RZ118 Raumfahrt-Industrie

Die Rolle der Raumfahrt-Industrie beim Bau und Betrieb von Raumfahrzeugen

Firmen wie OHB in Bremen übernehmen in der Raumfahrt eine kritische Rolle. Als Partner der Wissenschaft und Raumfahrtagenturen begleiten sie die Planung und übernehmen den Bau der Raumfahrzeuge und Nutzlasten. Die von ihnen mit entwickelte Technik erlaubt dabei, die Satelliten immer moderner werden zu lassen und zunehmend kostengünstiger zu betreiben.

Aber nicht nur das Zustandekommen von Missionen steht im Fokus dieser Unternehmen. Immer wichtiger wird die Planung des Missionsendes, der Rückführung, Entsorgung und ggf. auch die Verlängerung von Missionen nehmen immer breiteren Raum ein. Die Problematik der Weltraumschrotts stellt die Raumfahrt vor neue Herausforderungen, die künftig mit neuen Lösungen für Planung, Reparatur oder Rettung von Missionen beantwortet werden müssen.

Dauer:
Aufnahme:

Charlotte Bewick
Charlotte Bewick

Wir sprechen mit Charlotte Bewick, Abteilungsleiterin für wissenschaftliche Missionen bei OHB in Bremen. OHB ist einer der Unternehmen, die in Europa Raumfahrzeugbau betreiben. Wir sprechen über die Aufgaben der Industrie bei der Planung von Missionen, über Fokus und Kommunikation und Organisation der eigenen Arbeit und auch über die spezielle Herausforderung der Weltraummüll-Problematik. Charlotte Bewick ist auch Gründerin des OHB-Weltraumschrott-Kompetenzzentrums und macht sich viel Gedanken darüber, wie Raumfahrt künftig technisch und rechtlich gestaltet werden muss, um die Raumfahrt auch in den nächsten Jahrzehnten noch sicher und bezahlbar zu halten.


