenergie von 14 TeV in beiden Strahlen und manhat halt viel mehr Energie zur Verfügung, die man in Materie umwandeln kann,als bei diesen Fixed-Target-Experimenten.
Tim Pritlove
Ok, Grundlagenforschung ist klar, das ist immer interessant und das steht jahier auch im Fokus. Aber es gibt auch andere Forschungen. Was ist das?Also Materialforschung, dass man in dem Bereich so einen Strahlenbeschleuniger auch benutzen kann?
Alexander Huschauer
Also wir haben zum Beispiel, wenn ich als Beispiel hernehme,die East Area am PS, dann gibt es dort eine sogenannte Test Facility und diewird auch dafür verwendet, dass all die großen LHC-Experimente, ATLAS, CMS, LS etc.Ihre Detektoren testen können und sehen, wie sich die Materialien,wie sich die Siliziumdetektoren verhalten unter Strahleinfluss.Also in diesem Sinne auf jeden Fall auch Materialtests für zukünftige Entwicklungender verschiedenen Bestandteile der Kette im Prinzip.Dann gibt es auch eine Facility, die nennt sich Heiratmat, wo wir mit hohenEnergien auf Materialien, auf verschiedensten Materialien die Strahlen schießen.Um dann eben einfach zu sehen, wie gut, wie, wie soll ich sagen,wie widerstandsfähig sind verschiedenste Materialien.Was für Schäden kann der Strahl erzeugen, abhängig von der Strahlgröße,von der Strahlintensität, von der Strahlenergie.Wenn wir verschiedenste Elemente im Beschleuniger einbauen, möchte man oft malneue Materialien ausprobieren und sehen, ob die vielleicht ein bisschen bessergeeignet sind für den jeweiligen Anwendungszweck. Das muss man vorher testen.Und dafür gibt es dann so eine Facility zum Beispiel. Dann gibt's...Unsere Antimaterie-Produktion mit dem Antiprotonen-Decelerator,ein Endschleuniger, der dazu führt, dass Teilchen langsamer werden.Also wie das dort funktioniert ist, man schießt wiederum Protonen auf einenMetallblock und filtert dahinter die Antiprotonen heraus.Das heißt, alle anderen Teilchen werden im Prinzip abgelenkt und weggeworfen,wenn man so möchte. Man filtert nur die Antiprotonen heraus.Die werden dann von einer speziellen weiteren Maschine, auch ein Synchrotron,das halt nicht Teil der Hauptkette ist, aber genauso ein Synchrotron ist,die werden von dort dann entschleunigt, zu einem weiteren kleinen Synchrotron geschickt vom AD,diesem Decelerator, zu Eleanor, der eine sehr geringe Energie am Ende hat unddort kommen wir zu antiprotonen Energien von nur 100 Kiloelektronenvolt.Also da sind wir dann quasi wieder von den Energien vergleichbar zum Beginnder Kette, wo wir die Protonen erzeugt haben.
Tim Pritlove
Gerade mal in der Source.
Alexander Huschauer
Genau, aber man braucht eben hohe Energien zu formen,die Antiprotonen zu erzeugen und dann möchte man sie aber extrem abbremsen,um sie einerseits untersuchen zu können und Vergleiche machen zu können zwischenAntiprotonen und Protonen.Andererseits aber auch einfach um Antivasserstoff zu erzeugen.Das heißt, man bringt diese Antiprotonen in Kontakt mit den Antiteilchen vom Elektron,dem Positron, und versucht daraus ein Antivasserstoffatom zu erzeugen und untersuchtdann die Eigenschaften dieses Antivasserstoffs und vergleicht sie mit Wasserstoff.Zum Beispiel die Energieniveaus, die so ein Antiwasserstoffatom mit sich bringt.Wie verhält es sich in der Schwerkraft, falls nach oben oder falls nach unten?
Tim Pritlove
Verhalten die sich denn sonst ähnlich wie ihre Äquivalente?
Alexander Huschauer
Ja, ja, ja.
Tim Pritlove
Ich weiß ja nicht, ich habe nicht so viel mit Antimaterie zu tun.Ist die jetzt hier gerade im Raum? Kann schon sein, ja?
Alexander Huschauer
Naja, das ist halt so eine der großen Fragen der Physik. Woher kommt diesesUngleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie?Ursprünglich, direkt nach dem Urknall geht man davon aus, dass ja beide irgendwiezu gleichen Teilen bestanden haben müssen, aber die Materie hat dann gewonnen.Wenn die beide wirklich identisch gewesen wären, dann löscht sich Materie undAntimaterie einfach aus. Dann gäbe es vielleicht gar nichts.Genau, aber wir sind immer noch da.Also da gab es dann irgendeinen Mechanismus, der dann dazu geführt hat,dass doch die Materie gewonnen hat.Und das möchte man auch untersuchen mit diesen Antimaterien.
