RZ120 Ulf Merbold

Ein Gespräch mit dem ehemaligen Astronauten Ulf Merbold im Zeiss-Großplanetarium Berlin

Ulf Merbold ist der erste westdeutsche im All und bis heute derjenige mit den meisten Ausflügen in den Orbit - drei an der Zahl. Er war sowohl mit den Amerikanern an Bord des Space Shuttle als auch mit den Russen auf der Raumstation Mir über der Atmosphäre. Dazu hat er lange Zeit das Europäische Astronautenzentrum in Köln geleitet und maßgeblich zur Planung des europäischen Forschungsmoduls Columbus auf der Internationalen Raumstation ISS beigetragen.

Dauer:
Aufnahme:

Ulf Merbold
Ulf Merbold

Ulf Merbold blickt auf eine lange Karriere als Physiker, Astronaut und Organisator von Raumfahrtprogrammen zurück. Im Gespräch berichtet er von seinem Weg zur Raumfahrt, seinen drei Raumfahrt-Missionen, den Herausforderungen in der neuen Kooperation sowohl mit Amerikanern und Russen und den Belastungen und Offenbarungen, denen man als Astronaut ausgesetzt ist.

Das Gespräch fand live im Zeiss-Großplanetarium in Berlin vor Publikum statt.


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Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Das ist Ausgabe Nummer 120 und heute mal wieder was ganz Besonderes,denn jetzt bin ich mal nicht irgendwo hingefahren, sondern in Berlin gebliebenund bin nur um die Ecke mal schnell in das Zeiss Großplanetarium hier in Berlin-Prenzlauer Berg.Und das bedeutet auch, heute haben wir Zuschauer und die begrüße ich als allererstesmal ganz kräftig. Hallo!Ja, sehen tun wir sie nicht, weil hier ist es ganz dunkel.Wenn man irgendwie die Sterne auch noch mit betrachten möchte,wir nutzen natürlich heute auch die Kuppel, aber wir bleiben natürlich im Inhalt, hier ganz im Audio.Und ja, worum geht es denn heute? Heute habe ich einen besonderen Gast und denbegrüße ich dann auch gleich mal, nämlich Ulf Merbold. Herzlich Willkommen bei Raumzeit.
Ulf Merbold
Ja, vielen Dank.
Tim Pritlove
Ich, Merbold, oder sollte ich besser sagen 10972 Merbold. Sie wissen, was das ist, ne?
Ulf Merbold
Nein, ich weiß nicht, müsste mir mal auf die Sprünge helfen.
Tim Pritlove
10972, das ist ja die Nummer des Asteroiden, der nach Ihnen benannt ist.
Ulf Merbold
Ja, schon alles so lange her, habe ich schon vergessen.
Tim Pritlove
Das kann ich mir vorstellen. Ich dachte, ich erwähne es nochmal.Nochmal, aber da muss man ja was geleistet haben.Haben sie ja auch, sie sind Astronaut im Ruhestand, kann man sagen.Und waren oft im All.Gerade als ich hier ankam, habe ich so ein Filmplakat noch gesehen.Hier gibt es ja auch ein Kino.Der Mann, der nie im All war, heißt der Film. Das ist ja im Prinzip genau das Gegenteil.Dreimal haben sie die Erde verlassen, also zumindest mindestens 100 KilometerAbstand genommen. Das gelingt ja auch nicht jedem.Also ist man dann einfach so ein bisschen Astronaut auf Lebenszeit?Also ist das so eine Art Titel? Ist das so wie Bundeskanzler,was man da nicht mehr los wird?
Ulf Merbold
Das ist eine schwierige Frage. Ich meine, von Beruf bin ich Physiker.Bevor ich in die Raumfahrt kam, habe ich zehn Jahre richtig solide,experimentell Festkörperphysik an einem Max-Planck-Institut betrieben.Und dann kam die Raumfahrt in mein Leben. und auf die Weise wurde ich eben inder ESA und bei der NASA als Astronaut geführt und bei den Russen als Kosmonaut.Das hängt mir jetzt an, aber da kann ich auch nichts dafür.
Tim Pritlove
Aber das definiert einen schon, obwohl Sie empfinden das sozusagen als Aspekt,aber für andere ist es, glaube ich, schon so die Primärwahrnehmung, oder?
Ulf Merbold
Ach, ich würde mal sagen, das ist an vielen Stellen so. Einer,der mal irgendwo Direktor war, der wird halt Direktor genannt.Also ich habe dazu keinen Kommentar, das ist für mich ja so alles andere als wichtig.
Tim Pritlove
Okay, das habe ich mir schon fast gedacht. Trotzdem ist das ja ein sehr exklusiverKlub, in dem man sich da aufhält. Es sind ja jetzt nicht so viele Astronauten gewesen.Ich hatte ja schon die Gelegenheit, bei Raumzeit mit ein paar zu sprechen,mit aktuellen wie Matthias Maurer, Samantha Cristoforetti, die Sie sicherlichauch alle irgendwann mal getroffen haben,und einen alten Kollegen, Reinhold Ewald, und natürlich auch Sigmund Jähn.Und mit Sigmund Jähn verbindet sich, glaube ich, so einiges.Sie kommen, glaube ich, 40 Kilometer Luftlinie mehr oder weniger aus demselben Gebiet.
Ulf Merbold
Richtig, Sigmund und ich, wir sind Vogtländer, beide.Der Sigmund aus dem sächsischen Teil und ich aus dem thüringischen Teil.Aber am Ende, außer dass wir im Vogtland aufgewachsen sind, sind wir völliggetrennte Wege gegangen.Ich wollte in meinem Leben unbedingt in Jena Physik studieren und durfte nicht.Deswegen bin ich am Ende in die Bundesrepublik Deutschland verschlagen worden,also in die alte Bundesrepublik.Und Sigmund wurde ein strammer Verteidiger des Sozialismus, wurde Jagdflieger und Fliegerkosmonaut.Und insofern, unsere Wege, die sind im Grunde 180 Grad in entgegengesetzte Richtung gelaufen.Aber durch die Raumfahrt sind wir dann doch wieder zusammengekommen.
Tim Pritlove
Sie sind ja auch in etwa ähnlicher Jahrgang, ich glaube nur vier Jahre auseinander.
Ulf Merbold
Ja, so ungefähr.
Tim Pritlove
Und stimmt das, dass Sie sich aber gemeinsam den Mauerfall aus der Ferne angeschaut haben?
Ulf Merbold
Ja, das ist richtig. Also die Jähn-Geschichte, die begann damit,wir waren beide schon geflogen.Ich war gerade zurückgekommen aufs Amerika und dann wurden wir nicht vom anderen eingeladen, um den 90.Geburtstag von Hermann Obert in Salzburg mit zu feiern.Da standen wir uns dann zum ersten Mal gegenüber und ich mache die lange Geschichtekurz. Natürlich haben wir uns da erstmal etwas beschnuppert,haben aber relativ schnell ein gemeinsames Thema gefunden.Nämlich wir hatten beide die Erfahrung machen dürfen, dass 90 Minuten ausreichen,den Erdball zu umrunden.Und dann war das ja eine Zeit, dawar Reagan Präsident im Weißen Haus und Generalsekretär der KPTSU war...
Tim Pritlove
Oha.Ich hoffe, Sie wissen es. Ich weiß es nämlich jetzt gerade nicht.
Ulf Merbold
Ich weiß es, fällt mir gleich noch ein. Jedenfalls, es war die Zeit des KaltenKrieges und uns beiden war dann klar.Dass es am Ende keine Gewinner geben würde, sollte der Kalte Krieg zum Heißen Krieg eskalieren.Das war dann ein Thema, da waren wir dann relativ schnell auf der gleichen Welleund meinten, was wir tun können,unseren Beitrag zu leisten, eine solche Katastrophe zu verhindern,das müssen wir dann auch machen.Und ich bin dem Sigmund dann im Ablauf der Folgejahre, das war alles noch vorder Wiedervereinigung, auf den IAF-Kongressen immer wieder begegnet.Und dann wurde die DDR langsam instabil.Und da können wir vielleicht nachher den Herrn Drexler noch dazu hören,Der war nämlich mitbeteiligt, den Siegmund vor dem Mauerfall in die damaligeBundesrepublik oder genauer gesagt zum heutigen DLR einzuladen.Und dann kam er auch. Und das war dann, denke ich mal, essentiell wichtig,um dem Siegmund am Ende zu helfen, auf der westlichen Seite der bis dato geteiltenWelt wieder in die Spur zu kommen.Und der hat dann Beraterverträge bei der ESA und beim DLR bekommen und dannging es ihm eigentlich am Ende richtig gut.
Tim Pritlove
Tauchen wir dann nochmal kurz in Ihre Zeit, Ihre Jugendzeit in der DDR ein.Sie kommen ja aus Greiz und haben es ja schon erwähnt, Sie wollten Physik studierenletzten Endes. Das war sozusagen schon auch immer bei Ihnen so drin, Welt verstehen.
Ulf Merbold
Ja, das wollte ich unbedingt. Das hat mich in der Schule am meisten fasziniertvon allen Angeboten, eben was zu lernen, was herauszufinden.Das war natürlich in der DDR auch ein Fach, in der Physik ist entweder richtig oder falsch.Das wird durch das Experiment am Ende bewiesen und nachgewiesen und dann kannman auch mit niemandem mehr darüber diskutieren.Während andere Themen, was weiß ich, dialektischer Materialismus,da ist ja nun auch jede Menge, das kann man beugen und so und so darstellen und präsentieren,aber nicht nur aus dem Grund wollte ich Physik studieren, sondern weil es michauch vom Fach her über alles interessierte. Und.Um das dann auch zu erzählen, meine Bewerbung an der Universität Jena,die wurde abgelehnt. Ich bekam ein Schreiben vom Prorektor für Studienangelegenheiten.Da war sinngemäß die Absage und dazu begründet,dass ein Studium an einer sozialistischen Universität eine Auszeichnung ist,der man sich durch herausragende fachliche und gesellschaftliche Arbeit würdig erweisen sollte.Und mir wurde dann signalisiert, in einem Jahr könnte man vielleicht nochmaldrüber reden, wenn du eben diesen Nachweis in einem VEB-Betrieb bringst.Das hieß ja im Klartext, wenn du jetzt in die FDJ, in die Gesellschaft für deutsch-sowjetischeFreundschaft, in die Partei eintrittst, dann könnte es schon noch möglich sein.Ich wollte mich aber nicht kompromittieren. Die Russen hatten nämlich meinenVater nach dem Krieg nach Buchenwald mitgenommen.Dort ist er verhungert und das kam für mich dann nicht in Frage.So stand ich 19-jährig vor der schwierigsten Entscheidung meines Lebens,entweder eben klein beizugeben oder das Physikstudium zu vergessen.Nun gab es aber damals die Option, die DDR zu verlassen, denn in Berlin stand1960 die Mauer gerade noch nicht.Und dann habe ich eben diese Option gewählt, obwohl mit 19 Jahren alles hintersich zurückzulassen, Eltern,Freunde, alles was einem vertraut und wichtig ist, das ist eine nicht so leichtzu treffende Entscheidung.
Tim Pritlove
Das kann ich mir ganz gut vorstellen. Das heißt, am Ende war aber so der Wunsch,also war es die Physik, die gerufen hat oder war es überhaupt so ein bisschender Wunsch, mehr Selbstbestimmung ins Leben zu bekommen?
Ulf Merbold
Ja, das lässt sich, glaube ich, gar nicht so trennen. Natürlich,ich wollte nicht, wie soll ich sagen, unter diesem Druck des politischen Systemsmich in irgendeiner Weise verbiegen müssen,aber Physik wollte ich um alles in der Welt eben ausstudieren.Und so kam es eben dazu, dass ich diesen schwierigen Entschluss auch umgesetzt habe.
Tim Pritlove
Dann ging es zum Max-Planck-Institut, denke ich mal.
Ulf Merbold
Nicht zu schnell, erst mal kam das Studium. Also ich habe dann an der Universitätstudiert. Ich wollte ursprünglich in Berlin studieren, West-Berlin.Weil ich dachte, solange die U- und S-Bahnen hin und her fahren,können mich Freunde, Verwandte auf dem Weg zur Ostsee oder wie auch immer gelegentlich mal besuchen.Ich hatte dann, da bin ich den Kultusministern heute noch kram, ein 13.Schuljahr machen müssen, denn nach Meinung der bundesdeutschen Kultusministerkonnte einer in der Bundesrepublik Deutschland mit einem DDR-Abitur,das man ja nach zwölf Jahren ablegt, unter gar keinen Umständen die Hochschulreife haben.
Tim Pritlove
Unmöglich ist das.
Ulf Merbold
Unmöglich. Also habe ich, anstattdass wir da nochmal eine Prüfung machen durften, Mussten wir das 13.Schuljahr wiederholen und es gab in West-Berlin damals im Tiergarten eine Schule,Falk-Schule, da waren spezielle Klassen nur für DDR-Abiturienten.Und dann haben wir die Prüfung nochmal gemacht und kaum hatte ich die Prüfungund hatte mich schon an der Technischen Universität in West-Berlin beworben. Dann wurde am 13.August 1961 die Mauer gebaut und dann brachte mich das doch dazu,das Ganze auf den Prüfstand zu stellen,um mich nochmal zu fragen, ist dann Berlin eigentlich für mich noch sinnvoll?Das war ja dann schon eine Art Insel und ich hätte ja auch nicht irgendwie mitdem Zug oder mit dem Auto über die Autobahn durch DDR-Gebiet fahren können,wäre ich ja sofort in der Gittern gelandet.Und dadurch kam es dazu, dass ich dann meine Pläne revidiert hatte.In Stuttgart hatte ich eine Tante und so kam es, dass ich in Stuttgart studierteund nach dem Studium kamen die zehn Jahre an einem Stuttgarter Max-Planck-Institut.Und das kann ich vielleicht auch schon sagen, ich habe dann als Wissenschaftsastronautin Europa und in Amerika jede Menge Forschungsinstitutionen,Einrichtungen von innen erleben dürfen Und im Rückblick kann ich sagen,so ein Max-Planck-Institut für einen ambitionierten Wissenschaftler,das ist im Grunde auch ein Paradies.Man hat keine Lehrverpflichtung.Das ist mir erst im Nachgang klar geworden, welches Privileg es ist,an so einem Max-Planck-Institut zu forschen.
Tim Pritlove
Zum Beispiel an Strahlenschädigungen von Stickstoff dotierten Eisen nach Neutronenbestrahlungbei 140 Grad Celsius mit Hilfe von Restwiderstandsmessung.
Ulf Merbold
Das ist meine Dissertation.
Tim Pritlove
Da trott man von. Und,Raumfahrt hat aber eigentlich bis zu diesem Zeitpunkt so eigentlich noch garkeine Rolle gespielt, oder? Ich meine, wie war denn so Ihr Verhältnis zu dem Thema?Es ist ja jetzt 70er Jahre, war ja auch noch eine Zeit, wo das immer noch sodie Zukunft in gewisser Hinsicht war, oder? War es schon wieder durch?
Ulf Merbold
Ja gut, also vorausgegangen war natürlich der Wettbewerb zwischen der Sowjetunionund den Vereinigten Staaten.Und ich bin ja nicht naiv, mir war natürlich auch klar, dass die Raumfahrt imGrunde ein Schaufenster auch ist,um der Restwelt eben die Potenz, wissenschaftliche oder finanzielle Potenz,natürlich auch die militärische vor Augen zu führen und das habe ich natürlichmit Interesse verfolgt,dass die Russen dann 1957 den Sputnik in die Umlaufbahn brachten und 61 Juri Gagarin,die er da einmal umrundete.Aber für mich zu diesem Zeitpunkt war klar, das ist eine Spielwiese für dieSupermächte und einer aus Europa.Da braucht er gar nicht dran zu denken, dass er da in irgendeiner Weise malden Fuß in die Tür kriegen könnte.Also ich habe das als Beobachter der Zeitläufe mitgekriegt, aber keinen Gedankendaran verschwendet, dass ich da selber mal involviert werden würde.
Tim Pritlove
Unerhofft kommt oft. Ja, weil dann hat sich ja Europa auch neu aufgestellt inden 70er Jahren und hat sich ja auch berappelt und dann ging es ja los mit derersten Raketenentwicklung.Es lief ja erstmal am Anfang nicht so gut, aber gegen Ende der 70er Jahre mit Gründung dann der ESA,später das Ariane-Programm, die Sachen kamen in Bewegung und man wollte vorallem dann auch einen eigenen Astronautenstamm aufbauen.Das war ja im Prinzip so der Plan.
Ulf Merbold
Ja, ich denke, also für mich war das entscheidende Thema,dass die Europäer, damals hatte die ESA elf Mitgliedsländer und die Bundesrepublik war Mitglied,die haben eine Einladung der NASA bekommen und auch angenommen,einen Beitrag zum sogenannten STS zu liefern. von Space Transportation System.Das ist im Wesentlichen der Shuttle. Und.Das war damals insbesondere die Bundesregierung, so ein paar Ministerialeute,Wolfgang Finke zum Beispiel,die meinten, wenn die Einladung kommt, dann sollten wir nicht versäumen, sie anzunehmen.Und so hat die ESA etwas getrieben durch das Mitgliedsland Deutschland auf diese Einladung reagiert.Und das Ergebnis war, wir leisten einen Beitrag mit dem Spacelab.Das wurde dann in Europa konzipiert, von europäischen Steuerzahlern bezahltund im Wesentlichen in Bremen bei der damaligen Firma Erno gebaut.Und ich wurde eben derjenige, der am ersten Flug des SpaceLips,der war natürlich primär im Testflug, beteiligt wurde.So wurde ich auch der Erste, den die Amerikaner jemals mitgenommen haben.Also erste Nicht-Amerikaner.Aber hinzu kam natürlich, dassdie ESA dann auch dieses Desaster mit der Europa-Rakete auflösen konnte.Da waren dann die Franzosen die Treiber. Es wurde die Ariane entwickelt,die dann über Jahre fehlerlos im Grunde funktionierte.Und so hat Europa dann eben auch Profil gewonnen oder man müsste genauer sagendie ESA als Europäische Weltraumagentur wurde also peu à peu zu einem respektablen Partner.Und vielleicht kann ich gleich mal vorweggreifen, jetzt liefern wir ja für dasOrion genannte Raumschiff den Geräteteil,mit dem wir dann irgendwann zum Mond fliegen wollen und vielleicht später sogar noch weiter.Weiter, damit ist die ESA oder ist Europa zum ersten Mal zu einem unverzichtbaren Partner geworden.Denn ohne diesen Geräteteil ist dieses Orion genannte Raumschiff zu nichts zu gebrauchen.In früheren Jahren mit dem Space Lab oder jetzt auch mit der InternationalenRaumstation, mit diesem Columbus-Modul sind wir beteiligt, aber die Raumstation,die könnte man auch nutzen ohne Columbus-Modul.Und das ist ein qualitativer Schritt.Jetzt sind wir sozusagen mit der NASA auf Augenhöhe angelangt.
Tim Pritlove
Aber jetzt muss ich ja trotzdem nochmal fragen, wie Sie jetzt ausgerechnet auf Sie gekommen sind.Weil ich meine, Astronauten, da werden sich ja einige beworben haben.Ich glaube, in der ersten Suche waren mal so locker 2000 Leute in der engerenoder überhaupt erstmal in der Auswahl.Wie kam denn das Thema bei Ihnen überhaupt auf den Tisch? Also was ist denn passiert?
Ulf Merbold
Ja, in meinem Fall, das war im Grunde...Sie werden es vielleicht gar nicht glauben, ich hatte also zehn Jahre an diesemMax-Planck-Institut mit tiefen Temperaturen Widerstandsmessungen gemacht,um die Wirkungen von Neutronen auf kubisch raumzentrierte Metalle zu untersuchen.Das ist durchaus auch praxisrelevant, denn diese Materialien werden in Reaktorennatürlich gebraucht und eingesetzt.Und da muss man ja verstehen, was unter der Wirkung dieser energiereichen Teilchenmit dem Material passiert.Aber nach zehn Jahren dachte ich, ich habe jetzt Superleitungen kennengelernt,Magnetismus, mechanische Eigenschaften und so weiter.Es wäre für mich vielleicht ein Zugewinn an Lebensqualität. Ich bin ein neugieriger Mensch.Zu dem, was ich jetzt schon sehr gut kannte, noch etwas ganz Neues anzufassen.So bin ich einmal in Stuttgart am Wochenende zum Hauptbahnhof, um die FAZ zu kaufen.Denn damals war es üblich, dass irgendwelche Stellenangebote für akademischausgebildetes Personal in der FAZ erschienen.Und da fand ich eine Anzeige, da hat die damalige DLR, heutige DLR,im Auftrag der Europäischen Weltraumagentur ESA angeboten,experimentell erfahrene Wissenschaftler dürfen sich bewerben mit dem Ziel,auf der ersten Spacelift-Mission die Experimente durchzuführen.Und dann habe ich das meiner Frau gezeigt, das wäre doch eigentlich interessant,da war eben auch eine Liste, welche Wissenschaftsdisziplinen eine Rolle spielen würden, Physiologie,Biologie, Astronomie, Erdbeobachtung, natürlich mein Acker, nämlich die Festkörperphysik.Dann habe ich gedacht, das wäre jetzt mal ein interessantes Programm.Es hat mich immer so ein bisschen irritiert, dass jeder junge Mensch,der heutzutage in der Wissenschaft was reißen will, im Grunde genötigt ist,sich auf einen schmalen Spezialbereich zu fokussieren.Und in der Wissenschaft, da passiert an vielen Stellen eben viel.Und so sagt meine Frau, da kannst du dich ruhig bewerben, Da sind so viele,die werden ganz gewiss nicht gerade auf dich warten.Und dann nahm diese ganze Geschichte eine gewisse Eigendynamik an.Erst hat die Bundesrepublik Deutschland unter den nationalen Bewerbern eine Vorauswahl getroffen.Denn jedes dieser elf Mitgliedsländer der ESA durfte der ESA am Ende fünf vorausgewählteBewerber nominieren. und in der nationalen Vorauswahl waren zum Beispiel auchFura und Messerschmidt.Die wurden an der ESA nominiert, die sind aber in der ESA-Auswahl untergegangenund das Ganze lief ab nach dem K.O.-Prinzip.Die billigen Tests, also zum Beispiel Sprachtests, der kostet nicht viel Geld,die waren am Anfang und nur diejenigen, die noch gut Englisch konnten,die wurden in den nächsten Test eingeladen, die durchgefallen waren,waren weg Und so kamen dann medizinische Teste und nebenbei die psychologischenTests, die eine ganze Woche dauerten.Die haben eigentlich die meisten Opfer gekostet. Da sind die meisten gescheitert.Am Ende waren wir dann noch 20 bei der ESA. Esa, zu diesem Moment hat meineFrau dann zum ersten Mal gesagt, oh Gott, am Ende bleiben die bei dir hängen.Und so kam es dann.Und am Ende hat die Esa gesagt.Drei von uns unter Vertrag genommen, den Schweizer Claude Nicollier,den Holländer Wubo Ockels und mich.Und wir begannen dann gemeinsam das Training für diesen ersten Spacelift-Flug,wobei unsere Aufgabe von Anfang an darin lag,die schon ausgewählten Experimente durchzuführen und dafür zu sorgen,dass aus jedem Experiment eben ausreichende Daten rauskamen.Die durften dann nach vier Jahren Training, hatten sie uns vier Jahre kennengelernt,darüber abstimmen, wem sie ihre Experimente anvertrauen wollten.Und ich habe das Glück gehabt, dass die Mehrheit für mich optierte.
Tim Pritlove
War denn das Englisch für Sie eine Hürde? Weil ich könnte mir vorstellen,Englisch war jetzt nicht auf dem Programm in Greiz an der Schule, oder?
Ulf Merbold
Nein, null. Ich habe an der Schule keine einzige Minute Englischunterricht gehabt.Aber ich hatte ja nun in Stuttgart studiert und dann zehn Jahre an diesem Max-Planck-Institutund am Ende dieser Jahre war ich natürlich noch lange nicht irgendwie richtig fit in Englisch,aber es ist eben heutzutage das,was im Mittelalter Latein war, die Sprache der Wissenschaft auf internationalenTagungen, ist Englisch.Und also das war sicher nicht meine größte Stärke.Ich nehme an, dass die mich gerade noch so durchgelassen haben,aber dann kam ich eben zur ESA und bei der ESA habe ich 26 Jahre zugebrachtund die Lingua Franca bei der ESA ist dann Englisch. Am Ende,glaube ich, habe ich es richtig gut gelernt.
Tim Pritlove
So, und dann waren Sie Astronaut. Dies Space Lab, um die Mission ging es ja jetzt erst mal,ist eine Raumstation, die man dann in den Space Shuttle reingepackt hat,damit hochgefahren hat, aber man konnte ihn sozusagen entsprechend vorbereiten.Ich frage mich immer, Space Lab, also wann ist das ungefähr gestartet,also wann wurde das sozusagen erstmalig angedacht, dass man sowas überhaupt machen wollen würde?
Ulf Merbold
Das ist unmittelbar nach Ende des Apollo-Programms kam die Einladung.Das Apollo-Programm, das ging so 72, 73 zu Ende.Und dann haben die Amerikaner ja entschieden, wir hören jetzt auf mit den Wegwerf-Raketen,mit den Saturn-5-Raketen und entwickeln ein wiederverwendbares System.Und ich kann die Frage jetzt nicht mit einer Zahl beantworten,Aber ich denke mal, so 73, 74 wurden wir dann wie Europäer eingeladen.Dann fiel die Entscheidung in der ESA, wir nehmen sie an, beteiligen uns.Und die Auswahl für uns Wissenschaftsastronauten begann dann 77.78 wurde ich ESA-Stuffmember, also ESA-Angestellter mit meinen genannten zwei Kollegen.Und der erste Flug war dann eben 83, der Flug, an dem ich mitfliegen durfte.Und ich will noch eines hinzufügen.Das BSL ist nicht nur dieses Modul, dieses Fass, sondern es ist ein Baukastenmit verschiedenen Elementen.Dazu gehört das sogenannte Modul, also hier dieses Fass, dann hinten die Paletten,dann dieses Teleskop an der kanadischen Aufhängung.Dornier das sogenannte Instrument Pointing System geliefert.Das war ein Zusatzteil zum Spacelab, das eben in der Lage war,auch wenn der Shuttle langsam sich bewegt, das Teleskop punktgenau auf einen Stern zu orientieren.Das sind alles Teile, die eben zu diesem Spacelab-Baukasten hinzuzählen.Und je nach Mission, es wurden ja insgesamt über 20 Flüge mit dem Spacelab gemacht,wurde es in den Shuttle-Laderaum mal so, mal so eingebaut.Das Modul konnte man auch auf die Hälfte verkürzen.Also das war schon auch ein sehr durchdachtes Zusatzelement für den Shuttle.Es wertete den amerikanischen Shuttle, der ja eigentlich ein Transportsystem ist,dass eben die Transportkosten reduzieren sollten, weil es wiederverwendbar war,im Gegensatz zu den früheren Raketen, auf von einem Transporter zu einem wissenschaftlichen Labor.Allerdings der Nachteil war, das ganze Ding, der Shuttle mit dem Spacelab imLaderaum, konnte nur so lange in der Umlaufbahn verbleiben, wie der Shuttle Energie hatte.Die hat er nämlich in Form von Wasserstoff und Sauerstoff von der Höhe 0,das käblich ja praktisch auf Meereshöhe, in die Umlaufbahn mit hinaufgeschleppt.Diese Elemente, die wurden in Fuel Cells dann fusioniert und entstand Wasserals Abfallprodukt und Elektrizität zum Betrieb aller elektrischen Systeme,des Lebenserhaltungssystems, der Radios,der Lageregelung etc.Und bevor Wasserstoff und Sauerstoff eben verbraucht waren, musste der Shuttleam Boden stehen, sonst wären im wörtlichen Sinn dort oben die Lichter ausgegangen.
Tim Pritlove
Warum ich nach der Jahreszahl gefragthabe, war natürlich, weil ich mich gefragt habe, wer zuerst da war.Das richtige Spacelab oder der Song von Kraftwerk mit demselben Namen?Aber ich sehe, Kraftwerk hat sich sozusagen an der Realität orientiert.Hätte ja auch andersrum sein können, dass Kraftwerk das so singt und dann baut die ESA das nach.
Ulf Merbold
Da müssen wir vielleicht mal das ESA-Management fragen. Also für mich zähltnatürlich das materielle Spacelab und nicht alles andere.
Tim Pritlove
Aber haben Sie Kraftwerk gehört auf dem Spacelab? Nein. Nein.
Ulf Merbold
Wir durften ja damals nur ganz wenig Personal Items, wie es so schön hieß, mitnehmen.Und ich habe mich dann für eine Kassette, Damals gab es die Kassetten,wie man sie früher auch im Auto hatte, mit dem ganz schmalen Bändchen, mit klassischer Musik.Also ich bin ein großer Verehrer von Mozart und Bach und das ist für mein Lebenauch eine Labung, wenn immer ich die Musik höre, das finde ich unwerflich.
Tim Pritlove
Kann ich sehr gut verstehen. Ich denke, der Sprung von Bach zu Kraftwerk istgar nicht so groß, wie man vielleicht vermuten möchte.Beide auf ihre Art absolut definierend.
Ulf Merbold
Der Bach, das kann man ja fast genau sagen,fast auf den Tag genau, heute vor 300 Jahren hat Bach an der Thomaskirche inLeipzig seinen Dienst als Kantor angetreten und das muss man sich auch nochmal vergegenwärtigen.Der ist 65 Jahre alt geworden und was der der Menschheit hinterlassen und geschenkthat, das ist ohne Beispiel. spielen.
Tim Pritlove
Absolut. Tokata und Fuge forever.Okay, kein Kraftwerk im Weltraum. Das nehme ich jetzt mal so hin.Also Sie hätten mir jetzt auch einfach das Gegenteil behaupten können.Das hätte ich jetzt auch einfach geglaubt.
Ulf Merbold
Nein, ich lüge nur, wenn es anders gar nicht geht.
Tim Pritlove
Okay, später dann vielleicht. Gut.Das war also dieses Space Lab, eine Vision, die eigentlich super geklappt hat.22 Mal kam es, glaube ich, zum Einsatz, das ist ja schon mal eine ganze Menge.Da hat das ja mit dieser Wiederverwendbarkeit eigentlich auch funktioniert,während es ja beim Space Shuttle dann auch irgendwann ein Kostenproblem war.Aber dieser erste Flug, 83, als erster Nicht-Amerikaner an Bord,ich glaube, die Crew waren sechs Leute.
Ulf Merbold
Genau, ja.
Tim Pritlove
Nehmen Sie uns doch mal kurz noch mal mit so auf diese Reise.Ich meine, man geht so zum Bahnhof, schlägt die Fatz auf, denkt sich so,Astronaut, das wäre doch mal was für mich.So, dann wird man das und dann steht man dann irgendwann an diesem Raketenstartplatz,und wartet da drauf, dass irgendwie eine riesige Explosion unter einem stattfindet.Was geht einem da durch den Kopf? Also geht einem da überhaupt noch was durch den Kopf?
Ulf Merbold
Naja, ich denke mal, das muss man vielleicht noch ein bisschen ausholen.Wir hatten ja fünf Jahre trainiert.Also ich habe mich mit diesen Experimenten wirklich bis ins feinste Detail auseinandergesetzt,erst mal zu verstehen, was wollen die eigentlich Neues herausfinden.Aber dann, es genügt ja nicht zu wissen, was die machen wollen,was rauskommen soll, sondern man muss dann mit dem Instrumentarium,das einem mitgegeben wird, auch umgehen können.Und insofern haben wir natürlich die Instrumente, die Geräte gelernt und bedientund die Software, die dahinter lief.Und dann fiel eben die Entscheidung, ein Jahr vor dem geplanten Start,dass ich derjenige werden sollte, der nun diese Aufgabe übernimmt.Das Drama des Startes, das begann für mich in dem Moment, wo die uns am Keebin die Quarantäne gesteckt haben.Denn dann, wenn man also Teil der wissenschaftlichen Welt ist,dann ist es ein unglaublich schönes und spannendes Leben, an diesen Diskussionenimmer beteiligt zu werden.Was könnten wir noch machen und wie können wir das noch überprüfen und so weiter.Mit einmal wurden wir praktisch gefangen gesetzt.Und Quarantäne heißt von der Welt isoliert. Wir durften niemandem mehr sprechen.Macht ja auch Sinn. Man möchte natürlich niemanden in die Erdumlaufbahn jubeln,der noch eine verkappte Infektion in sich hat und dort oben dann womöglich Fieber bekommt.Aber jetzt saßen wir da rum und haben uns unglaublich gelangweilt.
Tim Pritlove
Wie lange ist der Zeitraum?
Ulf Merbold
Das sind sieben, acht Tage. Und in diesem Crew Quarters am Cape da unten,da gab es so ein Videoapparat mit einer einzelnen Kassette und es war Casablanca.Ich habe Casablanca in meinem Leben.Jedenfalls.
Tim Pritlove
Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Ulf Merbold
Ja, dann kommt dann am Tor,irgendwann kommt die Stunde der Wahrheit, dann wird man eben geweckt und danngibt es noch ein großes Frühstück, dann werden die Raumanzüge angezogen,die bei diesem ersten Flug,meinem ersten Flug, ganz normale Nomex-Anzüge waren, ohne jede Drucksicherung oder sowas.Wir hatten nur einen Helm mit so einer Gummidichtung ums Kinn rum.Für den Fall, dass es Rauch geben würde, hätten wir einen gewissen Schutz gegen Rauch gehabt.Später wurden nach Challenger Druckanzüge benutzt.Und dann fährt man mit dem Bus.
Tim Pritlove
Sie meinen die Challenger-Explosion?
Ulf Merbold
Challenger-Katastrophe.
Tim Pritlove
Zwei Jahre, glaube ich, nach dem Flug war das.
Ulf Merbold
Dann fährt man mit dem Bus zum Startplatz, Plattform Zürich-Rhein und mit demAufzug geht es dann hoch.Da habe ich zum ersten Mal gedacht, na hoffentlich ist die Resttechnik in einerbesseren Verfassung als dieser Aufzug, der uns da hoch zur Luge brachte.Muss also ich bedenken, da unten ist ja direkt der Ozean und das ist eine korrosiveLuft. Oft das ganze Stahlzeug, was da gebaut ist, das war an Teilen rostig.Aber jedenfalls, dann steigt man in diese Kiste ein.Halb liegend oder liegend auf dem Rücken festgeschnallt. Dann hilft ein Astronaut,der dann am Ende nochmal aussteigen muss natürlich, der Besatzung,dann wird die Luke verschlossen.Und dann war da für uns im Mittag nur so ein kleines Fenster, so wie ein Bullauge.Da konnte ich einen kleinen Sektor des Himmels sehen. Und dann kam da eben blauerHimmel, wurde dann sichtbar.Da kann man sich natürlich fragen, warum sind diejenigen, die beim Einsteigenbehilflich waren, jetzt auf sieben Kilometer Entfernung gegangen?Die Antwort ist ja ziemlich klar. Ich will vielleicht mit Zahlen darauf reagieren.Der Shuttle hat ein Startgewicht mit allem drum und dran über den Daumen 2000Tonnen. und davon sind weit über 90 Prozent gut brennbares Material.Aber mich hat noch mehr als die Sorge, dass da irgendwas schiefgehen könnte.An mir hat genagt die Frage, werde ich am Ende dieser Mission denjenigen,die mir jetzt die Experimente anvertraut haben,ausreichend gute Daten, also gut im Sinne von Qualität und Quantität,zurückbringen können, damit die Frage, die das jeweilige Experiment stellt,eine umfängliche Antwort finden kann.Und wir hatten immerhin 72 Experimente.Das hat mich schon in dieser 2-Stunden-Zeit, das ist die Endphase des Countdowns, schon gequält.Aber wenn dann Dynamik aufkommt, das beginnt ja damit, Man kann das alles mithören,wie da die Stadtvorbereitungen vorangehen, der Countdown voranschreitet.Wenn dann am Ende die Triebwerke hochlaufen, die der Shuttle ja mit Wasserstoffund Sauerstoff betreibt, dann kommt Dynamik auf.Dann dauert es sechs Sekunden, bis die den vollen Schub entwickeln und in derZeit bewegt sich der Shuttle so ein kleines bisschen nach vorne.Der hängt nämlich ein bisschen schräg und wenn jetzt der Schub kommt,dann kommt dann die richtige vertikale Orientierung. In diesen sechs Sekundenmuss ich, ich habe ein großes Problem mit Computern.Ich bin nicht sicher, ob mir Computer Lebenszeit genommen haben oder ob siegeholfen haben, Zeit zu sparen.Das ist also eine für mich nicht beantwortete Frage in meinem Leben.Aber in diesen sechs Sekunden ist es gut, dass wir welche haben,denn jetzt muss man Hunderte von Ingenieurparametern, Drehzahlen,Temperaturen, Öldruck etc. etc. pp.Prüfen, ob sie, wie die Piloten sagen würden, im grünen Bereich liegen und,Ist das so, dann werden die Solid Rocket Boosters gezündet und was dann passiert,das kann man mit Sprache niemand schildern.Dann hat man, also die Dinger sind wie Silvesterknaller, an oder aus,aber man kann sie nicht abschalten.Dann geht die Reise los, so oder so.Und dann hat man 3000 Tonnen Schub unterm Hintern und das sieht von Ferne eigentlichgar nicht so rasant aus, aber in Wahrheit ist das unglaublich.Vertikal nach oben braucht die Kiste mit 2000 Tonnen Startgewicht ungefähr 50Sekunden, bis es Schallgeschwindigkeit erreicht.Und dann geht es eben 40 weiter. Zwei Minuten, zehn Sekunden sind die Solidsausgebrannt, werden weggeworfen.Dann geht die Beschleunigung nochmal runter, weil ja der Schub aus dem SolidRocket Bus, das plötzlich nicht mehr da ist.Und dann, sagen die amerikanischen Kollegen,ist der weitere Aufstieg electrostatic, weil die Flüssigkeitstriebwerke,die sind ganz anders als die Solids, die sind nämlich hohl und brennen nichtetwa von unten nach oben, sondern radial.Das ist im Grunde wie so eine Bierflasche, wenn ich hier drüber blase.
Tim Pritlove
Von innen nach außen.
Ulf Merbold
Dann hört man eine akustische Oszillation.Im Falle der Solid Rocket Boosters liegt die unterhalb der Hörbarkeit,aber die ist trotzdem 6 Hertz gigantisch und schüttelt das ganze Ding durcheinander.Und wenn die dann weg sind, dann wird es sehr viel komfortabler.Vielleicht kann ich es auch gleich sagen, deswegen ist die russische Soyuz-Rakete,die ja nur Flüssigtriebwerke hat, im Grunde angenehmer als so ein Shuttle.Abgesehen davon, dass so eine Soyuz-Kapsel unheimlich eng ist.Aber die Triebwerke, die sind nicht so vibrationsmächtig wie die Solid Rocket Boosters.
Tim Pritlove
Verstehe.
Ulf Merbold
Dauert es acht Minuten, 30 Sekunden, bis man die Umlaufbahn erreicht hat.Das ist natürlich ein Ritt. Da kann ich jedem, der hier sitzt,eigentlich nur wünschen, wenn er das wünscht, dass ihm das Glück wieder fährt,da mal mitmachen zu dürfen.Das ist nicht möglich, so etwas mit Sprache zu schildern. Das ist ja auch anders als im Auto.Also ich wohne jetzt in Stuttgart und dort werden Autos gebaut,Also nicht die schlechten, aber die beschleunigen von 0 auf 100 immer besser als von 100 auf 200.Aber jeder Raketenstart ist genau umgedreht. In dem Maße, wie das Ding leichterwird, wie die Tanks sich leeren, nimmt die Beschleunigung ständig zu.Man wird mit immer mehr Druck in den Sitz gedrückt und denkt, das gibt es gar nicht.Also das ist so eine sinnliche Erfahrung, kann ich nur sagen.
Tim Pritlove
Wie lange nimmt der Druck zu? Also es ist ja immer so ein Wettlauf,auf der einen Seite wird man immer leichter, deswegen schneller,Atmosphäre hat weniger entgegenzusetzen.
Ulf Merbold
Der Druck nimmt stetig zu, bis man, da muss ich einen technischen Einschub machen.Heutzutage sind die modernen Raketen, die russischen, aber auch der Shuttlezum Beispiel, so dass sie...Die Triebwerke am Ende auch drosseln können. Also die laufen mit voller Schubkraft,bis man mit 3G, das heißt, bis man mit dem Dreifachen seines Gewichtes in den Sitz gedrückt wird.Und dann wird der Schub dieser Triebwerke so gedrosselt, peu à peu,kontinuierlich, dass man bei 3G bleibt.Und dann kommt der Moment, der im NASA-Jargon MECO genannt wird.Das ist die Abkürzung für Main Engine Cut-Off.Und in dem Moment wird der Schub aller Triebwerke schlagartig abgeschaltet unddann hängt man plötzlich in der Schwerelosigkeit.Und ich will noch eine technische Zusatzinformation liefern.In den früheren Jahren, in den Pionierjahren, waren auch die Flüssigkeitstriebwerke an oder aus.Das bedeutete, dass die am Ende zum Beispiel im G-Mini-Programm kurz vor Brennschlussmit 5G-Beschleunigung drin saßen.Dann musste man aber die ganze Struktur des Raumschiffes, aber auch der Raketeso auslegen, dass sie 5G plus Reserve standhält.Und in dem Moment, wo man diese regelbaren Triebwerke zur Verfügung hatte,konnte man die Strukturen leichter machen und das, was man am Strukturgewichteinspart, kann man dem Kunden natürlich verkaufen.Dann kann so ein Ding durch die Regelbarkeitmehr Masse in die Umlaufbahn mitbringen und das bedeutet Kohle.Und insofern ist das erstens mal finanziell günstig, die Regelbarkeit und fürdie Besatzungen angenehmer.
Tim Pritlove
Verstehe, okay, aber 3G ist schon ein Brett, also was?
Ulf Merbold
3G, da können Sie Skat spielen, das ist überhaupt kein Problem.
Tim Pritlove
Haben Sie Skat gespielt?
Ulf Merbold
Nein, natürlich nicht, aber ich kann Ihnen sagen,ich war ja dann auch noch bei den Russen, habe ja das Glück gehabt,auch noch mit den Russen zur Mir zu fliegen Und die Russen, die fliegen zu miroder heutzutage zur ISS mit der Soyuz-Kapsel und kehren mit der Soyuz auch zurück.Bei der Soyuz beim Wiedereintritt oder auch wenn irgendwas beim Start in dieHose gehen sollte, kann man einen ballistischen Wiedereintritt machen.Dann hat man für, jetzt muss ich irgendeine Zahl sagen, für zwei Minuten 8G.Und die Russen, die wollten von jedem von uns den Nachweis, ist,dass wir die 8G-Belastung durchstehen, ohne dass es uns schwarz vor Augen wird.Und das kann ich Ihnen sagen, wir mussten alle auf eine Zentrifuge und die wurde,immer mehr hochgefahren, bis eben die 8G-Anlagen und dann zwei Minuten 8G durchstehen,da kann ich Ihnen nur sagen, da geht die Uhr viel zu langsam.Das ist ein, sagen wir mal, einer, der ein Tornado fliegt, der sagt,ich habe 8G gezogen. Ja, das macht ja fünf Sekunden. Einmal zack, da rum.Aber fünf Sekunden ist eine völlig andere Situation als zwei Minuten.
Tim Pritlove
Ja. Also was macht das mit dem Körper?Ist das dann Schmerz oder ist das Unwohlsein oder ist das Atemnot?Also was ist das eigentliche Problem in dem Moment?
Ulf Merbold
Das eigentliche Problem ist, dass das Blut durch die hohe Beschleunigung nachaußen beschleunigt wird,so wie in der Zentrifuge, die in der Molkerei die Sahne von der Molke trenntund dass dann das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wirdund dass es einem schwarz vor Augen wird und man wird besinnungslos.
Tim Pritlove
Und inwiefern ist die körperliche Fitness oder ist es eine körperliche Eigenschaft?Inwiefern kann der Körper das verhindern? Ich meine, wenn man da so zu Buttergeschlagen wird, was soll man denn da machen?
Ulf Merbold
Verhindern kann man es eben, das können Ihnen die Jagdflieger der Luftwaffeauch genau erzählen, indem man also alle Muskeln anspannt.Rein, die Lunge voll und dann alle Muskeln anspannen, so ähnlich wie auf dem Klo vielleicht.Also die Beinmuskulatur, die Bauchmuskulatur, um zu verhindern,dass in die weichen Bauchorgane das Blut da geschleudert wird.Reingedrückt wird. Reingedrückt wird. Sondern man muss dafür sorgen,dass ausreichend Blut ins Gehirn gelangt und damit eben auch ausreichend Sauerstoffan die grauen Zellen kommt.Und da gibt es eben diese Manöver, die Luftwaffenflieger, die haben Antigerosen,durften wir aber nicht anziehen, weil wir waren auch immer medizinische Versuchstiere.Man wollte ja gerade auch beobachten, wie reagiert der Organismus und die werdendann durch Luftdruck einfach aufgepumpt,sodass von außen ein Gegendruck gegen diese Beschleunigungswirkung aufgebaut wird.Das hilft natürlich ein bisschen, also an den Beinen, am Bauch hier gibt esdiese Anti-G-Hosen, die die Jagdflieger alle anhaben.
Tim Pritlove
Es ist interessant, was Sie so beschreiben. Es erinnert mich ein bisschen anmeine Spontanreaktion, wenn ich im Flugzeug in so ein Luftloch lande und mirdann irgendwie auf einmal schlecht fühle, dass ich dann auch eigentlich allesanspanne. Aber vielleicht ist es nicht wirklich das Gleiche.Aber bedeutet das Zentrifuge, dass man im Prinzip zwei Minuten lang wie einBlöder alle Muskeln anspannen muss, um sich dem entgegenzustellen?
Ulf Merbold
Ja, man muss also, das ist sehr unästhetisch, wenn ich Ihnen das vormache.Man muss da so Luft holen.So kann man das überleben.
Tim Pritlove
Immer wieder irgendwann. Toller Job, den Sie sich da ausgesucht haben.
Ulf Merbold
Naja, gut. Stand in der Fatz. Alles hat seinen Preis.
Tim Pritlove
Das stimmt.
Ulf Merbold
Sie können hier bleiben, aber dann kommen Sie halt nicht in die Erde umlaufen.
Tim Pritlove
Das stimmt. Das stimmt. Alles hat seine Vor- und Nachteile.Genau, aber da haben sie es ja dann hingeschafft, super und zu sechst ist jaganz schön was los da auf dem Spacelab,die Mission war dann zwölf Tage oder wie?
Ulf Merbold
Zehn Tage.
Tim Pritlove
Zehn Tage und man ist ja jetzt im Prinzip, man ist ja komplett durchgetaktet. Was waren das?72 wissenschaftliche Experimente, die jetzt von allen sechs betreut werden müssenoder war das nur Ihr Programm?
Ulf Merbold
Nein, wir haben halt so auf diesem ersten Spacelift-Flug als Erste im Schichtbetrieb gearbeitet.Wir waren zu sechst, drei waren im Dienst, die anderen drei waren im Shuttle-Mitteck,respektive im Cockpit einer und haben sich erholt.Und dann gab es einen Schichtwechsel und so ging die Mission also.Die Experimente liefen rund um die Uhr, zum ersten Mal.
Tim Pritlove
Was heißt das für den Schlaf? Also schläft man dann so Etappenhäschen-mäßigoder ist das so eine simulierte Tag-Nacht-Geschichte?
Ulf Merbold
Nein, also ein Umlauf 90 Minuten oder 89 Minuten, dann geht die Sonne 16-fach schneller runter.Danach kann man sich nicht richten. Dann ist Nacht, führt 25 Minuten,dann geht die Sonne wieder auf, dann ist wieder Tag. nach diesem Taktgeber könnensie ja nicht arbeiten. Es geht nach der Uhr.Und die eine Schicht, das sind die Glücklichen, die arbeiten synchron zur Zeit in Houston.Und die anderen, das war immer ich, die sind die Gekniffenen.Die arbeiten also dann, wenn in Houston eigentlich Nacht ist.Das heißt, wir mussten unseren Rhythmus umstellen. Wir waren ja vor dem Start an amerikanische ...
Tim Pritlove
Ach so, verstehe. Ja, dran gewöhnt.
Ulf Merbold
Tag-Nacht-Rhythmus gewöhnt. Und ja gut, also geschlafen haben wir in Kojen derShuttle, also der Orbiter.Das ist der Teil des Shuttles, der so aussieht wie ein Flugzeug.Und das ist der einzige Teil, der am Ende aus dem Weltraum auch zurückkommtund landet wie ein Flugzeug.Rechts im Mittag an der Wand waren drei Kojen. Da hat man die Beine in Flugrichtunggehabt, die hatten auch so Schiebetürchen.Die mittlere Koje war natürlich die beste, weil durch die Wölbung des Shuttlesdie geräumigste die mittlere war. Und die drüber und drunter waren kleiner und ich hatte die untere.Aber in Schwerelosigkeit braucht man keine Matratze, wenn man schon kein Gewichthat. Es genügt ein Blech.Und ich habe mit dem John Young, der die mittlere Koje hatte,das war unser Kommandant, im Sandwich-Prinzip auf demselben Blech geschlafen.Also der von oben, ich von unten.Schwerelosigkeit geht das ja. Und jeder hat einen eigenen Schlafsack.Aber die Koje, die wurde also mit dem Schichtwechsel dann dem anderen auch übergeben.Der hat dann seinen Schlafsack mit so Druckknöpfen.
Tim Pritlove
Wozu brauchst du denn das Blech dann noch, also abgesehen von der Trennung,aber ist das dann beheizt? Nein.
Ulf Merbold
Also die Klimaanlage, die kann man einstellen.
Tim Pritlove
Aber braucht man den Kontakt zu etwas, während man in Schwerelosigkeit in einem Schlafsack schläft?
Ulf Merbold
Ja, das ist schon gewöhnungsbedürftig. Sie müssen sich mal alle vorstellen,Sie stellen Ihr Bett in einen Aufzug, in einem, nehmen wir mal den BerlinerFernsehturm ganz oben, und dann legen Sie sich da rein.Ich warte, bis Sie eingeschlafen sind, dann kappe ich das Kabel und solangewie das Ding nach unten rauscht, sind Sie schwerelos im Bett.Also es ist genau dieselbe Situation im Weltraum.
Tim Pritlove
Ja gut, aber so für ein paar Sekunden,weiß ich nicht, ob man da so einen Schlaf so gut nachfühlen kann.Also ich hatte ja mal die Gelegenheit, einen Parabelflug mitzumachen,von daher so ein bisschen Schwerelosigkeit hatte ich dann auch schon mal,aber ich war natürlich viel zu aufgeregt, um die Zeit zum Schlafen zu nutzen.Deswegen habe ich mich immer gefragt, wie das so ist.Schlief man da ganz normal?
Ulf Merbold
Also ich habe die erste Nacht meines Lebens in Schwerelosigkeit.Ich war vollgeklebt mit Elektroden. Das waren eben auch medizinische Experimente,die genau danach gefragt haben, wie schläft man jetzt.Da habe ich einen übergroßen Schlafanteil mit REM-Phasen gehabt, Rapid Eye Movement.Das ist so die Transformation vom Wachzustand zum Tiefschlaf.Und die Olga Gwans, das ist die Wissenschaftlerin aus Belgien,die gerade dieses Experiment gemacht hat, Die hat das dann so interpretiert,dass das Gehirn sehr aktiv auf diese veränderte Lebenssituation reagiert und sich darauf einstellt.Und das äußert sich daran, dass man eben viel mehr REM-Phasen hat als sonst.Aber später dann wahrscheinlich auch, weil wir dann eben ausreichend müde allewaren, habe ich in Schwerelosigkeit eigentlich gut geschlafen.Ich komme gleich noch darauf zurück.Und interessanterweise bei den späteren zwei Flügen, die ich ja dann auch noch machen durfte,hat das Gehirn offensichtlich zack auf Weltraum umgeschaltet und da habe ichvon Anfang an kein Problem gehabt, gleich gut zu schlafen. Nur beim allerersten Mal.Aber ich will noch hinzufügen, bei diesem ersten Shuttle-Flug,Ich wusste ja auch nicht, ob ich jemals noch einen weiteren kriegen würde.Habe ich meine Schlafzeit auf das Existenzminimum reduziert?Eigentlich sollte jeder von uns acht Stunden schlafen.In meinem Fall war das vielleicht fünf Stunden.Und die restlichen drei Stunden bin ich im Shuttle-Cockpit gewesen,um aus den Fenstern zu gucken.Denn die Gelegenheit, die darf man natürlich nicht versäumen.
Tim Pritlove
Ja, kann ich mir vorstellen. Das ist natürlich jetzt so die klassische Frage,die ich jetzt eigentlich stellen muss, was Ihnen da so durch den Kopf gegangenist, aber bevor wir das machen, würde mich ja nochmal interessieren, in was für einem,also man stellt sich das immer so vor, Schwerelosigkeit,die Unendlichkeit des Alls, totale Silence,aber dem ist ja nicht so. Ich meine, man fliegt ja die ganze Zeit in so einer Maschine.Wie ist denn so die Geräuschbelastung in der Situation, gerade auch wenn manversucht einzuschlafen, also nicht gerade mit irgendwelchem technischen Geräthantiert und wie riecht es da?
Ulf Merbold
Erstmal die Lärmsituation. Also das ist eigentlich, ja ich meine,das ist nicht wirklich ruhig, aber es ist auch nicht wirklich nervig laut.Insbesondere im Space Lab, da haben die Europäer ein Lebenserhaltungssystemzustande gebracht, das diese Arbeit in diesem Modul richtig komfortabel werden ließ.Das war sehr angenehm, hat Dornier grandios gebaut, wie so eine Chefsetage.Es war da nicht irgendwie laut im Shuttle-Mitteck, schon ein bisschen lauter,aber immer noch erträglich.Dagegen die russische Raumstation, die war deutlich lauter.Also ich war ja nun auch 32 Tage mit den Russen auf der Mir.Da ist nicht derselbe Komfort. vor. Auf jeden Fall die Frage, stinkt es da oben?
Tim Pritlove
Habe ich nicht gesagt, ich habe nur gefragt, wie es riecht.
Ulf Merbold
Na gut, wie riecht es? Ich kann eigentlich nicht sagen, dass es richtig unangenehm gewesen wäre.Die Russen, also da, wenn ich den Russen ein Kompliment mache,die haben eine relativ rustikale Verpflegung uns mitgegeben.Die hatten so Dosen, da war dann meinetwegen auf dem Etikett Rindfleisch mit Kraut oder mit Gemüse,die hat man in so einem Schlitz gewärmt und dann mit dem Dosenöffner aufgeschnitten.Und wenn da jetzt Kraut drin war, haben wir die Dose aufgemacht,dann roch es natürlich auch noch Kraut.Aber das Lebenserhaltungssystem, das hat das eigentlich mit Kohlefiltern,mit Aktivkohlefiltern relativ schnell wieder absorbiert.Ich könnte nicht sagen, dass das richtig unangenehm gewesen wäre.Trotzdem ist natürlich eines auch klar, um Ihre Bemerkung aufzugreifen.Die Welt, in der man dort oben lebt, ist eine völlige Kunstwelt.Das ist also eine Blechkiste, die mit viel Technik die Bedingungen erschafftund aufrechterhält, die der Mensch in seiner Physis haben muss,damit er überleben kann.Und es muss auch jedem klar sein, der sowas macht, dass er sich physisch davonabhängig macht, dass die komplizierte Technik um ihn herum funktionieren muss.Und natürlich ist das wahrscheinlich auf dem U-Boot ähnlich. Auf jeden Fall...Kann ich nur sagen, unterm Strich gesehen, auf die Dauer, ist die Lebensqualitäthier in Nieden um Klassen besser als in so einer Kiste dort oben im Weltraum.Sie können ja nicht einmal ein Fenster öffnen, um frische Luft herunterzulassen.Und von blühenden Wiesen und blühenden Bäumen und spielenden Kindern,von Blasmusik und Biergärten, da darf man gar nicht drüber nachdenken.Da ist also alles andere möglich, aber sowas gibt es da nicht.Und insofern kann ich auch sagen, alle die davon reden, wenn wir hier dieseErde eines Tages vielleicht geschädigt haben,es ist keine gute Idee daran zu denken, woanders hinzugehen.Also hier ist die Lebensqualität durch nichts, aber auch gar nichts zu toppen.
Tim Pritlove
Ja, ich glaube, das ist auch eine Illusion. Wir sind ja letzten Endes Teil davon.Aber ich habe, also gut, es gibt keinen Biergarten im Weltall,das lese ich jetzt mal so raus.Aber der Ausblick ist ganz gut, oder? Also was macht denn das so mit einem,wenn man da so im All von oben guckt und sich das so anschaut, das Geschehen?
Ulf Merbold
Also das, was mich als erstes wirklich, wirklich erschlagen hat.Das kann ich auch mit Sprachen nur bedingt jemand schildern.Das war, als ich das erste Mal die Zeit fand, an ein Fenster zu gehen, rauszugucken.Dann sah ich den Horizont als gekrümmte Linie.Darüber den Himmel rabendschwarz. Das All ist eben leer, wenn man mal von denpaar Sternchen absieht. und von dort, wo nichts ist, kommt auch nichts.Das ist das finsterste Schwarz, das man sich nur denken kann.Und die Sonne leuchtet dann aus einem rabenschwarzen Himmel heraus.Das ist der extremste Kontrast, den ich in meinem Leben bis jetzt zu Gesicht bekam.Und dann kommt noch hinzu, der Horizont der Erdkugel ist gesäumt von einer königsblauen,hinreichend schönen Schicht.Und ich war als Student der Physik schon vor dem Vordiplom in der Lage,auszurechnen, sollte ich vielleicht nochmal zurückgehen.Wo es blau ist, ist Luft. Das muss man mal wissen.Und ich war schon vor dem Vorderblumen in der Lage auszurechnen,dass 50 Prozent der uns umgebenden, mit Sauerstoff versorgenden Luft in 5,5 Kilometer Höhe liegt.Aber im Kopf war ich irgendwie nicht kreativ genug,diese Zahl 5,5 Kilometer mal zu visualisieren in Bezug auf die Größe der Erde.Und deswegen sage ich auch, es ist ein großer Unterschied, ob man jetzt zumBeispiel bemannt zum Mars fliegt oder mit Robotern.Erst wenn man mit eigenen Sinnen die wirkliche Realität sieht,also Zahlen sind Zahlen, aber begreifen kann man es erst, wenn man es mit allenSinnen wahrgenommen hat.Wie dünn diese irdische Atmosphäre ist.Und dann denkt man natürlich sehr viel öfter und gründlicher darüber nach,dass wir doch vielleicht ein bisschen sorgfältiger damit umgehen sollten,denn die brauchen wir für die Sauerstoffversorgung.Und nebenbei ist die irdische Atmosphäre auch der Schutz, der uns das UV-Licht,das Röntgenlicht, die ionisierenden Elementarteilchen vom Leibe hält,die ja vom All von den Sternen auch zu uns herkommen.Und das ist also ein Moment, den wohl keiner in seinem Leben wieder vergisst,zum ersten Mal da rausgucken und das zu sehen.Also das war für mich nachwirkend.Im extremsten Maße und natürlich dann rausgucken führt dann auch dazu,dass eben nach spätestens 40 Minuten die Sonne untergeht und dann ist man aufder Nachtseite der Erdumlaufbahn und hat dann diesen grandiosen Sternenhimmel über sich.Wir haben ja hier schon drüber geredet, dass in diesem Planetarium die Sternezum Funkeln gebracht werden, durch eine Hochtechnologie Projektion.Wenn sie die aber von der Raumstation, vom Shuttle, von der ISS aussehen,dann funkeln sie nicht Weil man sich ja nicht mehr durch die irdische Luft hindurch sieht,sondern ohne Luft dazwischen Und das ist dann, also ich muss eigentlich sagen,das Funkeln finde ich eigentlich poetisch Aber der Sternenhimmel ist natürlichauch grandios Aber genauso faszinierend ist dann auch,aus der Umlaufbahn, gerade auf der Nachtseite der Umlaufbahn,nach unten zur Erde zurückzuschauen.Dann sieht man nämlich die Küstenlinien durch die hunderte von Fischerdörfern,durch künstliche Lichtquellen bestens markiert.Und die Millionenstädte, diesind auf der Nachtseite sehr viel leichter zu finden als auf der Tagseite,weil da eben jede Menge Beleuchtung sie darstellt und das ist also auch grandios.Also gerade Italien zum Beispiel, das ist auf der Nachtseite bestens sichtbar.
Tim Pritlove
Waren Sie der einzige Astronaut auf dem Flug, der den ersten Flug gemacht hat?
Ulf Merbold
Nein, auf dieser ersten Spacelift-Mission waren zwei, die vorher im Weltraum waren.Einer der Wissenschaftsastronauten vom Johnson Space Center,der schon einmal geflogen war, war Owen Garriott.Der war mit dem Skylab, das ist ein Projekt am Ende des Apollo-Programms schonmal, als Wissenschaftsastronaut in der Umlaufbahn und der,berühmteste und für mich auch einer der hellsten Sterne am Astronautenhimmel,der dabei war, war der John Young.Der war auf diesem Flug zum sechsten Mal unterwegs.Der war Mercury geflogen, Gemini geflogen und dann.Zweimal zum Mond. Es gibt nur unter den amerikanischen Astronauten,die zum Mond flogen, überhaupt zwei, die zweimal zum Mond geschickt wurden.Einer davon war der John bei Apollo 10. Das war der Flug, der der Landung vorausging.Und dann war er Kommandant von Apollo 16.Dann machte er mit dem Bob Crippen den ersten Shuttle-Flug.Also als das Ding zum ersten Mal SDS-1 in die Umlaufbahn gelangte, war John Kommandant.Und dann war er nun auch noch der Unglücksrabe, der mit dem ersten Nicht-Amerikaner,nämlich mit mir, fliegen musste.
Tim Pritlove
War das so schlimm?
Ulf Merbold
Ja, das war schlimm. Wieso? Auf jeden Fall...Für mich eine große Beruhigung, mit einem solchen übermäßig erfahrenen Kommandanten fliegen zu dürfen.Und wir haben ja am Ende des Fluges auch einige Probleme gehabt,ernste Probleme mit dem Shuttle.Aber der John Young, der wusste, also es gibt für jedes Problem und Problemchenin den Prozeduren ein Rezeptbuch, Wie man die Dinge identifiziert und darauf reagiert.Das ist also äußerst hilfreich, aber nur so lange, wie immer nur ein Problem auftaucht.Wenn dann mehrere gleichzeitig kommen, dann kommt es darauf an,dass einer dabei ist, der genau weiß, das ist wichtig und das ist unwichtig.Und da war ich sehr froh und glücklich, dass wir den John Young hatten,weil der war auf dem Mond gelandet.Das waren auch Dinge, vielleicht sollte ich über den mal erzählen, also anfänglich.Wir waren schon im Training an den Experimenten Jahre beschäftigt,bis dann die Besatzung nominiert wurde, die den Shuttle pilotieren sollte.Das wurde der John Young mit dem Brewster Shaw. Der Brewster war auch einer,der aus der Jagdfliegerei in die Raumfahrt gelangt war und flog jetzt zum ersten Mal.Und nun muss ich Ihnen berichten.Die Brüder, die in Houston saßen, die waren nicht alle so glücklich,dass da plötzlich welche aus Europa da waren und darauf warteten, mitgenommen zu werden.In Houston gab es nämlich einige Wissenschaftler, die waren am Ende des Apollo-Programmsrekrutiert worden und warteten nun schon zehn Jahre darauf, dass sie drankamen.Und bei denen war da keine Euphorie, dass wir da plötzlich da standen und sagten,wo ist euer Shuttle, wir fliegen jetzt.Ich habe da von denen auch mehrere überholt, kam schneller zum Zuge als dreioder vier von diesen alten Hirschen.Auf jeden Fall der John, der damals Chef des Astronauten-Office war,der hat mir anfänglich nicht die Hand gegeben.Für den waren wir Aliens, die in die geheiligten Jagdgründe der amerikanischenbemannten Raumfahrt Einlass verlangten.Und deswegen zwei andere, nämlich den schon genannten Owen Gerget und meinenunmittelbaren Partner Bob Parker,die habe ich immer beneidet, die kamen mit zwei T-38 in Amerika immer zum Trainingirgendwo hin. Was ist ein T-38?Das ist ein wunderschönes Trainingsflugzeug, Jetflugzeug mit zwei hintereinander liegenden Sitzen.Und die kamen dann meinetwegen nach Boston ans MIT, wenn wir da die nächstenTage dort trainieren sollten.Und dann ging es meinetwegen weiter irgendwo anders hin und dann sind die immermit leeren Sitzen geflogen. Und ich habe da anfänglich gedacht,so blöd, ich würde dazu gerne mit einsteigen, mit so einem schnittigen Jet da.Die durften aber keine Nicht-NASA-Astronauten mitnehmen.Und insofern habe ich mich dann irgendwann gewaltig gewundert,dass auf meinem Trainingsplan plötzlich drauf stand T-38.Da habe ich gedacht, da hat einer einen Fehler gemacht. Aber ich habe gedacht,bloß keine dummen Fragen stellen.Ich bin in Houston zur Edwards Air Force Base, habe den Trainingsplan gezeigt,habe gesagt, hier steht bei mir auf dem Trainingsplan, jetzt brauche ich einenHelm, eine Sauerstoffmaske, Fallschirm.Wurde mir das ausgehändigt und dann stand ich nun da rum und dachte,jetzt bin ich ja mal gespannt, was passiert. Dann kam da einer angewackelt,von der Ferne habe ich gedacht, das kann nicht stimmen, der läuft wie der John Young.Und tatsächlich war es der John Young, aber da hat der sich Zeit genommen,mit mir da fliegen zu gehen.
Tim Pritlove
Gab es da eine Sondergenehmigung dann auf einmal?
Ulf Merbold
Der hat jetzt verlangt, bevor ich mit dem in den Shuttle steige,muss ich mit dem T-38 fliegen.Das war seine Forderung und so kam ich zu dieser Ehre, nicht nur T-38 zu fliegen,sondern mit dem Zhonyang zu fliegen.Und dann starteten wir in Edwards, raus übers Meer, also nach Süden,ist ja dann der Golf von Mexiko und dann fing der John an, halt Loopings, Rollen und so weiter.Dann bin ich der Luftwaffe im Nachgang noch sehr dankbar, dass ich eben auchmehrfach da mitfliegen durfte, Starfighter, später dann den Alpha Jet und insofern,der hat mich da nicht aus dem Gleichgewicht gemacht.Ich habe dann vielleicht nach einer halben Stunde gesagt, John,wir haben ja da auch, wie wir beide jetzt, so Kopfhörer, konnten miteinander reden.Could I also have some stick time? Also die Hand am Steuerknüppel.Dann hat er schon die Hände hoch, da saß er vorne, hochgehalten,konnte ich von hinten sehen, dann habe ich gesagt, you got it.Und dann habe ich Gehs gezogen, die Kiste, die hat nur so um den Looping rum geschüttelt und,Man sieht das, das Flugzeug hat eine ganz kleine Spannweite.Und die Rollachse, das fliegt eine 360-Grad-Rolle schneller als eine Sekunde.Wenn Sie das quer runter ein bisschen einschlagen, zack, ist das rum.Na ja, gut, und dann sind wir zur Landung zurückgeflogen, nach Edwards.Und dann habe ich mich artig bedankt übers Internet, Intercom.Das war großer Spaß. Und dann hat er gesagt, well, you enjoyed it. Ja, very much so.Obwohl die Spritwarnung schon rot war, hat er schon das Gas nochmal reingeschoben,haben wir noch eine enge Platzrunde gedreht, dann sind wir gelandet.Und von dem Moment an hatte ich gewonnen.Dann war ich bei ihm akzeptiert und ich bin am Ende ein richtig guter Freund von ihm geworden.Und umgedreht auch. Wir haben uns privat viel gesehen und leider ist er verstorben.Aber das war diese John-Young-Erfahrung und im Weltraum dann hatte ich das Glück,mit ihm auf derselben Schicht arbeiten zu dürfen und da hat er dann Geschichten erzählt,die in keiner NASA-Publikation drin sind, was auf dem Mond passiert ist.Jetzt muss man sich mal vorstellen, wir sitzen mit dem am Abend,also einen Tisch gibt es ja nicht beim Abendessen.Der John war sich nicht zu fein für uns Wissenschaftler, die Mahlzeiten zuzubereiten.Wenn wir dann aus dem Space Lab ins Mitte kamen, dann war das ein Weg,etwas von der Hektik zur Ruhe zu kommen.Dann hat der John erzählt, wie er den lunaren Geschwindigkeitsrekord mit demMondauto aufgestellt hat und was da sonst noch alles passiert ist.Das muss man sich mal vorstellen.Man sitzt mit einem, der auf dem Mond war, in so einer Kiste und während desAbendessens fliegt man einmal selber um die Erde rum.
Tim Pritlove
Wow. Okay, also sie sind auf jeden Fall ordentlich durchgetestet worden,ob sie auch ein richtiger Cowboy sein können.
Ulf Merbold
Das ist der Johnny hier.
Tim Pritlove
Meine Frage, ob da noch andere dabei waren, die das erste Mal geflogen sind,ging ja mehr so in Richtung mit,gibt es da, also sie haben ja dieses persönliche Erlebnis geschildert mit,oh Gott, jetzt hier Erde und die Atmosphäre und es ist ja alles ganz unglaublich.Das teilt man ja dann sicherlich dann auch unter den ganzen als einen anderenNovizen in gewisser Hinsicht.War das so eine kollektive Wahrnehmung? Also war das bei allen gleich?Oder hat dann jeder irgendwie seine eigene Wahrnehmung?
Ulf Merbold
Nein, also man ist in der Situation eigentlich sprachlos.Man redet eigentlich erst hinterher, Wochen hinterher dann drüber.Also man sitzt da am Fenster oder hockt davor vor und guckt da raus und da kommtso viel Aufheiden zu, dass man eigentlich gar keine,Energie mehr hat, darüber noch zu labern, sondern das ist,ja, ich weiß nicht, wie man das formulieren soll. Hinterher redet man dann drüber.
Tim Pritlove
Schauen wir dann nochmal kurz auf die andere Mission, weil das war jetzt dieamerikanische Seite und Und jetzt reden wir ja noch von der Zeit,wo es mit den Russen eine enge Kooperation gab, beziehungsweise die dann aucherst begann, wenn ich das richtig sehe.1994 war dann ihre zweite Mission, die Euromir.Also auch hier wieder so eine Kooperation, in dem Fall halt Europa und die russische Raumfahrt.War das wie hat sich das so abgezeichnet und wie kam es, dass sie dann da dabei waren?
Ulf Merbold
Es hat sich dann abgezeichnet, es gab ja eine Zeit der Annäherung, Friedensdividende,das waren ja solche Begriffe, die in dieser Zeit dann sich so langsam entwickelten.Es war ja auch eigentlich im Nachgang alles in meinen Augen gut überlegt.Die Russen, die sind unsere Nachbarn, die sind da, ob sie uns gefallen oder nicht.Und infolgedessen für mich war persönlich natürlich die russische Raumfahrtdeswegen auch so spannend, weil der Shuttle ja nicht auf Dauer in der Umlaufbahn verbleiben konnte.Wir haben ja schon darüber geredet, bevor die Energie erschöpft war, musste er am Boden sein.Die Russen aber, als ich dann nach Russland kam, die hatten die Mir schon fastzehn Jahre permanent bemannt in der Umlaufbahn betrieben.Das heißt, die mussten die Wartungsarbeiten während des Fliegens machen,nicht am Boden, die Nachbesserungen, aber eben auch die ganze Versorgungslogistik.Das ist ja unglaublich spannend.Wenn Sie dort oben in so einer Kunstwelt Menschen haben, dann müssen Sie in der Lage sein,die mit Wasser, mit Lebensmitteln, mit Unterwäsche, mit Ersatzteilen,mit Treibstoff, mit Chemikalien, die der Atemluft des Kohlendioxid entziehen,zuverlässig versorgen.Die Amerikaner mit ihrem hochentwickelten Shuttle, der aber nicht wirklich robustwar, wären dazu nicht in der Lage gewesen.Und diese ganze Logistik, das hatten die Russen perfekt im Griff.Die mir ist am Ende 15 Jahre bemannt betrieben worden.Es waren mindestens immer zwei Russen dort oben.Und insofern war das für mich eine Herausforderung, dahin zu gehen und denenzuzugucken, wie die das machen.Aber es war auch schwierig. Wir mussten ja am Ende alle noch mal Russisch lernen.
Tim Pritlove
Das hatten Sie doch schon in der Schule jetzt.
Ulf Merbold
Ja, ich habe acht Jahre russisch gelernt, aber ich wäre nach dem Abitur in Moskauwahrscheinlich nicht in der Lage gewesen, eine Wurst zu kaufen.Wir kannten das ganze Vokabular der Revolution.
Tim Pritlove
Das war es dann auch.
Ulf Merbold
Das war politisch eine Zeit, denn Gorbatschow hatte man absolviert und Jelzinwar jetzt der große Lenker und die kommunistische Sowjetunion,die war auf dem Weg in eine bürgerliche Wirtschaftsform.Allerdings waren die Russen, wie man im Nachhinein jetzt wohl sagen muss, überfordert.Es war im Grunde ein gesetzloser Zustand.Die konnten gar nicht so schnell sich umstellen und durch Gesetze das Schlimmste verhindern.Also ich bin kein Politiker, aber ich sage das mal mit hohem Risiko.Meine Wahrnehmung war damals, es geht drunter und drüber. Und ich denke mal,das hat am Ende bei Russen auch dazu geführt, da gab es natürlich welche,in einer solchen Krisensituation gibt es immer Profiteure.Die Oligarchen, die haben sich die Staatsunternehmen unter den Nagel gerissen,die wurden in Nullzeit stinkerreich und andere, die waren Professoren an einerder zahlreichen Moskauer Universitäten,mussten aber nebenbei Taxi fahren, um die Familie zu ernähren.Also da gab es in dieser russischen Gesellschaft sicher auch sehr viel Wut und Spannung.Und insofern, diese Transition, die kam zu schnell, in meinen Augen.Jedenfalls, es war eine Zeit,da haben die Russen eben die Tür aufgemacht und die ESA hat zugeschlagen undhat den Russen für meines Wissens 50 Millionen EQs,Accounting Units aus späteren Euros, zwei Flüge gekauft.Und den ersten Flug, das war die Mir 94 Mission, da wurde ich dann ausgegucktund den zweiten machte der Thomas Reiter.Der dauert dann fast ein halbes Jahr.
Tim Pritlove
Wie lange waren Sie da oben?
Ulf Merbold
32 Tage.
Tim Pritlove
32 Tage. Wow, das ist ja schon ein richtiger Urlaub.
Ulf Merbold
Aber eines muss ich natürlich schon sagen, also zu sehen kriegt man viel,aber die Küche ist natürlich nicht vom Feinsten.
Tim Pritlove
Jetzt was man zu essen bekommt? Oder die Wurstdosen haben Sie doch eben noch gelobt?
Ulf Merbold
Naja, das ist wie auf dem Campingplatz. Ich habe sie nur nur geschildert,wie sie sind. Da stand drauf Rindfleisch mit Gemüse und das war es auch.Aber ich denke mal, in Berlin oder an anderen Orten kriegt man was Frischesauf den Teller und was aus der Konservendose kommt, das kann ja gar nicht frisch sein.
Tim Pritlove
Kulinarisch war es jetzt nicht so ein Erlebnis.
Ulf Merbold
Das ist kein Kriterium, wenn man sowas macht.
Tim Pritlove
Das kann ich mir auch vorstellen. Aber es gab ja so technische Probleme bei der Mission.Fing das nicht gleich schon mit dem Andocken an, dass so ein bisschen aus dem Ruder lief?
Ulf Merbold
Ja, das automatische Andocksystem, also die Einzelheiten kann ich Ihnen gar nicht schildern.Jedenfalls der Sascha Wigdarenko, der wurde dann gebeten, manuell anzudocken.Da muss man vielleicht noch ein bisschen den Rahmen schildern, das Andocken selber.Das wollen die Experten, die im Bodenkontrollzentrum sitzen,natürlich in Echtzeit beobachten.Und in Russland war es so, die hatten anders als die Amerikaner keine in derhohen Umlaufbahn positionierten Relais-Satelliten,sondern die Echtzeitverfolgung, die war immer nur möglich, solange die Umlaufbahnüber die riesige Sowjetunion führte.Da gab es wie an der Perlenschnur Bodenstationen, die die Signale aus dem Weltraumübernommen haben und wir waren jetzt kurz davor, diesen Bodenkontakt zu verlieren.Wenn man dann auf der anderen Seite der Erdkugel unterwegs ist,dann gibt es den Funkkontakt nicht.Und ich weiß nicht genau, ob das derGrund war oder... Jedenfalls Sascha Wigter-Renker dockte dann manuell an.Das funktionierte aber auf Anhieb. Und dann...Ich mache die lange Geschichte kurz, das dauert dann lange, bis eben alle Testsdurchgeführt wurden, damit dann die Verbindung eben auch richtig fest ist unddicht hält und so weiter.Dann darf man schließlich umsteigen und das ist für alle Beteiligten immer einFesttag, denn das bedeutet für diejenigen,die oben sind und schon lange dort oben waren, dass die ablösende Truppe anBord ist und dass es jetzt vielleicht auch mal frische Früchte,Äpfel, Bananen oder sowas gibt für zwei Tage.Und die anderen, die sind auch froh, wenn die Luke geöffnet wird,weil sie dann aus dieser unglaublich engen Soyuz-Kapsel in die große Raumstation umsteigen können.Und das ist für die auch eine signifikante Besserung der Lebensumstände.Und insofern sind sie alle froh und glücklich, wenn das passiert ist.
Tim Pritlove
Der Anflug ist ja mittlerweile schneller geworden durch eine andere Anflugstechnik,aber Sie waren ja auch relativ lange unterwegs, also vom Start bis man dannwirklich andockt. Wie lange hat das?
Ulf Merbold
Wir haben 34 Orbits gebraucht, also über zwei Tage und so lange aushalten in dieser engen Kiste.
Tim Pritlove
Also man ist zwei Tage lang quasi angeschnallt in diesem Sitz?
Ulf Merbold
Nein, nicht ganz. Die Soyuz-Kapsel, auch wie sie jetzt noch ist,die besteht im Grunde aus drei Elementen, drei Teilen.Das ist dieses glockenförmige Teil, das ist das Einzige, was am Ende zurückkehrt.Dazu gibt es ein Geräteteil, da ist das Triebwerk drin, die Tanks und Technik,um das Ding eben mit dem Triebwerk zu bewegen, zu steuern, auch die Elektroversorgung.Und vor dieser glockenförmigen, dem Landeapparat heißt es, da ist eine Kugel,der nennt sich Bidawoy-Azek,also der Lebensbezirk.Die beiden Kammern, die sind beim Start durch eine innere Luke voneinander getrennt und verschlossen.Dann erreicht man die Umlaufbahnen, dann beobachten die vom Boden aus sehr genau,ob der Innendruck in beiden Kammern steht.Wenn das so ist, dann bedeutet das, beide Kammern sind für sich genommen dicht, verlieren keine Luft.Dann darf man über ein Druckausgleichsventil den Druck auf beiden Seiten ausgleichenund dann kann man die Luke nach innen öffnen.Dann wird es noch mal enger, weil dieses Klappding da runterkommt.Und dann kann derjenige, der den mittleren Sitz hat, der ist direkt unter demLoch, in dieses größere Volumen umsteigen.Und dann erst hat er den Platz, diesen Raumanzug auszuziehen.Wenn man dann noch mehrere Tage warten muss, bis man andockt, macht man das auch.Da wird es einem dann schon komfortabler. Wenn der das gemacht hat,kann der Nächste in die Mitte rücken, auch das nachholen und so weiter.Das ist dann schon etwas besser als in diesem ganz engen, da können Sie nichtmal die Beine strecken, so eng ist das, Landeapparat aushalten zu müssen.Aber bevor man nun andockt, zieht man sich in diesen inneren Landerapparat zurück,schließt auch die Luken wieder, denn beim Andocken könnte es ja vielleicht auchin die Hose gehen, dann würde man den Druck verlieren und sofort hinüber.Und insofern versucht man natürlich so viel Redundanz aufzubauen,wie man hat, um ein solches Malheur eben lebendig zu überstehen.Aber das ist die Technik und nun muss ich das vielleicht noch ein bisschen schildern.Wenn man ein Rendezvous vorhat.Die Raumstation fliegt um die Erde herum, drunter dreht sich der Erdball jadurch, innerhalb von 24 Stunden einmal um die eigene Achse.Das heißt, wenn man dort hinauf will, um anzudocken, muss man genau dann starten,wenn der Startpunkt unter dieser Umlaufbahn drunter ist.Deswegen ist bei solchen Rendezvous-Flügen das Zeitfenster nur fünf Minuten.Wenn man die fünf Minuten verpasst hat, hat sich die Erde zu weit vorangedreht,dann würde es zu viel Treibstoff kosten, in die Bahn der schon fliegenden Station zu gelangen.Das heißt also, das ist eine Bedingung, die bei so einem Rendezvous eine Rolle spielt.Dann startet man erstmal in dieselbe Bahnebene wie die Station, aber tiefer.Und dann muss man ja bedenken, wenn man ein Rendezvous vorhat,dann nützt es einem gar nichts, wenn die Station auf der Seite der Umlaufbahnist und man ist selber auf der anderen, weil man sich ja dann nur um sich selber dreht.Sondern man muss dann aus einer tieferen Umlaufbahn das Triebwerk zünden,erstmal wieder in eine höhere Bahn gucken.Also das nennt sich dann Phase Vanya, also die Phasen anpassen.Sie haben es ja auf Ihrem T-Shirt drauf, wenn die Erde den Mars überholt,dann ist die Entfernung mal klein und wenn man zu lange wartet,ist sie wieder riesig groß.Das ist die zweite Notwendigkeit, das dann so anzustellen, dass man zeitgleichan der Stelle in der Umlaufbahn auch ankommt. Nicht nur in derselben Ebene,sondern auch am selben Punkt.Und davon hat man früher eben so lange Zeit gebraucht, weil man die Bahnparameter,wenn man so ein Manöver gemacht hat, muss man dann erstmal genau nachmessen,wo sind wir jetzt angelangt.Und das ging eben nur über diesen Stationen, den Bodenstationen über Russland.Und dann hat man einmal gemessen, hat man Daten gehabt, dann hat man gewartet,bis die Kiste wieder über den Horizont kam.Nach anderthalb Stunden war das so, um die Messwerte nochmal zu überprüfen.Und wenn dann alles sich bestätigt hat, dann hat man gesagt,jetzt kommt wieder ein Manöver.Dazu wollte man aber auch wieder in Echtzeit dabei sein und beobachten,wie das Manöver abläuft. Das war dann der dritte Überflug über Russland.Wenn man den verpasst hat, hatte sich die Erde weitergedreht.Dann muss man wieder warten, bis man diese Konstellation von Neuem hatte.Und so kam es eben dazu, dass das in früheren Zeiten so viel Zeit kostete.Für die Besatzung eine Zumutung.Heutzutage machen die das in der Regel in sechs Stunden.
Tim Pritlove
Schauen Sie sich gerne Science-Fiction-Filme an?
Ulf Merbold
Nein, eigentlich nicht. Also ich habe ein paar gesehen, die mich auch wirklich amüsiert haben.Space Cowboys, das ist so ein richtig guter Film.
Tim Pritlove
Da funktioniert ja das mit dem Transport dann immer so hin, Tür auf, zack, bumm, rein und so.Was geht einem da durch den Kopf?
Ulf Merbold
Da geht einem durch den Kopf, dass die Fiktion die Gesetze der Physik ignorieren kann.Aber in der Realität geht das eben nicht.
Tim Pritlove
Und trotzdem ist Science Fiction wahrscheinlich auch schuld daran,dass wir das überhaupt alles so betreiben heutzutage.
Ulf Merbold
Also ich denke auch, also ich habe mir da auch Gedanken gemacht und bin daraufgekommen, dass solche Projekte wie Raumfahrt, also da gibt es die Visionäre,Jules Verne hat ein Buch geschrieben,Flug zum Mond oder was weiß ich, da spielt die Naturwissenschaft zunächst mal keine Rolle.Dann muss eine zweite Phase kommen, dann muss sich jemand hinsetzen und mitdem gespitzten Bleistift, mit den Formeln der Physik nachrechnen, ob das geht.Und das waren dann Tsiolkowski zum Beispiel und Hermann Obert.Dann kommt heraus, es ist machbar, die oder jene Probleme müssen gelöst werden.Und dazu braucht man als dritte Phase einen charismatischen Menschen.Und das war zum Beispiel Werner von Braun, der die Politiker überredet, dafür Geld zu geben.Und der war wahrscheinlich auch ein ziemlicher Opportunist. Der hat das Gelderstmal von der Reichswehr genommen, dann in Peenemünde, was weiß ich,welche Geldquellen das waren, am Ende von der amerikanischen Armee.Also da muss man vielleicht auch ein bisschen opportunistisch sein,egal wo es herkommt, wenn man dieses Ziel hat, die Grenzen zu verschieben.Auf jeden Fall denke ich, das sind so die klassischen Schritte.Einer muss erstmal den Traum formulieren, den Traum vom Fliegen,wie in der griechischen Mythologie oder schon bei anderen.Und dann muss jemand her und muss sich dazu Gedanken machen,wie man es tatsächlich mit den bekannten Gesetzen der Natur hinkriegen könnte.Und dann muss jemand tatsächlich, wie man so schön sagt, Butter bei den Fischen, muss es gemacht werden.
Tim Pritlove
Also wer, denken Sie, hat da so in der Science-Fiction-Literatur am akkuratestenin die Zukunft geblickt?
Ulf Merbold
Jules Verne hat das toll gemacht. Er hat ja beschrieben, man startet von Floridaaus, kommt zurück vom Mond, landet im Pazifischen Ozean.Das ist ja eigentlich am Ende so gekommen, passt. Er hat aber auch ein paarSachen nicht so richtig wiedergegeben.Er hat zum Beispiel gemeint, auf der Reise zum Mond gibt es nur einen Moment,wo die Gravitationskraft, die von der Erde ausgeht, von der des Mondes kompensiertwird und dann ist man schwerelos.Aber in Wahrheit ist man ja die ganzeReise hindurch schon schwerelos im Koordinatensystem des Raumschiffes.Weil man fliegt ja genauso schnell wie die Hülle. Und deswegen gibt es zwischendem, der drin ist und dem, was drumherum ist, ja keine Kraft.
Tim Pritlove
Ja, wie Douglas Adams das mal so schön beschrieben hat, Fliegen ist eine Kunstoder vielmehr ein Trick, der darin besteht, sich auf den Boden zu werfen, aber daneben.
Ulf Merbold
Können Sie mir das nochmal erklären?
Tim Pritlove
Ich habe das nicht verstanden. Fliegen ist sozusagen, sich auf den Boden zu werfen, aber daneben.Also das, was eigentlich die Raumschiffe die ganze Zeit machen,weil die fallen ja eigentlich auch die ganze Zeit auf die Erde,aber halt daneben, weil sie so schnell sind. Deswegen drehen sie sich die ganze Zeit.
Ulf Merbold
Genauso ist es. Der Flug in der Umlaufbahn ist ein freier Fall.Ich kann es ja so erklären, wenn Sie hier einen haben, der einen Stein wirft,dann fliegt der nach vorne durch die Anziehungskraft die von der Erde ausgeht,geht er nach unten und trifft den Boden.Wenn Sie einen haben, der besonders gut werfen kann, der wirft schneller,dann ist der Punkt, wo der Boden getroffen wird, weiter weg.Wenn Sie einen hätten, der mit 28.000 Stundenkilometer werfen könnte,dann würde dieser Stein nach unten gehen, aber weil die Erde gekrümmt ist,wird er nie unten ankommen.Und das ist genau die Situation, die man in der Oblaufbahn hat.Das ist praktisch ein freier Fall.
Tim Pritlove
Wir könnten jetzt noch stundenlang hier weiterreden. Ich würde aber gerne zumEnde noch mal so ein bisschen in die Zukunft blicken.Sie waren ja dann in der Folge auch für das Astronautenzentrum der ESA zuständig.Sie haben im Columbus-Modul der ISS mit dran gearbeitet oder mit das Projekt vorangetrieben.Waren also dann nach dieser Astronautenzeit auch hier aktiv sozusagen auch nochmalmit diesem Beruf weiterhin verbundenund auch an der Planung der Raumfahrt beteiligt in gewisser Hinsicht.Wenn Sie jetzt darauf schauen, wie sich das jetzt seitdem auch alles entwickelthat, wir haben jetzt die neuen Einflüsse mit vielen privaten Unternehmen,die ja auch dazu beitragen, die ja schon so die Landschaft ein wenig verändern,auch ein gewisses kommerzielles Interesse, was ja aufgestoßen wurde,jenseits dieser wissenschaftlichen Perspektive, die über viele Jahrzehnte das alles definiert hat.Was denken Sie, wo geht es hin oder wo würden Sie es gerne hingehend sehen?Was sind die eigentlichen Ziele, die vielleicht die Menschheit mit der Raumfahrtverwirklichen sollte, mal abgesehen von davon, wonach jetzt am meisten geschrien wird?
Ulf Merbold
Ja, Sie haben das Wichtige ja schon gesagt. Wir sind im Moment in einer Übergangsphase.Also selbst die ESA auf der letzten Ministerkonferenz hat dezidiert das Ziel formuliert,die Raumfahrt eben peu à peu in private Hände zu geben.Und das ist ja im Grunde auch naheliegend.Die Raumfahrt oder die Nutzung des Weltraums, sollte ich vielleicht ein bisschengenauer sagen, die ist ja heutzutage inhärenter Teil unseres täglichen Lebens.Also die genaue Navigation,also die wenigen wissen ja, dass wir Europäer mit Galileo ein Navigationssystem haben,besser als das amerikanische und die Nachrichtenübertragung mit Satelliten, die Seenotrettung,die Wetterprognosen, das Ganze setzt auf Raumfahrt, auf Satelliten.
Tim Pritlove
Internetversorgung.
Ulf Merbold
Internetversorgung. Und es ist ja völlig naheliegend,dass sich der Staat aus diesen Diensten jetzt zurückzieht und das eben privatenUnternehmen überlässt als Dienstleistung, die man dann bezahlt.Und möglicherweise kommt dann eben auch eine gewisse Konkurrenz auf.Vielleicht führt es dazu, dass damit auch die Kosten runtergehen.Aber es gibt trotzdem noch jede Menge andere Teile, die, glaube ich,vorerst jedenfalls bei staatlichen Agenturen bleiben.Also das James-Webb-Teleskop zum Beispiel, das jetzt das Hubble-Teleskop ablöstund viele ESA-Satelliten auch, die,führen zu Erkenntnissen, die nicht irgendwie Zinsen abwerfen in Form von Geld,nur zu Erkenntnissen führen.
Tim Pritlove
Was natürlich auch Zinsen abwirftin anderer Form, weil das ist ja die Grundlagenforschung letztendlich.
Ulf Merbold
Natürlich, ich finde, das ist auch das eigentlich Tolle.Ein Staat oder auch ein Individuum, der individuelle Mensch,der nur danach streben würde, wie kann ich aus viel Geld noch mehr Geld machen,Der würde ja die Geldvermehrung zum Selbstzweck machen.Das Geld hat aber erst einen Wert, wenn ich es nutze, um damit etwas zu tun,was mit Geld gar nicht bewertbar ist.Wissenschaftliche Erkenntnisse oder meinetwegen auch die Förderung der schönen Künste.Also insofern denke ich, ich komme nochmal auf die Max-Planck-Gesellschaften zurück.Die wenigsten Deutschen wissen ja, dass wir 82 Max-Planck-Institute haben.Dass wir uns leisten, einen bestimmten Prozentsatz des Steueraufkommens derWissenschaft zu überlassen, ohne ihnen abzuverlangen,dass sie das in Geld in irgendeiner Weise verzinsen müssen.Das finde ich, das ist eine kulturelle Leistung vom Feinsten.Und insofern glaube ich, in der Raumfahrt wird es auch dazu bleiben.Dabei bleiben das ein gewisser Teil eben da drin.In diese Kategorie fällt und dazu gehört in meinen Augen eben auch die Vision.Irgendwann das, was unsere Altförderer mit ihren Schiffen vollbracht haben,mit unseren Schiffen fortzusetzen.Und das würde in meinen Augen konkret bedeuten, irgendwann sollten wir zum Marsgehen, um mal zu gucken, wie es da oben aussieht.
Tim Pritlove
Also jetzt mit Menschen. Menschen, ja klar. Bei den Haas haben wir ja schoneinen Hubschrauber am Start.
Ulf Merbold
Das stimmt, aber ich komme mal auf diesen Punkt, diese Roboter,die produzieren Zahlen.Aber ich kann aus der eigenen Erfahrung ja nochmal wiederholen,wenn man dann mal sieht, wie dünn die Atmosphäre ist, dann wird einem erstmalklar, wie das wirklich ist.Und insofern denke ich, wenn ich zurückschaue in die Geschichte,möchte, diejenigen, die wohin gegangen sind, wo vorher noch keiner war.Nehmen wir mal Kolumbus.1492 ist er in westliche Richtung über den Atlantik, das Meer der Finsternis,Mare Terebrosum, wie es genannt wurde,aufgebrochen, um einen verkürzten Seeweg nach Indien zu suchen.Am Ende musste man das bis dato geltende Weltbild in die Tonne treten,weil plötzlich ein neuer Kontinententdeckt worden war. Und Ähnliches kann man natürlich auch sagen.Die Taucher, die Bergsteiger, Figuren wie Marco Polo, der aus China nach Italienzurückkam und berichten konnte,dass es dort ein hochentwickeltes Staatswesen gibt mit Verwaltung,mit Gesetzen, mit Porzellan, mit Hochtechnologie für seine Zeit,die Seide, Feuerwerk. Feuerwerk.Also man kann schon sagen.Die Erfahrung zeigt, dass wir oft die existierenden Vorstellungen korrigierenmussten, wenn jemand wohin ging, wo vorher noch keiner war.Und warum sollten wir jetzt am Beginn des 21.Jahrhunderts, wir haben das Viertel schon vorbei, sagen, wir wissen schon alles,wir gehen nicht mehr weiter.Was am Ende an neuen Einsichten, an neuen Erkenntnissen, vielleicht auch anneuen nutzbaren Technologien herauskommt.Das kann Ihnen ja keiner sagen, aber die historische Erfahrung zeigt,dass es in vielen Fällen eben zu neuen Erkenntnissen kam.Und interessanterweise, das ist fast philosophisch, war es oft so,dass der Mensch von seinem hohen Ross herabsteigen musste.Hat man früher die Erde als Nabel von allem verstanden, stellte sich dann heraus,nein, es ist einer von damals sechs bekannten Planeten und in Wahrheit ist die Sonne der Angelpunkt.Und insofern denke ich, das ist eine Herausforderung an der Welt.Notwendigerweise an mich, an die jetzt jungen Menschen, das zum Wagen und zumMars zu gehen und dort mal sich umzuschauen.Eine Frage, die ziemlich offen darlegt, ist die Frage, das Wasser,das es mit großer Sicherheit auf dem Mars mal gab, wo ist es jetzt?Wenn es da weggekommen ist, könnte das auf der Erde vielleicht auch passieren.Also solche Dinge, die stehen im Raum.Aber eines kann ich dazu auch noch sagen, rein technisch sollten wir das erstangehen, nachdem wir auf dem Mond eine Station haben und die betreiben.Und diese Kunstwelt, die man ja haben muss, um zu überleben,erst mal dort oben zu betreiben, um Betriebserfahrung zu sammeln.Wenn dort oben alles in sich zusammenbricht, die Stromversorgung ausfällt odersowas, dann kann man sich vom Mond innerhalb von zwei Tagen nach Hause retten.Wenn man aber auf dem Weg zum Nachbarplaneten Mars wäre, geht das nicht.Insofern, dieses ganze Lebenserhaltungssystem, das muss absolut robust und zuverlässig laufen.Sonst sollte man es erstmal nicht machen. Und das sind in meinen Augen die Dinge,die jetzt sozusagen die Visionen sind am Horizont.Und ich bin hundertprozentig sicher, es wird gemacht werden.Ich bin aber nicht hundertprozentig sicher, ob wir Deutschen am Ende dabei sind oder nicht.Denn mich frustriert unheimlich nach wie vor, dass wir Deutsche und ich müsstesagen die Europäer insgesamt versäumt haben.Dieses heute noch nicht genannte ATV,dieses Automated Transfer Vehicle, mit dem wir fünfmal die internationalen Raumstationenversorgt haben, mit Wasser, mit allem, was sie da oben brauchen.Das ist ja ungefähr dreimal so leistungsfähig wie die russische ProGas,die die Russen zur Versorgung seit Jahrzehnten einsetzen,hat fünfmal automatisch angedockt und das bestand aus zwei Kammern.Da hätte man einen geringen Aufwand treiben müssen, um diese eine Kammer rückkehrfähigzu machen und dann noch ein Lebenserhaltungssystem rein, hätten wir ein europäischesRaumschiff haben können.Aber die Europäer, das sind in meinen Augen, ich sage es jetzt mal ganz negativ,Verwalter, aber keine Gestalter.Da wartet einer auf den anderen und insofern ist diese Chance an uns vorbeigegangen.Die Amis haben die Shuttles ins Museum gefahren, dann haben die Russen,ich weiß nicht genau, sechs, sieben Jahre lang ein Monopol gehabt.Wer zur ISS wollte, der musste mit einer russischen Soyuz dorthin fliegen undauch mit einer zurückkommen.Und das ist so ein bisschen das, was mich eben so ein bisschen skeptisch stimmt,ob wir die Vision haben, dass wir unbedingt da mitspielen wollen.
Tim Pritlove
In Deutschland, wenn man Visionen hat, wird man ja zum Arzt geschickt,das ist so ein bisschen das Problem dabei.
Ulf Merbold
Stammt von Helmut Schmidt, naja gut.
Tim Pritlove
Ja, ich weiß nicht, es war keine gute Empfehlung, so glaube ich.Man sollte die Leute vielleicht dann auch eher mal in Charge setzen.Aber ich meine, das ATV ist ja jetzt in Form von der Orion, wird es ja in gewisserHinsicht in diese Rolle gebracht werden.
Ulf Merbold
Hat sich gelohnt.
Tim Pritlove
ATV war natürlich ja auch bei Raumzeit schon ein Thema.Also Artemis, jetzt die große neue Mondmission, die jetzt in den nächsten Jahrendann auch wirklich mal mal Personen wieder auf den Mond bringen soll.Das findet sozusagen ihren Zuspruch. Das lese ich jetzt mal so ein bisschen heraus.
Ulf Merbold
Unbedingt, unbedingt.
Tim Pritlove
Als erster Schritt hin zu einer Mondstation und was dann eben vielleicht dieBasis sein kann für so eine Mars-Mission.Aber das wird dann wahrscheinlich noch ein bisschen dauern, bis wir auf dem Mars landen.
Ulf Merbold
Ja klar, ich meine, das sollte man auch systematisch betreiben.Und das ist eben auch so ein bisschen das Handicap.Unsere, in diesem wundervollen demokratischen System, in dem wir leben dürfen,da ist eben ein Politiker erst in der Lage, was zu gestalten,nachdem er gewählt worden ist. Vorher kann er nichts machen.Und die Wahlzeit, das sind vier Jahre heutzutage, dann geht es wieder von vornelos, dann werden andere gewählt.Die sagen dann, was mein Vorgänger gemacht hat, ich will mich mit etwas Eigenemprofilieren. Das ist so ein bisschen das Dilemma.Also ein solches Projekt, das braucht einen langen Atem.Und ich kann nur sagen, wir sollten uns vielleicht an der Stelle von den Franzosenmal eine Scheibe abschneiden.In Frankreich war das große Thema autonomer Zugang zum Weltraum.Und hätten wir die Franzosen nicht gehabt, hätten wir die Ariane nicht so schnellgekriegt. Das war französisches Staatsziel.Egal ob Mitterrand, Giscard, wer immer Präsident in Frankreich war,Hollande, wie die alle der Reihe nach hießen, da gab es überhaupt kein Vertun,auch wenn die Partei gewechselt hat.An diesem Ziel haben die Franzosen festgehalten.Und das brauchen wir für eine solche Vision auch.Wenn das in die Landtagswahlkämpfe käme oder sowas, dann wird da nichts draus.
Tim Pritlove
Tja, gut, mehr bald.Jetzt haben wir aber das All schon wieder mal ganz gut durchkreuzt.Ich bedanke mich sehr für die Ausführungen.Ist noch was, was wir uns noch so mit auf den Weg geben möchten?
Ulf Merbold
Sie bringen mich hier in Schwierigkeiten. Also ich will die Gelegenheit benutzen,um mich bei Ihnen zu bedanken.Ich bin dreimal im Weltraum gewesen und das war für mich persönlich natürlicheine aufregende Phase meines Lebens.Aber ich denke mal, mit dem SpaceLab-Projekt, mit dem ich sozusagen viel Lebenszeitzugebracht habe, hat Europa auch hinzugewonnen.Ohne das Space Lab wären wir in meinen Augen nicht Partner an der ISS mit dem Columbus-Modul.Und die ISS hat eben den Nachteil nicht, dass nach zehn Tagen das Ding am Bodensein muss, sondern da kann man sehr viel länger und damit systematischer Wissenschaft betreiben.Und Sie waren als Steuerzahler daran beteiligt und dafür möchte ich mich bedanken.
Tim Pritlove
Super.Gut, dann bleibt mir eigentlich auch nicht mehr sehr viel mehr,als Ihnen zu danken, Herr Merwold und ich bedanke mich natürlich auch bei allen,die hier gekommen sind zu Raumzeit.Das war es dann für diese Ausgabe. Super, dass ihr alle dabei wart und wie immerhier geht es auch bald wieder mit irgendeinem anderen thema wieder weiter und.Ich sage tschüss und bis bald.