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Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Ich begrüße alle hier zur 118. Ausgabe von Raumzeit und heute bin ich mal wiederauf Reisen gegangen und habe mich nach Bremen begeben, Um ja mal ein Thema auf die Liste zu holen,was so ein bisschen noch am Seitenrand stand die ganze Zeit.Konkret soll es nämlich heute gehen um die Einbindung der Industrie in die Raumfahrt.Da wo also die Maschinen nicht nur gestaltet, sondern eben auch konkret gebaut werden.Ja und da begrüße ich erstmal meine Gesprächspartnerin für heute, Charlotte Burg.
Charlotte Bewick
Hi.
Tim Pritlove
Hallo Charlotte, wunderbar. Wir sind in Bremen und zwar ganz konkret sind wirhier bei OHB, ein Name, den man in der Raumfahrt kennt.Sicherlich kein Unternehmen, was so eine deutschlandweite Resonanz hat,aber natürlich in der Raumfahrt bekannt ist wie ein bunter Hund.Ursprünglich hieß das mal Otto Hydraulik Bremen GmbH.
Charlotte Bewick
Das stimmt. Und dann hieß es mal orbitale Hochtechnologie Bremen und mittlerweilehaben wir nur noch die Buchstaben, glaube ich, OHB ohne Bedeutung.Ja, genau. Ja, ich glaube in der Raumfahrt sind wir sehr bekannt.Wir sind drittgrößte Satellitenbauunternehmen in Europa.Aber ich glaube auch in Bremen kennt man uns sehr gut, sehr wohl.
Tim Pritlove
Kann ich mir vorstellen.
Charlotte Bewick
Wir haben viele Mitarbeiter hier, aber sonst haben wir nicht so die Prominenzwie jetzt Airbus oder so, wo man ja auch die Flugzeuge vor allem kennt.Das machen wir nämlich nicht. Wir machen reine Raumfahrt.
Tim Pritlove
Aber klein ist der Standort ja nicht. Also wenn ich das richtig sehe,sind das so knapp 3000 Mitarbeiter.Das ist ja schon ein etwas größerer mittelständischer Betrieb kann man sagen.
Charlotte Bewick
Absolut. Wir sind auch stark gewachsen. Ich bin seit zehn Jahren in der Firmaund als ich hierher kam, waren es ein paar hundert.Genau wie viele weiß ich nicht mehr, aber wir sind stark gewachsen in den letzten zehn Jahren.
Tim Pritlove
Also wir haben ja hier so einen Standort, ich glaube, auch in der Nähe der Universitätin Bremen und auch in der Nähe von anderen wichtigen Raumfahrtnahen, Instituten,wissenschaftlichen Organisationen, der Fallturm ist glaube ich nicht weit.Das war ja sicherlich eine bewusste Entscheidung, sich hier einzubetten.
Charlotte Bewick
Ja, das war vor meiner Zeit, aber ich finde es passt sehr gut.Wir sind ein Unternehmen, wir sind stark an Forschung, Entwicklung,Wissenschaft dran und darum hier oben im Technologiepark in der Nähe der Uni,in der Nähe vom DLR und Zahm hattest du ja auch eben angesprochen,das ist ein super Standort.
Tim Pritlove
So, stellt sich natürlich erstmal die Frage, was hat dich denn hier hingeführt?Du bist ja, glaube ich, Luft - und Raumfahrttechnikerin, wenn ich das richtigsehe. So eine Ausbildung, die hast du wo gemacht?
Charlotte Bewick
Ich habe in Berlin studiert, an der TU Berlin habe ich Luft - und Raumfahrttechnikstudiert, habe dann einen Master in Space Engineering and Astronautics gemacht in England,in Cranfield University und danach habe ich einen PhD gemacht in Glasgow ander Strathclyde University und mein Fokus da war, nennt er sich,Habe ich vergessen? Nein. Quatsch. Space Mission Applications of High Area toMass Ratio Orbital Dynamics.
Tim Pritlove
Wow, that's a mouthful.
Charlotte Bewick
Ja.Heißt? Also es geht um Körper mit einem großen Oberfläche -zu -Masse -Verhältnis,die im Weltraum, also im Orbit sich befinden.Und dadurch, dass die Oberfläche so groß ist, erfahren sie überproportionalviel Oberflächenkräfte, wie zum Beispiel Sonnendruck, ganz genau,Solardruck, aber halt auch Drag zum Beispiel.Und wir hatten geschaut, was passiert mit diesen Objekten, wie verhalten die sich?Und dann haben wir oder habe ich Anwendungen definiert. Und eine Anwendung,die da rauskam, war, dass man auch aus sehr hohen zirkulären Orbits mithilfedes Solardrucks passiv den Wiedereintritt forcieren kann,wenn man seine Oberfläche gezielt zu einem bestimmten Zeitpunkt ändert.Sprich, man hat zum Beispiel einen Ballon dabei, den man zu einem gewissen Zeitpunkt,genauen Zeitpunkt, bevor er berechnet ist, aufbläst.Und dann sorgt der Solardruck dafür, dass das Perigeum des Orbits,also das ist der Punkt, der der Erde am nächsten ist, immer näher zur Erdoberflächekommt, weil der Orbit insgesamt elliptischer wird.Und dann, wenn der dann niedrig genug ist, dann hat er dort so viel Luftwiderstand,dass der ganze Satellit wieder eintritt.Da bin ich auch in diese Weltraumschrott -Thematik reingegangen.Jedenfalls mein Fokus war eben Orbitaldynamik, war sehr mathematisch orientiert.Und dann habe ich, nachdem ich mein PhD abgeschlossen hatte oder ich habe nochmeine, meine Arbeit war noch nicht geschrieben, aber meine Forschung war zu Ende,da habe ich mich umgeschaut nach möglichen Stellen und habe hier eine ganz ansprechendeStelle gefunden bei ORB, nämlich Systemingenieurin in der Vorentwicklung.Und und hab mich beworben und hab die Stelle bekommen. Das ist jetzt über zehnJahre her und seitdem bin ich hier bei OHB in Bremen in der Vorentwicklung undmittlerweile, also von Systemingenieurin, leitende Systemingenieurin,bin ich mittlerweile Abteilungsleiterin und Projektmanagerin.
Tim Pritlove
Für welche Abteilung genau?
Charlotte Bewick
Wissenschaftsmissionen.
Tim Pritlove
Wissenschaftsmissionen, was ein Schwerpunkt ist bei OHB, kann man sagen.Okay, spannend. Also das deutet ja auch schon ein anderes Thema an,auf das wir sicherlich noch mal eingehen, aber so dieser Wiedereintritt,das ist natürlich ein heißes Thema seit einigen Jahren in der Raumfahrt,weil das halt einfach mal mit eingepreist werden muss.Dass es im Prinzip ja auch ein Memorandum of Understanding gibt.Von Gesetzen kann man ja nicht wirklich sprechen, sozusagen das ist das Ziel,möglichst wenig Schrott zu hinterlassen, weil wir haben halt schon genug imAll wie auf der Erde und da gibt es ja einige Jahre nachzuarbeiten,wo der Fokus nicht so sehr darauf lag, wie man den Ort wieder verlässt und vorallem nicht so verlassen hat, wie man ihn vorzufinden wünscht.
Charlotte Bewick
Absolut, das ist ein wichtiger Punkt, genau.
Tim Pritlove
Aber deine Technik war so ein bisschen das rausfinden, weil man den Regenschirmim richtigen Moment aufspannt, um ein bisschen sich abzubremsen.
Charlotte Bewick
Ja, das war total spannend, weil ich hatte vorher viele Paper gelesen,natürlich ein Literature Review gemacht und so weiter und ich bin halt immerwieder darauf gestoßen,den Luftwiderstand zu nutzen, aber das geht nur bis maximal 800 Kilometer,weil danach wird es zu wenig Luftwiderstand, keine Restatmosphäre und dann mussman sich anders behelfen.Und dann in meinen Simulationen habe ich dann gesehen, das geht ja,man kann ja viel höher noch die Oberfläche nutzen, eben durch den Solardruckund also 3000 Kilometer zum Beispiel gab es eine Zone, in der es möglichst effektivist, 6000 Kilometer in dem Bereich.Und dann war das für mich eine totale Überraschung, dass das vorher noch nichtso richtig aufgetaucht ist und genutzt wurde.
Tim Pritlove
Das würde mich mal interessieren.Wenn ich jetzt richtig zurückrechne, diese Studienzeit muss ungefähr so 2010 herum so gewesen sein.Bist ja jetzt mal ein etwas modernerer Student im Vergleich zu vielen altenHasen, die ich hier schon interviewt habe.Kannst du uns mal so ein bisschen Einblick geben, weil ich finde es immer herausfordernd,gerade wenn man in so einem wissenschaftlichen, technisch -wissenschaftlichenBereich unterwegs ist, sich einen Überblick zu verschaffen.Ich meine, auf der einen Seite muss man sich erstmal die ganze Mathematik unddas Basiswissen und so weiter natürlich auf jeden Fall ranholen,aber man will ja in gewisser Hinsicht auch auf dem Stand der Dinge sein unddie akkumulieren sich natürlich über die Jahre.Das Wissen wird ja nicht komplett verworfen, sondern es kommt halt immer wiederwas dazu. Wie hast du da den Weg gefunden, wirklich festzustellen, da fehlt was?Also hast du irgendwie moderne Recherchemethoden verwendet, zum Beispiel,um irgendwie Paper im großen Stil abzugrasen oder muss man einfach nur viellesen oder sich für intuitiv an das Richtige heranrobben?Hast du da irgendwie einen Pfad, den man empfehlen kann?
Charlotte Bewick
Also erst mal habe ich mich auf diese freie Forschungsstelle beworben,die war aber vom Ziel her schon definiert, also es ging eben um High Area -to-Mass -Ratio Orbital Dynamics.Mein Professor, das war Professor Colin McInnes, kennt sich sehr gut in demBereich aus und der wusste eben, da gibt es noch freie Stellen,Sachen, unbeantwortete Fragen anzuschauen.Das heißt, so ganz ist das natürlich nicht nur auf meinem Mist gewachsen.Und als ich dann dort angefangen habe, war ich erst mal sehr breit aufgestellt.Ich habe gesagt, okay, jetzt erst mal simuliere ich, was passiert überhauptbei dem Oberflächensache. Das ist was, was viele Leute vor mir auch schon gemacht haben.Und dann immer, wenn ich an eine Stelle gekommen bin, wo ich es interessantfand oder so, habe ich immer gesucht nach Papern, die...Sich auch dem widmen und dann dort wirklich ganz klassisch über die Referenzlisteauf andere Papers gestoßen und so weiter und so weiter.Und dann, als die ersten Ergebnisse da waren, das war schon innerhalb von einemJahr, bin ich dann auf Konferenzen gegangen.Und da habe ich meine Arbeit vorgestellt und auch dort wurde ich dann wiedervon Leuten angesprochen, die gesagt haben, hast du mal die Arbeit von das unddas und das und dem und dem angeschaut.Das ist doch ähnlich, da gibt es doch Schnittstellen und so ist das passiert.Also es gab keine sehr modernen Methoden.Ich glaube, das sind die Methoden, die schon vor 100 Jahren in der Wissenschaft so verwendet wurden.
Tim Pritlove
Okay, also funktioniert noch und hat sozusagen auch noch seine Berechtigung.Das ist auch gut zu wissen.Ja, auf jeden Fall.Ja, dann schauen wir doch mal, was OHB jetzt hier eigentlich macht.Also wenn man jetzt so Missionen vorstellt, und ich habe ja hier viele Missionenschon vorgestellt, Sowohl die wissenschaftlichen Aspekte, vielleicht mal mitmehr Fokus auf die Instrumente,aber natürlich dann auch die eigentliche Missionssteuerung, Launch,all diese ganzen Aspekte, da kommt ja eine Menge dazu.Haben wir meistens immer so ein Segment, wo wir kurz darüber sprechen,so okay, warum gibt's denn das überhaupt?So ja, da hat die ESA dann irgendwann mal beschlossen und dann haben wir das halt gebaut.Und das fasst ja eigentlich eine ganze Menge zusammen, weil da gehört ja dannerstmal das Spüren der Notwendigkeit für ein bestimmtes Thema auf der einen Seite,wissenschaftlicher Unterbau, der hier irgendwie gegeben sein muss,dann eine entsprechende Diskussion bis hin zu Machbarkeitsstudien,was ist denn jetzt hier sozusagen überhaupt zu machen.Jetzt seid ihr ja hier, ein Teil davon.Wie schlagen solche Themen bei euch auf?Also ab wann ist überhaupt OHB an so etwas beteiligt?Kannst du uns vielleicht mal erstmal so einen groben Ablauf geben,wie so eine Mission insgesamt vom Zeitrahmen abläuft?
Charlotte Bewick
Ja klar. Also ganz allgemein bei Raumfahrtmissionen unterscheidet man ja zwischenden verschiedenen Phasen, die fast alle Buchstaben haben, außer eine Zahl.Das ist Phase 0 und dann A, B, C, D, E.Wir sind hier in der Vorentwicklung normalerweise für die Phasen 0, A und B1 zuständig.Phase 0 ist eine Art Vorstudie, wo man wirklich ganz grob die Konzepte für eineIdee generiert. Phase A ist die Machbarkeitsstudie, wo man am Ende mit einemMissionskonzept rauskommt.Und Phase B1 ist die erste Detailausarbeitung, wo man am Ende den sogenanntenPreliminary Requirements Review hat.Und da werden die Anforderungen an die Mission nochmal durchleuchtet und eswird entschieden, mit welchen Anforderungen geht man jetzt in die richtige Detailarbeit. Das heißt...Die Anforderungen kommen ja immer von irgendwoher. Die Anforderungen kommenin der Wissenschaftsmission von den Wissenschaftlern.Die Wissenschaftler identifizieren, sie möchten irgendetwas untersuchen undsagen dann, wir brauchen dafür Daten in dem und dem Spektralwand oder mit derund der Frequenz und der Genauigkeit und so weiter.Also richtige Datenanforderungen erstmal nur an das, was wir das Science Productnennen und das Wissenschaftsprodukt.
Tim Pritlove
Also meistens die Instrumente, die dann sozusagen auf dem Satelliten installiert sind.
Charlotte Bewick
Genau, aber man kann sagen Anforderungen an das Gesamtsystem Satellit,aber dann würde man aus diesen Anforderungen an das Datenprodukt,würde man als erstes Anforderungen an das Instrument ableiten können und wennman dann weiß, wie das Instrument aussieht, dann weiß man, was man dafür füreinen Satelliten braucht, damit man das fliegen kann.Aber diese Schritte, also die Wissenschaftler selber, haben meistens gar nichtdie Möglichkeit, das abschätzen zu können, was bedeutet das für den Satelliten,wie schwer wird der, wie teuer wird der vor allem.Und da unterstützen wir. Und das machen wir in dem ersten Schritt meistens pro bono.Also wir sind dann mit Wissenschaftlern im Gespräch und sagen, wir helfen euch, eure,Wissenschaftsanforderungen runterzubrechen und daraus ein erstes ganz grobesSystemdesign zu machen. Und das könnt ihr dann benutzen, um gegenüber ESA,das ist meistens ESA, einen Science -Vorschlag einzureichen,also einen Missionsvorschlag.Und dann, wenn wir das machen, weil sowas springt für uns dabei raus,wir haben dann schon sehr früh Einblicke in kommende Missionen.Und das ist also was, was wir total gerne auch machen und es macht auch Spaß.
Tim Pritlove
Man ist im Gespräch, man zeigt auch, was man drauf hat.
Charlotte Bewick
Das auch, genau. Und wir haben dann gute Connections zu den Wissenschaftlern irgendwo.
Tim Pritlove
Letztendlich, wenn man erstmal… Ich glaube, das würde auch mit einer finanziellenBasis überhaupt nicht funktionieren, weil wo soll die Wissenschaftler das in der Phase hernehmen?
Charlotte Bewick
Ganz genau. Und aber jetzt auch nochmal persönlich gesprochen,macht auch einfach wahnsinnig Spaß, weil man dann auch sehr,sehr frei ist in der Konzeptionierung.Man hat noch gar keine Design -Requirements. Design Requirements sind die,die dann später kommen, die das spezielle Design irgendwie festlegen,wo man dann eingeengt wird in seiner Wahl.Und da sind wir noch ganz frei und das macht besonders viel Spaß.
Tim Pritlove
Klar, da kann man richtig rumspinnen.
Charlotte Bewick
Ja, so ist es wirklich.
Tim Pritlove
Was wäre wenn?
Charlotte Bewick
Ja, und das ist echt richtig cool. Und dann müssen wir natürlich ein bisschengucken, passt das in den Budgetrahmen rein, der jetzt angedacht ist und versuchenauch den Wissenschaftlern zu helfen, diesen einzuhalten, wenn es nicht geht.Also wenn wir merken, okay, das wird viel zu schwer, viel zu teuer oder sowas,dann sagen wir, okay, was wäre, wenn wir stattdessen das und das und das machen?Und am Ende wollen wir halt was haben, was auch Hand und Fuß hat.Und das reichen dann die Wissenschaftler bei der ESA ein.Und dann ist eigentlich unser direkter Kontakt zu den Wissenschaftlern erstmal vorbei. Dann läuft das in der ESA.Die nehmen diese verschiedenen Missionsvorschläge und suchen dann,evaluieren die und suchen dann welche aus. Also ganz konkret läuft jetzt gerade zum Beispiel der M7.M7 ist eigentlich die siebte Science -M -Class -Mission, also mittlere Mission mittlerer Größe.M6 wurde aber ausgelassen, also es ist eigentlich die sechste.Es gab aber M1, M2, M3, M4 und M5.
Tim Pritlove
Also M7, da sind wir gerade… Was waren das für Missionen, um mal einen Vergleichzu haben, was Mittel ist?
Charlotte Bewick
Ja, also Solar Orbiter ist eine. Dann haben wir Plato bei uns,wird gerade gebaut bei OHB, das ist eine Exoplaneten -Finde -Mission.Dann Ariel zum Beispiel ist auch so eine astronomische Mission.Und genau bei, jetzt Envision ist der Kandidat für M5, das ist eine Missionzur Venus, eine Radar -Mission zur Venus.Und jetzt M7 sind wir im Moment noch bei fünf möglichen Kandidaten und davonwird ESA jetzt in den nächsten Wochen drei auswählen, die in die nächste Runde gehen.Und ab dem Punkt, wo dann noch drei über sind, da wird die Industrie wieder involviert.Das heißt, dann bittet uns ESA, Angebote für Studien abzugeben, und zwar Phase A und B1.Und dann wird für alle drei Missionen jeweils zwei parallele Studien durchgeführtfür diese Phase A, also diese Machbarkeitsstudie und diese Missionskonzeptstudie.Und am Ende davon möchte ESA von uns wissen, was sind die Risiken, was sind die Kosten.Welche Requirements, also welche Anforderungen können erreicht werden,also wie hochperformant kann dieses System sein und darum auch mit zwei parallelenIndustriekonsortien, damit man eben eine Art Zweitmeinung dabei hat.Und dann auf dieser Basis von dem Ergebnis von der Phase A wird dann in zweiJahren die tatsächliche Mission ausgewählt, die es dann wird.Und das ist wahnsinnig spannend, weil die Missionen so interessant sind im wissenschaftlichen Bereich.Also wenn wir jetzt bei M7 gucken, was ist noch im Rennen, kann man auch imInternet recherchieren, aber es gibt eine Mission mit zwei Orbitern am Mars.Es gibt eine Mission, die soll auf dem Zwergplaneten Ceres landen.Es gibt eine Mission, wo es eine Hauptspacecraft und viele Töchter -Spacecraftgibt, die in Formation fliegen und das Erdplasma erforschen.Es gibt ein Gamma -Ray Observatory und es gibt noch eine astroseismologischeMission. Also wahnsinnig spannende.
Tim Pritlove
Auch sehr breit gestreut. Total. Schwierig da überhaupt einen Schwerpunkt festzulegen.Aber ich glaube vor den Entscheidungen steht die ESA ja am laufenden Meter da.
Charlotte Bewick
Richtig.
Tim Pritlove
Da weinen immer mehr als sich freuen. Kann ich mir vorstellen.
Charlotte Bewick
Auf jeden Fall.
Tim Pritlove
Okay. Ich habe jetzt drei Phasen gehört. Also eine einzelne Mission,wenn sie denn dann wirklich mal gebaut und geflogen wird, bis zu wie vielenBuchstaben geht das dann noch?
Charlotte Bewick
Also genau, B1 ist normalerweise die letzte Phase, die wir in der Vorentwicklungmachen. Danach gibt es dann ein Angebot, die Mission auch wirklich zu implementieren.Und dann gehen wir ab an die Implementierungsdirektorate hier und dort kommtdann B2. Das ist das Detailed Design.Das endet dann mit dem Preliminary Design Review, PDR.Dann kommt die Phase C, da wird auch schon gebaut, da kommt dann das Critical Design Review am Ende.Und dann die Phase D ist wirklich Assembly, Integration und Testing.Dann wird das ganze Spacecraft zusammengeschraubt, komplett getestet.Und in der Phase E, das ist Operations,da wird es dann gelauncht und der Satellitenbetrieb ist da auch dabei.Und dann spricht man manchmal noch von der Phase F, das Disposal,das kommt wieder dann in diesen Bereich Space debris mitigation.
Tim Pritlove
Okay, also im Prinzip geht es von Null bis F.
Charlotte Bewick
Genau.
Tim Pritlove
Nur, okay, interessant, das istB1, B2 und genau da ist aber auch so eine Trennung der Zuständigkeiten.Fragen Sie mich, warum da nicht einfach die Buchstaben weitergeführt wurden?
Charlotte Bewick
Ja, das ist ganz interessant. Also eigentlich ist Phase B das,wo die Requirements konsolidiert werden und das Design quasi komplett gemacht wird.Das ist theoretisch immer alles auf dem Papier und noch nichts gekauft und dannab Phase C wird gekauft und so weiter.In der Realität ist es nicht ganz so, aber der Schnitt hier ist bis zum B1 -Ende.Kann man das als Systemintegrator mit seinen Unterauftragnehmern gemeinsam das Design machen.Danach muss man anfangen mit den Komponenten, Manufacturing,die Verträge abzuschließen. Und da muss man dann auch den Vertrag mit dem Kundenhaben, weil sonst kann man das nicht weitergeben.Also darum ist da meistens der Schnitt. Aber es gibt tatsächlich auch Ausnahmen.Wir hatten ja Comet Interceptor.Das war eine Science Mission, die wir jetzt gewonnen haben. Also in Italien,UAB Italien wird die implementieren. Wir sind aber auch dabei.Und da wurde es mal ganz anders gemacht. Das war für uns auch ein Novum.Da haben wir nämlich zwei Phasen, Phase 1 und Phase 2.Und Phase 1 ist Phase A, B1 und B2.Und wir haben damals also tatsächlich bis zum Ende der Phase B2 in der Vorentwicklungan dieser Mission gearbeitet.
Tim Pritlove
Also bis zum detaillierten Design.
Charlotte Bewick
Richtig, bis zum Ende des detaillierten Designs.
Tim Pritlove
Ok, also ist auch nicht in Stein gemeißelt, aber im Prinzip ist das so eineArt Gerüst, mit dem man schnell kommunizieren kann, wo befindet sich jetzt so ein Projekt.Ja, ok. Würde ich ganz gerne nochmal in die einzelnen Phasen vielleicht einbisschen reinschauen, weil ich glaube das ist ja dann auch für eure täglicheArbeit dann auch sehr aussagekräftig.Weiß nicht, könnte man sich jetzt mal an einem konkreten Projekt ja vielleicht auch orientieren.Also Null, die Nullphase, wer nimmt da mit wem erst mal Kontakt auf,womit fängt's an, wer ruft wen an?
Charlotte Bewick
Im Science -Bereich läuft die Phase Null meistens bei der ESAB,also ohne Industriebeteiligung.Die machen dort Concurrent Design Aktivitäten.Wir haben aber Phase Null auch hier bei anderen Missionen schon oft gemacht.Und das ist meistens so, dass man da noch nicht mit vielen Partnern zusammenarbeitet,am besten macht man es als Firma alleine, weil zu viele Interfaces und Schnittstellenführen zu Komplikationen.Man muss da ziemlich schnell und interaktiv miteinander arbeiten.Da ist gerade so ein Concurrent Engineering Approach eigentlich super.Wir haben hier zum Beispiel diese CEFO, die Concurrent Engineering Facility.Das ist ein Raum mit vielen Workstations, wo man gemeinsam sitzt und iterativ arbeitet.Also die Idee ist, von jeder Disziplin sitzt dort jemand, ein Strukturingenieur,eine Antriebsingenieurin, Thermalingenieurin und Missionsanalyst und so weiter.Die sitzen alle in diesem Raum zusammen Und man kann ganz schnell das Designzusammenbauen, sprich,da wird was schwerer in der Masse, dann geht das direkt rüber zum Antrieb,dann wird das Delta V angepasst, dann stellt sich heraus, wir brauchen größereTanks, das geht dann an die Akkommodation.
Tim Pritlove
Also Delta V ist dann, wie viel Beschleunigung braucht das Fahrzeug?
Charlotte Bewick
Ja genau. Und dann merkt man, okay, wir brauchen größere Tanks oder größereThruster, dann geht das an die Akkommodation, dann wird das in dem Satellitendesigneingebaut, jetzt muss die die Struktur wieder nachjustieren und so weiter.Das sind solche Kreisläufe, die sonst Wochen dauern können, weil dann kriegtwieder jemand eine E -Mail, dann muss er das bearbeiten, updaten,schickt wieder eine E -Mail.Und wenn man das in diesem CFO -Approach macht, dann sitzen alle gemeinsam indiesem Raum und machen das, was sonst ewig dauern würde, weil man eben immerdiese langen Lead -Zeiten hat, wo man dann wartet, dass jemand irgendeine Aktionmacht. Alles innerhalb von ein paar Tagen.
Tim Pritlove
Wie viele Leute halten sich dann da in diesem Raum auf? Also wie viele Wissenschaftler,die kommen da an und wollen was und wie viele von euch?
Charlotte Bewick
Also das sind meistens erst mal nur Ingenieure. Wir haben selten,dass wir die Wissenschaftler direkt im Raum haben. Manchmal binden wir die mitein, wenn es wirklich darum geht.Da ist noch ganz viel offen, aber sonst sagen wir einfach, das ist der Input von denen.Die briefen uns, die geben uns ihre Anforderungen und dann sitzen da nur Ingenieureund das sind so fünf bis zehn Personen.
Tim Pritlove
Unter anderem ist ja auch, glaube ich, das LISA -Projekt bei euch durchgegangenoder geht noch sozusagen gerade durch?Genau, also LISA läuft ja schon ewig und wir waren mal zu einem Zeitpunkt auch… Also LISA,kurze Erklärung, ist ja Gravitationswellenastronomie im All,also das, was derzeit nur auf der Erde gemacht wird mit drei großen oder weitvoneinander, nicht großen, aber weit voneinander entfernten Satelliten,die ja so einen riesen Dreieck quasi mit Laser aufspannen.
Charlotte Bewick
Millionen von Kilometern.
Tim Pritlove
Millionen von Kilometern voneinander entfernt sind und dann halt entsprechendeStreckungen im Raum messen sollen und ich kann mir vorstellen,wenn man jetzt mit so einem Projekt ankommt, ich meine das ist ja auch so ein Ding,das ist jetzt nicht irgendwie ein Fernsehsatellit oder so, was schon tausendmalirgendwie gebaut wurde und wo man auf Dinge zurückschauen kann und sagen,ja okay, letztes Mal haben wir das so gemacht,hat auch im Wesentlichen funktioniert, aber hier würden wir gerne noch ein bisschendran drehen, dann kriegt man das wahrscheinlich so im Nachmittag irgendwie weg.Aber wenn jetzt sowas auf dem Tisch liegt, wo ja im Prinzip,gut es gab jetzt diese Lisa, wie hieß sie?Passfinder Mission. Genau, wo das ja im Prinzip einmal ausprobiert wurde.Also da hat man jetzt sozusagen zumindest schon mal so dieses,ja wir wissen das funktioniert auch, trotz alledem, den Moment wo sich die Größenordnungenauch ändern, dann hat das ja ganz neue Anforderungen.Warst du damit dabei oder weißt du wie das wohl gelaufen sein könnte oder kannstdu vielleicht mal so ein bisschen versuchen darauf zu projizieren?
Charlotte Bewick
Also Lisa ist eine Mission, die ist schon ganz, ganz lange in der Mache.Und da hat sich auch schon ganz, ganz viel einfach umgeändert und gewandelt.Also wir waren auch mal gar nicht in Lisa involviert und jetzt sind wir ganzdoll involviert, auch weil die Mission selber schon so viele Wandlungen durchgemacht hat.Und jetzt kommen wir in die heiße Phase, denn wir erwarten jetzt,dass demnächst das große ITT rauskommt, also das große Angebot geschrieben wirdfür das tatsächliche Bauen von LISA.Und genau, LISA ist eine wahnsinnig spannende, coole Mission,weil es eben darum geht – das kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen– aber mit diesen Satelliten in so einem riesigen Abstand zu fliegen und dannaber auch hochgenau den Abstand zueinander zu messen mit diesen schwebenden Massen,um äußere Störungen ausschließen zu können.
Tim Pritlove
Die Goldwürfel, die da frei fliegen in den Satelliten selber drin.
Charlotte Bewick
Ja, also das ist richtig cool, aber auch extrem und ganz, ganz hoch anspruchsvoll.Und darum hat das so lange gedauert. Darum gab es so, so lange,so viele Vorstudien, weil es ganz viele Effekte gibt, wenn man dann ins Detail guckt.Jedes Mal, wenn man denkt, jetzt machen wir eine Detaillierung mehr,kommt, wir müssen noch viel genauer anschauen.
Tim Pritlove
Und die allerwenigsten Missionen haben ja überhaupt diesen Luxus erstmal dieTechnik in einer Mini -Version zu testen bevor man es los schickt.Also das Allermeiste was ja im All landet sind Prototypen.So und in dem Fall gab es zumindest schon mal eine Vorstufe davon.
Charlotte Bewick
Aber es zeigt auch wie anspruchsvoll das ist, weil das wirklich ungewöhnlichist, dass man so etwas macht.Und ja und da wird es jetzt, da kommen wir jetzt demnächst hin,dass wir da wirklich jetzt Angebote schreiben und dass es tatsächlich realisiertwird. nach langer, langer, jahrzehntelanger Vorarbeit. Das ist aber ungewöhnlich.Also LISA ist eine L -Class Mission, also eine Large -Class Mission.Die letzte, die erste L, L1, ist JUICE. Das ist der JUICE, Jupiter,Ice, Sea, Moon Explorer, der ist ja vor kurzem gelauncht.LISA wird jetzt die zweite L -Class Mission und dann danach kommt vermutlichdas Röntgen -Observatorium Athena.Und diese Missionen sind berüchtigt dafür, dass sie lange, lange Entwicklungszeitenhaben, dass sie auch sehr teuer sind, aber weil sie eben auch wirklich so amRande von dem sind, was man machen kann. Also wirklich Pioniermissionen.Aber man kann sie jetzt nicht so gut als Beispiel verwenden,weil sie eben so extrem… Okay, ich sehe, ich habe mich da ein bisschen verfangen.
Tim Pritlove
Nenn doch mal ein Beispiel, in dem du vielleicht auch selber dabei warst.Dass wir uns einfach mal diese Phase Null noch mal genauer vorstellen können.
Charlotte Bewick
Genau. Wir können vielleicht einfach nochmal über Comet Interceptor sprechen.Das ist zwar mit diesen Phasen ein bisschen anders gelaufen,aber das war sehr, sehr schnell und das war auch, finde ich, extrem spannend.
Tim Pritlove
Also ist eine Mission, die wir hier noch nicht beleuchtet haben,kann man vielleicht mal kurz sagen.Also Comet Interceptor ist so die Idee, dass man gerne mal einen Kometen einfangenmöchte, der noch nicht schon fünfmal da war, sondern der mehr oder weniger daserste Mal ins Sonnensystem eintritt und sich dann eben der Sonne nähert.Sprich, bevor er das erste Mal angeschmolzen wird, dass man die Möglichkeithat Proben zu entnehmen,als das Ding noch so richtig alt ist und das Problem ist in dem Moment,wo man so einen entdeckt, dann baut manchmal mal eben eine Rakete und startetdie und ist rechtzeitig da.Das heißt man muss im Prinzip schon im All sein und das ist glaube ich hierdie Idee, dass man irgendwie am Lagrange -Punkt L2 rumgammelt und wartet biswas kommt. Ist natürlich auch gewagt.
Charlotte Bewick
Ja, also es ist sehr, sehr cool. Man ist eine Art Mitfahrer.Ein Rideshare machen wir zusammen mit Ariel, dem Weltraumteleskop.Und dann fliegen wir zum Lagrange -Zweipunkt und dort warten wir dann.Und dann das Ganze basiert darauf, dass man geguckt hat, was gab es in der Vergangenheitfür Objekte und welche davon kann man mit welchem Delta -V, also mit welcher Antriebs -…,Fähigkeit erreichen. Und das sollte so ausgelegt sein, dass man möglichst innerhalbvon der Betriebsdauer, ich glaube das sind fünf Jahre, möglichst viele möglicheObjekte erreichen kann.Und dann gibt es noch so ein paar Backups, das sind einfach Asteroiden,wo man hinfliegen könnte, wenn man eben, wenn nichts kommt.Aber es kann natürlich auch sein, dass wir richtig viel Glück haben und es kommtso was Verrücktes wie dieser Omoamor, kannst du dich nicht daran erinnern?Diese lange, schreckte… Genau, wo man halt einfach war so, was ist das?
Tim Pritlove
Alle gleich wieder so, Raumschiff.
Charlotte Bewick
Raumschiff, aber das war ja wohl ein extrasolares Objekt, also eines,was sogar den Ursprung noch nicht mal aus unserem Sonnensystem haben könnte.Also man weiß einfach nicht, was kommt, das ist super spannend.
Tim Pritlove
Aber irgendwas ist ja immer im All.
Charlotte Bewick
Irgendwas gibt es immer, genau. Und im Notfall gibt es eben auch einfach interessante Asteroiden.Aber wenn es einen Kometen gibt, dann ist es ja so,der Komet kommt von weit außerhalb Und des inneren Sonnensystems kommt er indas Innere und wird dann von der Sonne angeschmolzen und beginnt dann diesesKoma zu entwickeln, das ist dieser Schweif.
Tim Pritlove
Meistens lösen die sich, das ist zumindest die Theorie, dass sie sich aus dieserOrtschenwolke lösen durch irgendeine Schwankung.Irgendwas fliegt vorbei, bringt so ein Stück Steinchen aus dem Tritt und danngeht's ab die wilde Fahrt Richtung Sonnensystemzentrum.
Charlotte Bewick
Ganz genau. Und dann kommen sie her und je näher sie an die Sonne kommen,desto mehr fängt an, sich diese Struktur dieses Kometen zu ändern.Das Eis, was da drin ist, schmilzt auf.Es sprüht Partikel und Wasserflocken und so weiter.Alles wird rausgestoßen. Das ist dieser Kometenschweif.Und den nimmt auch das Koma. Und dann würden wir mit unserem mit einem Dezeptorkommen und fliegen voll durch dieses Koma durch.Das heißt, wir mussten erst mal schauen, wie kann man sich davor schützen.Da muss man Schilde mitnehmen.Und die Geschwindigkeiten der Partikel, auf die wir da stoßen,sind viel, viel schneller als alles, was wir aus dem Erdorbit kennen.Da weiß man ja, man muss sich manchmal beschützen gegen zum Beispiel Schrottwolken oder sowas.Aber da haben wir so relative Geschwindigkeiten von 14 Kilometer pro Sekundeoder sowas. Und hier bei dem Koma geht es um 70, also gleich mal einen Faktor 5 höher.Und das war zum Beispiel ein großer Punkt, den wir uns anschauen mussten.Aber tendenziell war die Idee, wir machen das Ganze möglichst günstig,weil es ist ja ein Mitflieger und es ist auch eine sogenannte F -Class Mission,also eine Fast -Class Mission.Es soll schnell entwickelt werden, es soll möglichst günstig sein.Und um das zu realisieren, haben wir unsere HERA -Plattform genommen.HERA ist eine Mission, die kommt nicht aus dem Science -Bereich,ist aber ein bisschen wie eine Wissenschaftsmission, die kommt aus dem Space-Safety -Bereich und das ist die Mission, die zu dem Asteroiden Didymos fliegt.Didymos ist ein Asteroid, der hat einen kleinen Trabanten, also der hat einenkleinen Mond, den man nennt man auch Didymoon, aber der heißt eigentlich anders,ich kenne ihn aber nur unter Didymoon.Also Didymos und der kleine Didymoon und NASA hat eine Mission gemacht,die hieß DART und DART ist in Didymoon eingeschlagen und hat dadurch wahrscheinlichdie Trajektorie von Didymoon um Didymos verändert.Das ist ein Beispiel oder eine Demonstrator -Mission für die bewusste Veränderungder Trajektorie von solchen Objekten gewesen zur Asteroidenabwehr.
Tim Pritlove
DIMORPHOS heißt er.
Charlotte Bewick
DIMORPHOS, so heißt er, genau.
Tim Pritlove
DIMORPHOS und DIMORPHOS.
Charlotte Bewick
Okay. DIMORPHOS ist sein offizieller Name.Und HERA soll jetzt dahin fliegen, um diesen Krater zu untersuchen,den DART -Krater zu untersuchen.Also ganz spannend, total coole Mission, die läuft hier auch bei OHB,die wird hier gerade gebaut und unsere Idee war, wir nehmen,was wir von Hera haben, weil die Missionen sich sehr ähneln und sagen,das ist unser Startpunkt.Und hier fangen wir jetzt an, möglichst wenig zu ändern, um die Mission fürComet Interceptor erfüllen zu können.Denn dann kann man das Ganze relativ günstig realisieren, weil man ja vielesschon hat und nicht nochmal neu erfinden muss.
Tim Pritlove
Dort passt es zu dem fast und günstig sozusagen.
Charlotte Bewick
Ganz genau.
Tim Pritlove
Also Phase 0, hier ging dann also die Initiative von der ESA aus,das war dann sozusagen der Erstkontakt.Also da ruft hier jemand bei dir an und sagt so, hör mal.Neues Projekt, lasst mal treffen.
Charlotte Bewick
Phase 0 hat ISA selber gemacht, intern. Und dann haben sie,als sie damit durch waren und gesagt haben, das passt, das kriegen wir ungefährhin mit dem Budget nach unseren ersten Abschätzungen, da haben sie dann diesesITT veröffentlicht, das heißt Invitation to Tender.Und das bedeutet für uns, wir schreiben ein Angebot.Und da haben sich dann eben verschiedenste Konsortien zusammengetan,unter anderem wir mit unseren Freunden und Schwestern aus Italien,ORB Italia. Und haben auf dieses ITT ein Angebot geschrieben.Jetzt ist es so, dass wir im Wissenschaftsbereich bei der ESA,ja nicht nur, es geht nicht nur darum, die beste Wissenschaft zu machen,sondern es geht auch darum, den geografischen Return zu erfüllen.Das ist ja bei ESA generell immer ein Fall, das habt ihr bestimmt auch schon mal besprochen.
Tim Pritlove
Geografischer Return?
Charlotte Bewick
Also die verschiedenen Beitrittsländer der ESA zahlen ihr Geld.Und im Wissenschaftsbereich ist das ganz besonders interessant,denn jedes Land muss beim Wissenschaftsbereich teilnehmen.Also man kann nicht für eine bestimmte Mission ein Abonnement abschließen undda sagen, okay, hier, ich tue mein Geld in diese Mission.Sondern jeder muss einen gleichmäßigen Beitrag, der ans GDP,also an das Bruttoinlandsprodukt gekoppelt ist, beitragen zum Wissenschaftsprogramm.Und gleichzeitig hat ESA aber die Verpflichtung, dafür zu sorgen,dass das Geld möglichst gerecht wieder zurückfließt in die Länder.Also genau nach dem, was man beigetragen hat, das fließt auch wieder zurück.Und da war eben bei, jetzt bei Comet Interceptor, war es so,dass wir aus Deutschland gar nicht so einen riesigen Anteil haben konnten an der Mission.Und darum haben wir dann gesagt, okay, Hera ist trotzdem super geeignet,aber wir machen das zusammen mit unseren Freunden aus Italien.Und wir helfen denen dabei, unsere Heritage weiter zu nutzen und sind dann zusammenmit Italien reingegangen und haben das trotzdem geschafft, HERA dafür fertigzu machen. Nur, dass das jetzt eben in Italien läuft.
Tim Pritlove
Okay, also man hat quasi eine Plattform wieder neu genutzt, weil die eben auchfür diese Anforderungen geeignet ist, weil es ja im Prinzip genau das Gleiche ist.Man jagt den Asteroiden hinterher oder den Kometen oder was auch immer es ist.
Charlotte Bewick
Genau, also dann wurde das Angebot geschrieben, wie gesagt ITT kam von ESO unddann kam eben als erstes diese Phase A und in der Phase A macht man Trade -Offs,das heißt wir sind ganz von Anfang an da hingegangen und haben gesagt, okay,wir versuchen möglichst viel von HERA zu nutzen, da wo es Sinn macht,aber wo macht es keinen Sinn und wir haben diese ganzen Punkte versucht rauszufinden.Wo unterscheidet sich diese Mission Comet Interceptor von der Mission HERA undein Punkt habe ich gerade angesprochen, ist dieses Dust Shield,was man braucht, weil man eben durchs Koma fliegt. Aber es gibt auch noch andere.Zum Beispiel waren die Anforderungen an das Antriebssystem andere und so.Und wir haben halt überall aufgestellt, was sind die größten Unterschiede undwas sind unsere Optionen.Zum Beispiel bei dem Antriebssystem haben wir dann gesagt, okay,wir können wieder das Antriebssystem von HERA wiederverwenden oder wir könntenein anderes benutzen, zum dieses oder dieses und haben dann die Missionsoptionendurchgerechnet und zwar versucht möglichst abzuschätzen,was hat das für einen Impact auf die Masse, was hat das für einen Impact aufdie Komplexität, auf die Risiken,auf die Kosten und dann in jedem dieser Trade -Off -Punkte jeweils die besteOption auszuwählen und dann am Ende der Phase A haben wir unser Missionskonzeptdann konsolidiert und damit haben wir alle Trade -Offs geschlossen und wissenmit diesem Konzept gehen wir jetzt in die nächste Stufe, nämlich in die Ausarbeitung der Details.
Tim Pritlove
Heißt das, dass jetzt beim Comet Interceptor auch euer Concurrent EngineeringFacility zum Einsatz gekommen ist?
Charlotte Bewick
Ja, tatsächlich. Also im Angebot haben wir das gemacht.Da muss man ja innerhalb von ein paar Wochen dann eben sein Angebot zusammenmachen und da haben wir dann, finden wir immer, dass es ein super nützlichesTool ist, diese Concurrent Engineering Facility zu nutzen.Wir nutzen sie auch manchmal während der Studien, aber vor allem bei Angebotenist es extrem hilfreich.
Tim Pritlove
Kannst du das vielleicht nochmal ein bisschen beschreiben, wie das dann konkret abläuft?Also wir hatten ja schon die Situation, alle sitzen jetzt irgendwie in einemRaum und ihr habt dann sozusagen spezialisierte Software, um da quasi parallelan so einem Plan zu arbeiten. Kann man sich das so vorstellen?
Charlotte Bewick
Ja, es ist mehr eine Arbeitsweise, aber es gibt auch Software.Aber es geht vor allem darum, wir haben einen, der leitet diese Facility undder bereitet sich darauf vor und der moderiert das Ganze und hat vorher schonalles zusammengetragen, was man dafür braucht.Also die Missionsanforderungen und hat so eine Art Zeitplan entwickelt und danngeht man wirklich, das ist wie so ein Workshop, kann man sagen.Und die Teilnehmer wissen auch,was sie erwartet und dann benutzen wir bestimmte Software -Tools auch.Also wir benutzen zum Beispiel ein Tool, mit dem man Actions vergeben kann undsynchron an Dokumenten und so arbeiten kann, dass man da gleichzeitig an bestimmteSachen zugreifen kann und so.Aber der Kern davon ist wirklich dieses, man kommt zusammen,man hat einen festen Zeitplan und in diesem Zeitplan macht man mehrere ganzschnelle Iterationen des Designs.
Tim Pritlove
Aber die Software ist dann so in -house entwickelt oder sind das einfach auchWerkzeuge der Luft - und Raumfahrtindustrie, die zum Einsatz kommen?
Charlotte Bewick
Also es werden erstmal Werkzeuge, also erstmal werden die Tools,die darin verwendet werden, sind nicht nur für die CEFO.Die meisten sind halt Sachen, die man sowieso auch verwendet.Zum Beispiel für Missionsanalyse wird einfach das normale Missionsanalyse -Tool verwendet.Es gibt aber auch spezielle CEFO -Software, aber da weiß ich nicht genau,welche das ist. Ich glaube nicht, dass die speziell für OHB entwickelt ist.
Tim Pritlove
Also es ist sozusagen ein Modus in dem man sich dann befindet und da geht esdann schnell und ich kann mir vorstellen, dass das eine Menge Spaß macht,dann immer sozusagen mit den anderen Experten rum zu optimieren,weil das ist halt immer so das Problem.Mit Optimierung heißt, man versucht halt einen optimalen Zustand zu erreichenund jeder möchte gerne so, wäre aber cool, wenn ich jetzt hier noch das einbisschen größer baue und dann kommen irgendwie die Thermiker und sagen, wird viel zu heiß.Ja, müssen wir so machen und dann sagen, ja nee, da kriegen wir aber den Antriebnicht für gebaut, dann ist daszu schwer, dann kriegen wir das nicht gelauncht und nicht all so Sachen.Und am Ende steht irgendjemand und sagt, ja habt euch jetzt schön ausgedacht,aber es ist viel zu teuer.