Tim Pritlove
Das heißt die andere Antimaterie, die übrig geblieben ist, die ist vielleichtschon längst egalisiert, also das ist alles weg, aber man kann es sozusagenkurzfristig wiederherstellen?
Alexander Huschauer
Man kann sie erzeugen wieder genau.
Tim Pritlove
Okay, verstehe. Jetzt geht ja nicht immer alles nach Plan.Also wir hatten ja schon diesen kleinen Unfall, sowas erregt natürlich immerviel Aufmerksamkeit, gerade wenn es neu ist, aber was treten denn hier für Probleme auf?Also was geht denn auch mal schief oder was ist sozusagen das,worauf auch die ganze Zeit geachtet werden muss?Also Surveillance, Wartung und Reparaturen, was geht kaputt? Die Kühlung? Alles?
Alexander Huschauer
Viel.
Tim Pritlove
Das ist permanent auch.
Alexander Huschauer
Ja, auch permanent. Es ist halt doch ein riesiger Komplex mit verschiedenstenTechnologien, die im Einsatz sind. Mit verschiedensten Elementen.Magneten, Stromversorgungen, Kühlsysteme, Vakuumsysteme, Hochfrequenzsystemeund überall dort kann was kaputt gehen.Das kann einfach ein Kondensator sein in einer der Stromversorgungen,dass einer der Magnete dann einfach nicht mehr den Strom bekommt,den er eigentlich braucht, um die Strahlen auf der Bahn halten zu können.Dafür gibt es dann am CERN die Equipment-Experten.Also für jeden Bereich gibt es im Prinzip die Experten.Und wir in der Operations Group sind dafür zuständig. Wir haben Leute,die 24-7 auf Schicht sind, um diese Beschleuniger zu betreiben und eben auchdie Leistungsfähigkeit der Maschine nachzuverfolgen.Und immer wenn ein Problem auftritt, entweder selbst lösen zu können oder haltauch zu identifizieren, welche Leute muss ich kontaktieren, um jetzt diese eineStromversorgung zum Beispiel zu reparieren.Manchmal kann es sein, dass an einer Stelle zum Beispiel ein Problem mit dem Vakuum auftritt.Dann kontaktiert man den Vakuum-Experten, der sich das dann genau ansieht unduns sagt, okay, ist normal, erwarten wir, oder da haben wir vielleicht ein Lack,sollten wir uns mal anschauen. dann müssen wir mal in die Maschine hinein unddas vielleicht patchen.Dann, was wir gerade gestern wieder hatten, ein kritischer Punkt ist immer,Strahl von einer Maschine in die andere Maschine rüber zu schicken,weil man hat eben diese Kicker und man muss diese Kicker richtig timen,dass der Kicker in der einen Maschine den Strahl extrahiert,aber gleichzeitig gibt es in der anderen Maschine Kicker, die den Strahl injizieren.Also Extraktionskicker, Injektionskicker, die müssen aber mehr oder wenigergleichzeitig feuern, nur durch die Time of Flight, die die Teilchen halt brauchen,von einer Maschine zur nächsten und die halt synchronisiert.Und dafür gibt es einen ganzen Synchronisierungsmechanismus zwischen den Maschinen,wo die eine Maschine Informationen zur anderen Maschine sendet und wenn da malein Stück Hardware kaputt geht, dann kannst du auf einmal keine Strahlen mehr injizieren.
Tim Pritlove
Krass die spielen so Tennis miteinander, im Prinzip die Maschinen und wieviel Sensoren?Hat man dann so im Blick, also ich könnte mir vorstellen, dass es alles vollist mit Sensoren aller Art und dann hat man so einen Control Room,so einen War Room, wo 30.000 Bildschirme hängen.