Shownotes

21.02.2024: Raumzeit Live auf der Bühne mit Ulf Merbold im Zeiss-Großplanetarium in Berlin

Nach langer, langer Zeit kehrt Raumzeit wieder zurück auf die Bühne und das wieder im Kuppelsaal des Zeiss-Großplanetarium in Berlin. Und da möchte ich natürlich nicht alleine herumsitzen sondern lade alle Hörerinnen und Hörer ein, an dem Abend teilzunehmen.

Das ganze findet am Mittwoch, den 21. Februar 2024 um 20 Uhr statt. Die Tickets für die Veranstaltung sind jetzt verfügbar. Sie sind allerdings auch sehr begrenzt, da die Kuppel nur ca. 300 Personen fasst. Der Eintritt beträgt 9,50 EUR (ermäßigt 7,50 EUR).

An dem Abend werde ich mich wie immer mit einem erfahrenen Gesprächspartner aus der Raumfahrt und/oder Wissenschaft unterhalten. In diesem Fall ist es kein geringerer als der ehemalige deutsche Astronaut und Leiter des Europäischen Astronautenzentrums Ulf Merbold.

Wir werden im Gespräch in die Frühzeit der Europäischen Raumfahrt eintauchen. Ein Thema, dass in den letzten Folgen von Raumzeit schon häufiger angeschnitten wurde aber hier aus einer sehr persönlichen Perspektive besprochen werden soll. Eine Reise in die Zeit der Space Shuttles, des SpaceLab und der Raumstation Mir.

Das Gespräch wird auf der Kuppel vom Team des Planetariums mit Visualisierungen begleitet und in den bequemen Sitzen des Planetariums wird Euch der Podcast wohl noch nie so nahe gekommen sein wie dort 🙂

Ich freue mich sehr auf Euch. Vor und nach der Veranstaltung gibt es sicherlich auch noch Möglichkeit eines kurzen Kennenlernens. Wenn ihr möchtet kommt entsprechend früher vorbei.

RZ119 Das Ariane-Raketenprogramm

Ein Rückblick auf die Geschichte der Ariane-Raketen und ein Ausblick auf die Ariane 6

Nach einem rumpeligen Start mit der "Europa"-Rakete haben sich die führenden europäischen Techniknationen in den 1970er Jahren erfolgreich in dem Ariane-Raketenprogramm zusammengefunden, was dann auch schnell zur Mitgift bei der Gründung der ESA wurde. Besonders die Ariane 5 war dann lange Zeit eine der erfolgreichsten und zuverlässigsten Raketensysteme der Welt. Jetzt ist die letzte Ariane 5 gestartet und in diesem Jahr wird mit dem Jungfernflug der neuen Ariane 6 gerechnet.

Dauer:
Aufnahme:

Denis Regenbrecht
Denis Regenbrecht

Ich spreche mit Denis Regenbrecht, Gruppenleiter für den Bereich Ariane in der Abteilung Operationelle Träger und Infrastruktur beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Wir sprechen über den Beginn der Europäischen Zusammenarbeit, die Entwicklung der ersten Ariane-Raketen, den erfolgreichen Lauf der Ariane 5, was von der Ariane 6 zu erwarten ist und unter welchen Bedingungen auch Europa die Wiederverwendbarkeit von Raketenstufen angehen wird.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Pritlove und ich begrüße alle zur 119.Ausgabe von Raumzeit.Und ich habe mal ein bisschen nachgeblättert, wir gehen jetzt hier irgendwie schon ins 13. Jahr.Die Sendung gibt es schon eine Weile. Und ja, gute Gelegenheit mal eine Sendungzu machen, wo es auch darum geht, ein wenig in die Vergangenheit zu schauen,aber auch in die Zukunft,denn heute bin ich nach Bonn gefahren zur Raumfahrtagentur des DLR und ja,ich begrüße erstmal meinen Gesprächspartner für heute, Dennis Regenbrecht. Hallo Dennis.
Denis Regenbrecht
Schönen guten Morgen Tim.
Tim Pritlove
Ja, die Raumfahrtagentur, die benennt sich auch ab und zu mal ein bisschen um, oder?
Denis Regenbrecht
Ja, wir haben schon einige Namen hinter uns.
Tim Pritlove
Was denn so?
Denis Regenbrecht
Also ganz früher gab es mal die Deutsche Agentur für Raumfahrtangelegenheiten,das waren die 90er Jahre, da waren wir tatsächlich nicht Teil des DLRs.Dann wurden wir mit dem DLR-Verein namt, dann hießen wir auch Raumfahrtagentur im DLR,dann wurde es als Raumfahrtmanagement umbezeichnet und jetzt sind wir wiederseit, ich weiß gar nicht, seit wie vielen Jahren, zwei oder drei,wieder Raumfahrtagentur.Also Namen, ja okay, sind Schall und Rauch.Die Aufgaben und die Arbeiten, die wir hier machen, die haben sich nicht verändert.Also das ist eigentlich immer noch genau dasselbe wie früher.
Tim Pritlove
Okay, gut. Bevor wir dann dazu vielleicht kommen, starten wir doch vielleicht mal mit dir.Aber um es vielleicht nochmal gesagt zu haben, wir wollen heute sprechen überdie Ariane, über das Raketenprogramm Ariane, mit dem Still Air eine ganze Menge zu tun hat.Aber es ist natürlich, wie alle wissen, ein gesamteuropäischer Kraftakt,dieses Projekt seit Jahrzehnten voranzutreiben und da tut sich ja nun demnächst auch sehr viel.Wie bist du denn dazu gekommen?
Denis Regenbrecht
Also wenn ich ganz zurückblicke, muss ich sagen, also ich habe mich als Kindimmer schon für Raumfahrt und gerade für Raketen begeistert.Ich meine, also wirklich als Kind schon in der Schule und ich habe mich dannauch entschlossen, später, als ich Abitur gemacht hatte, Luft- und Raumfahrttechnikzu studieren und habe das dann auch getan.Allerdings bei der Bundeswehr. Ich bin zwölf Jahre Offizier bei der Luftwaffe gewesen,habe dann bei der Bundeswehr Uni Luft- und Raumfahrttechnik studiert und nachzwölf Jahren, als dann meine Soldat auf Zeit abgelaufen war,habe ich mich umgeschaut und dann war passenderweise, 2009 war das,eine Stelle in der Raumfahrtagentur im Bereich Raketen frei geworden oder war ausgeschrieben.Und da habe ich mir gedacht, okay, ich habe damals in Köln gewohnt,das ist in Bonn, das ist noch viel besser, kannst im Rheinland bleiben,ist ein geiler Job, bewirbst du dich drauf und dann wurde ich genommen.
Tim Pritlove
Was hast du bei der Bundeswehr gemacht?
Denis Regenbrecht
Ich war in den letzten Jahren, in den letzten vier Jahren, war ich bei der technischenBetreuung Eurofighter in dem, was damals Waffensystemkommando hieß,also technische Nutzerbetreuung, sage ich jetzt mal.Und die Jahre vorher, wie das bei der Bundeswehr so üblich ist,ist man so als Offizier alle zwei, drei Jahre ohnehin woanders.Also ich war im Geschwader und in Amtstätigkeiten und wie gesagt,die letzten Jahre halt Eurofighter auch als, ja, also Erfahrung gesammelt,würde ich jetzt mal sagen, für die Ariane in europäischen Großprojekten.Also das hat mir sicherlich nicht geschadet, da auch mit internationalen Partnern umgehen zu können.
Tim Pritlove
Aber womit warst du damit beschäftigt? Also du bist jetzt nicht geflogen? Nein.
Denis Regenbrecht
Ich bin nicht geflogen. Ich bin technischer Offizier. Das heißt,ich bin dafür für die Technik verantwortlich.Und in den Jahren, wo ich in dem Waffensystemkommando der Bundeswehr war,bei der Luftwaffe, war ich spezifisch für die Antriebsanlage im Eurofighter.Also alles, was auch zum Triebwerk gehört und drumherum verantwortlich.
Tim Pritlove
Also du warst eh schon im Raketenbusiness sozusagen. Ja.
Denis Regenbrecht
Ich habe auch Raumfahrttechnik vertieft und Raketen waren immer das, was ich machen wollte.Deswegen ist es eigentlich richtig cool, dass es von den Kindesgedanken an ichjetzt mit Mitte 40 immer noch in der Lage bin, das zu machen.
Tim Pritlove
Okay, beneidenswert. Ja, dann bist du bei der Raumfahrtagentur gelandet.Was ist hier dein offizieller Titel oder Aufgabenbeschreibung?
Denis Regenbrecht
Ich bin dann, wie gesagt 2009 habe ich da angefangen, zwischendurch bin ichdann auch mal aufgestiegen und so.Was ich jetzt mache ist, ich bin Gruppenleiter und verantwortlich für den BereichAriane, operationelle Träger und Infrastruktur.Ist ein langer Name, ist ein langer Titel, ist aber faktisch alles,was raketentechnisch fliegt und bald fliegt.Also ich habe noch einen Kollegen, der ist auf meiner selben Ebene,der ist für die ganzen Zukunftstätigkeiten verantwortlich und ich bin letztenEndes verantwortlich für die großen Raketen, die schon fliegen oder bald fliegen.Also alles, was Ariane ist und was als Infrastruktur und drumherum dazu gehört.
Tim Pritlove
Und ist das so der primäre Kontaktpunkt Deutschlands zu dem Ariane-Projekt?
Denis Regenbrecht
Kann man so sagen. Also das ist in Europa ja alles ein bisschen,sag ich jetzt mal, schwieriger aufgebaut mit nicht so klaren Linien,sondern das ist mehr so eine Art Netz.Also wir, ich sag immer, wir sind so die Spinne im Netz.Also wir sind auf der einen Seite Kontakt für die Industrie,wir sind aber auch sozusagen der Einflusspunkt gegenüber der ESA,aber gleichzeitig sind wir auch Dienstleister für das Ministerium.Also Raumfahrt wird in Deutschland vom Wirtschaftsministerium durchgeführt undwir sind als Agentur de facto eine nachgeordnete Behörde.Wir sind es nicht der Jure, aber was wir machen ist eigentlich etwas,was man auch als Raumfahrtbundesamt bezeichnen könnte.Gibt es nicht, aber das was wir machen, wir sind also eine, es gibt da so ein,das ist ein geiles deutsches Wort, ein spezielles Gesetz,das nennt sich Raumfahrtaufgabenübertragungsgesetz, setzt, womit wir sozusagendas Mandat haben für Deutschland in der Außenwahrnehmung in Raumfahrtsachen,zu handeln. Und damit sind wir sozusagen de facto sowas wie eine Art Behörde,auch wenn wir als Teil des DLRs eigentlich ein eingetragener Verein sind.
Tim Pritlove
Okay, aber dann trifft ja der Name Agentur die Aufgabe eigentlich dann dochschon sehr gut. Also ihr seid sozusagen so die Raumfahrtagenten.
Denis Regenbrecht
Und wir vertreten dann halt auch die deutschen Interessen in der ESA.Also ich bin nicht nur der Gruppenleiter hier, sondern ich bin auch ein Delegierterin den ESA-Programmrat, in dem Raumtransportaktivitäten besprochen.
Tim Pritlove
Mhm, okay. Also schon ein vielfältiges Aufgabengebiet, das sich hier kümmernmuss. Wie groß ist so der Technikanteil dann im Verhältnis zur Bürokratie?
Denis Regenbrecht
Also bei mir ist der Technikanteil überschaubar. Also in der Position,in der ich angefangen hatte, war es noch viel mehr.Aber das, was ich mache, ist wirklich tatsächlich viel mehr Politik und Industriepolitik,aber auch schauen, dass die Programme auch mit den internationalen Partnerngemeinsam aufgestellt werden können.Also das ist eher diplomatisch Politik und weniger, oh das Triebwerk funktioniertnicht, was können wir da tun.Also dafür gibt es halt dann auch die Leute in meinem Team.
Tim Pritlove
Aber es hat jetzt nicht geschadet, dass du schon mal mit dem Schraubenschlüsselam Triebwerk rumgefummelt hast?
Denis Regenbrecht
Nee, und das ist halt auch bei uns Einstellungsvoraussetzung.Also auch wenn das eine politische Geschichte hier ist und eine administrativeGeschichte, aber man muss halt auch wissen, dass einem die Partner nicht Quatsch erzählen.Und als Ingenieur oder Physiker oder jemand anderes, der studiert hat,also man braucht schon einen guten Bullshit-Detektor und das kommt halt nur,indem man da auch mal gearbeitet hat und da die Erfahrung hat. Und.
Tim Pritlove
Ich glaube, das geht auch in die andere Richtung, dass auch die Ingenieure sichjetzt einfach von Leuten, die irgendwie keine Ahnung haben von der Materie,jetzt auch nicht so gerne was sagen lassen.Das ist schon so ein Ding, ich meine, das hat man ja ganz klassisch eigentlichso in der Wirtschaft oft so. so.Man wird so lange befördert, bis man nichts mehr bewirken kann und Inkompetenzhilft da auf jeden Fall schon mal.Den Eindruck habe ich so in der Raumfahrt nie so richtig gewonnen,sondern es ist eigentlich,auch wichtigere administrative und politische Posten sind oft mit Leuten besetzt,die sehr viel Erfahrung haben, die als Astronauten gearbeitet haben,die irgendwie lange Zeit auch hands-on an den Projekten und an den Missionen mitgearbeitet haben.Einfach, weil es offensichtlich auch erforderlich ist, das zu haben?
Denis Regenbrecht
Ich würde schon sagen, also wenn man sich jetzt die Hierarchie-Ebenen anguckt.Ob jetzt bei Ariane Group oder bei anderen Firmen, auch OHB,um jetzt nur Beispiele zu nennen, es ist schon so, dass auch auf den Führungsebenenund auch als CEO teilweise Leute sind, die tatsächlich auch früher mal Projektegemacht haben und wissen, wie das funktioniert.Und das ist, glaube ich, wie du schon gesagt hast.Für das Eigenverständnis wichtig, aber auch die Akzeptanz der Ingenieure oderder Mechaniker unten am Boden, in der Line.Und natürlich mit einem gewissen Abstand entwickelt man natürlich auch andere Gedanken,das ist auch klar, aber am Ende des Tages ist es immer noch gut,seine Ingenieursfähigkeit im Kopf zu haben.Und wie gesagt, das sieht man noch bei Airbus in den Führungsstrukturen.Und das ist aber glaube ich wiederum was, was in Deutschland noch stärker vertretenist als vielleicht vergleichsweise in Frankreich.Also da hat man schon ab einem bestimmten Level so die, sage ich jetzt mal,Grand-École-Überflieger in Anführungsstrichen, die natürlich auch mal was Technischesvielleicht gelernt haben, wenn sie auf der richtigen Grand-École waren.Die aber schon von Anfang an klar wissen, okay, bei uns geht es ins obere Management.Und da ist dann auch so tatsächlich so ein gewisser kultureller Unterschiedda zwischen wie Deutschland managt und wie Frankreich managt,was gerade auch bei Ariane durchaus hin und wieder mal zu Reibungs,also nicht Verlusten, aber Reibungsbomben führen kann.
Tim Pritlove
Ja gut, ich meine, das macht ja die Isar auch aus, dass einfach die unterschiedlichstenKulturen da zusammenkommen.Das mag manchmal ein Problem sein, aber es ist sicherlich an vielen Stellen auch ganz hilfreich.
Denis Regenbrecht
Ja, also Monokulturen sind immer schädlich, finde ich.Und je internationaler und je breiter man aufgestellt ist, desto mehr Ideenhaben auch die Chance verwirklicht zu werden.Und das ist eigentlich auch das Schöne. Ich finde das geil,in so einem multinationalen, kooperativen System unterwegs zu sein,weil das ist eigentlich das, was Europa auszeichnet, meiner Meinung nach.Und Ariane ist da auch ein ganz gutes Beispiel. Ich habe immer,wenn ich da Vorträge vor interessierten Laien halte, habe ich da auch immermal ein schönes Beispiel,dass Teile der Produktionsanlagen, in denen in Deutschland Ariane-Teile hergestelltwerden, in Bremen und in Frankreich, in die Myrona, nähe von Paris,dass die beide eine Historie haben aus dem Zweiten Weltkrieg,dass in diesen Hallen früher Flugzeuge gebaut wurden,die sich gegenseitig bekämpft haben und das sind jetzt dieselben Hallen,wo wir gemeinsam europäische Zukunft bauen und das ist, finde ich irgendwiepersönlich ein schönes Zeichen, gerade in der heutigen Zeit.
Tim Pritlove
Ja, die ESA, wie so viele Europaprojekte, sind eigentlich im Kern Friedensprojekteund von daher fühle ich das auch besser, wie sich das jetzt mittlerweile so entwickelt hat.Mal gucken, wann man mit dem Rest der Welt dann nochmal auf ein ähnliches Footing kommt.Ja, aber das gibt uns im Prinzip schon mal den richtigen Einstieg,denn das ganze ESA oder sagen wir mal das ganze europäische Raumfahrtprojekt, das ist ja nicht nur ESA,sondern das sind ja auch viele nationale Sachen, das ist auch die private Wirtschaft, die da dran hängt.All das ist ja im Prinzip auch ein Kind der Nachkriegsordnung und der Erkenntnis,dass es dann vielleicht doch für alle ein bisschen besser ist,wenn man sich nicht die ganze Zeit mit Raketen beschießt, sondern vielleichtdie halt mal woanders hinschickt.Das ist definitiv der bessere Weg.Ich hatte hier in Raumzeit 98 mich mit Helmut Trischler unterhalten.Da haben wir diese ganze Geschichte auch schon mal aufgerollt und da kam natürlichdann auch schon die frühe Ariane-Geschichte so zum Tragen, weil sie auch soeiner der Schlüsselmomente eigentlich ist, der europäischen Raumfahrt.Springen wir da vielleicht dann doch nochmal hin und das vielleicht auch nochmit einem etwas technischeren Blick da drauf.Es gab ja diese Europa-Rakete, die gebaut werden sollte.Das war im Prinzip ja auch so ein bisschen der Katalysator, so ein bisschen dieser Beginn.Wir können keine Raumfahrt machen, wenn wir nicht in der Lage sind,irgendwas nach oben zu schicken.Die Amerikaner und die Russen waren europaweit enteilt und das,obwohl ja im Prinzip das alles mehr oder weniger auch aus Europa ursprünglichmal kam, Wenn auch unter anderem Vorzeichen.Wie war der Weg so aus deiner Perspektive, bis es dann zu diesem Ariane-Projekt kam?
Denis Regenbrecht
Steinig. Also ich meine, du hast ja die Europa-Rakete angesprochen und das warja der erste Versuch schon Mitte der 60er Jahre, gemeinschaftlich europäischwas auf die Beine zu stellen.Es gab vorher schon Aktivitäten von UK, von Frankreich, national Raketen zu entwickeln.Aber die Europa-Rakete und die dazugehörige Organisation, die ELDO,die European Launchers Development Organization,die waren der erste Versuch, gemeinsam was auf die Beine zu stellen,was von der Idee her auch ganz gut war, von der Umsetzung.Nicht ganz erfolgreich, wenn man das so sagen will.Die Probleme, die man hatte, man hatte einige Fehlstarts in Folge und hat dasdann aufgegeben, aber die Grundproblematik war weniger das technische Unvermögen,Kinderkrankheiten gibt es immer, sondern das war eher die Art und Weise,wie das Projekt managementmäßig aufgesetzt wurde.Also heutzutage gibt es ja System Engineering und wie man Requirements durchreichtund diese ganzen Geschichten, wie das funktioniert,das gab es damals in dieser Art eigentlich fast noch nicht und deswegen wurdemehr oder weniger die, also ich vereinfache jetzt,also alle die sich ein bisschen genau damit auskennen, bitte ich das zu entschuldigen,wenn es jetzt zu vereinfacht ist, Aber die Raketenteile, die wurden so ein bisschenverteilt wie so Lego-Bausteine.Die Unterstufe, da hat man was genutzt, was die Briten schon hatten aus einerinterkonditionellen Teilrakete.Dann hatten die Franzosen da was zusammengenommen, auch aus schon vorhandenen Raketenteilen.Und die Deutschen, die sollten die Oberstufe machen und ich glaube,die Italiener waren es, die sollten die Faring machen und dann hat man das dannentwickelt und hat sich dann, also übertrieben gesagt,irgendwann irgendwo getroffen, hat das zusammengeschraubt und hat gehofft,dass das alles zusammen funktioniert.Aber so eine Art, ich sage jetzt mal, Werner von Braun oder Sergej Koroljovoder so eine Art übergeordnete Projektorganisation, die wirklich dafür sorgt, dass auch wirklich.Kohärent zusammenpasst, die war eher unterdimensioniert und daher kam das dann auch.
Tim Pritlove
Wahrscheinlich auch so ein bisschen so ein Zeichen auch für das noch nicht wirklichhergestellte Vertrauen zwischen den Ländern und den Kulturen zu Beginn dieses ganzen Projektes.
Denis Regenbrecht
Man muss dazu sagen, das war Mitte der 60er Jahre, das war 20 Jahre nach demEnde des Zweiten Weltkrieges.Die Deutschen haben mitgemacht, dass die überhaupt mal wieder irgendwas bauendurften, was irgendwie irgendwo hinfliegt.Also das war auch ein Punkt, warum Deutschland die Oberstufe bekommen hat.Man hat gesagt, die dürfen alles machen, oder dürfen nicht alles machen,aber auf keinen Fall eine Unterstufe, die man später als Interkontinentalrakete nutzen kann.Also Oberstufen, die nur dann funktionieren, wenn wir die irgendwie mit anderenSachen nach oben kriegen, alles gut, da können sie keinem mit beschießen,aber alles andere so vorsichtig. Richtig.Und das war wirklich der Grund, wie das damals aufgeteilt wurde.Und interessanterweise diese Oberstufengeschichte, das ist das,also Deutschland ist heutzutage immer noch in Europa das Oberstufenland.Das kommt daher, das ist eigentlich auch strange. strange.Und ja, also das Vertrauen war vielleicht noch nicht da.Und wie gesagt, die Prozesse, die waren halt auch noch nicht so in so einerArt kooperativen Art und Weise.Also diese ganzen Großvorhaben, die gingen ja damals erst los.Also ZERN wurde ja auch nach dem Krieg gegründet. Also diese ganze Art,wie man europäisch zusammenarbeitet, das musste sich ja auch erst in irgendeinerArt und Weise entwickeln.Und hat sich dann da halt halt am Ende des Tages nicht so ganz positiv entwickelt.Nach ein paar Jahren hat Frankreich gesagt, das ist jetzt irgendwie alles nicht so gut.Und am Ende des Tages wurde das dann Anfang der 70er Jahre abgebrochen.Und interessanterweise kam dann Frankreich, hat gesagt, okay, wir.Europäische Kooperation ist gut, wir brauchen so eine Rakete.Mit Europa hat es nicht geklappt, weil was daran lag, dass es keinen,sage ich jetzt mal, jemanden gab, der die Peitsche und das Zuckerbrot in der Hand hatte.Wir brauchen so eine Organisation, wo einer das Sagen hat und wir sind bereit, derjenige zu sein.Wir haben ja auch schon mal was vorbereitet, Schublade aufgemacht und dann hatteFrankreich tatsächlich ein Konzept, nicht in der Schublade, das hatten die natürlichnational im Kness schon einige Jahre oder einige Monate vorbereitet.Jetzt muss ich gerade mal überlegen, ob ich die Reihenfolge der Buchstaben richtig bekomme.Genau, das war LSE. Das war der Lanceur Substitution Europa.Also der Ersatzträger von Europa, der Europa-Rakete.Und aus diesem LSE wurde ganz schnell die Ariane.Und der Ansatz war dann damals tatsächlich, CNES hat gesagt,wir machen das jetzt. jetzt, wir sind bereit, es europäisch zu machen,aber wir haben den Hut auf und wer mitmachen kann, kann mitmachen.Das Gesamtmanagement wird bei uns sein, beim KNESS und wir sagen, wo es lang geht.Und dann haben einige Länder, die bei dieser Europa-Raketengeschichte mit dabeiwaren, gesagt, okay, wir lassen uns nochmal auf den Versuch drauf ankommen,machen da mit, Deutschland unter anderem.Die Briten haben gesagt, nee, unter den Franzosen nicht.Natürlich war das nicht der Grund, aber nicht der offizielle Grund,den sie auch vorgeschoben haben, aber natürlich war klar, UK macht das ganzbestimmt nicht mit Frankreich mit Hulauf.Und dann hat man tatsächlich 1972 mit dem Ariane-Programm begonnen,was sozusagen aus diesen Trümmern des Europa-Raketen-Programms sozusagen entstanden ist.Und das ist interessant zu sehen, weil 1972, das ist drei Jahre vor Gründung der ESA.Die ESA Esan wurde 1975 gegründet und das Ariane-Programm begann schon 1972 unter Kness-Ägide.Und als die Esa gegründet wurde, wurde sozusagen die Ariane,die damals noch nicht eins hieß, weil es gab nur noch eine,die Ariane sozusagen mit so als Hochzeitsmitgift bei der Gründung der Esa,weil die Esa entstand aus der alten Eldo und der.ESRO, das war die European Space Research Organization, wurde die sozusagenneu gegründet, wurde das Ariane-Programm sozusagen so als Mitgift für die Gründung mitgegeben.Allerdings unter der Prämisse des CNES, dass es zwar ein ESA-Programm sein darfund kann, aber das Projektmanagement tatsächlich weiterhin vom CNES durchgeführtwird. Und das blieb auch so bis 2003.Also obwohl es immer ein ESA-Programm war und die ESA sozusagen das Geld derTeilnehmerstaaten eingesammelt hat,war die Programmkoordinierung unddie Programmsteuerung der Ariane 1 bis 5 tatsächlich immer in Kness-Hand.
Tim Pritlove
Also CNES muss man sagen, Zentrum für Weltraumforschung in Frankreich,also quasi so ein bisschen das Äquivalent des DLR, ein bisschen anders aufgestellt,aber im Prinzip genau das, es gibt ja immer die nationalen Organisationen, genau. Ja.
Denis Regenbrecht
Genau. Und das ist halt auch ein Grund, warum Frankreich immer noch viel stärkerist in den Bereichen, als wir es zum Beispiel sind.Und es war damals schon so, am Ende, also bei Ariane 1 war es noch stärker,aber heutzutage ist es so, dass man immer sagen kann, Frankreich hat ungefährdie Hälfte Entwicklungs-, Finanzierungs- und Produktionsanteil an Ariane undDeutschland immer so um die 20 Prozent, so als Grobanheit.Und wie gesagt, das Programm wurde 1972 beschlossen und der Erstflug fand 1979 statt, am 24.12.Also relativ zügig.Also diese Entwicklungszeiten kriegt man heute nicht mehr hin.Und die kriegt auch ein Elon Musk mit SpaceX nicht hin. Das hat bei Falke 9 auch länger gedauert.Also das ist schon so, dass man damals schon auch anders gearbeitet hat.
Tim Pritlove
Anders inwiefern?
Denis Regenbrecht
Das ist jetzt eine persönliche Meinung von mir, das ist jetzt keine irgendwie... Ich glaube...Also es wurde damals auch schon sehr viele Dokumente geschrieben und es wurdenTrade-offs gemacht und es wurden Justification-Files geschrieben und sowas.Aber ich glaube, dass damals, und das ist auch etwas,wo ich der Meinung bin, was die ganzen Newspace und die Start-up-Firmen undOrganisationen auch zu nutzen wissen, man war damals noch mehr in den Kinderschuhen.Und diese ultra-hierarchischen Systeme, ob das jetzt bei der NASA ist oder beiAriane Group, bei Airbus oder auch bei Lockheed oder bei Boeing,die hatten doch gar nicht die Möglichkeit,sich so zu verhärten.Und das war auch noch eine Zeit, da hat dann glaube ich der Chefingenieur einfachseinen Leuten geglaubt, wenn die gesagt haben, das funktioniert.Dann mussten die nicht noch 200 Seiten Dokument schreiben, wo genau drinsteht,ja es funktioniert wirklich.Und dieses Vertrauen den eigenen Leuten gegenüber und auch irgendwie die kurzenWege und vielleicht Hierarchien, die nicht irgendwie x-Ebenen haben,sondern vielleicht nur zwei oder drei, was wie gesagt die Startups auch machen,das war damals auch dann in dieser Welt noch so.Und ich glaube, das ist auch ein Element, wie man schneller und agiler sein kann.Und wie gesagt, das ist damals, glaube ich, schon vergleichbar gelaufen wiedann mit SpaceX oder bei den anderen Startups heute auch.Also das ist jetzt nichts komplett Neues.
Tim Pritlove
Klar, ich meine, wenn alles noch...Unklar ist, wie man überhaupt geht, dann hat man natürlich auch in gewisserHinsicht die Freiheit, mal in jede Richtung zu forschen.In dem Moment, wo sich irgendeine Technik etabliert hat, wo sich irgendeinebürokratische oder wirtschaftliche Struktur gebildet hat, die dann auch betütteltwerden möchte, dann wird es natürlich dann nicht mehr ganz so einfach.Aber naja, geht ja trotzdem noch irgendwie weiter. Aber so begann dann das Ariane-Programm,du hast es schon gesagt, 1979 startete dann die Ariane 1 das erste Mal.Wie viel hat da funktioniert von dem, was man vorhatte?
Denis Regenbrecht
Ziemlich viel. Also die Ariane 1,die war Erstflug und erfolgreich und die wurde damals ja nicht entwickelt,um irgendwie irgendeinen Markt zu bedienen, sondern die wurde entwickelt,damit europäische institutionelle Nutzlasten gestartet werden können.Forschungssatelliten, Metasatelliten und so weiter.Und das kam aber genau in dem Zeitraum, wo dann das amerikanische Space Shuttlenicht das liefern konnte, was es versprochen hatte.Also ursprünglich war ja der Plan der Amerikaner, wir schaffen alle Raketenab und starten alles mit dem Space Shuttle und die Startkadenzen,die immer geplant waren,die konnten nicht erfüllt werden und deswegen gab es immer noch einen großenBedarf, über das Space Shuttle hinaus Startdienstleistungen anzubieten.Und zeitgleich kam es dann auch, dass dann viel mehr Bedarf war zu starten,auch gerade bei der sich dann auftuenden kommerziellen Telekommunikationsfirmen.Und Ariane kam dann tatsächlich genau in so einem goldenen Moment als kommerziellerAnbieter auf dem Markt. Und das ist auch wieder so ein Element.Also ich sage immer, der erste Raketen-Startup war eigentlich Ariane.Die tatsächlich die ersten richtigen waren, die dann auch auf dem kommerziellenMarkt, das ist auch so ein Element, also einen richtig kommerziellen Startdienstemarktgibt es eigentlich auch nur so semi.Das ist jetzt nicht so, wie wenn man ein Auto kauft, das muss man auch ganzehrlich sagen und noch nicht mal so, wie man ein Flugzeug kauft.Das ist schon nicht so wirklich ein Markt im Adam Smithischen Sinne.
Tim Pritlove
Aber es gibt schon Angebot und Nachfrage.
Denis Regenbrecht
Es gibt schon Angebot und Nachfrage, aber es ist nicht so, dass das in irgendeinerArt und Weise so funktioniert.Die Preisbildung funktioniert nicht so wie im klassischen wirtschaftlichen.Aber okay, das noch am Rande. Aber Ariane kam zum richtigen Zeitpunkt und inden 80ern und 90er Jahren wurden die Arianes 1 bis 4,also 1 bis 4, zwischen 1 und Ariane 4 gibt es technisch keine großen Unterschiede,da wurden immer bloß ein bisschen die Triebwerke verbessert und die Tanks größergemacht, deswegen subsumiere ich die jetzt mal einfach unter einem Ding,die wurden verkauft wie warme Semmel.Also die konnten gar nicht so viele herstellen, wie eigentlich Bedarf war.
Tim Pritlove
Ich meine, zu dem Zeitpunkt war ja im Prinzip die Raumfahrt auch so ein bisschenseiner initialen Explorationsphase und der ersten Begeisterung so ein bisschen entwachsen.Also man hatte halt so, klar...Erste Experimente, dann natürlich die Mondlandung als das große Ziel und danachmerkte man schon, da war dann aber auch so ein bisschen die Luft raus.Die Amerikaner konnten sich dann für weitere Mondlandungen nicht mehr so richtig begeistern.Man suchte sozusagen nach einer neuen Aufgabe, aber dann auch so im Rausch derMöglichkeiten und des Science-Fiction-Wahns ist man dann eben quasi diesem Wegder wiederverwendbaren Raumfahrzeuge gefolgt,was ja an sich auch irgendwo funktioniert hat.Und es gab ja auch zahlreiche Projekte, wo man sagen kann, okay,da sieht man auch, dass das im Prinzip jetzt nicht so eine doofe Idee war.Stichwort Hubble, man setzt es aus, dann funktioniert was nicht,dann fliegt man nochmal hin, dann repariert man das.Das sind ja alles so Sachen, die ohne das Space Shuttle jetzt auch gar nichtso möglich gewesen wären. Nur war eben der Aufwand, um dann das zu maintainen, viel zu groß.Also finanziell, technisch und dann mit der Challenger-Katastrophe etc.Merkte man dann auch, okay, die Komplexität ist nicht mehr so beherrschbar.Und diese Wiedergeburt sozusagen der klassischen Rakete, also im Sinne Wiedergeburtinnerhalb des Systems, welchen Wert die Rakete an sich darstellt.Genau da kam dann im Prinzip Europa und hat gesagt, so eine Rakete haben wirhier, haben wir jetzt mal lange genug drüber nachgedacht.Gucke mal, scheint auch ganz gut zu funktionieren und passte auch von der Größe,wenn ich das richtig sehe,genau für diese neuen Anwendungen, weil man jetzt gemerkt hat,okay, jetzt wollen wir nicht mehr die großen politischen Durchbrüche feiern,sondern jetzt gibt es auch Nutzen.Jetzt brauchen wir Satelliten, jetzt wollen wir uns irgendwie die Welt von oben anschauen.Wissenschaft ist jetzt nicht nur so eine Vorstellung, sondern tatsächlich eine Primäranwendung.Und da war im Prinzip das Ariane-Programm genau zum richtigen Zeitpunkt am Start.
Denis Regenbrecht
Absolut, absolut. Absolut.Wie ich gesagt habe, man kam genau zum richtigen Zeitpunkt da an, wo der Bedarf da war.Das war jetzt nicht in irgendeiner Art und Weise von langer Hand geplant,sondern das war tatsächlich Glück, muss man so sagen.Und die Frage ist jetzt, ob dieses Glück im Nachhinein … Also dieses Glück hatnatürlich die Ausrichtung der Ariane-Welt auch relativ stark mehr oder weniger bestimmt.Also ich hatte am Anfang gesagt, eigentlich wurde die Ariane entwickelt,um institutionelle Nutzlasten zu starten.Und das ist immer noch mehr oder weniger der Grund, warum wir eigentlich europäischSteuergeld ausgeben, um eine Rakete zu entwickeln.Es geht darum, dass man nur souverän im Weltall agieren kann,wenn man souverän in den Weltall kommt. Und dazu braucht man eine eigene Rakete.Da will ich nochmal ganz kurz in das Jahr 72 zurück, als wir noch keine eigene Rakete hatten.Ich weiß nicht, ein paar Zuhörer haben wahrscheinlich die Symphonie-Geschichte schon kennen.Das war ein Telekommunikationssatellit, eine Kooperation aus Deutschland undFrankreich, der 1972 hätte gestartet werden sollen.Und das wäre mehr oder weniger so der Vorläufer des ersten drei Achsen stabilisiertenTelekommunikationssatelliten, wie man ihn heute kennt.Früher gab es diese ganzen Tonnen immer.Aber dieser drei Achsen stabilisierte Satellit, also mit den Solarzellen nichtdrumherum, sondern mit Flügeln, das war halt eine Neugeneration,die auch eine viel höhere Leistung hatte.Und das hatten die Europäer entwickelt und die wollten den auch starten,hatten aber keine Rakete.Und dann ist man zu denen gegangen, die Raketen haben, die Amerikaner und diehaben dann gesagt, ja starten wir euch gerne, aber ihr dürft den aber kommerziell nicht nutzen.Obwohl da eigentlich für eine kommerzielle Nutzung geplant war.Also 72, da sollte glaube ich irgendwie Olympische Spiele übertragen,irgendwie sowas. und die Amerikaner haben gesagt, ja wir starten das Ding,ihr dürft das aber nur als.Telekommunikationsexperimentalsatelliten benutzen und damit kein Geld verdienenund da hat man gesehen, okay, selbst unsere Freunde, die Amerikaner,nutzen das aus, um sozusagen unliebsame Konkurrenz mehr oder weniger am Bodenzu lassen oder sie nicht wirtschaftlich zu machen.Und deswegen war, das war ein Zeichen, dass es sinnvoll war,mit einer Ariane angefangen zu haben und vorher mit einer Europa-Rakete angefangenzu haben. Und das ist auch das Element, warum es ganz wichtig ist,dass Europa eigene Raketen hat.Es gibt immer Leute, die sagen, ja Gott, dann gehen wir halt zu Elon Musk unddann kaufen wir uns einen Falcon 9.Ja, ja, solange es noch andere Möglichkeiten gibt, ist das eine Methode,die man machen kann, um Geld zu sparen vielleicht.Aber sobald Europa keine Raketen mehr hat, also ich weiß nicht,ob sich die Galileo-Kollegen oder die Erdbeobachtungskollegen vollkommen abhängigmachen wollen von den, sage ich jetzt mal, Befindlichkeiten von Elon Musk.Und nicht nur von den Befindlichkeiten.
Tim Pritlove
Auch die Kooperation mit den Russen, die ja hier lange Zeit intensiv verfolgtwurde und die dazu führte, dass es eine eigene Startrampe gab in Kourou,also auch immer noch gibt, aber jetzt nicht genutzt wird für die Soyuz-Raketen.Haben wir jetzt gesehen, wie die politischen Konflikte rund um den Ukraine-Kriegauch solchen Ambitionen schnell ein Ende setzen kann.
Denis Regenbrecht
Ganz genau. Und da sieht man, also wenn man die Technologien nicht selbst hatund darauf zugreifen kann, dann ist man im Endeffekt ausgeliefert.Und deswegen ist es halt auch so wichtig, dass die Ariane 6 jetzt mal zügigin die Pötte kommt. Aber da kommen wir, glaube ich, später noch drauf.
Tim Pritlove
Genau.Gehen wir nochmal auf das eigentliche Erfolgsprogramm, weil Ariane 1 bis 4,das war im Prinzip so das, was eigentlich die europäische Raumfahrtindustriedann erst so richtig aus der Taufe gehoben hat,weil darum geht es ja auch, es geht ja nicht nur darum,dass man jetzt eine nationale Behörde hat, sondern es ging ja schon immer auchdarum und auch weiterhin eine entsprechende Industrie großzuziehen,die natürlich nur dann existieren kann, wenn es auch einen fortwährenden Bedarf gibt.Das ist ja auch so ein Aspekt bei diesen Bewertungen mit, oh Gott,so viel Geld, was uns das alles kostet.Ich glaube, wenn man da mal nachrechnet und sieht, okay, da die ganze Kohlein Europa reingeht und es ja auch immer diesen Verteilungsschlüssel gibt,dass wenn jetzt irgendein Projekt aufgesetzt wird,dass dann eben das, was die Länder lokal investieren, also sagen wir mal jetztdiese 20 Prozent, von denen du gesprochen hast, bei der Ariane,die Deutschland dort reinsteckt, Diese 20 Prozent fließen ja dann auch wiederuman deutsche Unternehmen,das ist entsprechend geregelt, sodass man dann eben damit automatisch auch immereine lokale Industrie füttert, die dann diese Technologien entwickelt.Know-how aufbaut, Leute ausbildet, Infrastruktur und Produktionskapazitätenschafft, dass wenn eben der Bedarf besteht, dass man dann eben nicht erst sodasteht und sagt, ach was wollt ihr haben, so eine Rakete, sowas haben wir ja noch nie gemacht.Sondern dass das einfach da ist und dass man im Prinzip damit arbeiten kann.Das ist natürlich immer so ein Balanceakt, weil auf der anderen Seite, okay,jetzt haben wir vielleicht gerade mal nicht so viel Bedarf oder so viel Mittel,wenn wir das jetzt aber zu sehr kürzen, dann führt es dazu,dass dann eben die Leute die Industrie verlassen und wenn wir dann fünf Jahrespäter wieder feststellen, oh, jetzt haben wir aber dann doch wieder Bedarf,dann stehen wir halt doof da.Das ist natürlich immer sehr schwierig zu machen.Aber jetzt ging es ja erstmal ganz gut los.Wann begann sozusagen die Erkenntnis, dass man mit diesem Ariane...Mit diesem ersten Ariane-Modell, was dann halt Ariane 1 bis 4 war, nicht mehr vorankam.
Denis Regenbrecht
Ja, das ist auch eine interessante Geschichte. Man hatte die Ariane 5 als Nachfolgemodell,die war eigentlich originär gar nicht dafür gedacht gewesen,diesen Bedarf zu bedienen oder dem zu dienen.Die Ariane 4, die hat zu dem Zeitpunkt alles noch wunderbar geflogen und dieAriane 5 war 1985, wurde ein Vorbereitungsprogramm beschlossen,1987 das richtige Entwicklungsprogramm.Das wurde gemeinsam beschlossen, jetzt sind wir wieder bei wiederverwendbarenRaumfähren und Gleitern, zusammen mit dem Hermes-Projekt.Also muss man sagen, das ist wieder so ein typisch deutsch-französisches Ding.Zu den damaligen Zeiten, diese Aufteilung ist heutzutage nicht mehr ganz sohundertprozentig, war Raketen stark von den Franzosen dominiert und bemannteRaumfahrt war etwas, was den Deutschen sehr wichtig war.Und da hat man dann sozusagen bei dieser Ministerratskonferenz,also Ministerratskonferenzen, das sind Meetings, die alle zwei,drei Jahre stattfinden, wo auf Minister-Ebene der ESA sozusagen große Programme aufgegeben werden,das nochmal zur Erläuterung, dass auf der Ministerratskonferenz dann gesagtwurde, wir vereinigen die deutschen und die französischen Interessen,wir bauen eine neue Rakete, das wollte Frankreich sowieso, eine Ariane 5 mitneuen Technologien, also hauptsächlich Wasserstoff, Sauerstoff.Die Ariane 1 bis 4, die war.Energetisch schlechteren Treibstoffen ausgestattet und die Deutschen,die konnten dann dafür sozusagen den Hermes-Gleiter entwickeln hauptsächlichund die Rakete ist darauf ausgelegt, diesen Hermes-Gleiter, also so eine Art Mini-Shuttle,ins Weltall zu schießen.Und das war mehr oder weniger der Startschuss für die Ariane 5,die, wie gesagt, zu dem Zeitpunkt überhaupt noch gar nicht gedacht war,um irgendwie Satelliten zu starten.Im Laufe der Entwicklung war es dann so, wie es immer so ist.Hermes wurde schwerer, die Leistungsfähigkeit der Ariane prognostiziert wurdeweniger, sodass am Ende des Tages rauskam oder sich ergeben hat,Hermes war zu spät, war zu schwer, wurde auch zu teuer.Und dass man sich dann entschlossen hat, Hermes einzustellen,weil es war auch, glaube ich, technologisch, hat man sich sehr weit aus demFenster gelehnt oder sich mehr zugetraut, als man dann eigentlich konnte.Und das war dann Anfang der 90er Jahre.Aber gleichzeitig hat man dann gesagt, okay, aber die Ariane 5 entwickeln wir trotzdem weiter.Hätte man ja sagen können, okay, der eigentliche Nutzungszweck ist jetzt ja weggefallen.Wir haben eine Ariane 4, die ist irgendwie für alle Bedarfe gut geeignet,die wir haben, also gerade für unsere institutionellen Bedarfe.Die Ariane 5 ist eigentlich dafür gar nicht optimiert.Aber das ist ein Ja, also die Antwort wäre Ja gewesen.Man hat sich aber trotzdem entschieden, die Ariane 5 weiterzuentwickeln undsie dann statt Hermesse starten zu lassen, ganz normal Satelliten starten zu lassen.Auch unter der Aussage, dass seit den 80er Jahren in die 90er Jahre hinein underkennbar auch in die Zukunft, die durchschnittlichen Satellitenmassen immerweiter angestiegen sind.Man hat dann auch festgestellt, das ist auch korrekt bei der Ariane 4,Die hat wirtschaftlich davon profitiert, dass sie sehr oft oder meistens sogarzwei Satelliten gleichzeitig starten konnte,sodass sozusagen sich zwei Satelliten den Preis der Rakete teilen konnten,sodass es für die nochmal günstiger wurde.Aber es kam dann gegen Ende hin der Nutzungszeit der Ariane 4 immer öfter,dass nur noch ein Satellit gestartet werden konnte, weil die durchschnittlichenSatellitenmassen sich halt nach oben bewegt haben.Sodass man gesagt hat, okay, wir haben jetzt eine Ariane 5, die ist darauf zwarnicht optimiert, aber vielleicht ist das das Problem für die ansteigenden Satellitenmassen.Wir entwickeln die jetzt mal so, dass die dann auch dieses Marktsegment bedienen kann.Und das hat man dann auch gemacht und ist dann 1996 zum ersten Mal gestartet,was leider allerdings ein Misserfolg war aus softwaretechnischen Gründen.Das ist eine richtig, richtig interessante Geschichte.Das wird jetzt hier zu weit führen, da die Details zu erklären.Den Untersuchungsbericht kann man aber tatsächlich immer noch online finden.Es wird immer gesagt, man hat Teile der Ariane 4 benutzt und die waren nichtqualifiziert. Das ist alles ein bisschen vereinfacht dargestellt.Aus dem Belageregelungssystem Sensorteile und Kreisel benutzt.Man hat allerdings die Software nicht darauf angepasst, an die Variablengrößen,sodass es zu einem Buffer-Override kam.Also ganz vereinfacht gesagt, die Variablengrößen waren für die Flugparameter der Ariane 4 ausgelegt.Und man hatte nicht bedacht, ganz vereinfacht gesagt, dass die Werte,die dann kommen, vielleicht nicht in die Variablengrenzen hineinpassen,bei einer Ariane 5 auftauchen.Was dann dazu geführt hat, dass dann so eine Art Buffer-Overflow war und dann...
Tim Pritlove
Okay, klassisches Software-Problem.
Denis Regenbrecht
Ja, und das ist interessanterweise immer noch ein großartiges Lehrstück in IT,Sicherheitsengineering. Das ist...
Tim Pritlove
Das muss ja auch alles erstmal gelernt werden. Das sind so Dinge,Ja, die merkt man dann halt auch erst, wenn sie schief gehen und das ist jabei der Raumfahrt auch so ein Klassiker.Die Amerikaner hatten das ja auch bei ihren Marslandungen. Ich weiß gerade nicht,welche Mission das war, die da schief gegangen ist, weil dann doch nochmal einbisschen mit imperialen Maßeinheiten gerechnet wurde.Das kann halt ganz schnell in die Hose gehen und das bedeutet ja letzten Endesnur, man braucht eben auch im Softwarebereich eine Art Management,wie man sich dann sozusagen in der Hardware bereits angewöhnt hatte,aber Software war so lange Zeit etwas verkannt, sodass man dann dachte,naja, dann muss man das halt ein bisschen programmieren und sowas.Was kann schon schief gehen und so stellt sich raus,so ziemlich alles kann schief gehen und vor allem ist die Komplexität,die Software so an den Tag legt, nochmal ein ganz anderes Engineering,als man das jetzt vielleicht bei anderen Prozessen so kennt,weil sich Dinge nicht so ohne weiteres messen und vorhersagen lassen.
Denis Regenbrecht
Du hast vollkommen recht und das ist auch am Ende des Tages in allen größerenEntwicklungsprogrammen, ob das jetzt Raketen sind oder Satelliten,das, was mehr oder weniger immer die rote Laterne hat, ist Software.Ist bei Ariane 6 auch so.Jetzt momentan gerade nicht mehr, aber ein Großteil des Entwicklungsprogrammeswar Software und Avionik immer der kritische Pfad.
Tim Pritlove
Gut, ich meine, hat natürlich auch damit zu tun, dass Software in gewisser HinsichtDinge auch erst möglich macht, die man jetzt rein mit normalen klassischen Hardware-Regelungssystemennicht so erreichen könnte.Also auf einmal ist man in der Lage, Grenzbereiche weiter zu nutzen,ohne dass man noch mehr Technik reinstecken muss, wenn man sie halt nur halbwegs intelligent managt.Aber das intelligente Management setzt natürlich dann eben auch entsprechendvoraus, dass man die Komplexität in dem Moment auch wirklich in den Griff kriegt.Und das ist dann eben so eine Sache.Aber Raumfahrt hat, sagen wir mal, auch der Softwarewelt, wenn wir auf dem Themakurz mal bleiben, auch eine Menge gegeben, weil ich denke, es gibt eigentlich keinen Bereich,der gezeigt hat, wie sicher man Systeme auch machen kann,wenn man so halbwegs vorausschauend an so Aspekte wie Redundanz und eine neueReprogrammierbarkeit schaut.Ich meine Voyager 1 und 2, das allerbeste Beispiel wahrscheinlich,Missionen, die jetzt irgendwie seit den 70er Jahren unterwegs sind und immernoch fliegen und die immer noch, ich glaube wir hatten jetzt gerade im letzten Jahr, 23.Gab es doch diesen Fall, dass auf einmal Voyager 1 oder 2, ich glaube auch 1,kryptische Signale gesendet hat.Auf einmal war das alles nur noch so ein Datenbrei und ich habe den Fall jetztnicht so genau verfolgt, aber ich glaube auch da ist man dann halt schnell wiedereinem Softwareproblem auf die Spur gekommen. War es so?
Denis Regenbrecht
Ich denke ja, also ich kann mich auch nur oberflächlich daran erinnern,aber ich finde es aber gerade auch, was die Voyager angeht, ich finde es haltauch krass, das ist ja dann wirklich,keine Ahnung wie viel RAM so ein Ding, wenn es Kilobyte sind,ist viel so nach dem Motto.Also da wird ja irgendwie jedes Bit so einzeln sozusagen in Betracht gezogenund dass es da immer noch die Möglichkeit gibt, da auch noch an der Programmierungwas zu ändern und dann über diese Entfernung hinaus und dass es immer noch Leutegibt, die das auch verstehen.Also das geht da, also ich finde es immer lustig, wenn dann keine Ahnung,irgendwelche Stellengesuche sind, weil irgendwelche Kobol-Programmierer gesuchtwerden in irgendwelchen Finanz- und Bankengeschichten.Also das ist, ja, also,Also gerade in den Bereichen Raumfahrt und ist man glaube ich mit so ein paarälteren Programmiersprachen, hat man glaube ich noch ganz gute Chancen.
Tim Pritlove
Älteren Programmiersprachen oder ich glaube in der Raumfahrt,also bei diesen ganz alten Systemen ist es ja sozusagen auch ein umfangreichesVerständnis der gesamten Technik, weil die Hardware natürlich auch genau dafür gemacht ist.Ich finde viele Aspekte davon sehr bemerkenswert, aber grundsätzlich,dass die Systeme überhaupt in der Lage sind, sich auch immer wieder neu zu starten,zuverlässig, dass sie immer wieder in der Lage sind, auf eine Version ihrerSoftware zurückzugreifen, mit der sie sicher erstmal ein,ich sehe die Erde wieder und ich bin in der Lage, weitere Kommandos entgegenzunehmen,solche Zustände hinzubekommen.Das ist super wichtig, jeder der schon mal Probleme mit dem Starten seines eigenenComputers hatte und das sind wahrscheinlich so ziemlich alle,also schnell ist man in so einer Situation, wo man sich durch Systemupdateshalt irgendwie alles verkackt hat und dann muss man eben neu installieren,aber neu installieren geht halt nicht im Weltall und ja, also Software ist definitiv so ein Punkt.Aber kommen wir nochmal zurück zur Ariane 5.Also was war denn jetzt dann unterm Strich anders?Nutzlast, Möglichkeiten, Volumen, alles ist ja ein bisschen aufgeproppt worden.Kannst du mal so die wichtigsten Parameter vielleicht nennen,die letzten Endes das neue Paket dann ausgemacht haben?
Denis Regenbrecht
Also die Ariane 1 bis 4, die sind, also was wir sogenannte lagerfähige Treibstoffenennen, also das sind Treibstoffe, die bei Raumtemperatur flüssig sind.Also bei Ariane 1 bis 4 sind das Hydrazinderivate und Stickstofftetroxid,beides hochgiftige Sachen, also das ist auch das ähnliche, was die Russen in der Proton benutzen.Vorteil ist, ist relativ also im Triebwerk einfach zu handeln,weil sich das gegenseitig so selbst anzündet, man muss da nicht komplizierteTechnik schaffen, die kommen in Berührung und das macht Puff, aber es ist natürlich,hochgiftig, hochkorrosiv und das Handling ist wirklich komplex,also auch für die Leute, das ist glaube ich eine der gerade Hydrazin mit einerder karzinogensten Substanzen, die man sich vorstellen kann kann.Und das ist natürlich nicht so optimal.
Tim Pritlove
Nicht nur im Handling, sondern auch im Schadensfall.
Denis Regenbrecht
Richtig. Und das kommt aus der Historie tatsächlich dann auch der flüssig Interkontinentalraketen,weil man diese Sachen, weil die flüssig sind, tankt man in die Rakete rein unddann kann man das Wochen, Monate einfach betankt stehen lassen.Wenn man dafür sorgt, dass dann die hochkorrosiven Sachen dann auch nicht dieTanks kaputt korrodieren. Das sind aber alles lösbare Probleme.Sie sind aber halt auch nicht so effektiv als Treibstoffe.Also die effektivste Treibstoffkombination ist Flüssigwasserstoff,Flüssigsauerstoff in der Verbrennung, die wir nutzen können.Wenn ich effektiv sage, dann meine ich damit, was wir spezifischen Impuls nennen.Möchte ich jetzt gar nicht erklären, was das genau ist, aber letzten Endes istes ein Wert dafür, mit wie viel Masse Treibstoff ich Vorschub erzeugen kann.Also je höher der spezifische Impuls ist, desto mehr effizient kann ich denTreibstoff, den ich mitnehme, nutzen.Und Flüssigwasserstoff, Flüssigsauerstoff ist da halt in der Verbrennung mit das Optimum.Man kann auch Fluor nehmen, das ist noch optimaler, aber das nimmt kein Mensch,weil das ist noch giftiger.Also deswegen ist das mehr oder weniger das.
Tim Pritlove
Wasserstoff und Sauerstoff sind die hoch unproblematischen Stoffe. Ja.
Denis Regenbrecht
Ganz genau. Also die sind nicht giftig, die muss man halt kühlen. Gibt es auch in Mengen.Genau, kann man elektrolytisch herstellen, also wird auch in Kuh direkt hergestellt.Muss man da nicht irgendwie mit dem Schiff hinschieben.Und die Verbrennungsprodukte, die sind am Ende des Tages auch ungiftig,weil es nämlich Wasser und Kohlenstoff, ja okay, okay, durch die Reaktion mitder Luft entstehen auch noch Stickoxide.Aber das ist alles vernachlässigbar gering, sage ich jetzt mal.Also die Hauptreaktionsprodukte ist tatsächlich...Schub und Wasser. Und das hat man halt in der Erststufe benutzt und benutztdas auch in der Oberstufe, weil in der Oberstufe ist es eigentlich fast noch wichtiger,so eine hochenergetische Kombination zu benutzen, weil es da weniger auf denSchub ankommt, als auf diesen spezifischen Impuls.Also jeden Kilogramm, den ich sozusagen in der Oberstufe sparen kann,der kommt der Nutzlast zugute. Deswegen ist eine hohe Effizienz in der Oberstufefür das Gesamtsystem noch besser als vielleicht vergleichsweise in der Unterschub.
Tim Pritlove
Jetzt sag doch nochmal was zu diesem Unterschied zwischen Schub und Impuls.Klingt ja jetzt erstmal wie, knallt raus, macht Wumms, beschleunigt. Wo ist der Unterschied?
Denis Regenbrecht
Also Schub ist im Endeffekt, ich vergleiche jetzt mal ganz unwissenschaftlichund unphysikalisch mit einem Auto.Also der spezifische Impuls ist mehr oder weniger vergleichbar mit den Kilometerpro Liter Tankfüllung oder wie viel 100 Kilometer kann ich pro,wie viel Liter brauche ich da tanken.Und der Schub ist im Endeffekt wie viel PS. Also der Schub ist die Kraft, mit der der Vorschub.
Tim Pritlove
Das andere ist die Effizienz?
Denis Regenbrecht
Das andere ist die Effizienz. Undder Schub ist am Anfang wichtig in der Startphase, wenn die Rakete abhebt.Und in der ersten Flugphase, weil dann die Erdgravitation noch auf die Rakete einwirkt.Und natürlich muss der Schub, die Schubkraft muss am Anfang größer sein alsdie Gewichtskraft der Rakete, weil sonst hebt sie nicht ab. Und das ist so einbisschen ein Nachteil von diesen Flüssigwasserstoff, Flüssigsauerstoff-Triebwerken.Die Schubkraft ist vergleichsweise geringer.Deswegen hat die Ariane 5 geringer als beim Hydrazin oder auch bei Kerosin-Sauerstoff-Triebwerken,also das, was SpaceX benutzt.Und also man kann auch ein Triebwerk bauen, was genügend Schub,herstellt, flüssig Wasserstoff, flüssig Sauerstoff, das dann aber wieder dazuführt, dass ich viel mehr Treibstoff brauche und das Volumen des,also flüssig Wasserstoff ist halt vom Volumen her relativ viel,also die Dichte ist halt gering, deswegen brauche ich dann wieder große Raketenum groß, also groß genüge Tanks zu haben, um das da reinzukriegen und für Deswegenhat die Ariane 5 halt auch 5,40 Meter Durchmesser,weil man braucht ein ordentliches Volumen.Und wenn man dieselbe Rakete mit demselben Schub mit Kerosin bauen würde,wäre die Rakete vom Volumen her viel geringer.Und um das auszugleichen, dafür hat die Ariane 5 die zwei Feststoffbooster,weil Feststoff ist zwar in der Verbrennungseffizienz ganz schlecht im Vergleich,aber es ist halt sehr einfach damit sehr hohen Schub zu generieren.Man ist auch von der Technologie nicht so kompliziert, man braucht da keineSteuerung und Regelungen und Pumpen, sondern das ist eigentlich wie so eineArt große Silvesterrakete.Machst du einmal an, dann macht es zisch und dann, wenn sie fertig ist, wird sie abgeworfen.Und deswegen, das ist diese Kombination.Also man hätte die Ariane 5 auch anders bauen können, aber das war halt dasOptimum damals für den Anwendungsfall, den man sich ausgeguckt hat.
Tim Pritlove
Okay, also wer die Ariane 5 jetzt nicht so vor dem geistigen Auge hat,das ist halt im Prinzip so eine lange Rakete, wo dann halt links und rechtsin der unteren Hälfte die zwei Feststoffbooster eben für den Start dran sind.Das heißt, wenn das Ding startet, gehen die Feststoffbooster los,aber die Hauptstufe zündet auch.Also alles zündet sozusagen. Mit den Boostern wird dann eben gemeinsam mit derOberstufe diese initiale Überwindung der Gravitation durchgeführt,bis man dann halt an so einen Punkt kommt.Wie heißt nochmal dieser maximale Punkt?
Denis Regenbrecht
Maximaler dynamischer Druck.
Tim Pritlove
Wann wie viel es dann auch immer sind. Also bei der Ariane ist es dann halt im Prinzip die eine.Und obendrauf hat man dann eben noch die eigentliche Nutzlast,die ja wirklich verschwindend wenig Raumanteil hat an dem.Aber die Raketen sind ja nochmal sehr groß, deswegen passt da oben auch noch was drauf.
Denis Regenbrecht
Also nur mal um den Anteil zu sagen. Also bei der Ariane 5, die wiegt ungefähr 800 Tonnen.Und die Nutzlast obendrauf, die wir in den GTO schießen, ist ungefähr 10 Tonnen.Also man hat ungefähr so...10 durch 800, also ein bisschen mehr als ein Prozent. Und der Rest wird weggeworfen.Bei wiederverwendbaren Raketen wirft man weniger weg, aber letzten Endes istes halt einfach so, dass ein Großteil dieser Masse ist einfach der Treibstoff, der verbrannt wird.Der einfach gebraucht wird, um diesen Vorschub und diesen Impuls sozusagen zu generieren.
Tim Pritlove
So, die Ariane 5 hat hat also jetzt sozusagen diese Dimensionen nach oben gebracht.Jetzt hast du schon eine Zahl gesagt, man hatte auf einmal eine deutlich höhereNutzlast, also man kann bis zu 10 Tonnen Also 10 Tonnen in den GTO.
Denis Regenbrecht
Also man hat mal, also das ist auch interessant, also die erste Ariane 5,da waren es ungefähr so 7 Tonnen.Aber durch regelmäßige Weiterentwicklung, Verbesserung, auch durch eine neueVersion, die 2003 zum ersten Mal gestartet ist,der Oberstufe, im Speziellen, also untenrum hat sich kaum was geändert,hat man es dann geschafft, tatsächlich bei den letzten Flügen war die Nutzlastfähigkeitin den geostationären Transferorbit, also das ist da, wo die ganzen,Kommunikationssatelliten, also die Hauptnutzlasten der Ariane 5 hinfliegen,auf bis zu fast 11 Tonnen zu steigern.Also das ist wirklich, wenn man sich das überlegt, von 7 auf 11 Tonnen,das ist schon mal eine ordentliche Steigerung.Und Und vergleichsweise in den LEO, also den niedrigen Erdorbit,kann die Ariane 5 so ungefähr 20, 21 Tonnen fliegen.Also das ist auch schon eine ordentliche Portion. Also die ganzen ATVs,also die automatischen Versorgungsraumschiffe, die von der ESA gebaut wurdenzur Versorgung der ISS, die wurden auch mit der Ariane 5 gestartet.
Tim Pritlove
Und die nutzten dann auch die Nutzleistung komplett aus.
Denis Regenbrecht
Also das war wirklich irgendwie bis...Ein bisschen Marsch, aber da wirklich, also mit ATV war dann auch irgendwiedie 21 Tonnen tatsächlich relativ komplett ausgenutzt.Und irgendwie, also das James Webb, da kann man jetzt, also die Nutzlast indiesen Orbit, die ist nicht vergleichbar, weil das halt ein spezieller Spezialorbitist da an den Lagrange-Punkt, aber da ist auch die Performance tatsächlich auch bis auf den letzten,Prozent ausgenutzt worden und das war halt auch wirklich,ein sehr beeindruckender der Mission.
Tim Pritlove
Also die Ariane 5 war insofern auch sehr universell einsetzbar.Also sowohl für Low Earth Orbit, wo dann halt mehrere Satelliten in die Nutzlastreingepackt werden konnten. Ich weiß nicht, was da so das Maximum ist.
Denis Regenbrecht
Also Low Earth ist eigentlich, also ja, war möglich, aber die ist dafür abernicht hundertprozentig optimiert.Also nicht optimiert ist das falsche Wort, aber die meisten Leo-Satelliten sindeinfach zu klein, um mit einer Ariane gestaltet zu werden.Also bei den ATVs hat das Sinn gemacht, weil das eine große Nutzlast war.Aber jetzt so, wenn jetzt irgendwie,keine Ahnung, jetzt im Vergleich Starlink oder sowas mit Falcon,diese Art von Konstellationen in Leo oder in Meo, in den mittleren Erdorbit,diese Art von Nutzlasten, die gab es damals eigentlich noch gar nicht.Die sind eigentlich erst jetzt so in den letzten paar Jahren groß geworden undeigentlich würde Ariane 5 das wahrscheinlich auch gekonnt haben,aber die Nachfrage nach Leo-Staats war tatsächlich eher gering.Es gab hin und wieder mal welche, hauptsächlich im Erdbeobachtungssatelliten ziviler Art,aber halt auch von Agenturen militärischer oder nachrichtendienstlicher Seite,also die Erdbeobachtungssatelliten der französischen...Geheimdienst, muss man so sagen, vom französischen Geheimdienst,die wurden auch mit der Ariane 5 gestartet.Aber das war nicht so die Hauptsumme. Die Hauptsumme an Satelliten,die gestartet wurden, waren tatsächlich die GTO-Satelliten, die Kommunikationssatelliten,die über viele, viele Jahre das Bread-and-Butter-Geschäft der Ariane-Spas waren.Also wenn man jetzt guckt, Ariane 5 hat so sechs bis sieben Starts im Jahr gemachtin ihrer besten Zeit und davon waren vielleicht zwei für institutionelle Kundenund der Rest war kommerziell mit GTO-Sateliten.
Tim Pritlove
Zum ATV, dem Automated Transfer Vehicle, habe ich ja auch bei Raumzeit mal einGespräch geführt mit Nico Dettmann.Das war auch sehr interessant, wo es dann auch wirklich genau darum ging,wie kann man jetzt die Nutzlast mal so komplett ausnutzen. Raumzeit 17,wer das nochmal hören möchte.Auch schon eine Weile her. Das ATV-Projekt war damals noch im Betrieb.Da fehlte glaube ich noch ein oder zwei von diesen insgesamt fünf Launches.Das war ja auch sehr erfolgreich, weil es ja dann im Prinzip auch so der Vorläuferwar für das, was jetzt angestrebt wird bei der Artemis-Mission.Da ist ja jetzt die europäische Raumfahrt mit der NASA zusammen auch bei denneuen bemannten Raumfahrtprojekten dabei.Okay, aber bleiben wir mal bei der Ariane 5.Ariane 5 ist ja im Prinzip...Das Erfolgsmodell eigentlich der europäischen Raumfahrt dann geworden,weil man jetzt zum richtigen Zeitpunkt eine sehr zuverlässige Rakete hatte.Okay, Softwareprobleme mussten erstmal ausgemerzt werden, aber nachdem der ersteLaunch nicht geklappt hat, gab es danach, glaube ich, eine ziemlich unbefleckte Betriebsgeschichte.
Denis Regenbrecht
Erstmal noch nicht, also der erste Start war 97, der zweite 98,also der kam oben an, aber nicht genau da, wo man hin wollte.Dann hat sie das so ein bisschen so mit ein, zwei Starts im Jahr so ein bisschenso mühsam nach vorne getrieben und 2003 war dann der Erststart dieser neuen Version,von der ich auch vorhin sprach, die auch eine Wasserstoffoberstufe hatte.Also die erste Oberstufe der Ariane 5, die ging noch aus der Hermes-Zeit hervor.Die hatte auch diese lagerfähigen Treibstoffe, also Hydrazin und Stickstofftetroxid als Kombination.Und die richtige Nutzung der potenziellen Nutzlastfähigkeiten kam erst mit derVersion, die wir ECA nennen.Das ist die Oberstufe, die auch Wasserstoff, Sauerstoff hat.Und deren Erstflug war 2003 und der war halt auch ein Misserfolg.Aber spätestens dann ging es dann eigentlich relativ schnell.Also so ab Mitte der 2000er Jahre bis so in die 2000...Ende der 2010er Jahre lief das dann tatsächlich sehr erfolgreich,sechs bis sieben Missionen im Jahr und war ein Erfolgsmodell.
Tim Pritlove
Also haben alle funktioniert. Also ich glaube, es gab insgesamt 117 Starts der Ariane.Fünf davon sind eigentlich nur zwei so richtig in die Hose gegangen.
Denis Regenbrecht
Das waren die beiden, die ich da...
Tim Pritlove
Genau, und drei halt so, ja, hätte besser sein können, aber ging schon irgendwie.Aber das ist ja eine super Quote. Also ich meine dafür, wie komplex das Ganzeist und wie groß das Risiko ist, dassenkt ja dann letzten Endes auch die Gesamtkosten über die gesamte Zeit.Weil man macht natürlich mit jedem erfolgreichen Start dann auch mal wiederso einen Schritt nach vorne und wenn man dann nicht wieder alles in die Investigationvon Fehlern und Ausmerzungen derselben stecken muss, dann kommt man halt auch voran.Was sind denn so die größten Erfolge der Ariane 5 gewesen?
Denis Regenbrecht
Also ich würde sagen, weil es noch gar nicht so weit zurückliegt, James Webb.Also das ist die teuerste zivile Nutzlast, die jemals gestartet wurde in einem Einzelstart.Also wenn man jetzt vielleicht auch irgendwie ISS-Module mal außen vor nimmt.Aber selbst dann, und das war großartig, dann….
Tim Pritlove
Das war deshalb großartig, muss man sagen, weil es halt nicht nur geklappt hat,sondern weil es so gut geklappt hat.
Denis Regenbrecht
Dass die Lebenszeit des Teleskops um mehrere Jahre länger ist.Also das Teleskop wurde so punktgenau auf den Zielpunkt abgegeben,dass viel weniger Nachsteuerungstreibstoff gebraucht werden musste von JamesWebb selbst, der jetzt benutzt werden kann, um länger die Mission zu betreiben.Ich war beim Start nicht dabei, aber ich habe mitbekommen, was da im Vorfeldauch alles gelaufen ist an Optimierungen.Die NASA hat sich wirklich alles fünfmal angeguckt.Wir, die ESA-Kollegen und auch die Ariane-Group-Kollegen,Zwei, drei Jahre vorher, da war regelmäßig jemand von der NASA da und hat sichda wirklich alles zeigen lassen und das war wirklich nur mal auf Herz und Nieren geprüft.Also das war schon ein ganz spezieller Kunde.Aber man hat gesehen, hat was gebracht und kam gut, also war super. Super.
Tim Pritlove