Charlotte Bewick
Ja, also ich muss sagen, ich habe ein paar Mal an solchen Sessions teilgenommenund ich fand es jedes Mal einfach faszinierend, wie viel man hinkriegt am Ende.Hat man wirklich Seitenweise, Konzepte, Bilder, Analyseergebnisse und so weiter.Es ist richtig komplett nach einer Woche Arbeit.Man ist auch durch dann, also es ist anstrengend, einfach weil man die ganze Zeit konzentriert ist.Das Gehirn läuft die ganze Zeit auf Hochtouren von allen zusammen,aber am Ende sind eigentlich immer alle total glücklich und stolz,was man da alles zustande bekommen hat.
Tim Pritlove
Und da lernt man dann wahrscheinlich auch eine Menge über die anderen Bedürfnisse.Weil das ja oft so ein bisschen das Problem ist, wenn so Abteilungen alle sofür sich arbeiten und am Ende will man alles zusammenstecken und stellt festso, wir hätten uns vielleicht mal auf einen einheitlichen Stecker einigen sollen,umso früher man sowas macht.Das ist ja eine Metapher, die kann man ja auch auf alle anderen Arbeitssituationenein bisschen übertreiben.Ich glaube jeder, der in einem Unternehmen mit anderen Leuten zusammenarbeitenmuss, kann ganz gut nachfühlen, was das dann für Momente sind.
Charlotte Bewick
Absolut.
Tim Pritlove
Okay, ich wollte noch ein bisschen mal auf diese Phasen, aber die sind vielleicht gar nicht so…,Klar definiert immer, aber wir bewegen uns jetzt hier bei dem Combat Interceptorim Prinzip jetzt in dieser Machbarkeitsstudie.Das heißt, das ist dann schon etwas, wofür OHB dann auch offiziell beauftragtwird, wo schon Geld fließt, wo die ESA sozusagen investiert und sagt,okay, jetzt müsste mal konkreter werden, aber da redet man halt nicht mehr mitden Wissenschaftlern, sondern eben schon mit Leuten von der ESA.
Charlotte Bewick
Ja, richtig, genau. Also ab dem Punkt reden wir nicht mehr mit den Wissenschaftlern,ESA redet noch mit den Wissenschaftlern.Aber zu dem Zeitpunkt ist es ja so, dass während dieser Machbarkeitsstudie,dass es eigentlich immer mindestens zwei parallele Studien gibt.Also man befindet sich in einer Wettbewerbssituation und da wäre es nicht fair,wenn dann ein Konsortium mit den Wissenschaftlern direkt redet.Darum übernimmt ESA diese ganze Kommunikation.Aber die sind weiterhin eingebunden, gerade wenn es darum geht,dass zum Beispiel von uns rausgefunden wird. Wir können bestimmte Anforderungennicht so erfüllen oder wir müssen uns entscheiden dies oder das,dann werden die Wissenschaftler wieder konsultiert, damit sie auch ihren Senfdazugeben können, ob das akzeptabel ist.
Tim Pritlove
Welcher Teil von ESA spricht dann mit euch? Ist das die Raumfahrtagentur odersind das dann auch unterschiedliche Bereiche?
Charlotte Bewick
Also ESA hat ja mehrere Direktorate und jetzt für die Wissenschaftsmission istes das Direktorat Science und da gibt es dann immer einen Technical Officer,der für ein bestimmtes Projekt zuständig ist und das ist dann die Hauptansprechperson für diese Projekte.Aber wenn wir in der Studie sind, dann ist es oft so, und das finde ich auch immer am,allereffektivsten, dass wir nicht nur mit dem Technical Officer sprechen,sondern dass wir die ganzen Experten von ESA -Seite, da gibt es dann halt Thermalexperten,Strukturexperten und so weiter,direkt mit unserem Thermalexperten, unserem Strukturexperten in direkten Austausch bringen.Die haben dann die E -Mail -Adressen und Telefonnummern voneinander und könnendirekt miteinander Sachen besprechen.Und das ist eine viel bessere Art und Weise zu arbeiten. Und dann können Problemeauch ganz schnell auf dem niedrigsten Level gelöst werden, ohne dass das immergleich über mehrere Personen und Hörensagen und stille Post weitergetragen werden muss.
Tim Pritlove
Wo diese Personen sind, das ändert sich dann auch von Mission zu Mission.Es gibt jetzt nicht so einen Korpus der ESA, der primär zu euch spricht,sondern je nach Mission sind das Leute mal beim ESTEC, mal hier,mal in der Agentur, mal bei der Mission oder wo sind die meistens vertreten?
Charlotte Bewick
Also es ist meistens ASTEC mit denen wir reden. Es sei denn es geht um Operationssachen,das ist dann häufig ESOC in Darmstadt.
Tim Pritlove
Genau, also ASTEC in den Niederlanden, da wo halt die Satelliten letzten Endesdann auch getestet und auf die Reise geschickt werden, die sind sehr viel näher dran am Bau.
Charlotte Bewick
Ja, an der Industrie.
Tim Pritlove
Genau, und Launch ist natürlich dann in Darmstadt. Die wollen natürlich auch mitreden.
Charlotte Bewick
Und der Satellitenbetrieb allgemein ist dann in Darmstadt. Wir haben auch manchmalMissionen, die sind sehr betriebsorientiert.Da haben wir dann auch ganz viel direkt mit denen zu tun.Aber genau, ich würde sagen 90 Prozent unserer Kontakte sind dann mit ESTEC.
Tim Pritlove
Und was das Launchfahrzeug selber betrifft, die italienische Mission,ist das dann eine Vega Mission oder mit welcher Rakete geht das dann hoch?
Charlotte Bewick
Das Comet Interceptor ist ein Shared Launch, die fliegen zusammen mit Arielauf einer Ariane, glaube ich.
Tim Pritlove
Okay, dachte ich mir schon fast. Das ist wahrscheinlich was Größeres,was weiter weg muss. Da braucht man eine Menge Power.Das könnte dann eine Ariane 6 Mission werden.
Charlotte Bewick
Ich meine so war es.
Tim Pritlove
Ja, weil die Ariane 5 ist ja jetzt eigentlich raus.
Charlotte Bewick
Genau, die gibt es nicht mehr. So ist es. Und ansonsten ist es sowieso meistens,dass es europäische Launch -Vehikel sind, aber es hängt mal von Mission zu Mission ab.Also wir haben jetzt auch häufiger mal Situationen, wo wir auch mal gucken,was gibt es so an neuen möglichen Launchern auf dem Markt.Gerade wenn es um kleine Missionen geht, das ist jetzt nicht unbedingt im Science-Bereich so, aber in anderen, dass man halt schon mal schaut,welche zukünftigen Launch -Provider gibt es denn.Weil wir haben ja viele Entwicklungen in Europa gerade von kleinen Launchern.
Tim Pritlove
Und es kann immer mal was dazwischen kommen, das hatten wir hier in der letztenSendung, als wir über Euclid gesprochen haben.Da sollte es ja eigentlich auch schon mit der Ariane 6, beziehungsweise in Schuhursprünglich, mit der Sojus werden und Ariane 6 stand dann nicht zur Verfügung,sodass dann auf die Falcon umgewechselt wird. Das ist natürlich dann immer dieseUnvorhersehbarkeit von allen möglichen Rahmenbedingungen.Man weiß ja nicht, was einem nächstes Wochenende schon wieder um die Ohren fliegt.Ein Beruf, wo man auf Veränderungen vorbereitet sein muss.
Charlotte Bewick
Ja und das ist total dramatisch eigentlich, weil wir ja unsere ganzen Analysenund auch unsere Tests auf eine bestimmte Launcher -Umgebung anpassen.Also wir gucken ja, was sind die Schocklasten, die wir erwarten in dem Launch-Vehikel und Und wenn das dann geändert wird, das hat richtig große Konsequenzen.Das ist nicht so einfach wie, ach, dann nehme ich halt einen anderen Bus oderso, sondern das ist wirklich, das kann das ganze Design nochmal über den Haufenwerfen und man muss nochmal nachbessern.
Tim Pritlove
Weil einfach mehr gerüttelt wird und andere Frequenzen oder so angeregt werden.
Charlotte Bewick
Das ist ganz.Es hat wirklich sehr viele Auswirkungen und das ist für uns auch eine blödeSituation gerade, muss man sagen.
Tim Pritlove
Was ist dann letztlich der Umfang einer Machbarkeitsstudie? Weil eine Machbarkeitsstudieklingt für mich jetzt in gewisser Hinsicht auch so ein bisschen so,ja könnte man, kann man mal machen irgendwie, so klingt jetzt nicht so genau.Aber ich schätze mal, da sind schon eine ganze Menge Parameter ziemlich aufkleinste Nuancen runtergedreht worden.
Charlotte Bewick
Ja, also wenn wir jetzt von der Phase A sprechen, dann machen wir da eben dieseMissionskonzepte, die wir gegeneinander abwägen und dann eins auswählen.Das arbeiten wir dann so weit aus, dass man am Ende der Phase A die Risikenabschätzen kann, den Technologieentwicklungen, die nötig sind.Also wir gucken uns die verschiedenen Komponenten des Atleten an und schauen,was für ein TAL haben die, also Technology Readiness Level. Sind die schon mal geflogen?Muss man die noch entwickeln? Muss man da noch wirklich viel Geld reinstecken?Und was ist der Schedule? Wie lange dauert das bis es so weit ist,dass man das einsetzen kann?Was ist generell der Schedule für die Entwicklung dieses Satelliten?Also wie lange würde das jetzt dauern, wenn wir jetzt das okay bekämen,bis wir den launchen könnten?Weil manchmal hat man ja auch Komponenten drin, die brauchen einfach ihre Zeit, bis sie fertig sind.Dann gucken wir an die Kosten, das ist ganz wichtig, dass man die Kosten schonmal einmal abschätzen kann, damit man auch identifizieren kann,was sind die Kostentreiber und ist das überhaupt innerhalb des Budgets machbar.Und dann Risiken hatte ich schon angesprochen, aber auch hier ist es wichtig,dass man guckt, welche größten Risiken gibt es und wie kann man die irgendwie mitigieren.Was können wir jetzt schon machen, um bestimmte Risiken zu verringern?Wenn wir zum Beispiel sehen, es gibt einen ganz wichtigen Teil in dem SatellitenUnd der wird nur von einer Quelle, kann man den nur beziehen.Dann muss man ganz sicher sein, dass man den von der Quelle auch bekommen kann.Oder alternativ gucken, dass man eine zweite Quelle irgendwo findet.Oder sicher gehen, dass das dann auch wirklich da verfügbar ist.Weil das will man natürlich nicht, dass der Teil dann plötzlich nicht mehr zunutzen ist. Also das ist so ein Beispiel.
Tim Pritlove
Also ein Wirtschaftsembargo einem dazwischengekommen ist und es gibt keine Check -ins -Force, ne?
Charlotte Bewick
Ja, oder was weiß ich, ein ganzes Warenhaus ist abgebrannt oder so.Man weiß es ja nicht. Es können ja die verrücktesten Sachen passieren und sind auch schon passiert.Das sind so Punkte, die man eben in dieser Studie macht, dass man wirklich sichalles anguckt und sagt, okay, Machbarkeit bezieht halt auch sowas mit ein.Und eben natürlich das Satellitendesign. Wie groß ist der? Wie sieht der aus?Wie schwer ist der? Kann der gelaunched werden? Wie viel Power braucht der?Was für Komponenten hat der alles? Und am Ende hast du einen Product Tree,da sind die verschiedenen Komponenten gelistet, einen Funktionsbaum,das sind die Funktionen, die der Satellit ausführen soll,runtergebrochen auf ganz viele kleine Teilfunktionen.Und man hat die Anforderungen des Satelliten, also die von der Nutzerseite kommen,auf eine Satellitenspezifikation umgeschrieben.Und das ist so das Ende von der Phase A ungefähr.
Tim Pritlove
Wie sieht dieses Endprodukt dieser Phase denn konkret aus?Ist das einfach nur ein 300 Seiten PDF, wo alles schön ausgeschrieben dasteht?Oder erhält die ESA oder wer auch immer gerade jetzt Kunde ist,da ein wohl definiertes parametrisierbares Datenmodell,wo man irgendwie am Computer rumschrauben kann und sich sozusagen in all seinenpotenziellen Ausprägungen immer wieder neu berechnen lassen kann?
Charlotte Bewick
Ja, das ist total spannend. Also das ist tatsächlich eine super Frage,weil das ändert sich gerade.Traditionell kriegt ESA von uns vordefinierte Dokumente, die so beschriebensind in unseren Industrienormen.Also es gibt so etwas wie ein Mission Definition Document zum Beispiel oderverschiedene Analyse Reports.Und die sind vorher im Vertrag aufgenommen, die werden geliefert und dann werdendie von uns bereitgestellt und gebaut. und eben bestimmte Modelle,wie zum Beispiel ein CAD -Modell und ein Finite -Element -Modell.Aber was sich gerade ändert in der Industrie, ist, dass wir sogenanntes MBSEimplementieren, also Model Based System Engineering.Und da ist das ähnlich wie das, was du gerade beschrieben hast,dass man wirklich einen virtuellen Satelliten hat,wo die Anforderungen des Kunden direkt mit den Spezifikationen des Atleten verknüpftsind und nicht mehr nur über Dokumente als Schnittstellen verlaufen,sondern eben durch ein richtiges Computermodell.
Tim Pritlove
Das heißt, das ist noch nicht so, aber das ist alte Portals.
Charlotte Bewick
Das ist bei manchen Missionen so. Also manche Missionen machen das jetzt schonso und andere ältere Missionen, die schon lange laufen, bei denen ist es quasinicht implementiert worden und wird vermutlich auch nicht mehr implementiert.Das ist der Umbruch, der jetzt gerade so stattfindet.
Tim Pritlove
Okay, also wir befinden uns da sozusagen gerade in so einer neuen Digitalisierungsphase,weil es macht ja eigentlich auch für alle Beteiligten total Sinn,nicht immer wieder alles sich neu anlesen zu müssen und dann so,was steht denn da jetzt nochmal genau für eine Zahl,so dass man das halt einfach auch in der Simulation vielleicht sofort zum Einsatzbringen kann, was ja dann auch, sagen wir mal Turnaround -Zeiten bei Änderungswünschenoder Anforderungsänderungen dann kürzer machen wird.
Charlotte Bewick
Ganz genau. Das ist eben genau dieser Punkt, diese Anforderungsänderung.Da ändert sich irgendwas im Input und wenn man das in einem old -fashioned waymacht, dann dauert es einfach ewig bis sich das durchgefressen hat auf alleLevel und manchmal gibt es auch einfach einen Punkt,wo es dann übersehen wird und es findet sich dann gar nicht mehr wieder.Also es hört dann einfach irgendwo auf und versickert und das ist eben das,was man damit ausschließen kann.
Tim Pritlove
Das ist ja auch eine echte Gefahr für so eine Mission. Wenn man irgendein Konstraintnur in so einem Textdokument verbirgt und dann wird irgendwo was geändert,was auf diesen Parametern eine Auswirkung hat und der überschreitet dann aufeinmal seine Grenzwerte und keiner merkt es, weil es halt nicht angeschaut wurde,dann ist man ja schnell in deep trouble.
Charlotte Bewick
Ja, absolut. Genau, das ist sowieso das, was man immer hat. Bei uns jetzt inder Vorentwicklung ist es noch nicht mal so dramatisch.Wir legen so die Grundsteine dafür, dass das später funktioniert.Aber wenn dann nachher der Satellit wirklich da ist, man hat schon angefangen,bestimmte Sachen zu kaufen,die Aufträge rausgegeben und dann merkt man, das passt hier aber nicht mehr,dann hat man wirklich ein Riesenproblem, weil dann muss man vielleicht Sachennochmal neu kaufen Oder man muss ganz kostspielige Änderungen durchführen lassenund das will man natürlich möglichst vermeiden.
Tim Pritlove
Und ich könnte mir auch vorstellen, dass das gerade bei so was wie, ne, Beispiel Hera,man möchte sozusagen eine alte Mission anpassen und sagen so,da haben wir doch schon mal so eine Plattform,guck mal, das Ding hat ja auch im Wesentlichen eigentlich das Gleiche gemacht,bloß mit ein paar anderen Parametern, dann könnte man das natürlich auch sehrviel einfacher aus der Schublade wieder hervorziehen und sagen so,da gehen wir jetzt mal drauf.
Charlotte Bewick
Ja, total. Genau. Und auch noch mehr. Also es ist nicht nur,dass man das Design und so weiter dann digitaler, man hat ja auch noch andereSachen, man hat ja bestimmte Komponenten zum Beispiel schon qualifiziert undman hat die Testresultate davon, die man dann zur Verfügung hat.Es gibt so viel, was im Moment noch, sagen wir mal in Anführungsstrichen,lose rumflattert und dass man das alles besser verknüpft und so,das ist ein Riesenbestreben.Das ist auch sehr komplex und auch sehr, sehr, sehr viel Aufwand.Erstmal aber einer, der sich auf jeden Fall auszahlt.Und das ist genau so ein Umbruch, der gerade stattfindet.
Tim Pritlove
So, wenn so eine Machbarkeitsstudie dann gemacht ist, dann kommt Phase B.Was heißt das? Requirements, Consolidation?
Charlotte Bewick
Genau, also der Preliminary Requirements Review ist am Ende.Und in der Phase B1 ist es so,wir haben ja unsere Satellitenspezifikation, Das ist die Übersetzung der Anforderungendes Nutzers an unseren Satelliten und was wir jetzt machen ist,wir brechen das weiter runter von den Satellitenanforderungen an die Spezifikationenan die Subsystemspezifikationen,also eine Thermalsubsystemspezifikation, eine Struktursubsystemspezifikation und so weiter.Da stehen dann, ich gebe mal ein ganz praktisches Beispiel.
Tim Pritlove
Wie so ein Satellit wirklich gebaut ist?
Charlotte Bewick
Naja, das ist die Akkommodation. Die Struktur ist wirklich die Strukturelemente.Also das, was den Satelliten zusammenhält, wo alles dran getackert ist.Ich gebe mal ein Beispiel. Wir haben zum Beispiel vom Kunden eine Anforderung,dass die Launchmasse die x Kilogramm nicht übertreten darf.Und jetzt sagen wir, okay, es kann einfach der Satellit maximal x Kilogramm schwer sein.Wenn man jetzt aber auf Subsystem -Ebene geht, dann muss ich sagen,okay, das propulsion -Subsystem darf nicht schwerer als ein Fraction,ein Bruchteil von X sein.Und das ist so die klassische System -Engineering -Aufgabe auch.Das heißt, wir nehmen die Top -Level -Anforderungen und wir brechen sie runterauf die verschiedenen Teil -Anforderungen.Ein gutes Beispiel dafür ist auch, das kommt jetzt aus dem Erdbeobachtungsbereich,aber ich finde es immer ein schönes, ansprechendes Beispiel,wir haben eine Anforderung, wir müssen wissen, unser Bild ist auf dem und demBereich des Bodens aufgenommen.Geolokalisierung nennt man das, geolocation. Dann können wir auf Satellitenebenedann sagen, okay, wir müssen so und so genau wissen, wo wir uns im Orbit befinden.Wir müssen so und so genau wissen, in welche Richtung wir gucken.Und wir müssen auch noch so und so genau wissen, wie sich unser Instrument imVerhältnis zu unserer Blickrichtung bewegt hat.Also guckt das immer noch genau straight oder ist das leicht verrutscht?Und das sind alles Winkel, die werden dann, oder auch im Sinne von Warp -Position,das ist ja auch eine absolute Position,und die werden dann wieder als Anforderung an die einzelnen Teile runtergebrochenund weiterverteilt. Und das machen wir im System Engineering.Und dann haben wir diese Spezifikation auf Subsystem -Ebene und die werden dannweiter runtergebrochen auf Spezifikationen für einzelne Komponenten.Und diese Komponentenspezifikationen, die können wir dann wiederum an eine Ausschreibungbeifügen und können dann verschiedene Hersteller von zum Beispiel einem ReactionWheel anschreiben und sagen,wir brauchen ein Reaction Wheel, das kann Folgendes.
Tim Pritlove
Also Reaction Wheel zur Positionierung des Satelliten.
Charlotte Bewick
Genau, Reaction Wheel ist so ein Standardbauteil im Satelliten.Darin ist so ein drehendes Rad mit einer hohen Masse oder auf jeden Fall ein Schwungrad.
Tim Pritlove
Genau und damit kann man sich ja dann, wenn man genug davon hat,kann man sich drehen und wenn zu viele davon kaputt sind, dann taumelt der Satellit davon.
Charlotte Bewick
So ist es, genau.
Tim Pritlove
Und dann war's das. Hubble hat so ein Problem. Noch geht's.Ja, vielleicht nochmal auf diese Model -Based -System -Engineering -Zukunft zu schauen.Das ist ja eigentlich etwas, was man sozusagen partnerübergreifend dann machen will.Mehr oder weniger arbeiten dann alle auf dem idealerweise sozusagen mehr oderweniger in Real -Time auf demselben Modell oder sind zumindest in der Lage,so wie das auch in der Softwareentwicklung ist, mehr oder weniger alle an demgleichen Apparat zu arbeiten und jeder bringt seine Änderungen mit ein.Aber in -house dürfte das ja dann sowieso schon der Standard sein,dass man hier an einem digitalen Modell arbeitet.
Charlotte Bewick
Wie gesagt, die Laufzeit von solchen Projekten ist sehr lang.Viele von den Projekten, an denen wir jetzt ganz konkret arbeiten,sind schon vor Jahren entwickelt worden.Die Phase A ist schon Jahre her und bei denen ist es nicht der Fall,dass das MBSE von Anfang an dabei war. Und dann ist es dann irgendwann auchso, dass das Projekt schon so komplex ist, dass es zu spät ist, das noch einzuführen.Aber hier in der Vorentwicklung für die Projekte, die wir jetzt neu anfangen,da ist es eigentlich standardmäßig dabei.
Tim Pritlove
Genau, das meinte ich. Also das ist jetzt der Modus Operandi für die Zukunft.
Charlotte Bewick
Ja.
Tim Pritlove
Okay.Wie sah das jetzt bei diesem Combat Interceptor, um mal wieder ein konkretesBeispiel aus der Tasche zu holen, für diese Phase B, also für das Mission,also Phase A Machbarkeit.Wir können uns vorstellen so und so läuft das. Hier habt ihr irgendwie unsereDaten oder unser Modell oder zumindest unser...5 Kilo schweres PDF, was ihr euch durchlesen könnt.Steht drin, könnte man im Prinzip machen mit dem und dem Aufwand an Geld.Das sagt es ja letzten Endes aus.Und wenn dann eben der nächste Schritt kommt und dann diese B1 Phase losgehtund wenn ich das richtig jetzt verstanden habe, heißt es ja noch nicht,das wird auf jeden Fall stattfinden, sondern es ist vielleicht immer noch einervon mehreren Contendern, dann ist das ja sozusagen auch wettbewerbsrelevant.Was kommt denn dann noch hinzu?Inwiefern wird denn diese Machbarkeitsstudie dann nennenswert noch konkretisiertüber den ursprünglichen Stand hinaus?
Charlotte Bewick
Also genau, also das, was ich gerade beschrieben hatte mit dem Runterbrechender Spezifikationen auf die Komponenten, das kommt in der Phase B1.Dann machen wir die sogenannten Request for Information oder Request for Proposal,dass wir an Komponentenhersteller uns wenden und denen unsere Spezifikationenschicken, um von denen zu erfahren, wie sieht das aus, können die das erfüllen.Also dadurch kriegen wir einfach viel, viel mehr Input nochmal in unser Modell,wie über Risiken, über Kosten und so weiter.Das ist also ganz großer Fokus ist jetzt darauf, ganz konkret, wie sieht das Ding aus.
Tim Pritlove
Wer baut das?
Charlotte Bewick
Welche Komponenten sind dabei? Und auch die Kosten werden dadurch viel konkreter.Und das ist diese ganze Vorbereitung, der Fokus ist jetzt ganz stark darauf, das zu implementieren.In der Phase A ist der Fokus darauf, die Mission selber, wie könnte die aussehen?Wie gesagt, Missionskonzept. Und dann in der Phase B1 ist der Fokus auf,wie bereiten das jetzt vor, dafür, dass es implementiert werden kann.Aber eben noch im Wettbewerb befindlich. Und das ist auch ganz besonders wichtig,weil wenn eine Firma das machen würde, die weiß, wir haben das jetzt auf jeden Fall schon sicher,dann fehlt so ein kleines bisschen auch der Anreiz, wirklich nochmal alles genauanzuschauen, wo kann man noch was verbessern, wo kann man noch Kosten sparen oder so.Ich denke, das ist schon sinnvoll, dass das meistens so gehandhabt wird.Bei der Wissenschaftsmission istes jetzt schon sicher, dass diese Mission kommt, also so gut wie sicher.Es gibt dann zwar noch diesen Mission Adoption Review meistens,wo dann entschieden wird, tatsächlich kommt die Mission,aber bei der Phase B1 ist die eigentlich nicht mehr in Konkurrenz zu anderenMissionen, sondern nur noch in Konkurrenz zwischen zwei Industriekonsortien.
Tim Pritlove
Okay, also man weiß, man will es machen, aber es ist noch nicht klar, wer es macht.
Charlotte Bewick
So ist es genau. Es kann halt passieren, dass die Mission dann doch noch gestopptwird, weil zum Beispiel doch die Risiken und Kosten sich als zu hoch erweisenoder dass sie nochmal ganz signifikant redefiniert wird.Aber in den meisten Fällen ist das nicht der Fall, sondern dann geht es halt einfach danach weiter.Und nach der Phase B1, das ist jetzt, die ich gerade beschrieben habe,kommt eigentlich das Angebot für die Implementierung.Bei Comet Interceptor war es nicht so. Da hatten wir dann noch die Phase B2,die weiterhin im Wettbewerb stattgefunden hat.Was ich gerade auch noch vergessen habe zu erwähnen, sind die ganz detailliertenAnalysen, die in der Zeit durchgeführt werden.Wir haben am Anfang in der Phase A die Analysen sind der Fokus Machbarkeit,also wo haben wir Probleme mit den Schocklasten, wo haben wir Probleme thermalund im zweiten Teil geht es darum,die Umgebungswerte für die Komponenten zu definieren.Das heißt, wir wissen jetzt schon, es müsste thermal und strukturell eigentlichalles funktionieren, Aber die einzelnen Komponenten müssen wissen,welche Schocks erfahre ich eigentlich?Wie sieht meine Thermalumgebung aus? Und da gibt es ganz detaillierte Analysen,die durchgeführt werden, um diese Werte bereitzustellen für die einzelnen Komponentenhersteller.
Tim Pritlove
Viel von dem, was du jetzt beschrieben hast, bezieht sich ja im Wesentlichen auf, sagen wir mal,Den Satelliten als solchen, so das Fahrzeug mit dem man irgendwie die Instrumente dann hinbringt.Aber es ist ja immer so ein Zweispiel aus Transportfahrzeug auf der einen Seiteund der eigentlichen wissenschaftlichen Nutzlast selber.Die werden ja dann oft auch von Universitäten gebaut. Da hat man ein tollesneues Teleskop, irgendwelche Kameras, die irgendwas beobachten und auch dassind ja immer dann quasi so bleeding edge Prototypen.Man macht halt was, was man noch nicht gemacht hat. Das ist ja dann sozusagenauch ein Teil, den ihr gar nicht so definieren könnt.
Charlotte Bewick
Im Science -Bereich ist das richtig, da ist es so, dass die Instrumente in allerallermeisten Fällen Beistellungen sind von Mitgliedsstaaten der ESA oder manchmal auch sogar von anderen,Raumfahrtagenturen von der NASA oder so oder von JAXA,aber wo wir als Industrie über ESA nicht involviert sind, das heißt die sindfür uns, nennen wir sogenanntes CFI, Customer Furnished Item.Und das heißt, wir bekommen einmal die Schnittstellenbeschreibung und wir wissen,was ist wichtig für dieses Instrument. Manchmal ist das ja auch noch nicht fertig entwickelt.Meistens ist es noch nicht fertig entwickelt. Das heißt, wir sind da auch in Iterationen mit denen.Aber wir designen das nicht, sondern wir stellen sicher, dass das Raumfahrzeugdieses Instrument sicher dorthin bringen kann, wo es eingesetzt wird und danndafür sorgen kann, dass der Einsatz auch funktioniert, dass die Daten weitergeleitet werden und so.Es gibt aber Bereiche bei OHB, wo wir auch für das Instrument zuständig sind,ganz besonders in der Erdbeobachtung ist das häufig der Fall.Und da kommt das dann alles in die Hand, also das ganze Raumsegment ist dannvon der Industrie aufgebaut.Andersrum. Die Industrie ist damit beauftragt.
Tim Pritlove
Das heißt, es gibt ja auch schon einen nennenswerten wissenschaftlichen Teil.Also es ist nicht nur so, dass OHB ausschließlich Ingenieure sind,die irgendwie, ja, können wir euch bauen.Wir wissen nicht, was das ist, aber wir bauen euch das.Also wir wissen nicht, was mitfliegt sozusagen. Dem ist nicht so,sondern es gibt ja auch einen Anteil an nennenswerten Wissenschaftlern,die auch wirklich konkret Forschung betreiben und Entwicklungen vorantreibenoder mehr so dazwischen sind, so ein bisschen umsetzen, was woanders erforscht wurde,was so abgehangene Technologie ist.
Charlotte Bewick
So richtige Forscher würde ich sagen nicht, aber der Anspruch ist natürlich,wir verstehen, was wir da machen, weil es für uns natürlich total wichtig ist,zu verstehen, was wollen die Wissenschaftler bezwecken.Denn wenn wir mit den Wissenschaftlern reden müssen und sagen,das und das funktioniert nicht so, wie ihr euch das vorstellt,dann müssen wir auch wissen, was bedeutet das für die.Und wenn wir denen eine Alternative anbieten, dass das für die überhaupt sinnvollist. Man muss irgendwie die gleiche Sprache sprechen.Also schon echt wichtig, dass wir das verstehen.Was wir hier nicht haben, ist Astrophysiker, die Astrophysik betreiben im Namen von UHB.Wir haben aber Leute, die aus dem Bereich kommen und die das studiert habenund die jetzt eben auf der anderen Seite sitzen und die sind für uns ganz wichtigeKollegen, weil die eben diese Sprache sprechen von den Wissenschaftlern.Und was wir hier machen, nennt sich auch Forschung und Entwicklung.Wir forschen aber eben nicht an der Herkunft des Universums oder der Entstehungdes Universums oder der fundamentalen Physik, sondern wir forschen und entwickelnneue Methoden, Raumbetrieb zu leisten, Raumfahrzeuge zu erstellen.Wir entwickeln neue Technologien, die man einsetzen kann.
Tim Pritlove
Also zum Beispiel auch Antriebstechnologien, Energiegewinnungssysteme,würde mir sofort einfallen, auch noch als ganz wichtige Komponente, sowas.
Charlotte Bewick
Ja, also konkret haben wir jetzt bei OAB -Systemen nicht, aber was wir zum Beispielentwickeln, ist, wir entwickeln Design -for -Demise -Methoden.Das sind Methoden, wie man Satelliten und auch Produkte, die man in Satellitenverbauen kann, die dafür sorgen,dass diese beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre komplett verglühen.Das heißt, es ist nicht Wissenschaftsmission, also auch relevant für Wissenschaftsmissionen,es ist für alle Missionen relevant und hat wieder was mit diesem Thema Weltraumschrott zu tun.
Tim Pritlove
Genau. Kommen wir noch zu, jetzt würde mich noch mal interessieren,was ja so ein bisschen das Environment hier anders macht als,sagen wir mal typischerweise, wie ich ihn jetzt so bei der ESA oder bei densonstigen wissenschaftlichen Instituten,Universitäten etc., wo ich schon überall war und die alle noch so Teil des ganzenWeltraumzirkus ja sind.Das ist ja hier, sagen wir mal so, die Wettbewerbsrealität ganz anders niederschlägt.Man steht in Konkurrenz zu anderen Unternehmen und man hat es irgendwie aberauch mit einem sehr überschaubaren Markt zu tun.Es gibt ja jetzt auch nicht so viele Player, die in der Lage sind überhauptso einen Satelliten zu bauen. Den gibt es halt nicht im Supermarkt.Wie beeinflusst das so deine Arbeit? Also spielt es eine Rolle?
Charlotte Bewick
Ja, auf jeden Fall. Also ich habe ja auch einen PhD gemacht,ich habe auch mal im universitären Betrieb gearbeitet.Und das Erste, was mir ganz klar geworden ist, als ich in die Industrie gewechseltbin, ist, meine Zeit kostet Geld.Das war vorher nicht so. Also das war in einer gewissen Hinsicht schon so,aber ich habe es nie gemerkt.Es war immer so, ich habe eine Frage und ich gehe der Frage nach,bis ich eine Antwort habe. Und in der Industrie ist das nicht so,weil man muss immer gucken, die Zeit, die ich jetzt einsetze,um die und die Frage zu beantworten, ist es wert?Weil ein Projekt ist mit einer bestimmten Anzahl von Stunden ausgestattet.Jeder, der an dem Projekt arbeitet, bucht auf dieses Projekt und am Ende mussdas, was man da reinsteckt, möglichst vollständig die Projektanforderungen erfüllen.Und wenn man jetzt plötzlich merkt, oh, das ist aber auch interessant,das würde ich mir auch sehr gerne angucken, muss man manchmal leider sagen, nein, geht nicht.Das übersteigt unser Budget, weil wir uns eben in dieser Situation befinden,dass wir ein Unternehmen sind, was wir werden halt für unsere Aufträge auchbezahlt vom Kunden, dafür, dass wir das liefern, was der Kunde von uns möchte.Genau, und da kann man nicht einfach dann selber entscheiden,ich möchte aber viel lieber das und das anschauen, sondern das muss man danneben so durchführen, wie das ist.Das ist eine totale Umgewöhnung für Leute, die den universitären Betrieb gewöhnt sind.Aber wenn man sich daran gewöhnt hat, ist es auch irgendwie gut,weil alles, woran man arbeitet, das hat alles auch irgendwo Hand und Fuß.Man weiß, das bringt jetzt konkret was weiter und man bewegt was.Und das Resultat sind dann eben diese schnell voranstreitenden Studien mit denMeilensteinen, die dann immer einen höheren Detailgrad haben.Und man sieht auf dem Plan schon, okay, und in zwei Jahren schreiben wir hierdas Angebot und dann geht's los, dann wird was gebaut.
Tim Pritlove
Was da vielleicht noch so ein Aspekt ist, dass man vielleicht auch so eine höhereFluktuation an Mitarbeitern hat.Oder also so im wissenschaftlichen Bereich bleiben die Leute ja in der Regeljahrzehntelang an den Universitäten.Sehr viel Kontinuität.Gibt es diese Kontinuität im...
Charlotte Bewick
Also mein Team ist ein relativ junges Team, aber das liegt auch daran,dass wir in der letzten Zeit auch stark gewachsen sind.Ich habe schon den Anspruch, dass ich hoffe, dass meine Mitarbeiter möglichst lange bei mir bleiben.Aber ich sehe auch, dass gerade die Vorstudien eine Art Eintrittslevel sein können.Das ist eher dran an dem, was man in der Uni gelernt hat an Space System Engineering.Und ich habe häufig tolle, motivierte Mitarbeiter, die hier herkommen und diedann hier anfangen und wo ich aber dann denke, vielleicht juckt die irgendwannauch mal was und die sagen so, ich würde gerne dann mal meine Mission nichtabgeben, sondern ich möchte dann mit,möchte, dass die auch sehen, wie die dann gelauncht wird und dann weiterhin beteiligt sein.Und für mich gehört es auch zur guten Führung dazu, dass ich mir anschaue,was wollen meine Mitarbeiter.Wenn ein Mitarbeiter zu mir sagt, ich möchte für immer hier in deiner Abteilungbleiben, dann freue ich mich total und bin restlos dankbar.Aber wenn eine Mitarbeiterin sagt, ich möchte gerne fünf Jahre hier sein undoder so ungefähr drei bis fünf Jahre und dann würde ich total gerne mal in soeine Implementierungsphase reinschnuppern,dann bin ich auch voll und ganz dabei und unterstütze das und versuche der danndabei zu helfen, das zu realisieren.Darum, ja, wir haben eine Fluktuation, aber die kann auch sehr positiv sein.Mein Ziel ist es immer, wenn wir neue Stellen besetzen, dass wir nicht nur Leutereinnehmen, die Berufseinsteiger sind, sondern dass wir auch mal Leute haben,die schon eine Implementierungsphase gemacht haben und Lust haben,mal wieder ganz von Null anzufangen,damit man voneinander lernen kann.Eine Sache, die mir ganz besonders aufgefallen ist, ist, ich habe ein paar Mitarbeiter,die neben der Tätigkeit in der Vorentwicklung einen Teil ihrer Zeit bei Implementierungsprojektenmithelfen und die können ganz viel von dem, was sie dort lernen,transferieren in die Vorentwicklung.Du wolltest es ja gerade verglichen mit dem universitären Betrieb,wo man Leute hat, die jahrzehntelang dasselbe erforschen. Das gibt es bei uns eher nicht.Es gibt Mitarbeiter, die schon sehr lange hier in der Vorentwicklung sind unddie an verschiedensten Projekten gearbeitet haben.Das sind extrem wertvolle Leute, weil die diesen ganzen Erfahrungsschatz haben,auf den sie zurückgreifen.Und ich hoffe, dass die Leute, die jetzt in der Vorentwicklung bei uns sind,dass die entweder auch hierbleiben und diesen wertvollen Schatz entwickeln oderdass die eben einen anderen Weg einschlagen,in unserer Firma bleiben, bei OHB bleiben, ein Projekt von Anfang bis Ende durchziehenund dann gerne in fünf Jahren wieder bei mir in der Vorentwicklung sitzen undnochmal von neuem anfangen.
Tim Pritlove
Ich kann mir auch vorstellen, dass es viele Vorteile hat, hier zu arbeiten in so einer Struktur,weil ja üblicherweise Firmen dann sehr viel flexibler auch entscheiden könnenund in der Lage sind, mal eben etwas vielleicht mal komplett über den Haufenzu werfen, wenn es sich einfach nicht bewährt hat, ohne dass man in diesen schwierigen,langsam arbeitenden Rotationen von so universitätspolitischen Entscheidungenfesthängt und Mittelschwierigkeiten hat, etc.Also das ist ja sicherlich auch ein Reiz.
Charlotte Bewick
Ja, das denke ich. Und ich denke auch gerade, UAB zeichnet es aus,dass wir hier sehr, wir haben sehr flache Hierarchien und Leute,die hierher kommen und gute Ideen mitbringen und Bock haben,sich zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen, die müssen nicht lange bettelndafür. Die kriegen hier alles, was sie sich wünschen.Ich freue mich immer, wenn ich Leute habe, die sagen, ich habe eine tolle Idee,ich würde gerne selbstständig das und das und das machen und ich versuche dasdann auch zu ermöglichen und ich glaube, das ist generell so ein bisschen der Vibe bei uns,dass es eben so ist, du kannst hierher kommen und du kannst dir Verantwortungübernehmen und auch relativ schnell.
Tim Pritlove
Und ich denke für manche könnte es ja auch durchaus reizvoll sein,eben nicht lange Zeit immer am selben Projekt zu hängen, sondern im Prinzippermanent so einen Wechsel zu haben, immer wieder was Neues zu sehen.Also manche interessiert ja mehr das und manche interessiert mehr das.Nicht jeder ist gleich gestrickt.Wie läuft das? Wir haben jetzt viel drüber gesprochen, da kommt jetzt die Wissenschaft,kommt die ESA, sagt ja hier wir wollen irgendwie das und das machen.Da stößt man doch sicherlich auch manchmal einfach an die Grenzen des Machbaren,wo man einfach vielleicht auch lange Zeit vor sich hinforscht,nachdem die Machbarkeitsstudie vielleicht gesagt hat, das passt schon irgendwie alles.Und dann soll es mal konkret werden und dann stellt man fest,da haben wir uns aber jetzt was eingetreten.Das hat ja dann irgendwie Reperkussionen auf alles. Wie kommuniziert man da?Wie geht man mit solchen Fails um?
Charlotte Bewick
Ja, möglichst offen, auf jeden Fall. Es ist tatsächlich, das passiert.Aber meistens ist es nicht so, dass alles verloren ist, sondern dass man einfachso gucken muss, kann ich mit den Implikationen leben?Also häufig hat es ja einfach direkt was mit Kosten zu tun und dann merkt mansehr schnell, hier steigen die Kosten wahnsinnig schnell an,die projizierten Kosten, weil das alles so furchtbar komplex ist.Und dann kann auch mal die Reißleine gezogen werden und dann wird gesagt,okay, stopp, wir müssen jetzt noch mal ganz neu denken.Das passiert häufiger mal, dass man dann sagt, wir müssen noch mal neu von vorne anfangen.Und dann kann man häufig trotzdem noch eine Mission zusammenbauen,die dann hat dann eben Einschränkungen.Die kann nicht mehr die und die Performance erzielen, sondern nur noch die.Oder die kann nicht mehr in 180 Grad schauen, sondern nur noch in 60 Grad oder so was.Aber das ist dann wieder eine Frage an die Wissenschaftler, wieder ein Zurückgespielt.Könnt ihr damit leben, könnt ihr trotzdem noch die Forschung betreiben,die ihr wollt und manchmal findet man dann eine ganz clevere Lösung,wie man das, wie das dann gar nicht so schlimm ist im Nachhinein.Ja, aber das passiert. Dafür ist das ja ganz klar da. Dafür machen wir dieseVorstudien, um genau das zu finden, bevor es zu spät ist.
Tim Pritlove
Ich hab jetzt bei verschiedenen Missionen, hat man ja auch so die Situation,dass passiert irgendwas Unerwartetes.Da fliegt irgendwas Richtung Saturn und dann nach fünf Jahren Flug merkt manso, oh, hier das Instrument, das funktioniert ja gar nicht.Jetzt haben wir hier mal so ein richtiges Problem.Irgendwas ist komplett falsch berechnet worden. Da gibt's ja dann sicherlichdurchgeschwitzte Wochenenden.Wie läuft da die Kommunikation ab in solchen Momenten? Also wenn sozusagen irgendwaskaputt geht, dann ist ja wahrscheinlich auch ORB in dem Moment gefragt und mussirgendwie auch schnell reagieren.Werden da so Task Forces gebildet? Gibt's dann hier so eine Feuerwehrstange,wo man runterrutscht in den Situation Room?
Charlotte Bewick
Also erst mal in der Vorentwicklung ist das zum Glück meistens nicht der Fall,weil wir eben noch konzeptionell arbeiten.Aber solche Sachen passieren auf jeden Fall. Also ein Beispiel,was mir eingefallen ist, da war ich natürlich nicht persönlich daran beteiligt,aber ich war dabei, ich habe das live mitbekommen, war als die Galileo -Satellitenin den falschen Orbit gelauncht wurden.Das war ein Riesenschock. Wir hatten eine Launchparty hier, wir waren alle zusammen,haben fröhlich Cocktails getrunken und alle geklatscht, als es hieß so,Launch erfolgreich und so weiter.Und dann fing es damit an, dass es hieß, der eine Solargenerator klappt nicht aus.Wie kann das sein? Und dann merkte man, die Stimmung wird ein bisschen komisch.Und ja, wirklich ein Thriller. Und das hing damit zusammen, dass die Raketenicht diesen Spin, den sie eigentlich haben sollte.Dadurch sind auf der einen Seite die Fuel Lines eingefroren und dadurch wurdedas Manöver nicht korrekt durchgeführt.Und das hat auch Auswirkungen auf den Satelliten gehabt, der auf der einen Seiteeingefroren war, sodass die Pyros dich zünden konnten.
Tim Pritlove
Also eingefroren, weil er nicht genug Sonne abgekriegt hat?
Charlotte Bewick