Alexander Huschauer
Ja ganz so viele sind es nicht, aber wir haben schon, auf jeden Fall wir habendas CERN Control Center, den CCC, wo der Großteil aller Bioschleuniger kontrolliert wird.Und da haben wir unsere Vistas, die Bildschirme an der Wand hängen,die uns zu jeder Zeit Statusinformationen geben über die Beschleuniger selbst.Was ist die Intensität im Beschleuniger? Was ist das Magnetfeld im Beschleuniger?Welche Art von magnetischem Zyklus wird gerade gespielt? Wohin sollen dieseTeilchen geschickt werden?Habe ich Verluste, weil es kann auch sein, wenn eines dieser Elemente dann nichtfunktioniert im Beschleuniger, dann werde ich es in erster Linie dadurch sehen,dass ich irgendwo Strahlverluste habe.Das kann soweit führen, dass ich einen Alarm bekomme, weil an einer bestimmtenStelle der ganze Strahl zentriert einfach aus der Maschine rausgeschossen wurde,wo aber jetzt nicht die Transferlinie unbedingt ist.Dann kriege ich dort einen Alarm über unseren Radiation Monitor und dann mussich verstehen, welches Element nicht funktioniert und dazu geführt hat,dass wir den Strahl dort eben verloren haben.In größeren Maschinen ist das dann wirklich problematisch, weil dort eben diegespeicherte Energie im Strahl so hoch ist, dass, wenn das passiert,die Maschine beschädigt werden kann.Dementsprechend braucht man da schon spezielle Maschinenschutzkonzepte,die frühzeitig erkennen, ob irgendein Equipment fehlerhaft ist.In den kleineren Maschinen bis zum PS ist das jetzt nicht so problematisch,ab dem SPS wird das dann eben problematisch.In den kleineren Maschinen kriegt man halt einen Alarm und muss dann ein bisschenwarten, bis dieses Strahlungsniveau im Prinzip runtergegangen ist.Und dann nehmen wir den Betrieb wieder auf.Und oftmals kommt es auch vor, dass man dann direkt in die Maschine hineingehenmuss, weil Sachen, die kaputt gegangen sind, wirklich im Ring selbst nur zu reparieren sind.Und das können zum Beispiel Verstärker sein für diese Hochfrequenz-Kavitäten.Die haben oft Verstärker, die sehr nahe am Beam gebaut sind,damit die ganzen Kabellängen und dergleichen wesentlich ziemlich kurz sind.Und da muss man dann, da haben wir eine eigene Strahlenschutzgruppe,die kontaktiert man dann,die sagen, okay ihr habt so und so viel Stahl produziert in den letzten so und so viele Stunden,das heißt jetzt müssen wir dort 15 Minuten, 30 Minuten, eine Stunde warten,bis wir überhaupt hineingehen können in die Maschine, damit die Leute,die dort dann arbeiten, auch einfach nur eine minimale radioaktive Strahlendosis abbekommen.
Tim Pritlove
Das ist nett, ja. Gab's denn auch mal so einen Fehler, wo ihr irgendwie nurblöd geguckt habt und überhaupt nicht wusstet, was jetzt los ist?
Alexander Huschauer
So beginnt jeder Fehler.
Tim Pritlove
Die Frage ist, wie lange hält der Zustand an?
Alexander Huschauer
Ja das kommt wirklich auf den Fehler drauf an. Gestern früh hatten wir da einenFehler, der eben die Synchronisation zwischen Booster und PS betroffen hat undda haben wir so 3-4 Stunden mal herumgesucht, welches dieser Hardware-Moduledenn kaputt gegangen ist.Dann machst du ein Reboot von diesem Ding, dann funktionieren aber ein paarder Parameter sind nicht richtig abgespeichert worden im Memory,du musst sie neu setzen und es kann schon sein, dass das ein paar Stunden mal dauert.Auch manchmal ist es halt nicht so offensichtlich welches Element jetzt der Schuldige ist.
Tim Pritlove
Das wollte ich nämlich gerade sagen. Wenn man weiß wo das Problem ist,ist man ja schon mal relativ weit.
Alexander Huschauer
Richtig, richtig. Oftmals weiß man nicht und dann versucht man halt auszuschließen,was kann es nicht sein, bis man dann hinkommt und das eingrenzt.Und natürlich was uns oft Hilfe gibt, ist der Strahl selbst.Also wenn man den Strahl in die Maschine injizieren kann, aber dann zum Beispielin der Maschine nicht behalten kann, dann kann man den Strahl immer noch selbstmessen. Und man kann sich die Position des Strahls anschauen,man kann sich die Größe des Strahls anschauen, man kann sich die Energie des Strahls anschauen.Und das gibt dann oft auch einen Hinweis darauf, was schief geht.Ist er zum Beispiel zu groß der Strahl, dann funktioniert irgendeiner von diesenQuadrupolen nicht, dann funktioniert die Fokussierung nicht richtig.Ist er viel zu lang der Strahl, ist er nicht mehr ein Paket,sondern ist er so ein kontinuierlicher Strahl, dann sagen wir,dass der Strahl debunched ist, ist eben kein Bunch mehr.Dann funktioniert das mit den RF-Systemen nicht. Also so kann man sich mit demStrahl schon immer die Informationen holen, die man braucht,um zumindest einzugrenzen, wo man sucht, ja.
Tim Pritlove
Ich kenne das aus manchen Bereichen, wo in zunehmendem Maße so eine Maschinenüberwachungauch mit Machine Learning schon gemacht wird,dass man im Prinzip die Sensorik einfach die ganze Zeit irgendwie erlernt undwenn man einen Fehler hat,dann sagt man so, hier ist mal was kaputt gegangen, dass man quasi schon sichso langsam so ein System aufbaut, was so Frühwarnfähigkeiten hat,also quasi das Versagen von Sensoriken oder so gewisser Insicht vorher sagt.