Lass uns da mal kurz bleiben, weil ich glaube, das ist vielleicht dann auchexemplarisch, auch wenn es jetzt so am Ende des Ganzen war oder vielleicht auch gerade deswegen,weil man jetzt ja hier die gesamte Erfahrung dieses Projekts,man kennt die Rakete, man hat eigentlich alle Fehler irgendwie schon ausgemerzt,über 100 Starts, die zuverlässig funktioniert haben.Es gab vor ein paar Jahren, gab es glaube ich nochmal so eine gescheiterte Injektionoder so eine teilgescheiterte Injektion.Da ist nochmal was schief gegangen, vielleicht genau zum richtigen Zeitpunkt,was James Webb betrifft.Aber man kann ja glaube ich gar nicht ausreichend beschreiben,wie feucht die Hände der Raumfahrtwelt waren bei dieser Mission.Also wenn jetzt irgendein Fernsehsatellit abregnet über dem Atlantik,dann sagt man ja, scheiße gelaufen, aber es gibt halt ein bisschen weniger Fernsehen.
Denis Regenbrecht
Bezahlt die Versicherung, baut man neu.
Tim Pritlove
Genau, aber wenn jetzt bei James Webb irgendwas schiefgegangen wäre,das wäre ja auch eine Schmach gewesen.Das habe ich keinem gewünscht.Bei Raumzeit 93 habe ich mich ja mit Günther Hasinger noch in Madrid vorhernoch über James Webb unterhalten und auch da war halt einfach klar,also wenn das irgendwie schiefläuft, das wäre einfach eine Tragödie,so würde man es mal sagen.Dementsprechend aufgeladen war das.Schreib doch mal, wie diese Vorbereitung auf diesen Launch so lief und wie wurde sichergestellt, dass,Also wie hat man versucht sicherzustellen, dass man auch wirklich an alles gedacht hat?Weil gerade so dumme Sachen wie die Software, ein falscher Wert,der Buffer-Overflow etc., das musste ja auf jeden Fall verhindert werden. Wie macht man das?
Denis Regenbrecht
Also ich kann da jetzt nur aus zweiter Hand berichten, weil das natürlich dieESA-Kollegen gemacht haben, aber die Rakete, die für James Webb ausgesucht war oder selektiert wurde,das war jetzt auch nicht, also keine Rakete, die hergestellt wird,ist irgendwie eine vom Band.Also das ist bei uns sicherlich ein bisschen was anderes als bei Elon Musk.Wenn der da 50 Stück im Jahr startet, ist das glaube ich schon viel vom Band.Bei uns ist es halt schon noch so, dass, also wir machen immer so ein bisschenWitz, dass es irgendwie Manufaktur ist. Aber man muss schon sagen,es ist vielleicht nicht unbedingt Manufaktur, aber es ist Prototypenbau,würde man es vielleicht in der Automobilindustrie dazu sagen.Und das ist auch etwas, wo wir bei Ariane 6 eigentlich weg von wollen,dass man schon tatsächlich routinemäßigere Prozesse hat.Aber bei Ariane 5 ist es schon wirklich noch so, also jede Ariane ist ein Einzelstückund man hat dann halt auch als Firma und als ESA Möglichkeiten dafür zu sorgen,dass die besten Teile selektiert werden.Also das geht schon bei den Triebwerken los. Also jedes Triebwerk ist so in seiner Box eigen.Also jedes Triebwerk wird ja, bevor es geflogen wird, wird es auch auf dem Teststandlaufen lassen. Also nicht nur bei der Entwicklung.Jedes Triebwerk, was in die Rakete kommt, ist vorher auf dem Teststand gelaufen.
Tim Pritlove
Und nicht nur einmal, ne?
Denis Regenbrecht
Ja, also die Flugtriebwerke schon. Also die werden normalerweise nur einmal getestet.
Tim Pritlove
Wird das dann hier in Lampolzhausen gemacht oder in Frankreich?X-mal getestet.
Denis Regenbrecht
X-mal getestet und also auch wirklich tatsächlich größenordnungsmäßig mehr,als es eigentlich in einer Mission eigentlich zu erledigen hätte.Aber jedes Triebwerk, was hergestellt wird, wird getestet und da kann man auchschon sehen, ist es eher eins, was eher so an der unteren Grenze der Marge ist.Also ist bei Automotoren wahrscheinlich genauso, weil irgendwie irgendwas nichtso gut zusammenspielt, Toleranz und sowas.Und man hat dann tatsächlich auch Teile, Triebwerke, aber nicht nur das,ausgesucht für die Mission, die wirklich die besten sind, die man sich aussuchen konnte.Und dann natürlich allein die Tatsache, dass die Qualitätssicherungs- und dieProjektleute der NASA, die waren in der Produktionsphase der Ariane 5,die für Web genutzt wurde, immer mit dabei.Also die waren in den Quality-Meetings, in den Projekt-Meetings und die habenauch wirklich davor sich Dokumentation,also man kann jetzt irgendwie salopp sagen, Ariane hat irgendwie die Hose runtergelassenund hat sich dann tatsächlich untersuchen lassen, aber das war schon so.Und das kann ich auch verstehen.Also wenn ich irgendwie eine Nutzlast hätte, die, keine Ahnung,was am Ende jetzt die Gesamtkosten waren, irgendwie 10 Milliarden oder sowas,war glaube ich so die Größenordnung, wenn ich mich nicht täusche.Da würde ich mir aber auch alles ganz genau angucken. Und das war halt auchdie Awareness in allen Bereichen der Kette, denen klar war, das Teil ist jetzt dafür.Und ich glaube, dann überlegt man schon nochmal, mal, ob man vielleicht jetztda doch noch mal nachmisst.Das ist genauso, stelle ich mir vor, also wenn man genau weiß,dass es eine Rakete die bemannt fliegt, dann ist man glaube ich auch, also,man pusht nicht bei einer nicht bemannten Rakete, das will ich nicht sagen,aber ich glaube in der Awareness ist man trotzdem noch mal ein Tick,aufmerksamer.
Tim Pritlove
Also das war eine handverlesene Rakete sozusagen aus den besten Komponentengeschmiedet, wo man sich absolut sicher sein wollte, dass einem hier nicht irgendeinAnfängerfehler unterläuft.
Denis Regenbrecht
Also mit möglichst wenig Wavern. Also Wavern, das sind halt,also früher waren es Zettel.Also jede Rakete, die fliegt, hat irgendwelche Bauabweichungen. Es ist so.Jedes Flugzeug, was fliegt, hat eine Bauabweichung. Also das ist ganz normal.
Tim Pritlove
Nichts ist zu 100% konform.
Denis Regenbrecht
Als gar nicht erst irgendwie in doch Risiken zu kommen.Weil am Ende, eine Bauabweichung ist am Ende, auch wenn niemand unterschreibt,trotzdem natürlich ein höheres Risiko als keine Bauabweichung.Das muss man halt auch ganz, ganz offen und ehrlich sagen.
Tim Pritlove
Und die multiplizieren sich ja in gewisser Hinsicht.
Denis Regenbrecht
Und wie die dann zusammenspielen, das ist dann ja auch mal so eine Sache.Und viele, sage ich jetzt mal, technische Probleme kommen ja meistens nichtvon einem singulären Ereignis, ist, sondern weil,unvorhergesehene Beeinflussungen sich dann so gegenseitig beeinflussen,dass es einfach nicht vorhersehbar ist oder nicht vorhersehbar war.
Tim Pritlove
Das merkt man aber bei den großen Katastrophen. Ich weiß es nicht mehr ganzgenau, bei der Challenger-Katastrophe,aber es ist nicht so, dass eine Sache nur gefehlt hat, sondern weil vorher nochdas gefehlt hat, dann hat das noch gefehlt und dann war hier die Toleranz nichtausreichend und dann ging die Katastrophe los und das macht ja solche Failsauch so schwer vorhersagbar.Das heißt, das war also sozusagen die gepflegteste, bestproduzierteste Ariane 5 ever, kann man sagen.
Denis Regenbrecht
Ob ever, weiß ich nicht, aber zumindest in dem Zeitraum mit den Teilen,die zur Verfügung standen auf alle Fälle.
Tim Pritlove
Das Beste, was man liefern konnte, auf jeden Fall. Ja, das hat ja dann super funktioniert,also hast du ja schon gesagt, die Trajektorie wurde dann so genau getroffen,dass man also dem, ja der Mission,ich weiß nicht, es gab glaube ich verschiedene Aussagen, aber irgendwas in derGrößenordnung von fünf bis zehn Jahre mehr Betriebszeit und das ist natürlich,wenn die Betriebszeit an sich schon mal nur so in zehn Jahren,so in Dekaden gemessen wird,ist das natürlich eine, kann man sagen, fast eine Halbierung der Kosten unddas ist natürlich auch ein gutes Argument bei der nächsten Runde.Ja, das war auf jeden Fall eine großartige Leistung und ja, ich glaube so indem Moment, als Arianes Bass gesagt hat so,Wir haben das jetzt hier übergeben und wir haben es auf diese Art und Weise übergeben.Das war dann, glaube ich, nicht nur ein Moment der Erleichterung,sondern wahrscheinlich auch ein Moment des Stolzes, weil man sich hier eigentlichim internationalen Raumfahrtgeschäft nochmal so richtig die Visitenkarte abgegeben hat. Da.
Denis Regenbrecht
Bin ich mir ganz sicher, also definitiv. Und also ich meine,das waren ja alle vorher angespannt, das ist ja auch logisch.Und es waren in Europa die Leute angespannt. und wir haben ja auch so eine Veranstaltungda gehabt und so. Und das war auch bei Ariane Group so.Und ich meine, das ist am Ende noch mehr Leute werden auf dein Produkt zu soeinem Zeitpunkt, als zu so einem Zeitpunkt gar nicht gucken.Also das ist jetzt am Ende des Tages, du landest so oder so in der Tagesschau.Und an und für sich möchte man dann schon mit positiven,Elementen in der Tagesschau landen und ich will gar nicht wissen,wie das bei den Kollegen war, die dann in Kourou waren und ich will auch garnicht wissen, wie da also es gibt da eine Position, das ist der,also was in Englisch Range Safety Officer ist, das ist sozusagen der,der die Rakete sprengen muss,wenn irgendwas unschön wird, also ich weiß gar nicht, wie die Kness-Kollegen,ob die da gewürfelt haben oder oder auch bei den kürzeren...Aber an dem Arm möchte man nicht der gewesen sein, der den Finger auf diesemKnopf hat. Also da bin ich mir relativ sicher.Aber irgendeiner hat es gemacht.
Tim Pritlove
Beziehungsweise hat es nicht gemacht. Gab es denn außer dem Webstart noch etwas,was man hervorheben kann aus der Ariane 5 Zeit, bevor wir mal auf die 6 zeigen?
Denis Regenbrecht
Natürlich die ATV Starts, da haben wir ja schon drüber gesprochen.Da Da hat auch alles wunderbar funktioniert.Dann, was für die institutionellen Nutzungen ganz gut war, also zwölf der europäischenGalileo-Navigationssatelliten wurden auch mit der Ariane 5 gestartet.Und darüber hinaus Rosetta zum Beispiel.Also ein Großteil der Sonden- und Forschungssatelliten, Satelliten,die Europa in den letzten Jahren oder letzten Jahrzehnten gestartet hat, waren am Ende Ariane.Herschel Planck zum Beispiel auch und.
Tim Pritlove
Gerade die Deep Space Missionen, also die, die jetzt weit über den Erdorbithinausgehen, sind glaube ich auch das, was der europäischen Raumfahrt so denCharakter verliehen hat in den letzten Jahrzehnten.Das waren alles sehr erfolgreiche Missionen. Ich glaube, da gab es überhauptgar keinen nennenswerten Dropout.Die sind alle top gestartet worden, top betrieben worden, haben alle unglaublichgute Ergebnisse erzielt für die Wissenschaft.Also das sind ja alles ganz maßgebliche Fortschritte auch für die gesamte Kosmologiegewesen und sind es noch.Und jetzt halt eben auch noch James Webb, auch wenn das natürlich eigentlichein NASA-Projekt war, aber eben dann unterstützt eben von der europäischen Raumfahrt.Trotzdem kommt es ja jetzt zum Ende der Ariane 5.Die letzte ist jetzt gestartet. Und jetzt soll es halt weitergehen mit der Ariane 6.Seit wann geht das schon mit der Ariane 6?Das ist ja alle Projekte deutlich später dann jetzt fertig geworden.Wir sind ja noch gar nicht da. Also der Start ist jetzt, ich weiß nicht,was ist der aktuelle Termin?
Denis Regenbrecht
Einen genauen Tag gibt es nicht, aber Mitte Juni bis Mitte Juli ist das Fenster, was jetzt.
Tim Pritlove
Also jetzt 2024 soll es dann endlich losgehen.Seit wann wird an Ariane 6 gearbeitet und wie viele Vorstellungen,was Ariane 6 denn letzten Endes mal sein könnte, gab es in dieser ganzen Zeit?
Denis Regenbrecht
Also an der aktuellen Version, die jetzt entwickelt ist, die jetzt auch diesesJahr starten wird, wird gearbeitet seit Anfang 2015.Also die Ariane 6, wie sie jetzt ausgelegt ist, wurde Ende 2014 beschlossenauf der Ministerratskonferenz, also auf einer der Ministerratskonferenzen.Und die Entwicklungsarbeiten begannen dann direkt 2015.Es ging dieser Ariane 6 natürlich auch so ein bisschen Diskussionen im Vorfeld voraus.Also es gab lange Zeit eine Diskussion, hauptsächlich zwischen Deutschland und Frankreich,ob man jetzt schon eine Ariane 6 braucht oder ob man nicht eventuell mit einerverbesserten Ariane 5 auch erstmal die Bedarfe abdecken.
Tim Pritlove
Kann.
Denis Regenbrecht
Das war damals die sogenannte Ariane 5 ME. ME stand für Midlife Evolution.Das Entwicklungsprogramm hatte2008 begonnen und man hätte dann eigentlich nur die Oberstufe ersetzt.Und da haben wir angefangen, 2012 hat man dann beschlossen, man macht damitweiter, bereitet aber parallel schon mal eine Ariane 6 vor.Das war sozusagen so ein Kompromiss zwischen Deutschland und Frankreich,sodass beide irgendwie sich darin sehen konnten Und 2014 war es dann so,dass man gesagt hat, okay,es sieht so aus, als ob das, was die Ariane 5 ME bieten kann,also nicht das bringt, was man wirklich braucht, sondern es ist für alle Beteiligtensinnvoller, direkt auf eine Ariane 6 zu gehen.Und dann hat man sich 2014 zu dieser Ariane 6 entschlossen.Dem gingen ganz viele politische Diskussionen voraus, kann man sich vorstellen,weil die Ariane 5 weiterzuentwickeln wäre von den Kosten her natürlich weitausweniger kostenintensiv gewesen als die komplette neue Entwicklung an der Ariane 6.Aber nichtsdestotrotz, man hat sich dann dafür entschieden und der Grund dafürist eigentlich relativ einfach.Also man kann sich ja fragen, du hast ja schon gesagt, Ariane 5 irgendwie supergute Erfolgsgeschichte, wir starten da irgendwie sechs, sieben Mal im Jahr,haben Kunden ohne Ende, wir starten Champs Web und Pipapo.Apropos, warum braucht man jetzt eigentlich Milliarden neu ausgeben,um eine Ariane 6 zu entwickeln?Und die Antwort ist eigentlich relativ einfach wie profan.Am Ende des Tages ist es das Geld.Weil eine Ariane 5 kostet halt mehr, als was der Kunde heutzutage bereit ist zu zahlen.Jetzt kann man sagen, okay, es fliegen ja zwei kommerzielle Kunden mit,aber selbst zwei kommerzielle Kunden, wenn man die Einnahmen zusammenrechnet,sind nicht kostendeckend für die Ariane 5.Deswegen hat man 2015 oder 2014 beschlossen, wir machen die Ariane 6 nicht alsneue technologische Meisterleistung, eine Rakete, die noch mehr kann,weiter, höher, schneller,sondern das Ziel der Ariane 6-Entwicklung war zum damaligen Zeitpunkt, eine Rakete zu haben,die dasselbe kann wie eine Ariane 5,aber modular ist, sodass sie auch den Teil übernehmen kann, den bisher die russischeSoyuz aus Kourou gestartet ist.Aber gleichzeitig ungefähr, jetzt kann man sich streiten ob 40,50 Prozent, aber ungefähr die Hälfte dessen kosten soll, was eine Ariane 5 kostet.Das waren damals die Entwicklungsziele.Und das war auch der Grund, warum man gesagt hat, okay, das ist es jetzt denStaaten wert, diesen Schritt zu wagen, weil in den letzten Jahren der Ariane5 war schon so, dass jeder Staat staatlich subventioniert war.Also die erfolgreichen kommerziellen Starts mit der Ariane 5 waren am Endeffektnur deswegen verkaufbar, weil der Staat da Quersubventionen reingeschossen hat.Und man wollte die Ariane 6 so entwickeln, dass der Staat diese Subventionen nicht mehr zahlen muss.
Tim Pritlove
Und ist das gelungen?
Denis Regenbrecht
Kurze Antwort, nein.
Tim Pritlove
Weil?
Denis Regenbrecht
Das ist kompliziert. Es ist immer kompliziert.Im Vergleich zu Ariane 5, wurden bisher nicht erreicht. Das heißt...Aus diversen Gründen, jetzt kann man sagen, okay, Inflation,Energiekrise und kann man, ja,es sind alles Elemente, die tatsächlich dazu beigetragen haben,aber am Ende des Tages hat auch die Industrie vielleicht noch nicht das darstellen können,was man erwartet hätte 2015 oder 2014. Also das ist ein Element.Dann kommt hinzu, dass natürlich die damaligen Zielkosten definiert wurden aufden Marktpreisen, die damals bestanden.Wir waren damals natürlich schon so schlau und haben gesagt,okay, das wird nicht so bleiben, das wird weiter runtergehen.Aber der Abfall der Marktpreise im Vergleich zur Prognose war noch stärker,als man es hätte annehmen können.Jetzt guckt man sich an, Elon Musk fliegt halt 50 Mal im Jahr.Also der hat 50 Raketen, wo er seine Fixkosten umlegen kann.Wir haben irgendwie 10. Und das ist halt auch ein Problem, was alle Raketenbauernletzten Endes betrifft.Die Kostenbasis ist sehr stark Fixkosten dominiert und deswegen ist es eigentlichgut, je öfter man fliegt, desto billiger wird der ganze Spaß. Spaß.Auf der anderen Seite muss man aber auch aufpassen, dass man es nicht übergroßbaut, weil wenn ich dann die Kunden dann doch nicht habe und ich eine.Überproportional große Infrastruktur habe und ich dann die Starts gar nichtverkaufen kann, dann habe ich natürlich noch mehr Fixkosten und das ist so eineKombination aus vielen zusammenhängenden Geschichten.Das ist, glaube ich, ohne eine Tafel immer sehr schwierig zu erklären. Aber letzten Endes ähm,Die Preise sind weiter gesunken und die Kosten-Targets wurden nicht erreicht.Das ist am Endeffekt der Grund, warum wir jetzt immer noch nicht in der Lagesind, subventionslos eine Ariane 6 zu betreiben.
Tim Pritlove
Wobei das ja jetzt nicht unbedingt ein Drama sein muss.Wir haben ja schon gesagt, die Subventionen sind zwar erstmal da,also man kann jetzt nicht nur durch den Verkauf des Staates alle Kosten wieder reinbekommen,Nur das Geld, was ja in die Rakete gesteckt wird, ist ja Geld,was man in die eigene Wirtschaft steckt und die ja dann irgendwie auf zweiterund dritter Ebene auch Effekte hat mit Beschäftigung, mit Wissenschaft,mit Knowledge und so weiter.Das ist ja alles auch, glaube ich, unbestritten.Nur hätte man trotzdem gerne eben weiter hier an der Schraube gedreht,um eben diese absolute Marktfähigkeit oder Marktkonkurrenzfähigkeit zu erhalten. halten.Was ist denn so der Hauptgrund dafür, dass diese Kosten so schwierig im Griff zu kriegen sind?Was sind denn so Faktoren, die man vielleicht jetzt so auf den ersten Blicknicht sieht, wo man sagt, warum kriegt ihr das nicht billiger hin?
Denis Regenbrecht
Wenn ich darauf eine gute Antwort hätte, dann könnte ich damit,glaube ich, gut Geld verdienen.
Tim Pritlove
Ja.
Denis Regenbrecht
Also es ist, also es wird oft, also ich sag mal so, Ich sag mal, woran es nicht liegt.Es wird oft genug sowohl von der Konkurrenz als auch von Beteiligten im Systemauch auf politischer Ebene oft genug gesagt, das liegt daran,dass wir unseren Geo-Return und unsere europäische Verteilung haben.Also Geo-Return ist das, was du am Anfang angesprochen hast,dass ein Euro aus Deutschland in die deutsche Industrie fließen muss.Und dass durch die gesamte Verteilung in Europa wir so hohe Kosten haben,weil das von A nach B verstifft werden muss und sowas, das ist eigentlich Quatsch.Also es ist nicht der Auslöser, dass unsere Kostenbasis so hoch ist, wie sie ist.
Tim Pritlove
In den USA findet ja auch nicht alles an einem Ort statt.
Denis Regenbrecht
Richtig. Und wenn man sich jetzt irgendwie die Automobilindustrie anguckt,da wird ja auch das Auto nicht, also es kommt nicht alle Teile aus Wolfsburg,sondern der Motor kommt, keine Ahnung, aus Tschechien.Diese Art von Logistik ist ein Grundprinzip der westlichen Wertschöpfung.Also das ist ganz normal.Also wenn das nicht so wäre, wären die Autobahnen auch nicht so voll.Und deswegen, daran liegt das nicht.
Tim Pritlove
Und da war ja im Prinzip die Raumfahrt vorneweg. Also am Anfang klang das nochkomisch mit, ihr fliegt jetzt hier irgendwie eure Triebwerke dann nach Frankreich,damit sie da wieder zusammengebaut werden können.Nur wie du schon sagst, das ist ja eigentlich in der ganzen On-Demand-Logistikvollkommen normal mittlerweile.Wenn man Kosten senken will, dann gibt es ja eigentlich immer so diesen schnellenAnsatz mit, naja, dann muss halt irgendwo weniger Sorgfalt erfolgen.Und ich glaube, das ist immer so eine Abwägung.Wie viel Geld muss ich jetzt investieren, um eine bestimmte Qualität zu erreichen?Reichen und schnell kann man ja sagen so, ach, das wird schon irgendwie passen.Dann brauchen wir uns ja nur ein anderes Beispiel in Deutschland anzuschauenmit der Bahn, wo das ja nun lange Zeit,vernachlässigt wurde, wo man gesagt hat, ja, so viele Reparaturwerke brauchenwir nicht und die Schienen müssen wir jetzt auch nicht irgendwie regelmäßig checken.Irgendwann fällt einem das halt dann auch auf die Füße und in gewisser Hinsichtist das ja auch ganz gut, dass man sagt so, ja, wir wollen jetzt aber auch inbestimmten Bereichen keine Kompromisse machen, weil letzten Endes definiertja der Qualitätsanspruch die Kosten. Im Wesentlichen.
Denis Regenbrecht
Das auf alle Fälle. Aber natürlich gibt es da auch so einen goldenen Balancepunkt,wo man jetzt schon darüber diskutieren kann, ob der bei uns vielleicht nicht ganz getroffen ist.Also ich bin schon davon überzeugt, dass es gewisse Prozesse bei uns gibt,die nicht unbedingt nötig sind.Die werden aber alleine nicht dazu führen, dass irgendwie, also das macht jetztnicht irgendwie 20 Prozent Kostenreduktion aus, da bin ich mir ganz sicher.Es ist auch nicht so, dass die Technologie irgendwie diese Kosten produziert.Das ist, glaube ich, ein Zusammenspiel aus vielen verschiedenen Elementen,die einzeln für sich vielleicht beherrschbar sind, aber in dieser Gesamtmenge.Also auch in der Art und Weise der große Dampfer, sag ich jetzt mal,den zu optimieren und dann auch ein paar gerade, also es gibt schon seit einigenJahren und wir haben ein Kostenoptimierungsprogramm schon aufgelegt,bevor die Ariane 6 zum ersten Mal geflogen ist.Und das ist auch etwas, wo wir als Agenturen und Geldgeber natürlich auch einInteresse daran haben und das ist auch etwas, wo wo die industriellen Partnerauch ein Interesse daran haben sollten.Und es gibt da auch Studien, die gewisse Wege aufzeigen, die...Aber es ist auch wieder so ein Element, um diese Kostenreduktion zu gewinnen,muss man natürlich auch erstmal wieder Geld investieren.Und das ist dann so eine Frage der Bereitschaft.
Tim Pritlove
Der Berechtigkeit der Politik etc.
Denis Regenbrecht
Und die grundlegende Frage ist natürlich auch, da kommen wir jetzt wieder ganz,ganz, ganz an den Anfang zurück eigentlich,wofür entwickeln wir mit Steuergeld Raketen? um drei Satelliten weniger zu startenals Elon Musk oder um unsere Satelliten, die wir selber starten wollen, zu starten.Und das ist auch eine Frage, also aus reiner Souveränitätssicht müssen die Kosteneigentlich erstmal nachgeordnet sein.Du hattest ja auch gesagt, es ist ja kein Geld, das weg ist.Also staatliche Budgets funktionieren ja nicht so. Also es wird immer so dieschwäbische Hausfrau sozusagen vorgehalten, aber so funktioniert ja nicht ein Budget.Und du hattest ja auch gesagt, das landet alles wieder und es gibt da auch diverseStudien und die aktuellste, die wir haben, die sagt, dass jeder Euro,den du in den Raumtransport steckst, also raketenspezifisch,hat einen Multiplikatoreffekt von 3,5.Also für den gesamtwirtschaftlichen Mehrwert, das ist ja schon mal nicht gerade wenig.Und nichtsdestotrotz ist es etwas, was schwierig ist.Im Gesamtsystem die Kostenbasis so signifikant zu reduzieren,dass es wirklich spürbar ist.Und da gibt es diverseste Schlüsse, die man daraus jetzt ziehen kann.Und ein Schluss ist, dass das System, das wir jetzt haben, so wie es aufgestelltist, also das Gesamtsystem aus ESA, aus Prime,aus den nationalen Agenturen, so wie es zusammenarbeitet, vielleicht jetzt nichtmehr unbedingt das Zukunftsmodell ist.Es hat uns jetzt seit den 70er Jahren erfolgreich sozusagen die Fähigkeit gebracht.Aber dass man überlegen muss, ob man im Ansatz da nicht anders rangehen kann.Und das heißt nicht, dass wir die ESA abschaffen oder dass wir irgendwie dieIndustrie abschaffen oder Agenturen abschaffen, sondern dass wir die Art undWeisen, wie solche Entwicklungen in Zukunft durchgeführt werden, anders aufziehen.
Tim Pritlove
So eine Art Space Airbus, also so eine Art Firma, die alles zusammenzieht unddas weniger auf die Länder verteilt, so wie das bisher war?
Denis Regenbrecht
Ja, der Gedanke, der jetzt mehr oder weniger mehr vorherrscht,ist eher, es so ein bisschen zu machen, wie die Amerikaner es mit SpaceX gemachthaben, dass man gar nicht mehr Raketen im Auftrag entwickeln lässt,sondern dass man sagt, okay,wir kaufen Startdienstleistungen von euch ein und wir bezahlen nicht die Entwicklungeurer Rakete, sondern wir stellen euch in Aussicht, wenn ihr eine Rakete habt,Dann werden wir sie mit, keine Ahnung, fünfmal im Jahr benutzen und auf derBasis könnt ihr irgendwie eine Kalkulation machen, ob es sich lohnt,eine Rakete zu entwickeln.
Tim Pritlove
Das ist ja eigentlich so das klassische Argument, was in dieser ganzen Debatte,glaube ich, um SpaceX herum aufgebracht wird. Und das ist ja auch so.Also die NASA hat eben diese Garantien und stellt einfach sicher,dass diese privaten Auftragnehmer, es gibt ja nicht nur SpaceX,sondern auch ein paar andere im Boot, die jetzt nicht ganz so performt haben wie SpaceX.Das ist halt der Grund, warum SpaceX jetzt auch alles so überlagert und so dominiert.Und dann letzten Endes auch diese Freiheiten geschaffen haben,indem dann dieser Mut auch zu dem technologischen Fortschritt,den SpaceX ja nun definitiv an den Tag gelegt hat mit der Reusability,das dann eben auch umsetzen zu können. Also okay, ich sehe schon.Also man versucht so ein bisschen zu lesen, was geschrieben ist und könnte alsodazu führen, dass sich hier strukturell in den nächsten Jahren,Jahrzehnten auch nochmal Änderungen abzeichnen.
Denis Regenbrecht
Auf alle Fälle. Und also eher in den Jahren als Jahrzehnten.Und das heißt ja nicht, also das, was jetzt momentan so im Raum steht,wenn man das verfolgt, ist das, was wir European Launcher Challenge nennen.Den Namen finde ich ein bisschen, der ist so ein bisschen irgendwie,der trifft nicht ganz das, was damit eigentlich gemacht werden soll, nämlich genau das.Also es ist so ein bisschen wie das ehemalige Kotzprogramm der Amerikaner,wo man tatsächlich, also manche...
Tim Pritlove
Was für ein Programm?
Denis Regenbrecht
Kotz.
Tim Pritlove
Kotz?
Denis Regenbrecht
Also C-O-T-S. Ah. Und ja, stimmt.
Tim Pritlove
Steht für was?
Denis Regenbrecht
Commercial Orbital Transportation Services, sowas in der Art.Und das ist genau das, man stellt...In Aussicht, Startdienstleistungen zu kaufen.Und natürlich muss man dazu sagen, dass in Europa auf viel, viel,viel kleineren Füßen aufgebaut sein wird als in den USA.Wenn man sich die Budgets anguckt, also allein wenn NASA und das Verteidigungsministeriumda Startdienstleistungen in Aussicht stellen, da fließen Milliarden ohne Ende.In Europa, selbst wenn man die EU-Kommission und die ESA zusammennimmt und dieNationalstaaten, da ist das immer noch eine überschaubare Anzahl an Starts,die man wirklich in Aussicht stellen kann.Aber nichtsdestotrotz ist das etwas, wo man hofft, dass dann halt durch mehrPlayer auch so ein bisschen die systemische, ich will nicht sagen Langsamkeit,aber so diese eingefahrenen Polsituationen sich so ein bisschen irgendwie dynamischer bewegen.Und es ist ja auch so, dass also Ariane Group oder Avio, die die Vega machen,sind ja auch aufgerufen, sich dann daran zu beteiligen.Es ist ja nicht so, dass es dann irgendwie ein Spiel, ein Sandkasten gibt fürdie einen und irgendwie die Alten, Anführungsstrichen, die müssen dann danebenwarten, sondern das ist ja etwas, was.Also idealerweise dem gesamten System eine neue Dynamik geben soll.Und das ist halt die Hoffnung. Und.Und das ist etwas, was tatsächlich aus der nächsten Ministerratskonferenz,die soll 2025 sein, in Deutschland interessanterweise, der genaue Ort ist nochnicht bekannt, tatsächlich beschlossen werden soll.
Tim Pritlove
Jetzt müssen wir natürlich schon nochmal den Elefanten in den Raum lassen undso technische Aspekte ansprechen, wie zum Beispiel diese Reusability.Ganz klar glaube ich so, dass, also abgesehen davon, von, dass es irgendwievielleicht wirklich für die Kosten einen erheblichen Faktor darstellt,weil man es nicht nur immer wieder verwenden kann, sondern einfach, ja,Nicht der einzige Faktor bei SpaceX, aber einer der sichtbarsten Faktoren undauch rein vom Marketing her natürlich grandios.Ich glaube, da ist allen so ein bisschen der Mund runtergeklappt,als man das erste Mal gesehen hat, wie die Dinger wieder landen können.Richtig weggehauen war ich, als dann die dicke Rakete, die Heavy,Falcon Heavy, als die dann gestartet ist und dann zwei Booster auch noch soparallel, das war schon echt so ein Freeze- Moment.Ist das sozusagen etwas, was bei diesem Ariane 6 Programm doch irgendwann kommenwird oder ist das dann schon mal Ariane 7 oder Oder ein ganz neues Projekt,wo so etwas angegangen wird?
Denis Regenbrecht
Also bei Ariane 6 würde ich eine vorsichtige Skepsis sagen.Also das ist ja, ich muss da ein bisschen ausholen.Also es ist ja nicht so, dass die Europäer keine Reusability bisher machen odergemacht haben, weil wir es doof finden.Also es gibt ja genügend durchgeführte Forschungs- und auch Testaktivitäten.Also Themis zum Beispiel ist ja etwas, was auch die ESA macht,was hauptsächlich von Frankreich getrieben ist.Es gibt auch eine Kooperation Frankreich-Deutschland-Frankreich, was Callisto heißt.Also nicht das Problem, sondern der Faktor ist ja eher Reusability,sowohl industriepolitisch als auch finanziell rentiert sich erst ab einer bestimmten Jahreskadenz.Und die ist abhängig von vielen, vielen, vielen Randbedingungen.In Europa sagt man, es würde sich rentieren, wenn man vielleicht so 20,30 Mal im Jahr fliegt. Weiß ich nicht, vielleicht auch bei weniger.Aber die Kadenz, die Raketenkadenz, die wir jetzt haben mit sechs,sieben Mal, ist etwas, da lohnt sich Reusability de facto nicht.Nicht, weil man guckt sich jetzt an, irgendwie beim letzten Falke-9-Start,das war, glaube ich, das 19.Mal, dass einer von der Erststufe geflogen ist. Jetzt überlegt man sich,okay, Europa hat irgendwie sechs, sieben Mal im Jahr eine Rakete am Fliegen.Ich habe eine Erststufe, die kann ich 19 Mal nutzen, sag mal 21,weil dann kann ich besser teilen.Also ich habe drei Jahre lang keine Produktion.Und ich habe aber trotzdem dieProduktionsinfrastruktur, Weil irgendwann muss ich ja wieder was bauen.Und ich hatte ja auch einmal zwischendurch gesagt, dass unser momentanes Systemsehr infrastruktur- und fixkostenintensiv ist.Und deswegen ist in dieser Art von Denke Reusability macht so keinen Sinn eigentlich.Das heißt nicht, dass wir es nicht können.Und jetzt komme ich auf deine Ariane 6 Frage zurück, wo es auf einmal Sinn machenwürde, wäre zum Beispiel die Ariane 6, die hat ja vier Feststoffbooster, also die große Ariane 6.Diese könnte man eigentlich sehr gut durch Flüssigbooster ersetzen und wennich jeden dieser Flüssigbooster wiederverwenden würde, dann hätte ich auf einmal auch eine Kadenz von 40,wenn ich zehnmal im Jahr fliege und dann auf einmal würde es schon irgendwiewieder in der Kadenz der Produktion und der Wiederverwendbarkeit auch von den Zahlen her Sinn machen.Und das ist auch etwas, das haben wir jetzt untersucht und da gibt es inzwischenauch Aktivitäten, ob das bei einer Ariane6 nicht in der mittelfristigen Weiterentwicklung sinnvoll sein könnte.Bei der Erststufe würde ich ganz vorsichtig sagen, nee, weil da endet man dieganze Rakete, dann hätte man direkt eine Ariane 7, definitiv.Aber ich gehe davon aus, dass in der nächsten Generation europäischer Trägerdas eine Rolle spielen wird.Dann auch wieder, also die Reusability, die ist ja kein Selbstzweck.Also, dass wir es können, bin ich mir ganz sicher.Aber wenn wir jetzt an diese Launcher-Challenge rangehen und an diese vielleichtUmorientierung wieder, wie das System in Europa funktioniert,ist es dann in Zukunft ohnehin jedem,der sich an der Dienstleistungsbereitstellung beteiligen möchte,selbst überlassen zu überlegen, wie seine Rakete aussieht.Und wenn jetzt Firma X sagt, okay, ich biete meine Rakete Reusability an, dann bitteschön.Wir wollen da jetzt als staatliche Seite gar nicht technologische Wege vorgehen.Wir sind da eigentlich vollkommen neutral, was die technologische Lösung angeht.Bei Ariane können wir es noch nicht sein, weil die halt noch zu stark staatlich beeinflusst ist.Also das ist für Ariane-Gruppen momentan natürlich auch nicht ganz einfach,in so einer Phase quasi jetzt, der Herr Scholz sagt, das ist eine Staatsrakete, ist es de facto auch.Und gleichzeitig versucht man parallel neben der Staatsrakete einen Biotop zuschaffen, was die New Space Player irgendwie stärker mit einbezieht.Also das ist momentan eigentlich strategisch eine unserer Hauptaufgaben,um in diesem Spagat irgendwie einen Weg zu finden.Der eine sinnvolle Zukunft gestaltet, ohne jetzt irgendwie schon Kinder mitdem Badwasser auszuschütten oder sich Äste abzusägen, auf denen man sitzt.Also das ist gar nicht so einfach in der aktuellen Situation.
Tim Pritlove
Kann ich mir vorstellen. Aber man hat auf jeden Fall von der Technik schon malgehört und es ist sozusagen nichts wirklich Neues.
Denis Regenbrecht
Nein, also wir gehen da nicht mit verschlossenen Augen hin und so, da brauchen wir nicht.
Tim Pritlove
So, aber schauen wir nochmal jetzt vielleicht auf die Ariane 6 selber.Was erwartet uns denn jetzt in diesem Jahr als Launcher-Paket,was da in Kuro hingestellt wird?Ich war ja selber vor Ort, schon ein paar Jährchen her,konnte leider den Start selber nicht sehen, zu dem ich eigentlich eingeladenwurde, da gab es viel Pech, aber ich habe den Platz gesehen,als er noch in der Entwicklung war, da musste noch sehr viel Beton vergossen werden.Ist schon irre, mal da gewesen zu sein. Man macht sich keine Vorstellung davon, wie groß das alles ist.Also ein fettes Loch, was da gebuddelt werden muss, um einfach diesen Strahl,der dann nach unten in den Boden geschickt wird, seitlich abzulenken.Das alles muss irgendwie beregnet werden.Riesige Flächen allein, um das Ding anzuliefern, zwischenzulagern etc.Wird sicherlich auch vor Ort gewesen sein, nehme ich mal an, bei dem Startplatz.Also das ist ja ohnehin erstmal das, was als erstes da sein muss.Das macht man sich ja immer nicht so richtig klar.Ich denke immer so, ja, Rakete, klar, stellt man irgendwo hin,fliegt die dann halt los, kennt man ja so aus mit Science-Fiction.Ist ja mitnichten so, sondern eine Rakete ist ja ein System.Ein System, was nicht nur aus der Rakete selbst besteht, sondern aus den ganzenZulieferkomponenten der gesamten Logistik.Wann wird welcher Teil woher gestellt, zusammengefügt, über den Teich geschickt?Was wird vor Ort produziert? Wir hatten das mit den Treibstoffen.Aber wie muss dann die Rakete gelagert werden?Aber wie wird sie dann eben auch gestartet und kontrolliert?Kontrollzentrum etc. Da hängt ja eine ganze Menge mit dran. Was ist das Gesamtpaket,was uns mit der Ariane 6 jetzt erwartet?
Denis Regenbrecht
Also das Gesamtpaket, also wir gehen jetzt davon aus, dass wir im Sommer,also im Juni, Juli spätestens tatsächlich den Erstflug sehen werden.Bis der stattfinden wird, wird es höchstwahrscheinlich, das ist momentan nochin der Prüfung, in La Bolshausen nochmal einen Test geben für die Oberstufe.Aber da wird gerade geprüft, ob man den nicht weglassen kann,weil die Elemente, die man für den Erststart,braucht, sind eigentlich schon alle durchgetestet deswegen,checkt man da gerade, ob man nicht eventuell bestimmte Tests zusammenlegen kann mit einem Test,das sowieso Ende des Jahres geplant ist, das war wie gesagt gerade in der Überprüfungansonsten die Stufen, die werden im Februar Europa verlassen.Also die Stufen und Produktionsteile, die die erste Ariane 6,die flugfähig ist, ausmachen werden, die werden im Februar Europa verlassen auf dem Schiff.Das hat man bestimmt auch schon mal gesehen, das ist das mit diesen modernen Segeln.Moderne Segeln? Ja, das ist auch ein kompletter Neubau. Das hat so.Ich weiß gar nicht, ich bin kein Schiffbauingenieur, Aber das hat einen Motor,aber das kann auch mit Segelunterstützung fahren.Aber das sind halt nicht so Segel aus Stoff, sondern das ist so mit diesen rotierendenRöhren, will ich jetzt mal sagen.Aber muss man auf der Ariane-Space oder Ariane-Group-Seite mal gucken,da gibt es auch Bilder, da sind sie auch ganz stolz drum. Das ist auch wirklich ein geiles Ding.Und dann geht das dann dahin, wird entmontiert und dann hoffen wir,dass da irgendwie im Mai, Juni da was auf dem Pad stehen wird.
Tim Pritlove
Kanopé heißt das Schiffchen. Genau. Ah ja, okay. Verstehe, das sind diese,ja wie nennt man die denn? Ja.
Denis Regenbrecht
Also als Ingenieur, ich weiß, wie der Effekt funktioniert, aber wie das jetztgenau heißt, weiß ich jetzt auch nicht.
Tim Pritlove
Okay, aber es nutzt sozusagen die Windkraft mit aus und sowas gehört dazu, verstehe ich.
Denis Regenbrecht
Ja und dann, wie gesagt, die Nutzlasten vom Erstflug, das sind halt alles sokleinere Satelliten, da istjetzt nichts Großes dabei, sondern die bezahlen auch nichts oder wenig.Das sind halt so CubeSats von Universitäten und Experimentalsatelliten von Instituten und sowas.Und ja und dann hoffen wir mal, dass das alles gut funktioniert da im Juni undwenn dann soweit alles ganz gut gelaufen ist, dann gehen wir davon aus,dass wir in diesem Jahr noch mindestens einen weiteren Start haben werden.
Tim Pritlove
Okay, aber vergleich mal die Ariane 5 und Ariane 6, was hat sich jetzt geändert?
Denis Regenbrecht
Also von der Größenordnung nicht wirklich viel. Also die Ariane 6 ist ein bisschenlänger, aber der Durchmesser und die grundlegende Struktur ist genau noch dieselbe.Also man hat eine Hauptstufe mit Flüssigwasserstoff, Flüssigsauerstoff.Die wird auch de facto vom selben Triebwerk angetrieben, also vom Vulkan 2.Bei der Ariane 6 ist es Vulkan 2.1, weil es bestimmte Unterschiede gibt.Aber die sind nicht marginal, aber die sind überschaubar. Das sieht man dannauch schon an der Versionsbezeichnung, sage ich jetzt mal.Und die Oberstufe, die ist auch flüssig Sauerstoff, flüssig Wasserstoff.Da unterscheidet sich schon eine Menge, weil die Oberstufe der Ariane 5,die es gab, die war mit einem Triebwerk versehen, was nicht wiederzündbar war.Aber das Triebwerk, was die Ariane 6 jetzt hat, das ist ein wiederzündbares Triebwerk.Das heißt, dadurch bin ich in der Lage, viel optimiertere Bahnen zu fliegen,weil ich kann ballistische Phasen ausnutzen und ich kann das Triebwerk wiederzünden,wenn es energetisch im Orbit an einer viel besseren Position ist.Und das ist für GTO oder für Leo-Starts nicht so ganz relevant.Aber wenn wir dann dazu kommen, Konstellationen zu fliegen oder irgendwelcheinterplanetaren Missionen, dann spielt das eine sehr, sehr, sehr große Rolle. Genau.
Tim Pritlove
Weil er dann sozusagen strategisch indiziert wird.Man startet erstmal, wenn es von den Bedingungen her am besten ist,dann kreist man vielleicht noch ein, zwei, dreimal um die Erde und muss dannaber erst diesen Orbit nochmal verlassen durch einen weiteren Raketenschub,wenn irgendeine planetare Konstellation besser ist.Das schafft ja auch mehr Flexibilität in den Startzeiträumen.
Denis Regenbrecht
Also man hat ja auch immer das Ding, was Interplanetaren geht,da wird sich das Startfenster schon verbreitern, aber jetzt nicht mega signifikant.Aber man kann halt auch durch eine Wiederzündbarkeit Missionen fliegen und Orbitalplanungenmachen, die vorher einfach nicht drin waren.Also das ist ein bisschen schwierig zu erklären,aber es ist zum Beispiel so, dass bestimmte Missionen davon profitieren, performance-mäßig,wenn man sozusagen unangetrieben einmal um die Erde rum ist und dann das Triebwerk nochmal zu zünden.Weil man dann an einem anderen Punkt des Orbits ist und dann sozusagen effektiverdiesen Schub nutzen kann. Und bei der Ariane 5 ist es so.Die Oberstufe brennt und die brennt halt durch. Und dann ist das halt rum unddann kann ich dann auch keine Optimierung mehr machen.Und das ist ein Element, was besser ist. Und was auch noch neu ist,ist die Ariane 5 hatte zwei große Booster und die Ariane 6, die vergleichbarmit der Ariane 5 ist, wird vier kleinere Booster haben.Sie kann aber auch nur mit zwei Boostern fliegen, sodass dann die Performanceungefähr der der Soyuz aus Kourou entspricht, sodass dann die Ariane 6,wie es ihr Ziel ist, sowohl die Soyuz ersetzen wird, als auch die Ariane 5 ersetzen wird.Dass der Ersatz der Soyuz momentan noch viel, viel, viel, viel,viel eminenter und wichtiger ist, da hätte man jetzt irgendwie vor ein paarJahren auch nicht drauf wetten wollen,aber es ist halt ein Element, was wichtig ist,Weil gerade die Galileo-Satelliten für die Navigation und auch die Sentinel-Satellitenvon der Kommission, was die ganze Erdbeobachtung angeht, aber auch die ganzenEumet-Satelliten für die Wetterbeobachtung,die haben eigentlich auf die Soyuz bzw.Dann im Ersatz auf die Ariane 62 gesetzt. Und diese Übergangsphase mit der Verzögerungund jetzt mit dem Wegfall der Soyuz, das hat schon dazu geführt,dass wir uns auch erkennen,da sind wir jetzt auch wieder bei der Grundnotwendigkeit der europäischen Raketen,dass wir jetzt in einer Phase waren, nach dem Überfall der Russen auf die Ukraine,dass wir keine Startdienstleistungen ausreichend zur Verfügung hatten.Ariane 5 war ausgebucht, Ariane 6 gab es noch nicht und die Vega-Rakete,also die kleine Feststoffrakete, kleinere Feststoffrakete ist momentan wegentechnischer Probleme gegroundet, sodass wir momentan aktuell in Europa keine Rakete haben.Und was ist das Ergebnis?Wir müssen jetzt in die USA gehen und müssen da Startdienstleistungen einkaufen.
Tim Pritlove
Wie zum Beispiel jetzt mit der Euclid-Mission. Genau.
Denis Regenbrecht
Und das ist natürlich ein Zustand, der ist nur für eine begrenzte Zeit möglich.Deswegen ist es gut, dass die 6 rechtzeitig kommt und die erste Mission nachdem Jungfernflug wird dann auch schon tatsächlich ein Start mit einem institutionellenNutzlos aus Frankreich werden.
Tim Pritlove
Also beim ersten Start hat man Sachen genommen, wo es jetzt nicht ganz so schlimmwäre, wenn es schief geht.
Denis Regenbrecht
Ja, es gab immer wieder Diskussionen, aber….
Tim Pritlove
Gibt es auch billiger dann in der Regel?
Denis Regenbrecht
Gibt es eigentlich für einen Selbstkostenpreis normalerweise.
Tim Pritlove
Ja klar, man geht natürlich ein super Risiko damit ein und Risiko wird natürlichdann auch entsprechend bezahlt.Okay, das heißt also die Ariane 6 ist im Wesentlichen so ähnlich aufgebaut wie die 5.Hauptunterschied ist die wieder startbare Oberstufe und dass statt der zweiFeststoffbooster es eine Konfiguration gibt mit zwei oder vier.Das heißt je nachdem wie viel Boost man braucht, wie hoch man geht oder wieschwer die Nutzlast ist, kann man sich das sparen und zwei Booster weniger,das bringt schon finanziell einen riesigen Unterschied. Ja.
Denis Regenbrecht
Absolut. Aber damit jetzt die Hörer da jetzt nicht irgendwie auf den falschenGedanken kommen und sich dann sagen, ja, dann hätte man ja auch die Ariane 5 nehmen können.Also das ist die äußeren Ähnlichkeiten und Unterschiede.Also die wirkliche technologische Weiterentwicklung steckt natürlich im System drin.Das kann man von außen nicht so richtig einschätzen.Weil die Ariane 6 ist halt technologisch aus den 2010er Jahren und die Ariane 5 aus den 80er Jahren.Und da hat sich natürlich viel getan. Da sind wir jetzt wieder zurück bei derSoftware und bei der Avionik. Da hat sich natürlich einiges weiterentwickelt.Das ist komplett ganz andere Architektur.Aber auch die Produktionsprozesse der Triebwerke sind teilweise neu.Da kommt jetzt viel mehr 3D-Druck zur Anwendung. Die Materialien der Tanks sind auch neu.Das war früher nur Aluminium und eine Aluminiumlegierung.Jetzt hat man da Aluminium-Lithium-Legierungen, die sind viel leichter.Und generell, also es ist wirklich, also man merkt schon überall,dass die Zeit nicht stehen geblieben ist und man hat da wirklich überall Sachendrin und auch die Art, wie die Produktion geplant ist.Ich hatte am Anfang gesagt, Ariane 5 ist ja so ein bisschen Manufaktur,und ist Ariane 6 nicht mehr in dem Sinne, dass es tatsächlich nach modernen,Industrialisierungskonzepten ausgelegt, also mit einer Taktstraße,die jetzt nicht unbedingt ist wie, wie, keine Ahnung, bei VW in Wolfsburg.Es ist daran orientiert, wie auch Flugzeuge und sowas gebaut werden.Also es ist nicht mehr irgendwie, hier steht eine Rakete und dann baut man diedann so einzeln auf, sondern es ist tatsächlich, an jeder Station wird was gemachtund wenn es an der Station fertig ist, geht es dann weiter.Was auch dazu führt, dass die Durchgangszeit von Anfang bis zum Ende der Raketenproduktionauch geringer geworden ist.
Tim Pritlove
Also wie kann man sich diesen Optimierungsprozess vorstellen? vorstellen.Also wenn jetzt vorher sehr viel mehr Handarbeit war, dann unterscheidet sichwahrscheinlich eine Ariane 5 von der nächsten auch erheblich.Und bei der Ariane 6 ist das dann einheitlicher in der Produktion? Kann man das so sagen?
Denis Regenbrecht
Das ist bei der Ariane 5 nicht so. Da ist wirklich die Rakete schon ausgesucht auf die Mission.Und dann zu entscheiden, nee, wir fliegen jetzt lieber Dienstsatelliten zuerst,das ist gar nicht so einfach gewesen.Die Produktion selbst, das ist je nach Standort verschieden,aber kommt auch mit viel weniger Personal aus.Also die Manufaktur war tatsächlich eine Manufaktur, aber jetzt hat man tatsächlichviel mehr Industrieroboter und industrielle automatisierte Prozesse,die zum Einsatz kommen, sodass man,ich möchte jetzt nicht sagen, nur noch die halb so viele Leute in der Produktionhaben, Aber generell ist es schon eine signifikante Reduktion an den Leuten, die das machen müssen.Oder machen, ja, machen müssen.
Tim Pritlove
Und sagen wir mal, jetzt geht alles supi mit der Ariane 6, so Bilderbuchstart,so wie man sich das wünscht.Die ersten fünf Launches laufen alle tippitoppi ab und alle so,aha, okay, Europa kann es ja dann doch noch, dann buchen wir mal.Und jetzt gibt es voll den Run und das Ding wird nachgefragt, wie nix Gutes.Wie skalierbar ist dann sozusagen sozusagen diese Produktion?Also ist das das, was du meinst, dass das jetzt sozusagen mehr den industriellenProzessen entspricht, dass man dann eben auch so ein Ramp-up machen kann und sagen kann,okay, jetzt bauen wir einfach sehr viel mehr und kommen jetzt an eine höhereTaktrate, was ja letzten Endes nicht nur mehr Einnahmen bedeuten würde für die einzelnen Flüge,sondern ja dann auch bedeuten würde, dass man im Prinzip auch eine Chance hat,die Produktionskosten als solche zu senken.
Denis Regenbrecht
Also das geht schon, aber nur bis zu einer bestimmten Grenze.Also die Anlagen, die wir jetzt alle haben und die Produktionsinfrastruktur,die wir jetzt haben, die ist darauf ausgelegt, bis maximal elf im Jahr herzustellen.Und die jetzt geplante Produktionsrate, wir sagen immer im eingeschwungenen Zustand,Geht von neun aus. Also man hat noch so ein bisschen Luft für zwei,vielleicht kann man auch mal zwölf herstellen,aber wenn man jetzt wirklich sagt, okay, die geht wie geschnitten Brot,wir könnten 20 am Stück verkaufen, dann müsste man tatsächlich nochmal Investitionenaufbringen, um zusätzliche Produktionsanlagen zu beschaffen.Das ist eigentlich, also das große Nadelöhr tatsächlich,sind jetzt gar nicht mal so die Stufen, die wir in Europa bauen,sondern das ist tatsächlich die Feststoffproduktionsinfrastruktur in französisch-guianer.Also die Feststoffstufen, die werden in französisch-koreaner direkt gebaut,hat Sicherheitsaspekte, weil man darf so große beladene Feststoffbooster mitdem Schiff gar nicht durch die Welt fahren.Also deswegen hat man sich bei Ariane 5 damals entschlossen,das in Kourou direkt zu machen und das ist dann halt auch, weil es dann dieInfrastruktur schon gibt, hat man es dann halt da gelassen.Und wenn man das wollen würde, müsste man da tatsächlich nochmal eine ganzeMenge Geld investieren.Man müsste auch in Europa Geld investieren, weil wie gesagt die Schweißanlagenund sowas sind auch ausgelegt auf eine bestimmte Kadenz,aber das Nadelöhr ist tatsächlich die Produktionskapazität der Feststoffgeschichten in Kuru.
Tim Pritlove
Okay, aber das ist jetzt auch nicht komplett unvorstellbar, dass man das tun könnte.
Denis Regenbrecht
Man könnte da sicherlich Geld investieren.Das Interessante ist, da kommen wir jetzt wieder auf deine Frage von der Reusability zurück.Da ist jetzt die Frage, ob es nicht eventuell tatsächlich mittelfristig schlauerist, tatsächlich auf diese Reusable Booster zu gehen.Anstatt dann viele hundert Millionen in Produktionsinfrastruktur von Feststoffzusätzlich ranzugehen.Also das ist dann auch mal so eine Frage, das sind dann Trade-offs,die wir dann auch machen, zusammen mit der Industrie und zusammen mit der ESA.Da gibt es keine richtige und keine falsche Antwort. Was wir machen,das ist ein hochkomplexes System und da gibt es nicht irgendwie die einzig wahre Antwort,weil das hängt immer davon ab, wovon gehe ich in der Zukunft aus, was sind meine Nutzer,was ist die Nachfrage,wie wird sich das entwickeln, wie entwickeln sich Preise für bestimmte Produkte.Feststoff ist zum Beispiel hochgiftig die Verbrennungsprodukte sind schädlichfür die Atmosphäre, schädlicher als alles andere, was die Rakete von sich gibt,gibt es da in Zukunft irgendwie einen Drive, dass das aus grünen Gründen nichtmehr gut ist und nicht mehr akzeptiert ist,was ich mir vorstellen kann und das sind alles solche Elemente weswegen es immerrelativ einfach die sind ja doof,die machen das alle ganz nicht so schlau, die beeinflussen, was am Ende danndie technische Lösung ist.Von politischen Randbedingungen mal ganz zu schweigen, dass natürlich für dieIndustriepolitik in Frankreich eine technische Lösung X vielleicht sinnvollerist als Y in Deutschland oder in Italien.Okay.
Tim Pritlove
Wäre denn außer dieser Feststoffproduktion, gäbe es denn noch andere Bottlenecksam Standort in Kuru oder ist im Prinzip Kuru auch in der Lage mehr Launches zu machen?
Denis Regenbrecht
Also man müsste sicherlich, was das Launchpad angeht, auch nochmal erweitern.Also das jetzige Launchpad, ich weiß es gar nicht, das ist nicht in der Lagemehr als ein Start pro Monat zu machen.
Tim Pritlove
Warum? Was ist da der limitierende Faktor?
Denis Regenbrecht
Die Endproduktionshalle, das ist das sogenannte Ball, wo die Rakete aus deneinzelnen Teilen zusammengelegt wird und die Prozesse, die da stattfinden, plus das ELA-4,also der Startkomplex, für alle Aktivitäten, die du da stattfinden lässt,brauchst du eine bestimmte Mindestanzahl an Tagen.Und wenn du die aufrechnest, dann kommst du auf 20 oder sowas.Und dann brauchst du noch Zeit nach dem Start, um dann wieder zu refurbishen,weil die Feststoffbooster, die hinterlassen da ja auch durchaus ihre Spuren.Und so, dass man halt sagt, also unter einer bestimmten Taktrate geht es nicht.Und wie gesagt, das ist jetzt die Größenordnung.Wahrscheinlich wird man mit Aktivitäten und wenn man sich anstrengt,das auch häufiger machen können, aber ich bin mir sicher nicht kontinuierlich jedes Jahr.
Tim Pritlove
Okay, also neben dem Launchpad, diese Halle, das ist sozusagen etwas vorgelagert,da war ich dann auch, das ist einfach so eine Halle.Da wird das Ding halt horizontal zusammengebaut, dann rübergefahren und dort erst aufgerichtet.Das ist ja auch neu, das ist ja bei der Ariane 5, glaube ich,anders gewesen. Da wird die vertikal transportiert.
Denis Regenbrecht
Die wird auch vertikal integriert und deswegen sind ja auch die Integrationszahlender Ariane 5 so viel höher als, also ich weiß nicht, als du ein Guru warst,hast du ja bestimmt das Bill und das Buff gesehen.
Tim Pritlove
Das war was, Bill, Buff?
Denis Regenbrecht
Bill ist das Bâtiment Integration Lanceur. Ja.
Tim Pritlove
Für die 5 oder die 6, meinst du jetzt? Nee, die 5 habe ich leider gar nichtsehen können. Ich bin nur bei der 6 gewesen.
Denis Regenbrecht
Also das sind zwei größere, also richtig große Gebäude.Im Bill wird die Rakete sozusagen, die Unterstufen und sowas zusammengebaut.Und im Buff, das ist das Bâtiment Assemblage Finale, also das Endmontagegebäude.Das ist dementsprechend auch noch ein bisschen höher, wo dann auch noch dieFairing und die Satelliten obendrauf gesetzt werden. Und das wird alles im Vertikalengemacht, auf den Starttischen.Und die Starttische, die rollen dann sozusagen direkt zum ILA-3,also zum Startplatz für die Ariane 5.Und der Starttisch der Ariane 6, der ist nicht mehr mobil, der ist fest eingebaut.Und wie du sagtest, wird die Ariane 6 horizontal da angeliefert und wird dannerst auf dem Starttisch aufgerichtet, was im Endeffekt genauso ist,wie es dann auch SpaceX machen oder die Russen.
Tim Pritlove
Okay, das heißt, man müsste im Prinzip, wenn man die Taktrate erhöhen will,müsste man entweder sich Maßnahmen überlegen, wie man das besser parallelisiert,weil es wäre ja denkbar, dass man vielleicht in der Halle schon die nächstezusammenbaut, während die andere noch am Start ist. Das ist ja,glaube ich, schon weit genug entfernt.Das war, glaube ich, eine ziemliche Distanz.Im schlimmsten Fall bräuchte man halt nochmal einen weiteren Startplatz.
Denis Regenbrecht
Aber das ist tatsächlich ein Luxusproblem. Also da muss man echt sagen,wenn wir in die Situation kommen, dass wir so viele Ariane 6 verkauft bekommen,dann ist das tatsächlich ein Luxusproblem.
Tim Pritlove
Aber es ist machbar. Also ich meine, Kuru ist ja ein Rigi-Senn-Ort.Also das hat mich ja wirklich getroffen wie ein Blitz.Man steigt da ins Auto und sagt, jetzt fahren wir mal dahin.Erst mal unterwegs und dann ist man unterwegs und man hat das Gefühl,man fährt durch das halbe Land.Das ist einfach ein Riesenkomplex und da ist noch so viel Platz für alles mögliche.Zumal ja der alte Ariane 5 Launchplatz ist ja jetzt im Prinzip vakant,oder? Also der wird jetzt für nichts mehr gebraucht, oder?
Denis Regenbrecht
Der ist momentan vakant, aber der wird Nachnutzung finden.Also erst jetzt mal übergangsweise wird die Vega wahrscheinlich davon starten,also die Weiterentwicklung der Vega, also weiterentwickeln.
Tim Pritlove
Die ja derzeit auch noch einen eigenen Startplatz hat.
Denis Regenbrecht
Die hat einen eigenen Startplatz und der wird auch weiterhin bestehen.Aber die wird noch weiter entwickelt.Und um den Startplatz sozusagen an die neue, also wir haben jetzt die Vega ohne Buchstaben.Ist ausgelaufen. Jetzt gibt es die Vega, also es gibt noch eine Rakete.Dann gibt es die Vega C, das ist die verbesserte Version. Und dann wird es zukünftigauch eine Vega E geben. Und die Vega E, dafür muss der Startplatz angepasst werden.Aber gleichzeitig will man ja die Vega C weiter starten und um sozusagen diesegegenseitigen Einflüsse zu minimieren,soll der ehemalige Ariane 5 Startplatz übergangsweise für die Starts von Vega umgebaut werden.Das ist aber auch erstmal ein Wunsch der Italiener, dem wurde jetzt auch entsprochen, politisch.Aber wie das jetzt finanziell und mit welchen Inhalten genau aussieht,da muss man sich mal drüber unterhalten.Wir sagen, an und für sich kann das keine Dauerlösung sein, weil wenn wir jetztwieder auf diese Launcher-Challenge zurückkommen, kann es ja sein,dass eventuell ein Anbieter einen Bedarf hat, das zu machen.Genauso sieht Frankreich auch andere Nutzungsmöglichkeiten des ELA-3,gerade auch wenn man jetzt ein bisschen perspektivischer in die Richtung denkt,dass man vielleicht auch mal irgendwann bemannte Starts von Kourou aus macht.
Tim Pritlove
Okay. Das Fass wollte ich jetzt eigentlich gar nicht mehr aufmachen.
Denis Regenbrecht
Das Fass mache ich auch direkt wieder zu.
Tim Pritlove
Okay. Ja, spannend.Also es geht dann im Laufe dieses Jahres hoffentlich bald los.Das werden wir dann sehen, wie gut es läuft. Was…,Liegt denn so jetzt in der unmittelbaren Zukunft?Also klar, jetzt will man natürlich erstmal, dass Ariane 6 ein Erfolg wird undman muss halt schauen, wie sich die Konkurrenz, auch die Kostenkonkurrenz mitanderen Anbietern auf der Welt und SpaceX ist ja noch nicht mal das Einzige.Also auch in Indien gibt es Launcher-Aktivität.Für polare Missionen gibt es ja sowieso sehr viele andere Startplätze noch.Ich glaube auch Japan ist ganz gut unterwegs und irgendeinen habe ich sogarnoch vergessen. mit Chinesen dürfen wir natürlich nicht vergessen,aber die sind ja nicht so in dem Markt drin und Russland, weiß man nicht,muss man schauen, wie sich das jetzt entwickelt.Aber es wird sich ja weiterentwickeln, dieser Markt, ist ja klar.Was ist sozusagen Beyond Ariane 6 oder ist das jetzt erstmal so das Denkmodell für die nächsten,Dekaden?
Denis Regenbrecht
Dekaden glaube ich nicht. Also was klar ist, wo wir jetzt auch die,also ich in meinem Bereich die meiste Arbeit reinstecken werden,ist natürlich erst mal die Ariane 6 zum Fliegen zu bekommen.Und nach dem Erstflug beginnt ja eigentlich erst die richtige harte Arbeit.Eine Produktionskadenz und eine Startkadenz kontinuierlich so hinzubekommen,dass wir halt auch ein gutes System haben.Und dazu gehört jetzt auch, dass momentan die Diskussionen mit der Industrieam Laufen sind, was die Produktionsverträge angeht in der Industrie.Ersten Phase der kontinuierlichen Produktion.Also wir haben zwei Phasen. Wir haben einmal eine sogenannte Transitionsphase,das sind die ersten 15 Raketen, wo man sozusagen so langsam sich hochfährt und ab Rakete 16,sagt man, sind wir kontinuierlich drin und da finden momentan Gespräche stattzwischen ESA, zwischen uns, zwischen Industriellen,wie diese Phase ausgestaltet wird,vertraglich und auch auch Randbedingungen, das ist etwas, was auf alle Fällejetzt gerade auf dem Papier steht.Und natürlich ist klar, dass die Ariane 6 bis in die 30er Jahre hinein auf alleFälle ihre Rolle spielen wird, wenn es nach mir geht, auch darüber hinaus.Dann ist aber auch die Vorbereitung der Zukunft ein Element,was gar nicht so in meinem Bereich hineingehört.Da kümmert sich ja der Kollege drum, von dem ich am Anfang gesprochen habe.Aber natürlich habe ich da auch meine Ideen und kriege da auch was von mit.Wir reden ja auch miteinander. Und da ist natürlich jetzt der erste große Schrittjetzt diese Ausgestaltung der Randbedingungen für das, was wir diese Launcher Challenge nennen.Also das ist ja erstmal eine Idee,aber eine Idee mit bestimmten Umsetzungserwartungen, aber daraus muss man jaauch erstmal ein Konzept und ein Vorgehen machen, was Hand und Fuß hat.Und das ist das, was jetzt auch dieses Jahr tatsächlich uns im gesamten Bereich, aber auch der ESA,sehr viel Arbeit hervorrufen wird, dieses Konzept auch so zu definieren,dass man 2025 auf einer Ministerratskonferenz auch das entscheiden kann undsinnvollerweise dann auch mit einem nicht gerade geringen Geldsummen da reingehen kann.Weil wenn ich Firmen verspreche, dass ich in Zukunft ihre Produkte auf alleFälle kaufe, dann muss ich auch dafür sorgen, dass ich auch das Geld habe,diese Produkte zu kaufen.Und ich muss ihnen natürlich auch im Rahmen dieser Challenge Co-Financing,ist das richtige Wort, geben, weil das hat die NASA bei SpaceX ja auch gemacht.Und diese ganzen Sachen auszudiskutieren, das ist ja, also wie Deutschland sichdas vorstellt, ist das eine.Frankreich mag es anders sehen, Italien mag es anders sehen,die Schweiz mag es anders sehen, am Ende muss es die ESA umsetzen.Und das sozusagen alles so konvergenzmäßig zu haben, dass am Ende alle bereitsind, bei sowas mitzumachen. Da ist noch eine Menge Arbeit, die vor uns steht.Aber das ist aus unserer Sicht zumindest ein Weg, mit dem man die Zukunft sicherlichpositiv gestalten kann.
Tim Pritlove
Ja, Dennis. Dann würde ich sagen, können wir an der Stelle auch den Überblicküber das Programm mal zum Ende bringen.Also Ariane 6 wird kommen.Derzeit ist noch ein bisschen Flaute in Kuro, aber demnächst kann man sich dawieder ein bisschen auf Arbeit einstellen. Ich.
Denis Regenbrecht
Meine, das auf alle Fälle und die ersten 16 Raketen, die sind verkauft.Also die müssen jetzt nicht irgendwie händeringend nach Kunden suchen gehen.Also die Raketen sind voll und die Kunden warten, dass es endlich losgeht unddas kann ich verstehen. Also wir warten auch, dass es endlich losgeht.
Tim Pritlove
Ja klar, wir waren alle da drauf. Das heißt, wenn jetzt der Jungfernflug klappt,geht es dann sofort im Monatszyklus weiter?
Denis Regenbrecht
Also wenn der Jungfernflug klappt, würde ich prognostizieren,dass wir mit 24 noch einen Flug haben.Und dann hängt es davon ab, wie schnell die hoch skalieren können.Also, es gibt viele Menschen, die momentan nichts anderes tun,als diesen Ramp-Up darstellen, also nicht zu wollen, sondern sicherzustellen,dass der Ramp-Up gut funktioniert.Und da gibt es diverse Planungen mit optimistischen,mit nominalen und mit pessimistischen Modellen, möchte ich jetzt gar nicht Zahlennennen, aber am Ende des Tages wollen wir schon relativ schnell auf diese neun pro Jahr kommen.Also wir werden 2025 noch nicht 9 pro Jahr haben, das ist auch klar.Wir werden wahrscheinlich 2026 auch noch nicht 9 haben, aber wenn wir 2027 9haben, das wäre schon gut.
Tim Pritlove
Okay. Jetzt kann man sich das so etwa vorstellen und dann gibt es regelmäßighoffentlich gute Nachrichten aus Co.Vielleicht habe ich da auch noch mal die Gelegenheit, mir mal was anzuschauen.
Denis Regenbrecht
Wenn das erstmal läuft, dann denke ich wir auch. Also zum Erstflug möchte möchteman auf keinen Fall in Kourou sein.
Tim Pritlove
Nee? Sind alle nervös oder was?
Denis Regenbrecht
Ja, vor allem kriegt man kein Hotel, weil da ist ja jeder da und,da muss man auch ein bisschen Zeit mitnehmen, weil das wird sowieso nicht an dem Tag fliegen.Also da muss man auch Geduld haben und Ausdauer. Und da sind dann auch genügend Leute dabei, die...
Tim Pritlove
Aber es ist eine Reise... Es ist ein bisschen heiß, aber das nimmt man damit.
Denis Regenbrecht
Kourou ist auf alle Fälle eine Reise wert und in einer Raketenstadt,definitiv. Ich spekuliere lieber auf den zweiten Flug.
Tim Pritlove
Alles klar, Dennis. Vielen Dank.
Denis Regenbrecht
Ich habe zu danken.
Tim Pritlove
Für die Ausführungen.
Denis Regenbrecht
Gerne, gerne.
Tim Pritlove
Und dann sehen wir auch mal zu, dass wir hier bei Raumzeit demnächst noch mehrAspekte davon abdecken können, aber das war es jetzt erstmal.Insofern danke ich fürs Zuhören und ich sage Tschüss, bis bald.