Genau, weil eigentlich müsste der in so einen Barbecue -Mode,das heißt, der dreht sich die ganze Zeit, so heißt das, wie auf einem Grill.Und das ist nicht passiert. Und dadurch ist die eine Seite warm geworden unddie andere aber eiskalt.Und das ging alles miteinander zusammen. Aber das erste, was wir mitgekriegthaben, war eben, der Solargenerator klappt nicht aus.Später konnte der dann ausklappen. Und der ganze Satellit war eben dann einfachnicht, die beiden Satelliten waren zwei auf einmal, waren nicht im korrektenOrbit, sondern in einem niedrigeren Orbit, der auch noch elliptisch war.Und das war sehr dramatisch. Da wurden dann sofort natürlich Leute von OHB zusammengerufen,was machen wir jetzt, wie können wir agieren?Und ich war nicht dabei, weil es wie gesagt nicht meine Mission war.Aber was ich ganz cool finde, ist, später konnte man durch diesen falschen Einschuss,bestimmte Effekte in der Relativitätstheorie zeigen, weil die haben ja diesehochgenauen atomaren Uhren dabei und sind immer näher und weiter weg von demErd -Anziehungskraft gekommen, konnten daher diese Zeitverzögerung durch dieGravitation nachweisen.Aber ja und die machen auch weiterhin Dienst, also die sind aber einfach infalschen Orbit gelandet.
Tim Pritlove
Also die werden nicht so die Lebensdauer haben, aber sie sind trotzdem verwendbar.
Charlotte Bewick
Und die sind nicht in der richtigen.Man hat dann zwar die ephemeris von diesen Satelliten und man kann das allesverwenden, was die produzieren, aber die Position der Satelliten ist ja so ausgewählt,dass die eine gute Abdeckung erzielen und dadurch, dass die dann nicht in demselben Orbit sind,können die nicht in dem Maße zur Abdeckung beitragen, wie sie das eigentlichsollten. So war das damals.Das ist so ein Beispiel, was mir so eingefallen ist. Es passieren auch viele,viele andere Sachen, auch gerade halt während der Entwicklung,wo es dann wirklich heißt, jetzt muss ganz schnell eine Lösung gefunden werden.
Tim Pritlove
Und dann ist man halt einfach dabei mit dem Team. Das heißt gerade bei Launcheskann ich mir vorstellen, ist hier immer richtig Alarm?
Charlotte Bewick
Ja, bei Launches ist es schon fast so, dass man sagt, okay, jetzt kann man auchnicht mehr viel ändern. Jetzt ist es halt so.Aber gerade in dem Bereich vorher, wo gebaut und getestet wird,wenn da irgendwas passiert, irgendwas geht kaputt beim Test und man muss esreparieren und so, da muss man ganz schnell arbeiten. Da sind dann häufig Leuteauch sofort angerufen und du musst losfliegen jetzt.Es gibt eine Situation. Aber da sind wir hier in der Vorentwicklung ausgenommen.Ein weiterer Vorteil von der Vorentwicklung.
Tim Pritlove
Da hat man die Ruhe, verstehe. Die Ruhe weg. Wir haben uns das alles nur ausgedacht,ihr müsst das dann ausbaden.
Charlotte Bewick
Ganz ruhig ist es nicht, aber wir haben zumindest nicht diese plötzlichen Notfälle.
Tim Pritlove
Jaja, es gibt ja so diese Apollo 13 Momente. Ich meine, mit bemannten Missionen,weißt nicht, bist du schon mal an einer bemannten Mission in irgendeiner Formbeteiligt gewesen? Gibt ja auch nicht so viele jetzt.
Charlotte Bewick
Ne, wir haben hier mal in der Vorentwicklung, arbeiten noch weiter als OHB andem Projekt ESPRI, das ist diese Mondbasis.Aber da war ich nicht dabei. Das lief in einer anderen Abteilung,nämlich in der Exploration Abteilung hier.
Tim Pritlove
Artemis hat glaube ich mit ORB nichts zu tun?
Charlotte Bewick
Ich glaube das hängt mit dem ASPRI Projekt auch zusammen.
Tim Pritlove
Okay, naja, aber das sind ja dann nochmal ganz andere Bedingungen.Ja, jetzt hast du ja schon mehrfach angedeutet, sowohl was deine eigene Arbeitbetrifft, eben als auch Anforderungen von Missionen generell,dass ja so ein großes Problem eben die Beendigung der Mission ist oder wie es so schön heißt,die, was war das, die Mission, nein, die,Also wie wird man das wieder los? Oder salopp formuliert der Müll,der im Weltraum so rumfliegt.Das Ziel ist ja schon seit längerer Zeit und ich hatte ja schon mehrere Folgenzum Thema Weltraumschrott, das Thema beschäftigt ja die ganze Szene schon seitJahrzehnten kann man fast sagen, aber insbesondere im letzten Jahrzehnt istja eine ganze Menge gemacht worden.ESA hat diese Space Situational Awareness Initiative gestartet,auch um einfach erstmal sozusagen einen Blick dafür zu haben,wo haben wir jetzt Probleme mit dem, was ist.Aber was jetzt den Bau von Satelliten betrifft, ist ja quasi nicht nur dieses,wie kommen wir da hin, wie kommen wir hoch, sondern wie können wir uns auchkorrekt so entsorgen, damit künftige Missionen nicht in Gefahr geraten.Inwiefern ist das jetzt ein wichtigeres Thema geworden?
Charlotte Bewick
Ja, also für mich ein wahnsinnig wichtiges Thema. Ich habe das schon seit meinemPhD, verfolge ich das eben.Als erstes Mal bin ich damit zu richtigen Kontakt gekommen 2008,als es diese Kollision gab.Cosmos Iridium, da war ich noch Studentin und das war die erste Satelliten -zu-Satelliten -Kollision im Orbit und das fand ich wow.
Tim Pritlove
Also das hat mich nachhaltig Also ein Satellit des Iridium -Systems von Motorola,damals das erste Kommunikationsnetzwerk für Satellitentelefonie.
Charlotte Bewick
Und das andere war ein alter oder ein ehemaliger, nicht mehr funktionierenderKosmos -Satellit, russischer.Und die sind halt richtig ineinander gerasselt und eine große Schrottwolke entstandund man konnte dann richtig nachverfolgen, wie die sich dann so ausgebreitethat und dort auch immer noch ist. Das war auch in einer Höhe,in der man sie nicht so schnell verschwindet.
Tim Pritlove
Wo ist das dann? So 400, 500?
Charlotte Bewick
Ne, 700.
Tim Pritlove
700 Kilometer.
Charlotte Bewick
Und die sieht man auch immer noch. Also jetzt in den Zahlen,wenn man sich die Entwicklung der Weltraumschrottumgebung anguckt, da gibt es einen Sprung.Das war dieses und dann 2009 nochmal diese absichtliche Zerstörung von einemchinesischen Satelliten, 800 Kilometer Höhe.Das ist jeweils ein Sprung in der Entwicklung und die pflanzt sich sofort.
Tim Pritlove
Haben die das eigentlich mittlerweile mal bereut, die Chinesen?Irgendwie nicht wirklich.
Charlotte Bewick
Ja, was heißt, also es gibt bestimmt einige Leute, die es furchtbar finden,aber es gab keine offizielle Entschuldigung dafür oder sowas,das kann man glaube ich auch lange warten.Das Ganze ist einfach, es ist einfach sehr problematisch und es macht mir auch große Sorgen.Ich versuche auch mal das zu erzählen, warum das für uns jetzt in der Wissenschaftso besonders problematisch ist, weil die Satelliten und die Instrumente,die wir bauen, die sind Die sind sehr teuer, die werden lange entwickelt, 20 Jahre oder so.Dann hat man ein Teleskop da oben.Das soll uns 20 Jahre wissenschaftliche Daten liefern.Das Risiko, dass das getroffen und zerstört wird, wird immer größer,je mehr diese Weltraumschrottumgebung wächst.Meine große Sorge ist, dass wir irgendwann wo hinkommen, wo es sich nicht mehrrechnet, so viel Geld zu investieren. Weil man sagt, dass die Wahrscheinlichkeit,dass das Ding innerhalb von ein paar Jahren zerstört wird, ist einfach zu hoch.Und das kann man dem Steuerzahler nicht zumuten, dafür Geld auszugeben.
Tim Pritlove
Bzw. selbst wenn es nicht getroffen wird, muss man ja die ganze Zeit ausweichen,dafür dann wieder Treibstoff verbrauchen, was ja dann die Emissionsdauer verkürzt.
Charlotte Bewick
Genau. Oder es könnte auch getroffen werden von kleinen Partikeln,die es zwar nicht zerstören, aber die einfach die Funktionalität stark beeinträchtigen.
Tim Pritlove
Solarpanele zerlöchern etc.
Charlotte Bewick
Genau. Oder auf die Optik oder sowas. Darum ist das für mich so wichtig,dieses Thema und seit ich bei UHB bin, begleitet es mich hier schon.Ich war erst in der Erdbeobachtung als Systemingenieurin und das war 2012,da bin ich zu UHB gekommen und das war das Jahr,in dem die ISO -Standard, ISO 24113 heißt das, das ist der Weltraumschrott -Mitigierungsstandard,Da sind die ganzen Anforderungen drin, wie in 25 Jahren soll man die orbiten und so.Der wurde durch die ECSS anwendbar für ESA -Missionen.Und das heißt, das war das erste Mal, dass wir wirklich so von Kundenseite standardmäßigfeste Anforderungen an die Weltraumschrott -Disposal hatten und da habe ichvon Anfang an dann immer in unseren Missionen, in den Vorstudien,da diese Weltraumschrott -Pläne erstellt und habe dann 2017, fünf Jahre später,16 oder 17 war das, habe ich dieses Weltraumschrott -Kompetenzzentrum gegründet,weil ich gemerkt habe, es gibt ganz viele Leute innerhalb der Firma in den verschiedenenAbteilungen sitzen, die alle irgendwas mit Weltraumschrott zu tun haben,aber die reden nicht miteinander.Da gibt es zum Beispiel in der Antriebsabteilung gibt es jemanden,der kümmert sich darum, dass Antriebe passiviert werden, also dass man am Endeden letzten Spritz rauslässt, damit es da keine Möglichkeit gibt, dass es explodiert.Oder dann gibt es jemanden in der Missionsanalyse, der berechnet Wiedereintrittsmanöver.Und dann gibt es uns hier in der Vorentwicklung und wir machen das Ganze fürdie neuen Satelliten, dass wir die so auslegen.Und die haben alle nicht miteinander so richtig geredet.Und darum dieses Kompetenzzentrum, wo man sich einmal im Monat austauscht,über die neuesten Entwicklungen spricht, auf technischer Ebene,aber auch auf programmatischer Ebene.Und das hat jetzt zuletzt richtig Fahrt aufgenommen, weil es jetzt innerhalbvon Europa viele Initiativen gibt, an dem Problem endlich was zu lösen.Und ich glaube ausschlaggebend dafür ist diese neue Entwicklung mit den Megakonstellationen.So neu ist jetzt auch nicht mehr, aber es gibt ja jetzt einfach tausende vonSatellitenlaunches pro Jahr.
Tim Pritlove
Also vor allem Starlink, aber nicht nur Starlink, aber das ist natürlich das bekannteste Beispiel.Tausende Arbeit, also wirklich bis in der Endausbaustufe glaube ich bis zu 40 .000.
Charlotte Bewick
Satelliten.
Tim Pritlove
Allein Starlink hat ja jetzt schon mehr Satelliten gelauncht,als insgesamt in der gesamten Geschichte der Weltraumfahrt vorher gelauncht wurden.Die waren natürlich viel kleiner, aber eben viele.
Charlotte Bewick
Ja, aber das Problem ist ja die Anzahl und nicht die Größe. Also die Größe istauch problematisch insofern, dass wenn ein großer Satellit explodiert oder getroffenwird, dann erzeugt er mehr Schrott.Aber die Wahrscheinlichkeit eine Kollision zu haben, wächst mit der Anzahl der Objekte.Starlink ist ein Beispiel, aber es gibt viele andere. Amazon hat auch eine eigeneKonstellation, es gibt auch Konstellationen aus allen Teilen der Welt,die jetzt entwickelt werden, chinesische Konstellationen und so weiter.Das ist nicht wirklich reguliert, das ist nicht wirklich geklärt, wie man das…,wie man das handhaben will. Ein großes Problem mit Konstellationen ist,die fliegen meistens in einem ähnlichen Orbit, also in einer gleichen orbitalen Schicht.Und wenn jetzt die Mission beendet wird und die nicht korrekt entsorgt werden,dann sind die so nah beieinander, dass eine Kollision ganz wahrscheinlich ist.Und wenn erstmal eine Kollision eingetreten ist, dann hat man diese Kettenreaktion,diesen Kessler -Effekt, wo dann ganz schnell die ganze orbitale Schicht vermüllt ist.Und ja, und da engagiere ich mich halt eben schon ziemlich lange für und mache das auch hier weiter.Und wir wollen, also als UHB ist es für uns eben total wichtig,weil das ist ja unser Kernfeld, sind ja diese großen, teuren,hochwertigen Satelliten.Und das sind eben genau die, die auch am meisten da zu verlieren haben.Wenn man Satelliten baut, die klein und günstig sind und in großer Masse zuproduzieren sind, dann ist es nicht so schlimm in Anführungsstrichen,wenn davon einer mal kaputt geht.Weil man hat ja noch viele andere oder im Notfall macht man halt einen neuen.Aber wenn man diese großen teuren Produkte anguckt, die konventionelle Raumfahrt,die Wissenschaftsmissionen, die haben am meisten zu verlieren.
Tim Pritlove
Wer nimmt an dem Kompetenzzentrum so alles teil? Ist das eher eine europäischeoder nur deutsche Geschichte oder ist das schon international?
Charlotte Bewick
Also das ist ein OHB, ein internes Kompetenzzentrum.Und wir haben aber Kontakte auch zu unseren anderen Partnern,also unseren Schwesterfirmen in anderen europäischen Ländern.Aber die regulären Teilnehmer sind alle von der OHB System und von der OHB DC,das ist Digital Connect.Die machen Bodensysteme und Operations.Aber wir arbeiten, das ist innerhalb der Firma, Da arbeiten wir daran,unsere Satelliten zu verbessern und Technologien zu entwickeln und so.Aber wir haben auch Kontakte und wir arbeiten eng zusammen mit der ESA,mit dem DLR, auch mit anderen Industrieunternehmen.Einmal über zum Beispiel Eurospace, das ist so eine Vereinigung von Industrieunternehmen,aber auch ganz besonders über das Clean Space Office der ESA.Das ist in ESA eine Initiative, wo es darum geht, die Raumfahrt nachhaltigerzu machen und die ganz viel im direkten Austausch mit der Industrie gehen,was ich richtig super finde und wo wir immer,wo wir schon ganz viele Fortschritte gemacht haben.Jetzt in diesem Jahr steht ganz oben auf der Agenda die sogenannte Zero DebrisCharter, das ist ein politisches Dokument,wo sich Industrie und ESA und verschiedene nationale Weltraumorganisationen wie DLR zum Beispiel.Zusammenschließen und gemeinsam einen Plan, einen groben Plan entwickeln, wo wir 2030 sein wollen.Was zum Beispiel die Zuverlässigkeit von Satelliten im Wiedereintritt angeht und so weiter.
Tim Pritlove
Was ist denn bisher schon so erzielt worden an Fortschritten?Wir haben vielleicht mal ein paar Jahre zurück geblättert. Was ist jetzt besseran den Satelliten, was ist geändert worden, um diese ganzen Zielsetzungen dannauch zu erfüllen und diese Wünsche umzusetzen?
Charlotte Bewick
Also in unseren Satelliten sind wir compliant, also erfüllen wir diese Mitigationsvorschriften,das heißt, die werden immer so ausgelegt, dass sie am Ende der operationellen Lebensdauer,entweder kontrolliert einen Wiedereintritt durchführen oder einen passiven Wiedereintrittmachen und davor sich passivieren.Und dass man die Wahrscheinlichkeit einer Explosion oder so minimiert,dass die Ausweichmanöver fliegen.Also ganz viele Sachen sind einfach jetzt im Design standardmäßig dabei.Was man noch nicht so richtig sehen kann, ist, was für Auswirkungen das hat,weil die Satelliten, die jetzt fliegen und vor allem die jetzt in ihr End -of-Life gehen, die sind häufig von der Zeit, bevor es diese Standards gab.Und wenn man sich das anschaut, sieht man, es sind nur ganz wenige Satelliten,die wirklich einen Wiedereintritt machen oder ein wirkliches End -of -Life -Betrieb durchführen.
Tim Pritlove
Das heißt, es geht jetzt eigentlich erst langsam los.
Charlotte Bewick
Ich glaube, die Früchte zeigen sich erst jetzt so langsam. Und das ist haltso, wenn ich jetzt anfange, einen Satelliten zu entwerfen, dann wird der vielleicht 2029 gelauncht.Und dann hat er sein End -of -Life vielleicht 2038.Und das heißt also 15 Jahre.
Tim Pritlove
Aber irgendwas wird auch schon mal runtergekommen sein, was schon so halbwegs modern gedacht war.
Charlotte Bewick
Ja klar, also es gab schon Wiedereintritte, die gezielt waren.Es gab auch schon passive Wiedereintritte, aber einfach die Compliance -Rate ist so niedrig.Es gibt einfach viel zu viele Satelliten, die dort oben am Ende des Lebens einfachnur das Licht ausmachen und da oben bleiben statt sich zu entfernen.Aber ich glaube halt in vielen Fällen, weil sie eben aus einer Zeit stammen,wo das noch nicht mit eingebaut wurde in das System.Und das andere, was sich gerade tut, was total eine krasse Entwicklung ist,wo ich auch echt überrascht bin, dass das jetzt kommt, weil es immer hieß,kommerziell kriegt man das nicht hin, also es gibt einfach nicht genug Budgetdafür ist, dass man eine Debris -Removal -Mission macht.Das ist ja hier Clear Space One und auch Astroscale, eine Firma aus Japan undGroßbritannien, macht jetzt einen echten Demonstrator von einer Mission,die da hochfliegt und sich eine alte,Raketenoberstufe schnappt und aus dem Orbit entfernt.
Tim Pritlove
Das ist jetzt erstmal so eine Technologiedemonstration.Gibt es da eine Technologie, die sich da abzeichnet?Ich hatte ja schon mehrfach das Thema, einerseits die Weltraumschrott Sendung,da haben wir natürlich darüber gesprochen, vor allem über das Problem selber,dass wir über Robotik gesprochen haben.Dann kam es auch schon zu Überlegungen für automatische Andockungen.Jedes Raumfahrzeug hat ja in der Regel zum Beispiel eine Antriebsdüse.Da könnte man ja vielleicht von hinten sich einklinken.Mit Netzen wird experimentiert. Zeichnet sich schon irgendeine Technologie ab,wo alle meinen, das könnte am besten funktionieren, das ist vielleicht der ökonomischsteAnsatz oder ist das noch ein sehr breites Feld, wo eigentlich alles mal ausprobiertwerden muss, wie es funktionieren könnte mit der Müllabfuhr?
Charlotte Bewick
Also ich glaube am vielversprechendsten ist dieses feste Docking,also wo man wirklich hinfliegt und zum Beispiel mit der Düse sich verbindetoder mit dem Launch Vehicle Adapter, also dem Ring, mit dem man vorher schonauf dem Launcher befestigt war, weil das ist natürlich fest auch an der Struktur befestigt.
Tim Pritlove
Und der ist auch halbwegs standardisiert.
Charlotte Bewick
Genau, der ist auch standardisiert. Aber was wir auch haben,ist, dass wir mit den neuen Satelliten so Docking -Stations einbauen,sodass die schon richtig so einen Greifpunkt haben und so ein kleines Schild,was man dafür benutzen kann,um mit einem visuellen Sensor zu erkennen, in welcher Lage befindet sich derSatellit gerade, wie dreht er sich.
Tim Pritlove
So ein QR -Code sozusagen.
Charlotte Bewick
Ja, so ein bisschen so, genau, und das wird jetzt mit eingebaut,sodass man, falls der Satellit es nicht schaffen sollte, aus eigener Kraft denWiedereintritt zu machen, dassman die Option hat, ein möglichst einfaches Dockinginterface zu haben.
Tim Pritlove
Aber das ist natürlich das eigentliche Ziel, dass so eine Rettungsmission garnicht erst erforderlich ist.Trotzdem kann ich mir vorstellen, dass der Bedarf für diese Müllabfuhr steigt.Weil ich meine da müssen ja eigentlich auch die Unternehmen selber ein Interesse dran haben.Also gerade als wir Starlink angesprochen haben, ich meine das ist natürlich für die in dem Moment,wo einer ihrer Satelliten da rogue läuft und irgendwie alles so kegelmäßig wegballert,kann er ja auch mal schnell den Tod des ganzen, vielleicht nicht des ganzen,aber zumindest signifikanter Teile des Netzes bedeuten.Bis hin zur Gefährdung des Weiterbetriebs an sich, weil wenn erstmal genug rumfliegt,dann muss man unter Umständen den ganzen Orbit ja aufgeben und später dann vielleichtauch noch andere orbitale Lagen.Beteiligen die sich da? Gibt es da Innovationen?
Charlotte Bewick
Also für Betreiber von einer festen Konstellation ist es vielleicht so,dass man tatsächlich sagt, okay, ihr habt ein Interesse daran,den Satelliten zu entfernen.Aber man muss leider sagen, in den allermeisten Fällen ist der Betreiber nichtderjenige, der direkt betroffen ist von den Folgen.Es kann sein, aber erst mal ist das einfach nur eine Umweltverschmutzung in dem Sinne.Und das muss meiner Meinung nach, das muss viel strenger reguliert werden,dass man wirklich dafür aufkommen muss. Wir haben jetzt bei der Zero -Debris-Charta darüber gesprochen, dass wir mit 99 -prozentiger Wahrscheinlichkeiteigentlich wollen, dass die Satelliten nicht im Orbit verbleiben.Und das ist eigentlich nur möglich, indem man Vorkehrungen trifft,dass man im Falle eines Ausfalls eben so einen Rettungsdienst nutzt.Anders weiß ich nicht, wie man eine 99 -prozentige Wahrscheinlichkeit erreichensoll, weil es eben immer was gibt, was ausfallen kann.Oder man muss den Satelliten so designen, dass er alle Systeme dreimal oderso dabei hat, was ja dann auch wirklich teuer wird.
Tim Pritlove
Ja.Normalerweise so im industriellen Bereich, Kraftwerke etc.Macht man das ja mit so einem Fonds, wo man sozusagen sagt,okay ihr wollt in diesem Milieu wirtschaftlich unterwegs sein,könnt ihr das schön machen,aber wenn ihr hier eine Lizenz haben wollt, dann müsst ihr irgendwie so undso viel Prozent von eurem Umsatz in so einen Topf geben und wenn halt mal wirklichwas schief geht, dann haben wir zumindest Kohle, um das irgendwie regeln zu können.Zeichnet sich das ab, dass sowas kommt?
Charlotte Bewick
Also die Idee gibt es, aber das Problem ist, wie setzt man das um?Bei einem Kraftwerk hat man ein festes Land, in dem soll das Kraftwerk dannstehen und da gibt es halt eine klare legislative Hoheit.Und das gibt es im Weltraum eben nicht und man müsste sich dann schon wirklichinternational einig werden.Wenn einige Länder anfangen würden, das alleine zu machen, kann das halt aucheinfach eine Abwanderung von Industrie bedeuten.
Tim Pritlove
So nach dem Motto, wenn das hier zu teuer wird, dann launchen wir halt woanders. Ja, genau.
Charlotte Bewick
Eine Idee, die schon mal besprochen wurde, war, dass man vielleicht das auchmit den Servicen verbinden sollte.Also nicht so sehr guckt, wo wird der gelauncht oder wo wird er betrieben,sondern wo dürfen die ihre Services verkaufen.Wenn man einen Satelliten hat, der zum Beispiel Internet anbietet,aber keine korrekten Vorkehrungen für End of Life hat, dann darf der vielleichtsein Internet nicht in Europa vertreiben. Nur so als Idee.
Tim Pritlove
Ja, okay, good point.Das könnte ein interessanter Hebel sein natürlich und Tracking Station,solche Netzwerke nutzen zu können, ist natürlich auch in gewisser Hinsicht einPrivileg, könnte ich mir vorstellen.
Charlotte Bewick
Ja das stimmt, genau. Also Bodenstationsnetzwerke und so.Obwohl gerade die Konstellationen, die haben eigentlich Inter -Satellite -Link,also da braucht man dann nur noch eine Bodenstation und die Informationen werdendann von Satellit zu Satellit weitergegeben.
Tim Pritlove
Beziehungsweise sie haben halt überhaupt ihre eigene Infrastruktur auf dem Boden.Ja, alles nicht so einfach. Aber du bist da optimistisch, dass sich da was tut?
Charlotte Bewick
Ja, also irgendwas muss sich tun.Ich weiß nicht, ob ich das unbedingt als optimistisch bezeichnen würde.Was ich gut finde, ist, man hat das Gefühl, im Moment ist wirklich Impuls dahinter.Wir merken von vielen Seiten, es gibt Interesse, die deutsche Raumfahrtstrategienimmt speziell auf Nachhaltigkeit Bezug.Wir haben von der EU, hören wir jetzt, dass es im EU Space Law Nachhaltigkeitmit berücksichtigt werden soll.Dann haben wir wie gesagt dieser Zero Debris Charter, wo wir,was auch wirklich außergewöhnlich ist, dass wir da mit Industrie übergreifend,mit unseren Wettbewerbern, mit unseren Kunden alle zusammen unterzeichnen wollen,dass wir uns hier an bestimmte Maßstäbe halten wollen.Und eben ist es auch Geld da, um solche Entwicklungen zu finanzieren.Was früher wirklich in Frage stand, wo wir gesagt haben, das wird nie kommen,so eine Mission, weil es gibt einfach niemanden, der bereit ist,so viel Geld dafür zu bezahlen, einen Satelliten aus dem Orbit zu entfernen.Und jetzt passiert es doch.Und es gibt eben auch Geld da, um Technologien zu entwickeln,die wir brauchen. Sprich dieses Das Design vor dem Mais, was ich eben angesprochen hatte.
Tim Pritlove
Wann kommt diese Testmission an den Start, die nächste?
Charlotte Bewick
Ich glaube, es sollte 2026 soweit sein, wenn ich mich richtig erinnere. Also nicht mehr lange.
Tim Pritlove
Okay, nicht mehr lange, aber halt so nicht mehr lange in Raumfahrtsgrößenordnung.
Charlotte Bewick
Ja, voll bald in Raumfahrtsgrößenordnung.
Tim Pritlove
Das ist ja quasi morgen schon.
Charlotte Bewick
Ja, das stimmt.
Tim Pritlove
Ja, man muss ja hier wirklich einen langen Atem haben. Du hast EU -Space -Lawangesprochen, das heißt es soll auf der Ebene der Europäischen Union einen Weltraum...Gesetzgebung erarbeitet werden, die dann das Potenzial hat, als Vorlage fürdie internationalen Verhandlungen zu dienen oder wie sehe ich das?
Charlotte Bewick
Also ich bin gar keine Expertin, was diese EU -Machenschaften angeht und ichfinde es auch immer super komplex, aber wie ich es verstehe,ist, dass die EU eine Art Vorschlag dann macht und die Nationalstaaten das inihre eigene Gesetzgebung übernehmen können,aber genau, das ist, ich bin Ingenieurin.
Tim Pritlove
Ja, ist mir schon klar. Aber interessanter Hinweis hatte ich jetzt noch garnicht so auf dem Zeiger. Ich habe mich ja schon mal über Weltraumrecht unterhalten,das ist aber schon eine Weile her.Wobei auch damals war schon klar, dass es einfach sehr schwierig ist die Interessenunterschiedlicher Staaten hier unter einen Hut zu bringen.Und wenn man sich halt vor allem die Ambitionen der Russen in den letzten Jahrenanschaut, könnte es ein bisschen schwierig werden da auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.China ist ja auch generell noch so ein bisschen ausgeklingt,aber wäre natürlich schon mal ganz gut, wenn es hier zumindest mal sinnvolle Vorschläge gibt.
Charlotte Bewick
Aber ich finde auch, das ist für mich auch immer so ein Punkt,ich vergleiche das ganz gerne so mit der Klimawandel -Problematik.Man kann nicht immer nur sagen, aber die Russen, aber die Chinesen machen esdoch auch, weil dann kommt man nie weiter.Wir müssen als Industrienation, müssen wir auch eine Vorbildfunktion erfüllenund das gilt jetzt auch für den Weltraumschrott, aber halt ganz besonders mit dem Klimawandel.Und wenn man sich anschaut, was fliegt denn da oben eigentlich rum?Ja klar, es gibt viel russischen Schrott, aber es gibt auch ganz,ganz viel Schrott aus Amerika und auch einiges aus Europa.Und die aufstrebenden Nationen im Bereich Raumfahrt, die jetzt anfangen,die gucken ja auch, wie verhalten sich die Player?Und wenn wir jetzt sagen, na ja, okay, wir haben keinen richtigen Grund,da jetzt wirklich was zu machen, weil es halten sich ja sowieso nicht alle dran,Dann ist es ja kein Wunder, dass eine neue Raumfahrtnation, sagen wir mal Nigeria oder so,dann auch nicht sagt, okay, wir machen jetzt aber sehr, sehr nachhaltige Raumfahrt.Ich meine, toll, wenn sie es tun, aber ja, ich finde, da ist es schon sehr,sehr wichtig, dass gerade als eine Nation, die schon sehr viel entwickelt hatund die auch schon viel genutzt hat im Orbit und davon auch schon viel profitierthat, dass man eben den Weg weist.
Tim Pritlove
Mh.Ja, also ich glaube da haben alle so ein bisschen Dreck am Stecken,weil das Thema einfach lange Zeit vernachlässigt wurde.Ich frage mich eigentlich immer, warum eigentlich? Also hat man irgendwie langeZeit gedacht, das könnte nicht wirklich ein Problem sein?Oder sind da einfach nur die frühen Rufe nie erhört worden aus Kostengründen?Oder war einfach das Wachstum dann schneller, als alle damit gerechnet haben?
Charlotte Bewick
Beides. Also einmal hat man lange Zeit nicht geglaubt, dass es ein wirklichesProblem gibt, obwohl der Donald Kessler das ja schon in den 70er Jahren prognostiziert hat.Aber das sind natürlich auch immer dieser Kommunikationsunterschied zwischenden Wissenschaftlern und den Leuten, die dann Satelliten tatsächlich auch inAuftrag geben, was früher ganz oft auch das Militär einfach war.Und dann zum Beispiel diese Antisatellitentests, da ist man sich ja eigentlicheinig, dass das Quatsch ist, aber trotzdem wurde das weitergemacht.Der letzte ist jetzt auch erst ein paar Jahre her, wo eben Satelliten wirklichim Orbit zerstört werden, um zu demonstrieren, wir können das.Die Leute, die das entscheiden, die haben bestimmt nicht schlaflose Nächte wegen Weltraumschrott.Das sind einfach ganz andere Interessen, die da zusammenkommen.Und das andere ist diese Entwicklung mit den Megakonstellationen,das hat viele überrascht.Das ändert alles in der Weltraumindustrie, das hatten wir, also ich hatte dasso nicht auf dem Schirm und bis vor ein paar Jahren eben. Und dann plötzlich ging das los.Und wir haben gesehen, es geht nicht nur darum, dass hier ein paar UniversitätenCubeSats machen, sondern es geht darum, dass wirklich im ganz großen,im kommerziellen Stil zehntausende von Satelliten in den Orbit geschossen werden.Und nicht nur von einer Firma, sondern von vielen, die das machen wollen.Einige, die es jetzt auch schon machen und noch viel, viel mehr, die es planen zu machen.Und dann ändert es einfach alles. Wenn man sich die Wenn man sich die Diagrammeanschaut, es gibt so ein paar Diagramme, die wirklich augenöffnend sind,wo man sieht, seit den 60er -Jahren, wie viele Launchs gab es und wie vielegab es in den letzten beiden Jahren.Und das sind einfach ein Balkendiagramm, wo es in den Himmel reißt auf einmal.Und dann, wenn man das dann noch vergrößert in die Zukunft und guckt,wie viele sind jetzt schon angekündigt, da ist eine ganz klare Schnittstelleim Jahr 2020 ungefähr oder 2019. sind.Und da ist der große Umbruch und wir haben viel, viel, viel mehr Launches jetzt,als wir es jemals zuvor hatten.
Tim Pritlove
Es gibt ja ein paar richtige Klopper. Also vor allem sind ja früher,also der Trend zu kleineren Satelliten ist ja in gewisser Hinsicht auch gut,auch wenn es jetzt so viele sind.Früher hat man ja noch ein anderes Modell gehabt und es gibt ja einige große Satelliten.Ich glaube so ein 6 Tonnen Teil InchelSat, der da verendet ist.Und der Envisat auch noch natürlich. Also der ist ja noch schwerer,irgendwie über 8 Tonnen. Also wirklich so ein VW -Bus im Weltall.Die so ein bisschen unkontrolliert da rumliegen. Es wären ja eigentlich,sagen wir mal, sehr dankenswerte Ziele für so eine Rettungsmission.Aber man kann wahrscheinlich an diese dicken Dinger, also ist es schwerer?Oder eigentlich das gleiche wie bei so einem kleinen?Ich meine so ein kleiner ist vielleicht schwerer einzufangen und letztlich soviel Energie brauchen wir ja gar nicht, um die Dinger auf einen anderen Orbit zu bringen, oder?
Charlotte Bewick
Ja, also erst mal die großen Teile. Also es gibt so eine Art Hitliste,so eine Art Most Wanted List von Objekten,wo man sehen kann, welche muss man auf jeden Fall einfangen und das hat damitzu tun, was ist die Wahrscheinlichkeit, dass die mal explodieren oder zerstörtwerden und was ist der schwere Grad von den Folgen von so einer Explosion.Und da steht Envisa zum Beispiel ganz oben, weil es eben in einem Orbit,er ist in einem Orbit 800 Kilometer, wo der ganz wichtig ist für die Erdbeobachtung,der aber so weit oben ist, dass man kaum noch Restatmosphäre hat.
Tim Pritlove
Also wenn es dann… Da bremst nichts ab.
Charlotte Bewick
Da bremst nichts mehr ab. Der bleibt dann tausende von Jahren dort.Und die Wahrscheinlichkeit, dass er mal explodiert, durch eine Kollision zerstörtwird, ist extrem hoch, weil er eben von alleine kaum runterkommt,in Hunderten von Jahren nicht.Aber es gibt auch andere Satelliten, die da weit oben stehen,die zum Beispiel volatile Antriebssysteme dabei haben, wo man weiß,früher oder später explodieren die.Und der Grund, warum man sich nicht als allererstes Envisat schnappt,ist, Envisat ist wie gesagt ein Acht -Tonnen -Klopper und wenn man den nichtauf eine ganz gezielte Wiedereintrittsbahn auf die Erde befördert,sondern wenn da irgendwas schieflaufen würde,dann würde der sehr, sehr viele Komponenten,die den Wiedereintritt überleben, auf der Erdoberfläche zerstreuen mit hoher Geschwindigkeit.Das kann also sehr gefährlich werden für Menschen, für Tiere,für Einrichtungen, für Infrastruktur auf dem Boden.
Tim Pritlove
Also den muss man auf einer sehr klugen Trajektorie direkt in den Pazifik führen sozusagen.
Charlotte Bewick
Da muss man erstmal demonstriert haben, dass man das kann und dass man das auchwirklich sicher kann, bevor sich das irgendjemand traut.
Tim Pritlove
Okay, aber eigentlich ist das schon so Target Nummer eins. Das wäre super,wenn man dem mal los wird.
Charlotte Bewick
Für Europa ist es das, weil es ist ein europäischer Satellit.Das heißt wir wissen, wir können da ran, ohne dass irgendjemand ein Problem damit hat.Es gibt viele andere Satelliten, die auch große Probleme verursachen,wo das rechtlich nicht so einfach ist, wo die einfach nicht europäisches Eigentum sind.
Tim Pritlove
Genau, wie zum Beispiel dieser Intelsat, der auch so ein Riesending ist.Wie sieht das aus mit den geostationären Orbits, weil ich meine,die Low, oder Low, ich weiß nicht, bis zu 800 Kilometer, wie nennt man dannden Orbit noch, das ist ja nicht mehr Low. Also sagen wir mal so die Erdnaheit.
Charlotte Bewick
Ne Low, Leo ist bis 2000 Kilometer höher.
Tim Pritlove
Also in diesem Leo Bereich, also da wo man eine realistische Chance hat mitüberschaubarem Energieaufwand die Dinge auch wieder nach unten zu zwingen,weil eigentlich bringt die ja nichts aus der Ruhe.Die fliegen da einfach ihre Bahn und folgen einfach Einstein um die Erde herum,das heißt man muss da einfach gegendrücken, um die sozusagen wieder so ein bisschenwie eine Gummiente unter Wasser zu halten.Und dann gibt es aber noch diesen geostationären Orbit, da ist ja die Chance,die wieder zurück zu bekommen, kann man irgendwie komplett vergessen und dieheutige Strategie sieht ja so aus, dass die dann einfach ein bisschen weiterrausgeschoben werden, aber im Prinzip ja da auch bleiben.
Charlotte Bewick
Genau, beim GEO das ist ein ganz spezieller Orbit, weil das ist ja nur ein Orbit.Also beim LEO haben wir ganz viele verschiedene Orbits, hohe Inklination,niedrige Inklination, die so kreuz und quer durcheinander flitzen.Das ist ganz chaotisch. Im Geo ist es so, die sind alle ungefähr äquatorialund die gehen alle in die selbe Richtung und mit derselben Geschwindigkeit,weil die alle diesen 24 Stunden Umlauf haben wollen, wo sie immer über einen Punkt der Erde stehen.
Tim Pritlove
Ein Perlenkettchen einmal die ganze Erde herum.
Charlotte Bewick
Und wenn jetzt einer davon anfängt nicht mehr zu funktionieren und anfängt abzudriften,dann hat der nur eine ganz geringe relative Geschwindigkeit zu den anderen,weil der geht dann ein bisschen niedriger und dann.Im Verhältnis zu den anderen bewegt er sich dann so ganz leise ein bisschenrückwärts oder ein bisschen vorwärts, je nachdem und die Kollisionsrisiken dortsind erstmal ein bisschen in der Hinsicht geringer, dass die relative Geschwindigkeit geringer ist.Das ist wichtig zu berücksichtigen, weil wenn man zwei polare Satelliten imLeo hat, die sich begegnen, möglichst noch frontal, dann kann man hier siebenKilometer pro Sekunde, da sieben Kilometer pro Sekunde, 14 Kilometer pro Sekundezusammenprallen haben.Im Geo bewegt man sich mit dreieinhalb Kilometer pro Sekunde,also schon mal langsamer und dann eben halt relativ.Und dann hat man vielleicht so was ein paar hundert Meter pro Sekunde Relativgeschwindigkeit,eine ganz andere Nummer.Und dann, dadurch, dass das nur ein Donut ist, in dem sich der Geo befindet,kann man eben auf diesen Graveyarding -Orbit gehen,der einige hundert Kilometer höher ist und der dann auch prognostiziert erstmalkeine Überschneidungen mehr mit dem Geo hat.Und das ist eine ganz gute Methode, die Geosatelliten zu entsorgen.Und ich glaube, da bleibt man auch bei, weil die in den Wiedereintritt zu zwingen, ist sehr komplex,kostet sehr viel Treibstoff und birgt auch gewisse Risiken, weil die sind sehrgroß und man muss halt schon genau zielen, wenn man von 36 .000 Kilometer Entfernunggenau einen kleinen Fleck im Pazifischen Ozean treffen möchte.Und was wir aber besonders interessant finden, oder was ich auch besonders interessantfinde, ist dieses On -Orbit -Servicing,also dass man Satelliten baut, die zu Geosatelliten hinfliegen und die wiederfit machen, wenn da irgendwas ausgefallen ist, versucht das zu reparieren, also quasi Drohnen,Reparatur -Drohnen, die dort im Orbit die Satelliten wieder ansatzfähig machenoder wenn Hopfen und Malz verloren ist, die abschleppen und dann eben nichtzum Boden abschleppen, sondern in den Graveyard bringen.
Tim Pritlove
Also ich höre schon eine gewisse Hoffnung raus, dass diese Reparaturmissionendemnächst ein richtiges Thema werden.
Charlotte Bewick
Ja, also es gab ja schon einen erfolgreichen Einsatz von einer Reparaturmissionim Orbit, im Geo. Nicht von uns, aber es gab es.Und ich glaube, das wird immer wichtiger werden, auch unter Aspekten der Nachhaltigkeit.Ganz viel von dem Material, was wir da hochschicken, das wird im Moment einfachungenutzt, verbrannt oder entsorgt oder in den Graveyard gebracht.Aber wenn ich mir vorstelle, was machen wir in 20, 30 oder 40 Jahren?Das ist ja viel, viel Zeit und viel Entwicklung, die da weitergeht.Ich kann mir kaum vorstellen, dass wir weiter so mit dem Material umgehen,was wir teuer in den Orbit befördert haben.Darauf hinauslaufen, dass man im Orbit anfängt, die Sachen weiterzuverwenden,wiederzuverwenden, reuse, recycle, etc.
Tim Pritlove
Oder eben auch eine Art der Rückführung vielleicht erfindet,die auch eine Wiedernutzung der Materialien beinhaltet.Weil ich meine, oft sind ja auch sehr seltene Stoffe in diesen komplexen Instrumenten,die jetzt nicht so üppig vielleicht vorhanden sind. und vielleicht noch,aber irgendwann vielleicht auch nicht mehr.Es ist ja generell nicht einfach etwas zurückzuführen. Also wir reden ja immervon, okay der Orbit muss frei sein, aber am Ende bedeutet das ja dann meistens,dass das meiste verglüht.Dann ist es ja auch erstmal gleichförmig über den Pazifik verstreut und vondaher auch nicht so ohne weiteres wieder nutzbar.Gibt es denn eigentlich technologisch in irgendeiner Form neue Ansätze,dass diese Ateliten auch bewusst überleben und in irgendeiner Form bergbar sind?Oder ist das dann zu viel des Guten?
Charlotte Bewick
Also meiner ist Wissensnach nicht. Aber ich glaube auch das Wertvollste im Momentan den Materialien ist nicht das Material, sondern dass sie im Orbit sind.Weil wir bezahlen ja 50 .000 Euro oder so für ein Kilogramm Launchmasse unddas ist ein Kilogramm Aluminium, das ist jetzt schon im Orbit.Da muss ich nicht nochmal 50 .000 Euro für bezahlen. Ich müsste eigentlich nurhinkommen, das bergen, das in ein Aluminiumgranulat umwandeln und daraus neuen Satelliten drucken.Also ich rede jetzt mal von 20, 30 Jahren, aber technologisch ist das keineMagie, so was müsste machbar sein und ich glaube eben, oder eben Komponenten,die man nimmt und repariert und wiederverwendet.Das ist jetzt nichts, was in den nächsten paar Jahren kommen wird,aber ich glaube, das ist einfach etwas, was unweigerlich kommt,weil es eben im Moment eine ganz große Verschwendung ist von dem,was wir alles schon drumherum haben.
Tim Pritlove
Aber ist nicht eigentlich die Laufzeit vor allem auch einfach nur durch einenMangel an Treibstoff definiert?Also oft funktionieren die Dinger ja dann eigentlich auch noch ganz gut,aber ihnen ist halt einfach der Treibstoff ausgegangen.So Refueling, dass man einfach da mal so einen Weltraumtanklastwagen durch dieGegend schickt, das müsste ja eigentlich auch eine Option sein.
Charlotte Bewick
Klar, das ist auch ein Teil von diesem On -Orbit -Servicing.Wir arbeiten auch gerade an einem ganz spannenden Projekt für ESPRI,für diese Mondstation mit dem Xenon -Refueling, wo man Xenon -Gas neu einbaut,damit man eben diese Raumstation weiterverwenden kann.Aber auch ganz normales Hydrazine -Refueling und so ist Teil von diesem On -Orbit -Servicing.Aber es ist nicht nur das. Die Satelliten haben ja alle Komponenten dabei unddiese Komponenten sind auf eine bestimmte Lebensdauer ausgelegt.Und im All sind nochmal erschwerte Bedingungen. Man hat da höhere Strahlungslastenund so weiter. Und es ist einfach so, nach einer Weile gehen die Dinger kaputt.So oder so. Oder auch Sachen, die sich bewegen, Mechanismen oder wir hattenvorhin die Schwungenräder oder so.Die sind für eine gewisse Anzahl von Zyklen ausgelegt und irgendwann gehen die kaputt.Aber wie gesagt, vielleicht kann man sie ja auch reparieren,vielleicht kann man ja was machen oder sie ausbauen und umbauen oder neu verwenden.
Tim Pritlove
Das würde aber natürlich auch einen höheren Grad an Modularisierung,Standardisierung, Schnittstellen etc.Dass man da einfach mal neue Solarpanele ranschraubt oder so.Das sind ja alles komplexe, delikate Verbindungen heutzutage,die sich nicht so ohne weiteres und schon gar nicht durch einen Roboter im Weltallso ohne weiteres auflösen lassen. Aber da könnte es ja hingehen.
Charlotte Bewick
Da könnte es ja hingehen, genau.
Tim Pritlove
Könnte es ja hingehen. The future is still bright.Ja Charlotte, ich sag mal vielen Dank. Ich denke jetzt haben wir hier einenÜberblick gewonnen oder gibt es noch irgendetwas, was du uns mit auf den Weggeben möchtest, was wir noch nicht so angesprochen haben?
Charlotte Bewick
Ne, ne, das hat mir total viel Spaß gemacht. Wir sind ja wirklich durch alleseinmal durchgegangen, was ich hier so mache. Sehr schön. Ich fand's sehr schön.
Tim Pritlove
Vorrang. Gut, dann vielen Dank.Und ja, vielen Dank für's Zuhören, das war's von mir von Raumzeit.Ihr wisst, bald geht's wieder weiter. Bis dahin sage ich Tschüss und bis bald.