Alexander Huschauer
Das ist das Stichwort preventive maintenance, also Wartung vorhersehen im Prinzip,bevor sie notwendig wird und Teile austauschen.Also wir haben Unmengen von Daten, die wir laufend abspeichern,natürlich einerseits der Experimente, aber auch wir auf der Beschleunigerseite.Wir haben wirklich ein System, das all diese Daten kontinuierlich lockt unddas einerseits über die Strahlqualität, aber andererseits auch über die Equipmentqualität.Und diese Datenmenge, die können wir dann eben verwenden, um Modelle zu trainierenund dann Vorhersagen zu machen.Man steckt noch ein bisschen in den Kinderschuhen für jetzt gerade diese Wartungsvorhersagen,aber wo wir viel Machine Learning oder Optimierung einfach verwenden,ist, um die Leistungsfähigkeit des Strahls zu verbessern.Es gibt Temperaturvariationen, im LHC gibt es zum Beispiel auch Einfluss der Gezeiten.Das sieht man auch, die Maschine ist relativ sensibel darauf, wie der Mond steht.Also die Parameter des Strahls können sich laufend ändern.Da kann natürlich der Operator, der die Maschine betreibt, intervenieren undverschiedene Parameter anpassen.Das passiert dann alle x Minuten, Stunden oder dergleichen, je nachdem,wie es erforderlich ist.Oder wir verwenden Optimierungsalgorithmen, die kontinuierlich die Strahlparameterüberwachen Und immer dann, wenn so ein Drift gemerkt wird, nachkorrigieren.Das hilft uns auch in vielen Teilen, die Leistungsfähigkeit unserer Strahleneinfach immer auf optimalem Niveau zu halten, sage ich mal.
Tim Pritlove
Das ist auf jeden Fall alles ein Moving Target. Es ist nicht einfach so eine Maschine,die man mal einschalten, dann läuft sie halt, sondern man muss eigentlich dieganze Zeit drauf schauen,man muss die ganze Zeit optimieren, gucken, dass nichts kaputt geht oder sichnicht zu schnell verschleißt und um sozusagen dann auch diesen Flow der Detektion,der letzten Endes das Ziel der ganzen Operation ist, nicht abreißen zu lassen.Trotzdem muss ja dann der Apparat ab und zu mal, also nicht nur gewartet werden,sondern es gab ja auch diese längeren Auszeiten, ich glaub das waren jetzt zwei große.
Alexander Huschauer
2019, 20, da war der letzte große Stopp, Long Shutdown 2.Davor gab es schon mal 2013, 14, gab es Long Shutdown 1 und jetzt für 26,27, 28 ist dann Long Shutdown 3 geplant.In den vergangenen zwei Jahren hat man sich darum gekümmert,dass die LHC-Injektoren bessere Leistungsfähigkeit haben,um sie vorzubereiten auf das Upgrade des LHC selbst, was 2026-2028 stattfindenwird, mit dem Ziel, dass wir mehr Kollisionen erzeugen können.Ein wesentlicher Parameter im LHC ist die Luminosität.Die sagt uns, wie viele Kollisionen pro Sekunde und pro Fläche können wir erzeugen.Das heißt, umso höher die Luminosität, umso höher die Anzahl der Kollisionen,die wir den Experimenten zur Verfügung stellen können.Und die Luminosität wird umso höher, je mehr Teilchen wir haben,haben oder je kleiner die Fläche unserer Teilchenpakete ist.Deswegen hat dieser vergangene Shutdown in den Injektoren dazu gedient,diese Strahlparameter zu verbessern, sprich mehr Teilchen in kleinere Strahldimensionenhineinpacken zu können.Wir haben im Prinzip für die LHC-Strahlen die Anzahl der Teilchen verdoppeltund die Fläche halbiert.Und somit können wir dann wesentlich höhere Luminosität zur Verfügung stellenfür die verschiedenen LHC-Experimente.Das war im Prinzip ein Upgrade-Programm, das rein ausgelegt war auf die Anforderungendes zukünftigen LHC, also High-Luminosity-LHC heißt dann das Upgrade vom LHC in den nächsten Jahren.Aber gleichzeitig ist das dann auch von Vorteil für alle anderen Experimente,die am CERN stattfinden, weil genauso diese verbesserte Strahlqualität auch denen zugutekommt.
Tim Pritlove
Also so kann man dann noch mehr rausholen aus dem LHC und dann wird ja,wie lange ist die Pause? In so einem Jahr?
Alexander Huschauer
Drei Jahre für den LHC.
Tim Pritlove
Drei Jahre?
Alexander Huschauer
Ja, wirklich große Umbauarbeiten sind da geplant. Da werden Teile der Magneteausgetauscht, da werden neueSysteme eingebaut, um diese Kollisionen eben noch effizienter zu machen.Und da braucht man dann doch einiges an Zeit, auch viel Arbeit passiert jetzt schon.Also alles was Infrastruktur betrifft, alles was neue Gebäude,neue Tunnelbereiche und so gibt, das wurde sogar schon alles fertiggestellt.Aber jetzt natürlich, jetzt holen wir noch so viel wie möglich raus aus derMaschine und warten auch noch bis die ganzen Bauteile dann wirklich zur Verfügungstehen, um dieses Upgrade machen zu können.Und dann wird die Maschine für drei Jahre abgeschaltet und abgegradet.