Shownotes

RZ118 Raumfahrt-Industrie

Die Rolle der Raumfahrt-Industrie beim Bau und Betrieb von Raumfahrzeugen

Firmen wie OHB in Bremen übernehmen in der Raumfahrt eine kritische Rolle. Als Partner der Wissenschaft und Raumfahrtagenturen begleiten sie die Planung und übernehmen den Bau der Raumfahrzeuge und Nutzlasten. Die von ihnen mit entwickelte Technik erlaubt dabei, die Satelliten immer moderner werden zu lassen und zunehmend kostengünstiger zu betreiben.

Aber nicht nur das Zustandekommen von Missionen steht im Fokus dieser Unternehmen. Immer wichtiger wird die Planung des Missionsendes, der Rückführung, Entsorgung und ggf. auch die Verlängerung von Missionen nehmen immer breiteren Raum ein. Die Problematik der Weltraumschrotts stellt die Raumfahrt vor neue Herausforderungen, die künftig mit neuen Lösungen für Planung, Reparatur oder Rettung von Missionen beantwortet werden müssen.

Dauer:
Aufnahme:

Charlotte Bewick
Charlotte Bewick

Wir sprechen mit Charlotte Bewick, Abteilungsleiterin für wissenschaftliche Missionen bei OHB in Bremen. OHB ist einer der Unternehmen, die in Europa Raumfahrzeugbau betreiben. Wir sprechen über die Aufgaben der Industrie bei der Planung von Missionen, über Fokus und Kommunikation und Organisation der eigenen Arbeit und auch über die spezielle Herausforderung der Weltraummüll-Problematik. Charlotte Bewick ist auch Gründerin des OHB-Weltraumschrott-Kompetenzzentrums und macht sich viel Gedanken darüber, wie Raumfahrt künftig technisch und rechtlich gestaltet werden muss, um die Raumfahrt auch in den nächsten Jahrzehnten noch sicher und bezahlbar zu halten.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Ich begrüße alle hier zur 118. Ausgabe von Raumzeit und heute bin ich mal wiederauf Reisen gegangen und habe mich nach Bremen begeben, Um ja mal ein Thema auf die Liste zu holen,was so ein bisschen noch am Seitenrand stand die ganze Zeit.Konkret soll es nämlich heute gehen um die Einbindung der Industrie in die Raumfahrt.Da wo also die Maschinen nicht nur gestaltet, sondern eben auch konkret gebaut werden.Ja und da begrüße ich erstmal meine Gesprächspartnerin für heute, Charlotte Burg.
Charlotte Bewick
Hi.
Tim Pritlove
Hallo Charlotte, wunderbar. Wir sind in Bremen und zwar ganz konkret sind wirhier bei OHB, ein Name, den man in der Raumfahrt kennt.Sicherlich kein Unternehmen, was so eine deutschlandweite Resonanz hat,aber natürlich in der Raumfahrt bekannt ist wie ein bunter Hund.Ursprünglich hieß das mal Otto Hydraulik Bremen GmbH.
Charlotte Bewick
Das stimmt. Und dann hieß es mal orbitale Hochtechnologie Bremen und mittlerweilehaben wir nur noch die Buchstaben, glaube ich, OHB ohne Bedeutung.Ja, genau. Ja, ich glaube in der Raumfahrt sind wir sehr bekannt.Wir sind drittgrößte Satellitenbauunternehmen in Europa.Aber ich glaube auch in Bremen kennt man uns sehr gut, sehr wohl.
Tim Pritlove
Kann ich mir vorstellen.
Charlotte Bewick
Wir haben viele Mitarbeiter hier, aber sonst haben wir nicht so die Prominenzwie jetzt Airbus oder so, wo man ja auch die Flugzeuge vor allem kennt.Das machen wir nämlich nicht. Wir machen reine Raumfahrt.
Tim Pritlove
Aber klein ist der Standort ja nicht. Also wenn ich das richtig sehe,sind das so knapp 3000 Mitarbeiter.Das ist ja schon ein etwas größerer mittelständischer Betrieb kann man sagen.
Charlotte Bewick
Absolut. Wir sind auch stark gewachsen. Ich bin seit zehn Jahren in der Firmaund als ich hierher kam, waren es ein paar hundert.Genau wie viele weiß ich nicht mehr, aber wir sind stark gewachsen in den letzten zehn Jahren.
Tim Pritlove
Also wir haben ja hier so einen Standort, ich glaube, auch in der Nähe der Universitätin Bremen und auch in der Nähe von anderen wichtigen Raumfahrtnahen, Instituten,wissenschaftlichen Organisationen, der Fallturm ist glaube ich nicht weit.Das war ja sicherlich eine bewusste Entscheidung, sich hier einzubetten.
Charlotte Bewick
Ja, das war vor meiner Zeit, aber ich finde es passt sehr gut.Wir sind ein Unternehmen, wir sind stark an Forschung, Entwicklung,Wissenschaft dran und darum hier oben im Technologiepark in der Nähe der Uni,in der Nähe vom DLR und Zahm hattest du ja auch eben angesprochen,das ist ein super Standort.
Tim Pritlove
So, stellt sich natürlich erstmal die Frage, was hat dich denn hier hingeführt?Du bist ja, glaube ich, Luft - und Raumfahrttechnikerin, wenn ich das richtigsehe. So eine Ausbildung, die hast du wo gemacht?
Charlotte Bewick
Ich habe in Berlin studiert, an der TU Berlin habe ich Luft - und Raumfahrttechnikstudiert, habe dann einen Master in Space Engineering and Astronautics gemacht in England,in Cranfield University und danach habe ich einen PhD gemacht in Glasgow ander Strathclyde University und mein Fokus da war, nennt er sich,Habe ich vergessen? Nein. Quatsch. Space Mission Applications of High Area toMass Ratio Orbital Dynamics.
Tim Pritlove
Wow, that's a mouthful.
Charlotte Bewick
Ja.Heißt? Also es geht um Körper mit einem großen Oberfläche -zu -Masse -Verhältnis,die im Weltraum, also im Orbit sich befinden.Und dadurch, dass die Oberfläche so groß ist, erfahren sie überproportionalviel Oberflächenkräfte, wie zum Beispiel Sonnendruck, ganz genau,Solardruck, aber halt auch Drag zum Beispiel.Und wir hatten geschaut, was passiert mit diesen Objekten, wie verhalten die sich?Und dann haben wir oder habe ich Anwendungen definiert. Und eine Anwendung,die da rauskam, war, dass man auch aus sehr hohen zirkulären Orbits mithilfedes Solardrucks passiv den Wiedereintritt forcieren kann,wenn man seine Oberfläche gezielt zu einem bestimmten Zeitpunkt ändert.Sprich, man hat zum Beispiel einen Ballon dabei, den man zu einem gewissen Zeitpunkt,genauen Zeitpunkt, bevor er berechnet ist, aufbläst.Und dann sorgt der Solardruck dafür, dass das Perigeum des Orbits,also das ist der Punkt, der der Erde am nächsten ist, immer näher zur Erdoberflächekommt, weil der Orbit insgesamt elliptischer wird.Und dann, wenn der dann niedrig genug ist, dann hat er dort so viel Luftwiderstand,dass der ganze Satellit wieder eintritt.Da bin ich auch in diese Weltraumschrott -Thematik reingegangen.Jedenfalls mein Fokus war eben Orbitaldynamik, war sehr mathematisch orientiert.Und dann habe ich, nachdem ich mein PhD abgeschlossen hatte oder ich habe nochmeine, meine Arbeit war noch nicht geschrieben, aber meine Forschung war zu Ende,da habe ich mich umgeschaut nach möglichen Stellen und habe hier eine ganz ansprechendeStelle gefunden bei ORB, nämlich Systemingenieurin in der Vorentwicklung.Und und hab mich beworben und hab die Stelle bekommen. Das ist jetzt über zehnJahre her und seitdem bin ich hier bei OHB in Bremen in der Vorentwicklung undmittlerweile, also von Systemingenieurin, leitende Systemingenieurin,bin ich mittlerweile Abteilungsleiterin und Projektmanagerin.
Tim Pritlove
Für welche Abteilung genau?
Charlotte Bewick
Wissenschaftsmissionen.
Tim Pritlove
Wissenschaftsmissionen, was ein Schwerpunkt ist bei OHB, kann man sagen.Okay, spannend. Also das deutet ja auch schon ein anderes Thema an,auf das wir sicherlich noch mal eingehen, aber so dieser Wiedereintritt,das ist natürlich ein heißes Thema seit einigen Jahren in der Raumfahrt,weil das halt einfach mal mit eingepreist werden muss.Dass es im Prinzip ja auch ein Memorandum of Understanding gibt.Von Gesetzen kann man ja nicht wirklich sprechen, sozusagen das ist das Ziel,möglichst wenig Schrott zu hinterlassen, weil wir haben halt schon genug imAll wie auf der Erde und da gibt es ja einige Jahre nachzuarbeiten,wo der Fokus nicht so sehr darauf lag, wie man den Ort wieder verlässt und vorallem nicht so verlassen hat, wie man ihn vorzufinden wünscht.
Charlotte Bewick
Absolut, das ist ein wichtiger Punkt, genau.
Tim Pritlove
Aber deine Technik war so ein bisschen das rausfinden, weil man den Regenschirmim richtigen Moment aufspannt, um ein bisschen sich abzubremsen.
Charlotte Bewick
Ja, das war total spannend, weil ich hatte vorher viele Paper gelesen,natürlich ein Literature Review gemacht und so weiter und ich bin halt immerwieder darauf gestoßen,den Luftwiderstand zu nutzen, aber das geht nur bis maximal 800 Kilometer,weil danach wird es zu wenig Luftwiderstand, keine Restatmosphäre und dann mussman sich anders behelfen.Und dann in meinen Simulationen habe ich dann gesehen, das geht ja,man kann ja viel höher noch die Oberfläche nutzen, eben durch den Solardruckund also 3000 Kilometer zum Beispiel gab es eine Zone, in der es möglichst effektivist, 6000 Kilometer in dem Bereich.Und dann war das für mich eine totale Überraschung, dass das vorher noch nichtso richtig aufgetaucht ist und genutzt wurde.
Tim Pritlove
Das würde mich mal interessieren.Wenn ich jetzt richtig zurückrechne, diese Studienzeit muss ungefähr so 2010 herum so gewesen sein.Bist ja jetzt mal ein etwas modernerer Student im Vergleich zu vielen altenHasen, die ich hier schon interviewt habe.Kannst du uns mal so ein bisschen Einblick geben, weil ich finde es immer herausfordernd,gerade wenn man in so einem wissenschaftlichen, technisch -wissenschaftlichenBereich unterwegs ist, sich einen Überblick zu verschaffen.Ich meine, auf der einen Seite muss man sich erstmal die ganze Mathematik unddas Basiswissen und so weiter natürlich auf jeden Fall ranholen,aber man will ja in gewisser Hinsicht auch auf dem Stand der Dinge sein unddie akkumulieren sich natürlich über die Jahre.Das Wissen wird ja nicht komplett verworfen, sondern es kommt halt immer wiederwas dazu. Wie hast du da den Weg gefunden, wirklich festzustellen, da fehlt was?Also hast du irgendwie moderne Recherchemethoden verwendet, zum Beispiel,um irgendwie Paper im großen Stil abzugrasen oder muss man einfach nur viellesen oder sich für intuitiv an das Richtige heranrobben?Hast du da irgendwie einen Pfad, den man empfehlen kann?
Charlotte Bewick
Also erst mal habe ich mich auf diese freie Forschungsstelle beworben,die war aber vom Ziel her schon definiert, also es ging eben um High Area -to-Mass -Ratio Orbital Dynamics.Mein Professor, das war Professor Colin McInnes, kennt sich sehr gut in demBereich aus und der wusste eben, da gibt es noch freie Stellen,Sachen, unbeantwortete Fragen anzuschauen.Das heißt, so ganz ist das natürlich nicht nur auf meinem Mist gewachsen.Und als ich dann dort angefangen habe, war ich erst mal sehr breit aufgestellt.Ich habe gesagt, okay, jetzt erst mal simuliere ich, was passiert überhauptbei dem Oberflächensache. Das ist was, was viele Leute vor mir auch schon gemacht haben.Und dann immer, wenn ich an eine Stelle gekommen bin, wo ich es interessantfand oder so, habe ich immer gesucht nach Papern, die...Sich auch dem widmen und dann dort wirklich ganz klassisch über die Referenzlisteauf andere Papers gestoßen und so weiter und so weiter.Und dann, als die ersten Ergebnisse da waren, das war schon innerhalb von einemJahr, bin ich dann auf Konferenzen gegangen.Und da habe ich meine Arbeit vorgestellt und auch dort wurde ich dann wiedervon Leuten angesprochen, die gesagt haben, hast du mal die Arbeit von das unddas und das und dem und dem angeschaut.Das ist doch ähnlich, da gibt es doch Schnittstellen und so ist das passiert.Also es gab keine sehr modernen Methoden.Ich glaube, das sind die Methoden, die schon vor 100 Jahren in der Wissenschaft so verwendet wurden.
Tim Pritlove
Okay, also funktioniert noch und hat sozusagen auch noch seine Berechtigung.Das ist auch gut zu wissen.Ja, auf jeden Fall.Ja, dann schauen wir doch mal, was OHB jetzt hier eigentlich macht.Also wenn man jetzt so Missionen vorstellt, und ich habe ja hier viele Missionenschon vorgestellt, Sowohl die wissenschaftlichen Aspekte, vielleicht mal mitmehr Fokus auf die Instrumente,aber natürlich dann auch die eigentliche Missionssteuerung, Launch,all diese ganzen Aspekte, da kommt ja eine Menge dazu.Haben wir meistens immer so ein Segment, wo wir kurz darüber sprechen,so okay, warum gibt's denn das überhaupt?So ja, da hat die ESA dann irgendwann mal beschlossen und dann haben wir das halt gebaut.Und das fasst ja eigentlich eine ganze Menge zusammen, weil da gehört ja dannerstmal das Spüren der Notwendigkeit für ein bestimmtes Thema auf der einen Seite,wissenschaftlicher Unterbau, der hier irgendwie gegeben sein muss,dann eine entsprechende Diskussion bis hin zu Machbarkeitsstudien,was ist denn jetzt hier sozusagen überhaupt zu machen.Jetzt seid ihr ja hier, ein Teil davon.Wie schlagen solche Themen bei euch auf?Also ab wann ist überhaupt OHB an so etwas beteiligt?Kannst du uns vielleicht mal erstmal so einen groben Ablauf geben,wie so eine Mission insgesamt vom Zeitrahmen abläuft?
Charlotte Bewick
Ja klar. Also ganz allgemein bei Raumfahrtmissionen unterscheidet man ja zwischenden verschiedenen Phasen, die fast alle Buchstaben haben, außer eine Zahl.Das ist Phase 0 und dann A, B, C, D, E.Wir sind hier in der Vorentwicklung normalerweise für die Phasen 0, A und B1 zuständig.Phase 0 ist eine Art Vorstudie, wo man wirklich ganz grob die Konzepte für eineIdee generiert. Phase A ist die Machbarkeitsstudie, wo man am Ende mit einemMissionskonzept rauskommt.Und Phase B1 ist die erste Detailausarbeitung, wo man am Ende den sogenanntenPreliminary Requirements Review hat.Und da werden die Anforderungen an die Mission nochmal durchleuchtet und eswird entschieden, mit welchen Anforderungen geht man jetzt in die richtige Detailarbeit. Das heißt...Die Anforderungen kommen ja immer von irgendwoher. Die Anforderungen kommenin der Wissenschaftsmission von den Wissenschaftlern.Die Wissenschaftler identifizieren, sie möchten irgendetwas untersuchen undsagen dann, wir brauchen dafür Daten in dem und dem Spektralwand oder mit derund der Frequenz und der Genauigkeit und so weiter.Also richtige Datenanforderungen erstmal nur an das, was wir das Science Productnennen und das Wissenschaftsprodukt.
Tim Pritlove
Also meistens die Instrumente, die dann sozusagen auf dem Satelliten installiert sind.
Charlotte Bewick
Genau, aber man kann sagen Anforderungen an das Gesamtsystem Satellit,aber dann würde man aus diesen Anforderungen an das Datenprodukt,würde man als erstes Anforderungen an das Instrument ableiten können und wennman dann weiß, wie das Instrument aussieht, dann weiß man, was man dafür füreinen Satelliten braucht, damit man das fliegen kann.Aber diese Schritte, also die Wissenschaftler selber, haben meistens gar nichtdie Möglichkeit, das abschätzen zu können, was bedeutet das für den Satelliten,wie schwer wird der, wie teuer wird der vor allem.Und da unterstützen wir. Und das machen wir in dem ersten Schritt meistens pro bono.Also wir sind dann mit Wissenschaftlern im Gespräch und sagen, wir helfen euch, eure,Wissenschaftsanforderungen runterzubrechen und daraus ein erstes ganz grobesSystemdesign zu machen. Und das könnt ihr dann benutzen, um gegenüber ESA,das ist meistens ESA, einen Science -Vorschlag einzureichen,also einen Missionsvorschlag.Und dann, wenn wir das machen, weil sowas springt für uns dabei raus,wir haben dann schon sehr früh Einblicke in kommende Missionen.Und das ist also was, was wir total gerne auch machen und es macht auch Spaß.
Tim Pritlove
Man ist im Gespräch, man zeigt auch, was man drauf hat.
Charlotte Bewick
Das auch, genau. Und wir haben dann gute Connections zu den Wissenschaftlern irgendwo.
Tim Pritlove
Letztendlich, wenn man erstmal… Ich glaube, das würde auch mit einer finanziellenBasis überhaupt nicht funktionieren, weil wo soll die Wissenschaftler das in der Phase hernehmen?
Charlotte Bewick
Ganz genau. Und aber jetzt auch nochmal persönlich gesprochen,macht auch einfach wahnsinnig Spaß, weil man dann auch sehr,sehr frei ist in der Konzeptionierung.Man hat noch gar keine Design -Requirements. Design Requirements sind die,die dann später kommen, die das spezielle Design irgendwie festlegen,wo man dann eingeengt wird in seiner Wahl.Und da sind wir noch ganz frei und das macht besonders viel Spaß.
Tim Pritlove
Klar, da kann man richtig rumspinnen.
Charlotte Bewick
Ja, so ist es wirklich.
Tim Pritlove
Was wäre wenn?
Charlotte Bewick
Ja, und das ist echt richtig cool. Und dann müssen wir natürlich ein bisschengucken, passt das in den Budgetrahmen rein, der jetzt angedacht ist und versuchenauch den Wissenschaftlern zu helfen, diesen einzuhalten, wenn es nicht geht.Also wenn wir merken, okay, das wird viel zu schwer, viel zu teuer oder sowas,dann sagen wir, okay, was wäre, wenn wir stattdessen das und das und das machen?Und am Ende wollen wir halt was haben, was auch Hand und Fuß hat.Und das reichen dann die Wissenschaftler bei der ESA ein.Und dann ist eigentlich unser direkter Kontakt zu den Wissenschaftlern erstmal vorbei. Dann läuft das in der ESA.Die nehmen diese verschiedenen Missionsvorschläge und suchen dann,evaluieren die und suchen dann welche aus. Also ganz konkret läuft jetzt gerade zum Beispiel der M7.M7 ist eigentlich die siebte Science -M -Class -Mission, also mittlere Mission mittlerer Größe.M6 wurde aber ausgelassen, also es ist eigentlich die sechste.Es gab aber M1, M2, M3, M4 und M5.
Tim Pritlove
Also M7, da sind wir gerade… Was waren das für Missionen, um mal einen Vergleichzu haben, was Mittel ist?
Charlotte Bewick
Ja, also Solar Orbiter ist eine. Dann haben wir Plato bei uns,wird gerade gebaut bei OHB, das ist eine Exoplaneten -Finde -Mission.Dann Ariel zum Beispiel ist auch so eine astronomische Mission.Und genau bei, jetzt Envision ist der Kandidat für M5, das ist eine Missionzur Venus, eine Radar -Mission zur Venus.Und jetzt M7 sind wir im Moment noch bei fünf möglichen Kandidaten und davonwird ESA jetzt in den nächsten Wochen drei auswählen, die in die nächste Runde gehen.Und ab dem Punkt, wo dann noch drei über sind, da wird die Industrie wieder involviert.Das heißt, dann bittet uns ESA, Angebote für Studien abzugeben, und zwar Phase A und B1.Und dann wird für alle drei Missionen jeweils zwei parallele Studien durchgeführtfür diese Phase A, also diese Machbarkeitsstudie und diese Missionskonzeptstudie.Und am Ende davon möchte ESA von uns wissen, was sind die Risiken, was sind die Kosten.Welche Requirements, also welche Anforderungen können erreicht werden,also wie hochperformant kann dieses System sein und darum auch mit zwei parallelenIndustriekonsortien, damit man eben eine Art Zweitmeinung dabei hat.Und dann auf dieser Basis von dem Ergebnis von der Phase A wird dann in zweiJahren die tatsächliche Mission ausgewählt, die es dann wird.Und das ist wahnsinnig spannend, weil die Missionen so interessant sind im wissenschaftlichen Bereich.Also wenn wir jetzt bei M7 gucken, was ist noch im Rennen, kann man auch imInternet recherchieren, aber es gibt eine Mission mit zwei Orbitern am Mars.Es gibt eine Mission, die soll auf dem Zwergplaneten Ceres landen.Es gibt eine Mission, wo es eine Hauptspacecraft und viele Töchter -Spacecraftgibt, die in Formation fliegen und das Erdplasma erforschen.Es gibt ein Gamma -Ray Observatory und es gibt noch eine astroseismologischeMission. Also wahnsinnig spannende.
Tim Pritlove
Auch sehr breit gestreut. Total. Schwierig da überhaupt einen Schwerpunkt festzulegen.Aber ich glaube vor den Entscheidungen steht die ESA ja am laufenden Meter da.
Charlotte Bewick
Richtig.
Tim Pritlove
Da weinen immer mehr als sich freuen. Kann ich mir vorstellen.
Charlotte Bewick
Auf jeden Fall.
Tim Pritlove
Okay. Ich habe jetzt drei Phasen gehört. Also eine einzelne Mission,wenn sie denn dann wirklich mal gebaut und geflogen wird, bis zu wie vielenBuchstaben geht das dann noch?
Charlotte Bewick
Also genau, B1 ist normalerweise die letzte Phase, die wir in der Vorentwicklungmachen. Danach gibt es dann ein Angebot, die Mission auch wirklich zu implementieren.Und dann gehen wir ab an die Implementierungsdirektorate hier und dort kommtdann B2. Das ist das Detailed Design.Das endet dann mit dem Preliminary Design Review, PDR.Dann kommt die Phase C, da wird auch schon gebaut, da kommt dann das Critical Design Review am Ende.Und dann die Phase D ist wirklich Assembly, Integration und Testing.Dann wird das ganze Spacecraft zusammengeschraubt, komplett getestet.Und in der Phase E, das ist Operations,da wird es dann gelauncht und der Satellitenbetrieb ist da auch dabei.Und dann spricht man manchmal noch von der Phase F, das Disposal,das kommt wieder dann in diesen Bereich Space debris mitigation.
Tim Pritlove
Okay, also im Prinzip geht es von Null bis F.
Charlotte Bewick
Genau.
Tim Pritlove
Nur, okay, interessant, das istB1, B2 und genau da ist aber auch so eine Trennung der Zuständigkeiten.Fragen Sie mich, warum da nicht einfach die Buchstaben weitergeführt wurden?
Charlotte Bewick
Ja, das ist ganz interessant. Also eigentlich ist Phase B das,wo die Requirements konsolidiert werden und das Design quasi komplett gemacht wird.Das ist theoretisch immer alles auf dem Papier und noch nichts gekauft und dannab Phase C wird gekauft und so weiter.In der Realität ist es nicht ganz so, aber der Schnitt hier ist bis zum B1 -Ende.Kann man das als Systemintegrator mit seinen Unterauftragnehmern gemeinsam das Design machen.Danach muss man anfangen mit den Komponenten, Manufacturing,die Verträge abzuschließen. Und da muss man dann auch den Vertrag mit dem Kundenhaben, weil sonst kann man das nicht weitergeben.Also darum ist da meistens der Schnitt. Aber es gibt tatsächlich auch Ausnahmen.Wir hatten ja Comet Interceptor.Das war eine Science Mission, die wir jetzt gewonnen haben. Also in Italien,UAB Italien wird die implementieren. Wir sind aber auch dabei.Und da wurde es mal ganz anders gemacht. Das war für uns auch ein Novum.Da haben wir nämlich zwei Phasen, Phase 1 und Phase 2.Und Phase 1 ist Phase A, B1 und B2.Und wir haben damals also tatsächlich bis zum Ende der Phase B2 in der Vorentwicklungan dieser Mission gearbeitet.
Tim Pritlove
Also bis zum detaillierten Design.
Charlotte Bewick
Richtig, bis zum Ende des detaillierten Designs.
Tim Pritlove
Ok, also ist auch nicht in Stein gemeißelt, aber im Prinzip ist das so eineArt Gerüst, mit dem man schnell kommunizieren kann, wo befindet sich jetzt so ein Projekt.Ja, ok. Würde ich ganz gerne nochmal in die einzelnen Phasen vielleicht einbisschen reinschauen, weil ich glaube das ist ja dann auch für eure täglicheArbeit dann auch sehr aussagekräftig.Weiß nicht, könnte man sich jetzt mal an einem konkreten Projekt ja vielleicht auch orientieren.Also Null, die Nullphase, wer nimmt da mit wem erst mal Kontakt auf,womit fängt's an, wer ruft wen an?
Charlotte Bewick
Im Science -Bereich läuft die Phase Null meistens bei der ESAB,also ohne Industriebeteiligung.Die machen dort Concurrent Design Aktivitäten.Wir haben aber Phase Null auch hier bei anderen Missionen schon oft gemacht.Und das ist meistens so, dass man da noch nicht mit vielen Partnern zusammenarbeitet,am besten macht man es als Firma alleine, weil zu viele Interfaces und Schnittstellenführen zu Komplikationen.Man muss da ziemlich schnell und interaktiv miteinander arbeiten.Da ist gerade so ein Concurrent Engineering Approach eigentlich super.Wir haben hier zum Beispiel diese CEFO, die Concurrent Engineering Facility.Das ist ein Raum mit vielen Workstations, wo man gemeinsam sitzt und iterativ arbeitet.Also die Idee ist, von jeder Disziplin sitzt dort jemand, ein Strukturingenieur,eine Antriebsingenieurin, Thermalingenieurin und Missionsanalyst und so weiter.Die sitzen alle in diesem Raum zusammen Und man kann ganz schnell das Designzusammenbauen, sprich,da wird was schwerer in der Masse, dann geht das direkt rüber zum Antrieb,dann wird das Delta V angepasst, dann stellt sich heraus, wir brauchen größereTanks, das geht dann an die Akkommodation.
Tim Pritlove
Also Delta V ist dann, wie viel Beschleunigung braucht das Fahrzeug?
Charlotte Bewick
Ja genau. Und dann merkt man, okay, wir brauchen größere Tanks oder größereThruster, dann geht das an die Akkommodation, dann wird das in dem Satellitendesigneingebaut, jetzt muss die die Struktur wieder nachjustieren und so weiter.Das sind solche Kreisläufe, die sonst Wochen dauern können, weil dann kriegtwieder jemand eine E -Mail, dann muss er das bearbeiten, updaten,schickt wieder eine E -Mail.Und wenn man das in diesem CFO -Approach macht, dann sitzen alle gemeinsam indiesem Raum und machen das, was sonst ewig dauern würde, weil man eben immerdiese langen Lead -Zeiten hat, wo man dann wartet, dass jemand irgendeine Aktionmacht. Alles innerhalb von ein paar Tagen.
Tim Pritlove
Wie viele Leute halten sich dann da in diesem Raum auf? Also wie viele Wissenschaftler,die kommen da an und wollen was und wie viele von euch?
Charlotte Bewick
Also das sind meistens erst mal nur Ingenieure. Wir haben selten,dass wir die Wissenschaftler direkt im Raum haben. Manchmal binden wir die mitein, wenn es wirklich darum geht.Da ist noch ganz viel offen, aber sonst sagen wir einfach, das ist der Input von denen.Die briefen uns, die geben uns ihre Anforderungen und dann sitzen da nur Ingenieureund das sind so fünf bis zehn Personen.
Tim Pritlove
Unter anderem ist ja auch, glaube ich, das LISA -Projekt bei euch durchgegangenoder geht noch sozusagen gerade durch?Genau, also LISA läuft ja schon ewig und wir waren mal zu einem Zeitpunkt auch… Also LISA,kurze Erklärung, ist ja Gravitationswellenastronomie im All,also das, was derzeit nur auf der Erde gemacht wird mit drei großen oder weitvoneinander, nicht großen, aber weit voneinander entfernten Satelliten,die ja so einen riesen Dreieck quasi mit Laser aufspannen.
Charlotte Bewick
Millionen von Kilometern.
Tim Pritlove
Millionen von Kilometern voneinander entfernt sind und dann halt entsprechendeStreckungen im Raum messen sollen und ich kann mir vorstellen,wenn man jetzt mit so einem Projekt ankommt, ich meine das ist ja auch so ein Ding,das ist jetzt nicht irgendwie ein Fernsehsatellit oder so, was schon tausendmalirgendwie gebaut wurde und wo man auf Dinge zurückschauen kann und sagen,ja okay, letztes Mal haben wir das so gemacht,hat auch im Wesentlichen funktioniert, aber hier würden wir gerne noch ein bisschendran drehen, dann kriegt man das wahrscheinlich so im Nachmittag irgendwie weg.Aber wenn jetzt sowas auf dem Tisch liegt, wo ja im Prinzip,gut es gab jetzt diese Lisa, wie hieß sie?Passfinder Mission. Genau, wo das ja im Prinzip einmal ausprobiert wurde.Also da hat man jetzt sozusagen zumindest schon mal so dieses,ja wir wissen das funktioniert auch, trotz alledem, den Moment wo sich die Größenordnungenauch ändern, dann hat das ja ganz neue Anforderungen.Warst du damit dabei oder weißt du wie das wohl gelaufen sein könnte oder kannstdu vielleicht mal so ein bisschen versuchen darauf zu projizieren?
Charlotte Bewick
Also Lisa ist eine Mission, die ist schon ganz, ganz lange in der Mache.Und da hat sich auch schon ganz, ganz viel einfach umgeändert und gewandelt.Also wir waren auch mal gar nicht in Lisa involviert und jetzt sind wir ganzdoll involviert, auch weil die Mission selber schon so viele Wandlungen durchgemacht hat.Und jetzt kommen wir in die heiße Phase, denn wir erwarten jetzt,dass demnächst das große ITT rauskommt, also das große Angebot geschrieben wirdfür das tatsächliche Bauen von LISA.Und genau, LISA ist eine wahnsinnig spannende, coole Mission,weil es eben darum geht – das kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen– aber mit diesen Satelliten in so einem riesigen Abstand zu fliegen und dannaber auch hochgenau den Abstand zueinander zu messen mit diesen schwebenden Massen,um äußere Störungen ausschließen zu können.
Tim Pritlove
Die Goldwürfel, die da frei fliegen in den Satelliten selber drin.
Charlotte Bewick
Ja, also das ist richtig cool, aber auch extrem und ganz, ganz hoch anspruchsvoll.Und darum hat das so lange gedauert. Darum gab es so, so lange,so viele Vorstudien, weil es ganz viele Effekte gibt, wenn man dann ins Detail guckt.Jedes Mal, wenn man denkt, jetzt machen wir eine Detaillierung mehr,kommt, wir müssen noch viel genauer anschauen.
Tim Pritlove
Und die allerwenigsten Missionen haben ja überhaupt diesen Luxus erstmal dieTechnik in einer Mini -Version zu testen bevor man es los schickt.Also das Allermeiste was ja im All landet sind Prototypen.So und in dem Fall gab es zumindest schon mal eine Vorstufe davon.
Charlotte Bewick
Aber es zeigt auch wie anspruchsvoll das ist, weil das wirklich ungewöhnlichist, dass man so etwas macht.Und ja und da wird es jetzt, da kommen wir jetzt demnächst hin,dass wir da wirklich jetzt Angebote schreiben und dass es tatsächlich realisiertwird. nach langer, langer, jahrzehntelanger Vorarbeit. Das ist aber ungewöhnlich.Also LISA ist eine L -Class Mission, also eine Large -Class Mission.Die letzte, die erste L, L1, ist JUICE. Das ist der JUICE, Jupiter,Ice, Sea, Moon Explorer, der ist ja vor kurzem gelauncht.LISA wird jetzt die zweite L -Class Mission und dann danach kommt vermutlichdas Röntgen -Observatorium Athena.Und diese Missionen sind berüchtigt dafür, dass sie lange, lange Entwicklungszeitenhaben, dass sie auch sehr teuer sind, aber weil sie eben auch wirklich so amRande von dem sind, was man machen kann. Also wirklich Pioniermissionen.Aber man kann sie jetzt nicht so gut als Beispiel verwenden,weil sie eben so extrem… Okay, ich sehe, ich habe mich da ein bisschen verfangen.
Tim Pritlove
Nenn doch mal ein Beispiel, in dem du vielleicht auch selber dabei warst.Dass wir uns einfach mal diese Phase Null noch mal genauer vorstellen können.
Charlotte Bewick
Genau. Wir können vielleicht einfach nochmal über Comet Interceptor sprechen.Das ist zwar mit diesen Phasen ein bisschen anders gelaufen,aber das war sehr, sehr schnell und das war auch, finde ich, extrem spannend.
Tim Pritlove
Also ist eine Mission, die wir hier noch nicht beleuchtet haben,kann man vielleicht mal kurz sagen.Also Comet Interceptor ist so die Idee, dass man gerne mal einen Kometen einfangenmöchte, der noch nicht schon fünfmal da war, sondern der mehr oder weniger daserste Mal ins Sonnensystem eintritt und sich dann eben der Sonne nähert.Sprich, bevor er das erste Mal angeschmolzen wird, dass man die Möglichkeithat Proben zu entnehmen,als das Ding noch so richtig alt ist und das Problem ist in dem Moment,wo man so einen entdeckt, dann baut manchmal mal eben eine Rakete und startetdie und ist rechtzeitig da.Das heißt man muss im Prinzip schon im All sein und das ist glaube ich hierdie Idee, dass man irgendwie am Lagrange -Punkt L2 rumgammelt und wartet biswas kommt. Ist natürlich auch gewagt.
Charlotte Bewick
Ja, also es ist sehr, sehr cool. Man ist eine Art Mitfahrer.Ein Rideshare machen wir zusammen mit Ariel, dem Weltraumteleskop.Und dann fliegen wir zum Lagrange -Zweipunkt und dort warten wir dann.Und dann das Ganze basiert darauf, dass man geguckt hat, was gab es in der Vergangenheitfür Objekte und welche davon kann man mit welchem Delta -V, also mit welcher Antriebs -…,Fähigkeit erreichen. Und das sollte so ausgelegt sein, dass man möglichst innerhalbvon der Betriebsdauer, ich glaube das sind fünf Jahre, möglichst viele möglicheObjekte erreichen kann.Und dann gibt es noch so ein paar Backups, das sind einfach Asteroiden,wo man hinfliegen könnte, wenn man eben, wenn nichts kommt.Aber es kann natürlich auch sein, dass wir richtig viel Glück haben und es kommtso was Verrücktes wie dieser Omoamor, kannst du dich nicht daran erinnern?Diese lange, schreckte… Genau, wo man halt einfach war so, was ist das?
Tim Pritlove
Alle gleich wieder so, Raumschiff.
Charlotte Bewick
Raumschiff, aber das war ja wohl ein extrasolares Objekt, also eines,was sogar den Ursprung noch nicht mal aus unserem Sonnensystem haben könnte.Also man weiß einfach nicht, was kommt, das ist super spannend.
Tim Pritlove
Aber irgendwas ist ja immer im All.
Charlotte Bewick
Irgendwas gibt es immer, genau. Und im Notfall gibt es eben auch einfach interessante Asteroiden.Aber wenn es einen Kometen gibt, dann ist es ja so,der Komet kommt von weit außerhalb Und des inneren Sonnensystems kommt er indas Innere und wird dann von der Sonne angeschmolzen und beginnt dann diesesKoma zu entwickeln, das ist dieser Schweif.
Tim Pritlove
Meistens lösen die sich, das ist zumindest die Theorie, dass sie sich aus dieserOrtschenwolke lösen durch irgendeine Schwankung.Irgendwas fliegt vorbei, bringt so ein Stück Steinchen aus dem Tritt und danngeht's ab die wilde Fahrt Richtung Sonnensystemzentrum.
Charlotte Bewick
Ganz genau. Und dann kommen sie her und je näher sie an die Sonne kommen,desto mehr fängt an, sich diese Struktur dieses Kometen zu ändern.Das Eis, was da drin ist, schmilzt auf.Es sprüht Partikel und Wasserflocken und so weiter.Alles wird rausgestoßen. Das ist dieser Kometenschweif.Und den nimmt auch das Koma. Und dann würden wir mit unserem mit einem Dezeptorkommen und fliegen voll durch dieses Koma durch.Das heißt, wir mussten erst mal schauen, wie kann man sich davor schützen.Da muss man Schilde mitnehmen.Und die Geschwindigkeiten der Partikel, auf die wir da stoßen,sind viel, viel schneller als alles, was wir aus dem Erdorbit kennen.Da weiß man ja, man muss sich manchmal beschützen gegen zum Beispiel Schrottwolken oder sowas.Aber da haben wir so relative Geschwindigkeiten von 14 Kilometer pro Sekundeoder sowas. Und hier bei dem Koma geht es um 70, also gleich mal einen Faktor 5 höher.Und das war zum Beispiel ein großer Punkt, den wir uns anschauen mussten.Aber tendenziell war die Idee, wir machen das Ganze möglichst günstig,weil es ist ja ein Mitflieger und es ist auch eine sogenannte F -Class Mission,also eine Fast -Class Mission.Es soll schnell entwickelt werden, es soll möglichst günstig sein.Und um das zu realisieren, haben wir unsere HERA -Plattform genommen.HERA ist eine Mission, die kommt nicht aus dem Science -Bereich,ist aber ein bisschen wie eine Wissenschaftsmission, die kommt aus dem Space-Safety -Bereich und das ist die Mission, die zu dem Asteroiden Didymos fliegt.Didymos ist ein Asteroid, der hat einen kleinen Trabanten, also der hat einenkleinen Mond, den man nennt man auch Didymoon, aber der heißt eigentlich anders,ich kenne ihn aber nur unter Didymoon.Also Didymos und der kleine Didymoon und NASA hat eine Mission gemacht,die hieß DART und DART ist in Didymoon eingeschlagen und hat dadurch wahrscheinlichdie Trajektorie von Didymoon um Didymos verändert.Das ist ein Beispiel oder eine Demonstrator -Mission für die bewusste Veränderungder Trajektorie von solchen Objekten gewesen zur Asteroidenabwehr.
Tim Pritlove
DIMORPHOS heißt er.
Charlotte Bewick
DIMORPHOS, so heißt er, genau.
Tim Pritlove
DIMORPHOS und DIMORPHOS.
Charlotte Bewick
Okay. DIMORPHOS ist sein offizieller Name.Und HERA soll jetzt dahin fliegen, um diesen Krater zu untersuchen,den DART -Krater zu untersuchen.Also ganz spannend, total coole Mission, die läuft hier auch bei OHB,die wird hier gerade gebaut und unsere Idee war, wir nehmen,was wir von Hera haben, weil die Missionen sich sehr ähneln und sagen,das ist unser Startpunkt.Und hier fangen wir jetzt an, möglichst wenig zu ändern, um die Mission fürComet Interceptor erfüllen zu können.Denn dann kann man das Ganze relativ günstig realisieren, weil man ja vielesschon hat und nicht nochmal neu erfinden muss.
Tim Pritlove
Dort passt es zu dem fast und günstig sozusagen.
Charlotte Bewick
Ganz genau.
Tim Pritlove
Also Phase 0, hier ging dann also die Initiative von der ESA aus,das war dann sozusagen der Erstkontakt.Also da ruft hier jemand bei dir an und sagt so, hör mal.Neues Projekt, lasst mal treffen.
Charlotte Bewick
Phase 0 hat ISA selber gemacht, intern. Und dann haben sie,als sie damit durch waren und gesagt haben, das passt, das kriegen wir ungefährhin mit dem Budget nach unseren ersten Abschätzungen, da haben sie dann diesesITT veröffentlicht, das heißt Invitation to Tender.Und das bedeutet für uns, wir schreiben ein Angebot.Und da haben sich dann eben verschiedenste Konsortien zusammengetan,unter anderem wir mit unseren Freunden und Schwestern aus Italien,ORB Italia. Und haben auf dieses ITT ein Angebot geschrieben.Jetzt ist es so, dass wir im Wissenschaftsbereich bei der ESA,ja nicht nur, es geht nicht nur darum, die beste Wissenschaft zu machen,sondern es geht auch darum, den geografischen Return zu erfüllen.Das ist ja bei ESA generell immer ein Fall, das habt ihr bestimmt auch schon mal besprochen.
Tim Pritlove
Geografischer Return?
Charlotte Bewick
Also die verschiedenen Beitrittsländer der ESA zahlen ihr Geld.Und im Wissenschaftsbereich ist das ganz besonders interessant,denn jedes Land muss beim Wissenschaftsbereich teilnehmen.Also man kann nicht für eine bestimmte Mission ein Abonnement abschließen undda sagen, okay, hier, ich tue mein Geld in diese Mission.Sondern jeder muss einen gleichmäßigen Beitrag, der ans GDP,also an das Bruttoinlandsprodukt gekoppelt ist, beitragen zum Wissenschaftsprogramm.Und gleichzeitig hat ESA aber die Verpflichtung, dafür zu sorgen,dass das Geld möglichst gerecht wieder zurückfließt in die Länder.Also genau nach dem, was man beigetragen hat, das fließt auch wieder zurück.Und da war eben bei, jetzt bei Comet Interceptor, war es so,dass wir aus Deutschland gar nicht so einen riesigen Anteil haben konnten an der Mission.Und darum haben wir dann gesagt, okay, Hera ist trotzdem super geeignet,aber wir machen das zusammen mit unseren Freunden aus Italien.Und wir helfen denen dabei, unsere Heritage weiter zu nutzen und sind dann zusammenmit Italien reingegangen und haben das trotzdem geschafft, HERA dafür fertigzu machen. Nur, dass das jetzt eben in Italien läuft.
Tim Pritlove
Okay, also man hat quasi eine Plattform wieder neu genutzt, weil die eben auchfür diese Anforderungen geeignet ist, weil es ja im Prinzip genau das Gleiche ist.Man jagt den Asteroiden hinterher oder den Kometen oder was auch immer es ist.
Charlotte Bewick
Genau, also dann wurde das Angebot geschrieben, wie gesagt ITT kam von ESO unddann kam eben als erstes diese Phase A und in der Phase A macht man Trade -Offs,das heißt wir sind ganz von Anfang an da hingegangen und haben gesagt, okay,wir versuchen möglichst viel von HERA zu nutzen, da wo es Sinn macht,aber wo macht es keinen Sinn und wir haben diese ganzen Punkte versucht rauszufinden.Wo unterscheidet sich diese Mission Comet Interceptor von der Mission HERA undein Punkt habe ich gerade angesprochen, ist dieses Dust Shield,was man braucht, weil man eben durchs Koma fliegt. Aber es gibt auch noch andere.Zum Beispiel waren die Anforderungen an das Antriebssystem andere und so.Und wir haben halt überall aufgestellt, was sind die größten Unterschiede undwas sind unsere Optionen.Zum Beispiel bei dem Antriebssystem haben wir dann gesagt, okay,wir können wieder das Antriebssystem von HERA wiederverwenden oder wir könntenein anderes benutzen, zum dieses oder dieses und haben dann die Missionsoptionendurchgerechnet und zwar versucht möglichst abzuschätzen,was hat das für einen Impact auf die Masse, was hat das für einen Impact aufdie Komplexität, auf die Risiken,auf die Kosten und dann in jedem dieser Trade -Off -Punkte jeweils die besteOption auszuwählen und dann am Ende der Phase A haben wir unser Missionskonzeptdann konsolidiert und damit haben wir alle Trade -Offs geschlossen und wissenmit diesem Konzept gehen wir jetzt in die nächste Stufe, nämlich in die Ausarbeitung der Details.
Tim Pritlove
Heißt das, dass jetzt beim Comet Interceptor auch euer Concurrent EngineeringFacility zum Einsatz gekommen ist?
Charlotte Bewick
Ja, tatsächlich. Also im Angebot haben wir das gemacht.Da muss man ja innerhalb von ein paar Wochen dann eben sein Angebot zusammenmachen und da haben wir dann, finden wir immer, dass es ein super nützlichesTool ist, diese Concurrent Engineering Facility zu nutzen.Wir nutzen sie auch manchmal während der Studien, aber vor allem bei Angebotenist es extrem hilfreich.
Tim Pritlove
Kannst du das vielleicht nochmal ein bisschen beschreiben, wie das dann konkret abläuft?Also wir hatten ja schon die Situation, alle sitzen jetzt irgendwie in einemRaum und ihr habt dann sozusagen spezialisierte Software, um da quasi parallelan so einem Plan zu arbeiten. Kann man sich das so vorstellen?
Charlotte Bewick
Ja, es ist mehr eine Arbeitsweise, aber es gibt auch Software.Aber es geht vor allem darum, wir haben einen, der leitet diese Facility undder bereitet sich darauf vor und der moderiert das Ganze und hat vorher schonalles zusammengetragen, was man dafür braucht.Also die Missionsanforderungen und hat so eine Art Zeitplan entwickelt und danngeht man wirklich, das ist wie so ein Workshop, kann man sagen.Und die Teilnehmer wissen auch,was sie erwartet und dann benutzen wir bestimmte Software -Tools auch.Also wir benutzen zum Beispiel ein Tool, mit dem man Actions vergeben kann undsynchron an Dokumenten und so arbeiten kann, dass man da gleichzeitig an bestimmteSachen zugreifen kann und so.Aber der Kern davon ist wirklich dieses, man kommt zusammen,man hat einen festen Zeitplan und in diesem Zeitplan macht man mehrere ganzschnelle Iterationen des Designs.
Tim Pritlove
Aber die Software ist dann so in -house entwickelt oder sind das einfach auchWerkzeuge der Luft - und Raumfahrtindustrie, die zum Einsatz kommen?
Charlotte Bewick
Also es werden erstmal Werkzeuge, also erstmal werden die Tools,die darin verwendet werden, sind nicht nur für die CEFO.Die meisten sind halt Sachen, die man sowieso auch verwendet.Zum Beispiel für Missionsanalyse wird einfach das normale Missionsanalyse -Tool verwendet.Es gibt aber auch spezielle CEFO -Software, aber da weiß ich nicht genau,welche das ist. Ich glaube nicht, dass die speziell für OHB entwickelt ist.
Tim Pritlove
Also es ist sozusagen ein Modus in dem man sich dann befindet und da geht esdann schnell und ich kann mir vorstellen, dass das eine Menge Spaß macht,dann immer sozusagen mit den anderen Experten rum zu optimieren,weil das ist halt immer so das Problem.Mit Optimierung heißt, man versucht halt einen optimalen Zustand zu erreichenund jeder möchte gerne so, wäre aber cool, wenn ich jetzt hier noch das einbisschen größer baue und dann kommen irgendwie die Thermiker und sagen, wird viel zu heiß.Ja, müssen wir so machen und dann sagen, ja nee, da kriegen wir aber den Antriebnicht für gebaut, dann ist daszu schwer, dann kriegen wir das nicht gelauncht und nicht all so Sachen.Und am Ende steht irgendjemand und sagt, ja habt euch jetzt schön ausgedacht,aber es ist viel zu teuer.
Charlotte Bewick
Ja, also ich muss sagen, ich habe ein paar Mal an solchen Sessions teilgenommenund ich fand es jedes Mal einfach faszinierend, wie viel man hinkriegt am Ende.Hat man wirklich Seitenweise, Konzepte, Bilder, Analyseergebnisse und so weiter.Es ist richtig komplett nach einer Woche Arbeit.Man ist auch durch dann, also es ist anstrengend, einfach weil man die ganze Zeit konzentriert ist.Das Gehirn läuft die ganze Zeit auf Hochtouren von allen zusammen,aber am Ende sind eigentlich immer alle total glücklich und stolz,was man da alles zustande bekommen hat.
Tim Pritlove
Und da lernt man dann wahrscheinlich auch eine Menge über die anderen Bedürfnisse.Weil das ja oft so ein bisschen das Problem ist, wenn so Abteilungen alle sofür sich arbeiten und am Ende will man alles zusammenstecken und stellt festso, wir hätten uns vielleicht mal auf einen einheitlichen Stecker einigen sollen,umso früher man sowas macht.Das ist ja eine Metapher, die kann man ja auch auf alle anderen Arbeitssituationenein bisschen übertreiben.Ich glaube jeder, der in einem Unternehmen mit anderen Leuten zusammenarbeitenmuss, kann ganz gut nachfühlen, was das dann für Momente sind.
Charlotte Bewick
Absolut.
Tim Pritlove
Okay, ich wollte noch ein bisschen mal auf diese Phasen, aber die sind vielleicht gar nicht so…,Klar definiert immer, aber wir bewegen uns jetzt hier bei dem Combat Interceptorim Prinzip jetzt in dieser Machbarkeitsstudie.Das heißt, das ist dann schon etwas, wofür OHB dann auch offiziell beauftragtwird, wo schon Geld fließt, wo die ESA sozusagen investiert und sagt,okay, jetzt müsste mal konkreter werden, aber da redet man halt nicht mehr mitden Wissenschaftlern, sondern eben schon mit Leuten von der ESA.
Charlotte Bewick
Ja, richtig, genau. Also ab dem Punkt reden wir nicht mehr mit den Wissenschaftlern,ESA redet noch mit den Wissenschaftlern.Aber zu dem Zeitpunkt ist es ja so, dass während dieser Machbarkeitsstudie,dass es eigentlich immer mindestens zwei parallele Studien gibt.Also man befindet sich in einer Wettbewerbssituation und da wäre es nicht fair,wenn dann ein Konsortium mit den Wissenschaftlern direkt redet.Darum übernimmt ESA diese ganze Kommunikation.Aber die sind weiterhin eingebunden, gerade wenn es darum geht,dass zum Beispiel von uns rausgefunden wird. Wir können bestimmte Anforderungennicht so erfüllen oder wir müssen uns entscheiden dies oder das,dann werden die Wissenschaftler wieder konsultiert, damit sie auch ihren Senfdazugeben können, ob das akzeptabel ist.
Tim Pritlove
Welcher Teil von ESA spricht dann mit euch? Ist das die Raumfahrtagentur odersind das dann auch unterschiedliche Bereiche?
Charlotte Bewick
Also ESA hat ja mehrere Direktorate und jetzt für die Wissenschaftsmission istes das Direktorat Science und da gibt es dann immer einen Technical Officer,der für ein bestimmtes Projekt zuständig ist und das ist dann die Hauptansprechperson für diese Projekte.Aber wenn wir in der Studie sind, dann ist es oft so, und das finde ich auch immer am,allereffektivsten, dass wir nicht nur mit dem Technical Officer sprechen,sondern dass wir die ganzen Experten von ESA -Seite, da gibt es dann halt Thermalexperten,Strukturexperten und so weiter,direkt mit unserem Thermalexperten, unserem Strukturexperten in direkten Austausch bringen.Die haben dann die E -Mail -Adressen und Telefonnummern voneinander und könnendirekt miteinander Sachen besprechen.Und das ist eine viel bessere Art und Weise zu arbeiten. Und dann können Problemeauch ganz schnell auf dem niedrigsten Level gelöst werden, ohne dass das immergleich über mehrere Personen und Hörensagen und stille Post weitergetragen werden muss.
Tim Pritlove
Wo diese Personen sind, das ändert sich dann auch von Mission zu Mission.Es gibt jetzt nicht so einen Korpus der ESA, der primär zu euch spricht,sondern je nach Mission sind das Leute mal beim ESTEC, mal hier,mal in der Agentur, mal bei der Mission oder wo sind die meistens vertreten?
Charlotte Bewick
Also es ist meistens ASTEC mit denen wir reden. Es sei denn es geht um Operationssachen,das ist dann häufig ESOC in Darmstadt.
Tim Pritlove
Genau, also ASTEC in den Niederlanden, da wo halt die Satelliten letzten Endesdann auch getestet und auf die Reise geschickt werden, die sind sehr viel näher dran am Bau.
Charlotte Bewick
Ja, an der Industrie.
Tim Pritlove
Genau, und Launch ist natürlich dann in Darmstadt. Die wollen natürlich auch mitreden.
Charlotte Bewick
Und der Satellitenbetrieb allgemein ist dann in Darmstadt. Wir haben auch manchmalMissionen, die sind sehr betriebsorientiert.Da haben wir dann auch ganz viel direkt mit denen zu tun.Aber genau, ich würde sagen 90 Prozent unserer Kontakte sind dann mit ESTEC.
Tim Pritlove
Und was das Launchfahrzeug selber betrifft, die italienische Mission,ist das dann eine Vega Mission oder mit welcher Rakete geht das dann hoch?
Charlotte Bewick
Das Comet Interceptor ist ein Shared Launch, die fliegen zusammen mit Arielauf einer Ariane, glaube ich.
Tim Pritlove
Okay, dachte ich mir schon fast. Das ist wahrscheinlich was Größeres,was weiter weg muss. Da braucht man eine Menge Power.Das könnte dann eine Ariane 6 Mission werden.
Charlotte Bewick
Ich meine so war es.
Tim Pritlove
Ja, weil die Ariane 5 ist ja jetzt eigentlich raus.
Charlotte Bewick
Genau, die gibt es nicht mehr. So ist es. Und ansonsten ist es sowieso meistens,dass es europäische Launch -Vehikel sind, aber es hängt mal von Mission zu Mission ab.Also wir haben jetzt auch häufiger mal Situationen, wo wir auch mal gucken,was gibt es so an neuen möglichen Launchern auf dem Markt.Gerade wenn es um kleine Missionen geht, das ist jetzt nicht unbedingt im Science-Bereich so, aber in anderen, dass man halt schon mal schaut,welche zukünftigen Launch -Provider gibt es denn.Weil wir haben ja viele Entwicklungen in Europa gerade von kleinen Launchern.
Tim Pritlove
Und es kann immer mal was dazwischen kommen, das hatten wir hier in der letztenSendung, als wir über Euclid gesprochen haben.Da sollte es ja eigentlich auch schon mit der Ariane 6, beziehungsweise in Schuhursprünglich, mit der Sojus werden und Ariane 6 stand dann nicht zur Verfügung,sodass dann auf die Falcon umgewechselt wird. Das ist natürlich dann immer dieseUnvorhersehbarkeit von allen möglichen Rahmenbedingungen.Man weiß ja nicht, was einem nächstes Wochenende schon wieder um die Ohren fliegt.Ein Beruf, wo man auf Veränderungen vorbereitet sein muss.
Charlotte Bewick
Ja und das ist total dramatisch eigentlich, weil wir ja unsere ganzen Analysenund auch unsere Tests auf eine bestimmte Launcher -Umgebung anpassen.Also wir gucken ja, was sind die Schocklasten, die wir erwarten in dem Launch-Vehikel und Und wenn das dann geändert wird, das hat richtig große Konsequenzen.Das ist nicht so einfach wie, ach, dann nehme ich halt einen anderen Bus oderso, sondern das ist wirklich, das kann das ganze Design nochmal über den Haufenwerfen und man muss nochmal nachbessern.
Tim Pritlove
Weil einfach mehr gerüttelt wird und andere Frequenzen oder so angeregt werden.
Charlotte Bewick
Das ist ganz.Es hat wirklich sehr viele Auswirkungen und das ist für uns auch eine blödeSituation gerade, muss man sagen.
Tim Pritlove
Was ist dann letztlich der Umfang einer Machbarkeitsstudie? Weil eine Machbarkeitsstudieklingt für mich jetzt in gewisser Hinsicht auch so ein bisschen so,ja könnte man, kann man mal machen irgendwie, so klingt jetzt nicht so genau.Aber ich schätze mal, da sind schon eine ganze Menge Parameter ziemlich aufkleinste Nuancen runtergedreht worden.
Charlotte Bewick
Ja, also wenn wir jetzt von der Phase A sprechen, dann machen wir da eben dieseMissionskonzepte, die wir gegeneinander abwägen und dann eins auswählen.Das arbeiten wir dann so weit aus, dass man am Ende der Phase A die Risikenabschätzen kann, den Technologieentwicklungen, die nötig sind.Also wir gucken uns die verschiedenen Komponenten des Atleten an und schauen,was für ein TAL haben die, also Technology Readiness Level. Sind die schon mal geflogen?Muss man die noch entwickeln? Muss man da noch wirklich viel Geld reinstecken?Und was ist der Schedule? Wie lange dauert das bis es so weit ist,dass man das einsetzen kann?Was ist generell der Schedule für die Entwicklung dieses Satelliten?Also wie lange würde das jetzt dauern, wenn wir jetzt das okay bekämen,bis wir den launchen könnten?Weil manchmal hat man ja auch Komponenten drin, die brauchen einfach ihre Zeit, bis sie fertig sind.Dann gucken wir an die Kosten, das ist ganz wichtig, dass man die Kosten schonmal einmal abschätzen kann, damit man auch identifizieren kann,was sind die Kostentreiber und ist das überhaupt innerhalb des Budgets machbar.Und dann Risiken hatte ich schon angesprochen, aber auch hier ist es wichtig,dass man guckt, welche größten Risiken gibt es und wie kann man die irgendwie mitigieren.Was können wir jetzt schon machen, um bestimmte Risiken zu verringern?Wenn wir zum Beispiel sehen, es gibt einen ganz wichtigen Teil in dem SatellitenUnd der wird nur von einer Quelle, kann man den nur beziehen.Dann muss man ganz sicher sein, dass man den von der Quelle auch bekommen kann.Oder alternativ gucken, dass man eine zweite Quelle irgendwo findet.Oder sicher gehen, dass das dann auch wirklich da verfügbar ist.Weil das will man natürlich nicht, dass der Teil dann plötzlich nicht mehr zunutzen ist. Also das ist so ein Beispiel.
Tim Pritlove
Also ein Wirtschaftsembargo einem dazwischengekommen ist und es gibt keine Check -ins -Force, ne?
Charlotte Bewick
Ja, oder was weiß ich, ein ganzes Warenhaus ist abgebrannt oder so.Man weiß es ja nicht. Es können ja die verrücktesten Sachen passieren und sind auch schon passiert.Das sind so Punkte, die man eben in dieser Studie macht, dass man wirklich sichalles anguckt und sagt, okay, Machbarkeit bezieht halt auch sowas mit ein.Und eben natürlich das Satellitendesign. Wie groß ist der? Wie sieht der aus?Wie schwer ist der? Kann der gelaunched werden? Wie viel Power braucht der?Was für Komponenten hat der alles? Und am Ende hast du einen Product Tree,da sind die verschiedenen Komponenten gelistet, einen Funktionsbaum,das sind die Funktionen, die der Satellit ausführen soll,runtergebrochen auf ganz viele kleine Teilfunktionen.Und man hat die Anforderungen des Satelliten, also die von der Nutzerseite kommen,auf eine Satellitenspezifikation umgeschrieben.Und das ist so das Ende von der Phase A ungefähr.
Tim Pritlove
Wie sieht dieses Endprodukt dieser Phase denn konkret aus?Ist das einfach nur ein 300 Seiten PDF, wo alles schön ausgeschrieben dasteht?Oder erhält die ESA oder wer auch immer gerade jetzt Kunde ist,da ein wohl definiertes parametrisierbares Datenmodell,wo man irgendwie am Computer rumschrauben kann und sich sozusagen in all seinenpotenziellen Ausprägungen immer wieder neu berechnen lassen kann?
Charlotte Bewick
Ja, das ist total spannend. Also das ist tatsächlich eine super Frage,weil das ändert sich gerade.Traditionell kriegt ESA von uns vordefinierte Dokumente, die so beschriebensind in unseren Industrienormen.Also es gibt so etwas wie ein Mission Definition Document zum Beispiel oderverschiedene Analyse Reports.Und die sind vorher im Vertrag aufgenommen, die werden geliefert und dann werdendie von uns bereitgestellt und gebaut. und eben bestimmte Modelle,wie zum Beispiel ein CAD -Modell und ein Finite -Element -Modell.Aber was sich gerade ändert in der Industrie, ist, dass wir sogenanntes MBSEimplementieren, also Model Based System Engineering.Und da ist das ähnlich wie das, was du gerade beschrieben hast,dass man wirklich einen virtuellen Satelliten hat,wo die Anforderungen des Kunden direkt mit den Spezifikationen des Atleten verknüpftsind und nicht mehr nur über Dokumente als Schnittstellen verlaufen,sondern eben durch ein richtiges Computermodell.
Tim Pritlove
Das heißt, das ist noch nicht so, aber das ist alte Portals.
Charlotte Bewick
Das ist bei manchen Missionen so. Also manche Missionen machen das jetzt schonso und andere ältere Missionen, die schon lange laufen, bei denen ist es quasinicht implementiert worden und wird vermutlich auch nicht mehr implementiert.Das ist der Umbruch, der jetzt gerade so stattfindet.
Tim Pritlove
Okay, also wir befinden uns da sozusagen gerade in so einer neuen Digitalisierungsphase,weil es macht ja eigentlich auch für alle Beteiligten total Sinn,nicht immer wieder alles sich neu anlesen zu müssen und dann so,was steht denn da jetzt nochmal genau für eine Zahl,so dass man das halt einfach auch in der Simulation vielleicht sofort zum Einsatzbringen kann, was ja dann auch, sagen wir mal Turnaround -Zeiten bei Änderungswünschenoder Anforderungsänderungen dann kürzer machen wird.
Charlotte Bewick
Ganz genau. Das ist eben genau dieser Punkt, diese Anforderungsänderung.Da ändert sich irgendwas im Input und wenn man das in einem old -fashioned waymacht, dann dauert es einfach ewig bis sich das durchgefressen hat auf alleLevel und manchmal gibt es auch einfach einen Punkt,wo es dann übersehen wird und es findet sich dann gar nicht mehr wieder.Also es hört dann einfach irgendwo auf und versickert und das ist eben das,was man damit ausschließen kann.
Tim Pritlove
Das ist ja auch eine echte Gefahr für so eine Mission. Wenn man irgendein Konstraintnur in so einem Textdokument verbirgt und dann wird irgendwo was geändert,was auf diesen Parametern eine Auswirkung hat und der überschreitet dann aufeinmal seine Grenzwerte und keiner merkt es, weil es halt nicht angeschaut wurde,dann ist man ja schnell in deep trouble.
Charlotte Bewick
Ja, absolut. Genau, das ist sowieso das, was man immer hat. Bei uns jetzt inder Vorentwicklung ist es noch nicht mal so dramatisch.Wir legen so die Grundsteine dafür, dass das später funktioniert.Aber wenn dann nachher der Satellit wirklich da ist, man hat schon angefangen,bestimmte Sachen zu kaufen,die Aufträge rausgegeben und dann merkt man, das passt hier aber nicht mehr,dann hat man wirklich ein Riesenproblem, weil dann muss man vielleicht Sachennochmal neu kaufen Oder man muss ganz kostspielige Änderungen durchführen lassenund das will man natürlich möglichst vermeiden.
Tim Pritlove
Und ich könnte mir auch vorstellen, dass das gerade bei so was wie, ne, Beispiel Hera,man möchte sozusagen eine alte Mission anpassen und sagen so,da haben wir doch schon mal so eine Plattform,guck mal, das Ding hat ja auch im Wesentlichen eigentlich das Gleiche gemacht,bloß mit ein paar anderen Parametern, dann könnte man das natürlich auch sehrviel einfacher aus der Schublade wieder hervorziehen und sagen so,da gehen wir jetzt mal drauf.
Charlotte Bewick
Ja, total. Genau. Und auch noch mehr. Also es ist nicht nur,dass man das Design und so weiter dann digitaler, man hat ja auch noch andereSachen, man hat ja bestimmte Komponenten zum Beispiel schon qualifiziert undman hat die Testresultate davon, die man dann zur Verfügung hat.Es gibt so viel, was im Moment noch, sagen wir mal in Anführungsstrichen,lose rumflattert und dass man das alles besser verknüpft und so,das ist ein Riesenbestreben.Das ist auch sehr komplex und auch sehr, sehr, sehr viel Aufwand.Erstmal aber einer, der sich auf jeden Fall auszahlt.Und das ist genau so ein Umbruch, der gerade stattfindet.
Tim Pritlove
So, wenn so eine Machbarkeitsstudie dann gemacht ist, dann kommt Phase B.Was heißt das? Requirements, Consolidation?
Charlotte Bewick
Genau, also der Preliminary Requirements Review ist am Ende.Und in der Phase B1 ist es so,wir haben ja unsere Satellitenspezifikation, Das ist die Übersetzung der Anforderungendes Nutzers an unseren Satelliten und was wir jetzt machen ist,wir brechen das weiter runter von den Satellitenanforderungen an die Spezifikationenan die Subsystemspezifikationen,also eine Thermalsubsystemspezifikation, eine Struktursubsystemspezifikation und so weiter.Da stehen dann, ich gebe mal ein ganz praktisches Beispiel.
Tim Pritlove
Wie so ein Satellit wirklich gebaut ist?
Charlotte Bewick
Naja, das ist die Akkommodation. Die Struktur ist wirklich die Strukturelemente.Also das, was den Satelliten zusammenhält, wo alles dran getackert ist.Ich gebe mal ein Beispiel. Wir haben zum Beispiel vom Kunden eine Anforderung,dass die Launchmasse die x Kilogramm nicht übertreten darf.Und jetzt sagen wir, okay, es kann einfach der Satellit maximal x Kilogramm schwer sein.Wenn man jetzt aber auf Subsystem -Ebene geht, dann muss ich sagen,okay, das propulsion -Subsystem darf nicht schwerer als ein Fraction,ein Bruchteil von X sein.Und das ist so die klassische System -Engineering -Aufgabe auch.Das heißt, wir nehmen die Top -Level -Anforderungen und wir brechen sie runterauf die verschiedenen Teil -Anforderungen.Ein gutes Beispiel dafür ist auch, das kommt jetzt aus dem Erdbeobachtungsbereich,aber ich finde es immer ein schönes, ansprechendes Beispiel,wir haben eine Anforderung, wir müssen wissen, unser Bild ist auf dem und demBereich des Bodens aufgenommen.Geolokalisierung nennt man das, geolocation. Dann können wir auf Satellitenebenedann sagen, okay, wir müssen so und so genau wissen, wo wir uns im Orbit befinden.Wir müssen so und so genau wissen, in welche Richtung wir gucken.Und wir müssen auch noch so und so genau wissen, wie sich unser Instrument imVerhältnis zu unserer Blickrichtung bewegt hat.Also guckt das immer noch genau straight oder ist das leicht verrutscht?Und das sind alles Winkel, die werden dann, oder auch im Sinne von Warp -Position,das ist ja auch eine absolute Position,und die werden dann wieder als Anforderung an die einzelnen Teile runtergebrochenund weiterverteilt. Und das machen wir im System Engineering.Und dann haben wir diese Spezifikation auf Subsystem -Ebene und die werden dannweiter runtergebrochen auf Spezifikationen für einzelne Komponenten.Und diese Komponentenspezifikationen, die können wir dann wiederum an eine Ausschreibungbeifügen und können dann verschiedene Hersteller von zum Beispiel einem ReactionWheel anschreiben und sagen,wir brauchen ein Reaction Wheel, das kann Folgendes.
Tim Pritlove
Also Reaction Wheel zur Positionierung des Satelliten.
Charlotte Bewick
Genau, Reaction Wheel ist so ein Standardbauteil im Satelliten.Darin ist so ein drehendes Rad mit einer hohen Masse oder auf jeden Fall ein Schwungrad.
Tim Pritlove
Genau und damit kann man sich ja dann, wenn man genug davon hat,kann man sich drehen und wenn zu viele davon kaputt sind, dann taumelt der Satellit davon.
Charlotte Bewick
So ist es, genau.
Tim Pritlove
Und dann war's das. Hubble hat so ein Problem. Noch geht's.Ja, vielleicht nochmal auf diese Model -Based -System -Engineering -Zukunft zu schauen.Das ist ja eigentlich etwas, was man sozusagen partnerübergreifend dann machen will.Mehr oder weniger arbeiten dann alle auf dem idealerweise sozusagen mehr oderweniger in Real -Time auf demselben Modell oder sind zumindest in der Lage,so wie das auch in der Softwareentwicklung ist, mehr oder weniger alle an demgleichen Apparat zu arbeiten und jeder bringt seine Änderungen mit ein.Aber in -house dürfte das ja dann sowieso schon der Standard sein,dass man hier an einem digitalen Modell arbeitet.
Charlotte Bewick
Wie gesagt, die Laufzeit von solchen Projekten ist sehr lang.Viele von den Projekten, an denen wir jetzt ganz konkret arbeiten,sind schon vor Jahren entwickelt worden.Die Phase A ist schon Jahre her und bei denen ist es nicht der Fall,dass das MBSE von Anfang an dabei war. Und dann ist es dann irgendwann auchso, dass das Projekt schon so komplex ist, dass es zu spät ist, das noch einzuführen.Aber hier in der Vorentwicklung für die Projekte, die wir jetzt neu anfangen,da ist es eigentlich standardmäßig dabei.
Tim Pritlove
Genau, das meinte ich. Also das ist jetzt der Modus Operandi für die Zukunft.
Charlotte Bewick
Ja.
Tim Pritlove
Okay.Wie sah das jetzt bei diesem Combat Interceptor, um mal wieder ein konkretesBeispiel aus der Tasche zu holen, für diese Phase B, also für das Mission,also Phase A Machbarkeit.Wir können uns vorstellen so und so läuft das. Hier habt ihr irgendwie unsereDaten oder unser Modell oder zumindest unser...5 Kilo schweres PDF, was ihr euch durchlesen könnt.Steht drin, könnte man im Prinzip machen mit dem und dem Aufwand an Geld.Das sagt es ja letzten Endes aus.Und wenn dann eben der nächste Schritt kommt und dann diese B1 Phase losgehtund wenn ich das richtig jetzt verstanden habe, heißt es ja noch nicht,das wird auf jeden Fall stattfinden, sondern es ist vielleicht immer noch einervon mehreren Contendern, dann ist das ja sozusagen auch wettbewerbsrelevant.Was kommt denn dann noch hinzu?Inwiefern wird denn diese Machbarkeitsstudie dann nennenswert noch konkretisiertüber den ursprünglichen Stand hinaus?
Charlotte Bewick
Also genau, also das, was ich gerade beschrieben hatte mit dem Runterbrechender Spezifikationen auf die Komponenten, das kommt in der Phase B1.Dann machen wir die sogenannten Request for Information oder Request for Proposal,dass wir an Komponentenhersteller uns wenden und denen unsere Spezifikationenschicken, um von denen zu erfahren, wie sieht das aus, können die das erfüllen.Also dadurch kriegen wir einfach viel, viel mehr Input nochmal in unser Modell,wie über Risiken, über Kosten und so weiter.Das ist also ganz großer Fokus ist jetzt darauf, ganz konkret, wie sieht das Ding aus.
Tim Pritlove
Wer baut das?
Charlotte Bewick
Welche Komponenten sind dabei? Und auch die Kosten werden dadurch viel konkreter.Und das ist diese ganze Vorbereitung, der Fokus ist jetzt ganz stark darauf, das zu implementieren.In der Phase A ist der Fokus darauf, die Mission selber, wie könnte die aussehen?Wie gesagt, Missionskonzept. Und dann in der Phase B1 ist der Fokus auf,wie bereiten das jetzt vor, dafür, dass es implementiert werden kann.Aber eben noch im Wettbewerb befindlich. Und das ist auch ganz besonders wichtig,weil wenn eine Firma das machen würde, die weiß, wir haben das jetzt auf jeden Fall schon sicher,dann fehlt so ein kleines bisschen auch der Anreiz, wirklich nochmal alles genauanzuschauen, wo kann man noch was verbessern, wo kann man noch Kosten sparen oder so.Ich denke, das ist schon sinnvoll, dass das meistens so gehandhabt wird.Bei der Wissenschaftsmission istes jetzt schon sicher, dass diese Mission kommt, also so gut wie sicher.Es gibt dann zwar noch diesen Mission Adoption Review meistens,wo dann entschieden wird, tatsächlich kommt die Mission,aber bei der Phase B1 ist die eigentlich nicht mehr in Konkurrenz zu anderenMissionen, sondern nur noch in Konkurrenz zwischen zwei Industriekonsortien.
Tim Pritlove
Okay, also man weiß, man will es machen, aber es ist noch nicht klar, wer es macht.
Charlotte Bewick
So ist es genau. Es kann halt passieren, dass die Mission dann doch noch gestopptwird, weil zum Beispiel doch die Risiken und Kosten sich als zu hoch erweisenoder dass sie nochmal ganz signifikant redefiniert wird.Aber in den meisten Fällen ist das nicht der Fall, sondern dann geht es halt einfach danach weiter.Und nach der Phase B1, das ist jetzt, die ich gerade beschrieben habe,kommt eigentlich das Angebot für die Implementierung.Bei Comet Interceptor war es nicht so. Da hatten wir dann noch die Phase B2,die weiterhin im Wettbewerb stattgefunden hat.Was ich gerade auch noch vergessen habe zu erwähnen, sind die ganz detailliertenAnalysen, die in der Zeit durchgeführt werden.Wir haben am Anfang in der Phase A die Analysen sind der Fokus Machbarkeit,also wo haben wir Probleme mit den Schocklasten, wo haben wir Probleme thermalund im zweiten Teil geht es darum,die Umgebungswerte für die Komponenten zu definieren.Das heißt, wir wissen jetzt schon, es müsste thermal und strukturell eigentlichalles funktionieren, Aber die einzelnen Komponenten müssen wissen,welche Schocks erfahre ich eigentlich?Wie sieht meine Thermalumgebung aus? Und da gibt es ganz detaillierte Analysen,die durchgeführt werden, um diese Werte bereitzustellen für die einzelnen Komponentenhersteller.
Tim Pritlove
Viel von dem, was du jetzt beschrieben hast, bezieht sich ja im Wesentlichen auf, sagen wir mal,Den Satelliten als solchen, so das Fahrzeug mit dem man irgendwie die Instrumente dann hinbringt.Aber es ist ja immer so ein Zweispiel aus Transportfahrzeug auf der einen Seiteund der eigentlichen wissenschaftlichen Nutzlast selber.Die werden ja dann oft auch von Universitäten gebaut. Da hat man ein tollesneues Teleskop, irgendwelche Kameras, die irgendwas beobachten und auch dassind ja immer dann quasi so bleeding edge Prototypen.Man macht halt was, was man noch nicht gemacht hat. Das ist ja dann sozusagenauch ein Teil, den ihr gar nicht so definieren könnt.
Charlotte Bewick
Im Science -Bereich ist das richtig, da ist es so, dass die Instrumente in allerallermeisten Fällen Beistellungen sind von Mitgliedsstaaten der ESA oder manchmal auch sogar von anderen,Raumfahrtagenturen von der NASA oder so oder von JAXA,aber wo wir als Industrie über ESA nicht involviert sind, das heißt die sindfür uns, nennen wir sogenanntes CFI, Customer Furnished Item.Und das heißt, wir bekommen einmal die Schnittstellenbeschreibung und wir wissen,was ist wichtig für dieses Instrument. Manchmal ist das ja auch noch nicht fertig entwickelt.Meistens ist es noch nicht fertig entwickelt. Das heißt, wir sind da auch in Iterationen mit denen.Aber wir designen das nicht, sondern wir stellen sicher, dass das Raumfahrzeugdieses Instrument sicher dorthin bringen kann, wo es eingesetzt wird und danndafür sorgen kann, dass der Einsatz auch funktioniert, dass die Daten weitergeleitet werden und so.Es gibt aber Bereiche bei OHB, wo wir auch für das Instrument zuständig sind,ganz besonders in der Erdbeobachtung ist das häufig der Fall.Und da kommt das dann alles in die Hand, also das ganze Raumsegment ist dannvon der Industrie aufgebaut.Andersrum. Die Industrie ist damit beauftragt.
Tim Pritlove
Das heißt, es gibt ja auch schon einen nennenswerten wissenschaftlichen Teil.Also es ist nicht nur so, dass OHB ausschließlich Ingenieure sind,die irgendwie, ja, können wir euch bauen.Wir wissen nicht, was das ist, aber wir bauen euch das.Also wir wissen nicht, was mitfliegt sozusagen. Dem ist nicht so,sondern es gibt ja auch einen Anteil an nennenswerten Wissenschaftlern,die auch wirklich konkret Forschung betreiben und Entwicklungen vorantreibenoder mehr so dazwischen sind, so ein bisschen umsetzen, was woanders erforscht wurde,was so abgehangene Technologie ist.
Charlotte Bewick
So richtige Forscher würde ich sagen nicht, aber der Anspruch ist natürlich,wir verstehen, was wir da machen, weil es für uns natürlich total wichtig ist,zu verstehen, was wollen die Wissenschaftler bezwecken.Denn wenn wir mit den Wissenschaftlern reden müssen und sagen,das und das funktioniert nicht so, wie ihr euch das vorstellt,dann müssen wir auch wissen, was bedeutet das für die.Und wenn wir denen eine Alternative anbieten, dass das für die überhaupt sinnvollist. Man muss irgendwie die gleiche Sprache sprechen.Also schon echt wichtig, dass wir das verstehen.Was wir hier nicht haben, ist Astrophysiker, die Astrophysik betreiben im Namen von UHB.Wir haben aber Leute, die aus dem Bereich kommen und die das studiert habenund die jetzt eben auf der anderen Seite sitzen und die sind für uns ganz wichtigeKollegen, weil die eben diese Sprache sprechen von den Wissenschaftlern.Und was wir hier machen, nennt sich auch Forschung und Entwicklung.Wir forschen aber eben nicht an der Herkunft des Universums oder der Entstehungdes Universums oder der fundamentalen Physik, sondern wir forschen und entwickelnneue Methoden, Raumbetrieb zu leisten, Raumfahrzeuge zu erstellen.Wir entwickeln neue Technologien, die man einsetzen kann.
Tim Pritlove
Also zum Beispiel auch Antriebstechnologien, Energiegewinnungssysteme,würde mir sofort einfallen, auch noch als ganz wichtige Komponente, sowas.
Charlotte Bewick
Ja, also konkret haben wir jetzt bei OAB -Systemen nicht, aber was wir zum Beispielentwickeln, ist, wir entwickeln Design -for -Demise -Methoden.Das sind Methoden, wie man Satelliten und auch Produkte, die man in Satellitenverbauen kann, die dafür sorgen,dass diese beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre komplett verglühen.Das heißt, es ist nicht Wissenschaftsmission, also auch relevant für Wissenschaftsmissionen,es ist für alle Missionen relevant und hat wieder was mit diesem Thema Weltraumschrott zu tun.
Tim Pritlove
Genau. Kommen wir noch zu, jetzt würde mich noch mal interessieren,was ja so ein bisschen das Environment hier anders macht als,sagen wir mal typischerweise, wie ich ihn jetzt so bei der ESA oder bei densonstigen wissenschaftlichen Instituten,Universitäten etc., wo ich schon überall war und die alle noch so Teil des ganzenWeltraumzirkus ja sind.Das ist ja hier, sagen wir mal so, die Wettbewerbsrealität ganz anders niederschlägt.Man steht in Konkurrenz zu anderen Unternehmen und man hat es irgendwie aberauch mit einem sehr überschaubaren Markt zu tun.Es gibt ja jetzt auch nicht so viele Player, die in der Lage sind überhauptso einen Satelliten zu bauen. Den gibt es halt nicht im Supermarkt.Wie beeinflusst das so deine Arbeit? Also spielt es eine Rolle?
Charlotte Bewick
Ja, auf jeden Fall. Also ich habe ja auch einen PhD gemacht,ich habe auch mal im universitären Betrieb gearbeitet.Und das Erste, was mir ganz klar geworden ist, als ich in die Industrie gewechseltbin, ist, meine Zeit kostet Geld.Das war vorher nicht so. Also das war in einer gewissen Hinsicht schon so,aber ich habe es nie gemerkt.Es war immer so, ich habe eine Frage und ich gehe der Frage nach,bis ich eine Antwort habe. Und in der Industrie ist das nicht so,weil man muss immer gucken, die Zeit, die ich jetzt einsetze,um die und die Frage zu beantworten, ist es wert?Weil ein Projekt ist mit einer bestimmten Anzahl von Stunden ausgestattet.Jeder, der an dem Projekt arbeitet, bucht auf dieses Projekt und am Ende mussdas, was man da reinsteckt, möglichst vollständig die Projektanforderungen erfüllen.Und wenn man jetzt plötzlich merkt, oh, das ist aber auch interessant,das würde ich mir auch sehr gerne angucken, muss man manchmal leider sagen, nein, geht nicht.Das übersteigt unser Budget, weil wir uns eben in dieser Situation befinden,dass wir ein Unternehmen sind, was wir werden halt für unsere Aufträge auchbezahlt vom Kunden, dafür, dass wir das liefern, was der Kunde von uns möchte.Genau, und da kann man nicht einfach dann selber entscheiden,ich möchte aber viel lieber das und das anschauen, sondern das muss man danneben so durchführen, wie das ist.Das ist eine totale Umgewöhnung für Leute, die den universitären Betrieb gewöhnt sind.Aber wenn man sich daran gewöhnt hat, ist es auch irgendwie gut,weil alles, woran man arbeitet, das hat alles auch irgendwo Hand und Fuß.Man weiß, das bringt jetzt konkret was weiter und man bewegt was.Und das Resultat sind dann eben diese schnell voranstreitenden Studien mit denMeilensteinen, die dann immer einen höheren Detailgrad haben.Und man sieht auf dem Plan schon, okay, und in zwei Jahren schreiben wir hierdas Angebot und dann geht's los, dann wird was gebaut.
Tim Pritlove
Was da vielleicht noch so ein Aspekt ist, dass man vielleicht auch so eine höhereFluktuation an Mitarbeitern hat.Oder also so im wissenschaftlichen Bereich bleiben die Leute ja in der Regeljahrzehntelang an den Universitäten.Sehr viel Kontinuität.Gibt es diese Kontinuität im...
Charlotte Bewick
Also mein Team ist ein relativ junges Team, aber das liegt auch daran,dass wir in der letzten Zeit auch stark gewachsen sind.Ich habe schon den Anspruch, dass ich hoffe, dass meine Mitarbeiter möglichst lange bei mir bleiben.Aber ich sehe auch, dass gerade die Vorstudien eine Art Eintrittslevel sein können.Das ist eher dran an dem, was man in der Uni gelernt hat an Space System Engineering.Und ich habe häufig tolle, motivierte Mitarbeiter, die hier herkommen und diedann hier anfangen und wo ich aber dann denke, vielleicht juckt die irgendwannauch mal was und die sagen so, ich würde gerne dann mal meine Mission nichtabgeben, sondern ich möchte dann mit,möchte, dass die auch sehen, wie die dann gelauncht wird und dann weiterhin beteiligt sein.Und für mich gehört es auch zur guten Führung dazu, dass ich mir anschaue,was wollen meine Mitarbeiter.Wenn ein Mitarbeiter zu mir sagt, ich möchte für immer hier in deiner Abteilungbleiben, dann freue ich mich total und bin restlos dankbar.Aber wenn eine Mitarbeiterin sagt, ich möchte gerne fünf Jahre hier sein undoder so ungefähr drei bis fünf Jahre und dann würde ich total gerne mal in soeine Implementierungsphase reinschnuppern,dann bin ich auch voll und ganz dabei und unterstütze das und versuche der danndabei zu helfen, das zu realisieren.Darum, ja, wir haben eine Fluktuation, aber die kann auch sehr positiv sein.Mein Ziel ist es immer, wenn wir neue Stellen besetzen, dass wir nicht nur Leutereinnehmen, die Berufseinsteiger sind, sondern dass wir auch mal Leute haben,die schon eine Implementierungsphase gemacht haben und Lust haben,mal wieder ganz von Null anzufangen,damit man voneinander lernen kann.Eine Sache, die mir ganz besonders aufgefallen ist, ist, ich habe ein paar Mitarbeiter,die neben der Tätigkeit in der Vorentwicklung einen Teil ihrer Zeit bei Implementierungsprojektenmithelfen und die können ganz viel von dem, was sie dort lernen,transferieren in die Vorentwicklung.Du wolltest es ja gerade verglichen mit dem universitären Betrieb,wo man Leute hat, die jahrzehntelang dasselbe erforschen. Das gibt es bei uns eher nicht.Es gibt Mitarbeiter, die schon sehr lange hier in der Vorentwicklung sind unddie an verschiedensten Projekten gearbeitet haben.Das sind extrem wertvolle Leute, weil die diesen ganzen Erfahrungsschatz haben,auf den sie zurückgreifen.Und ich hoffe, dass die Leute, die jetzt in der Vorentwicklung bei uns sind,dass die entweder auch hierbleiben und diesen wertvollen Schatz entwickeln oderdass die eben einen anderen Weg einschlagen,in unserer Firma bleiben, bei OHB bleiben, ein Projekt von Anfang bis Ende durchziehenund dann gerne in fünf Jahren wieder bei mir in der Vorentwicklung sitzen undnochmal von neuem anfangen.
Tim Pritlove
Ich kann mir auch vorstellen, dass es viele Vorteile hat, hier zu arbeiten in so einer Struktur,weil ja üblicherweise Firmen dann sehr viel flexibler auch entscheiden könnenund in der Lage sind, mal eben etwas vielleicht mal komplett über den Haufenzu werfen, wenn es sich einfach nicht bewährt hat, ohne dass man in diesen schwierigen,langsam arbeitenden Rotationen von so universitätspolitischen Entscheidungenfesthängt und Mittelschwierigkeiten hat, etc.Also das ist ja sicherlich auch ein Reiz.
Charlotte Bewick
Ja, das denke ich. Und ich denke auch gerade, UAB zeichnet es aus,dass wir hier sehr, wir haben sehr flache Hierarchien und Leute,die hierher kommen und gute Ideen mitbringen und Bock haben,sich zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen, die müssen nicht lange bettelndafür. Die kriegen hier alles, was sie sich wünschen.Ich freue mich immer, wenn ich Leute habe, die sagen, ich habe eine tolle Idee,ich würde gerne selbstständig das und das und das machen und ich versuche dasdann auch zu ermöglichen und ich glaube, das ist generell so ein bisschen der Vibe bei uns,dass es eben so ist, du kannst hierher kommen und du kannst dir Verantwortungübernehmen und auch relativ schnell.
Tim Pritlove
Und ich denke für manche könnte es ja auch durchaus reizvoll sein,eben nicht lange Zeit immer am selben Projekt zu hängen, sondern im Prinzippermanent so einen Wechsel zu haben, immer wieder was Neues zu sehen.Also manche interessiert ja mehr das und manche interessiert mehr das.Nicht jeder ist gleich gestrickt.Wie läuft das? Wir haben jetzt viel drüber gesprochen, da kommt jetzt die Wissenschaft,kommt die ESA, sagt ja hier wir wollen irgendwie das und das machen.Da stößt man doch sicherlich auch manchmal einfach an die Grenzen des Machbaren,wo man einfach vielleicht auch lange Zeit vor sich hinforscht,nachdem die Machbarkeitsstudie vielleicht gesagt hat, das passt schon irgendwie alles.Und dann soll es mal konkret werden und dann stellt man fest,da haben wir uns aber jetzt was eingetreten.Das hat ja dann irgendwie Reperkussionen auf alles. Wie kommuniziert man da?Wie geht man mit solchen Fails um?
Charlotte Bewick
Ja, möglichst offen, auf jeden Fall. Es ist tatsächlich, das passiert.Aber meistens ist es nicht so, dass alles verloren ist, sondern dass man einfachso gucken muss, kann ich mit den Implikationen leben?Also häufig hat es ja einfach direkt was mit Kosten zu tun und dann merkt mansehr schnell, hier steigen die Kosten wahnsinnig schnell an,die projizierten Kosten, weil das alles so furchtbar komplex ist.Und dann kann auch mal die Reißleine gezogen werden und dann wird gesagt,okay, stopp, wir müssen jetzt noch mal ganz neu denken.Das passiert häufiger mal, dass man dann sagt, wir müssen noch mal neu von vorne anfangen.Und dann kann man häufig trotzdem noch eine Mission zusammenbauen,die dann hat dann eben Einschränkungen.Die kann nicht mehr die und die Performance erzielen, sondern nur noch die.Oder die kann nicht mehr in 180 Grad schauen, sondern nur noch in 60 Grad oder so was.Aber das ist dann wieder eine Frage an die Wissenschaftler, wieder ein Zurückgespielt.Könnt ihr damit leben, könnt ihr trotzdem noch die Forschung betreiben,die ihr wollt und manchmal findet man dann eine ganz clevere Lösung,wie man das, wie das dann gar nicht so schlimm ist im Nachhinein.Ja, aber das passiert. Dafür ist das ja ganz klar da. Dafür machen wir dieseVorstudien, um genau das zu finden, bevor es zu spät ist.
Tim Pritlove
Ich hab jetzt bei verschiedenen Missionen, hat man ja auch so die Situation,dass passiert irgendwas Unerwartetes.Da fliegt irgendwas Richtung Saturn und dann nach fünf Jahren Flug merkt manso, oh, hier das Instrument, das funktioniert ja gar nicht.Jetzt haben wir hier mal so ein richtiges Problem.Irgendwas ist komplett falsch berechnet worden. Da gibt's ja dann sicherlichdurchgeschwitzte Wochenenden.Wie läuft da die Kommunikation ab in solchen Momenten? Also wenn sozusagen irgendwaskaputt geht, dann ist ja wahrscheinlich auch ORB in dem Moment gefragt und mussirgendwie auch schnell reagieren.Werden da so Task Forces gebildet? Gibt's dann hier so eine Feuerwehrstange,wo man runterrutscht in den Situation Room?
Charlotte Bewick
Also erst mal in der Vorentwicklung ist das zum Glück meistens nicht der Fall,weil wir eben noch konzeptionell arbeiten.Aber solche Sachen passieren auf jeden Fall. Also ein Beispiel,was mir eingefallen ist, da war ich natürlich nicht persönlich daran beteiligt,aber ich war dabei, ich habe das live mitbekommen, war als die Galileo -Satellitenin den falschen Orbit gelauncht wurden.Das war ein Riesenschock. Wir hatten eine Launchparty hier, wir waren alle zusammen,haben fröhlich Cocktails getrunken und alle geklatscht, als es hieß so,Launch erfolgreich und so weiter.Und dann fing es damit an, dass es hieß, der eine Solargenerator klappt nicht aus.Wie kann das sein? Und dann merkte man, die Stimmung wird ein bisschen komisch.Und ja, wirklich ein Thriller. Und das hing damit zusammen, dass die Raketenicht diesen Spin, den sie eigentlich haben sollte.Dadurch sind auf der einen Seite die Fuel Lines eingefroren und dadurch wurdedas Manöver nicht korrekt durchgeführt.Und das hat auch Auswirkungen auf den Satelliten gehabt, der auf der einen Seiteeingefroren war, sodass die Pyros dich zünden konnten.
Tim Pritlove
Also eingefroren, weil er nicht genug Sonne abgekriegt hat?
Charlotte Bewick
Genau, weil eigentlich müsste der in so einen Barbecue -Mode,das heißt, der dreht sich die ganze Zeit, so heißt das, wie auf einem Grill.Und das ist nicht passiert. Und dadurch ist die eine Seite warm geworden unddie andere aber eiskalt.Und das ging alles miteinander zusammen. Aber das erste, was wir mitgekriegthaben, war eben, der Solargenerator klappt nicht aus.Später konnte der dann ausklappen. Und der ganze Satellit war eben dann einfachnicht, die beiden Satelliten waren zwei auf einmal, waren nicht im korrektenOrbit, sondern in einem niedrigeren Orbit, der auch noch elliptisch war.Und das war sehr dramatisch. Da wurden dann sofort natürlich Leute von OHB zusammengerufen,was machen wir jetzt, wie können wir agieren?Und ich war nicht dabei, weil es wie gesagt nicht meine Mission war.Aber was ich ganz cool finde, ist, später konnte man durch diesen falschen Einschuss,bestimmte Effekte in der Relativitätstheorie zeigen, weil die haben ja diesehochgenauen atomaren Uhren dabei und sind immer näher und weiter weg von demErd -Anziehungskraft gekommen, konnten daher diese Zeitverzögerung durch dieGravitation nachweisen.Aber ja und die machen auch weiterhin Dienst, also die sind aber einfach infalschen Orbit gelandet.
Tim Pritlove
Also die werden nicht so die Lebensdauer haben, aber sie sind trotzdem verwendbar.
Charlotte Bewick
Und die sind nicht in der richtigen.Man hat dann zwar die ephemeris von diesen Satelliten und man kann das allesverwenden, was die produzieren, aber die Position der Satelliten ist ja so ausgewählt,dass die eine gute Abdeckung erzielen und dadurch, dass die dann nicht in demselben Orbit sind,können die nicht in dem Maße zur Abdeckung beitragen, wie sie das eigentlichsollten. So war das damals.Das ist so ein Beispiel, was mir so eingefallen ist. Es passieren auch viele,viele andere Sachen, auch gerade halt während der Entwicklung,wo es dann wirklich heißt, jetzt muss ganz schnell eine Lösung gefunden werden.
Tim Pritlove
Und dann ist man halt einfach dabei mit dem Team. Das heißt gerade bei Launcheskann ich mir vorstellen, ist hier immer richtig Alarm?
Charlotte Bewick
Ja, bei Launches ist es schon fast so, dass man sagt, okay, jetzt kann man auchnicht mehr viel ändern. Jetzt ist es halt so.Aber gerade in dem Bereich vorher, wo gebaut und getestet wird,wenn da irgendwas passiert, irgendwas geht kaputt beim Test und man muss esreparieren und so, da muss man ganz schnell arbeiten. Da sind dann häufig Leuteauch sofort angerufen und du musst losfliegen jetzt.Es gibt eine Situation. Aber da sind wir hier in der Vorentwicklung ausgenommen.Ein weiterer Vorteil von der Vorentwicklung.
Tim Pritlove
Da hat man die Ruhe, verstehe. Die Ruhe weg. Wir haben uns das alles nur ausgedacht,ihr müsst das dann ausbaden.
Charlotte Bewick
Ganz ruhig ist es nicht, aber wir haben zumindest nicht diese plötzlichen Notfälle.
Tim Pritlove
Jaja, es gibt ja so diese Apollo 13 Momente. Ich meine, mit bemannten Missionen,weißt nicht, bist du schon mal an einer bemannten Mission in irgendeiner Formbeteiligt gewesen? Gibt ja auch nicht so viele jetzt.
Charlotte Bewick
Ne, wir haben hier mal in der Vorentwicklung, arbeiten noch weiter als OHB andem Projekt ESPRI, das ist diese Mondbasis.Aber da war ich nicht dabei. Das lief in einer anderen Abteilung,nämlich in der Exploration Abteilung hier.
Tim Pritlove
Artemis hat glaube ich mit ORB nichts zu tun?
Charlotte Bewick
Ich glaube das hängt mit dem ASPRI Projekt auch zusammen.
Tim Pritlove
Okay, naja, aber das sind ja dann nochmal ganz andere Bedingungen.Ja, jetzt hast du ja schon mehrfach angedeutet, sowohl was deine eigene Arbeitbetrifft, eben als auch Anforderungen von Missionen generell,dass ja so ein großes Problem eben die Beendigung der Mission ist oder wie es so schön heißt,die, was war das, die Mission, nein, die,Also wie wird man das wieder los? Oder salopp formuliert der Müll,der im Weltraum so rumfliegt.Das Ziel ist ja schon seit längerer Zeit und ich hatte ja schon mehrere Folgenzum Thema Weltraumschrott, das Thema beschäftigt ja die ganze Szene schon seitJahrzehnten kann man fast sagen, aber insbesondere im letzten Jahrzehnt istja eine ganze Menge gemacht worden.ESA hat diese Space Situational Awareness Initiative gestartet,auch um einfach erstmal sozusagen einen Blick dafür zu haben,wo haben wir jetzt Probleme mit dem, was ist.Aber was jetzt den Bau von Satelliten betrifft, ist ja quasi nicht nur dieses,wie kommen wir da hin, wie kommen wir hoch, sondern wie können wir uns auchkorrekt so entsorgen, damit künftige Missionen nicht in Gefahr geraten.Inwiefern ist das jetzt ein wichtigeres Thema geworden?
Charlotte Bewick
Ja, also für mich ein wahnsinnig wichtiges Thema. Ich habe das schon seit meinemPhD, verfolge ich das eben.Als erstes Mal bin ich damit zu richtigen Kontakt gekommen 2008,als es diese Kollision gab.Cosmos Iridium, da war ich noch Studentin und das war die erste Satelliten -zu-Satelliten -Kollision im Orbit und das fand ich wow.
Tim Pritlove
Also das hat mich nachhaltig Also ein Satellit des Iridium -Systems von Motorola,damals das erste Kommunikationsnetzwerk für Satellitentelefonie.
Charlotte Bewick
Und das andere war ein alter oder ein ehemaliger, nicht mehr funktionierenderKosmos -Satellit, russischer.Und die sind halt richtig ineinander gerasselt und eine große Schrottwolke entstandund man konnte dann richtig nachverfolgen, wie die sich dann so ausgebreitethat und dort auch immer noch ist. Das war auch in einer Höhe,in der man sie nicht so schnell verschwindet.
Tim Pritlove
Wo ist das dann? So 400, 500?
Charlotte Bewick
Ne, 700.
Tim Pritlove
700 Kilometer.
Charlotte Bewick
Und die sieht man auch immer noch. Also jetzt in den Zahlen,wenn man sich die Entwicklung der Weltraumschrottumgebung anguckt, da gibt es einen Sprung.Das war dieses und dann 2009 nochmal diese absichtliche Zerstörung von einemchinesischen Satelliten, 800 Kilometer Höhe.Das ist jeweils ein Sprung in der Entwicklung und die pflanzt sich sofort.
Tim Pritlove
Haben die das eigentlich mittlerweile mal bereut, die Chinesen?Irgendwie nicht wirklich.
Charlotte Bewick
Ja, was heißt, also es gibt bestimmt einige Leute, die es furchtbar finden,aber es gab keine offizielle Entschuldigung dafür oder sowas,das kann man glaube ich auch lange warten.Das Ganze ist einfach, es ist einfach sehr problematisch und es macht mir auch große Sorgen.Ich versuche auch mal das zu erzählen, warum das für uns jetzt in der Wissenschaftso besonders problematisch ist, weil die Satelliten und die Instrumente,die wir bauen, die sind Die sind sehr teuer, die werden lange entwickelt, 20 Jahre oder so.Dann hat man ein Teleskop da oben.Das soll uns 20 Jahre wissenschaftliche Daten liefern.Das Risiko, dass das getroffen und zerstört wird, wird immer größer,je mehr diese Weltraumschrottumgebung wächst.Meine große Sorge ist, dass wir irgendwann wo hinkommen, wo es sich nicht mehrrechnet, so viel Geld zu investieren. Weil man sagt, dass die Wahrscheinlichkeit,dass das Ding innerhalb von ein paar Jahren zerstört wird, ist einfach zu hoch.Und das kann man dem Steuerzahler nicht zumuten, dafür Geld auszugeben.
Tim Pritlove
Bzw. selbst wenn es nicht getroffen wird, muss man ja die ganze Zeit ausweichen,dafür dann wieder Treibstoff verbrauchen, was ja dann die Emissionsdauer verkürzt.
Charlotte Bewick
Genau. Oder es könnte auch getroffen werden von kleinen Partikeln,die es zwar nicht zerstören, aber die einfach die Funktionalität stark beeinträchtigen.
Tim Pritlove
Solarpanele zerlöchern etc.
Charlotte Bewick
Genau. Oder auf die Optik oder sowas. Darum ist das für mich so wichtig,dieses Thema und seit ich bei UHB bin, begleitet es mich hier schon.Ich war erst in der Erdbeobachtung als Systemingenieurin und das war 2012,da bin ich zu UHB gekommen und das war das Jahr,in dem die ISO -Standard, ISO 24113 heißt das, das ist der Weltraumschrott -Mitigierungsstandard,Da sind die ganzen Anforderungen drin, wie in 25 Jahren soll man die orbiten und so.Der wurde durch die ECSS anwendbar für ESA -Missionen.Und das heißt, das war das erste Mal, dass wir wirklich so von Kundenseite standardmäßigfeste Anforderungen an die Weltraumschrott -Disposal hatten und da habe ichvon Anfang an dann immer in unseren Missionen, in den Vorstudien,da diese Weltraumschrott -Pläne erstellt und habe dann 2017, fünf Jahre später,16 oder 17 war das, habe ich dieses Weltraumschrott -Kompetenzzentrum gegründet,weil ich gemerkt habe, es gibt ganz viele Leute innerhalb der Firma in den verschiedenenAbteilungen sitzen, die alle irgendwas mit Weltraumschrott zu tun haben,aber die reden nicht miteinander.Da gibt es zum Beispiel in der Antriebsabteilung gibt es jemanden,der kümmert sich darum, dass Antriebe passiviert werden, also dass man am Endeden letzten Spritz rauslässt, damit es da keine Möglichkeit gibt, dass es explodiert.Oder dann gibt es jemanden in der Missionsanalyse, der berechnet Wiedereintrittsmanöver.Und dann gibt es uns hier in der Vorentwicklung und wir machen das Ganze fürdie neuen Satelliten, dass wir die so auslegen.Und die haben alle nicht miteinander so richtig geredet.Und darum dieses Kompetenzzentrum, wo man sich einmal im Monat austauscht,über die neuesten Entwicklungen spricht, auf technischer Ebene,aber auch auf programmatischer Ebene.Und das hat jetzt zuletzt richtig Fahrt aufgenommen, weil es jetzt innerhalbvon Europa viele Initiativen gibt, an dem Problem endlich was zu lösen.Und ich glaube ausschlaggebend dafür ist diese neue Entwicklung mit den Megakonstellationen.So neu ist jetzt auch nicht mehr, aber es gibt ja jetzt einfach tausende vonSatellitenlaunches pro Jahr.
Tim Pritlove
Also vor allem Starlink, aber nicht nur Starlink, aber das ist natürlich das bekannteste Beispiel.Tausende Arbeit, also wirklich bis in der Endausbaustufe glaube ich bis zu 40 .000.
Charlotte Bewick
Satelliten.
Tim Pritlove
Allein Starlink hat ja jetzt schon mehr Satelliten gelauncht,als insgesamt in der gesamten Geschichte der Weltraumfahrt vorher gelauncht wurden.Die waren natürlich viel kleiner, aber eben viele.
Charlotte Bewick
Ja, aber das Problem ist ja die Anzahl und nicht die Größe. Also die Größe istauch problematisch insofern, dass wenn ein großer Satellit explodiert oder getroffenwird, dann erzeugt er mehr Schrott.Aber die Wahrscheinlichkeit eine Kollision zu haben, wächst mit der Anzahl der Objekte.Starlink ist ein Beispiel, aber es gibt viele andere. Amazon hat auch eine eigeneKonstellation, es gibt auch Konstellationen aus allen Teilen der Welt,die jetzt entwickelt werden, chinesische Konstellationen und so weiter.Das ist nicht wirklich reguliert, das ist nicht wirklich geklärt, wie man das…,wie man das handhaben will. Ein großes Problem mit Konstellationen ist,die fliegen meistens in einem ähnlichen Orbit, also in einer gleichen orbitalen Schicht.Und wenn jetzt die Mission beendet wird und die nicht korrekt entsorgt werden,dann sind die so nah beieinander, dass eine Kollision ganz wahrscheinlich ist.Und wenn erstmal eine Kollision eingetreten ist, dann hat man diese Kettenreaktion,diesen Kessler -Effekt, wo dann ganz schnell die ganze orbitale Schicht vermüllt ist.Und ja, und da engagiere ich mich halt eben schon ziemlich lange für und mache das auch hier weiter.Und wir wollen, also als UHB ist es für uns eben total wichtig,weil das ist ja unser Kernfeld, sind ja diese großen, teuren,hochwertigen Satelliten.Und das sind eben genau die, die auch am meisten da zu verlieren haben.Wenn man Satelliten baut, die klein und günstig sind und in großer Masse zuproduzieren sind, dann ist es nicht so schlimm in Anführungsstrichen,wenn davon einer mal kaputt geht.Weil man hat ja noch viele andere oder im Notfall macht man halt einen neuen.Aber wenn man diese großen teuren Produkte anguckt, die konventionelle Raumfahrt,die Wissenschaftsmissionen, die haben am meisten zu verlieren.
Tim Pritlove
Wer nimmt an dem Kompetenzzentrum so alles teil? Ist das eher eine europäischeoder nur deutsche Geschichte oder ist das schon international?
Charlotte Bewick
Also das ist ein OHB, ein internes Kompetenzzentrum.Und wir haben aber Kontakte auch zu unseren anderen Partnern,also unseren Schwesterfirmen in anderen europäischen Ländern.Aber die regulären Teilnehmer sind alle von der OHB System und von der OHB DC,das ist Digital Connect.Die machen Bodensysteme und Operations.Aber wir arbeiten, das ist innerhalb der Firma, Da arbeiten wir daran,unsere Satelliten zu verbessern und Technologien zu entwickeln und so.Aber wir haben auch Kontakte und wir arbeiten eng zusammen mit der ESA,mit dem DLR, auch mit anderen Industrieunternehmen.Einmal über zum Beispiel Eurospace, das ist so eine Vereinigung von Industrieunternehmen,aber auch ganz besonders über das Clean Space Office der ESA.Das ist in ESA eine Initiative, wo es darum geht, die Raumfahrt nachhaltigerzu machen und die ganz viel im direkten Austausch mit der Industrie gehen,was ich richtig super finde und wo wir immer,wo wir schon ganz viele Fortschritte gemacht haben.Jetzt in diesem Jahr steht ganz oben auf der Agenda die sogenannte Zero DebrisCharter, das ist ein politisches Dokument,wo sich Industrie und ESA und verschiedene nationale Weltraumorganisationen wie DLR zum Beispiel.Zusammenschließen und gemeinsam einen Plan, einen groben Plan entwickeln, wo wir 2030 sein wollen.Was zum Beispiel die Zuverlässigkeit von Satelliten im Wiedereintritt angeht und so weiter.
Tim Pritlove
Was ist denn bisher schon so erzielt worden an Fortschritten?Wir haben vielleicht mal ein paar Jahre zurück geblättert. Was ist jetzt besseran den Satelliten, was ist geändert worden, um diese ganzen Zielsetzungen dannauch zu erfüllen und diese Wünsche umzusetzen?
Charlotte Bewick
Also in unseren Satelliten sind wir compliant, also erfüllen wir diese Mitigationsvorschriften,das heißt, die werden immer so ausgelegt, dass sie am Ende der operationellen Lebensdauer,entweder kontrolliert einen Wiedereintritt durchführen oder einen passiven Wiedereintrittmachen und davor sich passivieren.Und dass man die Wahrscheinlichkeit einer Explosion oder so minimiert,dass die Ausweichmanöver fliegen.Also ganz viele Sachen sind einfach jetzt im Design standardmäßig dabei.Was man noch nicht so richtig sehen kann, ist, was für Auswirkungen das hat,weil die Satelliten, die jetzt fliegen und vor allem die jetzt in ihr End -of-Life gehen, die sind häufig von der Zeit, bevor es diese Standards gab.Und wenn man sich das anschaut, sieht man, es sind nur ganz wenige Satelliten,die wirklich einen Wiedereintritt machen oder ein wirkliches End -of -Life -Betrieb durchführen.
Tim Pritlove
Das heißt, es geht jetzt eigentlich erst langsam los.
Charlotte Bewick
Ich glaube, die Früchte zeigen sich erst jetzt so langsam. Und das ist haltso, wenn ich jetzt anfange, einen Satelliten zu entwerfen, dann wird der vielleicht 2029 gelauncht.Und dann hat er sein End -of -Life vielleicht 2038.Und das heißt also 15 Jahre.
Tim Pritlove
Aber irgendwas wird auch schon mal runtergekommen sein, was schon so halbwegs modern gedacht war.
Charlotte Bewick
Ja klar, also es gab schon Wiedereintritte, die gezielt waren.Es gab auch schon passive Wiedereintritte, aber einfach die Compliance -Rate ist so niedrig.Es gibt einfach viel zu viele Satelliten, die dort oben am Ende des Lebens einfachnur das Licht ausmachen und da oben bleiben statt sich zu entfernen.Aber ich glaube halt in vielen Fällen, weil sie eben aus einer Zeit stammen,wo das noch nicht mit eingebaut wurde in das System.Und das andere, was sich gerade tut, was total eine krasse Entwicklung ist,wo ich auch echt überrascht bin, dass das jetzt kommt, weil es immer hieß,kommerziell kriegt man das nicht hin, also es gibt einfach nicht genug Budgetdafür ist, dass man eine Debris -Removal -Mission macht.Das ist ja hier Clear Space One und auch Astroscale, eine Firma aus Japan undGroßbritannien, macht jetzt einen echten Demonstrator von einer Mission,die da hochfliegt und sich eine alte,Raketenoberstufe schnappt und aus dem Orbit entfernt.
Tim Pritlove
Das ist jetzt erstmal so eine Technologiedemonstration.Gibt es da eine Technologie, die sich da abzeichnet?Ich hatte ja schon mehrfach das Thema, einerseits die Weltraumschrott Sendung,da haben wir natürlich darüber gesprochen, vor allem über das Problem selber,dass wir über Robotik gesprochen haben.Dann kam es auch schon zu Überlegungen für automatische Andockungen.Jedes Raumfahrzeug hat ja in der Regel zum Beispiel eine Antriebsdüse.Da könnte man ja vielleicht von hinten sich einklinken.Mit Netzen wird experimentiert. Zeichnet sich schon irgendeine Technologie ab,wo alle meinen, das könnte am besten funktionieren, das ist vielleicht der ökonomischsteAnsatz oder ist das noch ein sehr breites Feld, wo eigentlich alles mal ausprobiertwerden muss, wie es funktionieren könnte mit der Müllabfuhr?
Charlotte Bewick
Also ich glaube am vielversprechendsten ist dieses feste Docking,also wo man wirklich hinfliegt und zum Beispiel mit der Düse sich verbindetoder mit dem Launch Vehicle Adapter, also dem Ring, mit dem man vorher schonauf dem Launcher befestigt war, weil das ist natürlich fest auch an der Struktur befestigt.
Tim Pritlove
Und der ist auch halbwegs standardisiert.
Charlotte Bewick
Genau, der ist auch standardisiert. Aber was wir auch haben,ist, dass wir mit den neuen Satelliten so Docking -Stations einbauen,sodass die schon richtig so einen Greifpunkt haben und so ein kleines Schild,was man dafür benutzen kann,um mit einem visuellen Sensor zu erkennen, in welcher Lage befindet sich derSatellit gerade, wie dreht er sich.
Tim Pritlove
So ein QR -Code sozusagen.
Charlotte Bewick
Ja, so ein bisschen so, genau, und das wird jetzt mit eingebaut,sodass man, falls der Satellit es nicht schaffen sollte, aus eigener Kraft denWiedereintritt zu machen, dassman die Option hat, ein möglichst einfaches Dockinginterface zu haben.
Tim Pritlove
Aber das ist natürlich das eigentliche Ziel, dass so eine Rettungsmission garnicht erst erforderlich ist.Trotzdem kann ich mir vorstellen, dass der Bedarf für diese Müllabfuhr steigt.Weil ich meine da müssen ja eigentlich auch die Unternehmen selber ein Interesse dran haben.Also gerade als wir Starlink angesprochen haben, ich meine das ist natürlich für die in dem Moment,wo einer ihrer Satelliten da rogue läuft und irgendwie alles so kegelmäßig wegballert,kann er ja auch mal schnell den Tod des ganzen, vielleicht nicht des ganzen,aber zumindest signifikanter Teile des Netzes bedeuten.Bis hin zur Gefährdung des Weiterbetriebs an sich, weil wenn erstmal genug rumfliegt,dann muss man unter Umständen den ganzen Orbit ja aufgeben und später dann vielleichtauch noch andere orbitale Lagen.Beteiligen die sich da? Gibt es da Innovationen?
Charlotte Bewick
Also für Betreiber von einer festen Konstellation ist es vielleicht so,dass man tatsächlich sagt, okay, ihr habt ein Interesse daran,den Satelliten zu entfernen.Aber man muss leider sagen, in den allermeisten Fällen ist der Betreiber nichtderjenige, der direkt betroffen ist von den Folgen.Es kann sein, aber erst mal ist das einfach nur eine Umweltverschmutzung in dem Sinne.Und das muss meiner Meinung nach, das muss viel strenger reguliert werden,dass man wirklich dafür aufkommen muss. Wir haben jetzt bei der Zero -Debris-Charta darüber gesprochen, dass wir mit 99 -prozentiger Wahrscheinlichkeiteigentlich wollen, dass die Satelliten nicht im Orbit verbleiben.Und das ist eigentlich nur möglich, indem man Vorkehrungen trifft,dass man im Falle eines Ausfalls eben so einen Rettungsdienst nutzt.Anders weiß ich nicht, wie man eine 99 -prozentige Wahrscheinlichkeit erreichensoll, weil es eben immer was gibt, was ausfallen kann.Oder man muss den Satelliten so designen, dass er alle Systeme dreimal oderso dabei hat, was ja dann auch wirklich teuer wird.
Tim Pritlove
Ja.Normalerweise so im industriellen Bereich, Kraftwerke etc.Macht man das ja mit so einem Fonds, wo man sozusagen sagt,okay ihr wollt in diesem Milieu wirtschaftlich unterwegs sein,könnt ihr das schön machen,aber wenn ihr hier eine Lizenz haben wollt, dann müsst ihr irgendwie so undso viel Prozent von eurem Umsatz in so einen Topf geben und wenn halt mal wirklichwas schief geht, dann haben wir zumindest Kohle, um das irgendwie regeln zu können.Zeichnet sich das ab, dass sowas kommt?
Charlotte Bewick
Also die Idee gibt es, aber das Problem ist, wie setzt man das um?Bei einem Kraftwerk hat man ein festes Land, in dem soll das Kraftwerk dannstehen und da gibt es halt eine klare legislative Hoheit.Und das gibt es im Weltraum eben nicht und man müsste sich dann schon wirklichinternational einig werden.Wenn einige Länder anfangen würden, das alleine zu machen, kann das halt aucheinfach eine Abwanderung von Industrie bedeuten.
Tim Pritlove
So nach dem Motto, wenn das hier zu teuer wird, dann launchen wir halt woanders. Ja, genau.
Charlotte Bewick
Eine Idee, die schon mal besprochen wurde, war, dass man vielleicht das auchmit den Servicen verbinden sollte.Also nicht so sehr guckt, wo wird der gelauncht oder wo wird er betrieben,sondern wo dürfen die ihre Services verkaufen.Wenn man einen Satelliten hat, der zum Beispiel Internet anbietet,aber keine korrekten Vorkehrungen für End of Life hat, dann darf der vielleichtsein Internet nicht in Europa vertreiben. Nur so als Idee.
Tim Pritlove
Ja, okay, good point.Das könnte ein interessanter Hebel sein natürlich und Tracking Station,solche Netzwerke nutzen zu können, ist natürlich auch in gewisser Hinsicht einPrivileg, könnte ich mir vorstellen.
Charlotte Bewick
Ja das stimmt, genau. Also Bodenstationsnetzwerke und so.Obwohl gerade die Konstellationen, die haben eigentlich Inter -Satellite -Link,also da braucht man dann nur noch eine Bodenstation und die Informationen werdendann von Satellit zu Satellit weitergegeben.
Tim Pritlove
Beziehungsweise sie haben halt überhaupt ihre eigene Infrastruktur auf dem Boden.Ja, alles nicht so einfach. Aber du bist da optimistisch, dass sich da was tut?
Charlotte Bewick
Ja, also irgendwas muss sich tun.Ich weiß nicht, ob ich das unbedingt als optimistisch bezeichnen würde.Was ich gut finde, ist, man hat das Gefühl, im Moment ist wirklich Impuls dahinter.Wir merken von vielen Seiten, es gibt Interesse, die deutsche Raumfahrtstrategienimmt speziell auf Nachhaltigkeit Bezug.Wir haben von der EU, hören wir jetzt, dass es im EU Space Law Nachhaltigkeitmit berücksichtigt werden soll.Dann haben wir wie gesagt dieser Zero Debris Charter, wo wir,was auch wirklich außergewöhnlich ist, dass wir da mit Industrie übergreifend,mit unseren Wettbewerbern, mit unseren Kunden alle zusammen unterzeichnen wollen,dass wir uns hier an bestimmte Maßstäbe halten wollen.Und eben ist es auch Geld da, um solche Entwicklungen zu finanzieren.Was früher wirklich in Frage stand, wo wir gesagt haben, das wird nie kommen,so eine Mission, weil es gibt einfach niemanden, der bereit ist,so viel Geld dafür zu bezahlen, einen Satelliten aus dem Orbit zu entfernen.Und jetzt passiert es doch.Und es gibt eben auch Geld da, um Technologien zu entwickeln,die wir brauchen. Sprich dieses Das Design vor dem Mais, was ich eben angesprochen hatte.
Tim Pritlove
Wann kommt diese Testmission an den Start, die nächste?
Charlotte Bewick
Ich glaube, es sollte 2026 soweit sein, wenn ich mich richtig erinnere. Also nicht mehr lange.
Tim Pritlove
Okay, nicht mehr lange, aber halt so nicht mehr lange in Raumfahrtsgrößenordnung.
Charlotte Bewick
Ja, voll bald in Raumfahrtsgrößenordnung.
Tim Pritlove
Das ist ja quasi morgen schon.
Charlotte Bewick
Ja, das stimmt.
Tim Pritlove
Ja, man muss ja hier wirklich einen langen Atem haben. Du hast EU -Space -Lawangesprochen, das heißt es soll auf der Ebene der Europäischen Union einen Weltraum...Gesetzgebung erarbeitet werden, die dann das Potenzial hat, als Vorlage fürdie internationalen Verhandlungen zu dienen oder wie sehe ich das?
Charlotte Bewick
Also ich bin gar keine Expertin, was diese EU -Machenschaften angeht und ichfinde es auch immer super komplex, aber wie ich es verstehe,ist, dass die EU eine Art Vorschlag dann macht und die Nationalstaaten das inihre eigene Gesetzgebung übernehmen können,aber genau, das ist, ich bin Ingenieurin.
Tim Pritlove
Ja, ist mir schon klar. Aber interessanter Hinweis hatte ich jetzt noch garnicht so auf dem Zeiger. Ich habe mich ja schon mal über Weltraumrecht unterhalten,das ist aber schon eine Weile her.Wobei auch damals war schon klar, dass es einfach sehr schwierig ist die Interessenunterschiedlicher Staaten hier unter einen Hut zu bringen.Und wenn man sich halt vor allem die Ambitionen der Russen in den letzten Jahrenanschaut, könnte es ein bisschen schwierig werden da auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.China ist ja auch generell noch so ein bisschen ausgeklingt,aber wäre natürlich schon mal ganz gut, wenn es hier zumindest mal sinnvolle Vorschläge gibt.
Charlotte Bewick
Aber ich finde auch, das ist für mich auch immer so ein Punkt,ich vergleiche das ganz gerne so mit der Klimawandel -Problematik.Man kann nicht immer nur sagen, aber die Russen, aber die Chinesen machen esdoch auch, weil dann kommt man nie weiter.Wir müssen als Industrienation, müssen wir auch eine Vorbildfunktion erfüllenund das gilt jetzt auch für den Weltraumschrott, aber halt ganz besonders mit dem Klimawandel.Und wenn man sich anschaut, was fliegt denn da oben eigentlich rum?Ja klar, es gibt viel russischen Schrott, aber es gibt auch ganz,ganz viel Schrott aus Amerika und auch einiges aus Europa.Und die aufstrebenden Nationen im Bereich Raumfahrt, die jetzt anfangen,die gucken ja auch, wie verhalten sich die Player?Und wenn wir jetzt sagen, na ja, okay, wir haben keinen richtigen Grund,da jetzt wirklich was zu machen, weil es halten sich ja sowieso nicht alle dran,Dann ist es ja kein Wunder, dass eine neue Raumfahrtnation, sagen wir mal Nigeria oder so,dann auch nicht sagt, okay, wir machen jetzt aber sehr, sehr nachhaltige Raumfahrt.Ich meine, toll, wenn sie es tun, aber ja, ich finde, da ist es schon sehr,sehr wichtig, dass gerade als eine Nation, die schon sehr viel entwickelt hatund die auch schon viel genutzt hat im Orbit und davon auch schon viel profitierthat, dass man eben den Weg weist.
Tim Pritlove
Mh.Ja, also ich glaube da haben alle so ein bisschen Dreck am Stecken,weil das Thema einfach lange Zeit vernachlässigt wurde.Ich frage mich eigentlich immer, warum eigentlich? Also hat man irgendwie langeZeit gedacht, das könnte nicht wirklich ein Problem sein?Oder sind da einfach nur die frühen Rufe nie erhört worden aus Kostengründen?Oder war einfach das Wachstum dann schneller, als alle damit gerechnet haben?
Charlotte Bewick
Beides. Also einmal hat man lange Zeit nicht geglaubt, dass es ein wirklichesProblem gibt, obwohl der Donald Kessler das ja schon in den 70er Jahren prognostiziert hat.Aber das sind natürlich auch immer dieser Kommunikationsunterschied zwischenden Wissenschaftlern und den Leuten, die dann Satelliten tatsächlich auch inAuftrag geben, was früher ganz oft auch das Militär einfach war.Und dann zum Beispiel diese Antisatellitentests, da ist man sich ja eigentlicheinig, dass das Quatsch ist, aber trotzdem wurde das weitergemacht.Der letzte ist jetzt auch erst ein paar Jahre her, wo eben Satelliten wirklichim Orbit zerstört werden, um zu demonstrieren, wir können das.Die Leute, die das entscheiden, die haben bestimmt nicht schlaflose Nächte wegen Weltraumschrott.Das sind einfach ganz andere Interessen, die da zusammenkommen.Und das andere ist diese Entwicklung mit den Megakonstellationen,das hat viele überrascht.Das ändert alles in der Weltraumindustrie, das hatten wir, also ich hatte dasso nicht auf dem Schirm und bis vor ein paar Jahren eben. Und dann plötzlich ging das los.Und wir haben gesehen, es geht nicht nur darum, dass hier ein paar UniversitätenCubeSats machen, sondern es geht darum, dass wirklich im ganz großen,im kommerziellen Stil zehntausende von Satelliten in den Orbit geschossen werden.Und nicht nur von einer Firma, sondern von vielen, die das machen wollen.Einige, die es jetzt auch schon machen und noch viel, viel mehr, die es planen zu machen.Und dann ändert es einfach alles. Wenn man sich die Wenn man sich die Diagrammeanschaut, es gibt so ein paar Diagramme, die wirklich augenöffnend sind,wo man sieht, seit den 60er -Jahren, wie viele Launchs gab es und wie vielegab es in den letzten beiden Jahren.Und das sind einfach ein Balkendiagramm, wo es in den Himmel reißt auf einmal.Und dann, wenn man das dann noch vergrößert in die Zukunft und guckt,wie viele sind jetzt schon angekündigt, da ist eine ganz klare Schnittstelleim Jahr 2020 ungefähr oder 2019. sind.Und da ist der große Umbruch und wir haben viel, viel, viel mehr Launches jetzt,als wir es jemals zuvor hatten.
Tim Pritlove
Es gibt ja ein paar richtige Klopper. Also vor allem sind ja früher,also der Trend zu kleineren Satelliten ist ja in gewisser Hinsicht auch gut,auch wenn es jetzt so viele sind.Früher hat man ja noch ein anderes Modell gehabt und es gibt ja einige große Satelliten.Ich glaube so ein 6 Tonnen Teil InchelSat, der da verendet ist.Und der Envisat auch noch natürlich. Also der ist ja noch schwerer,irgendwie über 8 Tonnen. Also wirklich so ein VW -Bus im Weltall.Die so ein bisschen unkontrolliert da rumliegen. Es wären ja eigentlich,sagen wir mal, sehr dankenswerte Ziele für so eine Rettungsmission.Aber man kann wahrscheinlich an diese dicken Dinger, also ist es schwerer?Oder eigentlich das gleiche wie bei so einem kleinen?Ich meine so ein kleiner ist vielleicht schwerer einzufangen und letztlich soviel Energie brauchen wir ja gar nicht, um die Dinger auf einen anderen Orbit zu bringen, oder?
Charlotte Bewick
Ja, also erst mal die großen Teile. Also es gibt so eine Art Hitliste,so eine Art Most Wanted List von Objekten,wo man sehen kann, welche muss man auf jeden Fall einfangen und das hat damitzu tun, was ist die Wahrscheinlichkeit, dass die mal explodieren oder zerstörtwerden und was ist der schwere Grad von den Folgen von so einer Explosion.Und da steht Envisa zum Beispiel ganz oben, weil es eben in einem Orbit,er ist in einem Orbit 800 Kilometer, wo der ganz wichtig ist für die Erdbeobachtung,der aber so weit oben ist, dass man kaum noch Restatmosphäre hat.
Tim Pritlove
Also wenn es dann… Da bremst nichts ab.
Charlotte Bewick
Da bremst nichts mehr ab. Der bleibt dann tausende von Jahren dort.Und die Wahrscheinlichkeit, dass er mal explodiert, durch eine Kollision zerstörtwird, ist extrem hoch, weil er eben von alleine kaum runterkommt,in Hunderten von Jahren nicht.Aber es gibt auch andere Satelliten, die da weit oben stehen,die zum Beispiel volatile Antriebssysteme dabei haben, wo man weiß,früher oder später explodieren die.Und der Grund, warum man sich nicht als allererstes Envisat schnappt,ist, Envisat ist wie gesagt ein Acht -Tonnen -Klopper und wenn man den nichtauf eine ganz gezielte Wiedereintrittsbahn auf die Erde befördert,sondern wenn da irgendwas schieflaufen würde,dann würde der sehr, sehr viele Komponenten,die den Wiedereintritt überleben, auf der Erdoberfläche zerstreuen mit hoher Geschwindigkeit.Das kann also sehr gefährlich werden für Menschen, für Tiere,für Einrichtungen, für Infrastruktur auf dem Boden.
Tim Pritlove
Also den muss man auf einer sehr klugen Trajektorie direkt in den Pazifik führen sozusagen.
Charlotte Bewick
Da muss man erstmal demonstriert haben, dass man das kann und dass man das auchwirklich sicher kann, bevor sich das irgendjemand traut.
Tim Pritlove
Okay, aber eigentlich ist das schon so Target Nummer eins. Das wäre super,wenn man dem mal los wird.
Charlotte Bewick
Für Europa ist es das, weil es ist ein europäischer Satellit.Das heißt wir wissen, wir können da ran, ohne dass irgendjemand ein Problem damit hat.Es gibt viele andere Satelliten, die auch große Probleme verursachen,wo das rechtlich nicht so einfach ist, wo die einfach nicht europäisches Eigentum sind.
Tim Pritlove
Genau, wie zum Beispiel dieser Intelsat, der auch so ein Riesending ist.Wie sieht das aus mit den geostationären Orbits, weil ich meine,die Low, oder Low, ich weiß nicht, bis zu 800 Kilometer, wie nennt man dannden Orbit noch, das ist ja nicht mehr Low. Also sagen wir mal so die Erdnaheit.
Charlotte Bewick
Ne Low, Leo ist bis 2000 Kilometer höher.
Tim Pritlove
Also in diesem Leo Bereich, also da wo man eine realistische Chance hat mitüberschaubarem Energieaufwand die Dinge auch wieder nach unten zu zwingen,weil eigentlich bringt die ja nichts aus der Ruhe.Die fliegen da einfach ihre Bahn und folgen einfach Einstein um die Erde herum,das heißt man muss da einfach gegendrücken, um die sozusagen wieder so ein bisschenwie eine Gummiente unter Wasser zu halten.Und dann gibt es aber noch diesen geostationären Orbit, da ist ja die Chance,die wieder zurück zu bekommen, kann man irgendwie komplett vergessen und dieheutige Strategie sieht ja so aus, dass die dann einfach ein bisschen weiterrausgeschoben werden, aber im Prinzip ja da auch bleiben.
Charlotte Bewick
Genau, beim GEO das ist ein ganz spezieller Orbit, weil das ist ja nur ein Orbit.Also beim LEO haben wir ganz viele verschiedene Orbits, hohe Inklination,niedrige Inklination, die so kreuz und quer durcheinander flitzen.Das ist ganz chaotisch. Im Geo ist es so, die sind alle ungefähr äquatorialund die gehen alle in die selbe Richtung und mit derselben Geschwindigkeit,weil die alle diesen 24 Stunden Umlauf haben wollen, wo sie immer über einen Punkt der Erde stehen.
Tim Pritlove
Ein Perlenkettchen einmal die ganze Erde herum.
Charlotte Bewick
Und wenn jetzt einer davon anfängt nicht mehr zu funktionieren und anfängt abzudriften,dann hat der nur eine ganz geringe relative Geschwindigkeit zu den anderen,weil der geht dann ein bisschen niedriger und dann.Im Verhältnis zu den anderen bewegt er sich dann so ganz leise ein bisschenrückwärts oder ein bisschen vorwärts, je nachdem und die Kollisionsrisiken dortsind erstmal ein bisschen in der Hinsicht geringer, dass die relative Geschwindigkeit geringer ist.Das ist wichtig zu berücksichtigen, weil wenn man zwei polare Satelliten imLeo hat, die sich begegnen, möglichst noch frontal, dann kann man hier siebenKilometer pro Sekunde, da sieben Kilometer pro Sekunde, 14 Kilometer pro Sekundezusammenprallen haben.Im Geo bewegt man sich mit dreieinhalb Kilometer pro Sekunde,also schon mal langsamer und dann eben halt relativ.Und dann hat man vielleicht so was ein paar hundert Meter pro Sekunde Relativgeschwindigkeit,eine ganz andere Nummer.Und dann, dadurch, dass das nur ein Donut ist, in dem sich der Geo befindet,kann man eben auf diesen Graveyarding -Orbit gehen,der einige hundert Kilometer höher ist und der dann auch prognostiziert erstmalkeine Überschneidungen mehr mit dem Geo hat.Und das ist eine ganz gute Methode, die Geosatelliten zu entsorgen.Und ich glaube, da bleibt man auch bei, weil die in den Wiedereintritt zu zwingen, ist sehr komplex,kostet sehr viel Treibstoff und birgt auch gewisse Risiken, weil die sind sehrgroß und man muss halt schon genau zielen, wenn man von 36 .000 Kilometer Entfernunggenau einen kleinen Fleck im Pazifischen Ozean treffen möchte.Und was wir aber besonders interessant finden, oder was ich auch besonders interessantfinde, ist dieses On -Orbit -Servicing,also dass man Satelliten baut, die zu Geosatelliten hinfliegen und die wiederfit machen, wenn da irgendwas ausgefallen ist, versucht das zu reparieren, also quasi Drohnen,Reparatur -Drohnen, die dort im Orbit die Satelliten wieder ansatzfähig machenoder wenn Hopfen und Malz verloren ist, die abschleppen und dann eben nichtzum Boden abschleppen, sondern in den Graveyard bringen.
Tim Pritlove
Also ich höre schon eine gewisse Hoffnung raus, dass diese Reparaturmissionendemnächst ein richtiges Thema werden.
Charlotte Bewick
Ja, also es gab ja schon einen erfolgreichen Einsatz von einer Reparaturmissionim Orbit, im Geo. Nicht von uns, aber es gab es.Und ich glaube, das wird immer wichtiger werden, auch unter Aspekten der Nachhaltigkeit.Ganz viel von dem Material, was wir da hochschicken, das wird im Moment einfachungenutzt, verbrannt oder entsorgt oder in den Graveyard gebracht.Aber wenn ich mir vorstelle, was machen wir in 20, 30 oder 40 Jahren?Das ist ja viel, viel Zeit und viel Entwicklung, die da weitergeht.Ich kann mir kaum vorstellen, dass wir weiter so mit dem Material umgehen,was wir teuer in den Orbit befördert haben.Darauf hinauslaufen, dass man im Orbit anfängt, die Sachen weiterzuverwenden,wiederzuverwenden, reuse, recycle, etc.
Tim Pritlove
Oder eben auch eine Art der Rückführung vielleicht erfindet,die auch eine Wiedernutzung der Materialien beinhaltet.Weil ich meine, oft sind ja auch sehr seltene Stoffe in diesen komplexen Instrumenten,die jetzt nicht so üppig vielleicht vorhanden sind. und vielleicht noch,aber irgendwann vielleicht auch nicht mehr.Es ist ja generell nicht einfach etwas zurückzuführen. Also wir reden ja immervon, okay der Orbit muss frei sein, aber am Ende bedeutet das ja dann meistens,dass das meiste verglüht.Dann ist es ja auch erstmal gleichförmig über den Pazifik verstreut und vondaher auch nicht so ohne weiteres wieder nutzbar.Gibt es denn eigentlich technologisch in irgendeiner Form neue Ansätze,dass diese Ateliten auch bewusst überleben und in irgendeiner Form bergbar sind?Oder ist das dann zu viel des Guten?
Charlotte Bewick
Also meiner ist Wissensnach nicht. Aber ich glaube auch das Wertvollste im Momentan den Materialien ist nicht das Material, sondern dass sie im Orbit sind.Weil wir bezahlen ja 50 .000 Euro oder so für ein Kilogramm Launchmasse unddas ist ein Kilogramm Aluminium, das ist jetzt schon im Orbit.Da muss ich nicht nochmal 50 .000 Euro für bezahlen. Ich müsste eigentlich nurhinkommen, das bergen, das in ein Aluminiumgranulat umwandeln und daraus neuen Satelliten drucken.Also ich rede jetzt mal von 20, 30 Jahren, aber technologisch ist das keineMagie, so was müsste machbar sein und ich glaube eben, oder eben Komponenten,die man nimmt und repariert und wiederverwendet.Das ist jetzt nichts, was in den nächsten paar Jahren kommen wird,aber ich glaube, das ist einfach etwas, was unweigerlich kommt,weil es eben im Moment eine ganz große Verschwendung ist von dem,was wir alles schon drumherum haben.
Tim Pritlove
Aber ist nicht eigentlich die Laufzeit vor allem auch einfach nur durch einenMangel an Treibstoff definiert?Also oft funktionieren die Dinger ja dann eigentlich auch noch ganz gut,aber ihnen ist halt einfach der Treibstoff ausgegangen.So Refueling, dass man einfach da mal so einen Weltraumtanklastwagen durch dieGegend schickt, das müsste ja eigentlich auch eine Option sein.
Charlotte Bewick
Klar, das ist auch ein Teil von diesem On -Orbit -Servicing.Wir arbeiten auch gerade an einem ganz spannenden Projekt für ESPRI,für diese Mondstation mit dem Xenon -Refueling, wo man Xenon -Gas neu einbaut,damit man eben diese Raumstation weiterverwenden kann.Aber auch ganz normales Hydrazine -Refueling und so ist Teil von diesem On -Orbit -Servicing.Aber es ist nicht nur das. Die Satelliten haben ja alle Komponenten dabei unddiese Komponenten sind auf eine bestimmte Lebensdauer ausgelegt.Und im All sind nochmal erschwerte Bedingungen. Man hat da höhere Strahlungslastenund so weiter. Und es ist einfach so, nach einer Weile gehen die Dinger kaputt.So oder so. Oder auch Sachen, die sich bewegen, Mechanismen oder wir hattenvorhin die Schwungenräder oder so.Die sind für eine gewisse Anzahl von Zyklen ausgelegt und irgendwann gehen die kaputt.Aber wie gesagt, vielleicht kann man sie ja auch reparieren,vielleicht kann man ja was machen oder sie ausbauen und umbauen oder neu verwenden.
Tim Pritlove
Das würde aber natürlich auch einen höheren Grad an Modularisierung,Standardisierung, Schnittstellen etc.Dass man da einfach mal neue Solarpanele ranschraubt oder so.Das sind ja alles komplexe, delikate Verbindungen heutzutage,die sich nicht so ohne weiteres und schon gar nicht durch einen Roboter im Weltallso ohne weiteres auflösen lassen. Aber da könnte es ja hingehen.
Charlotte Bewick
Da könnte es ja hingehen, genau.
Tim Pritlove
Könnte es ja hingehen. The future is still bright.Ja Charlotte, ich sag mal vielen Dank. Ich denke jetzt haben wir hier einenÜberblick gewonnen oder gibt es noch irgendetwas, was du uns mit auf den Weggeben möchtest, was wir noch nicht so angesprochen haben?
Charlotte Bewick
Ne, ne, das hat mir total viel Spaß gemacht. Wir sind ja wirklich durch alleseinmal durchgegangen, was ich hier so mache. Sehr schön. Ich fand's sehr schön.
Tim Pritlove
Vorrang. Gut, dann vielen Dank.Und ja, vielen Dank für's Zuhören, das war's von mir von Raumzeit.Ihr wisst, bald geht's wieder weiter. Bis dahin sage ich Tschüss und bis bald.