Shownotes

RZ117 Euclid

Ein Weltraumteleskop auf der Suche nach dunkler Energie und dunkler Materie

Die geometrische Vermessung des Universums kann eine Reihe von Erkenntnissen liefern, die Aufschluss über seine wahre Größe geben – und damit auch sowohl über seine kontinuierliche Ausdehnung als auch seine innere Beschaffenheit. Diesen Auftrag hat das jüngst gestartete Weltraumteleskop Euclid der ESA, das eine umfangreiche Beobachtung des Weltraums im visuellen sowie dem nahinfraroten Spektrum vornehmen wird.

Durch diese Himmelsdurchmusterung erhoffen sich die Astronomen weitere Daten zur Bestimmung der dunklen Energie als auch der dunklen Materie im All. Das gesammelte Datenmaterial wird darüberhinaus in bereitgestellten Katalogen den Forscherinnen und Forschern weltweit noch über Jahre hinaus eine Forschungsgrundlage sein.

Dauer:
Aufnahme:

Knud Jahnke
Knud Jahnke

Auskünft über diese interessante Mission gibt Knud Jahnke, Leiter der Euclid-Missionsgruppe in der Galaxien- und Kosmologieabteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg. Knud erläutert uns die Ziele der Mission, das Design des Weltraumteleskops und seiner Instrumente und welche Fragen der Datenkatalog am Ende beantworten soll.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich Willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Und nach dem Ausflug in die Atomphysik, die letzten sechs Ausgaben am CERN,kehren wir heute mal wieder zur Kernkompetenz dieses Podcasts zurück.Und ja, es geht mal wieder über Raumfahrt und dazu habe ich mich nach Heidelbergbegeben ins Haus der Astronomie,was passenderweise auch schön hoch auf dem Berg sitzt, hier auf dem Königsstuhlzum Max-Planck-Institut fürAstronomie und begrüße erst mal meinen Gesprächspartner, nämlich den Knut.
Knud Jahnke
Hallo, guten Morgen, guten Tag.
Tim Pritlove
Hallo, ja herzlich willkommen bei Raumzeit. Max Planck Institut für Astronomie,das macht hier was? Astronomie, okay gut.
Knud Jahnke
Alles, alles, wir machen alles. Wir haben tatsächlich ganz viel Forschung,Instrumentenbau im Bereich Astrophysik.Es gibt Leute die machen Galaxien-Entstehungssimulationen, Sternentstehungssimulationen, Planetenformationen.Also wir sind extrem breit aufgestellt was Astronomie und Astrophysik angeht.Ursprünglich, damals in den 70ern, wurde es gegründet, das Institut,als sozusagen Betriebs- und Grundlageninstitut für das Cala Alto Observatorium in Spanien.Da sollte es ein deutsches Observatorium geben, das gibt es auch weiterhin.Und dies war sozusagen das Institut, wo die Instrumente gebaut wurden,die Planungen liefen, das ist sozusagen die Verbindung in den Norden.Und seitdem hat sich das entwickelt. Wir machen immer noch ganz viel Instrumentenbaufür bodengebundene und Weltraummissionen in Observatorien,Teleskope und haben aber parallel ganz viel Astrophysik, um mit den Daten,die dazu reinkommen, Grundlagenforschung zu machen.
Tim Pritlove
Gibt ja noch ein ganz basices Gebäude hier, was, wenn man von oben schaut,aussieht wie so eine abstrakte Galaxie.
Knud Jahnke
Genau, das ist das Haus der Astronomie hier direkt nebendran.Das ist aus dem Kontext Outreach hier oder Öffentlichkeitsarbeit,Lehrerfortbildung, Schülerinnenfortbildung hervorgegangen vor mehr als zehn Jahren.Und macht alle möglichen Projekte im Bereich Astro-Ausbildung,Fortbildung, viel oder hauptsächlich für Multiplikatoren.Also LehrerInnen können hierher kommen und Fortbildung machen.Wir haben auch TeacherInn-Residents,die Sachen, sagen wir mal, entwickeln, Materialien entwickeln,um in Süddeutschland, und ich glaube das geht mittlerweile über ganz Deutschlandhinweg, im deutschsprachigen Raum, Materialien zur Astro-Fortbildung anzubieten.Grundlagen, Multiplikatoren sozusagen von dem, was wir alles erforschen,dass das irgendwie auch in den Schulen verankert wird,besser verankert wird und wenn man besseres Material zur Verfügung stellt,mehr Material zur Verfügung stellt und Leute hilft, besser ausgebildet zu sein,dann wird sich das in der Zukunft immer wieder bezahlt machen und das gibt'sseit über zehn Jahren, ist tatsächlich nach M51 der Spiral Galaxie ursprünglichentwickelt worden als Grundlage für die Architekten und sehr spacig, ja.
Tim Pritlove
Selbstbäßig, genau. Und es ist halt nicht nur ein Ort, wo diese Materialienentwickelt werden, sondern wo auch Schulklassen und andere hinkommen können.
Knud Jahnke
Genau. Es sitzt auch Stern- und Weltraum drin. Größtes deutsches Amateurastronomie Magazin.Die haben ihre Redaktionsräume dort. Wir haben Studios für Produktion von Audio,Video und ganz viele Sachen für Schulen, Ich glaube ab Kindergarten,Experimentierräume, audiovisuelle Sachen, Dinge zum wirklich physischen Experimentierenfür die ganzen Schulen aus dem Umkreis.
Tim Pritlove
Touchiert habe ich das Thema auch schon mal 2020, als ich mit Caroline Liefke gesprochen habe.Die ist dort aktiv und da ging es auch dann um Amateurastronomie,nicht so spezifisch jetzt um das Haus der Astronomie, aber das kam auf jedenFall dort auch noch zur Sprache Raumzeit 87.Wer da vielleicht noch mal reinhören will. Aber heute soll es ja um richtigeRaumfahrt gehen und das Max-Planck-Institut ist hier beteiligt bei einer ESA-Mission,nämlich der Mission Euclid und das steht sozusagen heute im Mittelpunkt.Euclid ist ein neues Weltraumteleskop, was jetzt gerade vor wenigen Monatengelauncht wurde, erfolgreich.Und ja, darüber würde ich mich natürlich mit dir ganz gerne unterhalten,aber vielleicht erstmal noch zu dir.Wie bist du denn in dieses Thema reingeraten?Wie bin ich da reingeraten?
Knud Jahnke
Sehr gute Frage. Also ich bin Astrophysiker, vom Studium her.Ich hab in Hamburg seiner Zeit studiert.Ich war dann in Potsdam und bin dann hier als Postdoc ins Institut gekommen,hatte dann eine Forschungsgruppe, mehrere Jahre,im Bereich Schwarze Löcher inGalaxien, da arbeite ich immer noch in dem Bereich und dann gab sich 2011,dass Euclid am Horizont sich als tatsächliche,nicht nur als Studie und als Konzept abzeichnete, sondern dass die ESA das wahrscheinlichoder möglicherweise als Mission akzeptieren, adoptieren und dann bauen wirdund das entschied sich 2011.Und zu dem Zeitpunkt waren im Prinzip die Leute hier,die unsere Beiträge zu dem Zeitpunkt oder bis dahin vorbereitet hatten,waren auf dem Absprung und sagten,okay, das war alles gut, wunderbar, wir suchen jetzt jemanden,der unsere Instrumentierungsbeiträge, die wir liefern und haben könnten,koordiniert, der auch unsere funktionale Sachen, die wir während der Missionanbieten, koordiniert.Und der dann auch die Rolle des sogenannten Instrumentwissenschaftlers für einender Instrumente übernehmen kann.Dann hab ich gesagt, hey das klingt eigentlich sehr spannend,das wird länger dauern und das war wie gesagt 2011,jetzt bin ich ein Dutzend Jahre dabei, immer noch in der Funktion als Instrumentwissenschaftler,können wir dann zukommen und wir haben in dem Zeitpunkt dann Instrumentierungentwickelt und viel an Konzeptionen mitgearbeitet.Das heißt, es ist wirklich der Zugang über die Forschung gekommen.Ich habe großes Interesse an den Daten, die kommen werden, wenn ich auch keinKosmologe bin. Das ist eine Kosmologie-Mission, werden wir drüber sprechen.Aber die Daten sind einfach sehr, sehr spannend. Die Bilder,die Spektren, die da kommen werden, werden sehr, sehr spannend sein und berührenganz viele Sachen, mit denen ich vorher gearbeitet habe.Ich habe im Hubble-Teleskop gearbeitet, bodengebundene Daten,optisch, infrarot und dementsprechend, viele Sachen kamen mir sehr bekannt vor,nur dass es halt jetzt um sehr, sehr viele Daten gibt über einen sehr großenHimmelsbereich und Dinge, die man einfach von der Erde aus nicht machen kannund das ist das, was damals spannend war, was jetzt auch noch spannend ist fürmich als jemand, der aus der Forschung kommt.
Tim Pritlove
Ja aber wenn du dich schon immer mit Galaxien und schwarzen Löchern in Galaxienbeschäftigt hast, inwiefern ist das dann nicht Kosmologie?Also wo siehst du da so den Unterschied?
Knud Jahnke
Ich glaube Kosmologie offiziell ist sozusagen wirklich die Struktur des Universumsim Ganzen, wenn man mal diese ganzen kleinen Sachen, die Galaxien oder so malim Detail so weglässt, ne?Also wir haben wir haben da einfach ganz großeBaustellen Ich sage immer mal scherzhaftalso vor 105 Jahren wussten wir eigentlich alles was im Universum so so da istda gab es so die große Diskussion was sind Galaxien die Great Debate sind dasNebel von irgendwas in unserer Milchstraße oder sind das Dinge die wie unsere Milchstraße.Nur außerhalb weiter weg sind. Und danach hat man gesagt, okay,wunderbar, wir wissen jetzt, was Galaxien sind, wir alle die Nebel,die können wir erklären.Da haben wir gesagt, wir kennen eigentlich alles, was wir im Bereich so...Wir nehmen ein Teleskop, gucken in den Himmel, sehen was. Das ist alles das.Ja, man kann größere Teleskope nehmen, kann weitergucken. Das war alles das,was wir von uns auch kennen.Wir sehen die Sonne, wir sehen die Planeten, wir sehen die Sterne um uns herum.Fertig. So. Dann kam halt irgendwann ein paar Jahrzehnte später,stellte man fest, Galaxien rotieren nicht wie sie sollten, sie rotieren irgendwieso, als ob da mehr Masse drin ist, als wir leuchtend sehen.Galaxienhaufen bewegen sich nicht so wie sie sollten, da ist mehr Masse drinals wir sehen und wenn man das mal genau ausrechnet, dann kommt man dahin,dass da viermal mehr, fünfmal mehr Masse sein muss, als wir uns mit leuchtendenSternen oder Gas im Hintergrund erklären können.Das waren dann die dunkle Materie, weil...Materie leuchtet nicht. Dunkel. Ja, okay. Da haben wir dann schon mal irgendwiegesagt, dass da fehlen uns irgendwie dann...Vier Fünftel oder so von dem was wir kennen. Vier Fünftel wissen wir nicht,ein Fünftel kennen wir ja so und dann haben wir natürlich weiter geguckt unddann kam vor gut 20 Jahren die Sache mit den wir gucken uns an wie eine Standardkerzein diesem Fall Supernovae so an Helligkeiten mit sich bringen wenn sie weiterund weiter entfernt sind.
Tim Pritlove
Also eine bestimmte Art von Sternexplosionen, von denen man relativ aus bestimmtenphysikalischen Herleitungen heraussagen kann, wie hell sie sind und dadurchhat man eine Referenz, sodass man das gemessene Licht direkt in Distanz umsetzen kann.
Knud Jahnke
Genau, denn unser Grundproblem in der Astronomie ist, wir können ja anders als zum Beispiel am CERN,wir können nicht einfach Sachen aufeinander schießen und dann die Ergebnisse angucken,wir können auch nicht großartig warten, bis sich Galaxien irgendwie entwickelthaben oder groß durch die Gegend bewegt haben, das heißt, wir müssen immer mitSchnappschüssen arbeiten.Wir können immer nur gucken und versuchen aus Sachen, die in verschiedenen Entfernungensind, weil wir wissen, Lichtgeschwindigkeit ist endlich, okay,weitere Entfernung heißt, wir gucken in die Vergangenheit zurück.Das ist gut, wir müssen uns das aber irgendwie zusammenbauen mit indirektenMarkern und wie du es so schön erklärt hast,wenn ich nicht weiß, dass irgendetwas mit einer bestimmten Helligkeit leuchtet,Dann kann ich auch nicht sagen, okay, ich weiß, die Leuchtkraft ist so und sogroß, die Helligkeit, die bei uns ankommt, ist so und so groß,also kann ich eine Entfernung abschätzen.Das heißt, wir brauchen als eine Sache so Standardkerzen, wie wir sie halt nennen.Und die Supernovae sind genau das.Wenn man ein bisschen rummodelliert, dann sagen wir, okay, wir können bestimmteSachen, bestimmte Eigenschaften von denen, Abklingengeschwindigkeiten und so weiter, nehmen.Dann können wir daraus berechnen, welche Leuchtkraft sie tatsächlich haben.Und dann können wir wirklich gucken, okay, wir gucken uns Supernovae an,die in der Galaxie in 5 Milliarden Lichtjahren Entfernung, gucken was bei unsan Helligkeit ankommt und sagen okay, das ist die Entfernung.Als Leute das gemacht haben und dann gesagt haben, irgendwie nimmt das abermit der Entfernung nicht so ab, wie wir das eigentlich erwarten.Das passt nicht dazu, dass wir ein einfaches Modell haben vom Urknall,da sind wir wieder bei der Frage, was ist Kosmologie.Urknall, das Universum expandiert seitdem und wir haben eigentlich angenommen, ja da ist Materie drin.Materie, Masse hat nur eine Sache, Anziehungskraft. Das heißt,es gibt keine, andererseits bei elektrischen Ladungen, positiv,negativ, Masse ist da, Masse hat Anziehungskraft, das heißt,wenn da irgendwas auseinanderfliegt und da ist Masse, dann bremst die eigentlichdieses Auseinanderfliegen ab.Ja und das was mit den Supernova dann gesehen wurde ist, dass das nicht damitkonsistent ist, das funktioniert nicht, sondern wir sehen, dass eigentlich dieGeschwindigkeit der Expansion zunimmt, beschleunigt.
Tim Pritlove
Also dass es eine Expansion gab, das war schon vorher klar,aber es war nicht klar, ob nicht vielleicht die ganze Materie irgendwann sozusagendie Beschleunigung einer ursprünglichen Explosion oder so etwas ähnliches dannirgendwann mal wieder einfängt Und das ganze Universum dann wieder in sich zusammenfällt.
Knud Jahnke
Genau, entweder zusammenfällt oder gegen einfach eine niedrige Geschwindigkeitkonvergiert, die dann zwar immer noch weiter auseinander geht,aber deutlich langsamer als vorher.Dass es die Expansion gibt, dass es einen Urknall gab im Sinne von einem Zustand,als alles sehr sehr sehr viel dichter beieinander und sehr sehr sehr viel heißerwar, das ist eigentlich seit Hubble in den 20er Jahren, 30er Jahren dann klar gewesen.
Tim Pritlove
Also nicht Hubble das Weltraum-Testkorb, sondern der nach ihm benannt wurde.
Knud Jahnke
Hubble die Person.Aber dass es jetzt irgendeinen Faktor gibt, der nicht abbremst,sondern sogar beschleunigt, das war neu.So und das heißt, wenn man das wieder zurückgeht und dann noch was anderes dazu nimmt,nämlich zu sagen, okay wir wissen seit solchen Missionen wie WMAP oder Vorgängern oder Planck,Dass das Universum eine bestimmte Krümmung hat und dann wenn man da Modelledran füttert, dann heißt das, okay, wir können daraus berechnen,welchen Energieinhalt es im Universum ungefähr gibt.So, und wenn man den berechnet, dann kommt man darauf, da fehlen uns weiterhin70 Prozent, auch wenn man dunkle Materie und normale Materie,leuchtende Materie zusammenzählt.Und wenn man dann die Supernovae dazu nimmt und sagt, da ist noch eine Beschleunigung dabei,da ist ein Druck, dann kommt man auf irgendwas ganz Merkwürdiges,dann kommt man nämlich auf ganz viel Energie, die da sein muss,die wir bisher noch nicht gesehen haben, die aber nicht wirkt wie normale Masse,nämlich anziehend, sondern die abstößt.Das heißt, das ist irgendwie ein Druckfaktor. Irgendwie so eine Art Druck,wie so ein Gas in einem Ballon.Es hat einen Druck, hat auch Masse, aber irgendwas führt dazu,dass da ein Druck nach außen ist und nicht einfach das Gas sagt,ah, ich hab ja nur eigentlich Schwerkraft, ich fall ineinander zusammen,ansonsten interessiert mich der Rest nicht. Ne, da ist ein Druckterm.Und aus den Modellen, die im Prinzip an WMAP und Plank und so dran modelliert wurden, ist klar...Wie groß der Energieinhalt ist und aus den Supernova Beobachtungen ist klar,dass da eine Beschleunigung da ist. Und das ist etwas, was wir mit unseren ganzenElementarteilchen, unseren ganzen Feldern, die wir kennen, nicht beschreiben können.Und ja, in der Abgrenzung zur dunklen Materie, die wir nicht verstehen,hat man gesagt, ha, dann nennen wir das mal nicht dunkle Materie,sondern dunkle Energie.Haben wir also einen neuen Begriff, der uns erstmal die Angst nimmt vor dem Unbekannten,aber in der Summe ist es halt so, anders als 1920 war dann 2020 klar,dass wir irgendwie von 95% der Energie, die wir im Universum irgendwie feststellenund messen und mit den Modellen vorhersagen und sehen können,dass wir von denen nicht wissen, was es ist.Und das ist natürlich ein, sagen wir mal, für Grundlagenforschung etwas unbefriedigenderZustand, deswegen gibt es ganz, ganz viele Versuche, mehr Licht ins Dunkel zu bringen.Sehr viele Theorien, die gemacht wurden, aus welchen Zusammenhängen könnte bestehen,aus aktuellen Teilchen oder aus Erweiterung des sogenannten Teilchenstandardmodells,wo gesagt wird, okay, wenn wir darüber hinausgehen, da gibt es mögliche Erweiterungen,da könnten neue Teilchen sein, die eventuell dunkle Materie dann haben, also die Masse haben,die wir aber so im Alltagsleben oder im Alltagsbeschleunigerleben auch nichtsehen, die diese dunkle Materie darstellen könnten. Was sehr recht exotisches.Da könnten wir, sind andere Teile von Theorien, beschreiben dann die dunkle Energie.Gehen wir zurück zu Einstein. Einsteins Feldgleichung der allgemeinen Relativitätstheoriehatten da so einen komischen Faktor drin,so eine Integrationskonstante, von denen er auch nicht genau wusste,was er damit anfangen sollte und sagte, gut, es gibt eigentlich aktuell zwarformal diese Integrationskonstante, aber es gibt keinen Grund,warum die nicht Null sein sollte, also ignorieren wir die mal.Kosmologische Konstante, sagen wir, ist gleich Null.Und hundert Jahre später stellte man fest, also im Prinzip wäre das,was wir hier sehen an dunkler Energie, an dem Effekt der Abstoßung bei gleichzeitigEnergieinhalt, das ist im Prinzip kompatibel mit so einer kosmologischen Konstante.Zumindest grob der Effekt wäre derselbe, wenn diese kosmologische Konstanteaus Einsteins Feldgleichung halt nicht Null wäre.Hat dann spezielle Eigenschaften und es gibt alternative Varianten,alternative Dinge, die nicht sich darauf beziehen.Quintessenz, kann ich auch nicht viel zu sagen, zeitveränderliche Energieinhalte,zeitveränderliche Abstoßungen, teilweise angebunden an die inflationäre Expansion des Universums.Einen ganz frühen Universum, wo in den ersten Millisekunden das Universum plötzlichum einen Skalenfaktor, weiß ich nicht, sehr viel größer wurde,was im Prinzip etwas sehr Ähnliches ist, wie wir es jetzt sehen.Eine Beschleunigung der Ausdehnung, aber auf sehr viel kürzeren Zeitskalen damals,aber einfache Modelle sind immer elegant.Wenn wir sowas im frühen Universum hatten und sowas in langsamer Heute sehen,könnte es da eventuell Zusammenhänge geben, dass wir irgendwie nur eine langsameVariante des Ganzen immer noch oder schon wieder haben.Und darum dreht sich sehr viel in der Theorie, wo ich überhaupt keinen detailliertenEinblick habe, weil es sehr komplex ist.Aber im Prinzip das Gute ist, diese ganzen Zweige, sowohl im Bereich dunklerEnergie als auch im Bereich dunkler Materie, machen teilweise sehr unterschiedliche Vorhersagen.Und wenn sie unterschiedliche Vorhersagen machen, können wir die testen.Und das ist die Grundlage für viele kosmologische Himmelsdurchmusterungen,viele kosmologische Projekte, die versuchen besser und besser diese Modelleim Prinzip voneinander abzutrennen, indem sie diese Vorhersagen angucken undsagen, okay, es passt zu dem Modell, aber es ist nicht kompatibel mit diesem Modell.
Tim Pritlove
Ja und es gibt zahlreiche Missionen, die versuchen diesen ganzen Fragen auf den Grund zu kommen.Wir hatten hier bei Romsat ja auch schon so einige, nicht zuletzt natürlichdas James-Webb-Teleskop,was jetzt gestartet ist, was ja mit seiner Infrarot-Kamera auch tief ins Universum.Hineinschaut und auf die Suche geht nach weiteren Anhaltspunkten und Erklärungen.Für eben genau diese ganze Fragestellung.
Knud Jahnke
Das heißt, wir haben eigentlich gar keine Messdaten, wirklich,über sehr, sehr lange Distanzen. Und dann haben wir gesagt, okay, was wäre denn, wenn...Unsere Gravitations-, unsere Schwerkraftmodelle einfach auf großen Skalen irgendwieanders funktionieren würden.Und da gibt es einen großen Theoriehinterbau auch und das sind Sachen,die einfach in diesem Zusammenhang einfach mit abgetestet werden können.Also es ist wirklich sehr stark von Standardphysik bis hin auch zu Alternativen.Ich würde jetzt nicht sagen, was ist, wenn von außen nicht gegengedrückt wirdund so weiter, aber im Rahmen unseres Verständnisses geht es schon sehr,sehr weit. Ja, ich hab das, ja.
Tim Pritlove
Wollen wir das mal nicht vertiefen.Genau, aber es gibt verschiedene Thesen im Raum, also Mond ist ja hier so dasStichwort, modifizierte Newtonische Dynamik, das ist ein bisschen schwer auszusprechen.Genau, also es wird alles mögliche ins Feld geführt und keiner weiß irgendwasGenaues. Und deswegen müssen neue Missionen gestartet werden und genau das istja jetzt hier gemacht worden.Mit der Euclid Mission. Und da stellt sich natürlich vor allem auch erstmal die Frage so, warum das?Warum reichen nicht die anderen Missionen, wie zum Beispiel James Webb,was jetzt gerade gestartet wurde, wenn das auch mit so einem Infrarotteleskopausgestattet ist? Das muss doch dann irgendwie reichen.Also ich hab ja schon gesagt, das ist eine ESA Mission, die NASA ist da allerdingsauch mit im Spiel und halt verschiedene wissenschaftliche Institute.MPI hat ja wahrscheinlich einen relativ großen Anteil an der Mission.
Knud Jahnke
Kann ich gleich erklären, ja.
Tim Pritlove
Genau. Heißt Euclid oder Euclid geht wahrscheinlich auf Euclid von Alexandriazurück, dem mysteriösen griechischenMathematiker, der aus irgendwelchen Gründen in Ägypten gewohnt hat.Viel weiß man glaube ich nicht. Nee, wirklich viel weiß man nicht.
Knud Jahnke
Aber Hintergrund ist Geometrie und bei ihm ging es um Geometrie und bei Euclidder Mission, bei uns geht es eigentlich auch um Geometrie, nämlich des Universums an sich.Und daher war der Name glaube ich sehr passend.
Tim Pritlove
Genau, weil er sich im Prinzip die Sterne angeschaut hat und Aussagen und danneben auch entsprechende geometrische Betrachtungen über Aufgänge und so weitergemacht hat und das ist ja überhaupt erstaunlich,dass eigentlich so derzeit das Bild der Griechen und der Ägypter schon relativklar war, dass die Erde irgendwie rund sein muss.Dass das dann 2000-3000 Jahre später immer noch bezweifelt wird von manchen. Das ist bemerkenswert.Genau, aber das war jetzt sozusagen der Namensgeber. Jetzt erklär uns doch mal,warum braucht es diese Mission?Und was sind die Ziele dieser Mission? Worauf will man jetzt eigentlich hinaus?
Knud Jahnke
Also im Prinzip ist es so, die dunkle Energie dominierte noch nicht ganz im frühen Universum.Die hat im Prinzip erst erheblichen Energiebeitrag geleistet in den letztenzehn Milliarden Jahren, also nicht in den ersten zwei, drei,vier Milliarden Jahren.Das heißt, wenn wir uns Schnappschüsse angucken wollen,dann hilft es uns nichts, wenn wir Schnappschüsse wirklich ein halbes,halbe Milliarde Jahre nach dem Urknall oder früher oder so angucken,das heißt, in erster Linie müssen wir nicht extrem früh zurückgehen.So 10 Milliarden Jahre in die Vergangenheit, das sind Sachen mit denen Leuteseit 20 Jahren arbeiten, so wir können, mit Hubble können wir ganz klar dortwunderschöne Galaxien angucken.
Tim Pritlove
Und vor allem mit James Webb jetzt.
Knud Jahnke
Und für James Webb auch, aber James Webb kann deutlich weiter,wir haben schon Artikel veröffentlicht, die gehen halt bis 500 Millionen Jahrenach dem Urknall, die ersten Quasare und die ersten Galaxienkandidaten jetztgesehen wurden, das ist noch deutlich früher.Da müssen wir gar nicht hin. Was brauchen wir?
Tim Pritlove
So ein mehr so moderneres Zeug.
Knud Jahnke
Wir müssen etwas jüngere Dinge, weil nämlich erst seit ungefähr 10 MilliardenJahren die dunkle Energie anfängt zu dominieren in unserem Universum,weil sich, und das ist halt eine Eigenschaft der dunklen Energie,die hat im Prinzip sowas, vermutlich, ein Energieinhalt der pro Volumen konstant ist.Und dann dehnt sich das Universum aus, das heißt wir haben einen KubikmeterRaum und da ist eine bestimmte Menge an dunkler Energie drin.Und dann expandiert das Universum und Faktor 2 in jede Richtung ist größer undplötzlich ist trotzdem in jedem Kubikmeter immer noch dieselbe Menge Energie drin.Das heißt die Menge an Gesamtenergie in einem Volumen, was sich mit ausgedehnt hätte, hat zugenommen.
Tim Pritlove
Was man ja eigentlich nicht erwarten würde.
Knud Jahnke
Was man ja eigentlich nicht erwarten würde. Es wäre ein ganz klarer Verstoßgegen lokale Energieerhaltung.Aber wir reden halt hier von Dingen, die nicht einfach in Materie oder so umwandelbar sind.Das heißt aber, dass im ganz frühen Universum die Dunkle Energie keinen großen Beitrag hatte.Aber je größer das Universum wurde, desto größer wurde dieser Beitrag.Und das heißt, wir müssen im Prinzip zwar nicht nur in unsere Umgebung gucken,sondern bis 10 Milliarden Jahre in die Vergangenheit, aber nicht zwischen 10und 11 und 12 und 13, 13 und ein halb.Das heißt, wir brauchen gar nicht so extrem große, feine, tiefe Beobachtungen,sondern nur Sachen, die ungefähr so gut sind wie das Hubble-Teleskop in ähnlicherArt. So, das ist der eine Teil.Der zweite Teil ist, die Methoden, mit denen Sachen angeguckt werden,alle Marker, die wir nutzen und alle Marker, die auch vom Boden aus genutztwerden, beinhalten sehr viel Anzahlstatistik über Galaxien.Das heißt, es reicht nicht, wenn ich mir ein, zwei, drei Sachen sehr genau angucke.Ich muss mir Anzahlen von Galaxien,Dichten von Galaxien in bestimmten Entfernungen voneinander angucken.Ich muss Stichworte schwache Gravitationslinseneffekt, Stichwort Baryon-Akustische Oszillation.Das sind alles Sachen, die funktionieren nur, wenn man sehr,sehr große Flächen, sehr, sehr große Volumina des gesamten Kosmos sich anschautund sehr, sehr viele Galaxien darin.Das heißt, das, was JWST sehr, sehr gut macht, viele Seers da drin,nämlich tief zu gucken, das kann Web über einen sehr kleinen Himmelsbereich.Das heißt, wenn ich ein großes Feld am Himmel angucke, was JWST angeguckt hat,dann meine Armausstrecke und meinen Fingernagel vom kleinen Finger angucke,das deckt das völlig ab und viel, viel mehr.So das heißt, wir können dort nur ganz kleine Volumen des gesamten Kosmos mit einem Bild abdecken.So und das dauert dann trotzdem eine Stunde oder zwei. So und dann mach ichdas nochmal und nochmal und nochmal und so und irgendwann ist der Tag zu Endeoder das Jahr oder die Missionszeit und ich hab trotzdem nur einen minimalen Bereich angeguckt.Aber das ist ja auch Ziel, weil … Das ist das Ziel von JWST,weil sie sehr sehr gut aufgelöst, sehr schwache Objekte … Man will ja genauso eine alte Galaxie sich anschauen und sagen wie weit ist sie … Genau und inDetails und Galaxien selber zerlegen und so weiter.Und das ist genau das Ziel dafür. Hilft uns aber nichts, wenn wir ein großesVolumen des Kosmos tatsächlich angucken wollen.Und Hubble ist ein bisschen besser, das Gesichtsfeld ist ein bisschen größer,aber Hubble selber hat auch nurin der gesamten Lebensdauer irgendwie 50 Quadratgrad am Himmel angeguckt.Das kann man auch so mit zwei auseinandergehaltenen Fingern am Himmel so anzeigen.Insgesamt, wenn man über alles summiert. Und wir brauchen ein Volumen,Euclid wird 15.000 Quadratgrad, angucken, das ist mehr als ein Drittel des gesamten Himmels.So, und das sind Sachen, die kann man vom Boden aus machen.Aber nicht in der Qualität, die wir brauchen, was Auflösung angeht.Und die kann man vom Boden machen, aber nicht im Wellenlängenbereich,den wir teilweise brauchen, nämlich im Nahinfraroten, da ist zu viel Atmosphärevor. Und deswegen war ganz klar, für sehr feine Strukturen, die wir anguckenwollen, über einen ganz großen Himmelsbereich, brauchen wir was, was im Weltraum ist.Und um sehr viele Galaxien anzugucken, relativ tief und sehr breit im Nahinfrarotbereich,das geht auch nur aus dem Weltraum.Und da war klar, wenn man diese beiden, diese ganzen Marker schafft, in einer,oder diese Techniken in einer Mission zu verbinden,denn es gab verschiedene Vorschläge für verschiedene Missionen,die verschiedene kosmologische Sachen abtesten wollten,dann hat man im Prinzip gewonnen, dann startet man ein Teleskop,da reicht dann auch ein Spiegeldurchmesser von Euclid 1,20 Meter,was halb so groß ist wie Hubble und ein Fünftel von dem, was JWST hat.Das reicht an Lichtsammelfläche, weil wir nicht ins tiefste,frühste Universum müssen.Aber gleichzeitig kriegen wir ein riesengroßes Gesichtsfeld und können das,was Hubble in seiner Lebenszeit an Fläche angeguckt hat, können wir in der Woche machen.
Tim Pritlove
Also es ist eine klassische Survey-Mission, die einfach sagt,okay, wir gucken jetzt mal vor allem einen möglichst großen Bereich,weil wir wollen im Kern nicht einzelne Dinge beachten, sondern wir wollen eigentlicheine Statistik aufbauen.
Knud Jahnke
Ganz viel Statistik über Milliarden von Galaxien. So und jetzt muss ich einbisschen ausholen, was die Methoden angeht.Also was wollen wir machen? Wir wollen zwei verschiedene Dinge im Prinzip,also es gibt verschiedene Marker, die wir nutzen wollen, zwei Hauptdinge.Eine ist der schwache Gravitationslinseneffekt, das heißt, Masse,die sich irgendwo im Universum befindet, wenn da ein Lichtstrahl in der Nähevorbeigeht, Masse lenkt Licht ab.Masse krümmt den Raum, Licht folgt dem Raum, also gibt's einen kleinen Bogen,wenn irgendwo ein Lichtstrahl nahe einer Masse vorbeifliegt.Wir kennen das vom starken Gravitationslinseneffekt, wo man vielleicht mehrereBilder kriegt von irgendeinem fernen Quasar, der geht nah an einer Galaxie vorbeiund plötzlich gibt es da eins, zwei, drei oder vier Bilder oder einen Ring,Einstein-Ring, so genannten.Das wäre dann, wenn etwas sehr dicht an einer sehr großen Masse vorbeigeht. Wir nutzen...Das nicht. Wir wollen über größere Bereiche aus, sagen wir mal,machen. Wir nutzen den sogenannten schwachen Gravitationslinseneffekt.Das heißt, wenn also nicht mehrere Bilder erzeugt werden, was so eine Vordergrundmassetrotzdem tut, ist die verbiegt im Prinzip die Form einer Galaxie,die im Hintergrund ist. Wenn sie bei uns angekommen ist, sieht die nicht mehrso aus oder ist das Bild nicht mehr so, wie sie tatsächlich aussieht.Angenommene Galaxie würde ohne irgendwie eine Vordergrundmasse rund erscheinen.Das Bild was bei uns ankommt, wenn das Licht von der Galaxie nah an so einerMasse vorbeigeht, ist irgendwas Elliptisches in die Länge gezogenes.Kleines bisschen, eventuell nur ein paar Prozent.
Tim Pritlove
Sieht man ja jetzt auch schön auf den Bildern, die von JWST da erzeugt werden.
Knud Jahnke
Wobei das ist der starke Gravitationslinseneffekt, da sieht man tatsächlichgar nicht mehr die ursprüngliche Form.Da wird irgendwas wirklich nur noch zum Streifen, aber auf der anderen Seite nochmal.Bei uns wäre das im Prinzip so, ein Kollege hat das schön beschrieben,wir müssen Formen analysieren und beschreiben können und den Unterschied zwischender Rundheit des Mondes und der Rundheit der Erde beschreiben können. Das sind irgendwie...
Tim Pritlove
Also man misst mehr so die Wobbliness von allem sozusagen, ne?
Knud Jahnke
Genau und da wir Annahmen machen können, wie Galaxien ursprünglich aussehenund dass die im Prinzip nichts miteinander zu tun haben.Wenn ich ein Hintergrundfeld von Galaxien angucke und die nicht zufällig allegerade miteinander zusammengestoßen sind, sondern Dinge in etwas unterschiedlichenEntfernungen, dann haben die Formen und Orientierungen, wie jetzt so eine Galaxieorientiert ist am Himmel, haben nichts miteinander zu tun. Das sollte eigentlichzufällig verteilt sein.Wie, was weiß ich, die Milchstraße von der leicht gekippt hat,sieht irgendwie so leicht elliptisch aus.Und wenn die irgendwo ist und irgendeine Galaxie in der Nähe ist,dann sollten die eigentlich nicht alle parallel liegen mit ihren elliptischen Achsen. So.Und was wir jetzt messen ist, wir messen diese Form und wir messen die Orientierungund wenn wir da Effekte sehen, dass die doch korreliert sind über Himmelsbereiche,dann wissen wir, da hat irgendjemand das Licht verzerrt.Irgendetwas war da im Weg, das hat das Licht verzerrt, hat irgendwas ausgerichtetund zwar in den Bildern, die wir sehen. Nicht natürlich, hat natürlich nichtsmit den Galaxien im Hintergrund zu tun, sondern nur wie das Licht gelaufen ist,wie das Licht bei uns angekommen ist.Und wenn da Korrelationen in diesen Ausrichtungen da sind, dann wissen wir,das sind irgendwelche Massen.Zwischen den Hintergrundgalaxien, die wir angucken und uns als Beobachter gelegenhaben, die diese, mit leichter Verzerrung des Raumes, diese Bilder ausgerichtet haben.
Tim Pritlove
Dieser Gravitationslinseneffekt, das ist ja im Prinzip auch das,was so Albert Einstein zum Superstar gemacht hat. Also er hat ja erst seineThesen postuliert und hier Relativitätstheorie und alle so, naaah, okay.War halt so ein Paper, behauptet wird ja viel und aber seine These war ja,dass man das im Prinzip genau an diesem Effekt gut abmessen konnte.Dann gab es ja diese schöne Mission an den Pol, weil sich diese Gelegenheitergeben hat, dass ein Stern, von dem man eben wusste, wo er war,im Prinzip hinter der Sonne hätte sein müssen.Und zu einer Sonnenfinsternis gab es eben die Möglichkeit, das zu beobachten.Den vorhergesagten Gravitationslinseneffekt.Also eben, dass sich sozusagen das Licht um die Sonne herumbiegt,weil eben auch die Sonne, weil eben auch das Licht eben von der Gravitation beeinflusst wird,wie alles eben, und das war ja im Prinzip genau die Aussage der Relativitätstheorie,alles, der Raum selbst krümmt sich und damit muss sich auch das Licht krümmen,weil es eben gerade im Raum läuft, aber der Raum ist krumm.
Knud Jahnke
Genau.
Tim Pritlove
Und dann war halt dieser Stern zu sehen, obwohl man jetzt nach rein geometrischenMaßstäben im Prinzip nicht hätte sehen können, da er eben eigentlich hinter der Sonne ist.Und das war dann sozusagen der Moment, wo das losging. Und jetzt geht's beieuch im Prinzip darum, diesen Effekt in schwacher Form überall möglichst weiträumig zu erfüllen. Genau.
Knud Jahnke
Gravitationslinseneffekt oder Licht reagiert auf Masse, wie du richtig sagtest,auf Masse. Und das ist egal, ob es leuchtet wie die Sonne oder leuchtet wieeine Galaxie oder dunkle Materie ist.So, und wenn wir wissen, okay, dunkle Materie ist mehr...
Tim Pritlove
Oder ein schwarzes Loch.
Knud Jahnke
Oder ein schwarzes Loch. So, wenn wir...Ist auch dunkel. Gibt auch Möglichkeiten, dass schwarze Löcher ein Teil der dunklen Materie...
Tim Pritlove
Aber schwarze Löcher sind deshalb dunkel, weil sie wirklich dunkel sind undnicht, weil man nur das Wort benutzt, weil man nicht weiß, was es ist.
Knud Jahnke
Ja, wir wissen aber schon, dass dunkle Materie im Prinzip keine oder so gutwie keine elektromagnetische Wechselwirkung hat und Dunkelheit heißt ja irgendwie nur,kein Licht heißt keine elektromagnetische Wechselwirkung und ob jetzt irgendwiekein Photon da rauskommen kann oder ob es grundsätzlich ist,dass die Materie keine Photonen imitiert, weil es an dieser Wechselwirkung nichtteilnimmt, sondern nur Gravitation hat, ist erstmal egal.Der Effekt ist derselbe, Masse ist Masse. Und das ist der Vorteil,wenn wir nämlich jetzt so eine Kartierung machen über den Himmel,auch wieder mit verschiedenen Galaxien,Hintergrundgalaxien in verschiedenen Entfernungen, um verschiedene Weltalteroder kosmische Zeitalter abzufragen, dann kriegen wir letztendlich eine Kartevon dem, was wir nicht sehen können, nämlich von der tatsächlichen Massenverteilung.Und zwar über ein Drittel des Himmels, weil wir ein Drittel des Himmels kartieren,und in der Tiefe in verschiedenen Epochen,Und ich glaube, elf oder zwölf oder dreizehn Epochen fragen wir ab von vor zehnMilliarden Jahren und neun und acht und sieben und so weiter zu den Zeiten bisnahe an uns oder näher an uns ran und das heißt, wir bekommen tatsächlich einedreidimensionale Karte von Masse.Und da wir es bei verschiedenen Epochen machen, können wir diese Karten oderdiese Statistiken über diese verschiedenen Epochen auch miteinander vergleichen.Wie ist zum Beispiel das, was wir Clustering nennen.Wie stark hat sich Materie zusammengeballt?Weil irgendwo ganz früh im Universum, da war Materie fast gleich verteilt. So ganz früh.Kosmische Hintergrundstrahlung. Ganz kleine Fluktuationen. So heutzutage,wir sitzen an einem Tisch, der Tisch hat ganz klar eine viel höhere Dichte alsdie Luft drumherum, die Erde hat eine viel höhere Dichte als die leeren Teile im Sonnensystem.Wir haben ganz große Dichte-Kontraste.Das heißt, es hat sich ganz viel entwickelt und auch die dunkle Materie hatim Laufe der Zeit sich zu immer stärker und stärker zusammengeballten Strukturen zusammengefunden.Das fing an mit leichten Dichte-Kontrasten und wo halt bisschen mehr Dichte war,bisschen mehr Materie war, dort wurde halt etwas mehr Anziehungskraft ausgeübt,als in den Bereichen, wo weniger Materie war und deswegen kam mehr und mehrMaterie zu den Bereichen,wo schon mehr Dichte war oder mehr Materie war und das heißt,es findet eine Entwicklung statt, es fand eine Entwicklung statt,vom frühen Universum bis heute,geht auch weiter und wenn wir uns verschiedene Zeitalter angucken,können wir diese Statistiken über diese Materiekarten miteinander vergleichen,wie sozusagen die Strukturentwicklung war im Universum.Und das ist wieder so eine Sache, wir müssen halt gucken,wie können wir verschiedene Schnappschüsse miteinander vergleichen,wie können wir verschiedene Instanzen, die wir nur einmal beobachten sozusagenund wo wir nicht warten müssen über eine Milliarde Jahre, das ist ein bisschenlang für ein Projekt, miteinander vergleichen, um zu sagen, wir kommen zu einerEntwicklung. Wir können uns eine Entwicklung anschauen.Und das ist einer der fundamentalen Sachen. Wir können Strukturentstehung überschwachen Gravitationslinseneffekt angucken.Und das andere Haupt, der zweite Hauptmarker, neben anderem ist,dass wir versuchen, der Expansionsgeschichte des Universums nachzuforschen.Wieder die große Frage, woher zum Teufel wollen wir wissen, wie groß das Universumvor zehn Milliarden Jahren war?So, wir können zwar sehen, die Abstände zwischen zwei Galaxien sind so und sogroß, Aber wir wissen nicht, wie groß die Abstände zwischen diesen beiden Galaxieneine Milliarde Jahre später oder fünf oder zehn Milliarden Jahre später ist,weil wir halt die nur einmal sehen.Die sehen wir nur zu dem Zeitpunkt vor zehn Milliarden Jahren,weil wir uns Galaxien angucken, die zehn Milliarden Lichtjahre entfernt sindund die Lichtlaufzeit so lang war und so weiter.So, wenn wir uns vor fünf Milliarden Jahren einen Schnappschuss angucken,sehen wir andere Galaxien.So das heißt, wie verfolgt man die Expansionsgeschichte des Universums?Und da gibt es genau eine Sache, die bisher gefunden wurde und das ist totalclever und es ist jedes Mal mindblowing, es gibt tatsächlich einen Längenmaßstabim Universum, der sich mit dem Universum zusammen ausgedehnt hat.Und der hat was zu tun mit dem, was man leicht von der Zunge gehend baryon-akustische Oszillationen nennt.
Tim Pritlove
Baryonische akustische Oszillationen?
Knud Jahnke
Ja, und das hat damit zu tun, dass wir im ganz frühen Universum,also von dem Zeitpunkt, wo wir auch die kosmische Hintergrundstrahlung sehen,Planck, diese schöne Karte, die man immer kennt, wo ganz leichte Fluktuationendrin waren, zu dem Zeitpunkt.
Tim Pritlove
Du redest von der kosmischen Hintergrundstrahlung, die ja irgendwann mal zufälligentdeckt wurde und die dann eben von Planck konkret gemessen wurde,wo man halt einfach dieses typische blau-rötliche Rauschmuster im Prinzip hat,so was dann so ellipsoid abgebildet wird, was im Prinzip so einmal der Blickin die Weite überall ist, was sozusagen die ganze Zeit noch so nachleuchtetund das ist so das älteste Wärmesignal quasi der Universums.
Knud Jahnke
Genau, das ist genau das Wichtige, das ist nämlich das älteste,das ist der weiteste Blick, den wir zurück haben, weil das war ungefähr 379.000,Jahre, also nicht Millionen oder Milliarden, sondern 379.000 Jahre nach demUrknall. Kann man aktuell relativ gut berechnen.Vorher war das Universum so heiß, dass es keine Atome gab, es gab nur Protonen,Atomwasserstoffkerne und Elektronen, die waren aber getrennt.Bei zu hohen Temperaturen bekommen wir das, was wir auch jetzt Plasma nennen,in irgendwelchen sehr heißen Flammen oder so kriegen wir Plasma,wir kriegen eine Trennung dieser Ladung.Wenn wir aber Ladungstrennung haben, dann kommen Lichtteilchen,Photonen, kommen nicht weit. weit. Die werden sofort wieder absorbiert,die werden irgendwie imitiert und sofort absorbiert. Das heißt,die können sich nicht sehr weit bewegen.