Tim Pritlove
Das ist schon echt speziell, dass man so eine unglaublich lange Auszeit hat.Für die Wissenschaftler stimmt das auch nicht so toll. Wobei so viele Datenwie hier anfallen, gibt es wahrscheinlich auch zwischendurch noch genug zu entdecken und auszuwerten.Also da wird einem nicht langweilig unbedingt.
Alexander Huschauer
Und es gibt auch noch die Injektoren. Also der LAC selbst wird drei Jahre stoppen,aber die Injektoren werden so ein, eineinhalb Jahre stoppen.Das heißt die ganze Physik in den anderen experimentellen Zonen,die beginnt vorher schon wieder.
Tim Pritlove
Also in dem Booster, in dem SPS, das läuft alles weiter, es ist nur der LAC.
Alexander Huschauer
Es ist ein kürzerer Stopp eben in diesem Maschinen.
Tim Pritlove
Okay gut, aber dann nach einem anderthalb Jahr kann man da zumindest schon malwieder arbeiten, aber der LHC der muss dann halt noch richtig hübsch gestrichenwerden sozusagen, bis alles hübsch ist.Okay, das heißt das ist dann sozusagen jetzt auch so der Ausblick für die zumindestabsehbare Zukunft, was jetzt auch schon ganz klar ist, dass das auf jeden Fall stattfinden wird.
Alexander Huschauer
Absolut.Dieses High-Luminosity-LHC-Projekt, das ist die Priorität für das CERN im Moment,dieses Upgrade durchzuführen.Da ist alles unterwegs, um diese neuen Elemente gerade zu konstruieren und einzubauen.Und das soll eben die LHC-Kette bis zum Jahr 2040 so in Betrieb halten,soll dann natürlich nach dem Upgrade wesentlich höhere Statistik den Experimentenzur Verfügung stellen, damit man schneller zu Entdeckungen kommen kann.Ungefähr ein Faktor 10 wird sich diese Luminosität erhöhen nach diesem Upgrade von dem LHC.Und das ist halt jener Schritt jetzt, um den LRC wirklich komplett auszunützen,bis ans Ende seiner Lebensdauer sozusagen.Und dann muss man halt schon darüber hinaus schauen und muss mal anfangen.Also der LRC ist 2008 in Betrieb gegangen. Die ersten Diskussionen und Vorschlägefür so eine Maschine sind 1984 gemacht worden.Also da ist wirklich eine lange Designphase, Entwicklung, Produktion,Installation und alles dahinter.Beim LHC ist es so, dass es damals schon in dem gleichen Tunnel,wo der LHC heute ist, eine Maschine gab, wo Elektronen und Positronen,also die Antiteilchen der Elektronen, beschleunigt und kollidiert wurden.Und da hat man im Prinzip einerseits die Elektronenspeicherringe oder Kolliderund andererseits die Protonenmaschinen.Mit Elektronen sagt man so, das sind Präzisionsmaschinen, weil die Elektronenkeine Substruktur haben.Das heißt, da treffen wirklich Elektronen auf Elektronen und man kann ganz genauphysikalische Prozesse damit untersuchen.Während diese Protonenmaschinen, Protonen, interne Struktur,Quarks, Gluonen, das heißt, da treffen keine Teilchen, keine einzelnen Teilchen,sondern da trifft man so ein Gemisch von Teilchen aufeinander.Dadurch entstehen extrem viele verschiedene Produkte, viel Background,den man auch gar nicht haben möchte, aber auch extrem viel Potenzial für neue Physik.Und deswegen heißen diese Protonen-Maschinen dann Entdeckungsmaschinen,oft, weil man damit eben neue Physik entdecken kann. Jetzt haben wir das Higgs-Bosonentdecken können vor zehn Jahren mit dem LHC.Natürlich möchte man weitere Dinge entdecken, aber man möchte genauso die Higgs-Eigenschaftenganz genau verstehen können. Und dafür braucht es im Prinzip wiederum so einePräzisionsmaschine mit höheren Energien.Die Eigenschaften des Higgs-Bosons direkt messen kann.Und deswegen wäre dann der nächste Schritt nach diesem High-Luminosity-LHC,nennen wir dieses Studiegerad FCC,Future Circular Collider, und das wäre dann eine Maschine, so wie es jetzt geplantwird, von 91 Kilometer Länge, die eben genauso hier in die Region hineinpassen würde.Also das ist auch dann schon sehr sehr herausfordernd in mehrerer Hinsicht.Natürlich in Hinsicht von Magnetfeldern, die man braucht für diese Maschine,in der Hinsicht von allein, wie baue ich diesen Tunnel, wie stabil ist das ganzeGestein, wo ich diesen Tunnel hinbaue, wie hoch sind diese Zutrittspunkte.Teilweise ist die Maschine dann unter dem Berg, da muss ich schon mal einensehr, sehr langen Access-Tunnel graben.Was ist dann Sicherheitsaspekte, wenn da unten irgendetwas passiert,wie komme ich rauf, wenn der Aufzug nicht funktioniert, all diese Dinge müssen dann beachtet werden.Aber so ein FCC für Elektronen und Positronen, das wäre so im Prinzip der nächstelogische Schritt, was die Beschleunigerkette betrifft, um dann diese Higgs-Propertiesim größeren Detail untersuchen zu können.Und dann wird das auch so aufgezogen, dass man nach diesem FCC-II auch wiederumeinen Protonen-Protonen-Beschleuniger machen kann.In dem gleichen Tunnel, in diesem gleichen 91 Kilometer Tunnel,eben gleich wie es mit diesem LEP unddem LAC war, dass man die vorhandene Infrastruktur wieder verwenden kann.