Shownotes

RZ117 Euclid

Ein Weltraumteleskop auf der Suche nach dunkler Energie und dunkler Materie

Die geometrische Vermessung des Universums kann eine Reihe von Erkenntnissen liefern, die Aufschluss über seine wahre Größe geben – und damit auch sowohl über seine kontinuierliche Ausdehnung als auch seine innere Beschaffenheit. Diesen Auftrag hat das jüngst gestartete Weltraumteleskop Euclid der ESA, das eine umfangreiche Beobachtung des Weltraums im visuellen sowie dem nahinfraroten Spektrum vornehmen wird.

Durch diese Himmelsdurchmusterung erhoffen sich die Astronomen weitere Daten zur Bestimmung der dunklen Energie als auch der dunklen Materie im All. Das gesammelte Datenmaterial wird darüberhinaus in bereitgestellten Katalogen den Forscherinnen und Forschern weltweit noch über Jahre hinaus eine Forschungsgrundlage sein.

Dauer:
Aufnahme:

Knud Jahnke
Knud Jahnke

Auskünft über diese interessante Mission gibt Knud Jahnke, Leiter der Euclid-Missionsgruppe in der Galaxien- und Kosmologieabteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg. Knud erläutert uns die Ziele der Mission, das Design des Weltraumteleskops und seiner Instrumente und welche Fragen der Datenkatalog am Ende beantworten soll.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich Willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Und nach dem Ausflug in die Atomphysik, die letzten sechs Ausgaben am CERN,kehren wir heute mal wieder zur Kernkompetenz dieses Podcasts zurück.Und ja, es geht mal wieder über Raumfahrt und dazu habe ich mich nach Heidelbergbegeben ins Haus der Astronomie,was passenderweise auch schön hoch auf dem Berg sitzt, hier auf dem Königsstuhlzum Max-Planck-Institut fürAstronomie und begrüße erst mal meinen Gesprächspartner, nämlich den Knut.
Knud Jahnke
Hallo, guten Morgen, guten Tag.
Tim Pritlove
Hallo, ja herzlich willkommen bei Raumzeit. Max Planck Institut für Astronomie,das macht hier was? Astronomie, okay gut.
Knud Jahnke
Alles, alles, wir machen alles. Wir haben tatsächlich ganz viel Forschung,Instrumentenbau im Bereich Astrophysik.Es gibt Leute die machen Galaxien-Entstehungssimulationen, Sternentstehungssimulationen, Planetenformationen.Also wir sind extrem breit aufgestellt was Astronomie und Astrophysik angeht.Ursprünglich, damals in den 70ern, wurde es gegründet, das Institut,als sozusagen Betriebs- und Grundlageninstitut für das Cala Alto Observatorium in Spanien.Da sollte es ein deutsches Observatorium geben, das gibt es auch weiterhin.Und dies war sozusagen das Institut, wo die Instrumente gebaut wurden,die Planungen liefen, das ist sozusagen die Verbindung in den Norden.Und seitdem hat sich das entwickelt. Wir machen immer noch ganz viel Instrumentenbaufür bodengebundene und Weltraummissionen in Observatorien,Teleskope und haben aber parallel ganz viel Astrophysik, um mit den Daten,die dazu reinkommen, Grundlagenforschung zu machen.
Tim Pritlove
Gibt ja noch ein ganz basices Gebäude hier, was, wenn man von oben schaut,aussieht wie so eine abstrakte Galaxie.
Knud Jahnke
Genau, das ist das Haus der Astronomie hier direkt nebendran.Das ist aus dem Kontext Outreach hier oder Öffentlichkeitsarbeit,Lehrerfortbildung, Schülerinnenfortbildung hervorgegangen vor mehr als zehn Jahren.Und macht alle möglichen Projekte im Bereich Astro-Ausbildung,Fortbildung, viel oder hauptsächlich für Multiplikatoren.Also LehrerInnen können hierher kommen und Fortbildung machen.Wir haben auch TeacherInn-Residents,die Sachen, sagen wir mal, entwickeln, Materialien entwickeln,um in Süddeutschland, und ich glaube das geht mittlerweile über ganz Deutschlandhinweg, im deutschsprachigen Raum, Materialien zur Astro-Fortbildung anzubieten.Grundlagen, Multiplikatoren sozusagen von dem, was wir alles erforschen,dass das irgendwie auch in den Schulen verankert wird,besser verankert wird und wenn man besseres Material zur Verfügung stellt,mehr Material zur Verfügung stellt und Leute hilft, besser ausgebildet zu sein,dann wird sich das in der Zukunft immer wieder bezahlt machen und das gibt'sseit über zehn Jahren, ist tatsächlich nach M51 der Spiral Galaxie ursprünglichentwickelt worden als Grundlage für die Architekten und sehr spacig, ja.
Tim Pritlove
Selbstbäßig, genau. Und es ist halt nicht nur ein Ort, wo diese Materialienentwickelt werden, sondern wo auch Schulklassen und andere hinkommen können.
Knud Jahnke
Genau. Es sitzt auch Stern- und Weltraum drin. Größtes deutsches Amateurastronomie Magazin.Die haben ihre Redaktionsräume dort. Wir haben Studios für Produktion von Audio,Video und ganz viele Sachen für Schulen, Ich glaube ab Kindergarten,Experimentierräume, audiovisuelle Sachen, Dinge zum wirklich physischen Experimentierenfür die ganzen Schulen aus dem Umkreis.
Tim Pritlove
Touchiert habe ich das Thema auch schon mal 2020, als ich mit Caroline Liefke gesprochen habe.Die ist dort aktiv und da ging es auch dann um Amateurastronomie,nicht so spezifisch jetzt um das Haus der Astronomie, aber das kam auf jedenFall dort auch noch zur Sprache Raumzeit 87.Wer da vielleicht noch mal reinhören will. Aber heute soll es ja um richtigeRaumfahrt gehen und das Max-Planck-Institut ist hier beteiligt bei einer ESA-Mission,nämlich der Mission Euclid und das steht sozusagen heute im Mittelpunkt.Euclid ist ein neues Weltraumteleskop, was jetzt gerade vor wenigen Monatengelauncht wurde, erfolgreich.Und ja, darüber würde ich mich natürlich mit dir ganz gerne unterhalten,aber vielleicht erstmal noch zu dir.Wie bist du denn in dieses Thema reingeraten?Wie bin ich da reingeraten?
Knud Jahnke
Sehr gute Frage. Also ich bin Astrophysiker, vom Studium her.Ich hab in Hamburg seiner Zeit studiert.Ich war dann in Potsdam und bin dann hier als Postdoc ins Institut gekommen,hatte dann eine Forschungsgruppe, mehrere Jahre,im Bereich Schwarze Löcher inGalaxien, da arbeite ich immer noch in dem Bereich und dann gab sich 2011,dass Euclid am Horizont sich als tatsächliche,nicht nur als Studie und als Konzept abzeichnete, sondern dass die ESA das wahrscheinlichoder möglicherweise als Mission akzeptieren, adoptieren und dann bauen wirdund das entschied sich 2011.Und zu dem Zeitpunkt waren im Prinzip die Leute hier,die unsere Beiträge zu dem Zeitpunkt oder bis dahin vorbereitet hatten,waren auf dem Absprung und sagten,okay, das war alles gut, wunderbar, wir suchen jetzt jemanden,der unsere Instrumentierungsbeiträge, die wir liefern und haben könnten,koordiniert, der auch unsere funktionale Sachen, die wir während der Missionanbieten, koordiniert.Und der dann auch die Rolle des sogenannten Instrumentwissenschaftlers für einender Instrumente übernehmen kann.Dann hab ich gesagt, hey das klingt eigentlich sehr spannend,das wird länger dauern und das war wie gesagt 2011,jetzt bin ich ein Dutzend Jahre dabei, immer noch in der Funktion als Instrumentwissenschaftler,können wir dann zukommen und wir haben in dem Zeitpunkt dann Instrumentierungentwickelt und viel an Konzeptionen mitgearbeitet.Das heißt, es ist wirklich der Zugang über die Forschung gekommen.Ich habe großes Interesse an den Daten, die kommen werden, wenn ich auch keinKosmologe bin. Das ist eine Kosmologie-Mission, werden wir drüber sprechen.Aber die Daten sind einfach sehr, sehr spannend. Die Bilder,die Spektren, die da kommen werden, werden sehr, sehr spannend sein und berührenganz viele Sachen, mit denen ich vorher gearbeitet habe.Ich habe im Hubble-Teleskop gearbeitet, bodengebundene Daten,optisch, infrarot und dementsprechend, viele Sachen kamen mir sehr bekannt vor,nur dass es halt jetzt um sehr, sehr viele Daten gibt über einen sehr großenHimmelsbereich und Dinge, die man einfach von der Erde aus nicht machen kannund das ist das, was damals spannend war, was jetzt auch noch spannend ist fürmich als jemand, der aus der Forschung kommt.
Tim Pritlove
Ja aber wenn du dich schon immer mit Galaxien und schwarzen Löchern in Galaxienbeschäftigt hast, inwiefern ist das dann nicht Kosmologie?Also wo siehst du da so den Unterschied?
Knud Jahnke
Ich glaube Kosmologie offiziell ist sozusagen wirklich die Struktur des Universumsim Ganzen, wenn man mal diese ganzen kleinen Sachen, die Galaxien oder so malim Detail so weglässt, ne?Also wir haben wir haben da einfach ganz großeBaustellen Ich sage immer mal scherzhaftalso vor 105 Jahren wussten wir eigentlich alles was im Universum so so da istda gab es so die große Diskussion was sind Galaxien die Great Debate sind dasNebel von irgendwas in unserer Milchstraße oder sind das Dinge die wie unsere Milchstraße.Nur außerhalb weiter weg sind. Und danach hat man gesagt, okay,wunderbar, wir wissen jetzt, was Galaxien sind, wir alle die Nebel,die können wir erklären.Da haben wir gesagt, wir kennen eigentlich alles, was wir im Bereich so...Wir nehmen ein Teleskop, gucken in den Himmel, sehen was. Das ist alles das.Ja, man kann größere Teleskope nehmen, kann weitergucken. Das war alles das,was wir von uns auch kennen.Wir sehen die Sonne, wir sehen die Planeten, wir sehen die Sterne um uns herum.Fertig. So. Dann kam halt irgendwann ein paar Jahrzehnte später,stellte man fest, Galaxien rotieren nicht wie sie sollten, sie rotieren irgendwieso, als ob da mehr Masse drin ist, als wir leuchtend sehen.Galaxienhaufen bewegen sich nicht so wie sie sollten, da ist mehr Masse drinals wir sehen und wenn man das mal genau ausrechnet, dann kommt man dahin,dass da viermal mehr, fünfmal mehr Masse sein muss, als wir uns mit leuchtendenSternen oder Gas im Hintergrund erklären können.Das waren dann die dunkle Materie, weil...Materie leuchtet nicht. Dunkel. Ja, okay. Da haben wir dann schon mal irgendwiegesagt, dass da fehlen uns irgendwie dann...Vier Fünftel oder so von dem was wir kennen. Vier Fünftel wissen wir nicht,ein Fünftel kennen wir ja so und dann haben wir natürlich weiter geguckt unddann kam vor gut 20 Jahren die Sache mit den wir gucken uns an wie eine Standardkerzein diesem Fall Supernovae so an Helligkeiten mit sich bringen wenn sie weiterund weiter entfernt sind.
Tim Pritlove
Also eine bestimmte Art von Sternexplosionen, von denen man relativ aus bestimmtenphysikalischen Herleitungen heraussagen kann, wie hell sie sind und dadurchhat man eine Referenz, sodass man das gemessene Licht direkt in Distanz umsetzen kann.
Knud Jahnke
Genau, denn unser Grundproblem in der Astronomie ist, wir können ja anders als zum Beispiel am CERN,wir können nicht einfach Sachen aufeinander schießen und dann die Ergebnisse angucken,wir können auch nicht großartig warten, bis sich Galaxien irgendwie entwickelthaben oder groß durch die Gegend bewegt haben, das heißt, wir müssen immer mitSchnappschüssen arbeiten.Wir können immer nur gucken und versuchen aus Sachen, die in verschiedenen Entfernungensind, weil wir wissen, Lichtgeschwindigkeit ist endlich, okay,weitere Entfernung heißt, wir gucken in die Vergangenheit zurück.Das ist gut, wir müssen uns das aber irgendwie zusammenbauen mit indirektenMarkern und wie du es so schön erklärt hast,wenn ich nicht weiß, dass irgendetwas mit einer bestimmten Helligkeit leuchtet,Dann kann ich auch nicht sagen, okay, ich weiß, die Leuchtkraft ist so und sogroß, die Helligkeit, die bei uns ankommt, ist so und so groß,also kann ich eine Entfernung abschätzen.Das heißt, wir brauchen als eine Sache so Standardkerzen, wie wir sie halt nennen.Und die Supernovae sind genau das.Wenn man ein bisschen rummodelliert, dann sagen wir, okay, wir können bestimmteSachen, bestimmte Eigenschaften von denen, Abklingengeschwindigkeiten und so weiter, nehmen.Dann können wir daraus berechnen, welche Leuchtkraft sie tatsächlich haben.Und dann können wir wirklich gucken, okay, wir gucken uns Supernovae an,die in der Galaxie in 5 Milliarden Lichtjahren Entfernung, gucken was bei unsan Helligkeit ankommt und sagen okay, das ist die Entfernung.Als Leute das gemacht haben und dann gesagt haben, irgendwie nimmt das abermit der Entfernung nicht so ab, wie wir das eigentlich erwarten.Das passt nicht dazu, dass wir ein einfaches Modell haben vom Urknall,da sind wir wieder bei der Frage, was ist Kosmologie.Urknall, das Universum expandiert seitdem und wir haben eigentlich angenommen, ja da ist Materie drin.Materie, Masse hat nur eine Sache, Anziehungskraft. Das heißt,es gibt keine, andererseits bei elektrischen Ladungen, positiv,negativ, Masse ist da, Masse hat Anziehungskraft, das heißt,wenn da irgendwas auseinanderfliegt und da ist Masse, dann bremst die eigentlichdieses Auseinanderfliegen ab.Ja und das was mit den Supernova dann gesehen wurde ist, dass das nicht damitkonsistent ist, das funktioniert nicht, sondern wir sehen, dass eigentlich dieGeschwindigkeit der Expansion zunimmt, beschleunigt.
Tim Pritlove
Also dass es eine Expansion gab, das war schon vorher klar,aber es war nicht klar, ob nicht vielleicht die ganze Materie irgendwann sozusagendie Beschleunigung einer ursprünglichen Explosion oder so etwas ähnliches dannirgendwann mal wieder einfängt Und das ganze Universum dann wieder in sich zusammenfällt.
Knud Jahnke
Genau, entweder zusammenfällt oder gegen einfach eine niedrige Geschwindigkeitkonvergiert, die dann zwar immer noch weiter auseinander geht,aber deutlich langsamer als vorher.Dass es die Expansion gibt, dass es einen Urknall gab im Sinne von einem Zustand,als alles sehr sehr sehr viel dichter beieinander und sehr sehr sehr viel heißerwar, das ist eigentlich seit Hubble in den 20er Jahren, 30er Jahren dann klar gewesen.
Tim Pritlove
Also nicht Hubble das Weltraum-Testkorb, sondern der nach ihm benannt wurde.
Knud Jahnke
Hubble die Person.Aber dass es jetzt irgendeinen Faktor gibt, der nicht abbremst,sondern sogar beschleunigt, das war neu.So und das heißt, wenn man das wieder zurückgeht und dann noch was anderes dazu nimmt,nämlich zu sagen, okay wir wissen seit solchen Missionen wie WMAP oder Vorgängern oder Planck,Dass das Universum eine bestimmte Krümmung hat und dann wenn man da Modelledran füttert, dann heißt das, okay, wir können daraus berechnen,welchen Energieinhalt es im Universum ungefähr gibt.So, und wenn man den berechnet, dann kommt man darauf, da fehlen uns weiterhin70 Prozent, auch wenn man dunkle Materie und normale Materie,leuchtende Materie zusammenzählt.Und wenn man dann die Supernovae dazu nimmt und sagt, da ist noch eine Beschleunigung dabei,da ist ein Druck, dann kommt man auf irgendwas ganz Merkwürdiges,dann kommt man nämlich auf ganz viel Energie, die da sein muss,die wir bisher noch nicht gesehen haben, die aber nicht wirkt wie normale Masse,nämlich anziehend, sondern die abstößt.Das heißt, das ist irgendwie ein Druckfaktor. Irgendwie so eine Art Druck,wie so ein Gas in einem Ballon.Es hat einen Druck, hat auch Masse, aber irgendwas führt dazu,dass da ein Druck nach außen ist und nicht einfach das Gas sagt,ah, ich hab ja nur eigentlich Schwerkraft, ich fall ineinander zusammen,ansonsten interessiert mich der Rest nicht. Ne, da ist ein Druckterm.Und aus den Modellen, die im Prinzip an WMAP und Plank und so dran modelliert wurden, ist klar...Wie groß der Energieinhalt ist und aus den Supernova Beobachtungen ist klar,dass da eine Beschleunigung da ist. Und das ist etwas, was wir mit unseren ganzenElementarteilchen, unseren ganzen Feldern, die wir kennen, nicht beschreiben können.Und ja, in der Abgrenzung zur dunklen Materie, die wir nicht verstehen,hat man gesagt, ha, dann nennen wir das mal nicht dunkle Materie,sondern dunkle Energie.Haben wir also einen neuen Begriff, der uns erstmal die Angst nimmt vor dem Unbekannten,aber in der Summe ist es halt so, anders als 1920 war dann 2020 klar,dass wir irgendwie von 95% der Energie, die wir im Universum irgendwie feststellenund messen und mit den Modellen vorhersagen und sehen können,dass wir von denen nicht wissen, was es ist.Und das ist natürlich ein, sagen wir mal, für Grundlagenforschung etwas unbefriedigenderZustand, deswegen gibt es ganz, ganz viele Versuche, mehr Licht ins Dunkel zu bringen.Sehr viele Theorien, die gemacht wurden, aus welchen Zusammenhängen könnte bestehen,aus aktuellen Teilchen oder aus Erweiterung des sogenannten Teilchenstandardmodells,wo gesagt wird, okay, wenn wir darüber hinausgehen, da gibt es mögliche Erweiterungen,da könnten neue Teilchen sein, die eventuell dunkle Materie dann haben, also die Masse haben,die wir aber so im Alltagsleben oder im Alltagsbeschleunigerleben auch nichtsehen, die diese dunkle Materie darstellen könnten. Was sehr recht exotisches.Da könnten wir, sind andere Teile von Theorien, beschreiben dann die dunkle Energie.Gehen wir zurück zu Einstein. Einsteins Feldgleichung der allgemeinen Relativitätstheoriehatten da so einen komischen Faktor drin,so eine Integrationskonstante, von denen er auch nicht genau wusste,was er damit anfangen sollte und sagte, gut, es gibt eigentlich aktuell zwarformal diese Integrationskonstante, aber es gibt keinen Grund,warum die nicht Null sein sollte, also ignorieren wir die mal.Kosmologische Konstante, sagen wir, ist gleich Null.Und hundert Jahre später stellte man fest, also im Prinzip wäre das,was wir hier sehen an dunkler Energie, an dem Effekt der Abstoßung bei gleichzeitigEnergieinhalt, das ist im Prinzip kompatibel mit so einer kosmologischen Konstante.Zumindest grob der Effekt wäre derselbe, wenn diese kosmologische Konstanteaus Einsteins Feldgleichung halt nicht Null wäre.Hat dann spezielle Eigenschaften und es gibt alternative Varianten,alternative Dinge, die nicht sich darauf beziehen.Quintessenz, kann ich auch nicht viel zu sagen, zeitveränderliche Energieinhalte,zeitveränderliche Abstoßungen, teilweise angebunden an die inflationäre Expansion des Universums.Einen ganz frühen Universum, wo in den ersten Millisekunden das Universum plötzlichum einen Skalenfaktor, weiß ich nicht, sehr viel größer wurde,was im Prinzip etwas sehr Ähnliches ist, wie wir es jetzt sehen.Eine Beschleunigung der Ausdehnung, aber auf sehr viel kürzeren Zeitskalen damals,aber einfache Modelle sind immer elegant.Wenn wir sowas im frühen Universum hatten und sowas in langsamer Heute sehen,könnte es da eventuell Zusammenhänge geben, dass wir irgendwie nur eine langsameVariante des Ganzen immer noch oder schon wieder haben.Und darum dreht sich sehr viel in der Theorie, wo ich überhaupt keinen detailliertenEinblick habe, weil es sehr komplex ist.Aber im Prinzip das Gute ist, diese ganzen Zweige, sowohl im Bereich dunklerEnergie als auch im Bereich dunkler Materie, machen teilweise sehr unterschiedliche Vorhersagen.Und wenn sie unterschiedliche Vorhersagen machen, können wir die testen.Und das ist die Grundlage für viele kosmologische Himmelsdurchmusterungen,viele kosmologische Projekte, die versuchen besser und besser diese Modelleim Prinzip voneinander abzutrennen, indem sie diese Vorhersagen angucken undsagen, okay, es passt zu dem Modell, aber es ist nicht kompatibel mit diesem Modell.
Tim Pritlove
Ja und es gibt zahlreiche Missionen, die versuchen diesen ganzen Fragen auf den Grund zu kommen.Wir hatten hier bei Romsat ja auch schon so einige, nicht zuletzt natürlichdas James-Webb-Teleskop,was jetzt gestartet ist, was ja mit seiner Infrarot-Kamera auch tief ins Universum.Hineinschaut und auf die Suche geht nach weiteren Anhaltspunkten und Erklärungen.Für eben genau diese ganze Fragestellung.
Knud Jahnke
Das heißt, wir haben eigentlich gar keine Messdaten, wirklich,über sehr, sehr lange Distanzen. Und dann haben wir gesagt, okay, was wäre denn, wenn...Unsere Gravitations-, unsere Schwerkraftmodelle einfach auf großen Skalen irgendwieanders funktionieren würden.Und da gibt es einen großen Theoriehinterbau auch und das sind Sachen,die einfach in diesem Zusammenhang einfach mit abgetestet werden können.Also es ist wirklich sehr stark von Standardphysik bis hin auch zu Alternativen.Ich würde jetzt nicht sagen, was ist, wenn von außen nicht gegengedrückt wirdund so weiter, aber im Rahmen unseres Verständnisses geht es schon sehr,sehr weit. Ja, ich hab das, ja.
Tim Pritlove
Wollen wir das mal nicht vertiefen.Genau, aber es gibt verschiedene Thesen im Raum, also Mond ist ja hier so dasStichwort, modifizierte Newtonische Dynamik, das ist ein bisschen schwer auszusprechen.Genau, also es wird alles mögliche ins Feld geführt und keiner weiß irgendwasGenaues. Und deswegen müssen neue Missionen gestartet werden und genau das istja jetzt hier gemacht worden.Mit der Euclid Mission. Und da stellt sich natürlich vor allem auch erstmal die Frage so, warum das?Warum reichen nicht die anderen Missionen, wie zum Beispiel James Webb,was jetzt gerade gestartet wurde, wenn das auch mit so einem Infrarotteleskopausgestattet ist? Das muss doch dann irgendwie reichen.Also ich hab ja schon gesagt, das ist eine ESA Mission, die NASA ist da allerdingsauch mit im Spiel und halt verschiedene wissenschaftliche Institute.MPI hat ja wahrscheinlich einen relativ großen Anteil an der Mission.
Knud Jahnke
Kann ich gleich erklären, ja.
Tim Pritlove
Genau. Heißt Euclid oder Euclid geht wahrscheinlich auf Euclid von Alexandriazurück, dem mysteriösen griechischenMathematiker, der aus irgendwelchen Gründen in Ägypten gewohnt hat.Viel weiß man glaube ich nicht. Nee, wirklich viel weiß man nicht.
Knud Jahnke
Aber Hintergrund ist Geometrie und bei ihm ging es um Geometrie und bei Euclidder Mission, bei uns geht es eigentlich auch um Geometrie, nämlich des Universums an sich.Und daher war der Name glaube ich sehr passend.
Tim Pritlove
Genau, weil er sich im Prinzip die Sterne angeschaut hat und Aussagen und danneben auch entsprechende geometrische Betrachtungen über Aufgänge und so weitergemacht hat und das ist ja überhaupt erstaunlich,dass eigentlich so derzeit das Bild der Griechen und der Ägypter schon relativklar war, dass die Erde irgendwie rund sein muss.Dass das dann 2000-3000 Jahre später immer noch bezweifelt wird von manchen. Das ist bemerkenswert.Genau, aber das war jetzt sozusagen der Namensgeber. Jetzt erklär uns doch mal,warum braucht es diese Mission?Und was sind die Ziele dieser Mission? Worauf will man jetzt eigentlich hinaus?
Knud Jahnke
Also im Prinzip ist es so, die dunkle Energie dominierte noch nicht ganz im frühen Universum.Die hat im Prinzip erst erheblichen Energiebeitrag geleistet in den letztenzehn Milliarden Jahren, also nicht in den ersten zwei, drei,vier Milliarden Jahren.Das heißt, wenn wir uns Schnappschüsse angucken wollen,dann hilft es uns nichts, wenn wir Schnappschüsse wirklich ein halbes,halbe Milliarde Jahre nach dem Urknall oder früher oder so angucken,das heißt, in erster Linie müssen wir nicht extrem früh zurückgehen.So 10 Milliarden Jahre in die Vergangenheit, das sind Sachen mit denen Leuteseit 20 Jahren arbeiten, so wir können, mit Hubble können wir ganz klar dortwunderschöne Galaxien angucken.
Tim Pritlove
Und vor allem mit James Webb jetzt.
Knud Jahnke
Und für James Webb auch, aber James Webb kann deutlich weiter,wir haben schon Artikel veröffentlicht, die gehen halt bis 500 Millionen Jahrenach dem Urknall, die ersten Quasare und die ersten Galaxienkandidaten jetztgesehen wurden, das ist noch deutlich früher.Da müssen wir gar nicht hin. Was brauchen wir?
Tim Pritlove
So ein mehr so moderneres Zeug.
Knud Jahnke
Wir müssen etwas jüngere Dinge, weil nämlich erst seit ungefähr 10 MilliardenJahren die dunkle Energie anfängt zu dominieren in unserem Universum,weil sich, und das ist halt eine Eigenschaft der dunklen Energie,die hat im Prinzip sowas, vermutlich, ein Energieinhalt der pro Volumen konstant ist.Und dann dehnt sich das Universum aus, das heißt wir haben einen KubikmeterRaum und da ist eine bestimmte Menge an dunkler Energie drin.Und dann expandiert das Universum und Faktor 2 in jede Richtung ist größer undplötzlich ist trotzdem in jedem Kubikmeter immer noch dieselbe Menge Energie drin.Das heißt die Menge an Gesamtenergie in einem Volumen, was sich mit ausgedehnt hätte, hat zugenommen.
Tim Pritlove
Was man ja eigentlich nicht erwarten würde.
Knud Jahnke
Was man ja eigentlich nicht erwarten würde. Es wäre ein ganz klarer Verstoßgegen lokale Energieerhaltung.Aber wir reden halt hier von Dingen, die nicht einfach in Materie oder so umwandelbar sind.Das heißt aber, dass im ganz frühen Universum die Dunkle Energie keinen großen Beitrag hatte.Aber je größer das Universum wurde, desto größer wurde dieser Beitrag.Und das heißt, wir müssen im Prinzip zwar nicht nur in unsere Umgebung gucken,sondern bis 10 Milliarden Jahre in die Vergangenheit, aber nicht zwischen 10und 11 und 12 und 13, 13 und ein halb.Das heißt, wir brauchen gar nicht so extrem große, feine, tiefe Beobachtungen,sondern nur Sachen, die ungefähr so gut sind wie das Hubble-Teleskop in ähnlicherArt. So, das ist der eine Teil.Der zweite Teil ist, die Methoden, mit denen Sachen angeguckt werden,alle Marker, die wir nutzen und alle Marker, die auch vom Boden aus genutztwerden, beinhalten sehr viel Anzahlstatistik über Galaxien.Das heißt, es reicht nicht, wenn ich mir ein, zwei, drei Sachen sehr genau angucke.Ich muss mir Anzahlen von Galaxien,Dichten von Galaxien in bestimmten Entfernungen voneinander angucken.Ich muss Stichworte schwache Gravitationslinseneffekt, Stichwort Baryon-Akustische Oszillation.Das sind alles Sachen, die funktionieren nur, wenn man sehr,sehr große Flächen, sehr, sehr große Volumina des gesamten Kosmos sich anschautund sehr, sehr viele Galaxien darin.Das heißt, das, was JWST sehr, sehr gut macht, viele Seers da drin,nämlich tief zu gucken, das kann Web über einen sehr kleinen Himmelsbereich.Das heißt, wenn ich ein großes Feld am Himmel angucke, was JWST angeguckt hat,dann meine Armausstrecke und meinen Fingernagel vom kleinen Finger angucke,das deckt das völlig ab und viel, viel mehr.So das heißt, wir können dort nur ganz kleine Volumen des gesamten Kosmos mit einem Bild abdecken.So und das dauert dann trotzdem eine Stunde oder zwei. So und dann mach ichdas nochmal und nochmal und nochmal und so und irgendwann ist der Tag zu Endeoder das Jahr oder die Missionszeit und ich hab trotzdem nur einen minimalen Bereich angeguckt.Aber das ist ja auch Ziel, weil … Das ist das Ziel von JWST,weil sie sehr sehr gut aufgelöst, sehr schwache Objekte … Man will ja genauso eine alte Galaxie sich anschauen und sagen wie weit ist sie … Genau und inDetails und Galaxien selber zerlegen und so weiter.Und das ist genau das Ziel dafür. Hilft uns aber nichts, wenn wir ein großesVolumen des Kosmos tatsächlich angucken wollen.Und Hubble ist ein bisschen besser, das Gesichtsfeld ist ein bisschen größer,aber Hubble selber hat auch nurin der gesamten Lebensdauer irgendwie 50 Quadratgrad am Himmel angeguckt.Das kann man auch so mit zwei auseinandergehaltenen Fingern am Himmel so anzeigen.Insgesamt, wenn man über alles summiert. Und wir brauchen ein Volumen,Euclid wird 15.000 Quadratgrad, angucken, das ist mehr als ein Drittel des gesamten Himmels.So, und das sind Sachen, die kann man vom Boden aus machen.Aber nicht in der Qualität, die wir brauchen, was Auflösung angeht.Und die kann man vom Boden machen, aber nicht im Wellenlängenbereich,den wir teilweise brauchen, nämlich im Nahinfraroten, da ist zu viel Atmosphärevor. Und deswegen war ganz klar, für sehr feine Strukturen, die wir anguckenwollen, über einen ganz großen Himmelsbereich, brauchen wir was, was im Weltraum ist.Und um sehr viele Galaxien anzugucken, relativ tief und sehr breit im Nahinfrarotbereich,das geht auch nur aus dem Weltraum.Und da war klar, wenn man diese beiden, diese ganzen Marker schafft, in einer,oder diese Techniken in einer Mission zu verbinden,denn es gab verschiedene Vorschläge für verschiedene Missionen,die verschiedene kosmologische Sachen abtesten wollten,dann hat man im Prinzip gewonnen, dann startet man ein Teleskop,da reicht dann auch ein Spiegeldurchmesser von Euclid 1,20 Meter,was halb so groß ist wie Hubble und ein Fünftel von dem, was JWST hat.Das reicht an Lichtsammelfläche, weil wir nicht ins tiefste,frühste Universum müssen.Aber gleichzeitig kriegen wir ein riesengroßes Gesichtsfeld und können das,was Hubble in seiner Lebenszeit an Fläche angeguckt hat, können wir in der Woche machen.
Tim Pritlove
Also es ist eine klassische Survey-Mission, die einfach sagt,okay, wir gucken jetzt mal vor allem einen möglichst großen Bereich,weil wir wollen im Kern nicht einzelne Dinge beachten, sondern wir wollen eigentlicheine Statistik aufbauen.
Knud Jahnke
Ganz viel Statistik über Milliarden von Galaxien. So und jetzt muss ich einbisschen ausholen, was die Methoden angeht.Also was wollen wir machen? Wir wollen zwei verschiedene Dinge im Prinzip,also es gibt verschiedene Marker, die wir nutzen wollen, zwei Hauptdinge.Eine ist der schwache Gravitationslinseneffekt, das heißt, Masse,die sich irgendwo im Universum befindet, wenn da ein Lichtstrahl in der Nähevorbeigeht, Masse lenkt Licht ab.Masse krümmt den Raum, Licht folgt dem Raum, also gibt's einen kleinen Bogen,wenn irgendwo ein Lichtstrahl nahe einer Masse vorbeifliegt.Wir kennen das vom starken Gravitationslinseneffekt, wo man vielleicht mehrereBilder kriegt von irgendeinem fernen Quasar, der geht nah an einer Galaxie vorbeiund plötzlich gibt es da eins, zwei, drei oder vier Bilder oder einen Ring,Einstein-Ring, so genannten.Das wäre dann, wenn etwas sehr dicht an einer sehr großen Masse vorbeigeht. Wir nutzen...Das nicht. Wir wollen über größere Bereiche aus, sagen wir mal,machen. Wir nutzen den sogenannten schwachen Gravitationslinseneffekt.Das heißt, wenn also nicht mehrere Bilder erzeugt werden, was so eine Vordergrundmassetrotzdem tut, ist die verbiegt im Prinzip die Form einer Galaxie,die im Hintergrund ist. Wenn sie bei uns angekommen ist, sieht die nicht mehrso aus oder ist das Bild nicht mehr so, wie sie tatsächlich aussieht.Angenommene Galaxie würde ohne irgendwie eine Vordergrundmasse rund erscheinen.Das Bild was bei uns ankommt, wenn das Licht von der Galaxie nah an so einerMasse vorbeigeht, ist irgendwas Elliptisches in die Länge gezogenes.Kleines bisschen, eventuell nur ein paar Prozent.
Tim Pritlove
Sieht man ja jetzt auch schön auf den Bildern, die von JWST da erzeugt werden.
Knud Jahnke
Wobei das ist der starke Gravitationslinseneffekt, da sieht man tatsächlichgar nicht mehr die ursprüngliche Form.Da wird irgendwas wirklich nur noch zum Streifen, aber auf der anderen Seite nochmal.Bei uns wäre das im Prinzip so, ein Kollege hat das schön beschrieben,wir müssen Formen analysieren und beschreiben können und den Unterschied zwischender Rundheit des Mondes und der Rundheit der Erde beschreiben können. Das sind irgendwie...
Tim Pritlove
Also man misst mehr so die Wobbliness von allem sozusagen, ne?
Knud Jahnke
Genau und da wir Annahmen machen können, wie Galaxien ursprünglich aussehenund dass die im Prinzip nichts miteinander zu tun haben.Wenn ich ein Hintergrundfeld von Galaxien angucke und die nicht zufällig allegerade miteinander zusammengestoßen sind, sondern Dinge in etwas unterschiedlichenEntfernungen, dann haben die Formen und Orientierungen, wie jetzt so eine Galaxieorientiert ist am Himmel, haben nichts miteinander zu tun. Das sollte eigentlichzufällig verteilt sein.Wie, was weiß ich, die Milchstraße von der leicht gekippt hat,sieht irgendwie so leicht elliptisch aus.Und wenn die irgendwo ist und irgendeine Galaxie in der Nähe ist,dann sollten die eigentlich nicht alle parallel liegen mit ihren elliptischen Achsen. So.Und was wir jetzt messen ist, wir messen diese Form und wir messen die Orientierungund wenn wir da Effekte sehen, dass die doch korreliert sind über Himmelsbereiche,dann wissen wir, da hat irgendjemand das Licht verzerrt.Irgendetwas war da im Weg, das hat das Licht verzerrt, hat irgendwas ausgerichtetund zwar in den Bildern, die wir sehen. Nicht natürlich, hat natürlich nichtsmit den Galaxien im Hintergrund zu tun, sondern nur wie das Licht gelaufen ist,wie das Licht bei uns angekommen ist.Und wenn da Korrelationen in diesen Ausrichtungen da sind, dann wissen wir,das sind irgendwelche Massen.Zwischen den Hintergrundgalaxien, die wir angucken und uns als Beobachter gelegenhaben, die diese, mit leichter Verzerrung des Raumes, diese Bilder ausgerichtet haben.
Tim Pritlove
Dieser Gravitationslinseneffekt, das ist ja im Prinzip auch das,was so Albert Einstein zum Superstar gemacht hat. Also er hat ja erst seineThesen postuliert und hier Relativitätstheorie und alle so, naaah, okay.War halt so ein Paper, behauptet wird ja viel und aber seine These war ja,dass man das im Prinzip genau an diesem Effekt gut abmessen konnte.Dann gab es ja diese schöne Mission an den Pol, weil sich diese Gelegenheitergeben hat, dass ein Stern, von dem man eben wusste, wo er war,im Prinzip hinter der Sonne hätte sein müssen.Und zu einer Sonnenfinsternis gab es eben die Möglichkeit, das zu beobachten.Den vorhergesagten Gravitationslinseneffekt.Also eben, dass sich sozusagen das Licht um die Sonne herumbiegt,weil eben auch die Sonne, weil eben auch das Licht eben von der Gravitation beeinflusst wird,wie alles eben, und das war ja im Prinzip genau die Aussage der Relativitätstheorie,alles, der Raum selbst krümmt sich und damit muss sich auch das Licht krümmen,weil es eben gerade im Raum läuft, aber der Raum ist krumm.
Knud Jahnke
Genau.
Tim Pritlove
Und dann war halt dieser Stern zu sehen, obwohl man jetzt nach rein geometrischenMaßstäben im Prinzip nicht hätte sehen können, da er eben eigentlich hinter der Sonne ist.Und das war dann sozusagen der Moment, wo das losging. Und jetzt geht's beieuch im Prinzip darum, diesen Effekt in schwacher Form überall möglichst weiträumig zu erfüllen. Genau.
Knud Jahnke
Gravitationslinseneffekt oder Licht reagiert auf Masse, wie du richtig sagtest,auf Masse. Und das ist egal, ob es leuchtet wie die Sonne oder leuchtet wieeine Galaxie oder dunkle Materie ist.So, und wenn wir wissen, okay, dunkle Materie ist mehr...
Tim Pritlove
Oder ein schwarzes Loch.
Knud Jahnke
Oder ein schwarzes Loch. So, wenn wir...Ist auch dunkel. Gibt auch Möglichkeiten, dass schwarze Löcher ein Teil der dunklen Materie...
Tim Pritlove
Aber schwarze Löcher sind deshalb dunkel, weil sie wirklich dunkel sind undnicht, weil man nur das Wort benutzt, weil man nicht weiß, was es ist.
Knud Jahnke
Ja, wir wissen aber schon, dass dunkle Materie im Prinzip keine oder so gutwie keine elektromagnetische Wechselwirkung hat und Dunkelheit heißt ja irgendwie nur,kein Licht heißt keine elektromagnetische Wechselwirkung und ob jetzt irgendwiekein Photon da rauskommen kann oder ob es grundsätzlich ist,dass die Materie keine Photonen imitiert, weil es an dieser Wechselwirkung nichtteilnimmt, sondern nur Gravitation hat, ist erstmal egal.Der Effekt ist derselbe, Masse ist Masse. Und das ist der Vorteil,wenn wir nämlich jetzt so eine Kartierung machen über den Himmel,auch wieder mit verschiedenen Galaxien,Hintergrundgalaxien in verschiedenen Entfernungen, um verschiedene Weltalteroder kosmische Zeitalter abzufragen, dann kriegen wir letztendlich eine Kartevon dem, was wir nicht sehen können, nämlich von der tatsächlichen Massenverteilung.Und zwar über ein Drittel des Himmels, weil wir ein Drittel des Himmels kartieren,und in der Tiefe in verschiedenen Epochen,Und ich glaube, elf oder zwölf oder dreizehn Epochen fragen wir ab von vor zehnMilliarden Jahren und neun und acht und sieben und so weiter zu den Zeiten bisnahe an uns oder näher an uns ran und das heißt, wir bekommen tatsächlich einedreidimensionale Karte von Masse.Und da wir es bei verschiedenen Epochen machen, können wir diese Karten oderdiese Statistiken über diese verschiedenen Epochen auch miteinander vergleichen.Wie ist zum Beispiel das, was wir Clustering nennen.Wie stark hat sich Materie zusammengeballt?Weil irgendwo ganz früh im Universum, da war Materie fast gleich verteilt. So ganz früh.Kosmische Hintergrundstrahlung. Ganz kleine Fluktuationen. So heutzutage,wir sitzen an einem Tisch, der Tisch hat ganz klar eine viel höhere Dichte alsdie Luft drumherum, die Erde hat eine viel höhere Dichte als die leeren Teile im Sonnensystem.Wir haben ganz große Dichte-Kontraste.Das heißt, es hat sich ganz viel entwickelt und auch die dunkle Materie hatim Laufe der Zeit sich zu immer stärker und stärker zusammengeballten Strukturen zusammengefunden.Das fing an mit leichten Dichte-Kontrasten und wo halt bisschen mehr Dichte war,bisschen mehr Materie war, dort wurde halt etwas mehr Anziehungskraft ausgeübt,als in den Bereichen, wo weniger Materie war und deswegen kam mehr und mehrMaterie zu den Bereichen,wo schon mehr Dichte war oder mehr Materie war und das heißt,es findet eine Entwicklung statt, es fand eine Entwicklung statt,vom frühen Universum bis heute,geht auch weiter und wenn wir uns verschiedene Zeitalter angucken,können wir diese Statistiken über diese Materiekarten miteinander vergleichen,wie sozusagen die Strukturentwicklung war im Universum.Und das ist wieder so eine Sache, wir müssen halt gucken,wie können wir verschiedene Schnappschüsse miteinander vergleichen,wie können wir verschiedene Instanzen, die wir nur einmal beobachten sozusagenund wo wir nicht warten müssen über eine Milliarde Jahre, das ist ein bisschenlang für ein Projekt, miteinander vergleichen, um zu sagen, wir kommen zu einerEntwicklung. Wir können uns eine Entwicklung anschauen.Und das ist einer der fundamentalen Sachen. Wir können Strukturentstehung überschwachen Gravitationslinseneffekt angucken.Und das andere Haupt, der zweite Hauptmarker, neben anderem ist,dass wir versuchen, der Expansionsgeschichte des Universums nachzuforschen.Wieder die große Frage, woher zum Teufel wollen wir wissen, wie groß das Universumvor zehn Milliarden Jahren war?So, wir können zwar sehen, die Abstände zwischen zwei Galaxien sind so und sogroß, Aber wir wissen nicht, wie groß die Abstände zwischen diesen beiden Galaxieneine Milliarde Jahre später oder fünf oder zehn Milliarden Jahre später ist,weil wir halt die nur einmal sehen.Die sehen wir nur zu dem Zeitpunkt vor zehn Milliarden Jahren,weil wir uns Galaxien angucken, die zehn Milliarden Lichtjahre entfernt sindund die Lichtlaufzeit so lang war und so weiter.So, wenn wir uns vor fünf Milliarden Jahren einen Schnappschuss angucken,sehen wir andere Galaxien.So das heißt, wie verfolgt man die Expansionsgeschichte des Universums?Und da gibt es genau eine Sache, die bisher gefunden wurde und das ist totalclever und es ist jedes Mal mindblowing, es gibt tatsächlich einen Längenmaßstabim Universum, der sich mit dem Universum zusammen ausgedehnt hat.Und der hat was zu tun mit dem, was man leicht von der Zunge gehend baryon-akustische Oszillationen nennt.
Tim Pritlove
Baryonische akustische Oszillationen?
Knud Jahnke
Ja, und das hat damit zu tun, dass wir im ganz frühen Universum,also von dem Zeitpunkt, wo wir auch die kosmische Hintergrundstrahlung sehen,Planck, diese schöne Karte, die man immer kennt, wo ganz leichte Fluktuationendrin waren, zu dem Zeitpunkt.
Tim Pritlove
Du redest von der kosmischen Hintergrundstrahlung, die ja irgendwann mal zufälligentdeckt wurde und die dann eben von Planck konkret gemessen wurde,wo man halt einfach dieses typische blau-rötliche Rauschmuster im Prinzip hat,so was dann so ellipsoid abgebildet wird, was im Prinzip so einmal der Blickin die Weite überall ist, was sozusagen die ganze Zeit noch so nachleuchtetund das ist so das älteste Wärmesignal quasi der Universums.
Knud Jahnke
Genau, das ist genau das Wichtige, das ist nämlich das älteste,das ist der weiteste Blick, den wir zurück haben, weil das war ungefähr 379.000,Jahre, also nicht Millionen oder Milliarden, sondern 379.000 Jahre nach demUrknall. Kann man aktuell relativ gut berechnen.Vorher war das Universum so heiß, dass es keine Atome gab, es gab nur Protonen,Atomwasserstoffkerne und Elektronen, die waren aber getrennt.Bei zu hohen Temperaturen bekommen wir das, was wir auch jetzt Plasma nennen,in irgendwelchen sehr heißen Flammen oder so kriegen wir Plasma,wir kriegen eine Trennung dieser Ladung.Wenn wir aber Ladungstrennung haben, dann kommen Lichtteilchen,Photonen, kommen nicht weit. weit. Die werden sofort wieder absorbiert,die werden irgendwie imitiert und sofort absorbiert. Das heißt,die können sich nicht sehr weit bewegen.
Tim Pritlove
Das heißt, das Universum war nicht transparent.
Knud Jahnke
Das Universum war nicht transparent. Das heißt, erst nachdem das Universum soabgekühlt war, dass aus Protonen und Elektronen ein Atom, ein Wasserstoffatomwurde, gab's plötzlich kaum mehr Ladung, freie, und die Photonen konnten abhauen. und so.Was aber früher schon passierte, das geht jetzt zurück zu dem, was ich eben erklärte.Wir hatten schon leichte Kontraste in Massen oder Massedichten zwischen verschiedenenBereichen, links und rechts.Das, was wir auch in der kosmischen Hintergrundstrahlung sehen bei diesen Kartendes ganzen Himmels. Ganz leichte Kontraste.Da, das sind Massenunterschiede, die gab's auch, als das Universum noch Plasmawar. Und dort war wie danach auch Gravitationsanziehung.Das heißt, Materie ist ganz leicht zu diesen höheren Dichten stärker hingegangen,als in die Bereiche, wo niedrigere Dichten waren.Jetzt gab's aber komische Effekte, dass, weil die Photonen so mit der Materieimmer mitlaufen mussten, weil sie nämlich nicht weit weg kamen,kam das dazu, dass es dort zu einem Druck kam, wenn Sachen zusammenfielen odersich stärker zusammenballen wollten.Und wenn wir Druck haben, dann gibt's wieder eine Abstoßung und dann sind wirwieder abgestoßen und dann kommt wieder Gravitation und zieht das wieder an.Das heißt, es kam da zu so einer Art Schwingung in dem frühen Universum vorder Zeit von 379.000 Jahren.Und da gibt's eine charakteristische Schwingung, eine Schwingungsamplitude,eine Schwingungsgeschwindigkeit, die im Prinzip sagt, okay, mit dieser Geschwindigkeitkönnen, oder schwingt charakteristisch, schwangen charakteristisch,Vergangenheit, zu dem Zeitpunkt diese Massen dichten.Und dann wurde das Universum plötzlich transparent, 379.000 Jahre nach Murknall,und dieser Druck verschwand, weil sich nämlich die Photonen plötzlich frei bewegen konnten.Und was dazu führte, Schwingung heißt immer, oder charakteristische Schwingungheißt immer eine charakteristische Wellenlänge.Charakteristische Wellenlänge, weil irgendeine bestimmte Geschwindigkeit,so. Und diese Wellenlänge war plötzlich eingefroren.Die änderte sich nicht mehr. nämlich die charakteristische Wellenlänge genauder Bedingungen direkt kurz vor 379.000 Jahren nach Murknall.Da hat sich danach nichts mehr verändert, dieser Druck verschwand,es gab keine neuen Schwingungen mehr, weil plötzlich gab es nur noch Schwerkraft,keine Druckeffekte mehr von irgendwelchen gefangenen Photonen.Und plötzlich war diese Wellenlänge eingefroren.Leichten überdichten auf dieser entfernung zwarin jede richtung welche wellenlänge war das und dasist genau eine wellenlänge die einem dieein maßstab ist die später immermehr und immer mehr sich immer mehr masse eingefundenhat ich kann nicht sagen was das für eine entfernung ist mehr viele viele megaparsec im heutigen universum aber auf dieser auf dieser auf dieser entfernungauf diesem maßstab haben sich im laufe der zeit Zeit etwas mehr Galaxien charakteristischentwickelt, als auf allen anderen Marsstäben.Das heißt, wenn ich mir einen Galaxienhaufen angucke, dann bekomme ich in dieserEntfernung dieses Marsstabs etwas mehr Galaxien zu sehen,wenn ich eine Statistik mache, als auf kleineren Abständen oder als auf größeren Abständen.Und damit kann ich im frühen Universum, also nicht mehr ganz so frühen Universumbei zehn Milliarden Jahren in der Vergangenheit, kann ich versuchen Statistik zu machen.Ich gucke mir die Abstände von Galaxien an, vielen Galaxien,und mache eine Statistik, wenn ich mir die Abstände von jeder Galaxie zu jederanderen Galaxie angucke und mir angucke, wie viele Galaxien sind am Abstandvon 1 Meter und 100 Lichtjahren und 10.000,und 1 Milliarde Lichtjahre, wenn ich mir das angucke und dann eine Statistikmache, dann bekomme ich irgendwann einen kleinen Peak, eine kleine Überdichte.Das ist dieser Maßstab. Und wenn sich das Universum ausdehnt,dann dehnt sich dieser Maßstab mit aus, weil...Universum dehnt sich aus. So, das heißt, ich mach das nicht nur vor 10 Milliarden Jahren,ich mach das auch vor 9 und vor 8 und vor 7 oder 6 und vor 5 und habe dann einenMaßstab, den ich verfolgen kann und der ist, dieses Wachstum,dieses Maßstabes gibt mir tatsächlich den Skalenfaktor an, wie das Universumsich in dieser Zeit ausgedehnt hat.Das heißt, ich kann tatsächlich ein sehr indirektes Lineal an das Universumanlegen, vor 10 Milliarden Jahren, vor 9, 8, 7, 6 und kann messen,wie groß, nein, nicht wie groß das Universum war, sondern wie sich das ausgedehnthat, wie sich das verändert hat.Und wenn ich die Veränderung kenne, dann kenne ich die Ausdehnungsgeschwindigkeitund wenn ich die Veränderung der Veränderung kenne, dann kenne ich die Beschleunigung.Dann weiß ich, wird es abgebremst oder wird es beschleunigt.Und damit hat man eine Zahl an die dunkle Energie,damit habe ich eine Zahl, die ist charakteristisch und wenn ich die sehr sehrsehr sehr genau messe, dann kann ich verschiedene Vorhersagen von verschiedenenTheorien voneinander unterscheiden und das ist das Ziel.
Tim Pritlove
Also das mit dem Lineal, das würde ich gerne nochmal ein bisschen besser verstehen,also mit dieser Hintergrundstrahlung und überhaupt so diesem Blick in die Vergangenheit,das ist ja irgendwie etwas, das muss man erstmal so ein bisschen in sich aufnehmen.Was ja im Prinzip Plank gemacht hat ist, es schaut sich quasi,also halt war ja auch ein Survey, also so ein Upscann des gesamten Universums,in dem Fall halt auch wirklich so in jede Richtung, also die vollständige Kugelund im Prinzip schaut sich ja dann das Teleskop, sagen wir mal,den Teil an, der eigentlich schwarz ist.Also man schaut sich natürlich alles an, aber da, wo eigentlich nichts ist,ist halt trotzdem noch was.Man sieht halt von den normalen Sternen, sieht man halt irgendwie das Licht,was relativ stark kommt, aber überall ist ja irgendwas.Auch wenn vieles schwarz wirkt, ist ja eigentlich nicht nichts und sozusagen die Wärme,die dort noch, das Licht, was dort noch sichtbar ist, aber eben so stark insInfrarot verschoben ist, dass es also so super alt ist, das hat diese Karte ausgeführt.
Knud Jahnke
Genau, Planck hat im Prinzip Infrarot-Licht gemessen, was das Überbleibsel istvon dem, was damals sehr heiß war, aber die Strukturen, die dieses Licht ausgesandthaben, waren irgendwelche Massen.
Tim Pritlove
Genau, keine Sterne.
Knud Jahnke
Keine Sterne, aber irgendwelche, haben aus irgendwelchen Massen und im Prinzip die Annahme,die auch sehr gut gerechtfertigt ist, wenn wir etwas mehr Licht sehen,dann kam dort, oder in diesem Fall eine etwas andere Temperatur sehen,dann waren das etwas größere Massen, als wenn wir irgendwo anders eine etwasniedriger Temperatur im Licht sehen.
Tim Pritlove
Und dann kommt diese leichte Variation. Und in diesem Plasma,in diesem Nicht-Zustand sozusagen, also in dem alles noch nicht in der Form war,wie wir es heute kennen, dort hat sich dann eben diese Oszillation,wie heißt es nochmal so schön, barionische, akustische Oszillation,also akustisch nicht, weiß nicht.
Knud Jahnke
Es waren im Prinzip Schallwellen, die aber niemand gehört hat,weil es ging um die Geschwindigkeit, mit der sich im Prinzip Materie dort bewegenkonnte und das ist im Prinzip eine Art Dichte.
Tim Pritlove
Genau, also ein Gewaber aus Strahlung und aus Gravitation sozusagen und dasist ja dann in dieser Hintergrundstrahlung quasi rein codiert.Das heißt das ist das was man, also man nimmt dieses BAO, diese baryonischeAkustik, dieses Lineal, entnimmt man der Hintergrundstrahlung.
Knud Jahnke
Die entnehmen wir der Hintergrundstrahlung und damit kriegen wir einen Markerbei 379.000 Jahren nach dem Urknall.Das war aber der Zeitpunkt, wo dunkle Energie noch nicht besonders wichtig war,weil sich das Universum noch nicht sehr stark ausgetehnt hatte und deswegendie Frage, wie kriegen wir das viel viel viel viel später, nämlich vor 10 Milliarden und 987.Und dort kriegen wir nicht nochmal eine neue Hintergrundstrahlung.Die ist da seit der Zeit und bewegt sich seitdem durch die Gegend.Das heißt, was nehmen wir? So und da ist ganz klar,wenn wir Überdichten hatten, die seinerzeit am Anfang diese Temperaturfluktuationin der Hintergrundstrahlung gemacht hatten, Überdichte bedeutet immer,eine Überdichte wird zu mehr Überdichte, wird zu mehr Überdichte,weil dort einfach mehr Materie drauf fällt.Das sind die Orte, wo dann Galaxien entstanden sind.Und wenn ich eine größere Überdichte habe, sind dort mehr Galaxien entstanden.Wenn ich eine Unterdichte habe, sind dort weniger Galaxien entstanden im Laufeder Zeit. Das heißt, wiederum diese überdichten Abstände im frühen Universum,Zeigen sich dann später in Überdichten von entstandenen Galaxien und das istdas Gute, weil Galaxien können wir sehen und Galaxien können wir einen 3D-Punktirgendwo hinsetzen und dann können wir Statistik machen.
Tim Pritlove
Heißt das, dass sozusagen die Strukturen, die wir heute sehen,die Verteilung der Materie im Prinzip eineunmittelbare Folge aus diesem strahlungsdruckdichten Zusammenspiel ist?
Knud Jahnke
Ja, in Teilen schon. Also in Teilen gab es ganz am Anfang Fluktuationen.Wie groß die genau waren, wird debattiert.Welche Formen die genau hatten, wird auch debattiert. Ist aber klar,es gab eine leichte Verteilung von Dichten, von Energie im frühen Universumoder Masse im frühen Universum und die war da.So, und die ist nur stärker geworden im Laufe der Zeit. Die war irgendwie 10hoch Minus, weiß ich nicht wie viel, ganz im frühen Universum,jetzt haben wir große Dichte-Kontraste.Diese baryon-akustischen Oszillationenhaben sozusagen nur noch einen draufgesetzt und haben gesagt,okay, es gibt hier jenseits von dem, was vorher da war, gibt es aus der Kombinationvon Gravitation, von diesem Druck, der passiert, und der möglichen Schallgeschwindigkeitzu jedem Zeitpunkt, der von der Temperatur abhängt und so weiter,gibt es eine charakteristische Länge.Sozusagen auf die Karte oder auf diese Verteilung noch mal oben drauf geprägt.Und alles was wir vorher hatten an Fluktuationen plus dieser drauf geprägteLängenmaßstab, das ist das, was wir jetzt immer noch sehen können in der Galaxienverteilung.Wir im Sinne von, ich gucke in den Himmel, nicht einfach, aber wenn ich ganzgenau messe, in drei Dimensionen, wo befinden sich Galaxien und da eine Statistikdrüber laufen lasse, dann kann ich diesen Maßstab nachvollziehen und zwar auchzu verschiedenen Zeitaltern.
Tim Pritlove
Ich hab grad so das Bild von so einer Metallplatte, wo Sand drauf ist,wo man Geigenbogen irgendwie eine Frequenz anlegt und wo sich dann ja auch soMuster, Schlatni Figuren oder sowas heißt das glaube ich, bilden.Im Prinzip, dass auch durch dieses Zusammenspiel von Strahlung und Gravitationeben in diesem Urzustand des Universums im Prinzip schon mal solche Frequenzendort eine Rolle gespielt haben und eine frühe Struktur geschafft haben,die sich dann einfach in der Folge der nächsten 13 Milliarden Jahre einfachverstärkt hat und dann quasi in diesen Filamenten resultiert, die wir heute sehen.Also Galaxien ja, gut, das sehen wir jetzt nicht so mit bloßem Auge,aber im Prinzip sind das ja alles schon solche langen Röhren von Galaxienhaufen,die so mehr oder weniger miteinander in Anführungsstrichen verbunden sind unddazwischen gibt es dann diese riesigen Voids, wo einfach mal gar nichts ist.
Knud Jahnke
Und hätten wir nur die Anfangsbedingungen des Universums gehabt oder diese zufälligenSachen ganz vom Anfang, dann hätten wir erstmal keinen charakteristischen Längenmaßstab gehabt.Ich glaube, das wäre relativ fraktal, chaotisch, wie auch immer gewesen,aber durch diese Tatsache, dass es halt hier so zwei,dass es hier eine Schwingung gab von Gravitation, Zusammenfall,Druck, der das wieder auseinander gedrückt hat und der Tatsache,dass das irgendwann abrupt aufgehört hat, der hat halt diesen Längenmaßstabaufgeprägt, was halt ganz wichtig ist, denn die Schallgeschwindigkeit ist vonder Dichte und von den Temperaturen abhängigUnd die hat sich natürlich im frühen Universum durch das Ausdehnen ständig geändert.Aber im Prinzip wurde der letzte Zustand direkt bevor das Universum transparentwurde, hat sich, wurde aufgehoben, wurde bewahrt.Und da im gesamten Universum die Temperatur so war und die Dichten ungefährso waren, war das auch im ganzen Universum gleich.Und deswegen gilt dieser Längenmaßstab universell und auch ob ich nach rechtsoben gucke oder links unten gucke,sollte ich den überall finden und da das Universum im Prinzip zum selben Zeitpunktüberall schlagartig oder relativ schnell durchsichtig wurde,müsste das auch miteinander korrelieren.Und deswegen kann ich eine Statistik machen, die Teile links oben und Teilerechts unten am Himmel miteinander korreliert und die Sachen einfach zusammenzählen.
Tim Pritlove
Also zusammengefasst kann man erstmal sagen, so die Hauptziele der Mission sinddunkler Energie und dunkler Materie auf die Spur zu kommen und darüber sozusagen Daten zu generieren,mit dem man dann Rückschlüsse auf das Wesen dieser Phänomene schließen kann,vielleicht, ja, Modelle einschließen kann, ausschließen kann,weitere Anhaltspunkte zu liefern.Sicherlich ist jetzt nicht das Ziel die finale Antwort zu liefern,sondern sozusagen überhaupt erstmal eine Datenbasis zu schaffen.Wir füttern die Theorie.
Knud Jahnke
Wir füttern die empirische Basis, umTheorien entweder auszuschließen oder weiterentwickeln zu können. Genau.
Tim Pritlove
Und dann gibt es einerseits den Punkt dunkler Energie, da haben wir schon gehört,da gucken wir einfach, okay, auf Basis der Urschwingung des Universums kurznach dem Urknall, also so als sozusagen das Licht angeknipst wurde.
Knud Jahnke
Dann kriegen wir einen Maßstab und den Maßstab verfolgen wir über die Zeit undkönnen deswegen die Expansionsgeschichte des Universums nachvollziehen und wenndie beschleunigt ist, dann können wir genau messen, was ist das für eine ArtBeschleunigung, wie ist die zeitabhängig oder ist die nicht zeitabhängig.Das kann man direkt mit Theorie vergleichen.
Tim Pritlove
Gibt's ja auch schon andere Annahmen und andere Messungen und die würden diedann sozusagen nochmal ergänzen oder?
Knud Jahnke
Genau, wir werden ganz viele dieser Ansätze miteinander verbinden und insgesamtgibt das ein sehr, sehr feines Bild, was uns, was weiß ich, auf ein Prozentgenau die Expansionsgeschichte geben soll und das war halt vorher nicht möglich.
Tim Pritlove
Genau. Und der zweite Schwerpunkt ist dunkle Materie,also hier geht's dann eben konkret auf dieses was ist das eigentlich und wieist es verteilt im Universum und hier nimmt man diesen Effekt der schwachenGravitationslinsen, also man schaut sich im Prinzip irgendwie alles an,Macht Annahmen darüber, wie es eigentlich aussehen sollte.
Knud Jahnke
Wie ist der Hintergrund und was kommt an?
Tim Pritlove
Und wie sieht es eigentlich wirklich aus, um dann in Rückschlüsse daraus zuziehen, die halt sozusagen eine Verteilung von diesem ominösen,was auch immer es ist, Erlauf haben.
Knud Jahnke
Und dann letztendlich testen wir damit, welche Eigenschaft hat eigentlich unserGravitationsmodell, was ist eigentlich Gravitation.Weil es ist ein Test von Dingen, die Schwerkraft machen. Und damit haben wir wieder die Verbindung.Das eine ist der Druckteil mit der dunklen Energie, das andere ist der Schwerkraftteil.Wie wirken die Sachen zusammen und wie kann man das in eine kohärente,möglichst einheitliche Theorie zusammenbringen?
Tim Pritlove
Genau und nebenbei testet man wahrscheinlich auch nochmal Einstein ordentlichdurch, weil das ist ja dann immer sozusagen die Frage, gerade wo wir jetzt schon,diese Mondtheorie und so weiter wäre ja im Prinzip auch eine Abweichung.
Knud Jahnke
Ja Mond wäre eine Abweichung, das ist dann eine Variation von allgemeiner Relativitätstheorie,die im Prinzip darüber hinausgehen würde.
Tim Pritlove
Einstein hat doch bisher immer gehalten.
Knud Jahnke
Ja, wir haben aber Einstein auch immer nur auf sehr, also wir werden es mittesten,es ist eine formal korrekte Theorie,die Sachen beschreiben kann und wenn wir eine Theorie haben,die nicht aus unendlich vielen freien Parametern besteht, wo ich immer nur sagen kann,aha ihr habt mich widerlegt, ich dreh mal hier, dann passt es trotzdem,sondern wirklich falsifizierbare Sachen macht, dann sollte man das ernst nehmenund sagen hey wir testen das mit und das machen wir und entweder wir könnenes widerlegen oder wir können es nicht widerlegen.Und das gilt aber für die ganzen anderen Sachen auch.Ja und was machen wir? Wir gucken uns Galaxien an. Viele. Sehr viele.
Tim Pritlove
Ja und so nebenbei, denke ich mal, dürfte man auch die ein oder andere Nebenerkenntnisseauch noch über die Anfangsbedingungen des Universums als solchen herausfinden.
Knud Jahnke
Und ich kann da später auch noch was zu sagen, ganz ganz viele Leute,ganz viele WissenschaftlerInnen bei dieser Mission sind gar nicht an der Kosmologie interessiert.Sondern wollen einfach nur diesen absolut wahnsinnigen Datensatz haben,der dabei rauskommt, um damit alles mögliche zu machen.Nämlich Galaxienentwicklung studieren oder Quasare im frühesten Universum findenoder Sonnensystemobjekte finden und verfolgen und so weiter.Also es wird auch ein Datensatz sein, der über die nächsten 20,30 Jahre mindestens einfach der Standard ist für Bilder in diesen Wellenlängenbereichen.
Tim Pritlove
So ein bisschen wie Gaia mit seiner Sternen-Kategorie, hier überhaupt erstmaldie Grundlage für die Forschung für die nächsten Jahrzehnte gelegt hat,hier in ähnlicher Form, aber eher sozusagen large scale auf Galaxie-Basis.Kommen wir doch mal so ein bisschen zur Mission selber und zu dem Raumfahrzeug.So wann ging's los? Vor zwölf Jahren hast du gesagt?
Knud Jahnke
Es ging sogar noch früher los, es gab vorherige Missionskonzepte,Dune und Space, die im Prinzip zum einen schwachen Gravitationslinseneffektmachen wollen und die andere Mission wollte diese barionakustischen Oszillationenmessen und dann wurden die zusammengefasst,das hat 2005 angefangen, verschiedenste Leute hier im Haus und über ganz Europaverteilt, hatten verschiedene Ideen was man denn eigentlich mal machen sollteund die ESA hat immer mal wieder,Also Aufrufe für Programmung, gesagt hey schlag Missionen vor,erst mal auf Papier und dann irgendwann sagen wir mal okay, das klingt ganzinteressant, wir machen da mal eine Studie, was würde das bedeuten an optischemDesign, ist das überhaupt machbar mit aktueller Technik, was würde das kosten,würde das in den Kostenrahmen passen und so weiter, macht Vorschläge.Und da entstanden diese Konzepte, Dune und Space.Und da wurde gesagt, hey, die einen wollen Infrarot und Bilder,die anderen wollen auch Infrarot.Können wir das nicht alles in einer Mission, aus zwei Konzepten eine Missionmachen? Und da wurde gesagt, hey, gut, müsste eigentlich gehen.Ist billiger, weil eine könnte sowieso nur fliegen. Beides Kosmologie.
Tim Pritlove
Kam der Vorschlag vom MPI oder wo ist der Dupont worden?
Knud Jahnke
Wir spielen eine Rolle, ich glaube wir spielen, also komm ich gleich zu,aber wir reden hier von 140 Institutionen über Europa,wir reden von mittlerweile 15 Ländern, wir reden von zweieinhalb tausend Leuten in einem Konsortium,wir haben einen Teil des deutschen Beitrags davon, finanziell nicht mal dergrößte, funktional aktuell wahrscheinlich einer der wichtigsten,aber das ist wirklich von ganz vielen Leuten gekommen aus sehr vielen Institutionen.Wir haben Teile mit am Anfang mitentwickelt, wir haben Teile vom Kalibrationskonzeptentwickelt, was sehr zentral ist. Andere Leute haben ganz andere zentrale Sachengemacht. Datenverarbeitung zentral mit aufgebaut.
Tim Pritlove
Also ich will jetzt nicht unsere Rolle … Ich wollte ja eher darauf hinaus,dass sozusagen, also es gab wahrscheinlich gar nicht jetzt einmal diesen konkretenVorschlag, lass uns mal genau diese Mission machen, sondern man hat einfachnur gesagt, das müsste man sich mal anschauen.Und dann ist quasi in diesen ganzen Beratungssitzungen beschlossen worden,guck mal hier, das passt doch irgendwie alles zusammen, können wir da nichtdie passenden Instrumente bauen, die quasi alles abdecken?
Knud Jahnke
Und ich glaube in der Frühphase waren das keine Beratungssitzungen,sondern Abendessen oder Kaffeeunterhaltung.Und dann irgendwann wurde es formalisiert und im Prinzip wurde dann von derESA gesagt, okay wir machen eine sogenannte Phase A Studie, wo doch das malwirklich durchgerechnet werden soll.Richtiges, vernünftiges optisches Konzept, mechanisches Konzept,Datenverarbeitungskonzept, was für Detektoren bräuchte man da,was für Optiken, welche Genauigkeiten in der Abbildung, wie groß muss so einSpiegel sein zum Beobachten, was Schwachheit von Galaxien angeht oder Auflösung.Hängt immer zusammen, wie genau muss das sein, je genauer desto teurer was Optiken angeht,wie viele Pixel brauchen wir auf den Detektoren, reicht da ein Detektor oder brauchen wir 100,auch wieder 100 mal mehr kosten und so weiter und so weiter und dann kristallisierten sich,kristallisierte sich dieses Optikkonzept raus mit einem 1,20 Meter Spiegel,mit zwei Instrumenten, ein Instrument im optischen, mit einem einzigen Passband,was jetzt WIS heißt, das im sichtbaren Licht operiert, was.Ganz speziell für diesen schwachen Gravitationsnissen-Effekt zuständig ist,wo im Prinzip die ganze Mission drum gebaut wurde,dass die Fähigkeit von diesem Instrument Formen ganz, ganz exakt zu messen undganz, ganz niedrigen Fehlerraten oder ganz niedrigen Unsicherheiten zu messen,dass das sozusagen über allem anderen steht.Ja das ist ganz wichtig, ich muss, wie ich gesagt habe, ich muss von außen dieForm des Mondes von der Erde unterscheiden, in erster Linie alles rund,aber halt nicht indem ich so groß auf den Mond gucke, sondern indem ich irgendwie10 Pixel darüber hab oder 5 Pixel.
Tim Pritlove
Aber dieser Linseneffekt der müsste doch eigentlich auch genauso im Infrarotbereichzu sehen sein, gerade bei den alten. Was könnte man machen?
Knud Jahnke
Infrarot ist teurer als optisch. Zwei Sachen. Erstens ist es teurer.Ich kann, ich hab hier ein, das WISS Instrument hat 36 CCD Detektoren,jeweils 4 mal 4000 Pixeln.Das sind so und so wie Megapixel. Riesig groß, sehr fein.Das Ganze in der Auflösung im Nahinfraroten zu machen würde sehr viel mehr kosten,weil die Infrarot Detektoren sehr viel teurer sind.
Tim Pritlove
Geht einem dann nicht sozusagen was verloren, weil man gar nicht so tief indie Vergangenheit schauen kann, weil umso älter die sind, umso mehr sind die doch rot verschoben.
Knud Jahnke
Ja das macht aber nichts, die haben ja immer noch eine Form.Dann sehen wir halt ursprünglich dieses UV-Licht.
Tim Pritlove
Ah. So.
Knud Jahnke
Also wir gucken auch nicht besonders im Blauen, wir gucken schon im Roten,wir gucken irgendwo zwischen Grün und etwas röter als wir sehen können oderdeutlich röter als wir sehen können.
Tim Pritlove
Verstehe. Man muss nicht alles sehen, man muss irgendwas sehen und das kannsich auch genauso gut aus dem Ultravioletten reinschieben.
Knud Jahnke
Genau, und wir nehmen schon den Bereich, der wirklich dem roten,sichtbaren Licht entspricht.Gerade so CCD-Detektoren, die da günstiger, Anführungsstrichen,nicht billig, aber günstiger sind, die hören bei ungefähr einem Mikrometer aufin der Empfindlichkeit und wir gehen halt wirklich bis 0,92 Mikrometer ran.So, das heißt wir gehen schon so rot wie es möglich ist, genau um diesen Effektnicht zu haben, dass wir zu viel Licht verlieren oder dass wir nur knotige Sternentstehungsgebieteoder so sehen und das passt sehr gut mit der Entfernung zusammen,die wir uns angucken wollen.Zum anderen, wenn ich ins Infrarote gehe, die Auflösungsfähigkeit eines Teleskopshängt von der Wellenlänge ab. Das heißt, wenn ich doppelt so lange Wellenlängehabe, dann kann ich nur halb so gut auflösen.Das heißt, wenn ich sage, ich muss Strukturen dieser und jener Größe auflösen,und das geht mit einem Meter-zwanzig-Teleskop im Durchmesser bei 0,8 Mikrometern ganz gut.Wenn ich sage, ja, ich würde das doch vielleicht lieber bei 1,6 Mikrometernmachen, dann bräuchte ich für dieselbe Winkelauflösung einen doppelt so großen Spiegel.Und doppelt so großer Spiegel ist dann schon Hubble, das wird dann sehr,sehr viel teurer. Das heißt, alles eine Abwägung.Was brauche ich? Was muss ich messen? In welcher Genauigkeit?In wie schwach dürfen die Galaxien sein?Das ergibt sozusagen die Wellenlänge, mit der ich gehen kann.Dann muss ich gucken, wie genau muss ich messen, wie groß, wie gut muss ich auflösen.Okay, roter sichtbarer Wellenlängenbereich geht noch. Das heißt,ich kann es mit CCDs machen und der Spiegel kann 1,20 m groß sein.Und dann wurde passend dazu gerechnet, okay,auf der anderen Seite, das zweite Instrument, an dem wir auch stärker beteiligtsind, im Nahinfrarotbereich, ein bis zwei Mikrometern ungefähr,Er soll sowohl Bilder machen, als auch Spektren aufnehmen, also Licht in die Wellenlängen zerlegt.Gibt uns, wenn wir Emissionslinien haben von Galaxien, die eine bestimmte Wellenlängehaben, sagt uns sofort sehr, sehr genau, in welcher Entfernung die Galaxien sich befinden.Wenn ich irgendwas in seine Wellenlänge zerlege, kann ich nicht ganz so schwacheObjekte angucken, weil das Licht nicht mehr auf einem Punkt ist,sondern auseinandergezogen ist. Da muss ich dann auch wieder rechnen,wie viele Objekte brauche ich.Weniger als ich beim schwachen Gravitationslinsen-Diagnostik angucken kann.Dann passt das zusammen, geht das mit dem Spiegel und so weiter.Und das alles wurde dann mit einer Architektur für zwei Instrumente und Anzahlvon Detektoren und Datenverarbeitung und Datenraten und Spiegelgröße und Temperaturenund so wurde in eine Ursprungsstudie, Phase A, gegossen.Und ESA fand das gut und dann irgendwann gabs glaub ich drei davon zur Auswahlfür einen bestimmten Start- und Entwicklungsplatz sag ich mal in der Reihenfolgevon den Missionen die ESA geplant hatte und dann haben sie gesagt okay 2011wir nehmen als nächstes Euclid.Und dann wurde es etwas weiterentwickelt und 2012 wurde es dann zur echten Missionund da hat sicherlich geholfen dass es 2011 einen Nobelpreis für Dunkle Energie gab.
Tim Pritlove
Passte, zufälligerweise.
Knud Jahnke
Es war sozusagen Zeit, also da wurde da im Prinzip dieser Effekt ausgezeichnetund als diese Ankündigung kam,für mich war da ziemlich klar, dass Euclid dann ausgewählt wird,da kann die Isa, wenn sie im Prinzip freie Wahl hat, nicht drum rum und so wardas dann auch, die anderen Missionen sind dann auch im Laufe der Zeit angenommen worden.Und seit 2012 ging es dann sozusagen ans Eingemachte.Wurde gesagt, so jetzt plant mal exakt und genau und dann gibt es die exakte Verteilung,welche Institute und welche Länder können wie viel Geld für welche Teile bereitstellen,weil die Teleskop- und Weltraumfahrzeug, sage ich mal, zahlt die ESA,die beiden Instrumente stammen von Institutskonsortien über Europa verteiltmit Beiträgen von der NASA.
Tim Pritlove
Und auch unter Beteiligung des MPE?
Knud Jahnke
Auch unter Beteiligung des MPE. Die deutschen Beiträge für die Hardware wurdenvom DLR bezahlt, unserer Raumfahrtagentur.Also es geht jenseits der finanziellen Mittel einzelner Institute, sage ich mal.Im Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching wurde die Optikfür dieses Na-Infrarot-Instrument entwickelt.Wir haben eine Kalibrationslampe beigetragen, wir haben Infrarot-Filter beigetragen,die wir dann mit Industrie zusammen entwickelt haben.Hat fünf Jahre gedauert, das Ganze hinzukriegen, gut sechs, sieben,bis das dann alles fertig geschnitten, gemacht, getestet und so weiter war.Und parallel haben wir funktionale Sachen beigetragen, nämlich von Anfang anein Kalibrationskonzept.Kalibration heißt, es ist toll, wenn wir was messen und dann haben wir da ein Bild,aber wenn wir nicht wissen, was das bedeutet, weil nämlich wir nicht wissen,ob da irgendwelche systematischen Helligkeitsschwankungen drin sind oder obdie Verzerrung so und so größer ist als geplant, dann hilft uns ein Datenpunkt gar nicht.Das heißt, ein Datenpunkt hilft einem immer nur was, wenn man einen Fehlerbalken da dran hat.Und da wir wussten, wo wir hinwollen an Unsicherheiten,was wir maximal tolerieren können für die Kosmologie, wurde das häppchenweiseruntergebrochen auf Dinge, die wir im Himmel angucken müssen,Dinge, die das Instrument können muss und die Genauigkeit, mit denen wir jedeneinzelnen Parameter auf dem Bild dann hinterher messen können wollen.Das ist ein garantisches Dokument und das haben wir im Prinzip anfänglich federführendfür unser Instrument gemacht und jetzt haben wir auch die koordinierende Oberhoheit,die ganzen Teilnehmenden, die alle irgendwas mit Kalibration zu tun haben, zu koordinieren.Und das machen wir seit 12 Jahren hier am Institut.
Tim Pritlove
Also um es zusammen zu fassen, Euclid ist ein Raumfahrzeug, was im Wesentlichenerstmal dieses Teleskop hat, ein Korsch Teleskop ist das, also im Prinzip genausoaufgebaut wie das beim JWST auch, beim James Webb, so rein.
Knud Jahnke
Ist das auch ein Korsch? Also es ist ein etwas off-axis Instrument,wo der Strahl nicht immer durchdie Mitte geht, was sehr interessante Nebeneffekte beim Konstruieren hat.Aber letztendlich, wir haben einen Spiegel, Primärspiegel, Sekundärspiegel,Licht geht durch, wird irgendwann umgelenkt, dann einmal geteilt in den sichtbarenWellenlängenbereich und den infraroten und geht in die beiden Instrumente.
Tim Pritlove
Genau und das eine ist eben das VIS, das andere ist das NISP, schön benannt immer.
Knud Jahnke
NISP steht für Near-Infrared Spectrometer und Photometer, also Nahinfrarot-Spektrometer und Photometer.Und da gibt es die zwei Kanäle, nämlich den Photometer-Bereich,der tatsächlich Bilder macht, und der Spektrometer-Bereich, der Spektren aufnimmt.Und dafür haben wir aus der Entwicklung her unterschiedliche Verantwortlichkeiten,weil die Detektoren sind dieselben und die Optik am Anfang ist dieselben.Aber was mit den Daten passieren muss...Wurden auf der einen Seite Gitter gebaut,mit horrenden Anforderungen, das haben unsere französischen Kollegen zum Glück gemacht,was mit den Daten dann passieren wird, das geht in die eine Diagnostik reinund dann gibt's den Photometer-Bereich, den P-Bereich, das sind wir,wofür wir etwas stärker verantwortlich sind.Da geht's um Bilder und diese Bilder werden mit bodengebundenen Bildern kombiniert,um dann grobe Entfernungen für diesen schwachen Gravitationslinseneffekt zu erzeugen.
Tim Pritlove
Und das war's im Prinzip. Eine relativ überschaubare Geschichte.Nicht so ein Koloss mit neun verschiedenen Instrumenten, die dann alle funktionieren müssen.
Knud Jahnke
Deswegen ist Euclid eigentlich auch kein Observatorium. Euclid ist eigentlichviel dichter an einem Experiment dran als an einer Sternwarte.Weil bei uns gibt es keine Programme, die man vorschlagen kann,wo man sagen kann, ich würde gerne dieses und jenes Objekt angucken.Es gibt auch keine Einzelobjekte, die angeguckt werden. Wir machen eine Himmelsdurchmusterungmit einem ganz klaren Ziel.Und wenn man mit den Daten noch was anderes machen kann, ist gut.Und das machen ganz viele, wie ich gesagt habe. Aber das Ziel ist eine ganzeinfache Himmelsdurchmusterung.Wir gehen wirklich zu jedem Punkt im Himmel, den wir angucken wollen.Machen dort vier Bilder mit leichten Verschiebungen der Positionierung für bessere Datenverarbeitung.Und dann gehen wir zum nächsten Feld.Wir machen das gleich nochmal nach einer Stunde, 15 Minuten,dann gehen wir zum nächsten Feld und so weiter und so weiter und das über sechs Jahre.
Tim Pritlove
Okay, lass uns da gleich mal drauf kommen. Ich wollte jetzt erstmal mal einbisschen das Raumfahrzeug erst mal starten lassen.
Knud Jahnke
Ach stimmt, das sollte man ja auch noch machen nach der Planung.
Tim Pritlove
Also gebaut wurde es glaube ich von Astrium und also das Nutzlastmodul und dann der Rest von Thales.
Knud Jahnke
Das ist alles. Die beiden zwei der großen militärisch-industriellen Raumfahrtunternehmenin Europa, die können das.Die konnten die Optik und die Spiegel wurden dann hergestellt und Kommunikationund so weiter und so weiter.
Tim Pritlove
Und das war dann Juli 2020 fertig und sollte ja eigentlich dann 2022 mit einerSojus-Rakete in Kourou starten.Sojus ist ja eigentlich eine relativ junge Hinzufügung in Kourou gewesen,wo ja klassischerweise immer die Ariane-Raketen starten und dann kam ja dannin den letzten Jahren mit der italienischen Vega kleinen Rakete und eben denrussischen Sojus-Raketen weitere Launch-Positionen mit dazu. Aber dann gab's Krieg.
Knud Jahnke
Genau, also es war schon seit ein paar Jahren gab es immer eine Backup-Lösung,die Europäer hätten gerne ihre Ariane 6 benutzt und es war ganz klar,wenn die Ariane 6 schnell fertig würde, was halt 2017, 18 oder so einfach ganzunklar war, dann würden wir tatsächlich mit der Ariane 6 fliegen.Also wenn die zeitnah fertig geworden wäre, dann wäre sozusagen Sojus-Backupgeworden. Ja und dann hat Russland die Ukraine überfallen und da war von Tageins klar, nö, ist nicht.Egal wie sich das hier entwickelt, ist nicht machbar, wird nicht passieren.Und ab dem Punkt war eigentlich die Ariane 6.Der Hauptlauncher oder der geplante.Und das war gut, dass wir sozusagen einen Backup gleich hatten.Wir mussten sozusagen nicht von Anfang an testen.
Tim Pritlove
Also Backup heißt ja konkret, man hat das von vornherein so geplant,dass es im Prinzip sowohl die eine als auch die andere Rakete hätte transportierenkönnen, weil das ist ja jetzt auch nicht so beliebig ohne weiteres austauschbar.
Knud Jahnke
Genau, es ist nicht beliebig austauschbar, vor allen Dingen,reingepasst, also Euklid ist viereinhalb Meter hoch und irgendwie drei Meter im Durchmesser und so,oder 280 im Durchmesser in jede Richtung, das heißt es ist groß,aber nicht exorbitant groß, das heißt viele der Großraketen würden damit problemfrei zurechtkommen.Und es ist auch, mit zwei Tonnen ist es jetzt auch nicht, also JWST hatte nureine Möglichkeit, das war die Ariane 5, so, und ansonsten gab es irgendwie keine Möglichkeit.Es hätten mehrere in Frage kommen können, aber es war immer eine politischeFrage, wenn natürlich Ariane 6 fertig ist, dann nimmt man die.Man plant also gleichzeitig für zwei Varianten und das hat großen Auswirkungendarauf, denn je nachdem was man für ein System hat, kommen zum Beispiel mehrVibrationen in das Teleskop oder die Nutzlast rein.Wir haben ganz klar das Problem, ganz, ganz viele der Konstruktionssachen findennur statt für zwei Minuten beim Start,weil wir dort, wie man es dann halt auch aus zehn oder zwanzig Kilometern hört,extreme Lautstärke haben, Lautstärke heißt Vibration, womit wir wieder bei denakustischen Oszillationen werden, aber ganz andere.Und das muss es halt aushalten, da dürfen keine Sachen abbrechen,da dürfen keine Linsen zerspringen oder so.Und die Ariane 6 hatte ganz klar,die hat Feststoffbooster glaube ich, und Feststoffbooster habe ich gelernt machendeutlich mehr Vibrationen als wenn man nur flüssig Antrieb hat und entsprechendwar am Anfang nicht klar,ob die Ariane 6 das starten könnte oder ob sie über die geplanten Vibrationenhinweg geht und dann wurde gesagt, okay wir brauchen noch irgendwelche Dämpferoder sowas, die da eingebaut werden müssen. Aber das war mehrere Jahre in Entwicklung.Und wäre die fertig geworden frühzeitig, dann wäre das auch sozusagen gesagt,okay gut, den Vertrag mit der Sojus, den nutzen wir für irgendwas anderes,wir machen dann unser Prestige, neue Rakete.Wurde aber natürlich gesagt, wir versuchen mal nicht der erste Start zu sein,sondern wir müssen mindestens zwei erfolgreich sein, denn gebranntes Kind schalltdas Feuer und neue Raketen sind immer nicht gut für.
Tim Pritlove
Erste Ariane 5 Start ist ja auch in die Hose gegangen.
Knud Jahnke
Genau und das war auch unabhängig davon zu sagen,also man das ist zu wertvoll, ist so speziell, das ist jetzt nicht einfach einweiterer von 10 Satelliten, den man hochschießt und dann nimmt man halt einenweiteren oder so, sondern es ist halt sehr viel individuelle Arbeit,der dann auch nicht einfach so rekonstruierbar ist.Und als dann der Krieg angefangen wurde, da war klar ist vorbei und Ariane 6würde der Hauptlauncher sein und da,Fragte man sich dann relativ bald, okay an welcher, erstens wann wird die fertig,zweitens an welcher, auf welchem Launchplatz wären wir.Und dann kam das also verschiedene andere Auftraggeber weltweit sagten,ach wir hätten gerne auch noch ein paar Startplätze, wir würden gerne für unserekommerziellen Sachen würden wir gerne mal testen, ob das mit einer Ariane 6 geht.Und dann waren wir plötzlich nicht mehr auf Startplatz 4, sondern auf Startplatz5 und dann gab's die große Frage, okay, also wenn das einmal passiert,dass man nach hinten gereicht wird, dann kann das auch mehrfach passieren, das geht nicht.
Tim Pritlove
Und Ariane 6 ist ja bis jetzt noch nicht gestartet.
Knud Jahnke
Unabhängig davon, unabhängig davon, es war nicht so, dass jetzt klar war,in einem Jahr starten wir und zwar garantiert, so das wäre überhaupt gar kein Problem gewesen.Und dann hat sich tatsächlich die ESA umgeschaut und hat gesagt,okay was gibt's denn an anderen Optionen und hat innerhalb von kürzester Zeit tatsächlich gesagt,okay SpaceX ist flexibel, hat die Kapazität,es würde passen, Studien gemacht, ob das FIP von den Liberationen funktionierenwürde und innerhalb von wenigen Monaten kam dann der Vorschlag mit einer Fake9 zu starten und politisch ist das tatsächlich dann auch durchgegangen.Weil es ist natürlich was Großpolitisches.Plötzlich eine europäische Rakete soll und wird und muss und so weiter und danngeht man plötzlich zu den Amerikanern, zu den kommerziellen Anbietern,die eigentlich eine Konkurrenz sind und startet.Aber es wurde verstanden, was es ansonsten wissenschaftlich bedeutet.Es wurde verstanden, dass das auch nichts gegen die Ariane 6 sagt,denn die war einfach noch nicht fertig.Es ging dann ratzfatz sehr schnell, Leute im Konsortium mussten verstehen,dass wir nicht jetzt plötzlich länger Zeit haben, sondern dass wir mit am Anfangdieses Quartal 3 2023 starten würden, dann hieß es irgendwann Juli unddann hieß es okay, es kann am ersten Juli losgehen und es war dann erst der Juli, so.
Tim Pritlove
Also die NASA war ja beteiligt, also jetzt nicht im großen Maße,wenn ich das richtig sehe.Sie haben, glaube ich, Sensoren beigetragen und damit ist aber dann sozusagenauch eine wissenschaftliche Beteiligung da dann auch mit verbunden,insofern passt das ja noch.
Knud Jahnke
Ja, aber die Verträge sind nicht über die NASA gelaufen. Das ist kein NASA-Vertrag,das ist ein ESA-Vertrag, direkt ein SpaceX.NASA hat da keinerlei Finger drin gehabt, sondern das war direkt,auch der Launch selber war über.
Tim Pritlove
Man muss ja dann auch irgendwann einfach mal, man kann ja so eine Mission nichtewig in die Länge ziehen,also wenn es nicht anders geht, dann geht es halt nicht anders,aber Wissenschaftler arbeiten da dran, sind ja auch für so und so viele Jahredann finanziert und wenn es dann halt nochmal länger dauert,dann ist dann am Ende keiner mehr da, der sich darum kümmern kann.
Knud Jahnke
Und auch bei der ESA selber ist ja klar, die haben so und so viele laufendeMissionen und sie können,haben auch nicht beliebig viel Personal und irgendwann will das Personal auchmal fertig sein mit einer Mission und die soll dann laufen,also das Entwicklungspersonal, die ganzen Projektmanager, IngenieurInnen,die daran gearbeitet haben, die müssen halt auch irgendwann mal andere Sachenmachen und wenn sich das über zwei Jahre hinwegzieht, dann verliert man irgendwanndie Expertise und dann ist so eine Mission auch irgendwann ernsthaft gefährdet.Und das war zum Glück nicht der Fall, wir sind gestartet, alles glatt gelaufen,Lagrange Sprung 2 zum ersten Mal für SpaceX, dass die dort hin geflogen sind.Und jetzt, ja, paar Wochen später war Euclid dann in der...Nähe von JWS2 und Gaia.
Tim Pritlove
Lass uns da erstmal hinkommen, weil ist ja noch ein bisschen vorher was passiert,also jetzt Juli 23, wir nehmen jetzt die Sendung hier auf am 23.Oktober 23, also ist das ganze jetzt vier, fünf Monate her.Ganz problemlos war's nicht, also der Start war super.
Knud Jahnke
Der Start war super, ein paar Tage später wurden die Instrumente eingeschaltet,alles funktionierte hervorragend, die waren, kühlten ab,es wurde minimalste Orbitkorrektur gemacht,war wirklich sehr genau der, die Injektion in den Orbit, was uns auch Treibstoffspart, das heißt potenziell steht er dann später zur Verfügung für längere Mission,was gut ist, wir hatten's gehofft.
Tim Pritlove
Das ist ja ein nicht unerheblicher Faktor, weil wenn jetzt die Bahn nicht gutangeschossen wird und man muss halt korrigieren,das ist ganz schön teuer, das frisst eine Menge Sprit im Vergleich zu dem,was man mit dem Sprit machen könnte mit leichten Bahnkorrekturen.
Knud Jahnke
Genau, denn Lagrange Punkt 2 ist kein stabiler Punkt, das ist ein halbstabilerPunkt und das heißt es muss jeden Monat eine kleine Bahnkorrektur geben,um den Satelliten da wieder zurückzuschubsen und das ist derselbe Treibstoff,der auch für eine Orbitkorrektur nach dem Start benutzt worden wäre.Wenn der alle ist, ist er alle. Da fliegt keiner hin und füllt nach.Und diese Orbitkorrekturen sind einer der limitierenden Faktoren für die Längeder Mission. Und das wäre natürlich blöd, wenn das frühzeitig alle wäre.Und in diesem Fall war es weniger benutzt worden als geplant und das ist positiv.
Tim Pritlove
Und die Instrumente konnten auch problemlos in Betrieb genommen werden?
Knud Jahnke
Die Instrumente funktionieren hervorragend von Anfang an. Wir haben die erstenBilder gesehen, alles ganz klasse.Dann gab es eine Fokussierungskampagne des Teleskops, die Instrumente gegeneinanderhaben alle einen fixen Fokus.Es gibt nur genau ein Element beim Sekundärspiegel, wo alles auf einmal fokussiertwird und das hat auch relativ bald funktioniert.Hat eine Woche gedauert, Woche drei oder sowas nach dem Start.Und danach war im Prinzip...
Tim Pritlove
Wir hatten immer irgendwie Probleme mit Streulicht irgendwie in irgendeiner Form.
Knud Jahnke
Ja genau, also das waren erstmal die Instrumente. Die Instrumente funktionierenabsolut hervorragend. Die besser als wir erwartet haben.Also in dem Rahmen wie man erwarten könnte, dass sie etwas besser funktionierenals man hofft. So, als sie minimal funktionieren mussten. Klasse.Kommandierung funktioniert, Datenübertragung funktioniert, Aufnahmen funktionieren.
Tim Pritlove
Da fehlt einem schon mal ein Stein vom Herzen.
Knud Jahnke
Und erstens, dass da keine Schlitter durch die Gegend fliegen,von irgendwelchen Linsen, und zweitens, dass die Detektoren so funktionieren, wie sie sollen.Dann gab's so ein paar Kleinigkeiten, sag ich mal, die uns jeweils ein bisschenin Atem gehalten haben. Es gab Streulicht, was wir irgendwie gesehen haben, was...Irgendwie durch die Isolierung kommt,die ja eine Lichtisolierung ist, aber die Instrumente sitzen nicht in einemKarton, die sitzen auf einer Plattform und wenn man an der Seite diese goldeneIsolierung einfach abwickeln würde, dann wären die da offen drin.So, natürlich auch einem Licht ausgesetzt.Eigentlich hinter einem Lichtschild. Die Solarzellen gucken immer zur Sonneund die haben so ein bisschen noch Flügel an der Seite und eigentlich ist dasimmer dieselbe Richtung und eigentlich ist das Instrument im Schatten.So, und wenn an den Kanten nichts reflektiert wird, dann ist das Schatten-Schatten und dann so.Dann hat man halt noch goldene Multi-Layer-Installationen da drum rumgewickelt,für Thermostabilisierung, aber auch ein bisschen für die Lichtdichtheit unddann stellt er sich raus,es gibt irgendwo einen Punkt außerhalb dieses Schildes, wo Licht drauf fälltvon der Sonne und der strahlt dann halt einfach von der falschen Seite, ist hell.Und die Sonne hat halt einfach den sehr sehr unangenehmen Teil für so einensehr empfindlichen Satelliten, die ist sehr hell.Und wenn wir halt hier Sonnenbrand kriegen oder 1000 Watt pro Quadratmeter.
Tim Pritlove
Also ist das ein Designfehler gewesen?
Knud Jahnke
Das ist, ich glaube das war ein, das kann ich nicht genau sagen,das würde ich auf die ESA verweisen, ich glaube es gab relativ spät noch eineVeränderung von einem Booster oder sowas, der irgendwie ein bisschen versetzt wurde.Ich weiß nicht genau, ob das der war, der dann auch im Licht war.Jedenfalls hätte diese Isolierung nicht auch zufällig mit mehreren internenReflektionen einen Pfad gehabt, wo Licht durch kann.Und da reden wir auch nicht von einem Loch, sondern wir reden von viel,viel, viel Dämpfung durch mehrere Reflektionen, wo immer nur ein Zehntel Prozent oder so durchkommt.Aber Sonne gegenüber ein Instrument, was halt irgendwie eine Kerze in weiß nichtwie viel Entfernung sehen kann.Das ist halt blöd. So und das passierte und dann stellte sich aber relativ baldraus, wir haben einen gewissen Winkel, den dieses Sonnenschild zur Sonne haben kann.Wir können das Teleskop in drei Teilen, drei Winkeln, drei Achsen drehen.Die eine Achse ist die, die wir immer benutzen, wo immer die,also man zieht die Achse zur Sonne und die können wir immer rumgehen und beobachten.Und in den anderen beiden Achsen haben wir ein bisschen Spielraum,um halt den Himmel ein bisschen abzudecken über ein paar Grad in eine Richtungoder die andere Richtung.Und da stellt er sich relativ bald raus, okay, in der Achse,wo das beleuchtet wird, wenn wir das Teleskop da ein bisschen rausdrehen und sozusagen unseren,nicht um Null, Winkel Null Grad beobachten werden, sondern um Winkel minus zweieinhalbGrad oder sowas oder minus fünf Grad oder sowas, also wirklich nur fünf Gradgedreht, dann passt das auf beiden Seiten.Wir haben immer noch nicht mehr ganz so viel Flexibilität beim Survey,deswegen musste auch neu geplant werden,aber es funktioniert und dann ist dieser Booster oder dieses Stück,was da im Licht hängt, ist aus dem Licht raus, kann nicht mehr reflektieren,Haken dran, alles was ansonsten streulicht ist, ist minimal und handhabbar.
Tim Pritlove
Das heißt dadurch hatte man einen etwas geringeren Survey-Bereich,den man so in einem Schritt aufnehmen konnte?
Knud Jahnke
Ja im Prinzip die Auswahl zu jedem Zeitpunkt,welchen Bereich am Himmel man zu jedem Zeitpunkt angucken kann,schrumpfte etwas und das heißt wir müssen im Prinzip diese Himmelsdurchmusterung,die für sechseinhalb Jahre auf die Minute durchgetaktet ist,also es gibt natürlich einen Plan, wann muss was angeguckt werden,wo geht man von einem Feld zum nächsten, wie lange sind die Beobachtungen,was für Kalibrationen muss wann aufgenommen werden, das muss jetzt umgeplantwerden, wird umgeplant und es war ziemlich schnell klar, das ist handhabbar.Und das andere war, dass wir festgestellt haben, dass wir ein schönes Röntgenteleskop haben.Denn es gab irgendwo ein Loch in der Abschottung.Wenn die Sonne gerade extrem aktiv ist bei einem Sonnenflare,dann macht sie extra viel Röntgenstrahlung und dann gibt es ein paar Winkel.Wenn das Teleskop gerade so steht zur Sonne, dann kriegen wir im Prinzip röntgenlicht,was durch unsere Isolation durchgeht und macht auf dem einen,dann macht auch der Detektor was.Und da ist jetzt aber auch klar, durch was für Löcher das durchgeht und es istklar, wann das auftritt. Die Sonne ist zwar jetzt besonders aktiv,weil wir Richtung Sonnenmaximum gehen oder wenn wir im Sonnenmaximum sind,aber es ist so hinreichend selten, dass man damit auch umgehen kann.Und das sind so die typischen Sachen. Ich würde mal sagen, beide Dinge sindso die typischen Sachen, die nach so einem Start auftreten, für die man nichtplant. Weil alle Sachen, die wir abgesehen haben, sind natürlich erledigt.Da findet man natürlich vorher Lösungen für. Und das sind so typische Dinge,die man hinterher feststellt und wo man relativ flexibel dann was lösen muss.Und das ist passiert und die Sicherheiten sind glaube ich wirklich gut unterKontrolle. Das tauchte auch in den ersten Tagen, bei den ersten Daten schonauf und da war erstmal das Zähne klappern groß und jetzt ist das gelöst würde ich sagen.
Tim Pritlove
So und Ziel war L2 erfahrenen Raumfahrern natürlich bekannt.Ja L2 weiß man ja aber es ist vielleicht nochmal wertvoll das hier genauer zuerklären warum dieser Ort ausgewählt wird. ist ja ein sehr populärer Platz für Weltraum-Teleskope.James Webb fährt da rum, auch Planck und Herschel, also all diese ganzen Weltraum-Surveyssind dort gewesen oder sind dort noch.Warum? Weil dieser Lagrange-Punkt 2 ja einer von fünf Punkten ist,wo sich die Gravitationswirkung der Erde und der Sonne so weit ausgleichen,dass man eben nicht so ohne weiteres erstmal irgendwo hingezogen wird.Das heißt da kann man ganz gut verweilen und vor allem mit der Erde um die Sonneherumziehen und L2 ist ja der Punkt sozusagen hinter der Erde,also von der Sonne aus gesehen, der eben dann auch dunkler ist,kälter ist, weil man ist ja nochmal etwas weiter weg.
Knud Jahnke
Ja, wobei die Entfernung spielt nicht so groß die Rolle. Auf jeden Fall ist er stabil.Und das ist das Schöne, wir sind an einem Ort, der immer ungefähr gleich vonder Sonne entfernt ist, der auch ungefähr gleich von der Erde entfernt ist,weil nämlich dann nicht irgendwie plötzlich Licht von einer reflektierten Erdeoder so von rechts oder links reinscheint.Dauerhafte Entfernung, wenn wir ein Teleskop dort einfach hinstellen,was mit dem Sonnenschild einfach in dieselbe Richtung guckt,das ist einfach thermisch sehr stabil. Und thermisch sehr stabil heißt,nichts dehnt sich mal aus, weil alle Materialien dehnen sich aus,wenn sie die Temperatur ändern.Und das heißt, wir haben ein System, wo sich die Mechanik nicht ausdehnt,die Optik nicht verändert.Das ist stabil. Wenn das im Fokus ist, bleibt das fokussiert.Da fängt nicht an, plötzlich irgendwie der linke Rand aus dem Fokus raus zu wölben oder so.
Tim Pritlove
Aber im Prinzip viele dieser Voraussetzungen hätte man ja auch an eins,also das ist dann sozusagen zwischen Erde und Sonne, aber da hätte man zum Beispielschon mal die ganze Zeit die Erde im Blick, die da auch leuchtet.Genau, dann hätte man die Erde im Blick.
Knud Jahnke
Genau, das wäre blöd.
Tim Pritlove
Das ist nicht so toll. Und dann gibt's noch die drei L4, die also vor und hinterder Bahn der Erde liegen, die wären ja im Prinzip auch geeignet,nur da tummeln sich dann so kleine Meteoriten und das ist nicht so schön.
Knud Jahnke
L2 ist einfach ganz gut handhabbar. Das ist einfach weg.Man kann Orbits sich dort nehmen, die auch, wo die Erde nicht vor der Sonne steht,also keine kleinen Sonnenfinsternissen da sind, das ist für Gaia ganz wichtig,das ist für JWST und Euklid sehr wichtig, weil auch so ein bisschen Abdeckungwürde bedeuten, dass irgendwie die Temperatur sich kurzzeitig ändert und dieStromversorgung durch die Solarzellen sich ändert. Das heißt,wir können dort Orbits haben, die,Da bewegen sich die um das Zentrum oder den formalen Zentrum von L2 herum undes ist alles sehr stabil.Ich kann meine Antenne in eine Richtung richten und da wir da einen Millionen-Kilometer-Durchmesserhaben von L2, ist voll auch relativ.Also sich da zufällig zu treffen, das wird schon navigationstechnisch schwierig,wenn man das machen möchte.Per Zufall stößt da nichts zusammen bei drei, vier, fünf Missionen.
Tim Pritlove
So dann schauen wir aber doch nochmal da drauf wie das dann jetzt abläuft.Also Euclid ist dann ich schätze mal so nach vier Wochen oder so dürfte dasDing so alles in Betrieb gewesen sein, das heißt seit August,sprich jetzt ungefähr für zwei Monate ist im Prinzip schon so ein Normalbetrieboder ist das sozusagen immer noch ein Testen?
Knud Jahnke
Offiziell sollte, war der Plan, dass wir direkt nach dieser vier Wochen Hochfahrphaseeine sogenannte Performance Verification Phase machen,wo im Prinzip einmal alle möglichen Kalibrationsdaten aufgenommen werden und geguckt wird,kann das Teleskop was wir erwarten, auf dem Boden,mit leicht anderen Temperaturen und so weiter und können wir alle Referenzdatenaufnehmen für alle Detektoren,Empfindlichkeitskarten und Dunkelstromkarten und was weiß ich,also alles was so charakterisiert Alle besonderen Schmutzeffekte oder Effekte,die dann in den Wissenschaftsdaten auch drin sein werden, die müssen wir allewieder rausholen und da nehmen wir dann nicht irgendwie Testdaten von der Erde, wiewir im Labor gemacht haben, sondern dort wirklich vor Ort.Ja und nach zwei, drei Tagen stellte sich irgendwie heraus, das war nicht soeinfach, denn das Teleskop hat seine Position nicht gehalten.Wir haben natürlich da ein sehr komplexes System, was verschiedenste Dinge vonGyroskopen und tatsächlichen Sensoren für den Ort der Sonne und feine Sensoren,die tatsächlich Sterne verfolgen, die irgendwo sind und sagt ok,wenn der ein bisschen raus wandert, dann gebe ich einen leichten Schub und gucke wieder nach links.Und das hat so nicht funktioniert. Da gab es Signale, wo plötzlich Sterne verlorenwurden für dieses Guiding. Da gab es Signale, guck doch mal bitte,ich glaube der Stern ist jetzt plötzlich drei Grad weg, guck mal da rüber.Und so weiter und so weiter. Und es stellt sich fest, da gab es ein Softwareproblemauf der Teleskop- und Systemseite.Und wir haben im Prinzip 50% aller Aufnahmen verloren.Und damit kann man nicht arbeiten. Und dann wurde gesagt, okay,diese Phase beenden wir erstmal wieder.Wir müssen zurück in die Commissioning-Phase. Es war auch klar,dass diese Arbeiten noch nicht beendet waren,aber es gab die Hoffnung, dass diese Commissioning-Phase für dieses Guiding-Systemdurch kleinere Fixes erfolgreich parallel gelöst werden könnte.Und das war halt nicht richtig. Dann wurde gesagt, okay, das hat keinen Zweckhier, wir vergolden nur ein paar Punkte.Ja nicht nur das, vor allen Dingen da haben sich halt 100 Leute,haben 24 Stunden am Tag irgendwie diese Daten angeguckt,Wochenenden und sonst wie, das war nach der Vorbereitungszeit auf Dauer nichtdurchhaltbar und dann hat man gesagt, nee das hat keinen Zweck,das ist auch alles für die Tonne irgendwie, okay wir gehen zurück.Hat im Prinzip einen Monat gedauert oder sechs Wochen. Wurde ein Fix gemacht,Software neu geschrieben, umgebaut.
Tim Pritlove
Wo ist das geschehen?
Knud Jahnke
Das war ein Industriepartner, Isa hat darüber mehr geschrieben in ihrem Blog.Und das wurde hochgelinkt und dann gab es eine relativ komplexe Testkampagneauch mit dem Konsortium zusammen,wo wir gesagt haben, okay, wenn wir unsere Instrumente nutzen,was können wir an relativ schnellen Diagnostiken machen, um zu gucken,ob auf verschiedenen Zeitskalen dieses Guiding jetzt gut funktioniert.Weil, während der Missionszeit, der sechs Jahre in der Zukunft,wollen wir ja eigentlich die ganze Zeit nur gucken, es gibt so Housekeeping-Informationen,so einen Strom von Daten, der sagt,das Teleskop hat einen Lock auf dem Stern und das funktioniert alles und derOffset davon war maximal so und so groß und so und so groß und alles ist inOrdnung und so und so und wenn man die Sachen verfolgt,kann man eigentlich sagen, alles klar, wir vertrauen dem, das ist innerhalbder Parameter, das können wir automatisch abchecken, das läuft alles gut.So, wir wussten zu dem Zeitpunkt nicht, ob wir diesen Sachen trauen können.Und ESA wusste das auch nicht. Das heißt, wir brauchten eine unabhängige Bestätigung dafür.Das heißt, wir haben geguckt, okay, wenn wir jetzt mit irgendeinem super specialModus dieses WIS-Instrument laufen lassen, dann kann das tatsächlich bei bestimmtenSachen im Millisekundenbereich auslesen. Und wenn wir das NISP-Instrument schnellauslesen, dann können wir im Dreisekundenbereich auslesen.Und dann können wir sozusagen auf verschiedenen Zeitskalen hier Sachen angucken.Das wurde geplant, dann wurden die Beobachtungen geplant,hochgelinkt, Daten genommen und ausgewertet und es stellte sich raus,okay, mit diesem Fix ist fast alles beseitigt, zumindest das Hauptproblem istbeseitigt und das Guiding ist auch so gut und ein paar Diagnostiken,den können wir trauen, wenn die jetzt vom Teleskop runterkommen.Das heißt, wir müssen nicht mehr unsere Daten extrem tief angucken und gucken,ist da was faul, sondern wir können den Diagnostiken vom Teleskop trauen.Und jetzt geht's nochmal ein ganz klein bisschen in die Feinheiten,aber das war dann gelöst und dann wurde gesagt, okay wir fangen am ersten Oktober glaube ich oder 28.September fing's an, dass wir wieder zurück in die Performance VerificationPhase gehen und seitdem machen wir im Prinzip den Teil der ab August stattfindensollte und da kommen einfach ganz tolle Daten runter und die zeigen,dass das, das wird funktionieren. Das wird alles sehr gut funktionieren.
Tim Pritlove
Das heißt, der Survey hat jetzt noch gar nicht so richtig angefangen zu diesem Zeitpunkt?
Knud Jahnke
Der hat noch nicht angefangen. Wir werden aller Voraussicht nach noch...Drei Wochen, vier Wochen Daten nehmen, so wie das aussieht, dann braucht esnoch ein bisschen, um das zu verarbeiten.Aber es ist relativ klar, die Instrumente und das Teleskop tut,was es soll, in der Qualität, wie es soll und wir müssen nur sicherstellen,dass wir alle Daten in der Qualität bekommen, um das dann zu kalibrieren.Ob dann die Verarbeitung dieser Kalibrationsdaten noch einen Monat extra dauertist dann erstmal egal, aber wir wissen, dass das funktioniert und dann passieren zwei Dinge.Erstens wir steigen den Survey ein mit nochmal Spezialbeobachtungen,die Sachen machen, aber im Prinzip ist das der Survey, der dann sechs Jahre läuft.Zum anderen wird es die offizielle, wird es einen offiziellen Review geben unddie Übergabe im Prinzip von der Industrie an die ESA.Das heißt, da wird gesagt, okay, diese Anforderung an die Industrie für Qualitätwurde abgehakt und diese und diese,dann haben wir einen Katalog von, weiß ich nicht, 200 Stück und wir können absehen,dass das alles so funktioniert und dass das alles abhakbar ist,aber da müssen halt entsprechend Bilder analysiert und Parameter ausgerechnetund Dokumente geschrieben werden, damit das hinterher auch recht sicher dannin einem Review abhakbar ist.Währenddessen fangen wir dann aber mit dem Survey an. Ich nehme an,dass wir Mitte November oder so in den Survey einsteigen und dann kommen abAnfang Januar kommen dann Daten.Jeden Tag kommen ganz viele Daten von sehr vielen hunderttausend und Millionen Galaxien jeden Tag.
Tim Pritlove
Genau. Dann geht's los. Kommen wir nochmal zu dieser Beobachtung beziehungsweiseauch zu diesen Daten, die dann rausfallen.Das Ding, also die Kamera haben wir ja schon besprochen, man braucht ja immer Solarpanels,Sonne kommt von hinten, da kommt irgendwie der Strom an und durch diese ganzenIsolierungen, die da dran sind, wird halt versucht den eigentlichen Teleskopbereichso kalt wie dunkel wie irgendwie möglich zu halten.
Knud Jahnke
Ja, dunkel und kühl in bestimmte Temperaturbereiche.
Tim Pritlove
Weil wenn man Infrarot misst, misst man ja eigentlich Wärme und wenn man dannirgendwie selber warm ist, ist es halt nicht so.
Knud Jahnke
Und wir sind zum Glück nur im nahen Infrarotbereich, also wir müssen nicht zumabsoluten Nullpunkt wie im mittleren oder fernen Infraroten,wie die Herschel und Planck und sowas, die mussten sehr sehr viel kälter gemacht werden.
Tim Pritlove
Oder auch James Webb.
Knud Jahnke
Oder auch James Webb in Teilen, genau. Und wir können ganz passiv kühlen,es gibt so große Strahlungsradiatorenflächen, die einfach in den Weltraum guckenund hinreichende Menge an Wärme abführen können.
Tim Pritlove
Das passt schon.
Knud Jahnke
Das passt, ja. Minus 140 Grad bei uns, Detektoren zum Beispiel.
Tim Pritlove
So und jetzt ist ja das Ziel möglichst viel abzudecken, das heißt das Ding rotiertdann irgendwie oder muss es gar nicht so viel rotieren?
Knud Jahnke
Wir machen im Prinzip so eine Sache wir gehen zu einem Ort, also Gaia rotiertja und macht ja sehr dezidiert, macht ja eben beim rotieren Aufnahmen.Wir machen das nicht, wir gucken zu einem Ort, bleiben dort stehen,also bleiben in der Orientierung, machen ein Bild im Nahinfrarotbereich,unsere Direktbilder sind 100 Sekunden ungefähr, drei verschiedene Passbänderin drei verschiedenen Wellenlängen und dann gibt es einen zweiten Abschnitt, wo wir parallel.Den Visible Imager für 560 Sekunden aufnehmen lassen und parallel im Nahinfrarotunsere Spektren, also im Spektroskopiebereich.Die laufen parallel, 560 Sekunden, dann verschieben wir unseren Blick am Himmelein ganz kleines bisschen,nur um auf andere Pixel auf den Detektoren zu kommen, machen das Ganze nochmal,machen das Ganze nochmal, vier Stück und nach eineinviertel Stunde ungefähroder eine Stunde und 20 Minuten gehen wir zum nächsten Feld.Und unser Gesichtsfeld, das Gesichtsfeld von Euclid ist so groß,dass wir ein halbes Quadratgrad da drin haben. Das heißt es ist viermal ungefährdie Fläche vom Mond, dreimal ungefähr die Fläche vom Mond, die wir da auf einmalabbilden können insgesamt.Das ist groß, das ist viel viel viel mehr als, wie gesagt, Hubble oder JWSTund das bedeutet, dass wir dann sichtbar am Himmel uns ein Stück zur Seite bewegen.Und zwar zu jedem Zeitpunkt können wir halt, weil die Sonne immer im Rücken sein muss,immer auf so einem Kreis, oben, links, rechts, unten gucken und pro Tag rotiertdas Ganze 360 Grad einmal rum,365 Tage, also pro Tag rotiert Euclid mit der Erde im Prinzip um ungefähr einenGrad rum und kann immer einen Grad weiter gucken.Jetzt ist die Idee über sechs Jahre den Himmel dann so zusammen zu flicken,dieses Drittel des Himmels,was uns interessiert, wo die Hintergründe am niedrigsten sind,Himmelshintergründe, wo es am dunkelsten ist, so zusammenzusetzen,dass wir wirklich eine kontinuierliche Karte in Spektroskopie,in Photometrie, im Nahinfraroten, in den drei Bändern und im sichtbaren Licht haben.Das heißt, wir bekommen bis auf ein paar helle Sterne,die wir umgehen, also im Prinzip alles, was man so mit bloßem Auge am Himmel sieht,das umgehen wir, weil das zu hell ist, das brennt uns irgendwie nach Lichterauf unsere Detektoren, aber alles andere über diesen Drittel des Himmels,da gehen wir einfach Stück für Stück hin und machen jeweils eine Epoche Fotos.Und dann geht das ein paar Stunden später an die Erde.
Tim Pritlove
Und wie viel Daten fallen dann da konkret bei an? Also es wird ja alles genommen.Man macht ja einen Full-Take, man will ja alles sehen. Oder gibt es in irgendeinerForm noch eine Datenreduktion bevor das runtergesinnet wird,was man nicht haben will?
Knud Jahnke
Also die Wizz Bilder gehen einfach 1 zu 1 runter.Die Datenmenge ist zwar viel, weil wir viele Pixel haben, aber wir machen nichtalle 10 Sekunden ein Bild,sondern wir machen alle 560 Sekunden, dann wartet es ein bisschen,also wir machen lange Belichtungszeiten und haben im Prinzip 4 Bilder über eineStunde 20 Minuten. Das ist jetzt moderat.
Tim Pritlove
Muss denn die Kamera justiert werden während dieser Belichtungszeit oder istdas nicht erforderlich?
Knud Jahnke
Einfach starr am Himmel. Einfach nur. Das Teleskop hält uns mit kleinen Kaltgasboosterninnerhalb von 75 Millibogensekunden an derselben Position.Das heißt, dass wir beugungsbegrenzt sind, also dass das Bild des Teleskopsnicht verschlechtert wird. Dass es wirklich so gut wie es sein kann und derTeleskop hält uns dort in der passenden Position.Vom Nahinfrarotmodus, was wir am liebsten gehabt hätten, ist das, was Hubble kann.Hubble könnte, also die Infrarotdetektoren werden kontinuierlich ausgelesen,alle 1,4 Sekunden werden die ausgelesen und am liebsten hätten wir jedes dieserBilder. Aber das wäre zu viel.Hubble macht das, Hubble kann das teilweise. Bei uns passiert das nicht.Wir rechnen im Prinzip aus diesen ganzen Einzelauslesungen ein Bild für Photometrienach 100 Sekunden oder so, für Spektroskopie nach 560 Sekunden.60 Sekunden und schicken das zur Erde zurück mit ein paar Qualitätssachen.Also auch das sind im Prinzip moderate Datenmengen.Wenn man halt nicht am Lagrange Punkt 2 wäre, für Lagrange Punkt 2 ist das schonrecht viel, wir brauchen dann wirklich 2x4 Stunden Downlink-Zeit am Tag fürdie verschiedenen Antennen der ESA.Ich kann nicht sagen, wie viele Petabyte das insgesamt sind.Es ist keine extrem große Datenmenge.Also wenn ich das mit CERN oder mit dem LSST-Survey vergleiche,der dann kommen wird, das sind keine exorbitanten Datenmengen,weil wir halt vier Bilder und nicht in Zehntelsekunden oder sowas machen. Es ist verarbeitbar.Was dann auf der Erde passiert ist allerdings, dass wir relativ viel Softwareim Hintergrund haben, weil wir halt zu diesen kosmologischen Parametern müssen.Wir wollen dunkle Energie eingrenzen.Da ist ein Parameter, der muss dann auf so und so genau gemessen werden unddas heißt, wir kommen von dieser sechseinhalb Jahren, also wenn man es ganzplatt sagen will, wir kommen von sechseinhalb Jahren Datennahme mit einem Bildalle paar Minuten kommen wir auf zwei Zahlen.Also das ist natürlich Datenreduktion at its best, weil das ist sozusagen dasZiel dieses kosmologischen Experiments.
Tim Pritlove
Also zwei Zahlen, eine Zahl für die dunkle Materie und eine für die inekte.
Knud Jahnke
Ja im Prinzip zwei für die dunkle Materie mit Zeitfaktor und da spielt natürlichviel mehr dahinter, das ist natürlich komplexer.Aber letztendlich gibt's eine sehr große Kaskade an Eichung und an Bildbearbeitung,was Astrometrie angeht, also die Positionierung und Verzerrung,was Flachheit der Helligkeitsdaten angeht, also dass nicht 1000 Counts auf derlinken Seite nicht demgleichen entspricht wie 1000 Counts auf der rechten Seite.Kalibrationssachen, um die Formen genau zu nehmen, da müssen wir noch die beidem WISS Instrument, wir müssen wissen, welche Farben die Galaxien haben,weil unterschiedliche Farben sind unterschiedliche Wellenlängen,unterschiedliche Wellenlängen haben unterschiedliche große Abbildungsfunktionenund so weiter und so weiter.Also es ist extrem viel Aufwand dahinter, deswegen ist die Datenreduktionskaskadedeutlich aufwendiger, als wenn ich nur ein schönes Bild in Anführungsstrichenmal so einfach gesagt erzeugen will.Und dafür arbeiten im Prinzip, ich weiß nicht, wie viele zig oder hundert Leuteseit auch zehn Jahren, um diese Kaskade von Pixeln bis hin zu kosmologischenParametern zu erzeugen.Und auf der anderen Seite, damit wir das nämlich simulieren konnten,nochmal so eine genauso große Seite, auf der anderen Seite, wo wir kosmologischeSimulationen gemacht haben, die dann in Bilddaten umgesetzt wurden,die dann in Pixeldaten umgesetzt wurden mit allen Schmutzeffekten,die dann der Input waren für die Datenreduktionsseite.Um einmal komplett im Kreis von bekannten kosmologischen Einprägungen am Himmelzu pixeln und dann zur Extraktion dieser Sachen wieder zu kommen.Und das ist ein extrem großer Aufwand und das unterscheidet auch...Sowohl von einem normalen Teleskop als auch von allen, ich glaube,allen anderen Weltraummissionen, weil wir im Prinzip diesen Teil vorher fertig haben mussten.Es ist nicht so, dass wir sagen können, okay, wenn die Instrumente jetzt etwasschlechter funktionieren oder unser Algorithmus zur Bestimmung von Formen haltnicht so gut ist, dann kriegen wir halt nicht so tolle Sachen hinterher raus,wir machen andere Projekte.Nein, es gibt ein Ziel und das muss erreicht werden, ansonsten braucht man dieMission nicht zu starten.Und deswegen musste das vorher fertig sein. Und das war und ist weiterhin sehrsehr aufwendig was die Software angeht.Zehn Datenzentren über die Welt verteilt mit Spezialisierungen,viele Leute, sehr viele Leute die an Processing Functions für diese und jeneFunktion sitzen und so weiter.
Tim Pritlove
Und das Veröffentlichungsprinzip ist so ein bisschen glaube ich nach Gaia.Habt ihr euch abgeguckt?
Knud Jahnke
Es geht so, Gaja, also Veröffentlichung hier geht's, Frage nach Bilddaten oderDaten allgemein, an wen geht das?Im Prinzip gilt für alle ESA Missionen wie für NASA Missionen,Daten müssen relativ bald der Welt zugänglich sein. Und zwar nicht,ich behalte die mal privat oder die Isabel die privat, sondern geht an die Welt.Finde ich vollkommen richtig. Es ist ein bisschen anders als bei Gaia,weil nämlich die Instrumente von Institutionen und einzelnen Funding-Agenciesbezahlt wurden, da wurde gesagt, okay wir brauchen irgendwie so ein bisschenZeit und auch Rückzahlung dafür, dass Leute sich halt.
Tim Pritlove
Also der exklusive Auswertungszeitraum.
Knud Jahnke
Auswertungszeitraum. Und da wird gesagt, okay, ihr kriegt 14 Monate Vorsprungfür bestimmte Sachen, aber danach geht's an die Welt.Und diese 14 Monate sind auch absolut notwendig, weil das bedeutet,dass ein Wissenschaftler, der darin beteiligt ist, vielleicht einen Artikel schreiben kann.Pro Person maximal. Und nicht mehr. So, da bleibt sehr, sehr viel übrig fürden Rest der Welt, was so...Sonstige Fragestellungen angeht. Zugleich hat es den Vorteil,dass, wenn Leute Wissenschaft damit machen, dass ganz viele sehr detaillierteFragen an die Daten gestellt werden und sehr viele Auswertungen gemacht werden,die eigentlich nicht bei der Kosmologie gemacht werden und da werden alle möglichensehr feinen Effekte noch auftauchen, die vielleicht noch in den Daten drin sind.Und das fließt alles sofort wieder in die Reduktionskaskade rein,wo gesagt wird, ah, hier sehen wir irgendeine Korrelation von,was weiß ich, Rauschen in irgendwelchen Spalten.Ah, oh, interessant. Könnte das einen Einfluss auf unsere Kosmologiemessung haben.Wir kalibrieren das Haus, machen ein extra Modul irgendwo und dann ist es weg.Also solche Sachen sind sehr wichtig.
Tim Pritlove
Also Kalibrieren nicht in den Instrumenten, sondern Kalibrieren in den Daten.
Knud Jahnke
In den Daten. Weil die Instrumente machen was sie tun und es wird,hinterher werden die Daten kalibriert. Und letztendlich läuft es dann so,es wird drei Arten von Releases oder Veröffentlichungen geben.Die Hauptreleases sind unsere Data Releases 1, 2, 3.Die veröffentlichen im Jahre glaube ich Anfang 2026 kommt die ersten zweieinhalb tausend Quadratgrade.
Tim Pritlove
Und klein Irna 25 auch schon mal ein kleiner Ausschnitt oder?
Knud Jahnke
Und davor kommt ein Jahr vor und das ist schon in einem guten Jahr von jetztan wahrscheinlich Januar Februar 25 kommt unser Quality Data Release.Das sind nur 50 Quadratgrad.Ich sag nur in sehr sehr großen Anführungszeichen.Da kommen schon mal Bilder über 50 Quadratgrad.So, muss noch genau ausgestaltet werden, was da exakt drin ist,welche Daten und in welcher Form.Aber das ist so viel Fläche, wie Hubble angeguckt hat.Ja, nicht ganz in der Tiefe, nicht ganz in der Auflösung, wir haben eine halbso gute Auflösung wie Hubble, nicht. So, Hubble ist ein Faktor 2 besser.Aber das ist eine unglaubliche Fläche, da steckt so viel drin.So viele hunderttausend oder Millionen von Galaxien, Sternen und sonst was.Da können Leute wirklich ihre Instrumente dran schärfen für was immer an Datenanalysen,die sie machen wollen später.Da werden auch größere Mengen an Artikeln schon, Fachartikeln schon zu erscheinen.Und ein Jahr später kommen dann zweieinhalbtausend Quadratgraben.Das ist einfach eine Größenordnung, die man bisher von bodengebundenen Sachenkennt, aber nicht mit der Qualität oder der, und Qualität meine ich wirklichmit der Auflösung und der Tiefe und der Wellenlänge, wie wir sie bisher gehabt haben.Und das wird sehr interessant. So und zwei Jahre später kommt glaube ich dannsiebeneinhalbtausend Quadratgrad und dann am Ende fünfzehntausend Quadratgrad.Und die gehen relativ bald an die Welt und das wird dann einfach für alles möglichenutzbar sein, was Kosmologie und Nicht-Kosmologie ist. Ich suche eine Galaxie am Himmel irgendwo.Ich gehe ins Archiv und habe ein Bild davon. In einer hohen Auflösung.
Tim Pritlove
Nur um nochmal ein Gefühl dafür zu bekommen, wie anders die Daten jetzt sind.Also würde man jetzt mal wirklich einen Ausschnitt nehmen, den Hubble beobachtethat und dann exakt denselben Bildausschnitt, was weiß ich, irgend so ein DeepField zum Beispiel. Also Hubble Deep Field fällt wahrscheinlich sowieso dabei raus.Inwiefern haben die Daten, die jetzt von Euclid kommen und die Daten von Hubble,also wie verhalten die sich zueinander? Wenn du sagst Hubble hat die höhereAuflösung, was hat dann Euclid oder hat Euclid nur mehr?
Knud Jahnke
Euclid hat, Euclid hat, also wenn ich eine einzelne Galaxie angucke,dann können wir natürlich nicht gegen Hubble oder JWST gegen anstinken.So wir haben eine Hälfte der Auflösung, was aber für,die meisten Galaxien im Universum durchaus Daten liefert.Hälfte von Hubble ist immer noch doppelt oder dreimal so gut wie vom Boden.Das heißt, es ist alles besser als das, was man vom Boden bekommt.Im Infraroten ist die Auflösung nicht ganz so gut, weil wir gröber gucken undweniger Pixel haben und wegen der Wellenlängen abhängigen Auflösungsgenauigkeit.Der Vergleich wäre aber auch hier wieder Boden. So und es gibt ein Tumors,das ist ein Survey, der über den größten Teil des Himmels geht,der ist sieben Magnituden heller,guckt der Sachen an, wenn da, wo dort keine Objekte mehr sichtbar ist,da fangen wir überhaupt erst an, Objekte zu sehen, weil alles,was heller ist, da saturieren wir und da sind wir dann halt in der Auflösung,in der räumlichen Auflösung sind wir um Faktor 5 oder sowas immer noch,also 5 besser als vom Boden.Hubble wird bei einzelnen Galaxien immer besser sein, aber wir können halt Dinge,wofür Hubble mehrere Wochen braucht, um sie häppchenweise abzuhaken und zu beobachten,das können wir dann in einem Schuss machen.Wir kommen dann auf Sachen, wo wir auch wahrscheinlich schwache Objekte sehen,die halt nicht ganz so schwach sind, aber wir kommen auf 24.Magnitude, das ist relativ schwach, auch schon was, was Hubble-Daten angeht.Und dann machen wir noch so sogenannte Deep Fields, wo wir 40 mal hingehen oder50 mal hingehen im Laufe der Zeit und wo wir dann nochmal zwei Magnituden tiefer kommen.Da sind wir bei 26. Magnitude und wenn man mit Magnituden umgeht,das ist schon ziemlich flach und das sind dann halt 50 Quadratgrad,so viel wie Hubble insgesamt jemals angeschaut hat, aber tief.
Tim Pritlove
Das heißt, der große Vorteil von Euclid ist vor allem die große Abdeckung, kann man sagen.
Knud Jahnke
Große Abdeckung, die ansonsten nur von der Erde möglich wäre mit Weltraumqualität an Auflösung.
Tim Pritlove
Mit Weltraumqualität. Und Wellenlänge.
Knud Jahnke
Und es ist halt wirklich diese Kombination. Dinge, die man entweder vom Weltraumnicht in endlicher Zeit schaffen könnte, mit vorhandenen Teleskopen,oder die man vom Boden aus nie in der räumlichen Auflösung oder ganz,ganz schwierig in der Wellenlänge schaffen würde. Und das ist die Kombination.Und dafür ist es einfach eine relativ simple Sache. Man guckt sechs Jahre,sehr gezielt, mit einem sehr simplen Teleskop und bekommt diese Daten.Und viele, viele hundert KollegInnen, mich eingeschlossen, freuen sich darüber,aber die Sachen für alle anderen Sachen, alle anderen Wissenschaftsdinge brauchen zu können.Und dann am Ende ist vielleicht noch Treibstoff über und dann am Ende habenwir wahrscheinlich Lücken irgendwo in der Beobachtungszeit, wo wir nicht unserenKosmologie-Survey machen müssen.Und dann werden vielleicht andere Vorschläge kommen, was man in der Zeit nochmachen kann. Vielleicht steckt irgendjemand vor, wir gucken dann doch die Milchstraßean. So. Und da wird ganz spannend in, ich glaube, in drei bis vier Wochen demnächst kommt...Von der ESA so ein erstes Schmankerl raus, es wird einen ersten Satz von einpaar Early Release Observations geben,Pretty Pictures, schöne Objekte am Himmel,irgendwas mit Galaxien, die dann in die Öffentlichkeit gehen und im Januar sollendann irgendwie auch die Pixel Daten folgen und das wird,ich hab ein, zwei solcher Sachen schon gesehen jetzt intern und das ist einfachatemberaubend schön, da freu ich mich selber drauf. Ich bin gespannt.
Tim Pritlove
Ja, es gibt ja so eine Krise gerade der Kosmologie, sagt man.
Knud Jahnke
Manche Leute sagen das, ja.
Tim Pritlove
Manche Leute sagen das, also es gibt sozusagen eine unklare Datenlage über wiealt ist denn jetzt unser Universum wirklich und es hängt ja viel mit diesenBeobachtungen zusammen, mit irgendwie Ausdehnung und wie ist es denn nun wirklich.
Knud Jahnke
Alter gar nicht so, Alter, Alter, ja, bisschen auch Alter, ja.Im Prinzip wir vergleichen, wenn Leute vergleichen Sachen, die,die bei, sind wir wieder bei Plank, 379.000 Jahre nach Beginn des Universumsnach dem Urknall waren und Sachen, die später jetzt passieren.Und da ist es auch egal, ob man 10 Milliarden Jahre zurückguckt oder 12 oderjetzt, da unterscheiden sich die Hubble-Konstante ein bisschen und paar andere,paar andere Parameter auch.Ja, ob es eine Krise ist, wird gern geschrieben. Eigentlich ist es keine Krise,sondern es ist eine Sache, aus der man was lernen kann.Es ist nicht klar, ob das irgendwie bedeutet, dass wir deutlich andere Kosmologie nutzen müssen.Euclid wird ganz viele kosmologische Parameter unabhängig nochmal bestimmenfür diesen späten Teil, also nicht den Plank-Teil, sondern den späten Teil.Und das wird ganz interessant, und ich meine da geht ja auch hin.Ist die dunkle Energie eine Konstante? Ist es eine kosmologische Konstante?Ist es etwas, was sich im Laufe der Zeit verändert hat?Und natürlich wenn sich die Beschleunigung verändert, dann wird sich auch dieAusdehnungsgeschwindigkeit verändern und so, also dementsprechend.
Tim Pritlove
Also meine Frage ist ja, wird Euclid etwas dazu beitragen diese Krise zu entschärfen?
Knud Jahnke
Ich glaube wir werden einfach Daten, also ich glaube es ist ziemlich klar,dass die frühen und späten Hubble konstanten Messungen in sich jeweils korrektsind und dass wir es hier nicht mit Datenproblemen zu tun haben.Sondern dass das wohl wirklich so ist, dass diese Unterschiede wirklich so sind.Ob das eventuell durch irgendwelche Kalibrationen früh und spät entschärfbar ist, ist unklar.Wenn es aber etwas beizutragen gibt, versuche ich mal dialektisch daran zu gehen,wenn es etwas beizutragen gibt aus dem Bereich, wir müssen besser verstehen,was eigentlich die Massen- und Ausdehnungs- und Druckkomponenten im Universum sind,Dann wird Euclid einfach den Datenhintergrund dazu liefern können,der halt ganz anders ist, als nochmal genauer hinzugucken, wie denn das mitden Super-Norway dort und dort ist und nochmal die Unsicherheiten,diesen Datenpunkten für die Hubble-Konstante zu reduzieren.Wir werden die Hubble-Konstante unabhängig bestimmen, aber wir werden halt auchwas viel tiefergehendes sagen über die Struktur des Universums und die Geschichte.Und ich glaube, das wird auch auf diese Kosmologie, vermeintliche Kosmologie-Krise Einflüsse haben.
Tim Pritlove
Krisenbewältigung durch Raumfahrt. Super. Knut,vielen, vielen Dank für die Ausführungen zu diesem doch sehr weitreichenden,dieser weitreichenden Mission und dem weitreichenden Projekt hier,dem Universum wieder mal auf die Schliche zu kommen.Das hält ja noch eine ganze Menge Mysterien bereit, aber man muss halt mal genauer hinschauen.
Knud Jahnke
Man muss genauer hinschauen, wir tun's und wir sind jetzt alle sehr sehr froh,dass es so wirkt, als ob wir wirklich in wenigen Wochen die ersten und wenn wir die ersten haben,die zweiten und dritten und vierten Datenpunkte am Himmel sehen können und danngeht es wirklich mit zehn Quadratgrad am Himmel pro Tag voran und es wird eineDatenflut auf uns und auf die Welt einstürzen.Die dann auch wieder interessante Herausforderungen bedeuten wird,aber in einer sehr positiven Art.
Tim Pritlove
Sehr schön. Gut. Vielen Dank für die Ausführungen. Gerne.Ja und vielen Dank fürs zuhören. Das war's heute von Raumzeit,auch endlich wieder Raumfahrt und damit geht's dann auch bald wieder weiter.Ja und bis dahin sag ich vielen Dank fürs dabei sein und wir hören uns baldwieder. Tschüss und bis bald.