Tim Pritlove
Das heißt, das Universum war nicht transparent.
Knud Jahnke
Das Universum war nicht transparent. Das heißt, erst nachdem das Universum soabgekühlt war, dass aus Protonen und Elektronen ein Atom, ein Wasserstoffatomwurde, gab's plötzlich kaum mehr Ladung, freie, und die Photonen konnten abhauen. und so.Was aber früher schon passierte, das geht jetzt zurück zu dem, was ich eben erklärte.Wir hatten schon leichte Kontraste in Massen oder Massedichten zwischen verschiedenenBereichen, links und rechts.Das, was wir auch in der kosmischen Hintergrundstrahlung sehen bei diesen Kartendes ganzen Himmels. Ganz leichte Kontraste.Da, das sind Massenunterschiede, die gab's auch, als das Universum noch Plasmawar. Und dort war wie danach auch Gravitationsanziehung.Das heißt, Materie ist ganz leicht zu diesen höheren Dichten stärker hingegangen,als in die Bereiche, wo niedrigere Dichten waren.Jetzt gab's aber komische Effekte, dass, weil die Photonen so mit der Materieimmer mitlaufen mussten, weil sie nämlich nicht weit weg kamen,kam das dazu, dass es dort zu einem Druck kam, wenn Sachen zusammenfielen odersich stärker zusammenballen wollten.Und wenn wir Druck haben, dann gibt's wieder eine Abstoßung und dann sind wirwieder abgestoßen und dann kommt wieder Gravitation und zieht das wieder an.Das heißt, es kam da zu so einer Art Schwingung in dem frühen Universum vorder Zeit von 379.000 Jahren.Und da gibt's eine charakteristische Schwingung, eine Schwingungsamplitude,eine Schwingungsgeschwindigkeit, die im Prinzip sagt, okay, mit dieser Geschwindigkeitkönnen, oder schwingt charakteristisch, schwangen charakteristisch,Vergangenheit, zu dem Zeitpunkt diese Massen dichten.Und dann wurde das Universum plötzlich transparent, 379.000 Jahre nach Murknall,und dieser Druck verschwand, weil sich nämlich die Photonen plötzlich frei bewegen konnten.Und was dazu führte, Schwingung heißt immer, oder charakteristische Schwingungheißt immer eine charakteristische Wellenlänge.Charakteristische Wellenlänge, weil irgendeine bestimmte Geschwindigkeit,so. Und diese Wellenlänge war plötzlich eingefroren.Die änderte sich nicht mehr. nämlich die charakteristische Wellenlänge genauder Bedingungen direkt kurz vor 379.000 Jahren nach Murknall.Da hat sich danach nichts mehr verändert, dieser Druck verschwand,es gab keine neuen Schwingungen mehr, weil plötzlich gab es nur noch Schwerkraft,keine Druckeffekte mehr von irgendwelchen gefangenen Photonen.Und plötzlich war diese Wellenlänge eingefroren.Leichten überdichten auf dieser entfernung zwarin jede richtung welche wellenlänge war das und dasist genau eine wellenlänge die einem dieein maßstab ist die später immermehr und immer mehr sich immer mehr masse eingefundenhat ich kann nicht sagen was das für eine entfernung ist mehr viele viele megaparsec im heutigen universum aber auf dieser auf dieser auf dieser entfernungauf diesem maßstab haben sich im laufe der zeit Zeit etwas mehr Galaxien charakteristischentwickelt, als auf allen anderen Marsstäben.Das heißt, wenn ich mir einen Galaxienhaufen angucke, dann bekomme ich in dieserEntfernung dieses Marsstabs etwas mehr Galaxien zu sehen,wenn ich eine Statistik mache, als auf kleineren Abständen oder als auf größeren Abständen.Und damit kann ich im frühen Universum, also nicht mehr ganz so frühen Universumbei zehn Milliarden Jahren in der Vergangenheit, kann ich versuchen Statistik zu machen.Ich gucke mir die Abstände von Galaxien an, vielen Galaxien,und mache eine Statistik, wenn ich mir die Abstände von jeder Galaxie zu jederanderen Galaxie angucke und mir angucke, wie viele Galaxien sind am Abstandvon 1 Meter und 100 Lichtjahren und 10.000,und 1 Milliarde Lichtjahre, wenn ich mir das angucke und dann eine Statistikmache, dann bekomme ich irgendwann einen kleinen Peak, eine kleine Überdichte.Das ist dieser Maßstab. Und wenn sich das Universum ausdehnt,dann dehnt sich dieser Maßstab mit aus, weil...Universum dehnt sich aus. So, das heißt, ich mach das nicht nur vor 10 Milliarden Jahren,ich mach das auch vor 9 und vor 8 und vor 7 oder 6 und vor 5 und habe dann einenMaßstab, den ich verfolgen kann und der ist, dieses Wachstum,dieses Maßstabes gibt mir tatsächlich den Skalenfaktor an, wie das Universumsich in dieser Zeit ausgedehnt hat.Das heißt, ich kann tatsächlich ein sehr indirektes Lineal an das Universumanlegen, vor 10 Milliarden Jahren, vor 9, 8, 7, 6 und kann messen,wie groß, nein, nicht wie groß das Universum war, sondern wie sich das ausgedehnthat, wie sich das verändert hat.Und wenn ich die Veränderung kenne, dann kenne ich die Ausdehnungsgeschwindigkeitund wenn ich die Veränderung der Veränderung kenne, dann kenne ich die Beschleunigung.Dann weiß ich, wird es abgebremst oder wird es beschleunigt.Und damit hat man eine Zahl an die dunkle Energie,damit habe ich eine Zahl, die ist charakteristisch und wenn ich die sehr sehrsehr sehr genau messe, dann kann ich verschiedene Vorhersagen von verschiedenenTheorien voneinander unterscheiden und das ist das Ziel.
Tim Pritlove
Also das mit dem Lineal, das würde ich gerne nochmal ein bisschen besser verstehen,also mit dieser Hintergrundstrahlung und überhaupt so diesem Blick in die Vergangenheit,das ist ja irgendwie etwas, das muss man erstmal so ein bisschen in sich aufnehmen.Was ja im Prinzip Plank gemacht hat ist, es schaut sich quasi,also halt war ja auch ein Survey, also so ein Upscann des gesamten Universums,in dem Fall halt auch wirklich so in jede Richtung, also die vollständige Kugelund im Prinzip schaut sich ja dann das Teleskop, sagen wir mal,den Teil an, der eigentlich schwarz ist.Also man schaut sich natürlich alles an, aber da, wo eigentlich nichts ist,ist halt trotzdem noch was.Man sieht halt von den normalen Sternen, sieht man halt irgendwie das Licht,was relativ stark kommt, aber überall ist ja irgendwas.Auch wenn vieles schwarz wirkt, ist ja eigentlich nicht nichts und sozusagen die Wärme,die dort noch, das Licht, was dort noch sichtbar ist, aber eben so stark insInfrarot verschoben ist, dass es also so super alt ist, das hat diese Karte ausgeführt.
Knud Jahnke
Genau, Planck hat im Prinzip Infrarot-Licht gemessen, was das Überbleibsel istvon dem, was damals sehr heiß war, aber die Strukturen, die dieses Licht ausgesandthaben, waren irgendwelche Massen.
Tim Pritlove
Genau, keine Sterne.
Knud Jahnke
Keine Sterne, aber irgendwelche, haben aus irgendwelchen Massen und im Prinzip die Annahme,die auch sehr gut gerechtfertigt ist, wenn wir etwas mehr Licht sehen,dann kam dort, oder in diesem Fall eine etwas andere Temperatur sehen,dann waren das etwas größere Massen, als wenn wir irgendwo anders eine etwasniedriger Temperatur im Licht sehen.
Tim Pritlove
Und dann kommt diese leichte Variation. Und in diesem Plasma,in diesem Nicht-Zustand sozusagen, also in dem alles noch nicht in der Form war,wie wir es heute kennen, dort hat sich dann eben diese Oszillation,wie heißt es nochmal so schön, barionische, akustische Oszillation,also akustisch nicht, weiß nicht.
Knud Jahnke
Es waren im Prinzip Schallwellen, die aber niemand gehört hat,weil es ging um die Geschwindigkeit, mit der sich im Prinzip Materie dort bewegenkonnte und das ist im Prinzip eine Art Dichte.
Tim Pritlove
Genau, also ein Gewaber aus Strahlung und aus Gravitation sozusagen und dasist ja dann in dieser Hintergrundstrahlung quasi rein codiert.Das heißt das ist das was man, also man nimmt dieses BAO, diese baryonischeAkustik, dieses Lineal, entnimmt man der Hintergrundstrahlung.
Knud Jahnke
Die entnehmen wir der Hintergrundstrahlung und damit kriegen wir einen Markerbei 379.000 Jahren nach dem Urknall.Das war aber der Zeitpunkt, wo dunkle Energie noch nicht besonders wichtig war,weil sich das Universum noch nicht sehr stark ausgetehnt hatte und deswegendie Frage, wie kriegen wir das viel viel viel viel später, nämlich vor 10 Milliarden und 987.Und dort kriegen wir nicht nochmal eine neue Hintergrundstrahlung.Die ist da seit der Zeit und bewegt sich seitdem durch die Gegend.Das heißt, was nehmen wir? So und da ist ganz klar,wenn wir Überdichten hatten, die seinerzeit am Anfang diese Temperaturfluktuationin der Hintergrundstrahlung gemacht hatten, Überdichte bedeutet immer,eine Überdichte wird zu mehr Überdichte, wird zu mehr Überdichte,weil dort einfach mehr Materie drauf fällt.Das sind die Orte, wo dann Galaxien entstanden sind.Und wenn ich eine größere Überdichte habe, sind dort mehr Galaxien entstanden.Wenn ich eine Unterdichte habe, sind dort weniger Galaxien entstanden im Laufeder Zeit. Das heißt, wiederum diese überdichten Abstände im frühen Universum,Zeigen sich dann später in Überdichten von entstandenen Galaxien und das istdas Gute, weil Galaxien können wir sehen und Galaxien können wir einen 3D-Punktirgendwo hinsetzen und dann können wir Statistik machen.
Tim Pritlove
Heißt das, dass sozusagen die Strukturen, die wir heute sehen,die Verteilung der Materie im Prinzip eineunmittelbare Folge aus diesem strahlungsdruckdichten Zusammenspiel ist?
Knud Jahnke
Ja, in Teilen schon. Also in Teilen gab es ganz am Anfang Fluktuationen.Wie groß die genau waren, wird debattiert.Welche Formen die genau hatten, wird auch debattiert. Ist aber klar,es gab eine leichte Verteilung von Dichten, von Energie im frühen Universumoder Masse im frühen Universum und die war da.So, und die ist nur stärker geworden im Laufe der Zeit. Die war irgendwie 10hoch Minus, weiß ich nicht wie viel, ganz im frühen Universum,jetzt haben wir große Dichte-Kontraste.Diese baryon-akustischen Oszillationenhaben sozusagen nur noch einen draufgesetzt und haben gesagt,okay, es gibt hier jenseits von dem, was vorher da war, gibt es aus der Kombinationvon Gravitation, von diesem Druck, der passiert, und der möglichen Schallgeschwindigkeitzu jedem Zeitpunkt, der von der Temperatur abhängt und so weiter,gibt es eine charakteristische Länge.Sozusagen auf die Karte oder auf diese Verteilung noch mal oben drauf geprägt.Und alles was wir vorher hatten an Fluktuationen plus dieser drauf geprägteLängenmaßstab, das ist das, was wir jetzt immer noch sehen können in der Galaxienverteilung.Wir im Sinne von, ich gucke in den Himmel, nicht einfach, aber wenn ich ganzgenau messe, in drei Dimensionen, wo befinden sich Galaxien und da eine Statistikdrüber laufen lasse, dann kann ich diesen Maßstab nachvollziehen und zwar auchzu verschiedenen Zeitaltern.
Tim Pritlove
Ich hab grad so das Bild von so einer Metallplatte, wo Sand drauf ist,wo man Geigenbogen irgendwie eine Frequenz anlegt und wo sich dann ja auch soMuster, Schlatni Figuren oder sowas heißt das glaube ich, bilden.Im Prinzip, dass auch durch dieses Zusammenspiel von Strahlung und Gravitationeben in diesem Urzustand des Universums im Prinzip schon mal solche Frequenzendort eine Rolle gespielt haben und eine frühe Struktur geschafft haben,die sich dann einfach in der Folge der nächsten 13 Milliarden Jahre einfachverstärkt hat und dann quasi in diesen Filamenten resultiert, die wir heute sehen.Also Galaxien ja, gut, das sehen wir jetzt nicht so mit bloßem Auge,aber im Prinzip sind das ja alles schon solche langen Röhren von Galaxienhaufen,die so mehr oder weniger miteinander in Anführungsstrichen verbunden sind unddazwischen gibt es dann diese riesigen Voids, wo einfach mal gar nichts ist.
Knud Jahnke
Und hätten wir nur die Anfangsbedingungen des Universums gehabt oder diese zufälligenSachen ganz vom Anfang, dann hätten wir erstmal keinen charakteristischen Längenmaßstab gehabt.Ich glaube, das wäre relativ fraktal, chaotisch, wie auch immer gewesen,aber durch diese Tatsache, dass es halt hier so zwei,dass es hier eine Schwingung gab von Gravitation, Zusammenfall,Druck, der das wieder auseinander gedrückt hat und der Tatsache,dass das irgendwann abrupt aufgehört hat, der hat halt diesen Längenmaßstabaufgeprägt, was halt ganz wichtig ist, denn die Schallgeschwindigkeit ist vonder Dichte und von den Temperaturen abhängigUnd die hat sich natürlich im frühen Universum durch das Ausdehnen ständig geändert.Aber im Prinzip wurde der letzte Zustand direkt bevor das Universum transparentwurde, hat sich, wurde aufgehoben, wurde bewahrt.Und da im gesamten Universum die Temperatur so war und die Dichten ungefährso waren, war das auch im ganzen Universum gleich.Und deswegen gilt dieser Längenmaßstab universell und auch ob ich nach rechtsoben gucke oder links unten gucke,sollte ich den überall finden und da das Universum im Prinzip zum selben Zeitpunktüberall schlagartig oder relativ schnell durchsichtig wurde,müsste das auch miteinander korrelieren.Und deswegen kann ich eine Statistik machen, die Teile links oben und Teilerechts unten am Himmel miteinander korreliert und die Sachen einfach zusammenzählen.
Tim Pritlove
Also zusammengefasst kann man erstmal sagen, so die Hauptziele der Mission sinddunkler Energie und dunkler Materie auf die Spur zu kommen und darüber sozusagen Daten zu generieren,mit dem man dann Rückschlüsse auf das Wesen dieser Phänomene schließen kann,vielleicht, ja, Modelle einschließen kann, ausschließen kann,weitere Anhaltspunkte zu liefern.Sicherlich ist jetzt nicht das Ziel die finale Antwort zu liefern,sondern sozusagen überhaupt erstmal eine Datenbasis zu schaffen.Wir füttern die Theorie.
Knud Jahnke
Wir füttern die empirische Basis, umTheorien entweder auszuschließen oder weiterentwickeln zu können. Genau.
Tim Pritlove
Und dann gibt es einerseits den Punkt dunkler Energie, da haben wir schon gehört,da gucken wir einfach, okay, auf Basis der Urschwingung des Universums kurznach dem Urknall, also so als sozusagen das Licht angeknipst wurde.
Knud Jahnke
Dann kriegen wir einen Maßstab und den Maßstab verfolgen wir über die Zeit undkönnen deswegen die Expansionsgeschichte des Universums nachvollziehen und wenndie beschleunigt ist, dann können wir genau messen, was ist das für eine ArtBeschleunigung, wie ist die zeitabhängig oder ist die nicht zeitabhängig.Das kann man direkt mit Theorie vergleichen.
Tim Pritlove
Gibt's ja auch schon andere Annahmen und andere Messungen und die würden diedann sozusagen nochmal ergänzen oder?
Knud Jahnke
Genau, wir werden ganz viele dieser Ansätze miteinander verbinden und insgesamtgibt das ein sehr, sehr feines Bild, was uns, was weiß ich, auf ein Prozentgenau die Expansionsgeschichte geben soll und das war halt vorher nicht möglich.
Tim Pritlove
Genau. Und der zweite Schwerpunkt ist dunkle Materie,also hier geht's dann eben konkret auf dieses was ist das eigentlich und wieist es verteilt im Universum und hier nimmt man diesen Effekt der schwachenGravitationslinsen, also man schaut sich im Prinzip irgendwie alles an,Macht Annahmen darüber, wie es eigentlich aussehen sollte.
Knud Jahnke
Wie ist der Hintergrund und was kommt an?
Tim Pritlove
Und wie sieht es eigentlich wirklich aus, um dann in Rückschlüsse daraus zuziehen, die halt sozusagen eine Verteilung von diesem ominösen,was auch immer es ist, Erlauf haben.
Knud Jahnke
Und dann letztendlich testen wir damit, welche Eigenschaft hat eigentlich unserGravitationsmodell, was ist eigentlich Gravitation.Weil es ist ein Test von Dingen, die Schwerkraft machen. Und damit haben wir wieder die Verbindung.Das eine ist der Druckteil mit der dunklen Energie, das andere ist der Schwerkraftteil.Wie wirken die Sachen zusammen und wie kann man das in eine kohärente,möglichst einheitliche Theorie zusammenbringen?
Tim Pritlove
Genau und nebenbei testet man wahrscheinlich auch nochmal Einstein ordentlichdurch, weil das ist ja dann immer sozusagen die Frage, gerade wo wir jetzt schon,diese Mondtheorie und so weiter wäre ja im Prinzip auch eine Abweichung.
Knud Jahnke
Ja Mond wäre eine Abweichung, das ist dann eine Variation von allgemeiner Relativitätstheorie,die im Prinzip darüber hinausgehen würde.
Tim Pritlove
Einstein hat doch bisher immer gehalten.
Knud Jahnke
Ja, wir haben aber Einstein auch immer nur auf sehr, also wir werden es mittesten,es ist eine formal korrekte Theorie,die Sachen beschreiben kann und wenn wir eine Theorie haben,die nicht aus unendlich vielen freien Parametern besteht, wo ich immer nur sagen kann,aha ihr habt mich widerlegt, ich dreh mal hier, dann passt es trotzdem,sondern wirklich falsifizierbare Sachen macht, dann sollte man das ernst nehmenund sagen hey wir testen das mit und das machen wir und entweder wir könnenes widerlegen oder wir können es nicht widerlegen.Und das gilt aber für die ganzen anderen Sachen auch.Ja und was machen wir? Wir gucken uns Galaxien an. Viele. Sehr viele.
Tim Pritlove
Ja und so nebenbei, denke ich mal, dürfte man auch die ein oder andere Nebenerkenntnisseauch noch über die Anfangsbedingungen des Universums als solchen herausfinden.
Knud Jahnke
Und ich kann da später auch noch was zu sagen, ganz ganz viele Leute,ganz viele WissenschaftlerInnen bei dieser Mission sind gar nicht an der Kosmologie interessiert.Sondern wollen einfach nur diesen absolut wahnsinnigen Datensatz haben,der dabei rauskommt, um damit alles mögliche zu machen.Nämlich Galaxienentwicklung studieren oder Quasare im frühesten Universum findenoder Sonnensystemobjekte finden und verfolgen und so weiter.Also es wird auch ein Datensatz sein, der über die nächsten 20,30 Jahre mindestens einfach der Standard ist für Bilder in diesen Wellenlängenbereichen.
Tim Pritlove
So ein bisschen wie Gaia mit seiner Sternen-Kategorie, hier überhaupt erstmaldie Grundlage für die Forschung für die nächsten Jahrzehnte gelegt hat,hier in ähnlicher Form, aber eher sozusagen large scale auf Galaxie-Basis.Kommen wir doch mal so ein bisschen zur Mission selber und zu dem Raumfahrzeug.So wann ging's los? Vor zwölf Jahren hast du gesagt?
Knud Jahnke
Es ging sogar noch früher los, es gab vorherige Missionskonzepte,Dune und Space, die im Prinzip zum einen schwachen Gravitationslinseneffektmachen wollen und die andere Mission wollte diese barionakustischen Oszillationenmessen und dann wurden die zusammengefasst,das hat 2005 angefangen, verschiedenste Leute hier im Haus und über ganz Europaverteilt, hatten verschiedene Ideen was man denn eigentlich mal machen sollteund die ESA hat immer mal wieder,Also Aufrufe für Programmung, gesagt hey schlag Missionen vor,erst mal auf Papier und dann irgendwann sagen wir mal okay, das klingt ganzinteressant, wir machen da mal eine Studie, was würde das bedeuten an optischemDesign, ist das überhaupt machbar mit aktueller Technik, was würde das kosten,würde das in den Kostenrahmen passen und so weiter, macht Vorschläge.Und da entstanden diese Konzepte, Dune und Space.Und da wurde gesagt, hey, die einen wollen Infrarot und Bilder,die anderen wollen auch Infrarot.Können wir das nicht alles in einer Mission, aus zwei Konzepten eine Missionmachen? Und da wurde gesagt, hey, gut, müsste eigentlich gehen.Ist billiger, weil eine könnte sowieso nur fliegen. Beides Kosmologie.
Tim Pritlove
Kam der Vorschlag vom MPI oder wo ist der Dupont worden?
Knud Jahnke
Wir spielen eine Rolle, ich glaube wir spielen, also komm ich gleich zu,aber wir reden hier von 140 Institutionen über Europa,wir reden von mittlerweile 15 Ländern, wir reden von zweieinhalb tausend Leuten in einem Konsortium,wir haben einen Teil des deutschen Beitrags davon, finanziell nicht mal dergrößte, funktional aktuell wahrscheinlich einer der wichtigsten,aber das ist wirklich von ganz vielen Leuten gekommen aus sehr vielen Institutionen.Wir haben Teile mit am Anfang mitentwickelt, wir haben Teile vom Kalibrationskonzeptentwickelt, was sehr zentral ist. Andere Leute haben ganz andere zentrale Sachengemacht. Datenverarbeitung zentral mit aufgebaut.
Tim Pritlove
Also ich will jetzt nicht unsere Rolle … Ich wollte ja eher darauf hinaus,dass sozusagen, also es gab wahrscheinlich gar nicht jetzt einmal diesen konkretenVorschlag, lass uns mal genau diese Mission machen, sondern man hat einfachnur gesagt, das müsste man sich mal anschauen.Und dann ist quasi in diesen ganzen Beratungssitzungen beschlossen worden,guck mal hier, das passt doch irgendwie alles zusammen, können wir da nichtdie passenden Instrumente bauen, die quasi alles abdecken?
Knud Jahnke
Und ich glaube in der Frühphase waren das keine Beratungssitzungen,sondern Abendessen oder Kaffeeunterhaltung.Und dann irgendwann wurde es formalisiert und im Prinzip wurde dann von derESA gesagt, okay wir machen eine sogenannte Phase A Studie, wo doch das malwirklich durchgerechnet werden soll.Richtiges, vernünftiges optisches Konzept, mechanisches Konzept,Datenverarbeitungskonzept, was für Detektoren bräuchte man da,was für Optiken, welche Genauigkeiten in der Abbildung, wie groß muss so einSpiegel sein zum Beobachten, was Schwachheit von Galaxien angeht oder Auflösung.Hängt immer zusammen, wie genau muss das sein, je genauer desto teurer was Optiken angeht,wie viele Pixel brauchen wir auf den Detektoren, reicht da ein Detektor oder brauchen wir 100,auch wieder 100 mal mehr kosten und so weiter und so weiter und dann kristallisierten sich,kristallisierte sich dieses Optikkonzept raus mit einem 1,20 Meter Spiegel,mit zwei Instrumenten, ein Instrument im optischen, mit einem einzigen Passband,was jetzt WIS heißt, das im sichtbaren Licht operiert, was.Ganz speziell für diesen schwachen Gravitationsnissen-Effekt zuständig ist,wo im Prinzip die ganze Mission drum gebaut wurde,dass die Fähigkeit von diesem Instrument Formen ganz, ganz exakt zu messen undganz, ganz niedrigen Fehlerraten oder ganz niedrigen Unsicherheiten zu messen,dass das sozusagen über allem anderen steht.Ja das ist ganz wichtig, ich muss, wie ich gesagt habe, ich muss von außen dieForm des Mondes von der Erde unterscheiden, in erster Linie alles rund,aber halt nicht indem ich so groß auf den Mond gucke, sondern indem ich irgendwie10 Pixel darüber hab oder 5 Pixel.
Tim Pritlove
Aber dieser Linseneffekt der müsste doch eigentlich auch genauso im Infrarotbereichzu sehen sein, gerade bei den alten. Was könnte man machen?
Knud Jahnke
Infrarot ist teurer als optisch. Zwei Sachen. Erstens ist es teurer.Ich kann, ich hab hier ein, das WISS Instrument hat 36 CCD Detektoren,jeweils 4 mal 4000 Pixeln.Das sind so und so wie Megapixel. Riesig groß, sehr fein.Das Ganze in der Auflösung im Nahinfraroten zu machen würde sehr viel mehr kosten,weil die Infrarot Detektoren sehr viel teurer sind.
Tim Pritlove
Geht einem dann nicht sozusagen was verloren, weil man gar nicht so tief indie Vergangenheit schauen kann, weil umso älter die sind, umso mehr sind die doch rot verschoben.
Knud Jahnke
Ja das macht aber nichts, die haben ja immer noch eine Form.Dann sehen wir halt ursprünglich dieses UV-Licht.
Tim Pritlove
Ah. So.
Knud Jahnke
Also wir gucken auch nicht besonders im Blauen, wir gucken schon im Roten,wir gucken irgendwo zwischen Grün und etwas röter als wir sehen können oderdeutlich röter als wir sehen können.
Tim Pritlove
Verstehe. Man muss nicht alles sehen, man muss irgendwas sehen und das kannsich auch genauso gut aus dem Ultravioletten reinschieben.
Knud Jahnke
Genau, und wir nehmen schon den Bereich, der wirklich dem roten,sichtbaren Licht entspricht.Gerade so CCD-Detektoren, die da günstiger, Anführungsstrichen,nicht billig, aber günstiger sind, die hören bei ungefähr einem Mikrometer aufin der Empfindlichkeit und wir gehen halt wirklich bis 0,92 Mikrometer ran.So, das heißt wir gehen schon so rot wie es möglich ist, genau um diesen Effektnicht zu haben, dass wir zu viel Licht verlieren oder dass wir nur knotige Sternentstehungsgebieteoder so sehen und das passt sehr gut mit der Entfernung zusammen,die wir uns angucken wollen.Zum anderen, wenn ich ins Infrarote gehe, die Auflösungsfähigkeit eines Teleskopshängt von der Wellenlänge ab. Das heißt, wenn ich doppelt so lange Wellenlängehabe, dann kann ich nur halb so gut auflösen.Das heißt, wenn ich sage, ich muss Strukturen dieser und jener Größe auflösen,und das geht mit einem Meter-zwanzig-Teleskop im Durchmesser bei 0,8 Mikrometern ganz gut.Wenn ich sage, ja, ich würde das doch vielleicht lieber bei 1,6 Mikrometernmachen, dann bräuchte ich für dieselbe Winkelauflösung einen doppelt so großen Spiegel.Und doppelt so großer Spiegel ist dann schon Hubble, das wird dann sehr,sehr viel teurer. Das heißt, alles eine Abwägung.Was brauche ich? Was muss ich messen? In welcher Genauigkeit?In wie schwach dürfen die Galaxien sein?Das ergibt sozusagen die Wellenlänge, mit der ich gehen kann.Dann muss ich gucken, wie genau muss ich messen, wie groß, wie gut muss ich auflösen.Okay, roter sichtbarer Wellenlängenbereich geht noch. Das heißt,ich kann es mit CCDs machen und der Spiegel kann 1,20 m groß sein.Und dann wurde passend dazu gerechnet, okay,auf der anderen Seite, das zweite Instrument, an dem wir auch stärker beteiligtsind, im Nahinfrarotbereich, ein bis zwei Mikrometern ungefähr,Er soll sowohl Bilder machen, als auch Spektren aufnehmen, also Licht in die Wellenlängen zerlegt.Gibt uns, wenn wir Emissionslinien haben von Galaxien, die eine bestimmte Wellenlängehaben, sagt uns sofort sehr, sehr genau, in welcher Entfernung die Galaxien sich befinden.Wenn ich irgendwas in seine Wellenlänge zerlege, kann ich nicht ganz so schwacheObjekte angucken, weil das Licht nicht mehr auf einem Punkt ist,sondern auseinandergezogen ist. Da muss ich dann auch wieder rechnen,wie viele Objekte brauche ich.Weniger als ich beim schwachen Gravitationslinsen-Diagnostik angucken kann.Dann passt das zusammen, geht das mit dem Spiegel und so weiter.Und das alles wurde dann mit einer Architektur für zwei Instrumente und Anzahlvon Detektoren und Datenverarbeitung und Datenraten und Spiegelgröße und Temperaturenund so wurde in eine Ursprungsstudie, Phase A, gegossen.Und ESA fand das gut und dann irgendwann gabs glaub ich drei davon zur Auswahlfür einen bestimmten Start- und Entwicklungsplatz sag ich mal in der Reihenfolgevon den Missionen die ESA geplant hatte und dann haben sie gesagt okay 2011wir nehmen als nächstes Euclid.Und dann wurde es etwas weiterentwickelt und 2012 wurde es dann zur echten Missionund da hat sicherlich geholfen dass es 2011 einen Nobelpreis für Dunkle Energie gab.
Tim Pritlove
Passte, zufälligerweise.
Knud Jahnke
Es war sozusagen Zeit, also da wurde da im Prinzip dieser Effekt ausgezeichnetund als diese Ankündigung kam,für mich war da ziemlich klar, dass Euclid dann ausgewählt wird,da kann die Isa, wenn sie im Prinzip freie Wahl hat, nicht drum rum und so wardas dann auch, die anderen Missionen sind dann auch im Laufe der Zeit angenommen worden.Und seit 2012 ging es dann sozusagen ans Eingemachte.Wurde gesagt, so jetzt plant mal exakt und genau und dann gibt es die exakte Verteilung,welche Institute und welche Länder können wie viel Geld für welche Teile bereitstellen,weil die Teleskop- und Weltraumfahrzeug, sage ich mal, zahlt die ESA,die beiden Instrumente stammen von Institutskonsortien über Europa verteiltmit Beiträgen von der NASA.
Tim Pritlove
Und auch unter Beteiligung des MPE?
Knud Jahnke
Auch unter Beteiligung des MPE. Die deutschen Beiträge für die Hardware wurdenvom DLR bezahlt, unserer Raumfahrtagentur.Also es geht jenseits der finanziellen Mittel einzelner Institute, sage ich mal.Im Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching wurde die Optikfür dieses Na-Infrarot-Instrument entwickelt.Wir haben eine Kalibrationslampe beigetragen, wir haben Infrarot-Filter beigetragen,die wir dann mit Industrie zusammen entwickelt haben.Hat fünf Jahre gedauert, das Ganze hinzukriegen, gut sechs, sieben,bis das dann alles fertig geschnitten, gemacht, getestet und so weiter war.Und parallel haben wir funktionale Sachen beigetragen, nämlich von Anfang anein Kalibrationskonzept.Kalibration heißt, es ist toll, wenn wir was messen und dann haben wir da ein Bild,aber wenn wir nicht wissen, was das bedeutet, weil nämlich wir nicht wissen,ob da irgendwelche systematischen Helligkeitsschwankungen drin sind oder obdie Verzerrung so und so größer ist als geplant, dann hilft uns ein Datenpunkt gar nicht.Das heißt, ein Datenpunkt hilft einem immer nur was, wenn man einen Fehlerbalken da dran hat.Und da wir wussten, wo wir hinwollen an Unsicherheiten,was wir maximal tolerieren können für die Kosmologie, wurde das häppchenweiseruntergebrochen auf Dinge, die wir im Himmel angucken müssen,Dinge, die das Instrument können muss und die Genauigkeit, mit denen wir jedeneinzelnen Parameter auf dem Bild dann hinterher messen können wollen.Das ist ein garantisches Dokument und das haben wir im Prinzip anfänglich federführendfür unser Instrument gemacht und jetzt haben wir auch die koordinierende Oberhoheit,die ganzen Teilnehmenden, die alle irgendwas mit Kalibration zu tun haben, zu koordinieren.Und das machen wir seit 12 Jahren hier am Institut.
Tim Pritlove
Also um es zusammen zu fassen, Euclid ist ein Raumfahrzeug, was im Wesentlichenerstmal dieses Teleskop hat, ein Korsch Teleskop ist das, also im Prinzip genausoaufgebaut wie das beim JWST auch, beim James Webb, so rein.
Knud Jahnke
Ist das auch ein Korsch? Also es ist ein etwas off-axis Instrument,wo der Strahl nicht immer durchdie Mitte geht, was sehr interessante Nebeneffekte beim Konstruieren hat.Aber letztendlich, wir haben einen Spiegel, Primärspiegel, Sekundärspiegel,Licht geht durch, wird irgendwann umgelenkt, dann einmal geteilt in den sichtbarenWellenlängenbereich und den infraroten und geht in die beiden Instrumente.
Tim Pritlove
Genau und das eine ist eben das VIS, das andere ist das NISP, schön benannt immer.
Knud Jahnke
NISP steht für Near-Infrared Spectrometer und Photometer, also Nahinfrarot-Spektrometer und Photometer.Und da gibt es die zwei Kanäle, nämlich den Photometer-Bereich,der tatsächlich Bilder macht, und der Spektrometer-Bereich, der Spektren aufnimmt.Und dafür haben wir aus der Entwicklung her unterschiedliche Verantwortlichkeiten,weil die Detektoren sind dieselben und die Optik am Anfang ist dieselben.Aber was mit den Daten passieren muss...Wurden auf der einen Seite Gitter gebaut,mit horrenden Anforderungen, das haben unsere französischen Kollegen zum Glück gemacht,was mit den Daten dann passieren wird, das geht in die eine Diagnostik reinund dann gibt's den Photometer-Bereich, den P-Bereich, das sind wir,wofür wir etwas stärker verantwortlich sind.Da geht's um Bilder und diese Bilder werden mit bodengebundenen Bildern kombiniert,um dann grobe Entfernungen für diesen schwachen Gravitationslinseneffekt zu erzeugen.
Tim Pritlove
Und das war's im Prinzip. Eine relativ überschaubare Geschichte.Nicht so ein Koloss mit neun verschiedenen Instrumenten, die dann alle funktionieren müssen.
Knud Jahnke
Deswegen ist Euclid eigentlich auch kein Observatorium. Euclid ist eigentlichviel dichter an einem Experiment dran als an einer Sternwarte.Weil bei uns gibt es keine Programme, die man vorschlagen kann,wo man sagen kann, ich würde gerne dieses und jenes Objekt angucken.Es gibt auch keine Einzelobjekte, die angeguckt werden. Wir machen eine Himmelsdurchmusterungmit einem ganz klaren Ziel.Und wenn man mit den Daten noch was anderes machen kann, ist gut.Und das machen ganz viele, wie ich gesagt habe. Aber das Ziel ist eine ganzeinfache Himmelsdurchmusterung.Wir gehen wirklich zu jedem Punkt im Himmel, den wir angucken wollen.Machen dort vier Bilder mit leichten Verschiebungen der Positionierung für bessere Datenverarbeitung.Und dann gehen wir zum nächsten Feld.Wir machen das gleich nochmal nach einer Stunde, 15 Minuten,dann gehen wir zum nächsten Feld und so weiter und so weiter und das über sechs Jahre.
Tim Pritlove
Okay, lass uns da gleich mal drauf kommen. Ich wollte jetzt erstmal mal einbisschen das Raumfahrzeug erst mal starten lassen.
Knud Jahnke
Ach stimmt, das sollte man ja auch noch machen nach der Planung.
Tim Pritlove
Also gebaut wurde es glaube ich von Astrium und also das Nutzlastmodul und dann der Rest von Thales.
Knud Jahnke
Das ist alles. Die beiden zwei der großen militärisch-industriellen Raumfahrtunternehmenin Europa, die können das.Die konnten die Optik und die Spiegel wurden dann hergestellt und Kommunikationund so weiter und so weiter.
Tim Pritlove
Und das war dann Juli 2020 fertig und sollte ja eigentlich dann 2022 mit einerSojus-Rakete in Kourou starten.Sojus ist ja eigentlich eine relativ junge Hinzufügung in Kourou gewesen,wo ja klassischerweise immer die Ariane-Raketen starten und dann kam ja dannin den letzten Jahren mit der italienischen Vega kleinen Rakete und eben denrussischen Sojus-Raketen weitere Launch-Positionen mit dazu. Aber dann gab's Krieg.
Knud Jahnke
Genau, also es war schon seit ein paar Jahren gab es immer eine Backup-Lösung,die Europäer hätten gerne ihre Ariane 6 benutzt und es war ganz klar,wenn die Ariane 6 schnell fertig würde, was halt 2017, 18 oder so einfach ganzunklar war, dann würden wir tatsächlich mit der Ariane 6 fliegen.Also wenn die zeitnah fertig geworden wäre, dann wäre sozusagen Sojus-Backupgeworden. Ja und dann hat Russland die Ukraine überfallen und da war von Tageins klar, nö, ist nicht.Egal wie sich das hier entwickelt, ist nicht machbar, wird nicht passieren.Und ab dem Punkt war eigentlich die Ariane 6.Der Hauptlauncher oder der geplante.Und das war gut, dass wir sozusagen einen Backup gleich hatten.Wir mussten sozusagen nicht von Anfang an testen.
Tim Pritlove
Also Backup heißt ja konkret, man hat das von vornherein so geplant,dass es im Prinzip sowohl die eine als auch die andere Rakete hätte transportierenkönnen, weil das ist ja jetzt auch nicht so beliebig ohne weiteres austauschbar.
Knud Jahnke
Genau, es ist nicht beliebig austauschbar, vor allen Dingen,reingepasst, also Euklid ist viereinhalb Meter hoch und irgendwie drei Meter im Durchmesser und so,oder 280 im Durchmesser in jede Richtung, das heißt es ist groß,aber nicht exorbitant groß, das heißt viele der Großraketen würden damit problemfrei zurechtkommen.Und es ist auch, mit zwei Tonnen ist es jetzt auch nicht, also JWST hatte nureine Möglichkeit, das war die Ariane 5, so, und ansonsten gab es irgendwie keine Möglichkeit.Es hätten mehrere in Frage kommen können, aber es war immer eine politischeFrage, wenn natürlich Ariane 6 fertig ist, dann nimmt man die.Man plant also gleichzeitig für zwei Varianten und das hat großen Auswirkungendarauf, denn je nachdem was man für ein System hat, kommen zum Beispiel mehrVibrationen in das Teleskop oder die Nutzlast rein.Wir haben ganz klar das Problem, ganz, ganz viele der Konstruktionssachen findennur statt für zwei Minuten beim Start,weil wir dort, wie man es dann halt auch aus zehn oder zwanzig Kilometern hört,extreme Lautstärke haben, Lautstärke heißt Vibration, womit wir wieder bei denakustischen Oszillationen werden, aber ganz andere.Und das muss es halt aushalten, da dürfen keine Sachen abbrechen,da dürfen keine Linsen zerspringen oder so.Und die Ariane 6 hatte ganz klar,die hat Feststoffbooster glaube ich, und Feststoffbooster habe ich gelernt machendeutlich mehr Vibrationen als wenn man nur flüssig Antrieb hat und entsprechendwar am Anfang nicht klar,ob die Ariane 6 das starten könnte oder ob sie über die geplanten Vibrationenhinweg geht und dann wurde gesagt, okay wir brauchen noch irgendwelche Dämpferoder sowas, die da eingebaut werden müssen. Aber das war mehrere Jahre in Entwicklung.Und wäre die fertig geworden frühzeitig, dann wäre das auch sozusagen gesagt,okay gut, den Vertrag mit der Sojus, den nutzen wir für irgendwas anderes,wir machen dann unser Prestige, neue Rakete.Wurde aber natürlich gesagt, wir versuchen mal nicht der erste Start zu sein,sondern wir müssen mindestens zwei erfolgreich sein, denn gebranntes Kind schalltdas Feuer und neue Raketen sind immer nicht gut für.
Tim Pritlove
Erste Ariane 5 Start ist ja auch in die Hose gegangen.
Knud Jahnke
Genau und das war auch unabhängig davon zu sagen,also man das ist zu wertvoll, ist so speziell, das ist jetzt nicht einfach einweiterer von 10 Satelliten, den man hochschießt und dann nimmt man halt einenweiteren oder so, sondern es ist halt sehr viel individuelle Arbeit,der dann auch nicht einfach so rekonstruierbar ist.Und als dann der Krieg angefangen wurde, da war klar ist vorbei und Ariane 6würde der Hauptlauncher sein und da,Fragte man sich dann relativ bald, okay an welcher, erstens wann wird die fertig,zweitens an welcher, auf welchem Launchplatz wären wir.Und dann kam das also verschiedene andere Auftraggeber weltweit sagten,ach wir hätten gerne auch noch ein paar Startplätze, wir würden gerne für unserekommerziellen Sachen würden wir gerne mal testen, ob das mit einer Ariane 6 geht.Und dann waren wir plötzlich nicht mehr auf Startplatz 4, sondern auf Startplatz5 und dann gab's die große Frage, okay, also wenn das einmal passiert,dass man nach hinten gereicht wird, dann kann das auch mehrfach passieren, das geht nicht.
Tim Pritlove
Und Ariane 6 ist ja bis jetzt noch nicht gestartet.
Knud Jahnke
Unabhängig davon, unabhängig davon, es war nicht so, dass jetzt klar war,in einem Jahr starten wir und zwar garantiert, so das wäre überhaupt gar kein Problem gewesen.Und dann hat sich tatsächlich die ESA umgeschaut und hat gesagt,okay was gibt's denn an anderen Optionen und hat innerhalb von kürzester Zeit tatsächlich gesagt,okay SpaceX ist flexibel, hat die Kapazität,es würde passen, Studien gemacht, ob das FIP von den Liberationen funktionierenwürde und innerhalb von wenigen Monaten kam dann der Vorschlag mit einer Fake9 zu starten und politisch ist das tatsächlich dann auch durchgegangen.Weil es ist natürlich was Großpolitisches.Plötzlich eine europäische Rakete soll und wird und muss und so weiter und danngeht man plötzlich zu den Amerikanern, zu den kommerziellen Anbietern,die eigentlich eine Konkurrenz sind und startet.Aber es wurde verstanden, was es ansonsten wissenschaftlich bedeutet.Es wurde verstanden, dass das auch nichts gegen die Ariane 6 sagt,denn die war einfach noch nicht fertig.Es ging dann ratzfatz sehr schnell, Leute im Konsortium mussten verstehen,dass wir nicht jetzt plötzlich länger Zeit haben, sondern dass wir mit am Anfangdieses Quartal 3 2023 starten würden, dann hieß es irgendwann Juli unddann hieß es okay, es kann am ersten Juli losgehen und es war dann erst der Juli, so.
Tim Pritlove
Also die NASA war ja beteiligt, also jetzt nicht im großen Maße,wenn ich das richtig sehe.Sie haben, glaube ich, Sensoren beigetragen und damit ist aber dann sozusagenauch eine wissenschaftliche Beteiligung da dann auch mit verbunden,insofern passt das ja noch.
Knud Jahnke
Ja, aber die Verträge sind nicht über die NASA gelaufen. Das ist kein NASA-Vertrag,das ist ein ESA-Vertrag, direkt ein SpaceX.NASA hat da keinerlei Finger drin gehabt, sondern das war direkt,auch der Launch selber war über.
Tim Pritlove
Man muss ja dann auch irgendwann einfach mal, man kann ja so eine Mission nichtewig in die Länge ziehen,also wenn es nicht anders geht, dann geht es halt nicht anders,aber Wissenschaftler arbeiten da dran, sind ja auch für so und so viele Jahredann finanziert und wenn es dann halt nochmal länger dauert,dann ist dann am Ende keiner mehr da, der sich darum kümmern kann.
Knud Jahnke
Und auch bei der ESA selber ist ja klar, die haben so und so viele laufendeMissionen und sie können,haben auch nicht beliebig viel Personal und irgendwann will das Personal auchmal fertig sein mit einer Mission und die soll dann laufen,also das Entwicklungspersonal, die ganzen Projektmanager, IngenieurInnen,die daran gearbeitet haben, die müssen halt auch irgendwann mal andere Sachenmachen und wenn sich das über zwei Jahre hinwegzieht, dann verliert man irgendwanndie Expertise und dann ist so eine Mission auch irgendwann ernsthaft gefährdet.Und das war zum Glück nicht der Fall, wir sind gestartet, alles glatt gelaufen,Lagrange Sprung 2 zum ersten Mal für SpaceX, dass die dort hin geflogen sind.Und jetzt, ja, paar Wochen später war Euclid dann in der...Nähe von JWS2 und Gaia.