Tim Pritlove
Gleichzeitig oder als potenzieller Nachfolger?
Alexander Huschauer
Als Nachfolger, genau.
Tim Pritlove
Warum lässt sich das nicht gleichzeitig machen?
Alexander Huschauer
Weil dann auch die Kette, die dahinter steht, komplett andere Anforderungenwieder hat. Wir müssen Elektronen, wir müssen Positronen zur Verfügung stellen.Es sind auch die Zeitspannen, um wirklich all die Technologien,die Magnetfelder und so einmal technologisch herstellen zu können für so einenweiteren Protonen-Protonen-Kollider.Das ist auch noch in weiterer Zukunft. Das heißt, Machbarkeit ist auch eineandere Sache, da muss noch viel Forschung und Entwicklung hineingehen,bis man technisch diese ganzen verschiedenen Bauteile einfach wirklich herstellen kann.Deswegen sind das auch nicht die gleichen Zeitspannen.
Tim Pritlove
Also 27 Kilometer ist ja schon eine ganze Menge Holz.Im Prinzip was du ja sagst, du bist halt so Ingenieur und deine Maschine ist 27 Kilometer lang.Das ist schon ein Autobahntunnel, der nur ein paar Kilometer lang ist,wirft schon größere Wartungsfragen und Kontrollfragen auf sich,aber allein den Arbeitsplatz mal abzugehen, mit dem Fahrrad ist man ja schonden ganzen Tag unterwegs.
Alexander Huschauer
Ja auf jeden Fall. Die Fahrräder gibt es im Tunnel damit man sich fortbewegen kann.
Tim Pritlove
Wie fährt man denn hin an so einen Ort des Geschehens? Ist halt irgendein Magnet am schwächeln.Steigt man hier in den Tunnel und fährt da 10 Kilometer hin, macht man nichts?
Alexander Huschauer
Man steigt hier ins Auto, fährt hin zu einem der Access Points.
Tim Pritlove
Und wie viel gibt es davon?
Alexander Huschauer
Am ELC gibt es so acht Access Points, die verteilt sind.Einerseits bei den verschiedenen Experimenten, aber dann für die Hochfrequenz-Kavitäten zum Beispiel,dann gibt es Kollimationssysteme, die dafür sorgen,dass die Teilchen, die bei hoher Amplitude,also hoher transversaler Position,hoher horizontaler oder vertikaler Position, dass die quasi geschluckt werdenvon diesem Kollimatorsystem,bevor sie von den Magneten geschluckt werden würden,weil wenn wir Teile im Magneten verlieren,kann es dazu führen, dass dieses flüssige Helium sich erwärmt oder dass dieSpule dieser Supraleiter nicht mehr supraleitend ist,weil er eine lokale Erwärmung hat, das ist dann ein so genannter Quench,dann geht dieser Magnet dann von einem supraleitenden in einen normalleitendenZustand über und das möchte man einfach vermeiden während des Betriebs,weil das dauert dann acht bis zwölf Stunden bis man wieder recoveren kann unddas ist natürlich Maschinenzeit, die dann verloren geht.Und deswegen möchte man, bevor man solche Teilchen in den Magneten verliert,möchte man sie lokalisiert in sogenannten Kollimatoren.Das sind im Prinzip Metallblöcke, die möglichst nah am Strahl positioniert sind,aber nicht zu nah, um den Hauptstrahl zu absorbieren,aber eben Teilchen, die dann aufgrund der Kollisionen wird der Strahle auchimmer größer und größer,dann kann es passieren, dass eben Strahlteilchen zu höherer Amplitude kommenund die werden dann von diesen Metall-Kollimatoren absorbiert,bevor sie den Magneten treffen würden.
Tim Pritlove
So ein Absicherungssystem. Aber bist du schon mal rumgefahren?
Alexander Huschauer
Rumgefahren noch nie.