Shownotes

RZ116 CERN: LHCb

Der LHCb-Detektor am CERN versucht Widersprüche des Universums zu klären

Eines der Rätsel der Kosmologie ist das Verhältnis von Materie zu Anti-Materie und warum es im Weltall mehr Materie als Anti-Materie gibt. Und man weiß, dass das Standardmodell der Physik zwar für unsere üblichen Energiebereiche gilt aber in der Dimension des Universums nicht alles erklärt. Um diese Widersprüche aufzudecken hat das CERN mit dem LHCB einen Detektor im Betrieb, der diese Grenzen der Physik ausloten und neue Erkenntnisse liefern soll.

Dauer:
Aufnahme:

Patrick Koppenburg
Patrick Koppenburg

Patrick Koppenburg ist Operations Coordinator and Physics Coordinator beim LHCb-Experiment. Wir sprechen über Hintergrund und Technik des Detektors, welche Unklarheiten beim Verständnis der Physik hier ausgeräumt werden soll und welche Hoffnungen für die Langzeitergebnisse bestehen.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast für Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten. Und ich begrüße alle zur 116.Sendung von Raumzeit und ja, ich befinde mich nach wie vor in der Schweiz amCERN und das hier ist damit dann auch die sechste und letzte,vorerst letzte Sendung zum Gesamtthema CERN.Und nachdem ich hier zu Beginn schon die Geschichte des CERN ausgeleuchtet habeund die Aufgabenstellung,die sich hier die Wissenschaft stellt und wir den Beschleunigerring genaueranalysiert haben und auch schon diverse Detektoren untersucht haben,nämlich ALICE, CMS und ATLAS, fehlt noch einer, nämlich der LHCB,das ist jetzt das Thema und dafür begrüße ich Patrick Koppenburg.Hallo, herzlich willkommen bei Raumzeit.Patrick, du bist Operations- und Physik-Koordinator.Das heißt du koordinierst sowohl die Organisation als auch die Physik.Die gehorcht sozusagen deinen Regeln, wenn ich das hier richtig interpretiere.
Patrick Koppenburg
Das habe ich gemacht, ich war Operations Coordinator, da habe ich mich darumgekümmert, dass die Daten vom Detektor bis zum Endbenutzer, das sind die Doktoranden meistens,die dann die Analysen machen, dass die da richtig kommen und rechtzeitig unddass alles gut läuft und wir auf dem Weg nichts verlieren.Und dann wurde ich Physik-Koordinator und da setzen man Prioritäten,welche Analysen kommen zuerst dran, welche Dissertationen von diesen Doktorandenwerden dann auch zu Publikationen vom ganzen Experiment.Und jetzt inzwischen koordiniere ich das Analyseprogramm, also ich bin im Software.Wir schreiben das Analyseprogramm völlig neu für den Endbenutzer,für die letzten Daten, die wir jetzt so langsam bekommen vom LAC.Wir haben den Detektor völlig umgebaut und dann müssen wir natürlich auch dasSoftware völlig umbauen.
Tim Pritlove
Ok, auch über die Software können wir vielleicht mal ein bisschen ausführlicherreden, das hatten wir bisher hier noch nicht so im Fokus.Es würde mich natürlich erst mal interessieren, wie du überhaupt zu dem Themagekommen bist, wie du deinen Einstieg in die Wissenschaft gefunden hast undletzten Endes am CERN gelandet bist.
Patrick Koppenburg
Ich habe in Lausanne, nicht weit von hier, Physik studiert.
Tim Pritlove
Andere Seite vom See sozusagen?
Patrick Koppenburg
Ja, so ungefähr. Am Anfang war ich mehr für Astronomie interessiert und darumhabe ich mich eher in der Psyche eingestellt.Uni eingeschrieben und nicht in der Technischen Hochschule, die auf der anderenSeite von der Straße liegt. Denn die Astronomie war an der Uni.Aber dann waren die Vorlesungen ziemlich langweilig von den Astronomen.Die haben uns wahrscheinlich die falschen geschickt.Denn zum Beispiel der Major, der Nobelpreisträger, der wäre auch einer davongewesen. Der hat in Genf unterrichtet.Das ist die gleiche Gruppe. Aber die entscheiden, wer geht nach Lausanne, wer geht nach Genf.Und irgendwann habe ich dann entdeckt, dass Teilchenphysik ganz interessant ist.Ich wusste eigentlich als Erstjahrstudent überhaupt nichts über CERN.Das war überhaupt kein Thema, obwohl ich 60 Kilometer von CERN entfernt gewohnthabe. Das war überhaupt kein Thema in der Schule.Und da lief auch nicht viel zu der Zeit.
Tim Pritlove
Von welchem Zeitraum reden wir da?
Patrick Koppenburg
Da sind wir in den 90er Jahren. Ja gut, da war Lab am, nee das war vor den 90er,das war gerade als Lab startete.Und irgendwie habe ich das verpasst und CERN habe ich dann entdeckt als Physikstudent.Also ich war nicht von der Teilchenphysik angezogen, sondern von der Astronomie.Und dann bin ich zur Teilchenphysik und da war das neue Experiment,das neue Projekt, das wir starteten, war LACB.Also da habe ich als Doktorand 1996 angefangen.Das war dann zwölf Jahre bevor das Experiment überhaupt die ersten Daten bekam.Wir waren da am optimieren und tüfteln welche Detektoren, wie wir den Detektorbauen und simulieren, alles mögliche.Ich war einer von den ersten Doktoranden auf diesem Experiment,habe natürlich überhaupt keine Daten gesehen, darum bin ich dann nach meinerDissertation so schnell wie möglich weg, nach Japan, zum Bell Experiment,das ähnliche Physik macht.Und das war da am Laufen, aber dann bin ich nach zwei Jahren wieder zurück zumCERN und seitdem bin ich hier.Manchmal in London, manchmal in Amsterdam, aber immer mit dem LACB Experiment.
Tim Pritlove
Na dann wirst du ja einiges zu berichten haben und hast die ganze Geschichteim Prinzip mitverfolgen können von Anfang an.Jetzt haben wir ja, das kam jetzt hier in der letzten Sendung natürlich klardurch und ich habe es ja auch schon erwähnt,wir sind am Zerren, wir haben hier diese Beschleunigungsringe,diese ganze Kaskade, diese Kette von einzelnen Beschleunigern,die sich gegenseitig die Teilchen hinein beschleunigen und jeder Ring gibt immerwieder was dazu und der große Ring,der LHC, der Large Hadron Collider, der hat eben diese Besonderheit,dass er eben, also hat viele Besonderheiten, aber unter anderem halt die,dass eben diese vier großen Detektorsysteme, die vollständig unabhängig voneinanderarbeiten da sind und während CMS und Atlas eben eine,mehr so ein Pärchen sind, um sich gegenseitig kontrollieren zu können für sodie Hauptaufgaben, die man beim Design des LHC gesehen hat.Alice halt sozusagen nochmal nebenan und schaut auf die Bleikerne,die dort vorbeifliegen.Und jetzt gibt es halt noch diesen vierten, den LHC-B, der halt so den LargeHadron Collider nochmal so im Namen trägt, plus das kleine B.Und was macht jetzt dieses B und warum braucht es diesen LHC-B Detektor?Was ist das Ziel dieses Detektors?Warum wurde der überhaupt noch mit dazu gebaut? Was will man hier herausfinden?
Patrick Koppenburg
Also die zwei großen, Atlas und CMS, die suchen neue Teilchen.Die wurden optimiert, dass sie den Higgs finden können. Das haben sie auch gemacht.Jetzt suchen sie auch nach anderen Teilchen. Wir haben da ein anderes Programm.Wir studieren CP-Verletzung. Das ist der Unterschied zwischen Materie und Antimaterie.Und für die Leute, die das Podcast folgen, werden ja wohl wissen,dass wir da ein Problem haben in der Kosmologie, dass wir ein Universum haben, das aus Materie ist.
Tim Pritlove
Ich weiß nicht, ob das alle wissen. Erzähl mal, was das Problem ist.
Patrick Koppenburg
Das Problem ist, wir haben ein Universum aus Materie, aus Atomen.Und Antimaterie, das sind die gleichen, dasselbe, andersrum,mit einer anderen elektrischen Ladung.Und das gibt es auch, das kann man produzieren, aber man findet es in der Natur nicht.Und dann muss man ja erklären, wie es möglich war am Anfang im Big Bang,dass diese ganze Energie, die da war,die sich normalerweise von den physikalischen Gesetzen in eine Hälfte in Materieund die andere Hälfte in Antimaterie formen sollten, das dann nur Materie produziert hat. Und das geht.Da hat Sakharov, der Friedensnobelpreisträger, aber auch Physiker,hat erklärt, was man genau braucht. Und ein von den drei Ingredienten ist diese CP-Verletzung.Das heißt, man braucht fundamentale Unterschiede in den physikalischen Gesetzenzwischen Materie und Antimaterie.Das heißt, ein Prozess, das in der Materie passiert würde, würde in der Antimaterieleicht anders passieren.Das gibt es, das haben wir.Vor über 50 Jahren wurde das entdeckt. Das war ein bisschen eine Überraschung.
Tim Pritlove
Dass es einen Unterschied gibt?
Patrick Koppenburg
Dass es einen Unterschied gibt, denn zuerst dachte man, die Physik ist völligsymmetrisch zwischen Materie und Antimaterie.Dann wurde entdeckt, dass das nicht der Fall ist.Die schwache Wechselwirkung sieht da Unterschiede. Aber diese Unterschiede,die hat man gemessen und die sind viel zu klein.
Tim Pritlove
Um relevant sein zu können.
Patrick Koppenburg
Damit kann man nicht erklären, warum wir überhaupt da sind.
Tim Pritlove
Aber was für Unterschiede hat man denn gefunden? Was ist denn anders?
Patrick Koppenburg
Ja, was anders ist, das sind die Unterschiede, die wir messen.Wir nehmen Teilchen, bei uns, wir sind am besten mit B-Mesonen,da kommt das B her. Das sind Teilchen, wo in denen ein B-Quark ist. Es gibt sechs Quarks.Die zwei leichtesten machen die Protonen und Neutronen, die wir alle kennen.Und dann hat es noch vier, die schwerer sind.Strange, Charm, Beauty und Top.Und wir sind optimiert für das Beauty, denn das ist der Quark,wo die CP-Verletzung am stärksten ist.
Tim Pritlove
Wann wurde denn aus dem...B Quark, was ja ursprünglich eigentlich Bottom Quark heißt und ja auch so noch dokumentiert ist.Das Beauty, ist das jetzt sozusagen die Korrektur einer schlechten Namensgebung?
Patrick Koppenburg
Das ist ein lustig vom soziologischen Punkt.Wir nennen das Beauty, wir nennen uns selber LAC Beauty.Atlas und CMS, die würden von Bottom reden.Als die Quarks benannt wurden, gab es die zwei Möglichkeiten für das letztePärchen, Top und Bottom oder Truth und Beauty.Niemand redet von Truth. Also das T-Quark, das ist klar Top,aber die Physiker, die das B-Quark studieren, die nennen es Beauty, die meisten.Die, die es benutzen, um was anderes zu machen, typisch bei Atlas und CMS,die werden es eher Bottom nennen. Also bei uns ist es eher Beauty und ich werdewahrscheinlich Beauty sagen, aber im Grunde genommen ist es egal.Zwei Namen für dasselbe Ding.
Tim Pritlove
Also mit der Namensgebung in der Wissenschaft oder speziell in der Physik istes schon ein Problem. Da müsste man mal was machen.Okay, im Zweifelsfall sagen wir einfach nur B.Dieses Standardmodell ist ja schwierig zu verstehen. Oder generell dieser ganze Teilchen zu,also was heißt schwierig zu verstehen, man kann sich das natürlich irgendwieanschauen und dann hat man etwa eine Vorstellung, die ganze Mathematik nachzuvollziehen,glaube ich entzieht sich den meisten Leuten, die jetzt nicht Physik studiert haben.Aber ich glaube es ist generell ganz gut das halt irgendwie immer so ein bisscheneinsortieren zu können. Haben wir hier in den letzten Sendungen ja auch schon probiert.Aber vielleicht kann man, würde ich auch gerne nochmal von dir mal so hören,deine Meinung dieses Ding mit diesen Generationen.Also Standardmodell haben wir ja erstmal so zwei grundsätzliche Aufspaltungen,dass man die Leptonen, also wo die Elektronen.Dazugehören Und Hadronen sozusagen voneinander trennt und Hadronen sind haltdie Quarks vor allem und all diese beiden Dinge gibt es halt so in so einerdreifachen Ausführung.Das heißt man hat festgestellt, okay es gibt Quarks und es gibt irgendwie Leptonenund irgendwie gibt es die aber mehrfach in verschiedenen Massen.Also dasselbe, was sich exakt genauso verhält, bloß ist es auf einmal schwererund zwar extrem viel schwerer und dann noch mal extrem viel schwerer.Gibt es denn schon irgendeine Erklärung dafür, warum das so ist?Oder wozu das gut sein soll?
Patrick Koppenburg
Also eine Erklärung warum das so ist, das weiß ich nicht und ich glaube das weiß auch niemand.Wir bestehen aus Up- und Downquarks und Elektronen, das ist alles die ersteGeneration. Die zweite braucht man nicht.Jede Sekunde fliegt ein Myon durch unser Körper, das ist dann die zweite Generation.Aber das ist auch das Einzige, das wir mit der zweiten Generation zu tun haben auf diesem Planeten.Die alles andere muss man in Beschleuniger produzieren und studieren.Wozu das gut ist, das wissen wir,denn es wurde 1973 von Kobayashi und Maskawa,Die hatten da diese komische Idee, dass man im Standardmodell überhaupt CP-Verletzunghaben kann, also diesen Unterschied zwischen Quarks und Anti-Quarks,muss es drei Generationen haben.Am Anfang, die haben das postuliert, 1973, da kannte man drei Quarks,war gar nicht sicher, ob das überhaupt Quarks sind oder ob das nur so ein mathematisches Modell ist.Und das vierte Quark, Charm, also immer noch in der zweiten Generation,das wurde dann ein Jahr später entdeckt.Aber irgendwie wussten die schon über das Charm-Quark und haben dann gedacht,ja kann man CP-Verletzung mit vier Quarks überhaupt machen?Und nein, das verschwindet immer aus den Gleichungen raus.Man muss diese dritte Generation haben und dann gibt es etwas,was man nicht mehr rauskriegt. und.Und dass dann die ganzen Unterschiede, die wir kennen zwischen Materie und Antimaterie,dass diese einzige Zahl erklärt, alle unsere Messungen.
Tim Pritlove
Was heißt denn jetzt CP Verletzung? Was ist denn das C und das P?Was wird denn da verletzt? Ist das eine goldene Regel oder ein Gesetz?
Patrick Koppenburg
Wir reden von Verletzungen jedes mal, wenn wir der Meinung sind,dass es eine Symmetrie gibt, die universal sein sollte und dann merken wir, dass das nicht stimmt.Eigentlich sind wir verletzt.Das C, das ist für Charge, also alle elektrischen Ladungen werden verkehrt.Also die Elektronen werden positiv und die Protonen werden negativ. Das ist einfach.Das P, das ist Parität, das ist die Welt wie man sie in einem Spiegel sieht.Und das brauchen wir, weil man wusste schon lange,dass diese Spiegelreflexion, dass es da einen Unterschied gibt zwischen in derschwachen Wechselwirkung,also in den typischen Beta-Zerfällen von Atomen.Wenn man sich so ein Beta-Zerfall anschaut und dann ein Spiegelbild,dann kann man wissen, welches das Spiegelbild ist.Das kann man normalerweise In der Physik nicht. Wenn ich ein Billiardspiel anschaueund das im Spiegel ansehe, dann habe ich überhaupt keine Ahnung,welches jetzt im Spiegel ist.
Tim Pritlove
Was ist das Original?
Patrick Koppenburg
Was ist das Original, ja.
Tim Pritlove
Aber bei Antimaterie geht das?
Patrick Koppenburg
Ja, das geht mit dem Beta-Zerfällen, also mit der Radioaktivität.Da sieht man es gut zwischen Materie und Materie im Spiegel,da habe ich dann einen grossen Unterschied.Aber jetzt wird es ein Gedankenexperiment. Wenn ich jetzt ein Antiatom habeund schaue, wie er radioaktiv zerfällt Und das schaue ich mir dann im Spiegelan, dann kann ich das jetzt nicht mehr von einem normalen Materiezufall unterscheiden.Das ist C und P gleichzeitig. Und das ist der Weg von Materie zu Antimaterie eigentlich.Antimaterie sind alle Ladungen umgekehrt, aber auch rechts und links sind auch ausgetauscht.Und das dachte man, okay, das ist ein fundamentaler Symmetrie,der vom Universum alles respektiert, alles gut und dann wurde in den 60er Jahrengefunden, dass das nicht der Fall ist.Das war dann mit Zerfällen von Strange Quarks,wo es ganz ganz kleine Unterschiede gab und das war dann eigentlich in der Geschichtevon Teilchenphysik war das so eine Sorte von Krise,Denn es war überhaupt nicht möglich, dass man das überhaupt nicht mal parametrisierenkonnte mit den Modellen, die man damals hatte. Das geht einfach nicht.Und dann kamen dann Kobayashi und Maskawa und haben dann einfach postuliert,dass es dann zwei Quarks gibt, die viel zu schwer sind, um überhaupt entdecktzu werden und die das erklären.Der Beautyquark wurde dann Ende 70er Jahren entdeckt und für den Topquark,der ist so unheimlich schwer, da braucht es dann Tevatron in den 90er Jahren, um so weit zu kommen.
Tim Pritlove
Das heißt entdeckt hat man nicht jetzt auf der Straße gefunden,sondern in Beschleunigerringen entsprechend detektiert, aber nicht am CERN,sondern in, was war das jetzt in den USA? Ja das war in den USA, ja.
Patrick Koppenburg
Beide? Ja, beide. Es gibt so eine komische Situation, dass alle Quarks und Leptonenin Amerika entdeckt wurden.Und dann die Bosonen, die fanden Wechselwirkungen, Z, W und X, alle in Europa.
Tim Pritlove
Vielleicht auch irgendeine Art von Verletzung, die man mal genauer untersuchen sollte.Okay, also wenn ich das mal kurz zusammenfassen darf, wenn man sich das Standardmodellanschaut und dann eben spezifisch dieses Problem, dass irgendwie all diese ganzeMaterie und dann das ganze Standardmodell.Wir wissen das gibt's halt auch in gespiegelter Form, das taucht aber so jetztin unserem Alltag nicht auf, alles was uns umgibt ist halt irgendwie Materie,aber Antimaterie lässt sich auf jeden Fall erzeugen und sie ist auch irgendwieim Weltall schon auch da oder nicht?Also ist es generell einfach immer nur so ein temporäres Produkt aus Prozessenund dann war's das auch schon wieder und es verpufft und man stellt sich jetztsozusagen die Frage warum verpufft es beziehungsweise warum gibt's das überhaupt?
Patrick Koppenburg
Also man kann es produzieren. Aus reiner Energie kann ich ein Paar mit einemElektronen und einem Positronen produzieren. Das geht ziemlich gut.Aber dann der Positron, der ist eigentlich stabil, könnte entlang leben.Aber sobald er einen Elektron findet, und da gibt es ja viele davon in der Umgebung,dann gibt es eine Annihilation und ich kriege wieder zwei Photonen raus.Und das ist mit der ganzen Antimaterie so, dass die Schwierigkeit ist,sie zu behalten, so lange wie möglich.Es gibt ein Experiment am CERN, am Antimatter Decelerator,das AD-Experiment, Die produzieren Anti-Atome,aber da die Schwierigkeit ist, dass man die im Vakuum so lang wie möglich behaltenmuss und die müssen so weit weg wie möglich von jeglicher Maclary sein, sonst sind sie weg.Und im Universum ist das ähnlich, die werden wahrscheinlich auch produziert,es gibt ja auch Hochenergie-Kollisionen im Universum,aber die verschwinden wieder und das AMS-Experiment, das im Weltall ist,Das hat auch nach Anti-Atomen gesucht und findet,Keine oder kaum.
Tim Pritlove
Das Alpha Magnet Spektrometer auf der ISS, was im Prinzip so der Beschleunigerringohne Ring ist. Da nimmt man einfach das, was sowieso schon beschleunigt istund versucht dieselben Analysen.Okay, also das sind sozusagen die Rätsel, weil man möchte das natürlich verstehen.Man weiß, es gibt die Antimateria, aber man weiß nicht warum und wozu und warumes sich dann auch noch anders verhält,noch mal besonders und dieses Beauty-Quark ist so ein bisschen der mathematischeSchlüssel, um sich das überhaupt alles mathematisch herleiten zu können,daraus eine brauchbare Theorie abzuleiten.Und diese Fragestellung an sich jetzt, die ist sozusagen wichtig.Also das ist etwas, das will man einfach verstehen, weil es eben wie so vieleandere Dinge hier am CERN, ich meine es ist ja einfach mal ein Ort der Grundlagenforschung,man will halt alles verstehen. Man kann jetzt nicht einfach so,man könnte ja auch sagen, Antimaterie, was kümmert mich das?Die ist ja sowieso immer gleich wieder weg.So betrifft mich ja nicht groß. So einfach macht man es sich dann nicht,sondern man will natürlich schauen, ist das vielleicht in gewisser Hinsichtder Schlüssel zu noch was ganz anderem und man weiß es ja nicht.Also baut man sich einen Detektor, um was genau zu detektieren,diese Beauty-Quarks, das heißt auch hier konsumiert man den Teilchenstrom undschaut spezifisch nur auf dieses eine Quark, wenn es denn in so einer Kollision entsteht.
Patrick Koppenburg
Ja, hauptsächlich diese Quarks. Wir machen auch ein bisschen Physik mit anderenQuarks, aber das ist das Hauptthema.
Tim Pritlove
Aber warum schaut man sich dann, also man meint ja okay, das spielt jetzt sozusagenin dieser Mathematik eine Rolleund das heißt, man will dann genauer verstehen, was es tut, kann, macht?
Patrick Koppenburg
Da schaut man sich die Teilchen an, in denen ein B-Quark ist.Denn B-Quarks kann man nicht allein produzieren. Das ist ...Das Hauptproblem, es wäre fantastisch, wenn man es direkt studieren könnte,aber die Quarks sind immer in Pärchen oder in Dreiergruppen wie Protonen undNeutronen, also schauen wir uns die Teilchen an, in denen es einen B-Quark hatund dann noch ein anderer Quark.Und diese B-Quarks, die leben ziemlich kurz, so ein Millionstel von MillionstelSekunden, wir sind in 10 Tau hoch, minus zwölf.Und dann zerfallen sie und wir schauen uns an, wie sie zerfallen.Und spezifisch schauen wir uns an, ob die B-Quarks und die Anti-B-Quarks ähnlich zerfallen.Und ähnlich oft. Und das ist eigentlich der Schlüssel, um herauszufinden,wie viel CP Verletzung es hat in den Experimenten, die wir machen.Eine ganz große Liste von Zerfallsmöglichkeiten, die wir uns anschauen.Und dann messen wir den Unterschied zwischen Bequarks und Anti-Bequarks undversuchen zu verstehen, woher diese Unterschiede kommen und besonders,ob die mit der Vorhersage vom Standardmodell passen oder nicht.Und bis jetzt passen sie.Das ist natürlich nicht das, was ich gehofft habe.Aber es passt ganz gut. Das heißt, dass diese einzige Zahl von Kobayashi undMaskawa das alles erklärt und das heißt, das Problem haben wir immer noch mitder Antimaterie vom Universum.Was wir gehofft hatten ist, dass wir dann irgendwelche Unterschiede sehen unddass es dann kleine Unterschiede zwischen der Vorhersage und der Messung gibt,die dann mit anderen Parametern und anderer Physik erklärt werden müssen.
Tim Pritlove
So wie muss man denn dem ganzen technisch auf den Pelz rücken?Also wenn man jetzt, also ich meine man muss ja jetzt erstmal eine Kollisionbeobachten bei dem jetzt diese Beauty Quarks entstehen.Das tun sie wahrscheinlich mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit,die vielleicht nicht so hoch ist, aber ausreichend, damit man halt auch nie was sieht.Ähnelt jetzt sozusagen dieser Detektor den anderen oder muss man hier aus irgendwelchenGründen ganz anders herangehen?
Patrick Koppenburg
Ja wir gehen ganz anders heran. Aus mehreren Gründen, aber der Hauptgrund ist,dass der B-Quark ziemlich leicht ist.Wir reden da von 5 GeV, das ist fünfmal eine Protonenmasse.Der Higgs ist auf 125 und das ist ein großer Unterschied in so einer Kollision von Protonen,wenn man ein schweres Teilchen produziert, dann kann es überall hingehen,in alle möglichen Richtungen.Die leichten Teilchen, die werden meistens bleiben sie in der Nähe von dem Strahlenund gehen dann seltener zur Decke hoch.Und da ist es dann interessanter, dass wir uns nur die Gegend anschauen,die um den LHC Strahl ist.Also wir haben da einen Detektor, das sieht mehr wie eine Pyramide aus,eine ziemlich steile Pyramide, horizontale.Und wir schauen uns an, was nach vorne geht. Wir könnten uns auch anschauen,was nach hinten geht, in die andere Richtung.Aber dafür haben wir einfach nicht genug Platz.Also wir haben entschieden, gut, die Hälfte der Daten, alles was in die falscheRichtung geht, das ist verloren.Wir schauen uns ganz genau an, was in die Richtung von Atlas eigentlich,dass alles was auf diese Seite geht, dass wir uns das ganz genau anschauen.Das hat einen anderen Vorteil, dass wir da in dieser Richtung schauen,ist dass wir müssen diese Bequaks identifizieren und der Schlüssel ist,dass sie eine Lebensdauer haben, die sehr kurz ist, aber nicht null.Und das können wir auflösen.Wenn sie ganz ganz schnell sind, wenn sie noch hohen Momentum haben,dann fliegen die so ungefähr einen Zentimeter.Das ist so die Größenordnung, die wir haben. Und das können wir mit unserem Detektor auflösen.Das ist für Atlas und CMS, die versuchen auch diese Physik zu machen,das ist nicht deren Hauptthema, aber die haben auch Gruppen,die das machen, ist das schwieriger, weil die haben ja ihre Detektoren,die weiter weg sind von Prognosen.Wir können ganz ganz nah ran.
Tim Pritlove
Also wie groß muss man sich den ganzen Aufbau so vorstellen?Vielleicht können wir uns mal von den Dimensionen ein bisschen annähern.
Patrick Koppenburg
Ja, also das Experiment ist so ungefähr 20 Meter lang und wir sind da in einergroßen Höhle und durch die Höhle geht der LAC Strahl.Aber der Kollisionspunkt ist auf der Seite von der Höhle. Also eigentlich gerade da, wo sie endet.Und dann eine Seite, wie gesagt, da geht es dann in die Mauer oder in den Tunnel vom LAC.Und die andere Seite geht dann in unsere LACB-Höhle rein. Und da haben wir einenDetektor, der ist 20 Meter lang und am anderen Ende dann so bis zu 10 Meter hoch.Um den Kollisionspunkt haben wir einen Vertex-Detektor. Das ist ein Detektor,in dem wir die Zerfallspunkte, das ist dieser Vertex, so genau wie möglich auflösen wollen.Zuerst an den Primär, den Kollisionspunkt von den zwei Protonen.Und dann fliegt dieses B-Quark ein Zentimeter oder so, zerfällt in andere Teilchenund diese anderen Teilchen werden dann entdeckt.Und dann können wir uns ausrechnen, wo genau dieser Zerfall war.
Tim Pritlove
Das heißt, der Detektor detektiert jetzt das B-Quark selbst eigentlich nicht unmittelbar,sondern man schaut einfach nur aufdie Zerfallsprodukte, die eben diese Selbstauslöschung quasi hervorbringt.Das ist ja hier immer ein wiederkehrendes Thema, dass einfach bestimmte Teilchensind dann einfach nicht stabil oder zumindest nicht besonders lange und dannteilen sie sich eben in andere Teilchen auf,aber das ist so ein spezifischer Fingerabdruck, den man dann einfach soforterkennen kann, dass man sagt, okay alles klar, das war mal wieder eins.Wobei es könnte ja auch sein, dass mal eins kommt, was sich irgendwie in andereBestandteile aufteilt oder ist das nicht?
Patrick Koppenburg
Ja, die möglichen Zerfälle von Beegwarks sind unendlich lang.Da hat man eine ganze Liste, Seiten und Seiten von möglichen Zerfällen und wirinteressieren uns eigentlich auch für die seltensten,die man in einem von einer Million oder sogar seltener Beegwarks hat.
Tim Pritlove
So exotisches Zeug.
Patrick Koppenburg
Ja exotisches Zeug. Aber das wird dann später gemacht,dann schauen wir uns die Falzprodukte an und versuchen sie zu kombinieren undwenn das ein BMW-Sohn ergibt, dann haben wir einen Kandidaten und wenn nicht,dann schmeißen wir ihn weg.
Tim Pritlove
Das heißt der ganze technische Aufbau ist jetzt nicht so brutal groß wie dasjetzt bei CMS oder Atlas ist. Kennt man ja alle die Bilder. Irgendwie riesigerRing mitten in der Erde, irgendwie 20 Meter hoch.Hier gibt es auch 20 Meter, aber es geht mehr so in die Länge.Und was war das? 10 Meter hoch?Diese Pyramidenstruktur, also dass man sozusagen so einen Schusskanal,der sich da ergibt, so einen Verteilungskanal noch abgedeckt bekommt.Und ist dann aber die Detektortechnik jetzt selber, die diese Teilchen registriert,ist die dann wiederum vergleichbar mit dem, was in den anderen Detektoren gemachtwird? Kommen auch diese Siliziumfolien und so weiter zum Einsatz?
Patrick Koppenburg
Das ist sehr ähnlich, denn das ist von der Physik definiert.Wir müssen diese Teilchen finden, wir müssen ihr Momentum messen,das heißt wir brauchen ein magnetisches Feld Und dann brauchen wir Detektorenda drin, die die Spuren, die sie hinterlassen, messen.Und dann gibt es eine Serie von Detektoren, die dann teils spezifisch sind.Zuerst der elektromagnetische Kalorimeter, das ist für Elektronen und Photonen.Und nachdem hat es dann keine Elektronen und Photonen mehr, denn die haben sich da drin aufgelöst.Und dann kommen dann die Hadronen, Kaon und Pion, das sind die leichten Teilchenmit Quarks, mit leichten Quarks. Und dann am Ende haben wir die Myonen.Und diese Reihenfolge ist in allen Detektoren dieselbe.Da wo wir einen kleinen Unterschied haben, ist unser magnetisches Feld ziemlicheinfach. Wir haben einen Dipol, also das ist alles was eine elektrische Ladunghat, geht links und die andere Ladung geht rechts.Und dann ab und zu, jeden Monat oder so, wechseln wir das magnetische Feld und dann wird es umgekehrt.Und dann haben wir noch Cherenkov Detektoren, mit denen wir die Teilchen gut unterscheiden können.Denn da messen wir eigentlich deren Masse. Also da können wir Pionen und Kaonenund von Protonen unterscheiden. Die.Die sind für die meisten Detektoren, ATLAS und CMS, die sehen absolut identisch aus.Bei uns können wir die unterscheiden, indem wir einen Detektoren haben mit einemGas, mit einem schweren Gas.Und da fliegen diese Teilchen schneller als die Lichtgeschwindigkeit,nicht die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, Lichtgeschwindigkeit im Gas und dasgibt dann so etwas ähnliches wie die Überschallgeschwindigkeit von einem Flugzeug,dass es dann ein Bumm gibt, ein Quantenbumm und das gibt dann Licht und diesesLicht messen wir und je nachdem in welche Richtung das Licht geht,wissen wir dann wie schnell das Teilchen war und von der Geschwindigkeit könnenwir dann die Masse ausrechnen.
Tim Pritlove
Das ist diese Tcherenkow Strahlung, was man ja auch in der Atmosphäre beobachten kann.Tcherenkow Teleskope nutzen ja genau diesen Effekt aus und schauen sich sozusagenan, ob es irgendwo mal kurz blau blitzt und wenn man dann gut genug hingeschauthat, dann weiß man Bescheid. Ja genau.
Patrick Koppenburg
Okay.
Tim Pritlove
Das heißt das ist so in der Kaskade dann sozusagen hinten angestellt nochmal.
Patrick Koppenburg
Wir haben zwei davon, einen am Anfang und einen anderen am Ende,auf jeder Seite vom Magneten. Das hat damit zu tun, dass wenn wir nur einenbauen würden, müsste er viel zu groß sein.Die inneren Teilchen werden am Ende entdeckt und die, die ein bisschen weitervom LHC Strahl sind, die kommen am Anfang an.
Tim Pritlove
Okay das heißt, das ist sozusagen das Setup und ich würde mal sagen von der Detektorkomplexität,der technischen her ist es überschaubar, weil man eigentlich so Standardtechnik,sag ich mal salopp, Also was halt in den anderen auch installiert ist,ohne gleich so einen großen Popanz zu machen mit irgendwie Riesenmagneten undso weiter, sondern man schaut halt nur in eine Richtung und man ist halt ebenauch sehr spezifisch auf dieses eine Teilchen fixiert bzw.Dann eben auf die Detektion der entsprechenden Ergebnisteilchen,ich weiß gar nicht wie man das nennt, also das Resultat der Auflösung diesesTeilchens sich darauf konzentriert.So und jetzt habt ihr natürlich dasselbe Problem wie alle anderen.Da fallen eine ganze Menge Daten an.Und jetzt muss man ja gucken was ist davon relevant und was ist nicht relevant.Welche Mengen an Kollisionen wird letzten Endes beobachtet?
Patrick Koppenburg
Also jetzt, wir hatten gerade ein Upgrade, um da die Datenmenge zu vergrößern.Da mussten wir einige Detektorteile ändern, denn die konnten da nicht mithalten.Und jetzt schreiben wir so ungefähr 10 Kilohertz, also 10.000 Kollisionen proSekunde von den ursprünglich 30 Millionen.Also das ist noch immerhin ein großer Faktor, den wir rausschmeißen.Aber das ist viel besser als das was wir vorher hatten. Da waren wir so auf1000 bis 2000 Kollisionen.Aber das bedeutet auch, dass wir kommen so langsam an die Grenze der Physik.Das heißt, wenn wir jetzt wenigerschreiben würden oder wenn wir die Kollisionsrate raufschrauben würden,Dann würden wir Signal rausschmeißen.Wir sind am Limit. Das heißt, was dann aus dem Detektor rausgeschrieben wird,das wird dann auch analysiert.Früher am Anfang, als wir kleinere Kollisionsraten hatten,da konnten wir noch ziemlich salopp entscheiden was wir behalten und was nichtund dann offline uns genau die Sachen anschauen und dann entscheiden was dannin die Endalyse geht und was nicht.Diesen Luxus haben wir jetzt nicht mehr. Jetzt müssen wir sofort entscheidenund das heißt innerhalb von Sekunden müssen wir entscheiden was wir schreiben und was nicht.
Tim Pritlove
Innerhalb von Sekunden oder innerhalb von Bruchteilen von Sekunden?
Patrick Koppenburg
Ja, das weder noch eigentlich. Wir haben da eine große Computerform,gerade neben dem Detektor und die machen die ganzen Berechnungen,um eben die Masse und die Position von diesen B-Zerfällen zu finden und aufgrunddieser Information wird dann entschieden.Das muss schnell passieren, denn sonst sammeln sich die Daten an und dann gibt es einen Stau.Wir haben aber auch Harddisks.Wir speichern die Daten. Wir machen eine erste einfache Selektion,dann speichern wir die Daten.Es kann nur ein paar Minuten sein, es kann aber auch bis zu einer Woche gehenund während dieser Zeit machen wir dann die volle Kalibration vom Detektor,da schauen wir uns andere Prozesse an, von denen wir genau wissen,was wir erwarten sollen.Wenn sich ein Detektor verschoben hat,dann kann man das in der Software korrigieren. Man muss es aber wissen.Zuerst lauft man das und dann kommt die zweite Stufe und da wird wirklich die Endanalyse gemacht.Also die Endselektion und am Ende wird dann rausgeschrieben.Diese Idee, dass wir Harddisks benutzen und dass wir die Daten zwischenspeichern,das war noch eine komische Geschichte, denn ursprünglich haben wir ja einfachCPUs gekauft, wir wollten so viel wie möglich Rechenkraft.Und wenn man das bestellt bei den großen Computerfirmen, dann kommt immer einHarddisk mit, obwohl wir die gar nicht brauchen. Das ist ja nicht ein echterComputer, wo wir etwas speichern müssen.Und die rausschrauben, das wäre eine riesengroße Arbeit gewesen.Also haben wir einfach drin gelassen und irgendwann kam dann die Idee,warum brauchen wir die nicht?Könnten wir sie nicht brauchen, um irgendwelche Daten dazwischen zu speichern,damit wir dann auch diese Selektionlaufen lassen, während überhaupt keine Kollisionen passieren im LAC.Der LAC läuft so 10-20% der Zeit und während dem Rest der Zeit passiert nicht viel.Und da kann man diese Computer aber immer noch brauchen. Und damit maximierenwir eigentlich die Effizienz von unseren Computern und schreiben so viel Daten wie möglich raus.Im Endeffekt was definiert, wie viel wir rausschreiben, ist was wir dann offlinein den Zentren von den Universitäten speichern können.
Tim Pritlove
Nur um sich das mal vorstellen zu können, wie groß ist so die Datenmenge einereinzelnen Kollision, die man jetzt aufzeichnet?
Patrick Koppenburg
Was wir aufzeigen sind so ungefähr 100 Kilobyte.
Tim Pritlove
100 Kilobyte pro Minute.
Patrick Koppenburg
Das ist wenn man die ganze Kollision aufzeichnet. Was wir manchmal machen undeigentlich jetzt inzwischen auch meistens machen ist, dass wir nur die Teilchenrausschreiben, die uns wirklich interessieren.Das heißt, die B-Quarks und C- und C-Fall-Produkte.In so einer typischen Kollision, die Bequarks werden immer in Pärchen produziert,da hat es immer ein Bequark und ein Anti-Bequark.Normalerweise finden wir nur einen von beiden, manchmal haben wir Glück und finden beide.Und dann hat es noch ungefähr 100 leichte Teilchen, so Pionen,Karonen, Protonen, Neutronen, die wir überhaupt nicht sehen und so weiter.Und die interessieren uns ziemlich wenig und die können wir dann eigentlichschon am Anfang rausschmeißen.
Tim Pritlove
Das heißt man ist bei 10 KB und nicht bei 100.
Patrick Koppenburg
Ja und dann sind wir nicht mehr bei 100 KB aber bei weniger als 10 KB.Aber das muss man dann immer noch mal 10.000 machen und das ist eine Sekundeund so weiter. Am Ende ist man schnell in den Petabytes.
Tim Pritlove
Ja das ist ja generell eine Herausforderung das zu machen.Aber diese Entscheidung, was man jetzt nimmt und was man nicht nimmt,die muss ja dann auch irgendwie gefällt werden und die muss ja dann vor allemauch extrem schnell gefällt werden, wenn man jetzt 10.000,Messungen hat pro Ding, das heißt ja nicht nur 10.000 Kollisionen passieren,sondern nur bei 10.000 entscheidet man sich dafür sie zu speichern.Da sind ja noch ein paar. Wie viele Kollisionen schmeißt man weg und speichert sie nicht?
Patrick Koppenburg
Ja das sind ungefähr 30 Millionen pro Sekunde.
Tim Pritlove
Also der Großteil wird weg?
Patrick Koppenburg
Die meisten davon haben überhaupt keine B-Quarks drin.Also die kann man ziemlich einfach rausschmeißen und bei den anderen,da hat es dann immer noch B-Quarks, die da waren aber nicht gut genug aufgelöstwurden oder die einen Zerfall haben, die uns nicht interessiert oder irgendetwas.Insofern haben wir das Glück, dass wir genau wissen, was wir messen wollen.Und dann haben wir unsere Liste von Zerfallen, die wir speichern wollen unddann machen wir eine Messung.Das ist nicht so, als würden wir jetzt ein Teilchen suchen und eventuell findenwir es nicht, weil es dann systematisch rausgeschmissen wurde.Wir wissen, was wir messen und wir wissen, welche Zerfälle wir behalten wollenund dann messen wir einfach, wie viel davon wir hatten. und besonders wie vielvon Bequax und wie viel von Anti-Bequax.
Tim Pritlove
So, das heißt jetzt sammelt man so diese ganzen Daten und dann schaut man sichdas danach an und das war es dann eigentlich auch schon.Also ist da noch mehr Magie am Start oder ist das dann quasi schon das Endergebnis?Wie viel nimmt dann die Analyse dieser Daten ein?
Patrick Koppenburg
Ja dann die Analyse selber, da haben wir dann eine große Menge Analysegruppen.Wir sind ja ungefähr 1000 Physiker am Experiment.Und darunter haben wir eine ziemlich große Analysegruppe.Für uns ist groß vielleicht so 20, 30 Leute, die an einer wichtigen Analysearbeiten. Und wir haben auch kleine Gruppe, da sind typischerweise ein Doktorandund sein Professor oder Postdoc.Aber diese Analysen, die dauern dann auch oft ziemlich lang, jahrelang.Die Messung kann man ziemlich schnell machen, aber dann zum genau wissen,wie genau die Messung war und ob man alles verstanden hat, ob man alle Untergründeverstanden hat, das dauert dann eine gewisse Zeit.Und wir haben bis jetzt noch keine Analyse mit den neuesten Daten, die rauskommt.Die meisten Analysen, die wir haben, die Publikationen, die wir machen,das waren Daten bis 2018, denn 19, 20 bis 22 hatte der Detektor überhaupt,hatte der LEC eine Pause.Und aber wir haben immer noch auch Analysen, die Daten benutzen von 2011 und12 und die sich die 2015 bis 18 Daten noch überhaupt nicht angeschaut haben.Sie haben die erste Analyse noch nicht fertig.Normalerweise macht man die in der Reihenfolge. Manchmal auch in der verkehrten Reihenfolge.
Tim Pritlove
Ok, man geht ein bisschen hinterher.
Patrick Koppenburg
Das sind halt Präzisionsmessungen und wenn man da ganz kleine Effekte messen will,dann muss man da ganz genau hinschauen und ganz sicher sein,dass es nicht irgendwie so ein Parasit hat, Das ist etwas, an das man nichtgedacht hatte, das dann so aussieht wie sein Signal und das halt nicht Signal ist.Das ist überall in der Wissenschaft so und bei uns natürlich auch ein Problem,dass wir dann alles ganz genau verstehen müssen.
Tim Pritlove
So jetzt ist ja sozusagen das ausgerufene Ziel ist so CP Verletzungen in irgendeinerForm festzustellen und rauszufinden ob denn irgendwas ist.Aber jetzt hast du ja gesagt alles was bisher beobachtet wurde passt zu demStandardmodell bisher.Was genau müsste denn da passieren, um hier einen Ansatz zu finden für diese Erklärung?Was in diesem ganzen Kollisions-Dekonstruktions-Modell müsste dann anders sein?
Patrick Koppenburg
Wir messen mit immer größerer Genauigkeit diese CP-Verletzung.Wir hoffen immer, dass wenn unsere Genauigkeit besser wird, dass wir dann kleineUnterschiede finden, die bis jetzt noch nicht aufzulösen sind.Diese CP-Verletzung, die kommt ja alles von der schwachen Wechselwirkung.Also das ist ein Quark und aus diesem Quark kommt ein anderes Quark und dann ein W-Boson.Das ist der Vektor von der schwachen Wechselwirkung, das dann irgendwie zerfälltund in entweder Lepton oder dann andere Quarks.Was möglich wäre, ist, dass es andere Teilchen gibt, die da in diesem Spielauch mitmachen, die noch nicht entdeckt wurden.Eigentlich ein Weboson ist ein Faktor 20 schwerer als ein Bequark.Das ist überhaupt nur möglich dank Heisenberg und der Quantenmechanik,dass die überhaupt da mitspielen.Die entstehen für eine ganz kurze Zeit und dann verschwinden sie sofort wieder.Im Endeffekt wurde Energie behalten, aber im kürzeren Moment wird etwas produziert,das eigentlich schwerer ist als ein Bigfrog.Und da könnten wir auch noch viel schwerere Teilchen produzieren,die da mitspielen, die eventuell zu schwer sind für den LHC,dass sie in den direkten Kollisionen gar nicht gefunden werden könnten.Von Atlas und CMS. Und die würden dann unsere Messungen leicht ändern und jegenauer wir messen, desto schwerere Teilchen, können wir empfindlich sein für schwerere Teilchen.Je genauer wir werden, desto höher gehen wir in der Massenskala.
Tim Pritlove
Was ist denn jetzt so gefunden worden bisher? Also ich meine man hat vielleichtnicht unbedingt jetzt alles das gefunden,was man gerne finden möchte, aber so ist es halt nun mal mit der Wissenschaft,man kriegt das nicht alles immer so serviert, wie es bestellt wurde,aber trotz alledem dürfte ja aus den Daten auch schon eine ganze Menge Erkenntnissaftgemolken werden können.Was hat dieser Detektor alles herausfinden können bisher? Worauf weist du es hin?
Patrick Koppenburg
Ja, wir haben sehr viele Zerfälle entdeckt, die noch gar nicht bekannt waren,die dann mit mehr Daten dann auch wieder neue Studienobjekte werden.Am Anfang sieht man nur zwei oder drei und dann kann man sich ausrechnen,ja, in zehn Jahren habe ich dann genug, um eine neue Messung zu machen.Wir haben auch neue Teilchen entdeckt. Das sind Teilchen aus Quarks,also nicht fundamentale Teilchen.Besonders waren wir da groß in der Presse wegen der Entdeckung von Pentaquarks und Tetraquarks.Das ist eigentlich etwas, das wir gar nicht wirklich auf dem wissenschaftlichen Programm hatten.Das kam nur aus den Daten raus.Aus übrigens einer dieser CP Verletzungen Analyse. Da haben wir uns die Daten genau hingeschaut,nicht verstanden was da passiert in diesen Daten und da war dann ein Untergrund,da war dann dieser Pentaquark und diesen Zerfall konnten wir nur modellierenindem wir einen Pentaquark einbezogen haben.
Tim Pritlove
Penta S5?
Patrick Koppenburg
Trenta S5, das sind Objekte mit vier Quarks und einem Antiquark.Und wir haben auch Tetraquarks mit zwei Quarks und zwei Antiquarks.Irgendwann werden wir vielleicht Gruppen von sechs finden.Da hätten wir dann zwei Möglichkeiten, entweder drei und drei oder sechs Quarkin einem Päckchen oder sechs Antiquarks.Das sind die Möglichkeiten, die es gibt. Was uns das sagt, das ist keine neuePhysik, das ist, das erklärt uns wie die starke Wechselwirkung,die QCD, Quantenchromodynamik, wie das funktioniert.Und das ist das schwierige Thema in dieser ganzen Forschung,weil man da sehr schwierig, sehr schlecht Vorhersagen machen kann.
Tim Pritlove
Also ich hab bisher das so verstanden, dass die Quarks eigentlich und deswegenja auch diese Analogie mit der Farbe so in Dreierpärchen daher kommen.Und weil man eben drei hat und man Wissenschaft ja immer nach einfachen Analogien aussicht halten,dann sozusagen den Vergleich mit der Lichtmischung gemacht hat und dann ebensozusagen das Wort Farbe benutzt, um hier etwas auszudrücken,dass man hier so ein Ternäresystem hat eigentlich.Also was sozusagen aus drei Komponenten besteht.In dem Fall halt sozusagen diese Analogie zu rot, grün, blau,auch wenn es mit Farbe alles nichts zu tun hat.Und das ist sozusagen das Wirken dieser Quarks,die kombinieren sich halt und das klassische Beispiel ist halt die Protonenund die Neutronen in jedem Atomkern, die sich eben aus je drei Quarks, aber dann halt eben...Der eine und der andere Variante, also Up- und Down-Quark, sozusagen zusammensetzen.Und jetzt kommen Penta-Quarks um die Ecke und Tetra-Quarks und sagen so,ja nö, geht aber auch anders. Wie passt das jetzt zusammen?
Patrick Koppenburg
Ja das passt zusammen. Wir haben auch Mesonen, das sind Gruppen von zwei mitimmer einem Quark und einem Anti-Quark.Also da ist zum Beispiel Grün und Anti-Grün.Im Endeffekt will man immer farbneutral sein. Warbige Objekte gibt es nicht in der Natur.Ich kann Meson haben, Quark-Antiquark mit Grün und Antigrün, Resultat Null.Ich kann Proton haben mit Rot-Grün-Blau, Resultat ist Weiß, das geht auch.Und dann kann ich einen Tetraquark haben, das sind dann zwei Pärchen,also Grün-Antigrün und Rot-Antirot zum Beispiel, das geht auch.Und die Pentaquarks, die wären dann wie ein Proton und ein Meson zusammen,also grün, antigrün und dann noch grün, blau, rot und das gibt dann auch wieder weiß.
Tim Pritlove
Anti heißt doch jetzt Antimateria.
Patrick Koppenburg
Ja, ich habe da Antiquarks drin.
Tim Pritlove
Aber ich dachte die sind immer gleich wieder weg, wenn sie da sind.
Patrick Koppenburg
Die zerfallen sehr schnell.
Tim Pritlove
Also sozusagen sehr vorübergehende Zustände, die jetzt im Rahmen dieser Kollisionstattfinden. Es ist nicht so, dass jetzt auf einmal Fünfergruppen durch dasStandardmodell marodieren und alles durcheinander bringen?
Patrick Koppenburg
Nein, nein, nein. Also diese exotische Hadronen, wie man sie nennt,das sind, die leben ganz, ganz kurze Zeiten, so 10 hoch minus 23 Sekunden.Ich glaube, wir haben einen gefunden, der lebt zu 10 hoch minus 21.Das war dann schon Weltrekord.In der Lebensdauer, in der langen Lebensdauer. Die verschwinden sofort.Diese zwei Quarks und Antiquarks, die drehen umeinander rum und irgendwann sehensie, da ist da ja jemand und dann pups, dann gibt es eine Annihilation und diezerfallen in irgendetwas leichteres.
Tim Pritlove
Was kann denn jetzt sozusagen der Beitrag sein aus diesen Messungen,die meine LACB nimmt so für das weitere Verständnis der Physik und in welcheder Theoriewelten, die gerade so verfolgt werden, reicht das alles noch mit rein?Ist aus meiner Position auch ein bisschen schwer nachzuvollziehen.Wahrscheinlich generell ein bisschen schwer nachzuvollziehen,aber ich hab auf jeden Fall mit zu kauen.
Patrick Koppenburg
Also wir haben da, da müssen wir vielleicht mehrere Themen diskutieren.Zuerst mal die ganze Themengruppe über QCD.Alle diese Teilchen, die wir entdecken mit den Pentaquarks und Tetraquarks,aber es gibt auch Barion, also Dreierquarks,die wir entdeckt haben, Die erzählen uns etwas über QCD,über wie Quarks sich zusammenformen und welche Gruppen von Quarks überhauptmöglich sind, von der Natur aus erlaubt sind, auch wenn nur für sehr kurze Zeit und welche nicht.Und da wir mit QCD keine Vorhersagen machen können, weil alle Rechnungen sindhoffnungslos, Also QCD, Quanten Chromodynamik, also dieses Farbenmodell vondem wir gerade gesprochen haben.Ja, dieses Farbenmodell mit dem kann man sehr schnell sehr schwierig Vorhersagen machen.Brauchen wir Daten die dieses Modell verbessern, man kann nicht von den Grundprinzipien,vom Standardmodell, Von den Gleichungen kann man nichts ausrechnen,aber man kann das modellisieren, was...Aufgrund von Messungen, die gemacht wurden. Je mehr Messungen wir machen,desto besser versteht man das.Es gibt auch dann verschiedene Techniken, diese Berechnungen zu machen,die man dann auch darauf eichen kann und bessere Vorhersagen machen.Und das ist wichtig, um die CP-Verletzung zu verstehen und um seltene Zerfälle,da komme ich dann noch drauf, zu verstehen.Aber auch für Forschungen von Atlas und CMS und Alice.Wir haben alle das Problem, wir haben Protonen, die eine Kollision machen. Das sind Quarks.Da hat es diese Farben und diese Gluonen, die zusammenbinden.Und da muss man dann immer genau verstehen, was, wenn wir etwas messen,was ist ja jetzt die Physik, die uns interessiert?Und was ist eigentlich nur das dreckige QCD, das man nicht richtig verstehenkann und das eigentlich ziemlich uninteressant ist, weil es sehr auf sehr tiefe Energien ist.Da hat es immer diese Suppe mit leichten Quarks und leichten Gluonen,die man berücksichtigen muss, aber die man nicht wirklich beschreiben kann mathematisch.Und daher machen wir auch Messungen in dem Sektor, um das besser zu modellieren.Dann haben wir noch ein großes Programm, um eben diese neue Teilchen,neue Physik zu finden, die eventuell von den anderen Experimenten nicht sichtbarist, weil es einfach zu hoch in Energie ist, in Masse.Und die über Quanteneffekten in den Zerfällen von den B-Mesonen auftauchen.Und bis jetzt hatten wir...Regelmäßig haben wir da einige Messungen, wo man dann Augen öffnet,oh da ist etwas, da könnte etwas sein und dann messen wir genauer und dann verschwindet es wieder.Also bis jetzt haben wir nichts, wo wir klar sagen können, oh da ist neue Physik.Aber wir gehen immer näher dran und wir sind aber noch ziemlich weit von derAuflösung, von der ultimativen Auslösung vom Detektor und auch vom Standardmodell.Wir können noch weiter vermessen und wir haben noch gute Möglichkeiten,Abweichungen zu messen zwischen dem Standardmodell und den anderen Modellen,die irgendwelche Teilchen vorhersagen, die dann erklären könnten,warum das Universum so ist, wie es ist.Was wir wissen ist, dass das Standardmodell falsch ist. Wir wissen nur nicht wo und wie genau.
Tim Pritlove
Warum wissen wir das? Was ist falsch?
Patrick Koppenburg
Was falsch ist, also der Hauptgrund für mich ist die Kosmologie. Da passt etwas nicht.Die CP-Verletzung ist nicht groß genug, einige Leute werden dunkle Materie sagen,aber da kann man nicht ultimativ beweisen, dass das etwas mit dem Standardmodellzu tun hat, dass das wirklich Teilchen sind.Es könnten ja auch kleine schwarze Löcher sein oder sowas. Das ist auch nichtvöllig ausgeschlossen.Das wird oft gesagt, aber tatsächlich, wenn es ein Teilchen ist,dunkle Materie, dann ist es im Schwandartmodell nicht drin. Da brauchen wirauch einen neuen Sektor.
Tim Pritlove
Also es ist nicht vielleicht zwangsläufig falsch, es ist nur nicht vollständig.
Patrick Koppenburg
Genau, ja. Wir sehen das immer als eine Approximation, die sehr gut funktioniertfür die Energien, die wir als Menschen produzieren können und studieren können.Wenn man denn unendlich hoch geht, dann weiss man, dass es irgendwann mal zusammenfällt.Aber so weit sind wir noch nicht gekommen.Und das ist das ähnlich wie die Gravitation von Newton, das passt ganz gut.Für alles was wir Menschen machen geht es ganz gut. Und das ist das nur wennman so langsam GPS Satelliten um die Erde schießt, dass man merkt,ah ja jetzt brauche ich generelle Relativität, da funktioniert Newton nicht mehr.
Tim Pritlove
Oder halt Planetenumlaufplanen.
Patrick Koppenburg
Genau so, Präzession von Merkur und so weiter.Das sind diese kleinen Effekte, die wir eben suchen zum Beweisen, dass da ist was.
Tim Pritlove
Ich finde das faszinierend, weil das ist jetzt alles sehr komplexe Geschichteso mit all diesen ganzen Teilchen und wie sie interagieren und diese zahlreichenEbenen und was kann in was verteilt werden.Aber im Prinzip, wenn man einen Strich drunter zieht, ist es halt so,diese ganze Detektion, diese ganze permanente Beobachten, höher auflösen,genauer hinschauen, Relevanz erkennen und die dann eben speichern,um sie später analysieren zu können.Also das, was der LHCb-Detektor macht, was die anderen Detektoren natürlichim Prinzip genauso machen,das ist alles so eine permanente Unterfütterung der allgemeinen Forschung undauch der Unterstützung oder eben auch vielleicht der Auslöschung bestimmter Theorien,die halt so im Raum stehen, die ja alle irgendwie so ein bisschen Kandidat zu sein scheinen für okay,wir fixen jetzt das Standardmodell, wir erklären halt auch noch das,was bisher nicht erklärt wurde und da ist die Antimaterie sozusagen so ein Baustein,der irgendwie noch nicht so richtig erklärt ist.Die dunkle Materie ist so dieses, ja Loch hätte ich jetzt fast gesagt,also sozusagen dieser Bereich, der nicht genug Daten liefert,warum man sich denn so verhält, wie er sich verhält mit der Gravitation.Nicht zu reden von der dunklen Energie, die unser Universum expandiert,auch dafür gibt es keine Erklärung. Plus dann eben diese ganzen Brücken,die derzeit versucht werden zu bauen mit Supersymmetrie und sozusagen.Generell natürlich dieser großen Frage,ja, so das eine Modell, was irgendwie alles erklärt, wo dann am besten auchnoch Gravitation mit dabei ist und dann hoffe ich, es ist auch Teleportationdabei, dass man das auch mal erledigt.Magst du noch zum Abschluss irgendwas hinzufügen, was du dir so wünschst oder wo du drauf setzt?Ich meine bisher habt ihr vielleicht nicht unbedingt das gefunden,was ihr finden wolltet, aber andere Sachen gefunden. Was ist so das Potentialin dem Projekt, wo ihr noch drauf hofft?
Patrick Koppenburg
Ja, wir sind jetzt in der Phase, wir haben einen neuen Detektor aufgebaut.Effektiv ist dieses Upgrade war ein riesiges Projekt.Unser Detektor ist jetzt alles installiert. Jetzt müssen wir noch die ganzenneuen Detektoren verstehen und das ist natürlich auch sehr spannend jetzt,dass wir wir sind in einer Phase, wo wir von der Phase 1 vom Experiment zurPhase 2 gehen, die eigentlich ursprünglich nicht vorgesehen war.Und in der wir sehr viel mehr Daten nehmen und das müssen wir jetzt alles verstehenund hinkriegen, wenn möglich so schnell wie möglich.Denn natürlich der LRC läuft und produziert Daten, die wir jetzt noch nichtrichtig bearbeiten können, weil noch nicht alles zusammenpasst.Und was uns jetzt am meisten beschäftigt ist das, dass wir diesen zweiten Detektor zum Laufen bringen.Und wenn das dann gemacht ist, dann werden wir eine Kollisionsrate von Faktor5 höher haben als das, was wir früher hatten. Das ist vielleicht auch noch ein kleiner Unterschied.Es ist ähnlich wie bei ALICE, wir haben nicht die gleiche Kollisionsrate wieATLAS und CMS, wir schieben die einen Strahl vom LHC ein bisschen weg.Damit sie nicht frontal aufeinander kommen und daher haben wir eine Kollisionsrate,die leicht ein bisschen niedriger ist.Wenn wir die gleichen hätten als Atlas und CMS, dann würden wir uns in unseremDetektor überhaupt nichts mehr sehen.Elektronisches Signal wäre dann völlig schwarz, überall wäre etwas.Also wir müssen das ein bisschen so, ja. Too much.
Tim Pritlove
Also wenn die anderen gar nicht genug kriegen können.
Patrick Koppenburg
Ja genau, bei uns versuchen wir zu optimieren und wir wollen das jetzt optimalein bisschen hochschrauben, damit wir mehr Daten bekommen und in unseren Messungenimmer genauer an Standardmodelle rankommen.
Tim Pritlove
Alright, dann würde ich sagen, machen wir mal den Deckel drauf.Patrick, vielen vielen Dank für die Ausführungen.Und ja, damit schließe ich hier auch meine Runde ab beim Zernen und hoffe hierEinblicke gegeben zu haben in die komplexe,aber auch abenteuerliche Exploration unserer Grundlagen und der Forschung,die bis weit ins All hinein reicht.Weil das ist halt so, das was mich auch so ein bisschen motiviert hat.Raumzeit hat ja so ein bisschen mit der Kosmonologie bisher ein bisschen gespielt,sagen wir es mal so, weil es ging viel um die Raumfahrt und die Ziele,aber letzten Endes geht es ja um das gleiche.Es geht ja um das Erstreben sozusagen zu erklären, was wir eigentlich sehen,was wir wahrnehmen und vielleicht auch eben das, was wir nicht sehen.Wie dunkle Materie. Aber einfach irgendwie um Erklärungsmodelle zu machen,um dann einfach immer wieder an so einem bestimmten Punkt so einen Sprung machen zu können.Und ich denke, das charakterisiert ja die wissenschaftliche Entwicklung derletzten 100 Jahre extrem stark. Man hat ja immer wieder so Phasen,wo man das Gefühl hat, es passiert irgendwie gar nichts. Alle sammeln irgendwieDaten, was macht ihr denn da eigentlich?Und dann gibt es immer wieder so einen Punkt, wo dann so, ah ja,jetzt passt auch irgendwie alles zusammen.Und das kann ja jederzeit passieren. Also es kann irgendwie morgen soweit sein,dass wieder irgend so ein Durchbruch verkündet wird. und dann ergeben auch alleanderen Experimente vielleicht wieder ganz anderen Sinn.Alright, ich sag nochmal danke, danke fürs Zuhören. Das war's jetzt von mir, vom CERN.Demnächst geht's dann wieder weiter mit anderen Sachen.Tschüss und bis bald.

Shownotes

RZ115 CERN: ATLAS

Aufbau, Funktion und Aufgabe des ATLAS-Detektors am CERN

Nach dem CMS-Detektor ist ATLAS das zweite große Detektor-System am Large Hadron Collider am CERN in Genf, dass den Nachweis des Higgs-Bosons geliefert hat und mit seiner aufwändigen Technik auch heute noch weiter Teilchenkoliisionen beobachtet und damit aktiv zur Grundlagenforschung beiträgt.

Dauer:
Aufnahme:

Christoph Rembser
Christoph Rembser

Wir sprechen mit Christoph Rembser, seit 2016 Leiter des ATLAS-Teams, über die Konzeptionsphase des Detektors, seinen internen Aufbau und die Unterschiede zu CMS, wie Kollisionsdetektion abläuft und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse bereits gewonnen wurden und welche vielleicht noch gewonnen werden könnten.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Pridlaff und ich sage hallo zur 115.Sendung und auch diese Folge ist eine Folge in der Serie hier vom CERN,dem großen Kernforschungsinstitut in der Schweiz könnte man sagen oder auchin Frankreich, teilweise so, teilweise so.Das merkt man hier gar nicht, wie man hier durch die Länder kreist und vor allemdie großen Beschleunigerringe, die kümmern sich hier auch überhaupt nicht drumherum.Hier fliegen einfach die Teilchen von Land zu Land und kümmern sich nicht großum die Politik. So soll es sein, denn hier geht es um Wissenschaft.Und heute ist der nächste Detektor dran. In der letzten Sendung haben wir jaschon über das CMS gesprochen.Einer der beiden großen, wichtigen Hauptdetektoren kann man sagen,die am Large Hadron Collider, dem großen 27 Kilometer Ring,dranhängen und dort sich in den Teilchenstrom hängen, um alles Mögliche malnachzumessen, wie denn das nun eigentlich ist, so wie dieser Physik.Und jetzt schauen wir uns eben den zweiten an, den Atlas Detektor und um darüberzu Und zu sprechen begrüße ich meinen Gesprächspartner, nämlich Christoph Remser. Hallo.
Christoph Rembser
Hallo.
Tim Pritlove
Hallo Christoph, herzlich willkommen bei Raumzeit.
Christoph Rembser
Vielen Dank.
Tim Pritlove
Ja, ich hab's schon gesagt, also du bist Teil des Atlas Teams,Leiter seit 2016 glaube ich sogar schon, also eine ganze Weile und vielleichtsogar noch länger hier, das hören wir gleich.Mich würde nämlich mal interessieren, wie so dein Weg in die Wissenschaft gewesen ist.Und wo du dann am Ende hier gelandet bist.
Christoph Rembser
Ja das ist eigentlich eine schöne und tolle Geschichte. Ich bin immer,wenn ich so zurück gucke, finde ich das schon bemerkenswert.Also ich habe eigentlich angefangen, weil ich Geigenbau gemacht habe.
Tim Pritlove
Geigenbau?
Christoph Rembser
Ja.Und dann stellt man relativ schnell fest, wenn man Geigen bauen will oder andereInstrumente, da ist die Konkurrenz schon ziemlich hoch in der ganzen Welt.Und da was vernünftiges zu bauen, war schwierig. Und dann habe ich gedacht,was bräuchte man noch zusätzlich? Also nicht nur die Liebe zum Holz und zumInstrument und zur Musik.Und da war die Physik. Und da habe ich gedacht, gut, wenn du Physik kennst,kannst du vielleicht noch besser messen, wie so ein Instrument funktioniert,wie Schall funktioniert.Studiere nochmal Physik, dann wirst du besser.
Tim Pritlove
So mit den Frequenzüberlagerungen und Differenzen und so.
Christoph Rembser
Also das war so meine Hoffnung. Und dann ist es aber so, es gibt hier am CERNein Sommerstudentenprogramm und durch das Studium an der Uni Bonn bin ich danneinfach durch Zufall hier in das Sommerstudentenprogramm am CERN reingekommen.Das war 1989, also schon relativ lang her.Und dann plötzlich kam ich in eine Welt, die völlig anders war als das,was ich kannte. Es war hier ein internationales Umfeld.89 war auch noch die Zeit, da gab es noch die Mauer. Und trotzdem war hier schonmein Supervisor aus der Sowjetunion noch.Das war André Linde übrigens, ein ganz bekannter Kosmologe. Der hat mich da hier betreut.Und zum ersten Mal, ich komme aus Westdeutschland, Da war das plötzlich so diesesgrenzenlose, diese Wissenschaft, die Offenheit und es war toll das zu spürenund die ganzen anderen Studenten.Und dann war es auch noch das Jahr, wo in China das Massaker Tiananmen SquareStudentenrevolte und CERN diente auch so als Auffanglager für Studenten undProfessoren aus China, die fliehen mussten.Plötzlich war das hier voll mit Chinesen.Wir hatten da auch so in Baracken geschlafen hier, so drei Bettzimmer,so wie so eine alte Jugendherberge und dann waren wir so viele Leute hier plötzlich,dass wir Schichten schlafen mussten.Da wurde ich morgens von irgendjemandem geweckt, dann kam ich abends wiederans Bett, da lag da wahrscheinlich ein anderer und diese Atmosphäre.Hier machen wir Wissenschaft, hier gehen wir vor allem Träumen nach,Die eigentlichen, das merkt man bei mir auch, das kennt man vielleicht,wenn man abends mal auf einer Wiese liegt und in die Sterne guckt.Das ist so ein irre Gefühl, wenn man einen tollen Himmel hat und dann dieseUnendlichkeit des Weltraums sehen kann.Geht es eigentlich darum, hier kann man erforschen, woher kommt eigentlich dasGanze und woraus sind wir gemacht und vor allem wo geht es vielleicht auch noch hin.Wie entwickelt sich unser Weltall. Das war einfach faszinierend und von demMoment an habe ich gesagt, na gut, lassen wir das mal mit dem Geigenbauen weiter.Jetzt ist mein Ziel hier, werde ich weiter.
Tim Pritlove
Hast du mal eine gebaut?
Christoph Rembser
Ja klar.
Tim Pritlove
Klang die auch so halbwegs?
Christoph Rembser
Die klangen nicht schlecht, also ich kam vor allem vom Cello,also das war ein Cello, die hab ich dann gemacht, aber ich hab auch eine Gitarreund so gebaut, aber das konnte man mit Kernforschung nicht mithalten.Genau, das konnte man nicht mithalten, weil das war wirklich so diese fundamentalephilosophische Frage worum es hier ging war plötzlich spannend und das vor allemmit anderen Menschen zu machen und das ist großartig.Und dann habe ich mein Studium in Bonn weitergemacht und abgeschlossen und hattedann erstmal Diplom und Doktorarbeit am DESI, am Deutschen Elektronen-Synchrotron,oben in Hamburg gemacht.Da gab es den tollen Beschleuniger HERA, der hat Elektronen auf Proton geschossenund da habe ich dann Erfahrung gesammelt im, nicht mehr Geigenbau, sondern Detektorbau.Und darauf habe ich mich auch spezialisiert. Wie baue ich Detektoren,um elementare Teilchen nachzuweisen und dann rauszufinden, wie funktioniert das Ganze.Und dann bin ich 1997 hier zum ersten Mal zum CERN gekommen,nach der Doktorarbeit als junger Fellow und plötzlich wieder diese Freiheit,die man hatte, diese internationalen großen Kollaborationen, das war großartig.Und dann wie es so ist, ergibt sich plötzlich, ja jetzt machen wir hier nochmaleinen weiteren Postdoc.Da hatte ich dann so einen Limited Duration Contract bekommen.Und dann hörte der auf, dann hatte ich kurz eine Professur in Erlangen,an der Uni Erlangen für Astroteilchenphysik, um auch mal was anderes zu machen,weil man kann ja am besten lernen, indem man was anderen erklärt,da muss man ja selber viel lernen.Und dann war ich aber kaum hier weg, dann hat dann Cern wieder gesagt,ja wir bauen ja gerade die Detektoren für den LAC und es fehlt schon,dass du da bist, deswegen hier komm, bieten wir dir eine Stelle da dran.Und dann hab ich natürlich gesagt, ja gut, zurück hierher.Und damals war noch der Beschleuniger LEP, das war jetzt der Vorgänger von demLarge Hadron Collider, im selben Tunnel.Hat der Elektronen beschleunigt, Elektronen und Positronen aufeinander geschossen.Ich arbeitete damals bei einem Experiment, das nannte sich Opal.Und gleichzeitig war man aber auch schon dabei, Ende der oder in den 90ern,um die Entwicklung für die Detektoren des LHC zu machen.Und da habe ich dann beides gemacht. Es ist immer toll, wenn man zwei Sachenmacht. Einmal die Physik mit dem existierenden Beschleuniger und dann gleichzeitigaber auch die Entwicklung für den neuen Beschleuniger.Und ja, dieses Feuer brennt eigentlich immer noch hier, muss ich sagen.
Tim Pritlove
Nicht schlecht. Genau so. Das heißt jetzt bist du Team von Atlas,aber du hast sozusagen, also du leitest nicht nur, du warst sozusagen auch ander Planung, an dem Bau selber konkret beschäftigt und damit also auch an derganzen Konzeptionsphase, also wirklich von Anfang an.Und das ist ja eigentlich das Interessante, weil jetzt haben wir ja schon CMSangeschaut und es ist ja klar, dass Atlas und CMS im Prinzip ja die selbe Aufgabe haben.Sie sollen halt irgendwie diese Teilchen, die Hadronen,die dort beschleunigt werden, aufnehmen und in diesen Paketierungen,in die sie hereingeschossen kommen, dann eben kollidieren lassen und sich das anschauen.Aber eben auf eine andere Art und Weise als CMS.Und dann würde mich schon mal interessieren, wie es eigentlich dann sich genauauf diese beiden Konzepte ergeben hat, weil,Also hätte es noch drei, vier andere Varianten gegeben, die überhaupt in Fragegekommen wären oder war schon klar, wenn man zwei haben will,dann macht man es entweder so oder so, weil was anderes fällt uns nicht ein.Wie findet man da überhaupt den Ansatz und wie sortiert sich das dann überhauptgenau in diese zwei Konzepte?