Tim Pritlove
Lass uns da erstmal hinkommen, weil ist ja noch ein bisschen vorher was passiert,also jetzt Juli 23, wir nehmen jetzt die Sendung hier auf am 23.Oktober 23, also ist das ganze jetzt vier, fünf Monate her.Ganz problemlos war's nicht, also der Start war super.
Knud Jahnke
Der Start war super, ein paar Tage später wurden die Instrumente eingeschaltet,alles funktionierte hervorragend, die waren, kühlten ab,es wurde minimalste Orbitkorrektur gemacht,war wirklich sehr genau der, die Injektion in den Orbit, was uns auch Treibstoffspart, das heißt potenziell steht er dann später zur Verfügung für längere Mission,was gut ist, wir hatten's gehofft.
Tim Pritlove
Das ist ja ein nicht unerheblicher Faktor, weil wenn jetzt die Bahn nicht gutangeschossen wird und man muss halt korrigieren,das ist ganz schön teuer, das frisst eine Menge Sprit im Vergleich zu dem,was man mit dem Sprit machen könnte mit leichten Bahnkorrekturen.
Knud Jahnke
Genau, denn Lagrange Punkt 2 ist kein stabiler Punkt, das ist ein halbstabilerPunkt und das heißt es muss jeden Monat eine kleine Bahnkorrektur geben,um den Satelliten da wieder zurückzuschubsen und das ist derselbe Treibstoff,der auch für eine Orbitkorrektur nach dem Start benutzt worden wäre.Wenn der alle ist, ist er alle. Da fliegt keiner hin und füllt nach.Und diese Orbitkorrekturen sind einer der limitierenden Faktoren für die Längeder Mission. Und das wäre natürlich blöd, wenn das frühzeitig alle wäre.Und in diesem Fall war es weniger benutzt worden als geplant und das ist positiv.
Tim Pritlove
Und die Instrumente konnten auch problemlos in Betrieb genommen werden?
Knud Jahnke
Die Instrumente funktionieren hervorragend von Anfang an. Wir haben die erstenBilder gesehen, alles ganz klasse.Dann gab es eine Fokussierungskampagne des Teleskops, die Instrumente gegeneinanderhaben alle einen fixen Fokus.Es gibt nur genau ein Element beim Sekundärspiegel, wo alles auf einmal fokussiertwird und das hat auch relativ bald funktioniert.Hat eine Woche gedauert, Woche drei oder sowas nach dem Start.Und danach war im Prinzip...
Tim Pritlove
Wir hatten immer irgendwie Probleme mit Streulicht irgendwie in irgendeiner Form.
Knud Jahnke
Ja genau, also das waren erstmal die Instrumente. Die Instrumente funktionierenabsolut hervorragend. Die besser als wir erwartet haben.Also in dem Rahmen wie man erwarten könnte, dass sie etwas besser funktionierenals man hofft. So, als sie minimal funktionieren mussten. Klasse.Kommandierung funktioniert, Datenübertragung funktioniert, Aufnahmen funktionieren.
Tim Pritlove
Da fehlt einem schon mal ein Stein vom Herzen.
Knud Jahnke
Und erstens, dass da keine Schlitter durch die Gegend fliegen,von irgendwelchen Linsen, und zweitens, dass die Detektoren so funktionieren, wie sie sollen.Dann gab's so ein paar Kleinigkeiten, sag ich mal, die uns jeweils ein bisschenin Atem gehalten haben. Es gab Streulicht, was wir irgendwie gesehen haben, was...Irgendwie durch die Isolierung kommt,die ja eine Lichtisolierung ist, aber die Instrumente sitzen nicht in einemKarton, die sitzen auf einer Plattform und wenn man an der Seite diese goldeneIsolierung einfach abwickeln würde, dann wären die da offen drin.So, natürlich auch einem Licht ausgesetzt.Eigentlich hinter einem Lichtschild. Die Solarzellen gucken immer zur Sonneund die haben so ein bisschen noch Flügel an der Seite und eigentlich ist dasimmer dieselbe Richtung und eigentlich ist das Instrument im Schatten.So, und wenn an den Kanten nichts reflektiert wird, dann ist das Schatten-Schatten und dann so.Dann hat man halt noch goldene Multi-Layer-Installationen da drum rumgewickelt,für Thermostabilisierung, aber auch ein bisschen für die Lichtdichtheit unddann stellt er sich raus,es gibt irgendwo einen Punkt außerhalb dieses Schildes, wo Licht drauf fälltvon der Sonne und der strahlt dann halt einfach von der falschen Seite, ist hell.Und die Sonne hat halt einfach den sehr sehr unangenehmen Teil für so einensehr empfindlichen Satelliten, die ist sehr hell.Und wenn wir halt hier Sonnenbrand kriegen oder 1000 Watt pro Quadratmeter.
Tim Pritlove
Also ist das ein Designfehler gewesen?
Knud Jahnke
Das ist, ich glaube das war ein, das kann ich nicht genau sagen,das würde ich auf die ESA verweisen, ich glaube es gab relativ spät noch eineVeränderung von einem Booster oder sowas, der irgendwie ein bisschen versetzt wurde.Ich weiß nicht genau, ob das der war, der dann auch im Licht war.Jedenfalls hätte diese Isolierung nicht auch zufällig mit mehreren internenReflektionen einen Pfad gehabt, wo Licht durch kann.Und da reden wir auch nicht von einem Loch, sondern wir reden von viel,viel, viel Dämpfung durch mehrere Reflektionen, wo immer nur ein Zehntel Prozent oder so durchkommt.Aber Sonne gegenüber ein Instrument, was halt irgendwie eine Kerze in weiß nichtwie viel Entfernung sehen kann.Das ist halt blöd. So und das passierte und dann stellte sich aber relativ baldraus, wir haben einen gewissen Winkel, den dieses Sonnenschild zur Sonne haben kann.Wir können das Teleskop in drei Teilen, drei Winkeln, drei Achsen drehen.Die eine Achse ist die, die wir immer benutzen, wo immer die,also man zieht die Achse zur Sonne und die können wir immer rumgehen und beobachten.Und in den anderen beiden Achsen haben wir ein bisschen Spielraum,um halt den Himmel ein bisschen abzudecken über ein paar Grad in eine Richtungoder die andere Richtung.Und da stellt er sich relativ bald raus, okay, in der Achse,wo das beleuchtet wird, wenn wir das Teleskop da ein bisschen rausdrehen und sozusagen unseren,nicht um Null, Winkel Null Grad beobachten werden, sondern um Winkel minus zweieinhalbGrad oder sowas oder minus fünf Grad oder sowas, also wirklich nur fünf Gradgedreht, dann passt das auf beiden Seiten.Wir haben immer noch nicht mehr ganz so viel Flexibilität beim Survey,deswegen musste auch neu geplant werden,aber es funktioniert und dann ist dieser Booster oder dieses Stück,was da im Licht hängt, ist aus dem Licht raus, kann nicht mehr reflektieren,Haken dran, alles was ansonsten streulicht ist, ist minimal und handhabbar.
Tim Pritlove
Das heißt dadurch hatte man einen etwas geringeren Survey-Bereich,den man so in einem Schritt aufnehmen konnte?
Knud Jahnke
Ja im Prinzip die Auswahl zu jedem Zeitpunkt,welchen Bereich am Himmel man zu jedem Zeitpunkt angucken kann,schrumpfte etwas und das heißt wir müssen im Prinzip diese Himmelsdurchmusterung,die für sechseinhalb Jahre auf die Minute durchgetaktet ist,also es gibt natürlich einen Plan, wann muss was angeguckt werden,wo geht man von einem Feld zum nächsten, wie lange sind die Beobachtungen,was für Kalibrationen muss wann aufgenommen werden, das muss jetzt umgeplantwerden, wird umgeplant und es war ziemlich schnell klar, das ist handhabbar.Und das andere war, dass wir festgestellt haben, dass wir ein schönes Röntgenteleskop haben.Denn es gab irgendwo ein Loch in der Abschottung.Wenn die Sonne gerade extrem aktiv ist bei einem Sonnenflare,dann macht sie extra viel Röntgenstrahlung und dann gibt es ein paar Winkel.Wenn das Teleskop gerade so steht zur Sonne, dann kriegen wir im Prinzip röntgenlicht,was durch unsere Isolation durchgeht und macht auf dem einen,dann macht auch der Detektor was.Und da ist jetzt aber auch klar, durch was für Löcher das durchgeht und es istklar, wann das auftritt. Die Sonne ist zwar jetzt besonders aktiv,weil wir Richtung Sonnenmaximum gehen oder wenn wir im Sonnenmaximum sind,aber es ist so hinreichend selten, dass man damit auch umgehen kann.Und das sind so die typischen Sachen. Ich würde mal sagen, beide Dinge sindso die typischen Sachen, die nach so einem Start auftreten, für die man nichtplant. Weil alle Sachen, die wir abgesehen haben, sind natürlich erledigt.Da findet man natürlich vorher Lösungen für. Und das sind so typische Dinge,die man hinterher feststellt und wo man relativ flexibel dann was lösen muss.Und das ist passiert und die Sicherheiten sind glaube ich wirklich gut unterKontrolle. Das tauchte auch in den ersten Tagen, bei den ersten Daten schonauf und da war erstmal das Zähne klappern groß und jetzt ist das gelöst würde ich sagen.
Tim Pritlove
So und Ziel war L2 erfahrenen Raumfahrern natürlich bekannt.Ja L2 weiß man ja aber es ist vielleicht nochmal wertvoll das hier genauer zuerklären warum dieser Ort ausgewählt wird. ist ja ein sehr populärer Platz für Weltraum-Teleskope.James Webb fährt da rum, auch Planck und Herschel, also all diese ganzen Weltraum-Surveyssind dort gewesen oder sind dort noch.Warum? Weil dieser Lagrange-Punkt 2 ja einer von fünf Punkten ist,wo sich die Gravitationswirkung der Erde und der Sonne so weit ausgleichen,dass man eben nicht so ohne weiteres erstmal irgendwo hingezogen wird.Das heißt da kann man ganz gut verweilen und vor allem mit der Erde um die Sonneherumziehen und L2 ist ja der Punkt sozusagen hinter der Erde,also von der Sonne aus gesehen, der eben dann auch dunkler ist,kälter ist, weil man ist ja nochmal etwas weiter weg.
Knud Jahnke
Ja, wobei die Entfernung spielt nicht so groß die Rolle. Auf jeden Fall ist er stabil.Und das ist das Schöne, wir sind an einem Ort, der immer ungefähr gleich vonder Sonne entfernt ist, der auch ungefähr gleich von der Erde entfernt ist,weil nämlich dann nicht irgendwie plötzlich Licht von einer reflektierten Erdeoder so von rechts oder links reinscheint.Dauerhafte Entfernung, wenn wir ein Teleskop dort einfach hinstellen,was mit dem Sonnenschild einfach in dieselbe Richtung guckt,das ist einfach thermisch sehr stabil. Und thermisch sehr stabil heißt,nichts dehnt sich mal aus, weil alle Materialien dehnen sich aus,wenn sie die Temperatur ändern.Und das heißt, wir haben ein System, wo sich die Mechanik nicht ausdehnt,die Optik nicht verändert.Das ist stabil. Wenn das im Fokus ist, bleibt das fokussiert.Da fängt nicht an, plötzlich irgendwie der linke Rand aus dem Fokus raus zu wölben oder so.
Tim Pritlove
Aber im Prinzip viele dieser Voraussetzungen hätte man ja auch an eins,also das ist dann sozusagen zwischen Erde und Sonne, aber da hätte man zum Beispielschon mal die ganze Zeit die Erde im Blick, die da auch leuchtet.Genau, dann hätte man die Erde im Blick.
Knud Jahnke
Genau, das wäre blöd.
Tim Pritlove
Das ist nicht so toll. Und dann gibt's noch die drei L4, die also vor und hinterder Bahn der Erde liegen, die wären ja im Prinzip auch geeignet,nur da tummeln sich dann so kleine Meteoriten und das ist nicht so schön.
Knud Jahnke
L2 ist einfach ganz gut handhabbar. Das ist einfach weg.Man kann Orbits sich dort nehmen, die auch, wo die Erde nicht vor der Sonne steht,also keine kleinen Sonnenfinsternissen da sind, das ist für Gaia ganz wichtig,das ist für JWST und Euklid sehr wichtig, weil auch so ein bisschen Abdeckungwürde bedeuten, dass irgendwie die Temperatur sich kurzzeitig ändert und dieStromversorgung durch die Solarzellen sich ändert. Das heißt,wir können dort Orbits haben, die,Da bewegen sich die um das Zentrum oder den formalen Zentrum von L2 herum undes ist alles sehr stabil.Ich kann meine Antenne in eine Richtung richten und da wir da einen Millionen-Kilometer-Durchmesserhaben von L2, ist voll auch relativ.Also sich da zufällig zu treffen, das wird schon navigationstechnisch schwierig,wenn man das machen möchte.Per Zufall stößt da nichts zusammen bei drei, vier, fünf Missionen.
Tim Pritlove
So dann schauen wir aber doch nochmal da drauf wie das dann jetzt abläuft.Also Euclid ist dann ich schätze mal so nach vier Wochen oder so dürfte dasDing so alles in Betrieb gewesen sein, das heißt seit August,sprich jetzt ungefähr für zwei Monate ist im Prinzip schon so ein Normalbetrieboder ist das sozusagen immer noch ein Testen?
Knud Jahnke
Offiziell sollte, war der Plan, dass wir direkt nach dieser vier Wochen Hochfahrphaseeine sogenannte Performance Verification Phase machen,wo im Prinzip einmal alle möglichen Kalibrationsdaten aufgenommen werden und geguckt wird,kann das Teleskop was wir erwarten, auf dem Boden,mit leicht anderen Temperaturen und so weiter und können wir alle Referenzdatenaufnehmen für alle Detektoren,Empfindlichkeitskarten und Dunkelstromkarten und was weiß ich,also alles was so charakterisiert Alle besonderen Schmutzeffekte oder Effekte,die dann in den Wissenschaftsdaten auch drin sein werden, die müssen wir allewieder rausholen und da nehmen wir dann nicht irgendwie Testdaten von der Erde, wiewir im Labor gemacht haben, sondern dort wirklich vor Ort.Ja und nach zwei, drei Tagen stellte sich irgendwie heraus, das war nicht soeinfach, denn das Teleskop hat seine Position nicht gehalten.Wir haben natürlich da ein sehr komplexes System, was verschiedenste Dinge vonGyroskopen und tatsächlichen Sensoren für den Ort der Sonne und feine Sensoren,die tatsächlich Sterne verfolgen, die irgendwo sind und sagt ok,wenn der ein bisschen raus wandert, dann gebe ich einen leichten Schub und gucke wieder nach links.Und das hat so nicht funktioniert. Da gab es Signale, wo plötzlich Sterne verlorenwurden für dieses Guiding. Da gab es Signale, guck doch mal bitte,ich glaube der Stern ist jetzt plötzlich drei Grad weg, guck mal da rüber.Und so weiter und so weiter. Und es stellt sich fest, da gab es ein Softwareproblemauf der Teleskop- und Systemseite.Und wir haben im Prinzip 50% aller Aufnahmen verloren.Und damit kann man nicht arbeiten. Und dann wurde gesagt, okay,diese Phase beenden wir erstmal wieder.Wir müssen zurück in die Commissioning-Phase. Es war auch klar,dass diese Arbeiten noch nicht beendet waren,aber es gab die Hoffnung, dass diese Commissioning-Phase für dieses Guiding-Systemdurch kleinere Fixes erfolgreich parallel gelöst werden könnte.Und das war halt nicht richtig. Dann wurde gesagt, okay, das hat keinen Zweckhier, wir vergolden nur ein paar Punkte.Ja nicht nur das, vor allen Dingen da haben sich halt 100 Leute,haben 24 Stunden am Tag irgendwie diese Daten angeguckt,Wochenenden und sonst wie, das war nach der Vorbereitungszeit auf Dauer nichtdurchhaltbar und dann hat man gesagt, nee das hat keinen Zweck,das ist auch alles für die Tonne irgendwie, okay wir gehen zurück.Hat im Prinzip einen Monat gedauert oder sechs Wochen. Wurde ein Fix gemacht,Software neu geschrieben, umgebaut.
Tim Pritlove
Wo ist das geschehen?
Knud Jahnke
Das war ein Industriepartner, Isa hat darüber mehr geschrieben in ihrem Blog.Und das wurde hochgelinkt und dann gab es eine relativ komplexe Testkampagneauch mit dem Konsortium zusammen,wo wir gesagt haben, okay, wenn wir unsere Instrumente nutzen,was können wir an relativ schnellen Diagnostiken machen, um zu gucken,ob auf verschiedenen Zeitskalen dieses Guiding jetzt gut funktioniert.Weil, während der Missionszeit, der sechs Jahre in der Zukunft,wollen wir ja eigentlich die ganze Zeit nur gucken, es gibt so Housekeeping-Informationen,so einen Strom von Daten, der sagt,das Teleskop hat einen Lock auf dem Stern und das funktioniert alles und derOffset davon war maximal so und so groß und so und so groß und alles ist inOrdnung und so und so und wenn man die Sachen verfolgt,kann man eigentlich sagen, alles klar, wir vertrauen dem, das ist innerhalbder Parameter, das können wir automatisch abchecken, das läuft alles gut.So, wir wussten zu dem Zeitpunkt nicht, ob wir diesen Sachen trauen können.Und ESA wusste das auch nicht. Das heißt, wir brauchten eine unabhängige Bestätigung dafür.Das heißt, wir haben geguckt, okay, wenn wir jetzt mit irgendeinem super specialModus dieses WIS-Instrument laufen lassen, dann kann das tatsächlich bei bestimmtenSachen im Millisekundenbereich auslesen. Und wenn wir das NISP-Instrument schnellauslesen, dann können wir im Dreisekundenbereich auslesen.Und dann können wir sozusagen auf verschiedenen Zeitskalen hier Sachen angucken.Das wurde geplant, dann wurden die Beobachtungen geplant,hochgelinkt, Daten genommen und ausgewertet und es stellte sich raus,okay, mit diesem Fix ist fast alles beseitigt, zumindest das Hauptproblem istbeseitigt und das Guiding ist auch so gut und ein paar Diagnostiken,den können wir trauen, wenn die jetzt vom Teleskop runterkommen.Das heißt, wir müssen nicht mehr unsere Daten extrem tief angucken und gucken,ist da was faul, sondern wir können den Diagnostiken vom Teleskop trauen.Und jetzt geht's nochmal ein ganz klein bisschen in die Feinheiten,aber das war dann gelöst und dann wurde gesagt, okay wir fangen am ersten Oktober glaube ich oder 28.September fing's an, dass wir wieder zurück in die Performance VerificationPhase gehen und seitdem machen wir im Prinzip den Teil der ab August stattfindensollte und da kommen einfach ganz tolle Daten runter und die zeigen,dass das, das wird funktionieren. Das wird alles sehr gut funktionieren.
Tim Pritlove
Das heißt, der Survey hat jetzt noch gar nicht so richtig angefangen zu diesem Zeitpunkt?
Knud Jahnke
Der hat noch nicht angefangen. Wir werden aller Voraussicht nach noch...Drei Wochen, vier Wochen Daten nehmen, so wie das aussieht, dann braucht esnoch ein bisschen, um das zu verarbeiten.Aber es ist relativ klar, die Instrumente und das Teleskop tut,was es soll, in der Qualität, wie es soll und wir müssen nur sicherstellen,dass wir alle Daten in der Qualität bekommen, um das dann zu kalibrieren.Ob dann die Verarbeitung dieser Kalibrationsdaten noch einen Monat extra dauertist dann erstmal egal, aber wir wissen, dass das funktioniert und dann passieren zwei Dinge.Erstens wir steigen den Survey ein mit nochmal Spezialbeobachtungen,die Sachen machen, aber im Prinzip ist das der Survey, der dann sechs Jahre läuft.Zum anderen wird es die offizielle, wird es einen offiziellen Review geben unddie Übergabe im Prinzip von der Industrie an die ESA.Das heißt, da wird gesagt, okay, diese Anforderung an die Industrie für Qualitätwurde abgehakt und diese und diese,dann haben wir einen Katalog von, weiß ich nicht, 200 Stück und wir können absehen,dass das alles so funktioniert und dass das alles abhakbar ist,aber da müssen halt entsprechend Bilder analysiert und Parameter ausgerechnetund Dokumente geschrieben werden, damit das hinterher auch recht sicher dannin einem Review abhakbar ist.Währenddessen fangen wir dann aber mit dem Survey an. Ich nehme an,dass wir Mitte November oder so in den Survey einsteigen und dann kommen abAnfang Januar kommen dann Daten.Jeden Tag kommen ganz viele Daten von sehr vielen hunderttausend und Millionen Galaxien jeden Tag.
Tim Pritlove
Genau. Dann geht's los. Kommen wir nochmal zu dieser Beobachtung beziehungsweiseauch zu diesen Daten, die dann rausfallen.Das Ding, also die Kamera haben wir ja schon besprochen, man braucht ja immer Solarpanels,Sonne kommt von hinten, da kommt irgendwie der Strom an und durch diese ganzenIsolierungen, die da dran sind, wird halt versucht den eigentlichen Teleskopbereichso kalt wie dunkel wie irgendwie möglich zu halten.
Knud Jahnke
Ja, dunkel und kühl in bestimmte Temperaturbereiche.
Tim Pritlove
Weil wenn man Infrarot misst, misst man ja eigentlich Wärme und wenn man dannirgendwie selber warm ist, ist es halt nicht so.
Knud Jahnke
Und wir sind zum Glück nur im nahen Infrarotbereich, also wir müssen nicht zumabsoluten Nullpunkt wie im mittleren oder fernen Infraroten,wie die Herschel und Planck und sowas, die mussten sehr sehr viel kälter gemacht werden.
Tim Pritlove
Oder auch James Webb.
Knud Jahnke
Oder auch James Webb in Teilen, genau. Und wir können ganz passiv kühlen,es gibt so große Strahlungsradiatorenflächen, die einfach in den Weltraum guckenund hinreichende Menge an Wärme abführen können.
Tim Pritlove
Das passt schon.
Knud Jahnke
Das passt, ja. Minus 140 Grad bei uns, Detektoren zum Beispiel.
Tim Pritlove
So und jetzt ist ja das Ziel möglichst viel abzudecken, das heißt das Ding rotiertdann irgendwie oder muss es gar nicht so viel rotieren?
Knud Jahnke
Wir machen im Prinzip so eine Sache wir gehen zu einem Ort, also Gaia rotiertja und macht ja sehr dezidiert, macht ja eben beim rotieren Aufnahmen.Wir machen das nicht, wir gucken zu einem Ort, bleiben dort stehen,also bleiben in der Orientierung, machen ein Bild im Nahinfrarotbereich,unsere Direktbilder sind 100 Sekunden ungefähr, drei verschiedene Passbänderin drei verschiedenen Wellenlängen und dann gibt es einen zweiten Abschnitt, wo wir parallel.Den Visible Imager für 560 Sekunden aufnehmen lassen und parallel im Nahinfrarotunsere Spektren, also im Spektroskopiebereich.Die laufen parallel, 560 Sekunden, dann verschieben wir unseren Blick am Himmelein ganz kleines bisschen,nur um auf andere Pixel auf den Detektoren zu kommen, machen das Ganze nochmal,machen das Ganze nochmal, vier Stück und nach eineinviertel Stunde ungefähroder eine Stunde und 20 Minuten gehen wir zum nächsten Feld.Und unser Gesichtsfeld, das Gesichtsfeld von Euclid ist so groß,dass wir ein halbes Quadratgrad da drin haben. Das heißt es ist viermal ungefährdie Fläche vom Mond, dreimal ungefähr die Fläche vom Mond, die wir da auf einmalabbilden können insgesamt.Das ist groß, das ist viel viel viel mehr als, wie gesagt, Hubble oder JWSTund das bedeutet, dass wir dann sichtbar am Himmel uns ein Stück zur Seite bewegen.Und zwar zu jedem Zeitpunkt können wir halt, weil die Sonne immer im Rücken sein muss,immer auf so einem Kreis, oben, links, rechts, unten gucken und pro Tag rotiertdas Ganze 360 Grad einmal rum,365 Tage, also pro Tag rotiert Euclid mit der Erde im Prinzip um ungefähr einenGrad rum und kann immer einen Grad weiter gucken.Jetzt ist die Idee über sechs Jahre den Himmel dann so zusammen zu flicken,dieses Drittel des Himmels,was uns interessiert, wo die Hintergründe am niedrigsten sind,Himmelshintergründe, wo es am dunkelsten ist, so zusammenzusetzen,dass wir wirklich eine kontinuierliche Karte in Spektroskopie,in Photometrie, im Nahinfraroten, in den drei Bändern und im sichtbaren Licht haben.Das heißt, wir bekommen bis auf ein paar helle Sterne,die wir umgehen, also im Prinzip alles, was man so mit bloßem Auge am Himmel sieht,das umgehen wir, weil das zu hell ist, das brennt uns irgendwie nach Lichterauf unsere Detektoren, aber alles andere über diesen Drittel des Himmels,da gehen wir einfach Stück für Stück hin und machen jeweils eine Epoche Fotos.Und dann geht das ein paar Stunden später an die Erde.
Tim Pritlove
Und wie viel Daten fallen dann da konkret bei an? Also es wird ja alles genommen.Man macht ja einen Full-Take, man will ja alles sehen. Oder gibt es in irgendeinerForm noch eine Datenreduktion bevor das runtergesinnet wird,was man nicht haben will?
Knud Jahnke
Also die Wizz Bilder gehen einfach 1 zu 1 runter.Die Datenmenge ist zwar viel, weil wir viele Pixel haben, aber wir machen nichtalle 10 Sekunden ein Bild,sondern wir machen alle 560 Sekunden, dann wartet es ein bisschen,also wir machen lange Belichtungszeiten und haben im Prinzip 4 Bilder über eineStunde 20 Minuten. Das ist jetzt moderat.
Tim Pritlove
Muss denn die Kamera justiert werden während dieser Belichtungszeit oder istdas nicht erforderlich?
Knud Jahnke
Einfach starr am Himmel. Einfach nur. Das Teleskop hält uns mit kleinen Kaltgasboosterninnerhalb von 75 Millibogensekunden an derselben Position.Das heißt, dass wir beugungsbegrenzt sind, also dass das Bild des Teleskopsnicht verschlechtert wird. Dass es wirklich so gut wie es sein kann und derTeleskop hält uns dort in der passenden Position.Vom Nahinfrarotmodus, was wir am liebsten gehabt hätten, ist das, was Hubble kann.Hubble könnte, also die Infrarotdetektoren werden kontinuierlich ausgelesen,alle 1,4 Sekunden werden die ausgelesen und am liebsten hätten wir jedes dieserBilder. Aber das wäre zu viel.Hubble macht das, Hubble kann das teilweise. Bei uns passiert das nicht.Wir rechnen im Prinzip aus diesen ganzen Einzelauslesungen ein Bild für Photometrienach 100 Sekunden oder so, für Spektroskopie nach 560 Sekunden.60 Sekunden und schicken das zur Erde zurück mit ein paar Qualitätssachen.Also auch das sind im Prinzip moderate Datenmengen.Wenn man halt nicht am Lagrange Punkt 2 wäre, für Lagrange Punkt 2 ist das schonrecht viel, wir brauchen dann wirklich 2x4 Stunden Downlink-Zeit am Tag fürdie verschiedenen Antennen der ESA.Ich kann nicht sagen, wie viele Petabyte das insgesamt sind.Es ist keine extrem große Datenmenge.Also wenn ich das mit CERN oder mit dem LSST-Survey vergleiche,der dann kommen wird, das sind keine exorbitanten Datenmengen,weil wir halt vier Bilder und nicht in Zehntelsekunden oder sowas machen. Es ist verarbeitbar.Was dann auf der Erde passiert ist allerdings, dass wir relativ viel Softwareim Hintergrund haben, weil wir halt zu diesen kosmologischen Parametern müssen.Wir wollen dunkle Energie eingrenzen.Da ist ein Parameter, der muss dann auf so und so genau gemessen werden unddas heißt, wir kommen von dieser sechseinhalb Jahren, also wenn man es ganzplatt sagen will, wir kommen von sechseinhalb Jahren Datennahme mit einem Bildalle paar Minuten kommen wir auf zwei Zahlen.Also das ist natürlich Datenreduktion at its best, weil das ist sozusagen dasZiel dieses kosmologischen Experiments.
Tim Pritlove
Also zwei Zahlen, eine Zahl für die dunkle Materie und eine für die inekte.
Knud Jahnke
Ja im Prinzip zwei für die dunkle Materie mit Zeitfaktor und da spielt natürlichviel mehr dahinter, das ist natürlich komplexer.Aber letztendlich gibt's eine sehr große Kaskade an Eichung und an Bildbearbeitung,was Astrometrie angeht, also die Positionierung und Verzerrung,was Flachheit der Helligkeitsdaten angeht, also dass nicht 1000 Counts auf derlinken Seite nicht demgleichen entspricht wie 1000 Counts auf der rechten Seite.Kalibrationssachen, um die Formen genau zu nehmen, da müssen wir noch die beidem WISS Instrument, wir müssen wissen, welche Farben die Galaxien haben,weil unterschiedliche Farben sind unterschiedliche Wellenlängen,unterschiedliche Wellenlängen haben unterschiedliche große Abbildungsfunktionenund so weiter und so weiter.Also es ist extrem viel Aufwand dahinter, deswegen ist die Datenreduktionskaskadedeutlich aufwendiger, als wenn ich nur ein schönes Bild in Anführungsstrichenmal so einfach gesagt erzeugen will.Und dafür arbeiten im Prinzip, ich weiß nicht, wie viele zig oder hundert Leuteseit auch zehn Jahren, um diese Kaskade von Pixeln bis hin zu kosmologischenParametern zu erzeugen.Und auf der anderen Seite, damit wir das nämlich simulieren konnten,nochmal so eine genauso große Seite, auf der anderen Seite, wo wir kosmologischeSimulationen gemacht haben, die dann in Bilddaten umgesetzt wurden,die dann in Pixeldaten umgesetzt wurden mit allen Schmutzeffekten,die dann der Input waren für die Datenreduktionsseite.Um einmal komplett im Kreis von bekannten kosmologischen Einprägungen am Himmelzu pixeln und dann zur Extraktion dieser Sachen wieder zu kommen.Und das ist ein extrem großer Aufwand und das unterscheidet auch...Sowohl von einem normalen Teleskop als auch von allen, ich glaube,allen anderen Weltraummissionen, weil wir im Prinzip diesen Teil vorher fertig haben mussten.Es ist nicht so, dass wir sagen können, okay, wenn die Instrumente jetzt etwasschlechter funktionieren oder unser Algorithmus zur Bestimmung von Formen haltnicht so gut ist, dann kriegen wir halt nicht so tolle Sachen hinterher raus,wir machen andere Projekte.Nein, es gibt ein Ziel und das muss erreicht werden, ansonsten braucht man dieMission nicht zu starten.Und deswegen musste das vorher fertig sein. Und das war und ist weiterhin sehrsehr aufwendig was die Software angeht.Zehn Datenzentren über die Welt verteilt mit Spezialisierungen,viele Leute, sehr viele Leute die an Processing Functions für diese und jeneFunktion sitzen und so weiter.
Tim Pritlove
Und das Veröffentlichungsprinzip ist so ein bisschen glaube ich nach Gaia.Habt ihr euch abgeguckt?
Knud Jahnke
Es geht so, Gaja, also Veröffentlichung hier geht's, Frage nach Bilddaten oderDaten allgemein, an wen geht das?Im Prinzip gilt für alle ESA Missionen wie für NASA Missionen,Daten müssen relativ bald der Welt zugänglich sein. Und zwar nicht,ich behalte die mal privat oder die Isabel die privat, sondern geht an die Welt.Finde ich vollkommen richtig. Es ist ein bisschen anders als bei Gaia,weil nämlich die Instrumente von Institutionen und einzelnen Funding-Agenciesbezahlt wurden, da wurde gesagt, okay wir brauchen irgendwie so ein bisschenZeit und auch Rückzahlung dafür, dass Leute sich halt.
Tim Pritlove
Also der exklusive Auswertungszeitraum.
Knud Jahnke
Auswertungszeitraum. Und da wird gesagt, okay, ihr kriegt 14 Monate Vorsprungfür bestimmte Sachen, aber danach geht's an die Welt.Und diese 14 Monate sind auch absolut notwendig, weil das bedeutet,dass ein Wissenschaftler, der darin beteiligt ist, vielleicht einen Artikel schreiben kann.Pro Person maximal. Und nicht mehr. So, da bleibt sehr, sehr viel übrig fürden Rest der Welt, was so...Sonstige Fragestellungen angeht. Zugleich hat es den Vorteil,dass, wenn Leute Wissenschaft damit machen, dass ganz viele sehr detaillierteFragen an die Daten gestellt werden und sehr viele Auswertungen gemacht werden,die eigentlich nicht bei der Kosmologie gemacht werden und da werden alle möglichensehr feinen Effekte noch auftauchen, die vielleicht noch in den Daten drin sind.Und das fließt alles sofort wieder in die Reduktionskaskade rein,wo gesagt wird, ah, hier sehen wir irgendeine Korrelation von,was weiß ich, Rauschen in irgendwelchen Spalten.Ah, oh, interessant. Könnte das einen Einfluss auf unsere Kosmologiemessung haben.Wir kalibrieren das Haus, machen ein extra Modul irgendwo und dann ist es weg.Also solche Sachen sind sehr wichtig.
Tim Pritlove
Also Kalibrieren nicht in den Instrumenten, sondern Kalibrieren in den Daten.
Knud Jahnke
In den Daten. Weil die Instrumente machen was sie tun und es wird,hinterher werden die Daten kalibriert. Und letztendlich läuft es dann so,es wird drei Arten von Releases oder Veröffentlichungen geben.Die Hauptreleases sind unsere Data Releases 1, 2, 3.Die veröffentlichen im Jahre glaube ich Anfang 2026 kommt die ersten zweieinhalb tausend Quadratgrade.
Tim Pritlove
Und klein Irna 25 auch schon mal ein kleiner Ausschnitt oder?
Knud Jahnke
Und davor kommt ein Jahr vor und das ist schon in einem guten Jahr von jetztan wahrscheinlich Januar Februar 25 kommt unser Quality Data Release.Das sind nur 50 Quadratgrad.Ich sag nur in sehr sehr großen Anführungszeichen.Da kommen schon mal Bilder über 50 Quadratgrad.So, muss noch genau ausgestaltet werden, was da exakt drin ist,welche Daten und in welcher Form.Aber das ist so viel Fläche, wie Hubble angeguckt hat.Ja, nicht ganz in der Tiefe, nicht ganz in der Auflösung, wir haben eine halbso gute Auflösung wie Hubble, nicht. So, Hubble ist ein Faktor 2 besser.Aber das ist eine unglaubliche Fläche, da steckt so viel drin.So viele hunderttausend oder Millionen von Galaxien, Sternen und sonst was.Da können Leute wirklich ihre Instrumente dran schärfen für was immer an Datenanalysen,die sie machen wollen später.Da werden auch größere Mengen an Artikeln schon, Fachartikeln schon zu erscheinen.Und ein Jahr später kommen dann zweieinhalbtausend Quadratgraben.Das ist einfach eine Größenordnung, die man bisher von bodengebundenen Sachenkennt, aber nicht mit der Qualität oder der, und Qualität meine ich wirklichmit der Auflösung und der Tiefe und der Wellenlänge, wie wir sie bisher gehabt haben.Und das wird sehr interessant. So und zwei Jahre später kommt glaube ich dannsiebeneinhalbtausend Quadratgrad und dann am Ende fünfzehntausend Quadratgrad.Und die gehen relativ bald an die Welt und das wird dann einfach für alles möglichenutzbar sein, was Kosmologie und Nicht-Kosmologie ist. Ich suche eine Galaxie am Himmel irgendwo.Ich gehe ins Archiv und habe ein Bild davon. In einer hohen Auflösung.
Tim Pritlove
Nur um nochmal ein Gefühl dafür zu bekommen, wie anders die Daten jetzt sind.Also würde man jetzt mal wirklich einen Ausschnitt nehmen, den Hubble beobachtethat und dann exakt denselben Bildausschnitt, was weiß ich, irgend so ein DeepField zum Beispiel. Also Hubble Deep Field fällt wahrscheinlich sowieso dabei raus.Inwiefern haben die Daten, die jetzt von Euclid kommen und die Daten von Hubble,also wie verhalten die sich zueinander? Wenn du sagst Hubble hat die höhereAuflösung, was hat dann Euclid oder hat Euclid nur mehr?
Knud Jahnke
Euclid hat, Euclid hat, also wenn ich eine einzelne Galaxie angucke,dann können wir natürlich nicht gegen Hubble oder JWST gegen anstinken.So wir haben eine Hälfte der Auflösung, was aber für,die meisten Galaxien im Universum durchaus Daten liefert.Hälfte von Hubble ist immer noch doppelt oder dreimal so gut wie vom Boden.Das heißt, es ist alles besser als das, was man vom Boden bekommt.Im Infraroten ist die Auflösung nicht ganz so gut, weil wir gröber gucken undweniger Pixel haben und wegen der Wellenlängen abhängigen Auflösungsgenauigkeit.Der Vergleich wäre aber auch hier wieder Boden. So und es gibt ein Tumors,das ist ein Survey, der über den größten Teil des Himmels geht,der ist sieben Magnituden heller,guckt der Sachen an, wenn da, wo dort keine Objekte mehr sichtbar ist,da fangen wir überhaupt erst an, Objekte zu sehen, weil alles,was heller ist, da saturieren wir und da sind wir dann halt in der Auflösung,in der räumlichen Auflösung sind wir um Faktor 5 oder sowas immer noch,also 5 besser als vom Boden.Hubble wird bei einzelnen Galaxien immer besser sein, aber wir können halt Dinge,wofür Hubble mehrere Wochen braucht, um sie häppchenweise abzuhaken und zu beobachten,das können wir dann in einem Schuss machen.Wir kommen dann auf Sachen, wo wir auch wahrscheinlich schwache Objekte sehen,die halt nicht ganz so schwach sind, aber wir kommen auf 24.Magnitude, das ist relativ schwach, auch schon was, was Hubble-Daten angeht.Und dann machen wir noch so sogenannte Deep Fields, wo wir 40 mal hingehen oder50 mal hingehen im Laufe der Zeit und wo wir dann nochmal zwei Magnituden tiefer kommen.Da sind wir bei 26. Magnitude und wenn man mit Magnituden umgeht,das ist schon ziemlich flach und das sind dann halt 50 Quadratgrad,so viel wie Hubble insgesamt jemals angeschaut hat, aber tief.
Tim Pritlove
Das heißt, der große Vorteil von Euclid ist vor allem die große Abdeckung, kann man sagen.
Knud Jahnke
Große Abdeckung, die ansonsten nur von der Erde möglich wäre mit Weltraumqualität an Auflösung.
Tim Pritlove
Mit Weltraumqualität. Und Wellenlänge.
Knud Jahnke
Und es ist halt wirklich diese Kombination. Dinge, die man entweder vom Weltraumnicht in endlicher Zeit schaffen könnte, mit vorhandenen Teleskopen,oder die man vom Boden aus nie in der räumlichen Auflösung oder ganz,ganz schwierig in der Wellenlänge schaffen würde. Und das ist die Kombination.Und dafür ist es einfach eine relativ simple Sache. Man guckt sechs Jahre,sehr gezielt, mit einem sehr simplen Teleskop und bekommt diese Daten.Und viele, viele hundert KollegInnen, mich eingeschlossen, freuen sich darüber,aber die Sachen für alle anderen Sachen, alle anderen Wissenschaftsdinge brauchen zu können.Und dann am Ende ist vielleicht noch Treibstoff über und dann am Ende habenwir wahrscheinlich Lücken irgendwo in der Beobachtungszeit, wo wir nicht unserenKosmologie-Survey machen müssen.Und dann werden vielleicht andere Vorschläge kommen, was man in der Zeit nochmachen kann. Vielleicht steckt irgendjemand vor, wir gucken dann doch die Milchstraßean. So. Und da wird ganz spannend in, ich glaube, in drei bis vier Wochen demnächst kommt...Von der ESA so ein erstes Schmankerl raus, es wird einen ersten Satz von einpaar Early Release Observations geben,Pretty Pictures, schöne Objekte am Himmel,irgendwas mit Galaxien, die dann in die Öffentlichkeit gehen und im Januar sollendann irgendwie auch die Pixel Daten folgen und das wird,ich hab ein, zwei solcher Sachen schon gesehen jetzt intern und das ist einfachatemberaubend schön, da freu ich mich selber drauf. Ich bin gespannt.
Tim Pritlove
Ja, es gibt ja so eine Krise gerade der Kosmologie, sagt man.
Knud Jahnke
Manche Leute sagen das, ja.
Tim Pritlove
Manche Leute sagen das, also es gibt sozusagen eine unklare Datenlage über wiealt ist denn jetzt unser Universum wirklich und es hängt ja viel mit diesenBeobachtungen zusammen, mit irgendwie Ausdehnung und wie ist es denn nun wirklich.
Knud Jahnke
Alter gar nicht so, Alter, Alter, ja, bisschen auch Alter, ja.Im Prinzip wir vergleichen, wenn Leute vergleichen Sachen, die,die bei, sind wir wieder bei Plank, 379.000 Jahre nach Beginn des Universumsnach dem Urknall waren und Sachen, die später jetzt passieren.Und da ist es auch egal, ob man 10 Milliarden Jahre zurückguckt oder 12 oderjetzt, da unterscheiden sich die Hubble-Konstante ein bisschen und paar andere,paar andere Parameter auch.Ja, ob es eine Krise ist, wird gern geschrieben. Eigentlich ist es keine Krise,sondern es ist eine Sache, aus der man was lernen kann.Es ist nicht klar, ob das irgendwie bedeutet, dass wir deutlich andere Kosmologie nutzen müssen.Euclid wird ganz viele kosmologische Parameter unabhängig nochmal bestimmenfür diesen späten Teil, also nicht den Plank-Teil, sondern den späten Teil.Und das wird ganz interessant, und ich meine da geht ja auch hin.Ist die dunkle Energie eine Konstante? Ist es eine kosmologische Konstante?Ist es etwas, was sich im Laufe der Zeit verändert hat?Und natürlich wenn sich die Beschleunigung verändert, dann wird sich auch dieAusdehnungsgeschwindigkeit verändern und so, also dementsprechend.
Tim Pritlove
Also meine Frage ist ja, wird Euclid etwas dazu beitragen diese Krise zu entschärfen?
Knud Jahnke
Ich glaube wir werden einfach Daten, also ich glaube es ist ziemlich klar,dass die frühen und späten Hubble konstanten Messungen in sich jeweils korrektsind und dass wir es hier nicht mit Datenproblemen zu tun haben.Sondern dass das wohl wirklich so ist, dass diese Unterschiede wirklich so sind.Ob das eventuell durch irgendwelche Kalibrationen früh und spät entschärfbar ist, ist unklar.Wenn es aber etwas beizutragen gibt, versuche ich mal dialektisch daran zu gehen,wenn es etwas beizutragen gibt aus dem Bereich, wir müssen besser verstehen,was eigentlich die Massen- und Ausdehnungs- und Druckkomponenten im Universum sind,Dann wird Euclid einfach den Datenhintergrund dazu liefern können,der halt ganz anders ist, als nochmal genauer hinzugucken, wie denn das mitden Super-Norway dort und dort ist und nochmal die Unsicherheiten,diesen Datenpunkten für die Hubble-Konstante zu reduzieren.Wir werden die Hubble-Konstante unabhängig bestimmen, aber wir werden halt auchwas viel tiefergehendes sagen über die Struktur des Universums und die Geschichte.Und ich glaube, das wird auch auf diese Kosmologie, vermeintliche Kosmologie-Krise Einflüsse haben.
Tim Pritlove
Krisenbewältigung durch Raumfahrt. Super. Knut,vielen, vielen Dank für die Ausführungen zu diesem doch sehr weitreichenden,dieser weitreichenden Mission und dem weitreichenden Projekt hier,dem Universum wieder mal auf die Schliche zu kommen.Das hält ja noch eine ganze Menge Mysterien bereit, aber man muss halt mal genauer hinschauen.
Knud Jahnke
Man muss genauer hinschauen, wir tun's und wir sind jetzt alle sehr sehr froh,dass es so wirkt, als ob wir wirklich in wenigen Wochen die ersten und wenn wir die ersten haben,die zweiten und dritten und vierten Datenpunkte am Himmel sehen können und danngeht es wirklich mit zehn Quadratgrad am Himmel pro Tag voran und es wird eineDatenflut auf uns und auf die Welt einstürzen.Die dann auch wieder interessante Herausforderungen bedeuten wird,aber in einer sehr positiven Art.
Tim Pritlove
Sehr schön. Gut. Vielen Dank für die Ausführungen. Gerne.Ja und vielen Dank fürs zuhören. Das war's heute von Raumzeit,auch endlich wieder Raumfahrt und damit geht's dann auch bald wieder weiter.Ja und bis dahin sag ich vielen Dank fürs dabei sein und wir hören uns baldwieder. Tschüss und bis bald.