Tim Pritlove
Ist auch ein bisschen langweilig.
Alexander Huschauer
Geht auch gar nicht, weil du hast dann diese Interaktionspunkte,da ist dann wirklich die Maschine, der Beschleuniger ist getrennt von dem Experiment,das dahinter in dieser großen Halle steht.Da könntest du jetzt auch nicht weiterfahren.
Tim Pritlove
Okay, es ist eh segmentiert.
Alexander Huschauer
Ja, es gibt verschiedene Sektoren, nennt man das im LHC zum Beispiel.
Tim Pritlove
Okay, da ist man auf jeden Fall ganz gut unterwegs. Aber es ist auf jeden Fallein Maschinenpark, der sich sehen lassen kann und es ist die größte Maschine der Welt, oder?
Alexander Huschauer
Absolut, es ist die größte Maschine der Welt, der LHC. Der Beschleunigerkomplexist der größte Beschleunigerkomplex der Welt.Also wir haben hier schon einiges an Potenzial zu bieten, das dann natürlichauch sehr ansprechend ist für verschiedenste Institute, Universitäten dergleichenaus aller Welt, die dann hierher kommen, um ihre Experimente durchzuführen.
Tim Pritlove
Vielleicht zum Schluss nochmal so ein Blick in den Rest der Welt.Das ist ja aber nicht das einzige Synchrotron.Es gibt ja auch Beschleunigerringe an anderen Standorten.Was sind denn so die nächstgrößten Systeme und gibt es irgendeinen der auchnochmal ein ganz anderes Prinzip verfolgt oder andere technologische Ausrichtungenhat in irgendeiner Form?
Alexander Huschauer
Also es gibt natürlich ein paar Laboratorien, die sich wirklich mit Grundlagenphysik beschäftigen.Aber die Teilchenbeschleunigung oder die Anwendung der Teilchenbeschleunigerin der Grundlagenphysik macht nurungefähr 4-5 Prozent der Anwendung der Teilchenbeschleuniger weltweit aus.Natürlich gibt es einige größere Maschinen. Es gab zum Beispiel das TevatronFermilab, die haben genauso Protonen-Antiprotonen-Kollisionen gemacht in der Nähe von Chicago.Es gibt das Brookhaven National Lab in der Nähe von New York.Dort gibt es den Relativistic Heavy Ion Collider.Es gibt dann eben einerseits diese RIG, der Gold beschleunigen kann,wie er auch die Bleionen beschleunigen kann und können, um dann so ein Quark-Gluon-Plasmaherzustellen, wie es zum Beispiel in dem Alice-Detektor vor allem untersucht wird.Also um so eine Suppe von Teilchen im Prinzip zu erzeugen, die.Wo jetzt keine Atomkerne mehr gebunden sind, wo alle Teilchen frei herum existierenund diesen Status knapp nach dem Urknall im Prinzip zu reproduzieren.Und das kann man am RIG untersuchen, das kann man am LAC untersuchen mit Blei.Dann gibt es Programme in China zum Beispiel, um auch größere Beschleunigerzu bauen, die existieren aber noch nicht. Das ist ein bisschen so vielleichtein Konkurrenzprogramm.Es gab früher, am CERN gab es auch der SPS, der war früher mal ein Protonen-Antiprotonen-Kollider.Der ist dann umgebaut worden, der hat begonnen als SPS, als Protonenmaschine,wurde dann umgebaut in eine Protonen-Antiprotonen-Maschine und später wiederzurückgebaut in eine reine Protonenmaschine.Und dann gibt es halt extrem viele Anwendungen in Medizin,in Industrie, von wesentlich kleineren Anlagen,die Energien sind dann nicht mehr vergleichbar, aber gerade in Krankenhäusern,wo man Radioisotope herstellt, um die dann für Bildgebung zu verwenden,Positronenemissionstomographie, wo man etwas injiziert bekommt in den Körper,das sich dann zum Beispiel an Tumorzellen anlagern kann, erzeugt dann Photonen,die gemessen werden von Detektoren.Diese Stoffe muss man irgendwo erzeugen, dann muss man sie in den Körper bringen.Und dann gibt es natürlich auch Strahlentherapie, kann passieren mit Elektronenund dann Gamma-Strahlen,die erzeugt werden, es gibt Protonen oder Kohlenstoff-Ionen-Zentren,die wirklich dazu dienen, dass jetzt Krebstumore behandelt werden.Und je nachdem, ob man jetzt Elektronen verwendet zum Beispiel,wenn man oberflächennahe Tumore hat, kann man relativ gut Elektronen verwenden,weil die einen Großteil ihrer Energie nahe der Oberfläche, nahe der Haut nachdem Eindringen in den Körper verlieren.Andererseits dann, wenn man einen Tumor hat, der an kritischen Stellen sitzt,jetzt zum Beispiel neben dem Herz, hinter dem Aug, im Gehirn irgendwo,dann möchte man nicht unbedingt den Großteil der Energie beim Eintritt in denKörper verlieren und dann weniger Energie am Schluss überhaben.Da verwendet man Protonen und Kohlenstoff zum Beispiel, weil man mit denen dezidierteinstellen kann, wo soll die Energie verloren werden und somit kann man wirklichso einen Tumor scannen aus verschiedensten Richtungen und diese Tumorzellendann mit so einem Synchrotron zerstören.Das heißt, das braucht dann aber für so Protonen- oder Kohlenstoffionentherapiebraucht es wirklich ein eigenes Beschleunigerzentrum mit eigenem LINAC,Quelle LINAC, Synchrotron, verschiedenste Behandlungsräume, Transferlinien,während so Elektronenbeschleuniger dann vielleicht so drei, vier,fünf Meter Platz brauchen und dann wesentlich besser in ein Krankenhaus hineinpassen zum Beispiel.Und dann gibt es das noch in der Industrie, dass man sterilisiert zum Beispiel,Bakterien abtötet, dass man biologische Experimente versucht,dass man in der Halbleiterindustrie die die Oberflächenbeschaffenheiten verändert,indem man Ionen mit Beschleunigern einbringt in verschiedene Elemente.Also es gibt wirklich eine riesige Bandbreite an Anwendungen von Beschleunigern,die über die Grundlagenforschung hinaus geht.