Christoph Rembser
Ja das ist eigentlich eine spannende Frage. Ich persönlich glaube,würde ganz stark behaupten, das ist limitiert durchs Geld.Also Physiker und ihre Ideen und Visionen, da gibt es so viele,dass man wahrscheinlich von den Detektoren noch hätte 10 weitere mindestens bauen können.Das Problem ist nur, irgendwann muss man sie halt dann auch wirklich bauen undbraucht dafür Geld und dann müssen sich halt die Leute zusammen finden,die sowas machen. Ich will da gleich noch mal drauf zurückkommen,aber erst noch mal ganz kurz, was sind eigentlich die Detektoren?Eigentlich sind das nur große Kameras, die um den Kollisionspunkt der Protonen,der Hadronen, wie du das auch gesagt hast, aufgebaut sind.Und eigentlich macht man Schnappschüsse.Man macht Schnappschüsse von so einer Kollision, weil wenn da zwei Protonen kollidieren,dann gilt wieder die alte einsteinische Formel, die kennt jeder,E gleich mc², da wird dann Energie in Masse umgewandelt, in Materie in verschiedeneTeilchen und die fliegen dann von diesem Kollisionspunkt in alle Richtungen weg.Diese Detektoren sind nichts anderes als große Kameras, die man da drum setztund dann macht man im Prinzip Bilder von solchen Kollisionen,also da wir so 40 Millionen Kollisionen pro Sekunde haben, sind das also riesenKameras mit 40 Millionen Bilder pro Sekunde.Und dann, was wir dann mit diesen Bildern eigentlich machen ist,weil die Energie, mit der die Protonen da zusammenstoßen, entspricht der Energiedichtedes frühen Universums ungefähr 10 und minus 12 Sekunden nach dem Urknall.Das heißt unsere Beschleuniger sind nichts anderes als riesen Zeitmaschinenund ich habe die Möglichkeit mit meinen Detektoren, mit meiner Kamera,Fotos zu machen vom frühen Universum. Total spannend.Und dann kann ich lämlich sagen, was passiert denn da eigentlich?Was ist denn zu dieser Zeit des frühen Universums wirklich passiert?Und dann gehe ich meine 40 Millionen Bilder pro Sekunde durch und dann lerneich im Prinzip die Regeln des frühen Universums.Also so als Beispiel, wenn du Fußball nicht kennst, fängst du an oder irgendeinenanderen Sport, fängst du an Bilder zu gucken und mit den Bildern lernst du dann die Regeln.Und genauso machen wir das mit den Teilchen. Wir lernen die Regeln des frühenUniversums durch diese Bilder kennen, die wir uns dann angucken.Und jetzt sind natürlich diese Kollaborationen, also diese Experimente wie ATLASund CMS, da sagt halt jeder Physiker, ich kann die beste Kamera bauen.Und zwar sind die dann natürlich auch noch spezialisiert.Jede Kameralage kann ein bisschen was anderes als die andere und der eine Physikersagt, ich kann super Kameralagen bauen, die können die Spuren der Teilchen superpräzise vermessen, die vom Wechselwirkungspunkt wegfliegen.Andere sagen, ich kann super Kameras bauen, die können dann auch noch sagen,was für ein Elementarteilchen das war.Andere können sagen, ich baue dann auch noch so Kamerateile,die sagen dir die Energie von diesen Teilchen, die da durchgeflogen sind.Und wenn man das dann alles kombiniert, dann kriegt man halt dieses riesengroße Experiment.Ja wie es so ist, viele Physiker, tolle Ideen und eigentlich wenn man jedenfragt, sagt er ich baue jetzt einen super Detektor und die kommen ja auch, das ist ja keine.Hierarchische Bundeswehr oder so, wo irgendein General sagt so jetzt baut ihr das.Also zum Beispiel beim LHC, es ist nicht nur bei Atlas oder CMS,war es ganz klar, wir wollen das Higgs-Teilchen finden. Das war eines der großen Ziele.Also muss man die Kamera so bauen, dass sie sensibel darauf ist,dass sie Higgs-Teilchen, so wie wir sie vermuten, dass sie zerfallen,wirklich auch präzise und mit hoher Effizienz vermessen kann.Und zum Beispiel ein ganz klares Foto oder Signatur nennen wir das von einemzerfallenden Higgs-Teilchen, wenn es das gibt, sind zum Beispiel Elektronen,zwei Elektronen oder zwei Myonen.Also baut man dann die Kamera so, dass sie das super gut auflösen kann und dassman dann aus diesen zwei Elektronenspuren, die man vermessen kann,dann genau berechnen kann, was war die Masse des Teilchens, aus dem die beiden herausgekommen sind.Und das gibt sozusagen die Anforderungen an die Kamera und dann sagt jeder,ich habe da eine Idee, wie ich es mache. Und dann gehen sie los,rennen sie los und bauen dann so eine Art Prototypen.Und dann werden die dann getestet und mal ausprobiert und dann wird auch gezeigt,ja, das stimmt auch mit den Summulationen überein. Also es funktioniert genausogut mit einer Auflösung, wie wir uns das erhofft haben.Und dann wird das auch noch in Tests bewiesen und dann etablieren sich langsamwirklich Technologien, welche man nehmen könnte und welche nicht.Dann gibt es dann Unterschiede. Die eine hat dann wieder so viel Material,dass die die Teilchen beeinflusst.Andere sind dann leichter, haben dann auch wieder Vorteile. Und irgendwo findetsich, ruckelt sich dann die ganze Gemeinschaft so zurecht, dass sie am Endedann im Prinzip einen wissenschaftlichen Shootout machen.Und sagen, hier haben wir so ein Konzept, hier ist ein anderes Konzept,welches von den beiden nehmen wir jetzt für unsere Kamera?Und dann kommen so die Ideen. Und das andere sind natürlich was für Geldartner zur Verfügung.
Tim Pritlove
Aber es gab auch so Vorgänger-Detektor-Technik, die in gewisser Hinsicht auchso ein Leitmotiv dargestellt haben?
Christoph Rembser
Klar, weil alle kommen ja mit ihrer Erfahrung. Es ist ja nicht so,dass da irgendwelche Laien zusammenkommen, Sondern es sind meist Leute,die zum Beispiel schon eine Spurkammer, also ein Kamerateil aufbauen,die die Spuren der Teilchen ausliest.Das macht man ja schon seit den 70ern und noch älter, dass man solche Teilchenkameras baut.Und diese Erfahrung, da wollen sie dann immer sagen, jetzt kitzeln wir nochein bisschen mehr raus, machen hier noch ein bisschen mehr Technologie und nehmenhier zum Beispiel neue leichte Materialien.Also ich ganz konkret habe bei einem Kamerateil des Atlas mitgearbeitet,war da auch lange Projektleiter.Der nannte sich der Übergangsstrahlungsdetektor und das ist eigentlich eine Spurkammer,funktioniert noch so ein bisschen wie so ein altes Geiger-Müller-Zellrohr, man hat so ein Röhrchen,innen drin ist ein dünner Draht gespannt, in dem Röhrchen ist ein Gas und zwischender Röhrchenwand und dem Draht ist ein elektrisches Feld und wenn da jetzt soein Teilchen durchfliegt, Dann ionisiert es das Gas und die Elektronen driftenhin zum Draht und machen da ein Signal.Und wenn du dann über 100.000 von solchen Röhrchen hast, dann siehst du wirklichwie so Perlen auf einer Schnur, wo das Teilchen lang geflogen ist.Dann spricht das eine Röhrchen an, dann das andere. Und wenn man das dann visualisiert,sieht man richtig, ja da ging eine Spur lang.Und dieser Übergangsstrahlungsdetektor kann dann auch zusätzlich sagen,was für ein Teilchen das war. War das ein Elektron oder ein Pion,was da durchgeflogen ist? Und den ersten habe ich damals bei Zeuss bei Heragebaut. Das habe ich da am Liese gelernt.Und dann hatte man die Ideen dann auch, wie kann man das hier besser machen.Jetzt hatte man neue Materialien, Verbundstoffe, so Carbon, Fibers und so was, alles hat Spaß gemacht.Und damit hat man das dann optimiert. Und andere Kollegen zum Beispiel,die waren es gewohnt große Detektorteile zu bauen, die haben die Energie von Teilchen gemessen.Kalorimeter nennen sich die. Und da hat man dann auch neue Ideen gehabt,wie kann man die noch größer und noch präziser machen.Und da, wie gesagt, gab es dann immer solche Kollaborationen,die erst mal Prototypen gemacht haben und diese Prototypen wurden dann zum Beispielauch in Teststrahlen hier am CERN getestet und dann hat man gesehen,was ist die Performance?Was ist der Preis? Und dann konnte man sich auch was einigen.
Tim Pritlove
Es gab ja glaube ich auch andere Planungen vorher, so Eagle oder Escort,das waren so ähnliche Detektorkonzepte oder die sind auch gebaut worden?
Christoph Rembser
Ne, die wurden, also das sind solche Konzepte, ich sagte ja am Anfang tun sichdann die Freunde zusammen und sagen jetzt bauen wir mal einen und dem gebenwir mal einen Namen. Also für Physiker ist es immer wichtig,dass ein Projekt einen geilen Namen hat.
Tim Pritlove
Da wird auch alles getan, dass es am Ende eine Abkürzung ist,die noch cool klingt, auch wenn es mit dem Begriff nichts mehr zu tun hat.Klar. Da ist Atlas auch ein gutes Beispiel für, finde ich.
Christoph Rembser
Furchtbar, ich kann mir das nicht vorstellen. Ateroidal Apparatus for LHC Physics,also es ist ein echtes Konstrukt, klar. Da sind die CMS Kollegen ein bisschenkreativer gewesen. Ich weiß nicht, ob das kreativer hält.
Tim Pritlove
Ja gut, stimmt. Am Ende ist es einfach nur ein Drei Buchstaben Abkürzung.
Christoph Rembser
Trotzdem, dann nennt man natürlich auch seine Vorläufer oder seine Ideenprojekte,denen gibt man natürlich auch Namen. Muss sein.Und dann versucht man halt diese Dinger, die man sich vorgenommen hat,ob Eagle oder Ascot heißt, Prototypen zu bauen, das dann zu testen und wie gesagt,wenn man dann gesagt hat, der von Eagle funktioniert aber jetzt besser als dervon Ascot, Dann sagt man, okay, diese Kamerakomponente nehmen wir jetzt von dem.Diese Kamerakomponente von dem anderen und so bauen sich dann die Nachfolger,also Atlas, dann zusammen aus mehreren Konzeptstudien.Das Wichtige und das ist das, was die Teilchenphysiker eigentlich super können.Eigentlich ist es ja so, wenn man ein Konzept hat und das wird nicht genommen,da ist ja jeder erst mal stinkbeleidigt und das ist furchtbar.Vor allem muss man sich auch vorstellen, die haben ja auch Geld,die Leute. Und eigentlich will man ja das Geld dann haben, um das in seine Kamerakomponente,Detektorkomponente zu packen.Und man muss dafür immer sorgen, in der Soziologie der Kollaboration,dass man keine Verlierer schafft.Und das ist eigentlich ganz wichtig. Deswegen nimmt man den wissenschaftlichen,versucht man das über einen ganz wissenschaftlichen Ansatz, welches funktioniertbesser und welches ist vielleicht günstiger.Also Preis-Nutzen-Verhältnis und dann einigt man sich. Und dann versucht manauch den anderen, den Konkurrenten aber dann auch wieder an Bord zu holen,sodass man das dann zusammen macht.Und nur so erreicht man es dann, dass plötzlich 3000 Leute, wie in dem Fallder Atlas-Kollaboration, zusammenhalten und hinter einem einzigen Konzept stehen,was sie vorher von ihren verschiedenen Studien übernommen haben. Das ist faszinierend.
Tim Pritlove
Es ist ja in der Regel sehr international aber auch sehr europäisch geprägt.Aber bei Atlas gab es auch so eine US Komponente.
Christoph Rembser
Sogar bei CMS mehr natürlich. Aber das hat auch bei uns Tradition.Also natürlich das CERN ist ein europäisches Labor. Das heißt es sind nur europäischeLänder die im Prinzip im Rat, im Council daher kommt der Name,Konseil Europäens pour la Recherche Nucléaire, also im Ratssitzen.Diese Länder, die das CERN betreiben und da auch Mitgliedsbeitrag bezahlen,die entscheiden natürlich über das wissenschaftliche Programm.Aber dennoch ist es so, dass es auch viele Leute und Wissenschaftler in anderenLändern gibt, Japan, USA, weiß Gott, you name it, die wollen gerne da auch mitmachen.Und unsere Gemeinschaft, die Gemeinschaft der Forschenden, ist derartig immerschon international, dass es natürlich gar keine Frage ist. klar macht ihr mit.Ihr bezahlt dann halt auch einen Teil des Experiments.Ihr übernehmt auch Pflichten. Das ist auch ganz wichtig. Das muss ja alles betriebenwerden. Aber dann macht ihr mit.Das heißt aber nicht, dass die jetzt über das CERN bestimmen können.Das ist okay, aber das ist den Wissenschaftlern eigentlich auch erstmal egal.
Tim Pritlove
So, was wurde denn dann beschlossen, was man bauen soll? Also wir hatten jamit dem CMS schon gesprochen und das wesentliche Merkmal des CMS steckt ja auch im Namen.Es steht für Solenoid, also letzten Endes eine große Spule,eine Riesenspule, die sozusagen dieses Magnetfeld erzeugt,was ja immer erforderlich ist bei dieser ganzen Geschichte, weil man will jadiese hochenergetischen Teilchen, die in alle Richtungen platzen,irgendwie im Zaum halten und dabei eben vermessen.Beim Atlas steckt es auch im Namen, das ist das T-Toroidel, besser bekannt als Donut.Also sozusagen so ein Ringkernmagneten.
Christoph Rembser
Ja also erstmal haben sie beide natürlich ein Solonoin, aber das ist schon richtig.CMS hat einen riesengroßen Trump, während Atlas hat einen anderen Ansatz vondem ganzen Magnetsystem her.Und zwar hat man einmal bei Atlas dann gesagt, gut, oder das ist eigentlichauch bei CMS genau dasselbe erstmal, hinter den Kollisionspunkt.Die erste Kameralage, die man braucht.Das sind Spurdetektoren, die dann nämlich genau vermessen können,wie die Spuren von den kollidierenden oder die Teilchen von den kollidierendenProtonen weggeflogen sind.Und da sind die Konzepte mit sogenannten Siliziumdetektoren,Siliziumpixeldetektoren und Siliziumstreifendetektoren sehr ähnlich von Atlas und CMS.Also da, ein Experte bei Atlas, der kennt auch das CMS-System und umgekehrt.Das CMS-System ist was die Siliziumdetektoren angeht größer,weil damals hatte man noch nicht so viel Erfahrung mit diesen Siliziumdetektorenund die waren halt mutig und haben gesagt, wir bauen ein ganz großes System.Bei Atlas waren wir dann ein bisschen konservativer und haben vor allem aberauch gesagt, es ist auch wichtig, schon in dem Spursystem Teilchen identifizieren zu können.Dass man sagen kann, das ist ein Proton, das ist ein Elektron,das ist ein Pion oder das ist ein Myon oder weiß Gott was.Und deswegen hat der Atlas Silizium Detektor Pixel und Streifen noch diesenÜbergangsstrahlungsdetektor TRT,das ist im Prinzip diese Röhrchen, die ich eben beschrieben hatte,drumherum und da kann man dann auch noch Spuren nochmals zusätzlich vermessenaber vor allem auch sagen, was für ein Teilchen das war.Das war eine ganz wichtige Sache, die wir uns damals überlegt hatten,weil auf der Suche nach dem Higgs war es wichtig, Zerfälle des Higgs-Teilchens in Elektronen.Genau aufzuzeichnen und genau zu vermessen, weil da wusste man,da kann man ganz genau die Masse des Higgs-Teilchens damit bestimmen.Und dadurch, dass diese Event-Bilder,also diese Fotos, die man macht, die sind ja so voll von allen möglichen Teilchenund wenn man da dann diese Elektronen ganz genau sehen und vermessen kann,dann hilft das schon auf der Suche nach dem Higgs und es hilft auch später dassogenannte Kalorimeter, das dann um die Spurdetektoren gebaut ist,auch noch zu kalibrieren.Das war ganz wichtig. Und dann gehen die Unterschiede auch weiter,nämlich bei Atlas kommt dann erstmal eine Spule, ein Supraleitender Magnet,tatsächlich um diese Spurdetektoren.Und der Magnet hat ja eigentlich nicht die Aufgabe, die Teilchen zusammenzuhalten,sondern das ist eigentlich so, geladene Teilchen in einem Magnetfeld fliegen so eine gekrümmte Bahn.Und aufgrund der Krümmung kann man dann einmal sagen, sind die positiv odernegativ geladen, weil die einen krümmen sich in die eine Richtung und die anderenin die andere. Und man kann vor allem sagen, wie viel Energie haben die oderwie schnell sind die Teilchen.Wir nennen das Energie, aber im Prinzip wie schnell sind diese Teilchen.Ein ganz schnelles Teilchen wird in diesem Magnetfeld ganz wenig nur gekrümmt.Ein total langsames Teilchen ziemlich stark, das macht sogar schon fast so Kringelchen.Und damit kann man dann auch, wenn man die Energie dieser Teilchen präzise vermisst,kann man genauer auch berechnen, woher aus welchen Teilchen Zerfall kommen,diese Spuren, die wir jetzt gerade gemessen haben.Und dann hat der Atlas schon einen kleineren Magneten um diese Spurkammern unddann kommen bei Atlas noch Kalorimeter, die vermessen dann die Energien der Teilchen ganz genau.Und dann kommt noch eine entscheidende Detektorkomponente, sowohl bei CMS alsauch bei Atlas. Das sind die sogenannten Möhrenkammern.Myonen kennt man klar, kosmische Strahlung, sind ja immer da.Fliegen sind die schweren Brüder der Elektronen. Und wann immer so in so einemFoto so ein schwerer Bruder eines Elektrons auftaucht, kann man schon sagen,oh, das ist wahrscheinlich ein interessantes Foto.Und wir wissen auch, Higgs zerfällt auch gerne in zwei Myonen.Das heißt, wenn ich diese Sache auch noch ganz präzise messen kann,dann habe ich vielleicht noch höhere Statistik, um die Masse des Higgs-Teilchens zu finden.Und deswegen hat ATLAS noch in diesen Myondetektoren, die ganz außen sind,ein zusätzliches Magnetsystem eingebaut und das sind diese acht Toroidspulen,die eigentlich dann nochmal genau in dem Myondetektor ein gutes präzises magnetischesFeld erzeugen, dass man diese Spuren der Myonen in den Myonenkammern auch nochsehr präzise vermessen kann.Und das ist ein großer Unterschied zwischen ATLAS und CMS.
Tim Pritlove
Ah, verstehe. Das heißt im Prinzip für das Hauptmagnetfeld, was erstmal fürdie Primärkrümmung sorgt, da sind sie sich eher ähnlich.Aber es kommt sozusagen in dieser allerletzten Stufe, in dieser Myonschichtsozusagen, kommt nochmal was so um sozusagen die, was kann man dann,dann kann man die Energie noch genauer messen oder?
Christoph Rembser
Genau, dann hat man da noch eine höhere Präzision um die Energie oder Geschwindigkeit zu verändern.
Tim Pritlove
Präzision, das ist eigentlich das worum es geht. Gerade wenn man am Ende soviele Milliarden Kollisionen beobachtet und da eine statistische Aussage draus machen will,dann wäre ja quasi eine Ungenauigkeit die einmal auftritt, tritt ja dann auchmilliardenfach auf und dann multipliziert sich das dann entsprechend.Das heißt der Aufbau der beiden Detektoren ist so unterschiedlich eigentlichnicht, wo zieht man denn dann quasi die Grenze, dass man sagt,Es ist aber jetzt unterschiedlich genug, sodass wir eben auch wirklich das einezur Überprüfung des anderen heranziehen können,weil das Ziel der ganzen Idee ist ja nicht nur,dass man zwei hat, weil die dann, was weiß ich, wenn der eine einen Defekt hat,dann ist der andere immer noch heile, Sondern es geht ja auch darum,konzeptionell anders zu arbeiten, damit man eben nicht schon in seiner Messmethodeselber so ein Bias mit drin hatund am Ende irgendetwas meint festzustellen, was tatsächlich nur in dieser technischenKonstellation auftritt, aber ansonsten halt nie auftreten würde.Das ist ja sozusagen der Hintergedanke, warumman überhaupt zwei solche General-Purpose-Detektoren ja auch hinbaut.Aber wenn jetzt sozusagen der große Magnet ist identisch und die Spurdetekstitutionist ähnlich, dann die nächste Phase war ein bisschen anders.Woran kann man das auch quantifizieren, dass das anders genug ist?In so einer wissenschaftlichen Bewertung wird das ja wohl auch genau gemachtworden sein. Es wird ja sicherlich die Pläne auf dem Tisch gewesen sein undjemand wird gesagt haben müssen, okay das ist jetzt auch anders genug.
Christoph Rembser
Ne, das an sich, es gab so kein Komitee, von äußeren Experten oder von nichtinternen Experten, die dann gesagt haben, sind die Unterschiede groß genug.Also ganz wichtig und das ist ja schon mal der allergrößte Unterschied ist,es wurde von verschiedenen Menschen gebaut.Es wurden die kleinen Details von verschiedenen Physikern und Ingenieuren designtund vor allem auch die Software zur Auswertung der Bilder wird unabhängig vonanderen Leuten geschrieben.Ich persönlich würde sagen, es geht noch nicht mal um den großen analytischenUnterschied einer Detektorkamera,aber wir wollen natürlich auch immer herausfordernde Technologien bauen,was jetzt nicht so schon 20 Jahre alt ist, sondern was gerade mal state of the art ist.Und da weiß man manchmal noch nicht, funktioniert das, wird das eigentlich auchwirklich funktionieren.Das sagte ich ja. Also CMS war sehr, sehr, ich finde das tapfer und richtig,dass die da gesagt haben, wir bauen halt nur Silizium in die.In die inneren Spurkammern. Und da war Atlas halt konservativer,weil man gesagt hat, okay vielleicht funktioniert das ja ganz gar nicht undwir sind vielleicht zu optimistisch.Dann hat man bei Atlas halt noch zusätzlich diesen Gasdetektor Old FashionedTechnology gehabt. Also es ist auch eine Art Risikominimierung, die man dadurch macht.Und bei CMS zum Beispiel, die Kalorimeter sind so Kristallkalorimeter,die mit extrem hoher Präzision auch die Energie vermessen, aber da war man auchnicht ganz sicher, halten die überhaupt in den Strahlenschäden das ganze aus.Also es ist nicht unbedingt, dass jemand gesagt hat, hier das ist so anders,das reicht jetzt, das ist anders genug, sondern es ist wirklich auch eine Risikoabwägung,dass man manchmal sagt, okay das ist neu, das ist etwas konservativer.Und dann macht natürlich ein riesen Unterschied die Software,die die Sachen auswählt, beziehungsweise auch die Trigger, die überhaupt entscheiden,welche von den Bildern will man wegschreiben. Das haben wir ja noch gar nichtgesagt, aber 40 Millionen Bilder pro Sekunde kann man gar nicht speichern.Wir können das, das war am Anfang so, dass man vielleicht so auf ein paar hundertBilder gekommen ist, jetzt bauen wir gerade, rüsten wir das auf,dass wir auf tausend Bilder pro Sekunde sind, die wir überhaupt aufzeichnen können.Und das ist zum Beispiel auch, da es von anderen Leuten gemacht wird,aber auch teilweise auch andere Technologie in den Computer,Elektronik genommen wird, auch so unterschiedlich,dass wirklich von der Systematik her der eine Detektor ganz anders ist und unabhängigvon dem anderen und insofern ist es richtig wie du das gesagt hast,wenn der eine was misst und der andere nicht, dann ist da echt was faul.Bei einem oder dem anderen.
Tim Pritlove
So auch wenn wir das bei CMS im Prinzip schon mal durchgespielt haben,ist es glaube ich trotzdem wert nochmal wirklich diese Funktionsweise jetztvon innen nach außen auch mal so ein bisschen im zeitlichen Ablauf nachzuvollziehen,weil daran kann man sicherlich auch nochmal feststellen, wo im Detail die Unterschiededann durch unterschiedliche Messmethoden herauskommen.Also wie eben bei dem anderen Detektor, bei allen Detektoren auch,die Teilchen kommen so gebündelt in so Paketen,25 Nanosekunden Abstand vom LHC,werden sie da sozusagen hinein gepulst und kreuzen sich dann sozusagen mit denentgegenfliegenden Protonenhäufchen an einem entsprechenden Punkt und dort gibtes dann eben mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit Kollisionen.
Christoph Rembser
Und sogar mehr als eine.
Tim Pritlove
Mehr als eine, aber vielleicht auch nicht so viele wie man jetzt als Laie erstmaldenken möchte, wenn man sich anschaut, dass da jetzt irgendwie 100 MilliardenTeilchen aufeinander prasseln.Dafür ist relativ wenig los. Gibt ja auch ein schönes Äquivalent dazu so inder Kosmologie, wenn man sich dann halt mal so Theorien anschaut mit Galaxien verschmelzen.Ja das ist ja auch so ein Ereignis, sohier Andromeda Galaxie wird uns ja irgendwann mal hier auf Kollisionskurs mit der Milchstraße gehen,werden wir jetzt,nicht mehr so richtig miterleben, aber wird vermutlich stattfinden.
Christoph Rembser
Da ist er eigentlich noch leer. Aber deswegen, dann hat man Glück und es stoßenein paar zusammen und bleiben wir jetzt aber dann von einer von denen,die picken wir mal raus, das heißt diese Protonen prallen aufeinander,es entsteht Energie und jetzt gemäß E gleich mc² wandelt sich diese Energiejetzt wieder in Teilchen um. Wie in welche Teilchen?
Tim Pritlove
Warum entsteht Energie?Also entsteht die Energie oder ist die nicht in den Teilchen schon drin?
Christoph Rembser
Ok, da hast du recht. Also sie entsteht nicht, sondern die Bewegungsenergie,die Teilchen haben ja fast Lichtgeschwindigkeit, die ist wie zwei Autos,wenn die zusammenprallen, dann haben die natürlich schon ihre Energie vom Fahren,aber dann in diesem kleinen Punkt Die Energie wird umgewandelt.Umgewandelt und ist dann einfach als Energie da und kann dann neue Teilchen erzeugen.Und diese fliegen dann halt, also leben meist ganz kurz nur,weil es sind ja nur wenige elementare Teilchen wirklich stabil.Also das Elektron kennen wir, ist stabil, aber selbst das Myon,was wir schon aus der Kosmologie kennen, die kosmische Strahlung,lebt ja, hat ja auch nur eine gewisse Lebensdauer.Aber die meisten Teilchen zerfallen dann recht wieder und zerfallen in diesestabilen Teilchen wie Elektron oder quasi stabile Teilchen wie Myon und Pionund die fliegen dann halt durch unsere Schichten der Kamera und die ersten Schichtenoder die ersten Schichten sind die bei Atlas,dass genau die Spur fest gelegt wird, dass man zum Beispiel sagen kann...Die Kollision war hier, aber jetzt ein bisschen weiter davon weg.Da entstehen plötzlich noch weitere Teilchen oder da ist ein anderer Vertex, nennen wir das.Das ist immer so ein Hinweis, dass da zum Beispiel noch Teilchen wieder zerfallensind, die kurz entstanden sind. Zum Beispiel Teilchen mit B-Quarks drin.Wir sind aber wichtig zu identifizieren, weil die helfen uns zum Beispiel auchdas Higgs zu finden. Immer wenn schwere Teilchen involviert sind,war es gut, dass man gucken konnte, diese Fotos guckt ihr an,da ist vielleicht dann das Higgs.Und diese Spuren werden dann ganz genau aufgezeichnet und vor allem auch,weil sie ja in dem Magnetfeld drin sind, sehr präzise vermessen,was für Impulse sie haben.
Tim Pritlove
Aber wodurch werden sie denn konkret detektiert an dieser Stelle?
Christoph Rembser
Also wie funktioniert Silizium? Das ist im Prinzip nichts anderes als jede Handykamera.Also man hat eine Halbleiterschicht.Diese Halbleiterschicht, die hat dann auch am unteren Ende Auslesepads,die dann auf elektronische Bausteine geführt werden, wie zum Beispiel Verstärker.Aber dann ist es genauso wie eben schon beschrieben.Ein Teilchen fliegt durch ein Material durch, wo eine Spannung angelegt ist.Zwischen oben und unten dieser Sensoren ist eine Spannung angelegt und wenn da ein Teilchen,ein geladenes Teilchen durchfliegt, dann erzeugt es da in dem Silizium solcheLöcher oder erzeugt freie Elektronen,die dann zu einem bestimmten Punkt gesammelt werden und da dann als elektrischesSignal abgegriffen werden. Und jetzt, wenn diese Pixel...Durch die die fliegen können, klein genug sind, 25 Mikrometer,dann hat man damit ja schon eine unwahrscheinlich gute Ortsauflösung.Allein schon deswegen, grob 25 Mikrometer mal 25 Mikrometer,da ist es durchgeflogen, also weiß ich schon ziemlich genau, wo die Spur ist.Wenn ich mehrere davon habe, kann ich dann auch noch diese Spuren kombinierenund da es ja gerade fliegen muss, kann man das sehr präzise machen,dann geht das nochmal, verbessert sich die Auflösung noch um Faktoren.Und damit ist man dann schon ziemlich genau und präzise in der Spurauflösung.Wir haben da verschiedene Lagen, also je näher man an dem Kollisionen dran ist,dann hilft das der Spurrekonstruktion.Zum Beispiel bei Atlas ist glaube ich die innere Lage noch näher dran als bei CMS, hilft uns.Dann gibt es vier Lagen, die nach außen gehen von diesen Pixeln.Und danach gibt es dann diese Siliciumstreifen, funktionieren ganz genauso,nicht 25 Mikrometer auf 50 Mikrometer, sondern sind halt lange Streifen,mehrere Zentimeter, aber auch relativ dünn.Trotzdem, wenn man das dann im Algorithmus kombiniert, mit den Spuren kann mandas sehr genau verändern.
Tim Pritlove
Warum wechselt man, also die inneren sind wie bei CMS solche Folien,die sozusagen in so Pixel aufgeteilt sind.
Christoph Rembser
Ja, wie so Handykamera-Tipps, also die Fotos, CCDs, genau.
Tim Pritlove
Und inwiefern ändert sich das jetzt von der Struktur ins Streifen?Also ist es dann immer noch eine Folie, die sich anders bestückt oder wo ist der Unterschied?
Christoph Rembser
Also das sind ja solche Fässer, diese Kameras, wie wir sie aufgebaut haben.Die Pixel sind quadratisch und da kann man ganz viele Pixel nebeneinander undhintereinander nebeneinander machen.Aber je weiter man nach außen geht, desto größer wird ja auch diese Oberflächedes Fasses, die da drum ist. Das heißt dann ist es plötzlich eine Kostenfrage.Weil natürlich wäre es genial, wenn wir da auch noch Pixel hätten,aber dann wird es zu teuer, weil jeder Pixel hat ja einen eigenen Auslese-Elektronikkanalund eigentlich berechnet sich dann auch so ein Kostenpunkt.
Tim Pritlove
Also das heißt man lässt quasi eine Dimension weg und hat einfach nur noch dieLinie sozusagen wo es durch geht.
Christoph Rembser
Richtig, genau und dadurch, dass man aber vorher Pixel hat, kriegt man grobja auch schon die Information, wo es lang geflogen ist, dann braucht man das nicht mehr, ganz genau.Und bei CMS sind diese Streifendetektoren, gehen dann noch zu höherem Radius,weg vom Kollisionspunkt.Bei Atlas hat man dann halt diese Röhrchendetektoren, Gasröhrchen,kleine 4 mm dicken Röhrchen mit dem Draht da drin und wenn da das Teilchen durchfliegt,dann ionisiert es das Gas und macht da auf dem Draht dann ein elektrisches Signalund das sind dann auch mindestens 32 von diesen Röhrchen durch diese und Teilchendann von innen nach außen durchfliegt.Und die geben dann auch noch genaue Informationen, wo das langgeflogen ist,aber vor allem auch Informationen, ob das zum Beispiel ein Elektron gewesen ist oder ein Pion.
Tim Pritlove
Mir ist nicht ganz klar, wie dieses Röhrchen sozusagen, also was misst es jetzt genau?Also da ist der Draht, das Teilchen fliegt durch, das Gas ionisiert,also erzeugt dann, erzeugen ist mal ein schwieriges Wort, also kommen dann Elektroden,werden da welche frei oder was?
Christoph Rembser
Klar die werden aus dem Atom, aus dem Gasatom richtig rausgehauen.
Tim Pritlove
Okay und die fliegen dann sozusagen zu diesem Draht und erzeugen in dem Momenteinen Impuls für das ganze Röhrchen oder hat man da wirklich einen Zeitverlauf den man da misst?
Christoph Rembser
Ja, richtig. Man hat nämlich ein bisschen einen Zeitverlauf.Also das einzelne Röhrchen.Da fliegt das Teilchen durch den Querschnitt durch, trifft natürlich nicht immerdie Mitte, sondern so ein bisschen am Rand zwischen der Röhrchenwand und dem Draht.
Tim Pritlove
Also die fliegt eher quer durch als längs? Ja genau, richtig.
Christoph Rembser
Also die Röhrchen sind sozusagen entlang des ganzen Fasses. Also wenn man sichdiese Kamera als Fass vorstellt, dann sind die im Prinzip entlang der Fasswände.
Tim Pritlove
Parallel zum Teilchenbeschleuniger sozusagen.Also sie gehen von der Seite durch die Rohre durch, also die treffen irgendwo auf diesem Rohr auf.
Christoph Rembser
Ja oder fliegen durch das Rohr durch, ionisieren und dann ist ja zwischen deräußeren Hülle des Röhrchens und dem Draht ist ein elektrisches Feld.Und die Elektronen, die dann rausgekickt wurden aus dem Gas,die driften dann hin zu dem Draht, einfach aufgrund des elektrischen Feldes.Und das elektrische Feld ist so stark, dass ein einzelnes Elektron dann nochweitere Elektronen aus dem Gas rauskickt, weil es so ein bisschen in dem Feld beschleunigt wird.Und dadurch hat man dann, sagen wir mal, pro ein Elektron, was vielleicht ionisiertdurch Ionisation des Teilchens entstanden ist, 10.000,elektrosekundäre Elektronen, die durch diese Gasverstärkung,also durch das elektrische Feld kommen und das erzeugt ein Signal,was groß genug Größend gelesen werden kann.
Tim Pritlove
Und das ist aber auch nur eine eindimensionale Information wie bei diesen Siliziumstreifenoder kann man dann tatsächlich an Laufzeiten dann von diesem Draht auch nochmessen, wo das da durchgegangen ist?
Christoph Rembser
Ja, also an Laufzeit kann man tatsächlich berechnen, dass man sie an beiden Seiten ausliest.Wir haben aber festgestellt, braucht man gar nicht, weil durch die Informationder Siliziumdetektoren zuvor,wo es vorher war, hat man das schon relativ gut zugeordnet bekommen.Aber tatsächlich ist eine Zeitinformation schon wichtig, weil wir wissen jaalle 25 Nanosekunden gibt es vielleicht ein neues Bild und eine neue Kollision.Das heißt aber, wenn zum Beispiel so ein Draht ein Signal sieht,dann kommt der ja nicht zum genauen Zeitpunkt der Kollision,sondern ein bisschen nachher.Und diese Zeit nachher berechnet sich aus der Flugzeit des Teilchens über diesenMeter, selbst wenn es Lichtgeschwindigkeit hat, ist das doch,reden wir doch schon darüber.
Tim Pritlove
Das dauert auch ein bisschen.
Christoph Rembser
Und durch die Driftgeschwindigkeit innerhalb des Röhrchens von der Wand hin zum Draht.Und damit kann man dann auch noch ganz genau, wo genau in dem Röhrchen selberdas durchgeflogen ist, bestimmen.Also Zeitmessung ist eine ganz wichtige Sache für uns und das wird auch fürdie Zukunft immer wichtiger. Zeitmessung, also 4D-Informationen.Wir machen demnächst halt nicht nur diese dreidimensionalen Bilder,sondern dann auch noch die Zeitkomponente kommt auch noch dazu.Naja, das sind die Spurdetektoren.
Tim Pritlove
Entschuldigung, wie viel Strecke haben wir jetzt zurückgelegt,bis wir am Ende dieser Röhrchen angekommen sind?
Christoph Rembser
Genau, das ist ungefähr ein Meter. Also muss man sich vorstellen,zwei Meter im Durchmesser hat diese Kameradicke des inneren Detektors für die Spuren.Daraufhin kommt dann die Spule. Das ist dieser Magnet, den du kurz angesprochen hast.Supraleitender Magnet und derist bei Atlas auch sehr dünn, hat aber nicht so die Stärke wie bei CMS.Der krümmt die Teilchenbahn. Und hinter dem Magneten kommt dann das Kalorimeter.Und hier bei Atlas haben wir was besonderes. Es ist nämlich ein Flüssig-Argon-Kalorimeter.
Tim Pritlove
Also Kalorimeter ist sozusagen der Energiemesser und auch so ein bisschen diepotenzielle Endstation für die allermeisten Teilchen.
Christoph Rembser
Genau, richtig. Also Kalorimeter misst die Energie der einzelnen Teilchen.Deswegen bestehen solche Kalorimeter meist oder eigentlich immer aus schwerenMaterialien, wie zum Beispiel irgendwelche Bleiplatten oder Stahlplatten, Kupferplatten.Da fliegen dann die Teilchen rein und machen Schauern auf, geben ihre Energieab, indem sie wieder weitere elektromagnetische Schauer oder Teilchen erzeugen.Die muss man dann jetzt aber auch noch nachweisen und da hat man das dann so,dass man so eine Absorberschicht immer hat und dazwischen dann eine Schichtmit flüssigem Argon und da ist jetzt wieder genau derselbe Trick fast wie beidiesen Röhrchen, die ich vorher beschrieben habe.Dieses flüssig Argon wird auch wieder ionisiert,wenn da diese Teilchenschauer drin sind und wenn man dann auf der anderen Seitezwischen der Absorberschicht Liquid Argon und dann eine Schicht Elektronik hinbaut,dann messen die wieder die entstandenen Schauerteilchen und können dann wiedergenau sagen, hier haben wir einen Stromimpuls gesehen, der so und so groß ist.Und dafür sind immer diese Messungen oder wir nennen das Teststrahlen vorherunglaublich wichtig, dass man kalibriert.Wenn wir einen elektrischen Impuls sehen, der so und so groß ist,dann entspricht das einem Teilchen mit der und der Energie.Und diese Kalorimeter sind relativ dick, also das sind mehrere 10 Zentimeter,so dass man viele Teilchen vermessen kann und genau aufzeichnen kann.Und vor allem diese elektromagnetischen Kalorimeter, das sind die,die der innere Teil eines großen Kalorimeters bildet, die messen präzise dieEnergie der Elektronen.Diese Kalorimeter sind auch meist so dick, dass jedes Elektron bis dahin gutabsorbiert ist, wenn es diese paar 10 Zentimeter durchquert hat.Das hat CMS auch. CMS hat nicht einen Liquid-Argon-Kalorimeter,sondern einen Kristall-Kalorimeter.Da wird dann der Lichtimpuls gemessen, wenn da so ein Teilchen aufschaut.
Tim Pritlove
Genau, mit diesem Blei-Wolframat-Kristall.
Christoph Rembser
Wir messen halt Elektronen, aber das funktioniert ziemlich gut.Wir haben aber bei uns auch tatsächlich den Vorteil bei Atlas dadurch,dass diese Kalorimeter so aufgebaut sind,dass sie auch wieder genau, und du hast das genau richtig schön beschrieben,parallel zum Strahlverlauf gehen und dann auch noch so eine leichte Akkordeonformhaben, kann man genau sagen auch aus welcher Richtung das Elektronen gekommenist. Also das funktioniert relativ gut.Und das hat uns auch geholfen bei der Higgs-Entdeckung.Ja und dann um dieses elektromagnetische Kalorimeter kommt dann immer noch einatronisches Kalorimeter und das ist viel Material und da hofft man dann,dass dann auch die ganzen restlichen Teilchen aufschauern.Und ganz wichtig war, die inneren Spurlagen, die vermessen ja nur Teilchen,die geladen sind. Da dachte ich, ja das geht nur über Ionisation.Aber die Kalorimeter vermessen auch Teilchen, die elektrisch neutral sind.Da gibt es zum Beispiel Neutronen, kennt man ja, oder Pion, ungeladene Pion,das P0, weil die auch in dem Material aufschauern.Das heißt, Kalorimeter vermessen nicht nur die geladenen Teilchen,sondern, und das ist für die Gesamtenergiebilanz wichtig, alle Teilchen, auch die ungeladenen.Klar, kein Teilchen vermisst Neutrinos, aber das ist okay.
Tim Pritlove
Dafür braucht man Kilometer Eiswürfel in der Antarktis.
Christoph Rembser
Ja, aber wir schaffen es tatsächlich auch Neutrinos in dem Sinne nachzuweisen,dass wir sie eben nicht messen. Da muss ich aber nachher drauf kommen,weil das ist eine ganz wichtige Eigenschaft eines Detektors,um zum Beispiel dunkle Materieteilchen finden zu können. Da kommen wir gleich drauf.Und dann außen rum kommen noch die Muonkammern. Das ist auch wieder ganz wichtig.Bei beiden CMS und Atlas ist nämlich die Teilchen, die durch das ganze Materialdurchfliegen, das sind die schweren Brüder der Elektronen, die Muon, auch geladen.Teilchen und die werden dann auch wieder von Von Detektoren,meist sind das Gasdetektoren, funktioniert eigentlich immer so,dass man zwei Platten hat.Dazwischen ist ein sehr starkes elektrisches Feld und da ist auch wieder einGas reingefüllt und wenn da ein Teilchen durchfliegt dann macht es da wiedereine Ionisation und dann gibt es im Prinzip einen Funkendurchschlag von deroberen Platte bis zur unteren.Das ist ja eigentlich so wie so ein Ding was man in der Bäckerei hat um dieFliegen tot zu machen, also die sind dann da außen herum aufgebaut und wannimmer da so ein Ding durchfliegt dann macht es einen Knall oder dann sieht maneinen Lichtblitz und dann kann man das aufzeichnen.
Tim Pritlove
Okay, so ein Large Scale Fliegenfänger, um Teilchen zum Knallen zu bringen.
Christoph Rembser
Aber das Wichtige ist halt wirklich, die Dinger sind so aufgebaut, also einmal das Fass,habe ich natürlich nicht so gut beschrieben, aber es ist wirklich das Fass parallelzu der Strahlrichtung drum herum und damit das Fass auch noch geschlossen ist,damit keine Teilchen irgendwie so noch entkommen in Richtung des Strahlrohrs,sind dann noch so zwei Fassdeckel drauf gebaut.Und damit umschließt man den Wechselwirkungsfang fast komplett.Und das ist auch wichtig, weil klar das Higgs war eine tolle Sache und dafürhaben wir auch die Detektoren gebaut. Aber meine persönliche Motivation isteigentlich eine ganz andere. Ich will dunkle Materie finden.Das ist das wieso ich hier eigentlich arbeite.Und das war auch das, was ich früher auch schon in den alten Beschleunigerngesucht habe, weil das ist was faszinierendes.Also ich erwähnte ja schon, die Physiker hier, wir kennen das,wir träumen, wenn wir oben in den Himmel gucken und dieses Weltall funktionieren sehen.Und dann brennen sich einem natürlich jetzt die Fotos und von irgendwelchenTeleskopen ins Hirn, die uns zum Beispiel Bullet Galaxy zeigen,wo zwei Galaxien miteinander kollidieren.Und dann gibt es Fotografien von verschiedenen Teleskopen und Kameras in der Astronomie,die uns dann zeigen, hier, dann gibt es den heißen Bereich,die durchdringen sich schnell, aber dann, die durchdringen sich und dann gibtes aber auch einen Bereich, den man mit Gravitationslinsen gemessen hat,der geht schnell durch, das ist ein ganz klarer Beweis dafür,dass es dunkle Materie geben muss im Weltall.Und wenn es dunkle Materie geben muss, dann muss die auch beim Urknall entstanden sein.Und welche Geräte eignen sich dann wieder besser als unsere hier,wo wir in der Zeit zurückreisen können, ganz nah an den Urknall,um zu gucken, hey, wenn es die dunkle Materie vom Urknall her gibt,dann sind wir vielleicht jetzt in der richtigen Energie, beziehungsweise inder richtigen Zeit zurück, in der wir gucken können, wie diese dunkle Materie entstanden ist.Das heißt, wenn ich die in meinen Kameras nachweise, dann weiß ich endlich,was das ist und das versuche ich.
Tim Pritlove
Es gibt ja sehr viele Thesen, also dunkle Materie, um es auch nochmal kurz erläutertzu haben, ist sozusagen das, was man halt bei der Beobachtung von Galaxien sichquasi errechnet hat, was eigentlich noch da sein müsste, aber man...Sieht's nicht. Hence the name Dunkel, aber es geht gar nicht so sehr um dieDunkelheit, sondern eher darum, dass man es eigentlich nicht weiß.Dark im Sinne von wir haben keine wirklich gute Erklärung dafür und auch derBegriff Materie ist ja im Prinzip auch erstmal nur so daher gesagt,weil ob es sich wirklich um Materie im eigentlichen Sinne oder zumindest imaktuellen Verständnis davon was es sich,Man kann es nicht mit Bestimmtheit sagen und es gibt ja auch viele Theorien,die versuchen dieses Phänomen auf eine andere Art und Weise zu erklären.Entweder indem man einfach so die Gravitation anders definiert,rechnet einfach gar nicht richtig, ist ein bisschen schwierig gegen Einsteinzu arbeiten, aber man kann es ja mal probieren.Oder ja, dass alles voll ist mit irgendwie schwarzen Löchern und man es nurdeshalb nicht beobachten kann,weil man halt einfach den Elektromagnetismus sozusagen fernhält und keinerleiPhoton mehr entweichen kann, was ja nun unser primäres Messinstrument eben ist.Es sei denn man benutzt halt jetzt noch Gravitationswellenastronomie und Neutrinoastronomie,die jetzt sozusagen frisch dazugekommen ist, aber das hilft uns in dem Fallauch erstmal nicht weiter oder zumindest macht es derzeit so den Eindruck,als ob man das nicht unbedingt weiterbringen kann.Also hat man jetzt irgendwie das Problem, dass man eigentlich erstmal versuchtirgendwas nachzuweisen, von dem man noch nicht mal genau weiß, was es ist.Aber auf der anderen Seite ist ja jetzt die Wahrscheinlichkeit,dass es sich doch um irgendeine Materieform handelt und damit ja sozusagen,Teilchen haben muss, die irgendwelche Eigenschaften haben, ist jetzt auch nichtkomplett von der Hand zu weisen.Das kann halt auch gut sein und die ganze Teilchenbeobachtung,die halt jetzt über Jahrzehnte gemacht wurde, fast, ich weiß nicht wie langeguckt man sich jetzt Teilchen an, 100 Jahre sind noch nicht ganz voll so,aber da ging es dann irgendwie los.Und natürlich jetzt vor allem so in den letzten 50,60 Jahren mit den ganzen Beschleunigungsringen und eben der ganzen Teilchenphysik,die hier auch theoretisch geleistet wird, kommt man eben so langsam an diesenPunkt, dass man sagt, okay, wir haben jetzt hier so unser Standardmodell so ein bisschen zusammen.Also alles das, was wir so bisher sehen konnten,messen konnten, haben wir, wo wir auch theoretische Konstrukte drumherum gebaut haben,um da sozusagen Verständnis zu bekommen, wie das auch alles miteinander interagiert,ist so jetzt auch erstmal weitgehend komplett, nachdem halt dieses Higgs-Feld und bzw.Das Teilchen, was daraus resultiert, das Higgs-Boson, dann auch erfolgreich am CERN gemessen wurde.Und wenn man jetzt also sagt, jetzt brauchen wir aber noch dunkle Materie,dann müssen wir halt irgendwo gucken, wo wir noch nicht geguckt haben und daskann halt bedeuten, entweder haben wir noch nicht scharf genug geguckt.Oder wir gucken in einem falschen Bereich und brauchen noch mehr Power.
Christoph Rembser
Zum Beispiel? Ja richtig.
Tim Pritlove
Und gibt es noch einen anderen Ansatz wohin man jetzt guckt?
Christoph Rembser
Du fasst das sehr richtig zusammen und sehr schön auch. Weil es in der Tat so ist.Ich kann dir nicht sagen wir suchen da etwas wo wir eigentlich keine Idee haben.Und deswegen ist das Schöne ja auch, wie viele Physiker verschiedene Ansätzenehmen und die haben alle ihre gleiche Berechtigung.Also da sieht man wieder, Wissenschaft löst sich oder geht nur,wenn wir alle da zusammen uns die Sachen angucken.Also Astronomie ist da ganz wichtig, weil vielleicht ist dunkle Materie wirklichnicht so, wie wir uns das vorstellen. Die Beschleuniger, was wir hier machen,bieten uns in einer Hinsicht halt vielleicht eine Möglichkeit.Aber ob das die ist, um dann nachher dunkle Materie wirklich zu finden, das weiß ich nicht.
Tim Pritlove
Jetzt haben wir halt diese fette Maschine, jetzt kann man ja auch zumindest mal versuchen was geht.
Christoph Rembser
Genau und das ist das Argument, was ich eben meinte. Wenn man dann annimmt,dunkle Materie sind Teilchen, die beim Urknall entstanden sind,weil irgendwann müssen sie ja entstanden sein, Dann hilft mir diese Maschine,die ja nichts anderes ist als eine Zeitmaschine und Bedingungen des frühen Weltalls,10hoch-12 Sekunden nach dem Urknall, uns beobachten lässt.Und wenn ich da dann gucke, wurden da vielleicht dunkle Materieteilchen erzeugt,dann habe ich ja vielleicht Glück gehabt.Vielleicht reicht auch die Energie nicht, vielleicht müsste ich auch noch weiterzurückgehen, 10hoch-13, 10hoch-14.Das würde uns natürlich in der Teilchenphysik oder in der beschleunigerbasiertenTeilchenphysik wieder helfen zu sagen wir bauen den nächsten Beschleuniger.
Tim Pritlove
Die Pläne gibt es ja im Prinzip, man ist zumindest auf der Reise mit diesemFCEE hier zumindest erstmal in der Planungsphase.
Christoph Rembser
Aber da wollen wir jetzt gar nicht weiter.
Tim Pritlove
Also das ist sozusagen etwas, was jetzt noch...Unklar ist wann es wie in welcher Form konkret kommen wird und dann selbst wennes beschlossen ist auch noch eine Weile dauert, weil bis man 190 oder 100 Kilometerreingebaut hat, so einen Tunnel muss man erstmal gegraben bekommen.Die andere Methode ist natürlich das zu verbessern was man schon hat und dannsind wir ja im Prinzip wieder genau in deinem Feld. Dann kommt es ja sozusagendarüber an, okay vielleicht müssen wir einfach nur besser detektieren.Alexander Ruschauer hat natürlich von der Beschleunigerseite her auch ja schon erzählt,was Sie als Team dazu beitragen können, indem Sie dann diese Dichten in dieserPakete verbessern, also quasidie Qualität des Urmaterials, auf dem man kollidieren lässt, verbessert.Aber was ist jetzt sozusagen eure Perspektive im Sinne von was kann man an diesenDetektoren noch verbessern?Da gehen wir jetzt mal von unlimitierten finanziellen Möglichkeiten aus.Wenn man schon träumt dann richtig.Was würdest du dann sozusagen ranschaffen?
Christoph Rembser
Tatsächlich sind unsere Beschleuniger Kollegen immens wichtig.Und zwar ist es ja so, dunkle Materie scheint es ja im Beschleuniger nicht ingroßen Mengen zu geben. Sonst hätten wir bestimmt schon was gesehen,Fotos davon gesehen können.Das heißt, was müssen uns die Kollegen von den Beschleunigern zur Verfügungstellen, ist eigentlich so, bleiben wir mal bei dem Bild, was ich vorher schonhatte, das ist so wie wenn man die Regeln von Fußball nicht kennt.Wenn man sich viele Fotos anguckt, lernt man langsam was über die Regeln vonFußball kennen und einmal Maradona den Ball mit der Hand spielen sehen,da muss man schon eine Menge Fotos durchgehen, um das dann zu sehen.Und jetzt nehmen wir mal an, dunkle Materie ist halt wirklich so selten,entsteht die bei den Kollisionen, das heißt wir müssen unwahrscheinlich vieleFotos machen, das heißt wir brauchen eine Art Zeit.B und das liefern uns tatsächlich die Beschleuniger, sind so dichte Teilchenpakete,dass die Wahrscheinlichkeit, dass Protonen sich treffen höher ist.Das heißt, dass wir mehr Bilder haben, bei denen das überhaupt hätte entstehenkönnen. Das heißt eigentlich sagen wir Intensität, wir brauchen mehr Daten undmehr Fotos. Zeit hilft uns.
Tim Pritlove
Handgottes, wir sind immer wieder beim Gottesdanken.
Christoph Rembser
Ne das bitte nicht, das ist ein sehr unglücklicher Name.Aber Maradona und Handgottes können wir doch mal bitte, den können wir so lassen glaube ich.Also das, da helfen die uns tatsächlich. Also wir brauchen Intensität und wirbrauchen Möglichkeiten von diesen 40 Millionen Bildungen pro Sekunde wirklichauch alle analysieren zu können.Das heißt moderne Computertechnologie, moderne Elektronik, schnelle Elektronik.
Tim Pritlove
Die Atlasrate erhöhen so würde man sagen.
Christoph Rembser
Richtig genau. Das ist das was wir auch machen im Moment.Da bauen wir unsere Detektoren noch weiter aus, verbessern die,weil klar Atlas wurde 2012 angeschaltet oder 2008 angeschaltet,das ist ja 2008 angeschaltet, das ist ja schon alte Technologie.Jetzt wollen wir wieder modernere Sachen da reinbringen, um die Raten noch weiterzu erhöhen, die Anzahl der Fotos und vor allem die Kapazität diese Fotos genau zu analysieren.Weil wie sähe eigentlich dunkle Materie aus auf einem Foto?Das ist ja, das sagtest du eben auch schon so schön, man sieht ja nix. Es ist genau das,dass man eben nichts sieht, also nicht ganz, aber wenn solche Teilchen zusammenstoßen,Dann fliegen ja alle möglichen Teilchen in irgendwelche Richtungen und werdenda von den Kameras vermessen.Und damit haben wir dann im Prinzip Energie und Impuls aller Teilchen, die da wegfliegen.Wenn wir jetzt was haben, was man nicht sieht, dann fehlt irgendwo an der Stellewas. Dann ist irgendwas nicht mehr richtig ausbalanciert. vor allem.In einem Bereich, der senkrecht zum Strahlverlauf geht. Und das muss man sich ja so vorstellen.Wenn Teilchen zusammenprallen, haben die ja Flugrichtung. Und diese Flugrichtungsind ja nur entlang des Strahlrohrs.Wenn wir jetzt ein Foto machen von den wegfliegenden Teilchen,dann muss ja, weil bisher keinerlei Bewegungsrichtung transvers zu diesem odersenkrecht auf diesen Strahlaxen war, Man muss ja auf dem Bild alles balanciertsein, was transvers davon weg geht.Das heißt, wenn was in die eine Richtung geht, muss auch was in die andere Richtunggehen, damit es in der Summe wieder Impulsehaltung gilt.Ja, ich hoffe, du kannst noch ein bisschen folgen.
Tim Pritlove
Ich kann folgen, ja.
Christoph Rembser
Super. Und dafür ist es dann so, wenn jetzt dabei ein dunkles Materieteilchenentstanden wäre, dann fliegt das in eine Richtung, wird aber überhaupt nicht vermessen.Aber es wird natürlich von irgendwas balanciert, was sagen wir mal ein Teilchenstrahlist oder ein Jet ist und so, der in diese Richtung geht.Und wenn wir uns dann die Bilder angucken und nur diese transverse Ebene senkrechtzum Strahl uns angucken, dann sieht man plötzlich etwas, das nennen wir fehlende Energie.Missing Energy. Weil da dann unser Detektor nichts gesehen hat.
Tim Pritlove
Aber kann es nicht sein, dass wenn es in eine Richtung dunkle Materie geht,dass es auch in die andere Richtung dunkle Materie geht?
Christoph Rembser
Das kann natürlich auch sein. Dunkle Materie wird dann farbproduziert aber...
Tim Pritlove
Kann aber, also es ist durchaus wahrscheinlich, die Teilchen sind immer unterschiedlich sozusagen.Es gibt relativ wenig Symmetrie in diesem Ergebnis.
Christoph Rembser
Ja aber es kann durchaus sein, dass dann so ein Bild ist und das ist genau dasworauf wir dann achten. Es kann natürlich auch ein Neutrino sein,weil ein Neutrino macht genau diese selbe Signatur.Aber da ein Neutrino leicht ist, fällt das nicht so auf als Missing Energy,so ein schweres dunkle Materieteil, das wäre richtig schwer,das müsste echt schon ganz schön doll ausbalanciert werden und das würde sehrviel fehlen in der Energie machen.Also das sind so, wie wir dann in den Fotos solche Dinge erkennen könnten unddeswegen brauchen wir halt viele.
Tim Pritlove
Also Abtastrate erhöhen hat ja auch, wenn ich das richtig sehe,die eigentliche Bauform und die Komponenten, die ganzen Messkomponenten,die widersprechen einer höheren Abtastrate nicht.Man muss es halt einfach nur konsumieren können. Das heißt es ist eine Frageder Computertechnik, der Datenübertragung, der Speicherung etc.Der Echtzeitanalyse der Daten um das entsprechend rausfiltern zu können wasrelevant ist und was nicht relevant ist.Und das skaliert ja im Prinzip so ein bisschen mit der technologischen Entwicklung der Elektronik.Das hat zwar auch nochmal so seine Probleme aber im Prinzip tut sich da ja noch was.
Christoph Rembser
Das ist genau richtig, jaja.
Tim Pritlove
Dieses Steinhandmodell ist ja irgendwie ein bisschen kompliziert,wenn man drauf schaut und ich hab langsam das Gefühl es sickert bei mir ein bisschen ein,aber es gibt ja dann noch so diese Idee in dem Erklärungsversuch von allem mit der Supersymmetrie.Auch noch so ein catchy Abkürzungsnamen, Susi.Und mir ist nicht so ganz klar wie populär diese Theorie eigentlich so ist,also ob das eher so eine Fringe Meinung ist und alle schütteln so ein bisschenmit dem Kopf, aber schauen wir mal.Oder ob das schon irgendwie auch so ein heißer Kandidat zu sein scheint,weil es scheint ja bisher noch nicht wirklich auch nur einen Beleg dafür zugeben, sondern es ist sozusagen so eine Theorie. Und die macht ja dann diesesganze Standardmodell nochmal komplizierter, weil es ja alles auch nochmal doppelt gibt.Ich hab nicht so ganz verstanden, warum das eigentlich, wenn man überhaupt auf die Idee kommt,dass das irgendwie sein könnte und was es dann irgendwie leichter macht zu erklärenals jetzt schon und geschweige denn,wie man jetzt in irgendeiner Form mit diesen Teilchendetektoren und dem ganzenMesszoo, den wir hier haben, da weitere Erkenntnisse einsammeln kann.
Christoph Rembser
Also erstmal Supersymmetrie ist tatsächlich nicht tot zu kriegen.Es ist auch ein tolles Physikmodell, was viele Vorteile hat.Also versuche ich mal auf Folgendes einzugehen. Also wenn man vom Standardmodellguckt, wir haben zwei verschiedene Teilchentypen.Ganz wichtig. Das eine sind nämlich Materieteilchen. Das sind so die Legosteine,weil es denen alles aufgebaut ist. Und dann gibt es die Kraftteilchen.Das sind so die großen Unterschiede und Bereiche, die es gibt.
Tim Pritlove
Genau. Also das eine sind so Hadronen und Leptonen.Also das eine macht so die Kerneunter anderem. Das andere macht so die Elektronen und die Verwandten.Und das andere sind die, die sozusagen die Kräfte übertragen.
Christoph Rembser
Licht, das ist das Photon, elektromagnetische Kraft.Gluon ist die Kraft, die im Prinzip die Quarks in einem Kern zusammenhält.Dann gibt es natürlich die Gravitation, kennen wir auch alle.Da gibt es aber noch nicht so das gefundene Graviton dazu, haben wir noch nichtgesehen. Aber was wir natürlich kennen, das ist das sogenannte Überträger derschwachen Kraft. Ich nenne es immer die Harry Potter Teilchen.Und zwar ist die schwache Kraft ja nichts anderes als die Protonteilchen,weil die sind dafür verantwortlich, dass ein Teilchen sich in was anderes umwandelnkann, das ist ganz wichtig, also sehr fundamental.Wir kennen doch alle den radioaktiven Zerfall. Was passiert ist,dass ein Proton sich in Neutronen oder andersrum umwandeln kann und das klappteinfach nur, weil es diese schwache Kraft gibt. Ja, der wird dann zum Beispiel ein...Über ein Z-Boson, das elektrisch neutral ist, kann sich ein Teilchen umwandelnoder über ein W-Boson, was auch geladen sein kann, kann sich ein Teilchen miteiner anderen Ladung umwandeln.Deswegen, das ist immer so als die Harry Potter Kraft, dann vergisst man dasnicht mehr, warum das so ist.
Tim Pritlove
Also wir haben diese beiden Gruppen, ich nenne es immer so die Ist und die Wird Abteilung.Das eine ist irgendwie, das andere sorgt dafür, dass irgendwas wird.
Christoph Rembser
Genau, nee das ist auch richtig. Und jetzt ist es so,wenn man in der Theorie, Theoretiker Massen von Teilchen berechnen,dann ist das ja nicht einfach nur eine Zahl,sondern zu der Masse eines Teilchens in seiner Berechnung trägt zum Beispielbei sogenannte Schleifenrechnung,dass aus dem Vakuum irgendwelche Koppelungen gibt, die dann noch zu der Masseeines Teilchens beitragen.Da wäre ich jetzt manchmal, das ist, hätte ich gerne jetzt ein Bild,was ich zeigen würde, dann würde man es natürlich besser verstehen.Aber die müssen wir erzeugen.Aber wenn man damit zum Beispiel auf diese Art, auch der Schleifenberechnung,die Higgs-Masse berechnet mit der modernen Theorie, dann stellt man plötzlichfest, weil wenn man sich die Higgs-Masse bei hohen Energien anguckt,dann wird die plötzlich unendlich groß.Das beobachtet man ja gar nicht, sondern die verändert sich ja gar nicht so.Und daraufhin gibt es dann halt diese Supersymmetrie, eine Theorie,die halt sagt, ah, weil zu der Masse eines Teilchens in den Schleifen tragendie Kraftteilchen mit einem anderen Vorzeichen bei als die Materieteilchen.Und jetzt kommt der Trick, wenn man dann halt sagt, ja gut, jetzt gibt es nochsupersymmetrische Teilchen zu den Kraftteilchen,das sind nämlich supersymmetrische Materieteilchen und zu den Materieteilchen,also supersymmetrische Kraftteilchen, dann hat man plötzlich zwar die Anzahlder Schleifen verdoppelt, aber dadurch, dass die sich von den Vorzeichen herunterscheiden, Kompensieren die sich und damit erreicht man in der Theorie plötzlich,dass die Massen nicht explodieren.
Tim Pritlove
So ein mathematisches Modell, was dann diese Sonderfälle erläutert.
Christoph Rembser
So startet das und das tolle dabei war und deswegen wurde es so populär,weil das erklärt dann solche Phänomene wie dunkle Materie, weil falls es solchesupersymmetrischen Teilchen gäbe, dann existieren neutrale, schwere, stabile Teilchen.Und das wären super dunkle Materie Kandidaten.
Tim Pritlove
Ah verstehe, ok. Das macht alle so scharf drauf.
Christoph Rembser
Genau und tatsächlich bin ich auch scharf auf Susi.Deswegen, falls es die gibt.Hoffe ich halt immer noch. Ich kann jetzt genügend Bilder analysieren von meinemDetektor, um dann endlich mal so ein dunkles Materieteilchen zu finden.
Tim Pritlove
Also es ist noch eine Menge Musik drin sowohl was jetzt potenzielle Dinge diees zu entdecken gilt betrifft.Klar theoretisch ist das ja auch eine unendliche Liste an Erkenntnissen die man da haben kann.Aber es ist auch, sagen wir mal, nicht unwahrscheinlich,dass die ganze Technologie, die jetzt hier am CERN so über die Jahrzehnte zusammengebaut wurde,im Prinzip auch noch eine ganze Menge liefern kann,weil es einfach sehr viel Optimierungspotenzial gibt und weil auch irgendwieabsehbar ist, dass man sozusagen mit dieser Art und Weise der Forschung schonden Ding noch mächtig auf den Busch klopfen kann.Man ist ja nicht so auf einmal Higgs Boson ist gefunden, wir können das ja abbauen,sondern da geht wahrscheinlich noch was. Das ist ja auch schon mal eine interessante Erkenntnis.
Christoph Rembser
Tatsächlich, es gibt ja gemeinsame Rätsel, die uns auch mit der Kosmologie völlig zusammenbringen.Das ist ja auch zum Beispiel dunkle Energie, was ist das? Ich finde das immernoch wahnsinnig, wenn man sichvorstellt, dass unser Universum immer schneller in der Ausdehnung wird.Eigentlich ist das verrückt. Das heißt, es muss irgendwas ziehen und irgendwas drücken. Was ist das?Und selbst da ist es so, dass wir bei uns in der Teilchenphysik,wenn irgendwie die Ursache für solche Effekte darin liegt, dass es irgendetwasgibt, was auch beim Urknall erzeugtworden ist, dann haben wir hier eine Chance, diese Sachen zu sehen.Und wir gucken halt auch nach dem völlig Unerwarteten. Also es ist nicht so, dass wir,Jetzt nur nach bestimmten Modellen suchen. Wir machen natürlich auch unsereFotos, gucken uns auch so an, vielleicht gibt's ja dreibeinige Hunde oder sowas.
Tim Pritlove
Was ich aber immer interessant, also was ich wirklich jetzt interessant findenach all diesen ganzen Gesprächen ist,kommt alles zur Sprache, aber das Ding mit der Schwerkraft mal schlüssig zuerklären, das traut sich keiner auch nur in den Mund zu nehmen.Warum ist das so ein Buch mit sieben Siegeln, da will keiner drüber reden.Ist das irgendwie allen peinlich, dass es da noch nicht mal ein gutes Erklärungsmustergibt, wie es eigentlich wirkt.Ich meine wir kennen die Effekte und Einstein hat alles gut beschriebenund nachvollziehbar und seit 100 Jahren wird alles getestet und rumexperimentiertund er hat immer noch recht und wir können so ein Stück Metall 30 Jahre durchsAll schicken Und es kommt dann wirklich genau da an, wo wir es gerne hätten.Allein nur mit diesen Formeln.Trotzdem gibt es keine gute Erklärung, was jetzt wirkt.Und wir haben ja in diesem Standardmodell viel Wirkstoff drin und das lässtsich bei der schwachen und bei der starken Energie und vor allem bei der elektromagnetischen Kraft,wie hier ja auch festgestellt wurde, haben die ja auch alle so einen Bezug zueinander,die haben alle was miteinander zu tun,also die starke Kraft scheint auch noch so ein bisschen isoliert dazustehen,aber die Gravitation ist halt überhaupt nicht beschrieben und diese Idee einesGravitons ist ja auch nur so ein dahergesagter Name,also es gibt keinerlei Indizien, dass es sowas gibt, will sich da keiner drum kümmern?
Christoph Rembser
Ich glaube da würden sich liebend gerne viele drum kümmern.Ich möchte auch gerne ein bisschen so anfangen. Ich gehe jetzt ein bisschenvon mir aus. Du fragst hier einen Experimentator.Ich bin Experimentalphysiker und kein Theoretiker.Also da könnten sicher...
Tim Pritlove
Versuchen nur die Diskussion in der Wissenschaftsgemeinde abzubilden.
Christoph Rembser
Aber da sind mir meine Kollegen von der Theorie um so vieles voraus und wahrscheinlichauch bessere Gesprächspartner als ich da zu dem Thema der Gravitation bin.Aber und das finde ich wahrscheinlich auch so interessant nachzusuchen was eigentlichum die Zeit des Urknalls passiert ist,weil wir wissen ja gar nicht ob die Kräfte die wir bisher beschrieben haben,diese vier, Gravitation, elektromagnetische Kraft, schwache Kraft,starke Kraft, ob das überhaupt alle Kräfte sind.
Tim Pritlove
Und ob Gravitation überhaupt eine ist.
Christoph Rembser
Und ob das überhaupt eine ist. Na gut, also Szeno 35 mal schwächer,zumindest so beobachtet man das und so fassen wir das jetzt als elektromagnetischeKraft. Aber vielleicht gibt es ja auch noch was völlig anderes.Vielleicht könnten natürlich auch unsere Experimente darüber was bringen,aber ich denke mir manchmal, wir sind so als Menschen doch relativ blind.Also wir haben ein paar Sinne, aber das heißt ja nicht nur, weil wir irgendwelcheSachen nicht mit unseren eigenen Sinnen oder sogar jetzt mit unseren Kamerasbemerken können, dass es diese Dinge nicht gibt.Ich meine, vielleicht gibt es ja noch andere Kräfte, die uns erlauben zu wechselwirken.Diese Konsequenzen, Paralleluniversen etc. sind plötzlich riesig und machenSpaß darüber nachzudenken.
Tim Pritlove
Auf jeden Fall habt ihr eine Menge Spaß hier, das merkt man schon.Ja, was möchtest du dem Gesagten noch anstellen, was noch unerwähnt gebliebenist, was du den Hörern vielleicht noch mit auf die Reise geben möchtest?
Christoph Rembser
Also auf jeden Fall würde ich sagen, kommt mal zum CERN und guckt euch das an.Also diese Möglichkeit, es gibt hier Besuche und so alles, aber auch diese Atmosphäremal aufzuschnuppern, zu sehen, die Experimentierhallen, Also das haut eigentlich jeden um.Kann ich nur jedem raten, versuch das mal. Kommt mal zu uns her.Gibt es eine Webseite, kann man Besuche machen und da sind ziemlich viele Leute.
Tim Pritlove
Ja die schiere Größe allein des Wissenschaftsstandorts ist ja schon ziemlich bemerkenswert.
Christoph Rembser
Und studiert Physik, kann ich auch immer so sagen.
Tim Pritlove
Alright, gut, dann vielen Dank Christoph für die Ausführungen über den Detektor,Atlas und natürlich auch alle anderen Aspekte, die wir hier besprochen haben.Das war jetzt die vorletzte Sendung hier vom CERN in dieser Reihe,das heißt einen haben wir noch und da könnt ihr mal drauf warten, was dann noch kommt.Ich sag vielen Dank und vielen Dank für's Zuhören hier bei Raumzeit.Das war's für heute. Ich sag tschüss, bis bald.