Shownotes

RZ116 CERN: LHCb

Der LHCb-Detektor am CERN versucht Widersprüche des Universums zu klären

Eines der Rätsel der Kosmologie ist das Verhältnis von Materie zu Anti-Materie und warum es im Weltall mehr Materie als Anti-Materie gibt. Und man weiß, dass das Standardmodell der Physik zwar für unsere üblichen Energiebereiche gilt aber in der Dimension des Universums nicht alles erklärt. Um diese Widersprüche aufzudecken hat das CERN mit dem LHCB einen Detektor im Betrieb, der diese Grenzen der Physik ausloten und neue Erkenntnisse liefern soll.

Dauer:
Aufnahme:

Patrick Koppenburg
Patrick Koppenburg

Patrick Koppenburg ist Operations Coordinator and Physics Coordinator beim LHCb-Experiment. Wir sprechen über Hintergrund und Technik des Detektors, welche Unklarheiten beim Verständnis der Physik hier ausgeräumt werden soll und welche Hoffnungen für die Langzeitergebnisse bestehen.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

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Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast für Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten. Und ich begrüße alle zur 116.Sendung von Raumzeit und ja, ich befinde mich nach wie vor in der Schweiz amCERN und das hier ist damit dann auch die sechste und letzte,vorerst letzte Sendung zum Gesamtthema CERN.Und nachdem ich hier zu Beginn schon die Geschichte des CERN ausgeleuchtet habeund die Aufgabenstellung,die sich hier die Wissenschaft stellt und wir den Beschleunigerring genaueranalysiert haben und auch schon diverse Detektoren untersucht haben,nämlich ALICE, CMS und ATLAS, fehlt noch einer, nämlich der LHCB,das ist jetzt das Thema und dafür begrüße ich Patrick Koppenburg.Hallo, herzlich willkommen bei Raumzeit.Patrick, du bist Operations- und Physik-Koordinator.Das heißt du koordinierst sowohl die Organisation als auch die Physik.Die gehorcht sozusagen deinen Regeln, wenn ich das hier richtig interpretiere.
Patrick Koppenburg
Das habe ich gemacht, ich war Operations Coordinator, da habe ich mich darumgekümmert, dass die Daten vom Detektor bis zum Endbenutzer, das sind die Doktoranden meistens,die dann die Analysen machen, dass die da richtig kommen und rechtzeitig unddass alles gut läuft und wir auf dem Weg nichts verlieren.Und dann wurde ich Physik-Koordinator und da setzen man Prioritäten,welche Analysen kommen zuerst dran, welche Dissertationen von diesen Doktorandenwerden dann auch zu Publikationen vom ganzen Experiment.Und jetzt inzwischen koordiniere ich das Analyseprogramm, also ich bin im Software.Wir schreiben das Analyseprogramm völlig neu für den Endbenutzer,für die letzten Daten, die wir jetzt so langsam bekommen vom LAC.Wir haben den Detektor völlig umgebaut und dann müssen wir natürlich auch dasSoftware völlig umbauen.
Tim Pritlove
Ok, auch über die Software können wir vielleicht mal ein bisschen ausführlicherreden, das hatten wir bisher hier noch nicht so im Fokus.Es würde mich natürlich erst mal interessieren, wie du überhaupt zu dem Themagekommen bist, wie du deinen Einstieg in die Wissenschaft gefunden hast undletzten Endes am CERN gelandet bist.
Patrick Koppenburg
Ich habe in Lausanne, nicht weit von hier, Physik studiert.
Tim Pritlove
Andere Seite vom See sozusagen?
Patrick Koppenburg
Ja, so ungefähr. Am Anfang war ich mehr für Astronomie interessiert und darumhabe ich mich eher in der Psyche eingestellt.Uni eingeschrieben und nicht in der Technischen Hochschule, die auf der anderenSeite von der Straße liegt. Denn die Astronomie war an der Uni.Aber dann waren die Vorlesungen ziemlich langweilig von den Astronomen.Die haben uns wahrscheinlich die falschen geschickt.Denn zum Beispiel der Major, der Nobelpreisträger, der wäre auch einer davongewesen. Der hat in Genf unterrichtet.Das ist die gleiche Gruppe. Aber die entscheiden, wer geht nach Lausanne, wer geht nach Genf.Und irgendwann habe ich dann entdeckt, dass Teilchenphysik ganz interessant ist.Ich wusste eigentlich als Erstjahrstudent überhaupt nichts über CERN.Das war überhaupt kein Thema, obwohl ich 60 Kilometer von CERN entfernt gewohnthabe. Das war überhaupt kein Thema in der Schule.Und da lief auch nicht viel zu der Zeit.
Tim Pritlove
Von welchem Zeitraum reden wir da?
Patrick Koppenburg
Da sind wir in den 90er Jahren. Ja gut, da war Lab am, nee das war vor den 90er,das war gerade als Lab startete.Und irgendwie habe ich das verpasst und CERN habe ich dann entdeckt als Physikstudent.Also ich war nicht von der Teilchenphysik angezogen, sondern von der Astronomie.Und dann bin ich zur Teilchenphysik und da war das neue Experiment,das neue Projekt, das wir starteten, war LACB.Also da habe ich als Doktorand 1996 angefangen.Das war dann zwölf Jahre bevor das Experiment überhaupt die ersten Daten bekam.Wir waren da am optimieren und tüfteln welche Detektoren, wie wir den Detektorbauen und simulieren, alles mögliche.Ich war einer von den ersten Doktoranden auf diesem Experiment,habe natürlich überhaupt keine Daten gesehen, darum bin ich dann nach meinerDissertation so schnell wie möglich weg, nach Japan, zum Bell Experiment,das ähnliche Physik macht.Und das war da am Laufen, aber dann bin ich nach zwei Jahren wieder zurück zumCERN und seitdem bin ich hier.Manchmal in London, manchmal in Amsterdam, aber immer mit dem LACB Experiment.
Tim Pritlove
Na dann wirst du ja einiges zu berichten haben und hast die ganze Geschichteim Prinzip mitverfolgen können von Anfang an.Jetzt haben wir ja, das kam jetzt hier in der letzten Sendung natürlich klardurch und ich habe es ja auch schon erwähnt,wir sind am Zerren, wir haben hier diese Beschleunigungsringe,diese ganze Kaskade, diese Kette von einzelnen Beschleunigern,die sich gegenseitig die Teilchen hinein beschleunigen und jeder Ring gibt immerwieder was dazu und der große Ring,der LHC, der Large Hadron Collider, der hat eben diese Besonderheit,dass er eben, also hat viele Besonderheiten, aber unter anderem halt die,dass eben diese vier großen Detektorsysteme, die vollständig unabhängig voneinanderarbeiten da sind und während CMS und Atlas eben eine,mehr so ein Pärchen sind, um sich gegenseitig kontrollieren zu können für sodie Hauptaufgaben, die man beim Design des LHC gesehen hat.Alice halt sozusagen nochmal nebenan und schaut auf die Bleikerne,die dort vorbeifliegen.Und jetzt gibt es halt noch diesen vierten, den LHC-B, der halt so den LargeHadron Collider nochmal so im Namen trägt, plus das kleine B.Und was macht jetzt dieses B und warum braucht es diesen LHC-B Detektor?Was ist das Ziel dieses Detektors?Warum wurde der überhaupt noch mit dazu gebaut? Was will man hier herausfinden?
Patrick Koppenburg
Also die zwei großen, Atlas und CMS, die suchen neue Teilchen.Die wurden optimiert, dass sie den Higgs finden können. Das haben sie auch gemacht.Jetzt suchen sie auch nach anderen Teilchen. Wir haben da ein anderes Programm.Wir studieren CP-Verletzung. Das ist der Unterschied zwischen Materie und Antimaterie.Und für die Leute, die das Podcast folgen, werden ja wohl wissen,dass wir da ein Problem haben in der Kosmologie, dass wir ein Universum haben, das aus Materie ist.
Tim Pritlove
Ich weiß nicht, ob das alle wissen. Erzähl mal, was das Problem ist.
Patrick Koppenburg
Das Problem ist, wir haben ein Universum aus Materie, aus Atomen.Und Antimaterie, das sind die gleichen, dasselbe, andersrum,mit einer anderen elektrischen Ladung.Und das gibt es auch, das kann man produzieren, aber man findet es in der Natur nicht.Und dann muss man ja erklären, wie es möglich war am Anfang im Big Bang,dass diese ganze Energie, die da war,die sich normalerweise von den physikalischen Gesetzen in eine Hälfte in Materieund die andere Hälfte in Antimaterie formen sollten, das dann nur Materie produziert hat. Und das geht.Da hat Sakharov, der Friedensnobelpreisträger, aber auch Physiker,hat erklärt, was man genau braucht. Und ein von den drei Ingredienten ist diese CP-Verletzung.Das heißt, man braucht fundamentale Unterschiede in den physikalischen Gesetzenzwischen Materie und Antimaterie.Das heißt, ein Prozess, das in der Materie passiert würde, würde in der Antimaterieleicht anders passieren.Das gibt es, das haben wir.Vor über 50 Jahren wurde das entdeckt. Das war ein bisschen eine Überraschung.
Tim Pritlove
Dass es einen Unterschied gibt?
Patrick Koppenburg
Dass es einen Unterschied gibt, denn zuerst dachte man, die Physik ist völligsymmetrisch zwischen Materie und Antimaterie.Dann wurde entdeckt, dass das nicht der Fall ist.Die schwache Wechselwirkung sieht da Unterschiede. Aber diese Unterschiede,die hat man gemessen und die sind viel zu klein.
Tim Pritlove
Um relevant sein zu können.
Patrick Koppenburg
Damit kann man nicht erklären, warum wir überhaupt da sind.
Tim Pritlove
Aber was für Unterschiede hat man denn gefunden? Was ist denn anders?
Patrick Koppenburg
Ja, was anders ist, das sind die Unterschiede, die wir messen.Wir nehmen Teilchen, bei uns, wir sind am besten mit B-Mesonen,da kommt das B her. Das sind Teilchen, wo in denen ein B-Quark ist. Es gibt sechs Quarks.Die zwei leichtesten machen die Protonen und Neutronen, die wir alle kennen.Und dann hat es noch vier, die schwerer sind.Strange, Charm, Beauty und Top.Und wir sind optimiert für das Beauty, denn das ist der Quark,wo die CP-Verletzung am stärksten ist.
Tim Pritlove
Wann wurde denn aus dem...B Quark, was ja ursprünglich eigentlich Bottom Quark heißt und ja auch so noch dokumentiert ist.Das Beauty, ist das jetzt sozusagen die Korrektur einer schlechten Namensgebung?
Patrick Koppenburg
Das ist ein lustig vom soziologischen Punkt.Wir nennen das Beauty, wir nennen uns selber LAC Beauty.Atlas und CMS, die würden von Bottom reden.Als die Quarks benannt wurden, gab es die zwei Möglichkeiten für das letztePärchen, Top und Bottom oder Truth und Beauty.Niemand redet von Truth. Also das T-Quark, das ist klar Top,aber die Physiker, die das B-Quark studieren, die nennen es Beauty, die meisten.Die, die es benutzen, um was anderes zu machen, typisch bei Atlas und CMS,die werden es eher Bottom nennen. Also bei uns ist es eher Beauty und ich werdewahrscheinlich Beauty sagen, aber im Grunde genommen ist es egal.Zwei Namen für dasselbe Ding.
Tim Pritlove
Also mit der Namensgebung in der Wissenschaft oder speziell in der Physik istes schon ein Problem. Da müsste man mal was machen.Okay, im Zweifelsfall sagen wir einfach nur B.Dieses Standardmodell ist ja schwierig zu verstehen. Oder generell dieser ganze Teilchen zu,also was heißt schwierig zu verstehen, man kann sich das natürlich irgendwieanschauen und dann hat man etwa eine Vorstellung, die ganze Mathematik nachzuvollziehen,glaube ich entzieht sich den meisten Leuten, die jetzt nicht Physik studiert haben.Aber ich glaube es ist generell ganz gut das halt irgendwie immer so ein bisscheneinsortieren zu können. Haben wir hier in den letzten Sendungen ja auch schon probiert.Aber vielleicht kann man, würde ich auch gerne nochmal von dir mal so hören,deine Meinung dieses Ding mit diesen Generationen.Also Standardmodell haben wir ja erstmal so zwei grundsätzliche Aufspaltungen,dass man die Leptonen, also wo die Elektronen.Dazugehören Und Hadronen sozusagen voneinander trennt und Hadronen sind haltdie Quarks vor allem und all diese beiden Dinge gibt es halt so in so einerdreifachen Ausführung.Das heißt man hat festgestellt, okay es gibt Quarks und es gibt irgendwie Leptonenund irgendwie gibt es die aber mehrfach in verschiedenen Massen.Also dasselbe, was sich exakt genauso verhält, bloß ist es auf einmal schwererund zwar extrem viel schwerer und dann noch mal extrem viel schwerer.Gibt es denn schon irgendeine Erklärung dafür, warum das so ist?Oder wozu das gut sein soll?
Patrick Koppenburg
Also eine Erklärung warum das so ist, das weiß ich nicht und ich glaube das weiß auch niemand.Wir bestehen aus Up- und Downquarks und Elektronen, das ist alles die ersteGeneration. Die zweite braucht man nicht.Jede Sekunde fliegt ein Myon durch unser Körper, das ist dann die zweite Generation.Aber das ist auch das Einzige, das wir mit der zweiten Generation zu tun haben auf diesem Planeten.Die alles andere muss man in Beschleuniger produzieren und studieren.Wozu das gut ist, das wissen wir,denn es wurde 1973 von Kobayashi und Maskawa,Die hatten da diese komische Idee, dass man im Standardmodell überhaupt CP-Verletzunghaben kann, also diesen Unterschied zwischen Quarks und Anti-Quarks,muss es drei Generationen haben.Am Anfang, die haben das postuliert, 1973, da kannte man drei Quarks,war gar nicht sicher, ob das überhaupt Quarks sind oder ob das nur so ein mathematisches Modell ist.Und das vierte Quark, Charm, also immer noch in der zweiten Generation,das wurde dann ein Jahr später entdeckt.Aber irgendwie wussten die schon über das Charm-Quark und haben dann gedacht,ja kann man CP-Verletzung mit vier Quarks überhaupt machen?Und nein, das verschwindet immer aus den Gleichungen raus.Man muss diese dritte Generation haben und dann gibt es etwas,was man nicht mehr rauskriegt. und.Und dass dann die ganzen Unterschiede, die wir kennen zwischen Materie und Antimaterie,dass diese einzige Zahl erklärt, alle unsere Messungen.
Tim Pritlove
Was heißt denn jetzt CP Verletzung? Was ist denn das C und das P?Was wird denn da verletzt? Ist das eine goldene Regel oder ein Gesetz?
Patrick Koppenburg
Wir reden von Verletzungen jedes mal, wenn wir der Meinung sind,dass es eine Symmetrie gibt, die universal sein sollte und dann merken wir, dass das nicht stimmt.Eigentlich sind wir verletzt.Das C, das ist für Charge, also alle elektrischen Ladungen werden verkehrt.Also die Elektronen werden positiv und die Protonen werden negativ. Das ist einfach.Das P, das ist Parität, das ist die Welt wie man sie in einem Spiegel sieht.Und das brauchen wir, weil man wusste schon lange,dass diese Spiegelreflexion, dass es da einen Unterschied gibt zwischen in derschwachen Wechselwirkung,also in den typischen Beta-Zerfällen von Atomen.Wenn man sich so ein Beta-Zerfall anschaut und dann ein Spiegelbild,dann kann man wissen, welches das Spiegelbild ist.Das kann man normalerweise In der Physik nicht. Wenn ich ein Billiardspiel anschaueund das im Spiegel ansehe, dann habe ich überhaupt keine Ahnung,welches jetzt im Spiegel ist.
Tim Pritlove
Was ist das Original?
Patrick Koppenburg
Was ist das Original, ja.
Tim Pritlove
Aber bei Antimaterie geht das?
Patrick Koppenburg
Ja, das geht mit dem Beta-Zerfällen, also mit der Radioaktivität.Da sieht man es gut zwischen Materie und Materie im Spiegel,da habe ich dann einen grossen Unterschied.Aber jetzt wird es ein Gedankenexperiment. Wenn ich jetzt ein Antiatom habeund schaue, wie er radioaktiv zerfällt Und das schaue ich mir dann im Spiegelan, dann kann ich das jetzt nicht mehr von einem normalen Materiezufall unterscheiden.Das ist C und P gleichzeitig. Und das ist der Weg von Materie zu Antimaterie eigentlich.Antimaterie sind alle Ladungen umgekehrt, aber auch rechts und links sind auch ausgetauscht.Und das dachte man, okay, das ist ein fundamentaler Symmetrie,der vom Universum alles respektiert, alles gut und dann wurde in den 60er Jahrengefunden, dass das nicht der Fall ist.Das war dann mit Zerfällen von Strange Quarks,wo es ganz ganz kleine Unterschiede gab und das war dann eigentlich in der Geschichtevon Teilchenphysik war das so eine Sorte von Krise,Denn es war überhaupt nicht möglich, dass man das überhaupt nicht mal parametrisierenkonnte mit den Modellen, die man damals hatte. Das geht einfach nicht.Und dann kamen dann Kobayashi und Maskawa und haben dann einfach postuliert,dass es dann zwei Quarks gibt, die viel zu schwer sind, um überhaupt entdecktzu werden und die das erklären.Der Beautyquark wurde dann Ende 70er Jahren entdeckt und für den Topquark,der ist so unheimlich schwer, da braucht es dann Tevatron in den 90er Jahren, um so weit zu kommen.
Tim Pritlove
Das heißt entdeckt hat man nicht jetzt auf der Straße gefunden,sondern in Beschleunigerringen entsprechend detektiert, aber nicht am CERN,sondern in, was war das jetzt in den USA? Ja das war in den USA, ja.
Patrick Koppenburg
Beide? Ja, beide. Es gibt so eine komische Situation, dass alle Quarks und Leptonenin Amerika entdeckt wurden.Und dann die Bosonen, die fanden Wechselwirkungen, Z, W und X, alle in Europa.
Tim Pritlove
Vielleicht auch irgendeine Art von Verletzung, die man mal genauer untersuchen sollte.Okay, also wenn ich das mal kurz zusammenfassen darf, wenn man sich das Standardmodellanschaut und dann eben spezifisch dieses Problem, dass irgendwie all diese ganzeMaterie und dann das ganze Standardmodell.Wir wissen das gibt's halt auch in gespiegelter Form, das taucht aber so jetztin unserem Alltag nicht auf, alles was uns umgibt ist halt irgendwie Materie,aber Antimaterie lässt sich auf jeden Fall erzeugen und sie ist auch irgendwieim Weltall schon auch da oder nicht?Also ist es generell einfach immer nur so ein temporäres Produkt aus Prozessenund dann war's das auch schon wieder und es verpufft und man stellt sich jetztsozusagen die Frage warum verpufft es beziehungsweise warum gibt's das überhaupt?
Patrick Koppenburg
Also man kann es produzieren. Aus reiner Energie kann ich ein Paar mit einemElektronen und einem Positronen produzieren. Das geht ziemlich gut.Aber dann der Positron, der ist eigentlich stabil, könnte entlang leben.Aber sobald er einen Elektron findet, und da gibt es ja viele davon in der Umgebung,dann gibt es eine Annihilation und ich kriege wieder zwei Photonen raus.Und das ist mit der ganzen Antimaterie so, dass die Schwierigkeit ist,sie zu behalten, so lange wie möglich.Es gibt ein Experiment am CERN, am Antimatter Decelerator,das AD-Experiment, Die produzieren Anti-Atome,aber da die Schwierigkeit ist, dass man die im Vakuum so lang wie möglich behaltenmuss und die müssen so weit weg wie möglich von jeglicher Maclary sein, sonst sind sie weg.Und im Universum ist das ähnlich, die werden wahrscheinlich auch produziert,es gibt ja auch Hochenergie-Kollisionen im Universum,aber die verschwinden wieder und das AMS-Experiment, das im Weltall ist,Das hat auch nach Anti-Atomen gesucht und findet,Keine oder kaum.
Tim Pritlove
Das Alpha Magnet Spektrometer auf der ISS, was im Prinzip so der Beschleunigerringohne Ring ist. Da nimmt man einfach das, was sowieso schon beschleunigt istund versucht dieselben Analysen.Okay, also das sind sozusagen die Rätsel, weil man möchte das natürlich verstehen.Man weiß, es gibt die Antimateria, aber man weiß nicht warum und wozu und warumes sich dann auch noch anders verhält,noch mal besonders und dieses Beauty-Quark ist so ein bisschen der mathematischeSchlüssel, um sich das überhaupt alles mathematisch herleiten zu können,daraus eine brauchbare Theorie abzuleiten.Und diese Fragestellung an sich jetzt, die ist sozusagen wichtig.Also das ist etwas, das will man einfach verstehen, weil es eben wie so vieleandere Dinge hier am CERN, ich meine es ist ja einfach mal ein Ort der Grundlagenforschung,man will halt alles verstehen. Man kann jetzt nicht einfach so,man könnte ja auch sagen, Antimaterie, was kümmert mich das?Die ist ja sowieso immer gleich wieder weg.So betrifft mich ja nicht groß. So einfach macht man es sich dann nicht,sondern man will natürlich schauen, ist das vielleicht in gewisser Hinsichtder Schlüssel zu noch was ganz anderem und man weiß es ja nicht.Also baut man sich einen Detektor, um was genau zu detektieren,diese Beauty-Quarks, das heißt auch hier konsumiert man den Teilchenstrom undschaut spezifisch nur auf dieses eine Quark, wenn es denn in so einer Kollision entsteht.
Patrick Koppenburg
Ja, hauptsächlich diese Quarks. Wir machen auch ein bisschen Physik mit anderenQuarks, aber das ist das Hauptthema.
Tim Pritlove
Aber warum schaut man sich dann, also man meint ja okay, das spielt jetzt sozusagenin dieser Mathematik eine Rolleund das heißt, man will dann genauer verstehen, was es tut, kann, macht?
Patrick Koppenburg
Da schaut man sich die Teilchen an, in denen ein B-Quark ist.Denn B-Quarks kann man nicht allein produzieren. Das ist ...Das Hauptproblem, es wäre fantastisch, wenn man es direkt studieren könnte,aber die Quarks sind immer in Pärchen oder in Dreiergruppen wie Protonen undNeutronen, also schauen wir uns die Teilchen an, in denen es einen B-Quark hatund dann noch ein anderer Quark.Und diese B-Quarks, die leben ziemlich kurz, so ein Millionstel von MillionstelSekunden, wir sind in 10 Tau hoch, minus zwölf.Und dann zerfallen sie und wir schauen uns an, wie sie zerfallen.Und spezifisch schauen wir uns an, ob die B-Quarks und die Anti-B-Quarks ähnlich zerfallen.Und ähnlich oft. Und das ist eigentlich der Schlüssel, um herauszufinden,wie viel CP Verletzung es hat in den Experimenten, die wir machen.Eine ganz große Liste von Zerfallsmöglichkeiten, die wir uns anschauen.Und dann messen wir den Unterschied zwischen Bequarks und Anti-Bequarks undversuchen zu verstehen, woher diese Unterschiede kommen und besonders,ob die mit der Vorhersage vom Standardmodell passen oder nicht.Und bis jetzt passen sie.Das ist natürlich nicht das, was ich gehofft habe.Aber es passt ganz gut. Das heißt, dass diese einzige Zahl von Kobayashi undMaskawa das alles erklärt und das heißt, das Problem haben wir immer noch mitder Antimaterie vom Universum.Was wir gehofft hatten ist, dass wir dann irgendwelche Unterschiede sehen unddass es dann kleine Unterschiede zwischen der Vorhersage und der Messung gibt,die dann mit anderen Parametern und anderer Physik erklärt werden müssen.
Tim Pritlove
So wie muss man denn dem ganzen technisch auf den Pelz rücken?Also wenn man jetzt, also ich meine man muss ja jetzt erstmal eine Kollisionbeobachten bei dem jetzt diese Beauty Quarks entstehen.Das tun sie wahrscheinlich mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit,die vielleicht nicht so hoch ist, aber ausreichend, damit man halt auch nie was sieht.Ähnelt jetzt sozusagen dieser Detektor den anderen oder muss man hier aus irgendwelchenGründen ganz anders herangehen?
Patrick Koppenburg
Ja wir gehen ganz anders heran. Aus mehreren Gründen, aber der Hauptgrund ist,dass der B-Quark ziemlich leicht ist.Wir reden da von 5 GeV, das ist fünfmal eine Protonenmasse.Der Higgs ist auf 125 und das ist ein großer Unterschied in so einer Kollision von Protonen,wenn man ein schweres Teilchen produziert, dann kann es überall hingehen,in alle möglichen Richtungen.Die leichten Teilchen, die werden meistens bleiben sie in der Nähe von dem Strahlenund gehen dann seltener zur Decke hoch.Und da ist es dann interessanter, dass wir uns nur die Gegend anschauen,die um den LHC Strahl ist.Also wir haben da einen Detektor, das sieht mehr wie eine Pyramide aus,eine ziemlich steile Pyramide, horizontale.Und wir schauen uns an, was nach vorne geht. Wir könnten uns auch anschauen,was nach hinten geht, in die andere Richtung.Aber dafür haben wir einfach nicht genug Platz.Also wir haben entschieden, gut, die Hälfte der Daten, alles was in die falscheRichtung geht, das ist verloren.Wir schauen uns ganz genau an, was in die Richtung von Atlas eigentlich,dass alles was auf diese Seite geht, dass wir uns das ganz genau anschauen.Das hat einen anderen Vorteil, dass wir da in dieser Richtung schauen,ist dass wir müssen diese Bequaks identifizieren und der Schlüssel ist,dass sie eine Lebensdauer haben, die sehr kurz ist, aber nicht null.Und das können wir auflösen.Wenn sie ganz ganz schnell sind, wenn sie noch hohen Momentum haben,dann fliegen die so ungefähr einen Zentimeter.Das ist so die Größenordnung, die wir haben. Und das können wir mit unserem Detektor auflösen.Das ist für Atlas und CMS, die versuchen auch diese Physik zu machen,das ist nicht deren Hauptthema, aber die haben auch Gruppen,die das machen, ist das schwieriger, weil die haben ja ihre Detektoren,die weiter weg sind von Prognosen.Wir können ganz ganz nah ran.
Tim Pritlove
Also wie groß muss man sich den ganzen Aufbau so vorstellen?Vielleicht können wir uns mal von den Dimensionen ein bisschen annähern.
Patrick Koppenburg
Ja, also das Experiment ist so ungefähr 20 Meter lang und wir sind da in einergroßen Höhle und durch die Höhle geht der LAC Strahl.Aber der Kollisionspunkt ist auf der Seite von der Höhle. Also eigentlich gerade da, wo sie endet.Und dann eine Seite, wie gesagt, da geht es dann in die Mauer oder in den Tunnel vom LAC.Und die andere Seite geht dann in unsere LACB-Höhle rein. Und da haben wir einenDetektor, der ist 20 Meter lang und am anderen Ende dann so bis zu 10 Meter hoch.Um den Kollisionspunkt haben wir einen Vertex-Detektor. Das ist ein Detektor,in dem wir die Zerfallspunkte, das ist dieser Vertex, so genau wie möglich auflösen wollen.Zuerst an den Primär, den Kollisionspunkt von den zwei Protonen.Und dann fliegt dieses B-Quark ein Zentimeter oder so, zerfällt in andere Teilchenund diese anderen Teilchen werden dann entdeckt.Und dann können wir uns ausrechnen, wo genau dieser Zerfall war.
Tim Pritlove
Das heißt, der Detektor detektiert jetzt das B-Quark selbst eigentlich nicht unmittelbar,sondern man schaut einfach nur aufdie Zerfallsprodukte, die eben diese Selbstauslöschung quasi hervorbringt.Das ist ja hier immer ein wiederkehrendes Thema, dass einfach bestimmte Teilchensind dann einfach nicht stabil oder zumindest nicht besonders lange und dannteilen sie sich eben in andere Teilchen auf,aber das ist so ein spezifischer Fingerabdruck, den man dann einfach soforterkennen kann, dass man sagt, okay alles klar, das war mal wieder eins.Wobei es könnte ja auch sein, dass mal eins kommt, was sich irgendwie in andereBestandteile aufteilt oder ist das nicht?
Patrick Koppenburg
Ja, die möglichen Zerfälle von Beegwarks sind unendlich lang.Da hat man eine ganze Liste, Seiten und Seiten von möglichen Zerfällen und wirinteressieren uns eigentlich auch für die seltensten,die man in einem von einer Million oder sogar seltener Beegwarks hat.
Tim Pritlove
So exotisches Zeug.
Patrick Koppenburg
Ja exotisches Zeug. Aber das wird dann später gemacht,dann schauen wir uns die Falzprodukte an und versuchen sie zu kombinieren undwenn das ein BMW-Sohn ergibt, dann haben wir einen Kandidaten und wenn nicht,dann schmeißen wir ihn weg.
Tim Pritlove
Das heißt der ganze technische Aufbau ist jetzt nicht so brutal groß wie dasjetzt bei CMS oder Atlas ist. Kennt man ja alle die Bilder. Irgendwie riesigerRing mitten in der Erde, irgendwie 20 Meter hoch.Hier gibt es auch 20 Meter, aber es geht mehr so in die Länge.Und was war das? 10 Meter hoch?Diese Pyramidenstruktur, also dass man sozusagen so einen Schusskanal,der sich da ergibt, so einen Verteilungskanal noch abgedeckt bekommt.Und ist dann aber die Detektortechnik jetzt selber, die diese Teilchen registriert,ist die dann wiederum vergleichbar mit dem, was in den anderen Detektoren gemachtwird? Kommen auch diese Siliziumfolien und so weiter zum Einsatz?
Patrick Koppenburg
Das ist sehr ähnlich, denn das ist von der Physik definiert.Wir müssen diese Teilchen finden, wir müssen ihr Momentum messen,das heißt wir brauchen ein magnetisches Feld Und dann brauchen wir Detektorenda drin, die die Spuren, die sie hinterlassen, messen.Und dann gibt es eine Serie von Detektoren, die dann teils spezifisch sind.Zuerst der elektromagnetische Kalorimeter, das ist für Elektronen und Photonen.Und nachdem hat es dann keine Elektronen und Photonen mehr, denn die haben sich da drin aufgelöst.Und dann kommen dann die Hadronen, Kaon und Pion, das sind die leichten Teilchenmit Quarks, mit leichten Quarks. Und dann am Ende haben wir die Myonen.Und diese Reihenfolge ist in allen Detektoren dieselbe.Da wo wir einen kleinen Unterschied haben, ist unser magnetisches Feld ziemlicheinfach. Wir haben einen Dipol, also das ist alles was eine elektrische Ladunghat, geht links und die andere Ladung geht rechts.Und dann ab und zu, jeden Monat oder so, wechseln wir das magnetische Feld und dann wird es umgekehrt.Und dann haben wir noch Cherenkov Detektoren, mit denen wir die Teilchen gut unterscheiden können.Denn da messen wir eigentlich deren Masse. Also da können wir Pionen und Kaonenund von Protonen unterscheiden. Die.Die sind für die meisten Detektoren, ATLAS und CMS, die sehen absolut identisch aus.Bei uns können wir die unterscheiden, indem wir einen Detektoren haben mit einemGas, mit einem schweren Gas.Und da fliegen diese Teilchen schneller als die Lichtgeschwindigkeit,nicht die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, Lichtgeschwindigkeit im Gas und dasgibt dann so etwas ähnliches wie die Überschallgeschwindigkeit von einem Flugzeug,dass es dann ein Bumm gibt, ein Quantenbumm und das gibt dann Licht und diesesLicht messen wir und je nachdem in welche Richtung das Licht geht,wissen wir dann wie schnell das Teilchen war und von der Geschwindigkeit könnenwir dann die Masse ausrechnen.
Tim Pritlove
Das ist diese Tcherenkow Strahlung, was man ja auch in der Atmosphäre beobachten kann.Tcherenkow Teleskope nutzen ja genau diesen Effekt aus und schauen sich sozusagenan, ob es irgendwo mal kurz blau blitzt und wenn man dann gut genug hingeschauthat, dann weiß man Bescheid. Ja genau.
Patrick Koppenburg
Okay.
Tim Pritlove
Das heißt das ist so in der Kaskade dann sozusagen hinten angestellt nochmal.
Patrick Koppenburg
Wir haben zwei davon, einen am Anfang und einen anderen am Ende,auf jeder Seite vom Magneten. Das hat damit zu tun, dass wenn wir nur einenbauen würden, müsste er viel zu groß sein.Die inneren Teilchen werden am Ende entdeckt und die, die ein bisschen weitervom LHC Strahl sind, die kommen am Anfang an.
Tim Pritlove
Okay das heißt, das ist sozusagen das Setup und ich würde mal sagen von der Detektorkomplexität,der technischen her ist es überschaubar, weil man eigentlich so Standardtechnik,sag ich mal salopp, Also was halt in den anderen auch installiert ist,ohne gleich so einen großen Popanz zu machen mit irgendwie Riesenmagneten undso weiter, sondern man schaut halt nur in eine Richtung und man ist halt ebenauch sehr spezifisch auf dieses eine Teilchen fixiert bzw.Dann eben auf die Detektion der entsprechenden Ergebnisteilchen,ich weiß gar nicht wie man das nennt, also das Resultat der Auflösung diesesTeilchens sich darauf konzentriert.So und jetzt habt ihr natürlich dasselbe Problem wie alle anderen.Da fallen eine ganze Menge Daten an.Und jetzt muss man ja gucken was ist davon relevant und was ist nicht relevant.Welche Mengen an Kollisionen wird letzten Endes beobachtet?
Patrick Koppenburg
Also jetzt, wir hatten gerade ein Upgrade, um da die Datenmenge zu vergrößern.Da mussten wir einige Detektorteile ändern, denn die konnten da nicht mithalten.Und jetzt schreiben wir so ungefähr 10 Kilohertz, also 10.000 Kollisionen proSekunde von den ursprünglich 30 Millionen.Also das ist noch immerhin ein großer Faktor, den wir rausschmeißen.Aber das ist viel besser als das was wir vorher hatten. Da waren wir so auf1000 bis 2000 Kollisionen.Aber das bedeutet auch, dass wir kommen so langsam an die Grenze der Physik.Das heißt, wenn wir jetzt wenigerschreiben würden oder wenn wir die Kollisionsrate raufschrauben würden,Dann würden wir Signal rausschmeißen.Wir sind am Limit. Das heißt, was dann aus dem Detektor rausgeschrieben wird,das wird dann auch analysiert.Früher am Anfang, als wir kleinere Kollisionsraten hatten,da konnten wir noch ziemlich salopp entscheiden was wir behalten und was nichtund dann offline uns genau die Sachen anschauen und dann entscheiden was dannin die Endalyse geht und was nicht.Diesen Luxus haben wir jetzt nicht mehr. Jetzt müssen wir sofort entscheidenund das heißt innerhalb von Sekunden müssen wir entscheiden was wir schreiben und was nicht.
Tim Pritlove
Innerhalb von Sekunden oder innerhalb von Bruchteilen von Sekunden?
Patrick Koppenburg
Ja, das weder noch eigentlich. Wir haben da eine große Computerform,gerade neben dem Detektor und die machen die ganzen Berechnungen,um eben die Masse und die Position von diesen B-Zerfällen zu finden und aufgrunddieser Information wird dann entschieden.Das muss schnell passieren, denn sonst sammeln sich die Daten an und dann gibt es einen Stau.Wir haben aber auch Harddisks.Wir speichern die Daten. Wir machen eine erste einfache Selektion,dann speichern wir die Daten.Es kann nur ein paar Minuten sein, es kann aber auch bis zu einer Woche gehenund während dieser Zeit machen wir dann die volle Kalibration vom Detektor,da schauen wir uns andere Prozesse an, von denen wir genau wissen,was wir erwarten sollen.Wenn sich ein Detektor verschoben hat,dann kann man das in der Software korrigieren. Man muss es aber wissen.Zuerst lauft man das und dann kommt die zweite Stufe und da wird wirklich die Endanalyse gemacht.Also die Endselektion und am Ende wird dann rausgeschrieben.Diese Idee, dass wir Harddisks benutzen und dass wir die Daten zwischenspeichern,das war noch eine komische Geschichte, denn ursprünglich haben wir ja einfachCPUs gekauft, wir wollten so viel wie möglich Rechenkraft.Und wenn man das bestellt bei den großen Computerfirmen, dann kommt immer einHarddisk mit, obwohl wir die gar nicht brauchen. Das ist ja nicht ein echterComputer, wo wir etwas speichern müssen.Und die rausschrauben, das wäre eine riesengroße Arbeit gewesen.Also haben wir einfach drin gelassen und irgendwann kam dann die Idee,warum brauchen wir die nicht?Könnten wir sie nicht brauchen, um irgendwelche Daten dazwischen zu speichern,damit wir dann auch diese Selektionlaufen lassen, während überhaupt keine Kollisionen passieren im LAC.Der LAC läuft so 10-20% der Zeit und während dem Rest der Zeit passiert nicht viel.Und da kann man diese Computer aber immer noch brauchen. Und damit maximierenwir eigentlich die Effizienz von unseren Computern und schreiben so viel Daten wie möglich raus.Im Endeffekt was definiert, wie viel wir rausschreiben, ist was wir dann offlinein den Zentren von den Universitäten speichern können.
Tim Pritlove
Nur um sich das mal vorstellen zu können, wie groß ist so die Datenmenge einereinzelnen Kollision, die man jetzt aufzeichnet?
Patrick Koppenburg
Was wir aufzeigen sind so ungefähr 100 Kilobyte.
Tim Pritlove
100 Kilobyte pro Minute.
Patrick Koppenburg
Das ist wenn man die ganze Kollision aufzeichnet. Was wir manchmal machen undeigentlich jetzt inzwischen auch meistens machen ist, dass wir nur die Teilchenrausschreiben, die uns wirklich interessieren.Das heißt, die B-Quarks und C- und C-Fall-Produkte.In so einer typischen Kollision, die Bequarks werden immer in Pärchen produziert,da hat es immer ein Bequark und ein Anti-Bequark.Normalerweise finden wir nur einen von beiden, manchmal haben wir Glück und finden beide.Und dann hat es noch ungefähr 100 leichte Teilchen, so Pionen,Karonen, Protonen, Neutronen, die wir überhaupt nicht sehen und so weiter.Und die interessieren uns ziemlich wenig und die können wir dann eigentlichschon am Anfang rausschmeißen.
Tim Pritlove
Das heißt man ist bei 10 KB und nicht bei 100.
Patrick Koppenburg
Ja und dann sind wir nicht mehr bei 100 KB aber bei weniger als 10 KB.Aber das muss man dann immer noch mal 10.000 machen und das ist eine Sekundeund so weiter. Am Ende ist man schnell in den Petabytes.
Tim Pritlove
Ja das ist ja generell eine Herausforderung das zu machen.Aber diese Entscheidung, was man jetzt nimmt und was man nicht nimmt,die muss ja dann auch irgendwie gefällt werden und die muss ja dann vor allemauch extrem schnell gefällt werden, wenn man jetzt 10.000,Messungen hat pro Ding, das heißt ja nicht nur 10.000 Kollisionen passieren,sondern nur bei 10.000 entscheidet man sich dafür sie zu speichern.Da sind ja noch ein paar. Wie viele Kollisionen schmeißt man weg und speichert sie nicht?
Patrick Koppenburg
Ja das sind ungefähr 30 Millionen pro Sekunde.
Tim Pritlove
Also der Großteil wird weg?
Patrick Koppenburg
Die meisten davon haben überhaupt keine B-Quarks drin.Also die kann man ziemlich einfach rausschmeißen und bei den anderen,da hat es dann immer noch B-Quarks, die da waren aber nicht gut genug aufgelöstwurden oder die einen Zerfall haben, die uns nicht interessiert oder irgendetwas.Insofern haben wir das Glück, dass wir genau wissen, was wir messen wollen.Und dann haben wir unsere Liste von Zerfallen, die wir speichern wollen unddann machen wir eine Messung.Das ist nicht so, als würden wir jetzt ein Teilchen suchen und eventuell findenwir es nicht, weil es dann systematisch rausgeschmissen wurde.Wir wissen, was wir messen und wir wissen, welche Zerfälle wir behalten wollenund dann messen wir einfach, wie viel davon wir hatten. und besonders wie vielvon Bequax und wie viel von Anti-Bequax.
Tim Pritlove
So, das heißt jetzt sammelt man so diese ganzen Daten und dann schaut man sichdas danach an und das war es dann eigentlich auch schon.Also ist da noch mehr Magie am Start oder ist das dann quasi schon das Endergebnis?Wie viel nimmt dann die Analyse dieser Daten ein?
Patrick Koppenburg
Ja dann die Analyse selber, da haben wir dann eine große Menge Analysegruppen.Wir sind ja ungefähr 1000 Physiker am Experiment.Und darunter haben wir eine ziemlich große Analysegruppe.Für uns ist groß vielleicht so 20, 30 Leute, die an einer wichtigen Analysearbeiten. Und wir haben auch kleine Gruppe, da sind typischerweise ein Doktorandund sein Professor oder Postdoc.Aber diese Analysen, die dauern dann auch oft ziemlich lang, jahrelang.Die Messung kann man ziemlich schnell machen, aber dann zum genau wissen,wie genau die Messung war und ob man alles verstanden hat, ob man alle Untergründeverstanden hat, das dauert dann eine gewisse Zeit.Und wir haben bis jetzt noch keine Analyse mit den neuesten Daten, die rauskommt.Die meisten Analysen, die wir haben, die Publikationen, die wir machen,das waren Daten bis 2018, denn 19, 20 bis 22 hatte der Detektor überhaupt,hatte der LEC eine Pause.Und aber wir haben immer noch auch Analysen, die Daten benutzen von 2011 und12 und die sich die 2015 bis 18 Daten noch überhaupt nicht angeschaut haben.Sie haben die erste Analyse noch nicht fertig.Normalerweise macht man die in der Reihenfolge. Manchmal auch in der verkehrten Reihenfolge.
Tim Pritlove
Ok, man geht ein bisschen hinterher.
Patrick Koppenburg
Das sind halt Präzisionsmessungen und wenn man da ganz kleine Effekte messen will,dann muss man da ganz genau hinschauen und ganz sicher sein,dass es nicht irgendwie so ein Parasit hat, Das ist etwas, an das man nichtgedacht hatte, das dann so aussieht wie sein Signal und das halt nicht Signal ist.Das ist überall in der Wissenschaft so und bei uns natürlich auch ein Problem,dass wir dann alles ganz genau verstehen müssen.
Tim Pritlove
So jetzt ist ja sozusagen das ausgerufene Ziel ist so CP Verletzungen in irgendeinerForm festzustellen und rauszufinden ob denn irgendwas ist.Aber jetzt hast du ja gesagt alles was bisher beobachtet wurde passt zu demStandardmodell bisher.Was genau müsste denn da passieren, um hier einen Ansatz zu finden für diese Erklärung?Was in diesem ganzen Kollisions-Dekonstruktions-Modell müsste dann anders sein?
Patrick Koppenburg
Wir messen mit immer größerer Genauigkeit diese CP-Verletzung.Wir hoffen immer, dass wenn unsere Genauigkeit besser wird, dass wir dann kleineUnterschiede finden, die bis jetzt noch nicht aufzulösen sind.Diese CP-Verletzung, die kommt ja alles von der schwachen Wechselwirkung.Also das ist ein Quark und aus diesem Quark kommt ein anderes Quark und dann ein W-Boson.Das ist der Vektor von der schwachen Wechselwirkung, das dann irgendwie zerfälltund in entweder Lepton oder dann andere Quarks.Was möglich wäre, ist, dass es andere Teilchen gibt, die da in diesem Spielauch mitmachen, die noch nicht entdeckt wurden.Eigentlich ein Weboson ist ein Faktor 20 schwerer als ein Bequark.Das ist überhaupt nur möglich dank Heisenberg und der Quantenmechanik,dass die überhaupt da mitspielen.Die entstehen für eine ganz kurze Zeit und dann verschwinden sie sofort wieder.Im Endeffekt wurde Energie behalten, aber im kürzeren Moment wird etwas produziert,das eigentlich schwerer ist als ein Bigfrog.Und da könnten wir auch noch viel schwerere Teilchen produzieren,die da mitspielen, die eventuell zu schwer sind für den LHC,dass sie in den direkten Kollisionen gar nicht gefunden werden könnten.Von Atlas und CMS. Und die würden dann unsere Messungen leicht ändern und jegenauer wir messen, desto schwerere Teilchen, können wir empfindlich sein für schwerere Teilchen.Je genauer wir werden, desto höher gehen wir in der Massenskala.
Tim Pritlove
Was ist denn jetzt so gefunden worden bisher? Also ich meine man hat vielleichtnicht unbedingt jetzt alles das gefunden,was man gerne finden möchte, aber so ist es halt nun mal mit der Wissenschaft,man kriegt das nicht alles immer so serviert, wie es bestellt wurde,aber trotz alledem dürfte ja aus den Daten auch schon eine ganze Menge Erkenntnissaftgemolken werden können.Was hat dieser Detektor alles herausfinden können bisher? Worauf weist du es hin?
Patrick Koppenburg
Ja, wir haben sehr viele Zerfälle entdeckt, die noch gar nicht bekannt waren,die dann mit mehr Daten dann auch wieder neue Studienobjekte werden.Am Anfang sieht man nur zwei oder drei und dann kann man sich ausrechnen,ja, in zehn Jahren habe ich dann genug, um eine neue Messung zu machen.Wir haben auch neue Teilchen entdeckt. Das sind Teilchen aus Quarks,also nicht fundamentale Teilchen.Besonders waren wir da groß in der Presse wegen der Entdeckung von Pentaquarks und Tetraquarks.Das ist eigentlich etwas, das wir gar nicht wirklich auf dem wissenschaftlichen Programm hatten.Das kam nur aus den Daten raus.Aus übrigens einer dieser CP Verletzungen Analyse. Da haben wir uns die Daten genau hingeschaut,nicht verstanden was da passiert in diesen Daten und da war dann ein Untergrund,da war dann dieser Pentaquark und diesen Zerfall konnten wir nur modellierenindem wir einen Pentaquark einbezogen haben.
Tim Pritlove
Penta S5?
Patrick Koppenburg
Trenta S5, das sind Objekte mit vier Quarks und einem Antiquark.Und wir haben auch Tetraquarks mit zwei Quarks und zwei Antiquarks.Irgendwann werden wir vielleicht Gruppen von sechs finden.Da hätten wir dann zwei Möglichkeiten, entweder drei und drei oder sechs Quarkin einem Päckchen oder sechs Antiquarks.Das sind die Möglichkeiten, die es gibt. Was uns das sagt, das ist keine neuePhysik, das ist, das erklärt uns wie die starke Wechselwirkung,die QCD, Quantenchromodynamik, wie das funktioniert.Und das ist das schwierige Thema in dieser ganzen Forschung,weil man da sehr schwierig, sehr schlecht Vorhersagen machen kann.
Tim Pritlove
Also ich hab bisher das so verstanden, dass die Quarks eigentlich und deswegenja auch diese Analogie mit der Farbe so in Dreierpärchen daher kommen.Und weil man eben drei hat und man Wissenschaft ja immer nach einfachen Analogien aussicht halten,dann sozusagen den Vergleich mit der Lichtmischung gemacht hat und dann ebensozusagen das Wort Farbe benutzt, um hier etwas auszudrücken,dass man hier so ein Ternäresystem hat eigentlich.Also was sozusagen aus drei Komponenten besteht.In dem Fall halt sozusagen diese Analogie zu rot, grün, blau,auch wenn es mit Farbe alles nichts zu tun hat.Und das ist sozusagen das Wirken dieser Quarks,die kombinieren sich halt und das klassische Beispiel ist halt die Protonenund die Neutronen in jedem Atomkern, die sich eben aus je drei Quarks, aber dann halt eben...Der eine und der andere Variante, also Up- und Down-Quark, sozusagen zusammensetzen.Und jetzt kommen Penta-Quarks um die Ecke und Tetra-Quarks und sagen so,ja nö, geht aber auch anders. Wie passt das jetzt zusammen?
Patrick Koppenburg
Ja das passt zusammen. Wir haben auch Mesonen, das sind Gruppen von zwei mitimmer einem Quark und einem Anti-Quark.Also da ist zum Beispiel Grün und Anti-Grün.Im Endeffekt will man immer farbneutral sein. Warbige Objekte gibt es nicht in der Natur.Ich kann Meson haben, Quark-Antiquark mit Grün und Antigrün, Resultat Null.Ich kann Proton haben mit Rot-Grün-Blau, Resultat ist Weiß, das geht auch.Und dann kann ich einen Tetraquark haben, das sind dann zwei Pärchen,also Grün-Antigrün und Rot-Antirot zum Beispiel, das geht auch.Und die Pentaquarks, die wären dann wie ein Proton und ein Meson zusammen,also grün, antigrün und dann noch grün, blau, rot und das gibt dann auch wieder weiß.
Tim Pritlove
Anti heißt doch jetzt Antimateria.
Patrick Koppenburg
Ja, ich habe da Antiquarks drin.
Tim Pritlove
Aber ich dachte die sind immer gleich wieder weg, wenn sie da sind.
Patrick Koppenburg
Die zerfallen sehr schnell.
Tim Pritlove
Also sozusagen sehr vorübergehende Zustände, die jetzt im Rahmen dieser Kollisionstattfinden. Es ist nicht so, dass jetzt auf einmal Fünfergruppen durch dasStandardmodell marodieren und alles durcheinander bringen?
Patrick Koppenburg
Nein, nein, nein. Also diese exotische Hadronen, wie man sie nennt,das sind, die leben ganz, ganz kurze Zeiten, so 10 hoch minus 23 Sekunden.Ich glaube, wir haben einen gefunden, der lebt zu 10 hoch minus 21.Das war dann schon Weltrekord.In der Lebensdauer, in der langen Lebensdauer. Die verschwinden sofort.Diese zwei Quarks und Antiquarks, die drehen umeinander rum und irgendwann sehensie, da ist da ja jemand und dann pups, dann gibt es eine Annihilation und diezerfallen in irgendetwas leichteres.
Tim Pritlove
Was kann denn jetzt sozusagen der Beitrag sein aus diesen Messungen,die meine LACB nimmt so für das weitere Verständnis der Physik und in welcheder Theoriewelten, die gerade so verfolgt werden, reicht das alles noch mit rein?Ist aus meiner Position auch ein bisschen schwer nachzuvollziehen.Wahrscheinlich generell ein bisschen schwer nachzuvollziehen,aber ich hab auf jeden Fall mit zu kauen.
Patrick Koppenburg
Also wir haben da, da müssen wir vielleicht mehrere Themen diskutieren.Zuerst mal die ganze Themengruppe über QCD.Alle diese Teilchen, die wir entdecken mit den Pentaquarks und Tetraquarks,aber es gibt auch Barion, also Dreierquarks,die wir entdeckt haben, Die erzählen uns etwas über QCD,über wie Quarks sich zusammenformen und welche Gruppen von Quarks überhauptmöglich sind, von der Natur aus erlaubt sind, auch wenn nur für sehr kurze Zeit und welche nicht.Und da wir mit QCD keine Vorhersagen machen können, weil alle Rechnungen sindhoffnungslos, Also QCD, Quanten Chromodynamik, also dieses Farbenmodell vondem wir gerade gesprochen haben.Ja, dieses Farbenmodell mit dem kann man sehr schnell sehr schwierig Vorhersagen machen.Brauchen wir Daten die dieses Modell verbessern, man kann nicht von den Grundprinzipien,vom Standardmodell, Von den Gleichungen kann man nichts ausrechnen,aber man kann das modellisieren, was...Aufgrund von Messungen, die gemacht wurden. Je mehr Messungen wir machen,desto besser versteht man das.Es gibt auch dann verschiedene Techniken, diese Berechnungen zu machen,die man dann auch darauf eichen kann und bessere Vorhersagen machen.Und das ist wichtig, um die CP-Verletzung zu verstehen und um seltene Zerfälle,da komme ich dann noch drauf, zu verstehen.Aber auch für Forschungen von Atlas und CMS und Alice.Wir haben alle das Problem, wir haben Protonen, die eine Kollision machen. Das sind Quarks.Da hat es diese Farben und diese Gluonen, die zusammenbinden.Und da muss man dann immer genau verstehen, was, wenn wir etwas messen,was ist ja jetzt die Physik, die uns interessiert?Und was ist eigentlich nur das dreckige QCD, das man nicht richtig verstehenkann und das eigentlich ziemlich uninteressant ist, weil es sehr auf sehr tiefe Energien ist.Da hat es immer diese Suppe mit leichten Quarks und leichten Gluonen,die man berücksichtigen muss, aber die man nicht wirklich beschreiben kann mathematisch.Und daher machen wir auch Messungen in dem Sektor, um das besser zu modellieren.Dann haben wir noch ein großes Programm, um eben diese neue Teilchen,neue Physik zu finden, die eventuell von den anderen Experimenten nicht sichtbarist, weil es einfach zu hoch in Energie ist, in Masse.Und die über Quanteneffekten in den Zerfällen von den B-Mesonen auftauchen.Und bis jetzt hatten wir...Regelmäßig haben wir da einige Messungen, wo man dann Augen öffnet,oh da ist etwas, da könnte etwas sein und dann messen wir genauer und dann verschwindet es wieder.Also bis jetzt haben wir nichts, wo wir klar sagen können, oh da ist neue Physik.Aber wir gehen immer näher dran und wir sind aber noch ziemlich weit von derAuflösung, von der ultimativen Auslösung vom Detektor und auch vom Standardmodell.Wir können noch weiter vermessen und wir haben noch gute Möglichkeiten,Abweichungen zu messen zwischen dem Standardmodell und den anderen Modellen,die irgendwelche Teilchen vorhersagen, die dann erklären könnten,warum das Universum so ist, wie es ist.Was wir wissen ist, dass das Standardmodell falsch ist. Wir wissen nur nicht wo und wie genau.
Tim Pritlove
Warum wissen wir das? Was ist falsch?
Patrick Koppenburg
Was falsch ist, also der Hauptgrund für mich ist die Kosmologie. Da passt etwas nicht.Die CP-Verletzung ist nicht groß genug, einige Leute werden dunkle Materie sagen,aber da kann man nicht ultimativ beweisen, dass das etwas mit dem Standardmodellzu tun hat, dass das wirklich Teilchen sind.Es könnten ja auch kleine schwarze Löcher sein oder sowas. Das ist auch nichtvöllig ausgeschlossen.Das wird oft gesagt, aber tatsächlich, wenn es ein Teilchen ist,dunkle Materie, dann ist es im Schwandartmodell nicht drin. Da brauchen wirauch einen neuen Sektor.
Tim Pritlove
Also es ist nicht vielleicht zwangsläufig falsch, es ist nur nicht vollständig.
Patrick Koppenburg
Genau, ja. Wir sehen das immer als eine Approximation, die sehr gut funktioniertfür die Energien, die wir als Menschen produzieren können und studieren können.Wenn man denn unendlich hoch geht, dann weiss man, dass es irgendwann mal zusammenfällt.Aber so weit sind wir noch nicht gekommen.Und das ist das ähnlich wie die Gravitation von Newton, das passt ganz gut.Für alles was wir Menschen machen geht es ganz gut. Und das ist das nur wennman so langsam GPS Satelliten um die Erde schießt, dass man merkt,ah ja jetzt brauche ich generelle Rel