Tim Pritlove
Okay, also wenn man sich da ein bisschen auskennt, gibt es genug Betätigungsfelderauf jeden Fall. Aber am CERN scheint ja noch genug abzusehen zu sein,dass hier noch genug Ingenieursbedarf ist auf absehbare Zeit.Ja, Alexander, dann würde ich sagen, haben wir es erstmal oder haben wir nochirgendwas ganz Wichtiges vergessen, was du noch allen mit auf den Weg geben willst?
Alexander Huschauer
Naja, vielleicht so.Abschluss können wir noch ein bisschen die Verbindung zum Kosmos wiederum machenmit einem der Experimente, das wir auch hier haben, nämlich Cloud.Jenes Experiment, das untersucht, wie Wolken formiert werden,wie verschiedenste kleine Teilchen, wie Aerosole am Himmel,in den verschiedenen Atmosphären, Ebenen zu dieser Wolkenbildung beitragen undvor allem wie der Einfluss von kosmischen Strahlen auf diese Wolkenproduktion ist.Da haben wir eine sogenannte Cloud Chamber, das ist im Prinzip eine große Stainless-Steel-Chamber,die extrem gute Oberflächeneigenschaften aufweist.Innerhalb dieser Kammer werden dann verschiedene Gase eingelassen,verschiedene Aerosole zugefügt.
Tim Pritlove
Was heißt denn extrem gute Oberflächenbeschärfung? Also gut in welcher Hinsicht? Glatt?
Alexander Huschauer
Genau, damit sich dort eben an den Wänden keine Elemente anhaften können,sondern dass die wirklich in diesem Volumen der Kammer dann existieren und zuder Wolkenbildung beitragen.Und dann kann man einerseits untersuchen, wie so Aerosole in der Luft auch alsKeime für Wolken dienen dienen und wie die physikalischen Modelle,übereinstimmen mit diesen Experimenten und andererseits kann man dann von demPS einen Strahl von Protonen auf wiederum so ein Target schicken,Sekundärteilchen erzeugen, die dann durch diese Kammer hindurch gehen und sichanschauen, wie diese quasi nachgebildeten kosmischen Strahlen die Wolkenbildung beeinflussen.
Tim Pritlove
Tun sie denn?
Alexander Huschauer
Sie tun auf jeden Fall zu einer gewissen Art und Weise.Man kann nämlich solche durch Kollisionen, wenn diese Teilchen kollidieren mitden Molekülen, dann werden andere Teilchen erzeugt, andere Aerosole,die dann wiederum ein Keim sein können für weitere Wolkenbildung und so.Was die Frage ist jetzt natürlich auch im Hinblick auf Klimawandel,inwiefern sind diese Wolken ausschlaggebend für den Klimawandel,wie gut passen unsere Modelle, wie gut können wir das vorhersagen,weil das eine große Unsicherheit ist, um die Zukunft auch vorauszusagen.Und deswegen gibt dieses Experiment auf jeden Fall gute, sage ich mal,grundlegende Einblicke, wie die Physik dahinter funktioniert und wie wir unsereModelle verbessern können, umin Zukunft einfach immer besser und bessere Vorhersagen machen zu können.
Tim Pritlove
Wahnsinn, unglaublich praktisch so ein Beschleuniger. Ich finde,jeder sollte einen haben. Vielleicht gibt es ja demnächst auch im Supermarkt.Alexander, Vielen vielen Dank für die Ausführung, das war sehr aufschlussreich und spannend.
Alexander Huschauer
Dankeschön, hat mich gefreut beim Gespräch, danke dir.