Shownotes

RZ114 CERN: CMS

Aufbau, Funktion und Aufgabe des CMS-Detektors am CERN

Der CMS (Compact Muon Solenoid) ist einer der beiden Detektoren, die gemeinsam den Nachweis des Higgs-Bosons ermöglicht haben und ist eine dieser gigantischen Strukturen 100m unter der Erde am CERN and dem die vom LHC beschleunigten Teilchen untersucht werden.

Dauer:
Aufnahme:

Wolfgang Adam
Wolfgang Adam

Wir sprechen mit Wolfgang Adam, dem stellvertretendem Sprecher CMS-Kollaboration, über die Planung, Bauphase und Design des Detektors, die Funktionsweise und Aufgaben der einzelnen Detektionsschichten und welchen Beitrag CMS zum Nachweis des Higgs-Bosons geleistet hat.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich Willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Frithloff und ich begrüße alle hier zu Nummer 114 von Raumzeit.Und ja, wie ihr schon gemerkt haben dürftet, gibt es ja hier eine ganze Serievon Podcasts hier am CERN in Genf, wo wir mal aufschlüsseln wollen,was denn hier eigentlich alles so installiert ist, warum und wie es funktioniert.Und nachdem wir jetzt schon ein wenig über die Geschichte des CERNs gelernthaben und auch so die Grundlagen der ganzen Physik,die hier erforscht wird,angerissen haben, uns auch schon den ersten Detektor angeschaut haben mit ALICE,wollen wir heute mal so ein bisschen auf den Kern der Kernforschung hier kommenund uns in einer Reihe von zwei Sendungen die Hauptdetektoren des LHC,des Large Hadron Collider, anschauen, mit denen so der Großteil der Experimente durchgeführt wird.Und fangen wir an mit dem CMS-Detektor, dem Compact Muon Solenoid, Toller Name, Detektor.Ja und um darüber Auskunft zu erhalten, begrüße ich meinen Gesprächspartner,nämlich Wolfgang Adam. Hallo Wolfgang.
Wolfgang Adam
Hallo.
Tim Pritlove
Herzlich willkommen bei Raumzeit. Du bist Senior Research Associate für CMSAnalyse und CMS Tracking und stellvertretender Sprecher.
Wolfgang Adam
Genau, ich arbeite für das Institut für Hochenergiephysik der ÖsterreichischenAkademie der Wissenschaften in Wien und habe eben gleichzeitig auch Funktionenin der Kollaboration, die das CMS-Experiment betreibt.
Tim Pritlove
Ja und wie bist du dazu gekommen mit der ganzen Wissenschaft?War das irgendwie schon ein Kindheitstraum?
Wolfgang Adam
Naja ich hatte mich früher für Mathematik,Technik, Physik interessiert und habe dann ein Studium der Physik an der TechnischenUniversität in Wien begonnen und als es Richtung Diplom ging,hatten wir einen Professor für Theoretische Physik,der gleichzeitig zu dieser Zeit Präsident des CERN Councils war,das heißt der Vertretung an der CERN-Mitgliedsstaaten, die die strategischeAusrichtung des CERN sozusagen definieren.Und er hat uns eben diese Art von Physik näher gebracht und von den Herausforderungengesprochen, die es hier gibt.Und das hat mich natürlich interessiert habe mich dann für meine Diplomarbeitbeworben beim Institut für Hochenergiephysik,das eben das Institut in Wien ist, das sich mit dieser experimentellen Hochenergiephysikbeschäftigt und bin dort eingestiegen in die Vorbereitung des Delphi-Experiments.Das war der Beschleuniger, der hier im Tunnel vor dem LHC gelaufen ist,LEP, Large Electron Positive Collider, und wir haben da eine Detektor-Komponentein Wien gebaut und ich habe mich dann angefangen damit zu beschäftigen und bindann zum CERN gekommen um die Installation und den Betrieb und die Auslese diesesDetektors zu übernehmen.Das war ab dem Ende der 80er Jahre,also LEP ist während der 90er Jahre gelaufen, Also die beginnen 1989.
Tim Pritlove
Das heißt du bist jetzt hier seit 30 Jahren oder länger noch?
Wolfgang Adam
Ja. Ja.
Tim Pritlove
Okay.
Wolfgang Adam
Und ich habe dann am CERN ein Fellowship gemacht, im selben Experiment,aber in einem anderen Detektor, dem Cherenkov Detektor.Das ist etwas, was wir hier CMS nicht finden,aber das ist ein Detektor, mit dem man Geschwindigkeit geladener Teilchenmessen kann und sie damit identifizieren kann und habedann verschiedene Physikgruppen in Delphi übernommen und dann gegen Ende derLablaufzeit auch eine gemeinsame Arbeitsgruppe der vier Lab-Experimente fürSuchen nach unter Anführungszeichen exotischer Physik, also neuen Teilchen.
Tim Pritlove
Exotische Physik. Tcherenkov-Strahlung war ja auch schon mal ein Thema,Raumzeit 104, da war ich auf La Palmaund wir haben dort die Pläne für das Tcherenkov-Teleskop-Array angeschaut.Das ist ja related, sagen wir mal, da kosmische Strahlung und so weiter.
Wolfgang Adam
Genau, nur entsteht dort die Tcherenkov-Strahlung in der Atmosphäre.Da muss man nicht beschleunigen. Genau, während hier in den Hochenergiephysik-Experimentendas innerhalb eines Detektors passiert.
Tim Pritlove
Genau, aber das ist ja immer wieder auch schön zu sehen, so diese Analogie.Auf der einen Seite gibt es halt die Installationen, die einfach versuchen diekosmische Strahlung, die ohnehin schon beschleunigt durchs All schießt,in irgendeiner Form auszuwerten.Da wäre ja nebenbei auch noch das Alpha Magnetspektrometer zu erwähnen.Hatte ich ja auch schon bei Raumzeit 38 schon vor 10 Jahren tatsächlich dasThema schon mal, dessen Kontrollzentrum ja tatsächlich hier auch auf dem Zerngelände ist.Genau, aber wie wir ja auch schon in den letzten drei Sendungen ausgeführt haben,hier wird halt viel beschleunigt und durch diese Kaskade von Ringen kriegt mandann halt einfach die Teilchen mit einer sehr sehr hohen Energie zu den Detektorenund das ist dann eben sozusagen der Ort, wo es dann unter anderem mit dem CMS weitergeht.
Wolfgang Adam
Genau, und das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Auslegung der Experimente,weil wir eben hier nicht natürlich vorkommende Phänomene betrachten,die über Zeit konstant beobachtet werden können, sondern wir generieren hierdie Kollisionen, die wir beobachten wollen, direkt.Und das hat natürlich Auswirkungen auf, wie wir die Detektoren auslegen, betreiben.
Tim Pritlove
Jetzt wollen wir nochmal sagen, also ich hab's ja schon angedeutet,also CMS und Atlas, was, Spoiler Alert, das Thema in der nächsten Sendung seinwird, das sind ja im Prinzip so...Geschwister, Nachbarn, die kümmern sich im Wesentlichen um freundliche Konkurrenten.Also zwei Detektoren mit unterschiedlicher Technik, die mehr oder weniger denselben Auftrag haben.Im Prinzip in all dieser ganzen Beschleunigungen die selbe Art von Phänomenenversuchen zu beobachten, aber eben mit unterschiedlicher Technik.Und das finde ich einen ganz interessanten Ansatz, weil man ja dadurch sozusagenvon vornherein feststellt, okay, wir haben kein Bias in unserer Technologie bei dem, was wir sehen.Oder zumindest nicht so weniger, weniger Bias.
Wolfgang Adam
Es gibt verschiedene Gründe natürlich, das so zu machen.Warum wir überhaupt zwei Experimente haben, das hat mit dem zu tun,was ich vorhin erwähnt habe, dass wir hier eben die Kollisionen selbst erzeugen.Ein Grundsatz der Wissenschaft ist natürlich, dass Messungen immer kontrolliert,unabhängig kontrolliert werden können von unabhängigen Wissenschaftlern.Bei vielen Experimenten kann das hintereinander geschehen.Also es wird ein Experiment durchgeführt, man findet etwas, danach kommt einanderes Experiment, das das überprüfen wird und verbessern wird.Aber nachdem wir hier natürlich den Beschleuniger betreiben müssen,ist es nicht optimal, wenn man die Messzeiten, die ja ohnehin Jahre und Jahrzehntedauern, wenn man die verdoppeln würde.Und daher ist es viel ökonomischer, die zwei Experimente gleichzeitig zu betreiben.Und für die unterschiedliche Auslegung gibt es verschiedene Gründe,technologische Gründe, aber es gibt Es gibt vor allem unsere,wenn wir Messungen durchführen, sind die Werte, die wir messen,natürlich mit Fehlern behaftet.Das heißt, es gibt da Unsicherheiten auf die Messwerte. Das ist vollkommen normal.Das geschieht in allen Messungen.Und diese Unsicherheiten können verschiedenen Ursprung haben.Es gibt einen ganz einfachen statistischen Ursprung.Das heißt, wir beobachten eine endliche Zahl von Ereignissen,wenn wir einen bestimmten Prozess messen und dadurch können Fluktuationen auftreten.Wenn man einen Würfel zehnmal würfelt, dann werden die Eins bis Sechs nichtgenau mit der gleichen Wahrscheinlichkeit auftreten.Also man wird nicht die gleiche Zahl beobachten.Ähnlich ist es hier, wenn wir nur eine bestimmte Zahl von gewissen Ereignissenbeobachten, dann kann diese Zahl einfach ganz natürlich rauf und runter fluktuieren.Aber es gibt dann eine zweite Komponente, die wir hier typischerweise systematischeFehler nennen. Das ist...Mögliche Verzerrungen des Messwerts durch Effekte, die zum Beispiel aus demDetektor kommen können oder aus der theoretischen Modellierung dieser Prozesse.Und um diese Fehler möglichst auszuschließen, ist es günstig,wenn man zwei Experimente mit unterschiedlichem Aufbau hat, weil Detektorfehlerdann im anderen Experiment nicht in derselben Form auftreten würden und mansich dadurch gegenseitig kontrollieren kann.
Tim Pritlove
Ja, das ist sozusagen jetzt erstmal die Prämisse gewesen.Das heißt die beiden Detektoren sind quasi mit unterschiedlichen Philosophien,mit unterschiedlichen technischen Philosophien, aber eben mit dem selben Ziel entwickelt worden.Was ich schon mal ganz bemerkenswert finde, weil das sind ja alles sehr komplexeMaschinen. Also jede Maschine für sich ist ja schon sehr sehr sehr kompliziertund auch so nie dagewesen.Also so ein bisschen wie auch in der Raumfahrt, es ist eine permanente Prototypenentwicklungund man baut ja nicht was, was man schon mal hatte, weil das kennt man ja schon,ist ja auch langweilig so.Und das verstehe ich auch sehr gut, das ist einer der Reize,der hier sozusagen immer wieder ist. Man hat es halt einfach immer mit BleedingEdge Technology zu tun, mit anderen Worten, man muss aber diesen Aufwand danngleich zweimal treiben.Und ist natürlich dann vielleicht auch versucht, in gewisser Hinsicht, Oh mein Gott.Also dann steht man ja immer so in diesem Spannungsfeld, machen wir es jetztüberall komplett anders aus Prinzip oder tendieren wir dann dazu zu wenig aufabgehangener Technologie zu basieren,die dann auch so viel Risiko mit in das Ding reinbringt, dass es eben vielleichtam Ende nicht funktioniert?
Wolfgang Adam
Die Auslegung dieser Experimente ist immer eine Balance zwischen einem Kompromisszwischen wirklich die neueste und beste Technologie zu verwenden und gleichzeitigdas Risiko klein zu halten.Das Kleinhalten des Risikos, ein Teil davon ist natürlich wiederum,dass wir zwei Experimente mit unterschiedlichen Technologien haben.Und es gibt natürlich noch eine endliche Zahl von Detektor-Technologien,aber das heißt gewisse Elemente werden ähnlich sein,aber in den Details unterscheiden sie sich dann und vor allem in der Gesamtkonzeptionunterscheiden sich die zwei Experimente.
Tim Pritlove
Gut, dann schauen wir doch mal darauf, was jetzt im Falle von CMS tatsächlich gebaut wurde.Wie ist sozusagen das Design des Detektors?Im Namen steckt ja schon so einiges drin. Also im Prinzip das Bauprinzip,wenn ich das richtig sehe, ist hier unter anderem mit enkodiert.Und wie muss man sich das vorstellen? Wie groß ist das Ding? Erzähl doch mal.
Wolfgang Adam
Also wie gesagt, wir haben ein Kompakt im Namen. Das könnte vielleicht etwastäuschen, weil der Detektor wiegt über 10.000,Tonnen, ist über 20 Meter lang und circa 15 Meter Durchmesser,also ungefähr die Größe eines Hauses.Und dieses Volumen ist zum großen Teil mit Präzisionstechnologie gefüllt.Das Grundprinzip, das gilt auch für Atlas, ist,dass wir idealerweise, wir haben diese Kollisionen,die im Beschleuniger stattfinden, daraus entstehen Sekundärteilchen,sehr viele, hunderte, tausende, und idealerweise wollen wir alle diese Teilchenmessen und ein Maximum der Eigenschaften jedes dieses Teilchens messen.Leider gibt es kein Detektor-Konzept, das alle Eigenschaften gleichzeitig messen kann.Mit Eigenschaften meine ich da zum Beispiel den Ursprungspunkt,weil es gibt natürlich Teilchen, die direkt aus dem Punkt kommen,an dem Protonen oder Atomkerne kollidiert sind.Aber es gibt dann auch Zwischenstufen. Es gibt kurzlebige Teilchen,die dort erzeugt werden, ein Stück weit fliegen, dann in weitere Teilchen zerfallen.Das heißt, wir wollen wissen, ob Teilchen vom ursprünglichen Kollisionspunktkommen oder aus dem Zerfall eines kurzlebigen Teilchens kommen.Wir wollen die Richtung wissen.Wir wollen idealerweise die Art des Teilchens wissen, seine Masse und natürlich seine Energie.Und um das für alle wichtigen Teilchenarten zu erzielen, gibt es nur die Möglichkeit,dass man mehrere Detektorsysteme kombiniert, weil eben ein einzelnes Systemnicht alle diese Eigenschaften messen kann.Das heißt, ganz grob gesagt, teilt sich der Detektor in drei Zonen, je nach Teilchentyp.Im innersten Teil des Detektors versuchen wir die Flugbahn von geladenen Teilchen festzustellen.Also damit kann man eben auch den Produktionsort feststellen,die Richtung und wir können auch den Impuls feststellen.Das heißt im klassischen Fall ist Impuls einfach das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit.Im relativistischen Fall, unsere Teilchen, die dort erzeugt werden,sind alle normalerweise relativ nah an der Lichtgeschwindigkeit.Es ist etwas komplizierter, aber es gibt jedenfalls einen Zusammenhang zwischenEnergie, diesem Impuls und der Masse eines Teilchens.Und das erzielen wir dadurch, dass wir eben ein starkes Magnetfeld im Großteil des Detektors haben.Und dieses Magnetfeld wird die geladene Teilchen auf Helixbahnen zwingen.Und aus der Krümmung dieser Helixbahnen kann man dann den Impuls berechnen.Die Idee ist, dass man in diesem Volumen die Teilchen möglichst wenig und unterAnführungszeichen stört.Das heißt, wir wollen diesen Teil des Detektors möglichst leicht bauen,damit die Teiche nicht mit Material kollidieren und sich in andere Teiche umwandeln.Und das ist sozusagen die erste Zone. Die zweite Zone wird verwendet,um die Energie der meisten Teilchen zu messen, indem man sie de facto absorbiert.Das heißt, dort kehrt man das Prinzip sozusagen um.Man hat eine Zone mit sehr dichtendem Material.Und in dem dichten Material werden die einlaufenden Teilchen eine Wechselwirkungmit Atomkernen oder Elektronen machen.Das wird neue Teichen erzeugen und diese neuen Teichen können wiederum kollidierenund wiederum neue Teichen erzeugen. Das heißt, das ist ein Lawineneffekt.Das heißt, man hat eine Multiplikation der Teilchen, die dort in diesem Schauerentstehen und das geht so lange, bis die Energie der Teilchen,die durchschnittliche Energie der Teilchen so weit gesunken ist,dass sie keine neuen Teilchen mehr erzeugen können.Weil das ganze geschieht natürlich über die übliche Äquivalenz zwischen Energie und Masse.Das heißt, solange die einlaufenden Teilchen Energien haben,die über der Masse anderer Teilchen liegen, können sie neue Teilchen überzeugen.Und das heißt, irgendwann einmal fällt die Energie und der Schauer wird beendet.Und aus der Größe des Schauers, aus der Zahl der Teilchen mit dem Schauer,können wir die Energie des einlaufenden Teilchens rückrechnen.
Tim Pritlove
Habe ich das gerade richtig verstanden? Also die eigentliche Kollision,klar die löst du jetzt erstmal aus, dann gibt es halt nachfolgende Prozesse,wo dann eben weitere Zerfallsprodukte entstehen, weil das einfach die Eigenschaftdieser Teilchen ist, dass sie nicht langlebig sind.Aber das System ist schon so aufgebaut, dass man dann ab einem bestimmten Zeitpunktauch schon bewusst anderes Material bereit hält, einfach um dann noch weiteresekundäre Kollisionen geschehen zu lassen.
Wolfgang Adam
Die sekundären Kollisionen in dieser zweiten Zone werden sozusagen absichtlichherbeigeführt, eben um die Energie dieses einlaufenden Teilchens messen zu können.Und diesen Bereich werden die allermeisten Teilchen nicht verlassen.Also vielleicht sollte man dann hier sprechen, ein bisschen über die Teilchenarten,die wir da messen können. Also wir haben im Wesentlichen...Das Standardmodell mit eigentlich vier Wechselwirkungen, aber die Gravitation,die Schwerkraft spielt hier bei den Experimenten de facto keine Rolle.Das heißt wir haben die elektromagnetische Wechselwirkung, schwache Wechselwirkung,starke Wechselwirkung und wie sich Teilchen innerhalb eines Detektors verhalten,hängt davon ab, welchen dieser Wechselwirkungen sie unterliegen.
Tim Pritlove
Um es gleich nochmal klar zu machen für alle, die nicht ganz so in der Materiedrinstecken, mit Wechselwirkung meinen wir jetzt im Prinzip die fundamentalen Kräfte der Natur.Schwerkraft kennen wir alle, leiden wir täglich drüber, aber wir würden es nochdürrer finden, wenn sie nicht da wäre.Also die starke Kernkraft und man sagt halt hier eher Wechselwirkung,weil das ist sozusagen das, was man in diesem Teilchensystem sieht oder was dort,was wir meinen oder glauben, wissen, was dort stattfindet, eine Interaktionzwischen diesen Teilchen und manche Teilchen sind halt mehr so dieses Ist undmanche sind mehr so das Wird und diese Wirtsteilchen, das ist sozusagen dieseKräfte, von denen wir sprechen.Starke Kernkraft ist halt das, was im Kern, im wahrsten Sinne des Wortes,die Kerne auch zusammenhält, also dafür sorgt, dass nicht alles auseinander fliegt.Die schwache Kernkraft kennt man halt so ein bisschen auch unter dem Aspektder Radioaktivität, dass man sozusagen auch in der Lage ist,Obwohl schwach in irgendeiner Form das Ganze auch immer mal wieder sich auflösenzu lassen. Finde ich auch einen schönen Regulationsmechanismus.Es bleibt halt nicht alles so wie es ist, sondern mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeitfliegt der ganze Kram dann einfach so aus sich heraus, mehr oder weniger, auseinander.Und dann halt noch der gesamte Elektromagnetismus, den wir alle toll finden,jeder hat schon mal in die Steckdose gefasst.Und das hält ja auch irgendwie alles zusammen, das heißt gerade die schwacheund die starke Kernkraft,würde ich sagen, das ist hier so der Hauptfokus, während die elektromagnetischeKraft eigentlich eher so ein bisschen der nützliche Idiot ist,um das genauer anzuschauen oder gibt's Tatsachen?
Wolfgang Adam
Nicht ganz, weil de facto war ja etwas, was man in den 80er Jahren eigentlichbewiesen hat, ist, dass die elektromagnetische Kraft und die schwache Krafteigentlich nur zwei Seiten derselben Metalle sind.Und dass wir sie nur so unterschiedlich sehen, weil wir hier normalerweise beisehr niedrigen Energien arbeiten, Aber wenn man sich Kollisionen bei sehr hoher Energie ansieht,dann sieht man, dass das eigentlich dasselbe Phänomen ist, nur in zwei Arten.Ja, und um auf den Detektor zurückzukommen. Es gibt eben Detektorteile,die sind spezialisiert auf Teilchen, die hauptsächlich elektromagnetisch wechselwirken,also geladene Teilchen oder Photonen, Lichtteilchen, die de facto diese elektromagnetischeWechselwirkung vermitteln, diese elektromagnetischen Kräfte vermitteln.Und dann gibt es Hadronen, das heißt Teilchen, die auch der starken Wechselwirkung unterliegen.Und die manifestieren sich eben anders und die zum Beispiel im Detektor erzeugen,diese Schauer werden länger sein und das heißt man hat einen speziellen Teildes Detektors für diese Art Teilchen.
Tim Pritlove
Hadronen muss man nochmal dazu sagen, das ist das, was den Atomkern im Wesentlichenausmacht, also was Protonen und Neutronen formt.
Wolfgang Adam
Protonen und Neutronen sind Hadronen, aber es gibt einen ganzen Zuf von Teilchen.
Tim Pritlove
Nur so zur Einordnung. Hadronen ist der allgemeine Begriff für das,was unter anderem Protonen und Neutronen formt.
Wolfgang Adam
Genau. Und dann nach dieser zweiten Zone bleibt eigentlich nicht mehr sehr viel übrig.Dort sind eben die meisten Teilchen sozusagen stecken geblieben und es bleibeneigentlich nur mehr Teilchen über,die eben in der Lage sind, sehr große Dichten von Stärken von Material zu durchdringenund das sind einerseits die Myonen.Also die Myonen, das ist ein Schwester oder Bruder des Elektrons.Das heißt im Wesentlichen haben sie alle Eigenschaften,die auch Elektron hat, das sehr bekannte Elektron hat,aber sie sind wesentlich schwerer und das führt dazu, dass sie eben wesentlichleichter durch Material durchdringen können und der beste Beweis dafür Dafürist die Höhenstrahlung.Das sind also Myonen, die bei Kollisionen, so wie diese Lawinenartigen Schauer,die ich beschrieben habe, die entstehen natürlich nicht nur im Detektor,sondern können auch in der Atmosphäre entstehen, wenn hochenergetische Teilchenaus dem Weltraum eindringen.Und die Myonen, die dabei entstehen, können bis zur Erdoberfläche laufen undde facto sogar unter die Erdoberfläche, weil unsere Detektoren hier am LHC,die so etwa 100 Meter unter der Erde liegen, sehen noch immer Myonen aus der Höhenstrahlung.Und diese Myonen können eben die meisten Detektorschichten durchlaufen und diewerden dann in der letzten Zone, im äußersten Teil des Detektors gesehen.Das ist sehr praktisch, weil dadurch können wir sie sehr leicht identifizieren.Wie gesagt, wir würden auch gerne wissen, um welches Teilchen es sich in jedem Fall handelt.Und die Teilchen, die wir in dieser äußersten Zone sehen, sind praktisch ausschließlich Myonen.
Tim Pritlove
Und da steckt ja auch ein Name mit drin.
Wolfgang Adam
Genau. Die Myonen, die erlauben, wir können Myonen sehr präzise messen.Sie sind also ein sehr wichtiges Instrument, um zu verstehen,was in einer Kollision passiert.Und gleichzeitig werden wir die Kollisionen, die hier im Beschleuniger entstehen,laufen hauptsächlich über die starke Wechselwirkung.Was in der Kollision passiert, ist im Wesentlichen eine Auswirkung der starken Wechselwirkung.Und dabei werden sehr wenige Elektronen, Myonen oder ähnliche Teilchen erzeugt.Das heißt, es ist auch einfach, diese Myonen zu detektieren,weil neben den hunderten Teilchen, die da entstehen können bei jeder Kollision,gibt es jeweils nur höchstens einige wenige Myonen geben.Und deswegen ist die Detektion einfacher und deswegen ist das Experiment auchsehr stark darauf ausgelegt worden, dass man Myonen messen kann,die zum Beispiel auch wichtig sind, um das berühmte X-Person zu messen und zu finden.
Tim Pritlove
Vielleicht mal so als Nebeneinschub, wenn man das jetzt mal mit so der Kernspaltungim Atomkraftwerk vergleicht, wenn man jetzt hier Atomkerne aufeinander ballertund die in ihre tausend Teilchen zerschießen, dann ist das ja im Prinzip auch eine Kernspaltung.
Wolfgang Adam
Nicht ganz. Also was man wirklich verstehen sollte ist, dass bei den Energienmit denen wir hier arbeiten, diese Energien liegen viele Größenordnungen überden Energien, die typischerweise in einem Atomkern auftreten.Und bei diesen Energien, wenn zum Beispiel zwei Protonen aufeinandertreffen,findet die Kollision nicht zwischen den Protonen als Protonobjekt 1 und Protonobjekt2 statt, sondern die Kollision findet statt zwischen Bestandteilen der Protonen.Also in den Protonen und Neutronen haben wir Quarks, was wir Up- und Down-Quarks nennen.Das sind also etwas seltsame Teilchen, weil sie nicht frei in der Natur vorkommen.Diese Bestandteile sind immer eingeschlossen in die berühmten Hadronen.
Tim Pritlove
Also Hadronen enthalten immer… Also sie kommen in der Natur vor, aber nicht einzeln.
Wolfgang Adam
Genau, sie kommen nicht frei in der Natur vor.Und die Hypothese dieser Quarks hat erlaubt eben eine Ordnung in diesem Zoozu bringen, man dadurch die Teilchen klassifizieren konnte, je nachdem welche Quarks sie enthalten.Und de facto, wenn zwei Protonen hier im LHC zusammenstoßen,ist die Kollision, die uns interessiert,ist die Kollision entweder zwischen einem Quark aus dem einen Proton und einemQuark aus dem anderen Proton oder aber,was hier sehr oft passiert, das Proton ist ein komplexes Objekt.Also im Prinzip, man lernt in der Schule.Das Proton besteht aus drei Quarks, aber in Wirklichkeit ist mehr Leben in diesem Proton.Und vor allem gibt es da Gluronan.Das Gluronan ist das Äquivalent des Photons, des Lichtteilchens für die elektromagnetischeWechselwirkung, da in diesem Fall für die starke Wechselwirkung.Das heißt, das sind die Teilchen, die die starke Wechselwirkung übertragen zwischenzwei Quarks zum Beispiel.Und das Proton ist de facto voll von diesen Glurnan, die die Quarks de factoim Proton zusammenhalten.Und das heißt, wir können auch Kollisionen zwischen diesen Q-Unern haben,wenn die zwei Protonen sich treffen.
Tim Pritlove
Das heißt der Unterschied ist, weil ich mich gefragt habe,wenn so viel kollidiert und man das vergleichen kann, so Kernkraftwechsel isthalt sehr viel Radioaktivität frei, inwiefern ist dann diese Kollision anders?Geschieht das dort auch oder ist das eben weil die Energie so hoch ist,dass alles so dermaßen zertrümmert wird, dass sich das komplett anders verhält?
Wolfgang Adam
Ja, wie gesagt, die Energien sind so hoch, dass de facto ein zerfallenes Atomkern,ein zerfallenes und komplexes Objekt, das aus vielen Protonen und Neutronenbesteht, und der wird sich de facto in zwei Teile spalten, weil energetischder Ausgangszustand günstiger ist.Aber das spielt sich typischerweise bei Energien. Die Energien,die in diese Prozesse involviert sind, sind typischerweise in der Million-Elektron-Volt-Gegend.Um das zu vergleichen, ist die circa tausendmal höher als typische Röntgenstrahlung,wenn man einen Vergleich haben will.Und wir reden hier über Giga-Elektron-Volt, also Milliarde-Elektron-Volt odernoch einen Faktor tausend drüber.Das heißt, wie gesagt, bei diesen Prozessen, das ist keine Spaltung,weil wir hier wirklich mit Elementarteilchen arbeiten.
Tim Pritlove
Das ist eine Zerschmetterung.
Wolfgang Adam
Es ist eine Umwandlung. Es ist eine Umwandlung, weil Zerschmetterung würde voraussetzen,dass das Teilchen aus Bestandteilen besteht.Während das wir hier mit, was uns interessiert, sind die Elementarteilchen.Das heißt Teilchen, von denen wir keine innere Struktur kennen,von denen wir glauben, dass sie wirklich elementar sind.Die niedrigsten Elemente, Bestandteile der Materie darstellen.Das heißt, man kann es zerschmettern, ist das vielleicht ein schlechter Ausdruck,weil sie keine Bestandteile haben. Und was passiert, ist eine Umwandlung.
Tim Pritlove
Ja ich meinte nicht die Teilchen werden zerschmettert, da habe ich mich vielleicht falsch ausgerückt,sondern die Struktur wird zerschmettert, also in dem Moment wo diese Bindung von den Quarks,Glonen und so weiter alles komplett aufgelöst wird in seine wirklichen elementarenTeilchen, dann ist sozusagen die komplette Struktur dessen was kollidiert istsozusagen vollständig aufgelöst.
Wolfgang Adam
Ja, es stimmt natürlich, das was zerschmettert wird, ist das Proton, d.h.Zwei Bestandteile, ein Bestandteil aus jedem Proton kollidiert und macht eineWechselwirkung, erzeugt neue Teilchen, das ist der Prozess, der uns interessiert.Aber das Proton, wenn das passiert, wird das Proton de facto zerstört,weil das Proton aus drei Quarks besteht und wenn man da Bestandteile herausschlägt,gibt es kein Proton mehr, d.h.Der Rest des Protons wird sich auch in neue Teilchen umwandeln.Das ist aber ein für uns eher ein störender Untergrund als das was uns wirklich interessieren.Ja der Rest des Protons wird sich auch in neue Teilchen.
Tim Pritlove
Aber Radioaktivität in dem Sinne wird da nicht frei?
Wolfgang Adam
Nein, Radioaktivität ist ja der spontane Zerfall eines Atomkerns de facto.Und während wir hier eine induzierte Kollision zwischen zwei Teilchen,die also größtenteils unter der Größe eines Atomkerns liegen.
Tim Pritlove
Ja man muss ja auch über gefühlte Gefahren reden.Wir hatten ja schon in der Ausgangsdiskussion die Diskussion um schwarze Löcher,die hier erzeugt werden, da ist ja ein Weltuntergang drohen.
Wolfgang Adam
De facto ist natürlich die Teilchen, die aus der Kollision hinauslaufen,sind natürlich Strahlung.Das heißt das könnte ionisierende Strahlung und deswegen ist auch die Detektorzonewährend wir operieren abgeschlossen.
Tim Pritlove
Bevor wir vielleicht gleich mal so den eigentlichen Messvorgang selber aus derPerspektive eines Teilchens dann oder eines Protons erstmal beobachten,würde ich ganz gerne nochmal von außen nach innen gehen.Also haben wir ja schon gesagt, es ist ein relativ großes System.Was war das? 15 Meter ungefähr?Super schwer, sehr viel Material und vor allem ist es halt ein,ich meine was der Name ja auch sagt, Solenoid, also sozusagen eine riesige Spule,eine Magnetspule, wie man das halt so aufgebückt kennt.Eine ganz kerstliche Spule, ja. Quasi wie so ein riesiges dynamisches Mikrofon.Und dieser Apparat sitzt wo genau? Wie tief?
Wolfgang Adam
Der Apparat sitzt auf dem Niveau des Beschleunigers natürlicherweise und dasheißt das ist knappe 100 Meter tief.In einer Kaverne in der von beiden Seiten der Beschleuniger Tunnel einmündet.
Tim Pritlove
Ist es da eigentlich warm?
Wolfgang Adam
Normale Temperatur, Umgebungstemperatur.
Tim Pritlove
Wenn man sich so dem Erdkern nähert, wird es ja irgendwann warm.Bleibt doch etwas Abstand. Also Frost gibt es auf jeden Fall keinen.
Wolfgang Adam
Nein, Frost gibt es keiner.Die Größe des Apparats hängt de facto mit der Energie der Kollisionen und darausfolgender Energie der Teilchen, die aus der Kollision erzeugt werden, zusammen.Ich habe von diesen Schauern gesprochen. Diese Schauer wachsen mit der Energiedes Teilchens, werden diese Schauer immer größer.Und um eine präzise Messung der Energie zu erhalten, möchten wir,dass der gesamte Schauer im Detektor enthalten ist und nicht,dass gewisse Teilchen sich hinten aus dem Detektor rauslaufen würden.Und nachdem eben diese Schauer mit der Energie wachsen und wir die Dichte desMaterials nicht beliebig erhöhen können,weil wir müssen mit Materialien arbeiten, die es gibt, kann man diese Detektorenmit höherer Energie einfach nur dicker machen. Das ist der eine Grund.Der andere Grund, ich habe von der Impulsmessung und geladenen Teilchen gesprochen.Also der Sinn der großen Spule ist, dass geladene Teilchen eben auf eine Helixoder in einer Projektion, Kreisbahn abgelenkt werden.Dadurch können wir die Ladung messen, weil die positive und negative Teilchenwerden sich in unterschiedliche Richtungen wegrümmen und aus der Stärke derKrümmung können wir eben diesen Impuls abmessen.Und bei den Energien, die wir produzieren, ist diese Krümmung aber sehr gering.Und das heißt, um diese Krümmung messen zu können, gibt es zwei Möglichkeiten.Man erhöht die Präzision des Detektors, weil wir messen eben die Bahn an verschiedenenOrten und wenn man dann verschiedene Punkte misst, kann man irgendwann einmalsehen, dass diese Punkte nicht auf einer geraden Linie liegen,sondern eben eine leichte Probe machen.Aber wie gut man das messen kann, hängt natürlich von der Präzision ab,mit der man jeden Punkt messen kann.Und diese Präzision hat natürlich auch ein Limit, ihre Grenzen.Und die zweite Möglichkeit ist, dass man die Krümmung vergrößert bei gleicherEnergie und das heißt ein größeres Magnetfeld, das heißt eine sehr starke Spule.Und in CMS de facto haben wir versucht beides zu machen.Ein sehr sehr starkes Magnetfeld, also 3,8 Tesla, das ist größenordnungsmäßig100.000 mal das Erdmagnetfeld und gleichzeitig sehr Präzisedetektoren im Innenraum der Spur.
Tim Pritlove
Wenn man da runter geht, dann muss man sich auch all seine metallischen Dinge empfehlen.
Wolfgang Adam
Ja, wenn die Spule eingeschaltet ist. Es ist zwar, was man außen sieht, ist nur ein Rest Feld.Wenn man so eine Spule einfach frei in den Raum stellen würde,dann würde man ein Magnetfeld im großen Umkreis um den Detektor erzeugen.Das möchten wir natürlich nicht.Das heißt, die Spule ist komplementiert, und das macht den Großteil der Strukturdes Detektors aus, durch einen Rückflussjoch.Also, um es einfach zu sagen, die Spule an der Detektor ist eingebettet in einStahlkorsett, de facto, und dieses schließt die magnetischen Feldlinien.Das heißt, die magnetischen Feldlinien laufen durch die Spule und dann durchden Stahl wieder zurück Und das bewirkt,dass außen zwar nicht null, weil das System nicht perfekt ist,aber ein sehr viel geringeres Magnetfeld herrscht.Dieses sehr viel geringere Magnetfeld ist allerdings immer noch stark genug,um einfach sichtbar zu sein und in Führungen.
Tim Pritlove
Aber es reißt einem jetzt nicht die Armbanduhr vom Arm?
Wolfgang Adam
Es reißt nicht die Armbandufe am Arm, aber wenn man nahe an den Detektor geht,sollte man keine magnetischen Werkzeuge oder ähnliches haben.
Tim Pritlove
Man kennt ja diese Problematik aus der Medizin mit so einem Magnetresonanzsystem und so weiter.Da ist es ja ein echtes Problem, wenn man da mal was mit reinbringt.
Wolfgang Adam
Genau, wir bewegen uns in denselben Größenordnungen und das heißt natürlichauch, dass alle Komponenten im Detektor nicht magnetisch sein sollten.Aber wie gesagt außen in Führungen verwenden wir oft eine kleine Kette von Büroklammernund man sieht klar auch außerhalb vom Detektor und in einem Abstand vom Detektor,dass diese Kette nicht gerade hinunter hängt.
Tim Pritlove
Wäre das, würde man sich jetzt in der Mitte befinden, wenn der Magnet eingeschaltet ist?Nur so als Mensch nackt, würde einem das schaden? Also ist das ein Problem fürden menschlichen Körper oder ist es egal?
Wolfgang Adam
Im Prinzip sollte das egal sein, weil wir uns in den selben Größenordnungenbewegen wie für medizinische Untersuchungen, Magnetesresonanz.
Tim Pritlove
Na gut, also auf jeden Fall eine fette Spule.
Wolfgang Adam
Sie würden aber wahrscheinlich Effekte sehen, wenn sie sich bewegen,wenn sich jemand bewegt im Detektor.Im magnetischen Feld, das löst ja Ströme aus.
Tim Pritlove
Also man würde es stören, aber man würde nicht sterben. Ja.Okay, also so ein riesen Magnetspuler, die dann aber auch noch gekühlt werdenmuss, nehme ich an, also ordentlich?
Wolfgang Adam
Genau, das ist meines Wissens immer der größte supraleitende Magnet, der existiert.Das heißt, um dieses starke Magnetfeld zu erzeugen, verwenden wir einen Niob-Titan-Leiter,der supraleitend wird, wenn man ihn auf etwa 4 Grad über dem absoluten Nullpunkt kühlt.Und diese Kühlung passiert mit flüssigem Helium. Und das macht natürlich dieKomplexität des Systems aus.Man muss flüssiges Helium erzeugen, man muss die Spule natürlich thermisch isolieren,Das heißt, die ist in einem Vakuumtank eingebettet, sozusagen eine riesige Thermosflasche.Und man muss garantieren können, dass die Spule immer kalt bleibt,weil man muss sich vorstellen, der Leiter,also der elektrische Leiter, der dort ausgewickelt ist in der Spule,der hat eine Breite von einigen Zentimetern und eine Dicke von einigen MillimeternUnd durch diesen Leiter laufen 18.000 Ampere.Das wäre für normal leitende...Das heißt, man muss sicherstellen, dass die Spule im super leitenden Zustand bleibt.Und falls man glaubt, dass die Kühlung nicht mehr aufrechterhalten werden kannoder so, muss man die Spule möglichst schnell und kontrolliert abschalten.Weil man muss verstehen, dass im Magnetfeld kann man de facto Energie speichern.Das heißt, wenn das Magnetfeld aufgebaut wird, wird de facto Energie dort hineingebombtund im Magnetfeld gespeichert.In unserem Fall sind das ca. 2 Gigajoule.Das ist eine nicht vernachlässigbare Menge, mit der man eine Menge Metall zumBeispiel schmelzen könnte.Und sollte man die Kühlung nicht aufrechterhalten können, muss man dafür sorgen,dass man diese große Energie aus den Magneten möglichst schnell extrahiert,damit es keine Beschädigungen im Magnet ergibt. Das ist eine der technischen...
Tim Pritlove
So ein Abschalten-Moment?
Wolfgang Adam
Ja, wir versuchen das möglichst selten zu haben, aber es ist schon zweimal vorgekommen,dass wir ihn schnell abschalten wollen.
Tim Pritlove
Aber hat dann zumindest auch funktioniert und das glimpfliche auch.
Wolfgang Adam
Hat alles funktioniert, ja.
Tim Pritlove
Wenn ich das richtig sehe, ist ja CMS nicht vor Ort gebaut worden,sondern erstmal woanders und dann da rein.
Wolfgang Adam
Also CMS, diese Detektoren werden von Kollaborationen gebaut,die aus vielen Instituten bestehen. In CMS haben wir inzwischen mehr als 200Universitäts- oder andere wissenschaftliche Institute, die da mitarbeiten.Und normalerweise, wenn man diesen Konten aus so einem Detektor baut,trägt jedes Institut einen gewissen Teil bei.Und die Konstruktion basiert von kleinen Elementen zu immer größeren Elementen.Also viele der grundlegenden Bestandteile werden in Industrie gefertigt undsie werden dann sukzessive am Anfang in den Instituten zusammengebaut zu immer größeren Elementen.Und der finale Zusammenbau geschieht dann normalerweise hier am CERN.Und für CMS war das eine spezielle Komplikation, weil als wir anfangen mussten,den Detektor zusammenzubauen, also die Konstruktion der Elemente hat ungefährim Jahr 2000 begonnen, war die Kaverne im Untergrund noch nicht fertiggestellt.Und wir konnten aus Zeitgründen nicht warten auf die Fertigstellung,um das normale Prozedere zu machen, das heißt den Detektor in kleinen Stückenunten direkt vor Ort in der Kaverne aufzubauen.
Tim Pritlove
Also man hätte das eigentlich gerne getan, aber das macht man auch nicht.
Wolfgang Adam
Das wäre eine normale Vorgangsweise gewesen. Aber es ging nicht und deswegen,was wir gemacht haben, wir hatten über der Detektorzone eine große Halle undwir haben angefangen den Detektor dort aufzubauen.Und er ist de facto vollständig in dieser Halle aufgebaut worden und der Aufbauwurde aber so gemacht, dass er in größere Stücke zerlegt werden konnte.Also insgesamt 15 Stücke, davon 11 wirklich sehr große.Man muss sich vorstellen, dass das größte Stück, das auch den Magneten enthaltenhat, ca. 2000 Tonnen wiegt.Und als die Kaverne fertig war, wir haben einen sehr großen Zugangsschacht,der so diese 80, 90 Meter hinunter geht, bis er die Kaverne erreicht.Und es wurde dann ein riesiger Kran gemietet, der 2000 Tonnen tragen kann.Die kleine Komplexität dabei ist, dass diese Kräne nicht mehr beweglich sind.Das heißt, dieser Kran wurde direkt über dem Schacht aufgebaut.Und der Schacht kann durch einen Deckel verschlossen werden,der mehr als einen Meter Stahlbeton besteht.Und das System war dann, dass wir jeweils eines von diesen Detektorstücken aufden Deckel verschoben haben.Der Kran hat ihn dann dort aufgehoben, man hat den Deckel geöffnet und ihn dannin einer Operation, die halben Tag typischerweise gebraucht hat,das Teil runtergelassen bis in die Kaverne.Dann in der Kaverne verschoben, damit wieder Platz wird und das nächste Teil runtergelassen.Das war eine Operation, die von circa 2006 bis 2008 gedauert hat insgesamt.Krass. Dieses Konzept hat aber den Vorteil gehabt, oder hat noch immer den Vorteil,dass wir dieses Verschieben von Teilen auch jetzt für die Wartung des Detektors verwenden können.Der Beschleuniger läuft typischerweise den Großteil des Jahres und wir habendann eine Pause von zwei Monaten oder in der Größenordnung in der Winterperiode.Das wird für Wartungen benutzt oder Verbesserungen. Und dieses System mit denverschiedenen großen Teilen kann benutzt werden, um die Teile unten in der Kavernezu verschieben und dadurch Zugang zu den Zonen zwischen den Teilen zu bekommen.
Tim Pritlove
Okay. Aus der Not eine Tugend gemacht sozusagen.
Wolfgang Adam
Mhm.
Tim Pritlove
Gut, dann würde ich sagen, schauen wir doch mal, wie das jetzt wirklich in Operation aussieht.Also wir haben ja auch schon über den Beschleunigerring gesprochen. Die Teilchen,die man halt haben will, werden so einer Quelle entnommen und werden dann aufdie Reise geschickt und landen dann eben über die einzelnen Kaskaden von Ringen im LHC,in dem großen 27 Kilometer Ring und erhalten dort ihre finale Geschwindigkeitund entlang dieses LHC sind die vier großen Detektoren aufgebaut.Über LS haben wir schon gesprochen, jetzt halt CMS. Wo befindet sich CMS,schon in der Schweiz oder in Frankreich?
Wolfgang Adam
CMS befindet sich in Frankreich, also der einzige Detektor der in der Schweiz steht ist Atlas.Und wir befinden uns genau auf der entgegengesetzten Seite des Rings im Vergleichzum Hauptgelände des CERN.
Tim Pritlove
Also maximal weiter Weg.
Wolfgang Adam
Maximal weiter Weg, was natürlich die Operation des Detektors und den Betriebdes Detektors nicht erleichtert.Wir haben natürlich einen Kontrollraum beim Detektor, der ständig besetzt istund das heißt, die Leute müssen vom CERN typischerweise dorthin fahren.
Tim Pritlove
Ihr seid so ein bisschen die da draußen sozusagen.Ja, okay, gut.So jetzt kommen also die Teilchen dort an und werden dann ja auf den letztenMetern auch nochmal aus dieser Kreisbahn quasi herausgenommen und fliegen danngerade in diesen Detektor rein.So und jetzt bin ich ein Proton, was da sozusagen angeschossen kommt.Mir kommt ein anderes, entsprechend anders herum geladenes Teilchen entgegen.Und durch ein Wunder treffe ich jetzt genau auf dieses Teilchen.Also nicht jedes Teilchen, was da durchfliegt, trifft auch auf eins,nehme ich mal an, viele fliegen aneinander vorbei.
Wolfgang Adam
Nachdem die starke Wechselwirkung eben stark ist, passiert praktisch bei jederKreuzung etwas. Man muss natürlich dazu sagen, dass die Protonen nicht einzelnim Beschleuniger fliegen, sondern sie kommen in Paketen.Wir haben im Beschleuniger einige tausend Pakete von Protonen,die knapp beisammen sind und dann größenordnungsmäßigacht Meter wieder Pause oder inZeit ausgedrückt 25 Milliarden Sekunden unddann kommt das nächste Protonpaket und um sich eine Vorstellung zu machen injedem dieser Pakete sind circa 100 Milliarden Protonen und das heißt diese beidende facto kreuzen sich diese beiden Pakete und es können sich da bei jeder Kreuzung,können ein oder mehrere Protonkollisionen stattfinden und um die Intensität,wir wollen natürlich möglichst viele Protonkollisionen sehen,weil um unsere Physikzielsetzungen zu erreichen,möchten wir einerseits möglichst hohe Energien erreichen, um möglicherweiseneue schwere Teilchen zu erzeugen und wir möchten möglichst hohe Intensität,möglichst viele Protonkollisionen haben, weil wir Prozesse sehen wollen, die extrem selten sind.
Tim Pritlove
Aber zwei Pakete treffen quasiaufeinander. Jedes enthält 100 Milliarden Protonen, also Pi mal Daumen.Und wenn diese zwei Pakete von je 100 Milliarden Protonen aufeinander treffen,dann gibt es ein oder ein Paar Kollisionen?
Wolfgang Adam
Also die ursprüngliche Auslegung des LHC war typischerweise 25 gleichzeitigeKollisionen zu haben. Jedes Mal, wenn es...
Tim Pritlove
Alle 25 Nanosekunden.
Wolfgang Adam
Ja, das ist nur zufällig dieselbe Zahl und inzwischen ist es dem Beschleunigergelungen die Intensität zu erhöhen.
Tim Pritlove
Durch eine höhere Verdichtung dieses Pakets.
Wolfgang Adam
Genau und letztes Jahr hatten wir typischerweise über 50 und dieses Jahr werden wir noch mehr haben.
Tim Pritlove
Aber die finden ja dann alle gleichzeitig statt, das heißt man beobachtet sieauch alle gleichzeitig.Ist das nicht eher ein Problem, wenn man zu viele gleichzeitig hat,weil dann muss man sie ja auch auseinander halten.
Wolfgang Adam
Das ist potenziell ein Problem natürlich und die Detektoren wurden darauf auch ausgelegt.Man muss jetzt natürlich sagen, sie wurden auf die berühmten ca.25 ausgelegt und wir sind jetzt von mehr als einem Faktor 2 darüber.Aber ja, sie finden gleichzeitig statt, aber die Zone, in der diese Kollisionenstattfinden, erstreckt sich über plus minus 15 Zentimeter typischerweise.Das heißt, diese Kollisionen finden nicht alle genau am selben Platz statt,sondern sie sind etwas verteilt. Und wir können diesen Abstand verwenden,um sie von einander zu unterscheiden.Der zweite wichtige Aspekt ist, dass wir, wir suchen eben extrem seltene Prozesse,in denen sehr viel Energie freigesetzt wird. Und das passiert bei Weitem nicht bei jeder Kollision.Das heißt, aus den meisten Kollisionen werden wahrscheinlich nur wenige relativniederenergetische Teilchen entstehen.Und eine, typisch maximal eine von diesen Kollisionen, wird ein Ereignis auslösen,das uns interessiert und das wir messen wollen.Dazu sollte man vielleicht auch sagen, dass eine der Herausforderungen ist,dass der Detektor braucht, was wir ein Triggersystem nennen.Das heißt wir brauchen ein System, das genau diese interessanten Kollisionen aussucht.Weil die Gesamtzahl der Kollisionen,man muss sich vorstellen, dass circa 30 Millionen mal pro Sekunde kreuzen sichPakete und der Detektor ist in der Lage diese 30 Millionen Fotos,also er ist ausgelegt auf bis zu 40 Millionen Fotos pro Sekunde.Aber das ist eine Datenmenge, die schwer zu handhaben wäre und in vielen dieserKollisionen passiert eben nichts, was uns interessieren würde.Und deswegen brauchen wir ein System, das aus diesen 30 Millionen eine sieben wenige rausfiltert.Und das ist eine ziemliche Herausforderung und das CMS hat sich früher entschiedenund das war technologisch zum Zeitpunkt der Auslegung des Experiments noch einbisschen auch eine Vorhersage oder eine Wette auf die zukünftige Entwicklungvon elektronischen Komponenten und Rechenleistung,dass wir diese Auswahl in einem zweistufigen System machen.Wir haben eine erste Stufe, das ist Elektronik, die sich unten nahe beim Detektor befindet.Und diese Elektronik wird für jede Kollision ein paar Grunddaten bekommen überEnergie, die man im Detektor gesehen hat, die Anzahl zum Beispiel der Myonenoder von Elektronen, die gesehen wurden.Und aus diesen Daten kann sie sagen, ob wir dieses Foto behalten wollen oder nicht.Und das muss geschehen in einigen Mikrosekunden.Also die Elektronik hat einige Millionstel Sekunden Zeit, um für jedes Fotozu sagen, wollen wir es behalten oder nicht.Und nur wenn wir es behalten wollen, werden überhaupt alle Daten aus dem Detektor heraus transferiert.Und wir können bis zu 100.000 pro Sekunde transferieren.Das heißt, aus den ursprünglichen 30 Millionen pro Sekunde behalten wir malin dieser ersten Stufe 100.000 pro Sekunde.Und in einem zweiten Schritt werden dann diese Daten, die aus dem Detektor gelesenwerden, werden an ein Computerzentrum transferiert, das wir auch vor Ort am Experiment haben.Und dort können wir schon sozusagen eine beschleunigte Version der Auswerteprogrammeoder der ersten Stufe der Auswerteprogramme laufen lassen, die wir später dann verwenden auch.Damit kann man natürlich sehr viel detaillierter nachsehen in allen Detektoren,was passiert ist und eine viel detailliertere Analyse machen und deswegen auch genauer auswählen.Und damit reduzieren wir dann die Rate von 100.000 auf einige Tausend pro Sekunde.Das heißt von den 30 Millionen oder in der Größenordnung die Kreuzungen vonPaketen die im Detektor oder Fotos die im Detektor genommen werden,behalten wir letztlich nur einige Tausend pro Sekunde. Junge Prosekunde.Diese einigen tausend pro Sekunde, die werden dann permanent gespeichert unddas ist das, was für die Analyse nachher zur Verfügung steht.
Tim Pritlove
Das muss man ja auch erstmal in so ein Computersystem gespeichert bekommen.Das ist eine enorme Anforderung an die Geschwindigkeit, die da gestellt werden.Diese erste Filterung ist hier gar nicht so sehr eine qualitative Filterung,sondern mehr so ein Ranking und man nimmt dann sozusagen die hunderttausend,die man übertragen kann, Nimmt man dann alle, um dann in der zweiten Stufe erstauszusuchen, was für einen wertvoll ist oder ist es schon eine qualitative Auslesung?
Wolfgang Adam
Nein, nein. Das sind quantitative Kriterien und man kann, obwohl es nicht normaleCPUs sind, sondern Elektronikkomponenten.
Tim Pritlove
Also quantitativ im Sinne von wie viele Spuren?
Wolfgang Adam
Wir können zum Beispiel verlangen, dass wir zwei Myonen übersehen,die über einer gewissen Energie liegen.
Tim Pritlove
Okay, also auch schon mit einer, ich meine jetzt qualitativ im Sinne von was sehen wir?Also das wird auch schon berücksichtigt in dieser ersten Frage.
Wolfgang Adam
Genau, welche Arten von Teilchen haben wir gesehen, in welcher Zahl, bei welcher Energie.Wir könnten auch auswählen, dass diese zwei Teilchen in gegengesetzte Richtungen geflogen sind.Und da können wir einige hundert Kriterien definieren, die all diese Größen kombinieren.Und wenn mindestens eines dieser Kriterien erfüllt ist, dann würden wir dieses Event auswählen.
Tim Pritlove
Wenn es so schnell laufen soll, dann ist das schon so optimierte Hardware,wo die Software dann voll in die Hardware eingebrannt ist und das voll beschleunigt?
Wolfgang Adam
Das sind FPGAs, das heißt das ist Elektronik, die programmierbar ist,aber nicht programmierbar wie in dem.
Tim Pritlove
Also damit das wirklich sehr schnell abläuft, weil das wäre jetzt für eine normale CPU zu schnell.Alright, ja okay gut. Das ist also der Vorgang. Jetzt stellt sich natürlichdie Frage, wie funktioniert der Detektor eigentlich genau.Klar kann man ja sagen, das haben wir ja in Muon gesehen, das muss man ja aucherstmal sehen. Und wir hatten das im Prinzip, wir haben das auch schon,als wir über Alice gesprochen haben, im Prinzip folgt das ja dem ähnlichen Modell.Es geht einfach darum, durch diese magnetische Ablenkung, die durch diesen großenSpulenmagneten hergestellt wird,also sozusagen die ganzen Teilchen quasi in ihrer Ausbreitung,in ihrer Abstrahlung irgendwie versucht, wieder in den Griff zu kriegen undeben dieses starke Magnetfeld braucht, weil eben die Energien so hoch sind, die dort stattfinden.Die wollen halt einfach irgendwo hinschießen und der Magnet sagt so, so nicht.Ja, ich krümm dich jetzt mal hier so ein bisschen weg.Und durch diese Krümmung, die man beobachtet,dann ist es ja quasi so das Rennen zwischen Energie des Teilchens und derenRichtung kämpft gegen das Magnetfeld Und daraus ergibt sich halt so eine Spurenkurve,der man dann eben quasi nachsehen kann.Okay, alles klar, wenn du so schnell unterwegs bist, weil die Zeit kann ichja messen, und dann diese Kurve machst, dann musst du sonst so schwer sein,also bist du wahrscheinlich das und das Teilchen.Und wie misst jetzt CMS diese...Funktioniert das genauso wie bei ALICE oder kommt hier eine ganz andere Technologie zu?
Wolfgang Adam
Nein, wir verwenden andere Technologien. Wir verwenden eine Technologie,die ALICE auch in den ganz innersten Tonen verwendet.Das sind Siliziumdetektoren, das sind Pal-Beta-Detektoren.Man muss sich vorstellen, das sind ganz dünne Scheiben von Silizium,das speziell präpariert wird.Im Wesentlichen ist die Idee dieselbe wie die Sensoren in einer Kamera.Das heißt, das Silizium kann Lichtteilchen im Fall der Kamera oder geladeneTeilchen wie Myonen oder andere Teilchen in unserem Fall registrieren,wenn diese Teilchen durch das Silizium durchlaufen.
Tim Pritlove
Also quasi so CCDs, Charge Coupled Devices, sind das ja in der Kamera, als Ladung.
Wolfgang Adam
Aber in unserem Fall sind es keine CCDs, weil die CCDs viel zu langsam werden.Weil eines der Grundprinzipien des Detektors ist natürlich, wie gesagt,wir haben einen 25 Milliardstel Sekunden Abstand zwischen zwei Kollisionen.Und das heißt, alle Detektoren müssen schnell genug ein Signal liefern,um zwei Kollisionen unterscheiden zu können. Und das ginge bei CCDs nicht.Und das heißt, de facto, was wir haben, ist Silizium. Und auf dem Silizium sindStrukturen, Elektrodenstrukturen aufgebracht.Und das sind entweder Streifen oder kleine Rechtecke.Und jeder dieser Streifen undjedes dieser Rechtecke hat seine eigene Verstärkung und Datenübertragung.Das heißt, wir haben im Moment knappe 100 Millionen de facto aktive Elemente, so Streifen oder...Und jedes dieser Elemente wird gleichzeitig ausgelesen. Das ist eben der Unterschied zur Kamera.Und das ermöglicht einerseits eine sehr hohe Präzision.Das heißt, die Präzision der innersten Lagen ist besser als 10 Millionsilometer.Das heißt, das ist kleiner, dünner als ein Haar.Hinaus nimmt es dann etwas zu, aber es ist immer noch in dieser Größenordnung. 10, 20, 30 Mikrometer.Das heißt, wir haben eine Serie.Diese Detektoren sind in Schichten angeordnet. Das heißt, im Zentraldetektorsind das Zylinder. Das heißt, es ist jeweils eine zylindrische Schicht,und die ist mit Detektoren, mit diesen dünnen Platten, vollgepflastert.Und eine Schicht kommt nach der anderen.
Tim Pritlove
Wie viele Schichten sind es dann?
Wolfgang Adam
Wir haben insgesamt im Moment, also im Zentralteil würde ein Teilchen 14 Schichtendurchlaufen und das heißt jede Schicht würde eine sehr sehr präzise Messung des Ortes.
Tim Pritlove
Und der Abstand zwischen den Schichten ist konstant?
Wolfgang Adam
Nein, der Abstand vergrößert sich nach außen.
Tim Pritlove
Was ist der kleinste und was ist der größte Abstand?
Wolfgang Adam
Der kleinste Abstand ist also Zentimeterbereich, 2 Zentimeter und nach außenwird es größer, 10 Zentimeter Größenordnung.Also der ganze Detektor, um sich das vorzustellen, geht bis zu einem Radiusvon knapp über einem Meter.Also knapp einen Meter von der Wechselwirkungszone, von der Kollisionszone entfernt.Und mit diesen 14 Punkten, die kann man dann sozusagen verbinden und aus derVerbindung dieser 14 Punkte sieht man dann diese berühmte Spur.
Tim Pritlove
Genau, wo man dann Ort und Zeit hat, überall wo das Zeichen steht.
Wolfgang Adam
In unserem existierenden Detektor messen wir die Zeit nicht explizit.Der Detektor ist so ausgelegt, dass er optimiert ist, jeweils für eine bestimmteKollision die Teilchen zu sehen. Aber wir messen die Zeit nicht explizit.Wir werden das in der nächsten Generation von CMS machen, aber im derzeitigenDetektor ist das nicht notwendig.Was man da vielleicht auch erwähnen könnte, ist, dass man diese Punkte zu einerLinie, also zu einem Kreis, wenn man so will, verbinden muss.Die Komplexität ist natürlich, dass wir eben hunderte oder in Kollisionen vonKernen tausende Teilchen haben,die da fliegen und jedes dieser Teilchen hinterlässt natürlich Punkte in demDetektor und die ja je nachdem welcher Punkt oder Streifen getroffen wurde Und es ist natürlich,diese Punkte haben kein Etikett, das sagen würde, ich bin von diesem Teich hingekommen.
Tim Pritlove
Deswegen dachte ich ja, dass die Zeit ein wichtiger Faktor ist.
Wolfgang Adam
Nein, weil die Zeiten, die Teilchen laufen ja fast bei derselben Zeit,weil sie wurden zur selben Zeit produziert und fliegen dann de facto mit Lichtgeschwindigkeit hinaus.Und das heißt man hat ein Problem jeweils Punkte einem Teilchen zuzuordnen unddas ist ein ziemlich großer Rechenaufwand.Also wenn man ein Foto sehen würde, an dem einfach die Punkte aufgetragen sind,würde man mit freiem Auge nichts erkennen.Das heißt es gibt Algorithmen, die dann eben die Punkte verbinden und das klassifizierenin Teilchen und dann für jedes Teilchen aus der Krömung eben den Impuls,die Energie ausrechnen.
Tim Pritlove
Kann man dabei Fehler machen?
Wolfgang Adam
Natürlich. Es gibt natürlich Fehler, aber die Algorithmen sind eben so entwickeltworden, um diese Fehler sehr gering zu halten, so gering zu halten,dass sie de facto die letztlichen Messungen nicht beeinflussen.
Tim Pritlove
Also Teilchen trifft auf, Kollision findet statt,all das was dort aufeinander trifft wird dann eben in seine elementaren Teilchenzerschmettert und die machen sich dann auf die Reise,fliegen los und entweder streifen sie halt selber unmittelbar dann eine dieserSchichten Oder auf dem Weg zerteilt sich eben dieses Teilchen nochmal in andere,also von wegen Elementarteilchen, wenn es sich dann doch noch in andere Teilchenverwandelt, kann es ja so elementar auch wieder nicht sein.Egal, auf jeden Fall das findet statt und man hat es also bei jeder Kollisionmit einer Vielzahl von Durchschlagungspunkten zu tun,also zumindest in diesem inneren 14 Schichten Bereich,die man dann eben per Software wieder zueinander zuordnen und sagt okay,wenn das da war, das da war, dann gehört das wahrscheinlich zusammen und dannist das die daraus resultierende Bahn und aus dieser Bahn kann ich dann wiederum errechnen,okay was war das jetzt mit welcher Energie und damit weiß ich auch die Masseund wenn man die Masse weiß, dann weiß man um was für ein Teilchen es sich gehandelt hat.
Wolfgang Adam
Und wie gesagt, worüber diese Siliziumdetektoren, das ist dieser erste Teildes Detektors, von dem ich vorhin gesprochen habe, das heißt dieser Teil desDetektors, der möglichst leicht gebaut werden soll.
Tim Pritlove
Aber diese Phase reicht auch schon für die Klassifikation der Teilchen aus? Nein, noch nicht.
Wolfgang Adam
Nein, weil wir eben...Die Information aus mehreren Detektoren kombinieren wollen.Das heißt, wir haben so ein Teilchen, ein geladenes Teilchen,das läuft durch den Detektor durch, wir messen die Punkte, wir verfolgen seineSpur und dann wird es in den nächsten Detektor übergehen, eben in dieses Kalorimeter,wo sehr viel Material ist, in dem das Teilchen de facto seine ganze Energie abgeben kann.Das ist dann eine ganz andere Technologie.Im Fall von CMS verwenden wir dabei Kristalle.Das ist Blei-Wolframat.Das sind sehr, sehr transparente Kristalle, die aber de facto die Dichte von Blei haben.Das heißt, eine sehr große Dichte. Man stellt sehr viel Material entgegen,um eben diese Schauer, diese Lawinen möglichst kurz zu halten.Und Teilchen, besonders Elektronen oder Photonen, die dort in diese Kristallehineinlaufen, die werden den Kristall anregen und es wird Licht ausgesendet,Stintillationslicht ausgesendet.Das Licht wird im Kristall, der sehr transparent ist, weiterlaufen und jedervon diesen circa 80.000 Kristallen hat dann hinten am Kristall einen Detektor, der Licht messen kann.Und aus der Menge des Lichts, das dieser Detektor hinten am Kristall misst,kann man dann rückschließen, wie viel Energie sozusagen dort deponiert wurde.Und das heißt, man kann diese Messung mit der Messung aus dem Siliziumdetektor kombinieren.Dieser Kristalldetektor ist auch notwendig, weil der Siliziumdetektor wird nurelektrisch geladene Teilchen sehen.Das heißt neutrale Teilchen, wie zum Beispiel Photonen, Lichtteilchen,werden im Siliziumdetektor nicht gesehen.Die werden erst dann in diesem Kristallteil gesehen werden.
Tim Pritlove
Also wenn diese Kalorimeter, die dann auch die Endstation darstellen für dieauseinanderfliegenden Teilchen.Wenn die jetzt zuverlässig aber eingefangen werden sollen, dann muss ja im Prinzipeine riesige, vollständige, den kompletten zentralen Teil umschließende Schicht sein.
Wolfgang Adam
Das ist genau die Grundkonzeption. Wir wollen natürlich möglichst alle Teilchenmessen, die aus der Kollision entstehen. Das heißt wir möchten den Kollisionspunkteigentlich möglichst hermetisch umschließen.Das ist nicht vollständig möglich, weil wir… Man muss ja auch mal ran, ne?Naja, der Beschleuniger, die Beschleunigerröhre muss natürlich durchlaufen.Das heißt, dort per Definition können keine Detektoren stehen,aber wir versuchen den Rest möglichst abzudecken.Und wie gesagt, nachdem wir mehrere Lagen verschiedene Detektoren brauchen,sind die so angeordnet, dass ein Teilchen eben, egal in welche Richtung es läuft,immer dieselbe Sequenz von Detektortypen durchläuft.Und man könnte sich jetzt naiv vorstellen, dass man eine Kugel baut,Aber das ist aus mechanischen, Wartungs- und ähnlichen Gründen nicht sehr praktisch.Das heißt, die meisten dieser Experimente an Beschleunigern,an Speicherringen wie dem LAC, haben einen zylindrischen Aufbau.Das heißt, man hat einen zentralen Zylinder, in dem man eine zylindrische Lage nach der anderen hat.Und das wird dann abgeschlossen durch Endkappen, also großen kreisförmigen Strukturen,wo dieselbe Sequenz, aber linear von der Mitte nach außen, nach links und nach rechts geht.Vorkommt und dadurch kann man den Detektor relativ leicht öffnen,weil man kann diese Endcaps, wie wir es sagen, diese kreisförmigen Strukturenvom Zentralteil entfernen und dann ins Innere des Detektors kommen.Aber durch diesen Aufbau kann man garantieren, dass dieselbe Sequenz von Detektorenvon jedem Teich entgegen ist.
Tim Pritlove
Das heißt, diese Kalorimeter, dieser Zylinder ist sozusagen komplett mit diesemBlei, was war das für eine Verbindung?Genau mit diesen Kristallen beschichtet und messen kann man das dann,also das ist dann diese Sintillation, also das ist sozusagen so ein Lichteffektder dabei dann entsteht.
Wolfgang Adam
Genau es wird Licht erzeugt im Kristall und dieses Licht wird gemessen.
Tim Pritlove
Okay also im Prinzip ist es dann letzten Endes ein optisches Messgerät,was eigentlich das Licht misst.
Wolfgang Adam
Misst die Quantität von Licht die aus dem Kristall kommt.
Tim Pritlove
Okay, gut. Und das tut es mit welcher Auflösung dann wiederum?Also man kann ja nicht jeden Punkt beobachten.
Wolfgang Adam
Ja, wie gesagt, über die ganze Fläche. Wir haben jetzt hier 80.000 Kristalle.Man muss sich vorstellen, die Kristalle sind so längliche Gebilde mit einemquadratischen Querschnitt von einigen Zentimetern.
Tim Pritlove
Okay, also 80.000 Kalometer.
Wolfgang Adam
Also die Größe ist dadurch bestimmt, dass die Schauer eine gewisse Ausdehnungin der Tiefe, aber auch in der Breite haben.Und es ist sinnlos, die Detektoren sozusagen sehr viel kleiner zu machen alsdie Breite des Schauers. Das war die ursprüngliche Idee.Das bestimmte die Zahl der Kristalle.Und das ist der erste Teil des Kalorimeters. Und in diesem Teil,der genügt, um de facto alle Teilchen zu stoppen, die elektromagnetisch wechselwirken,also wir sind Elektronen und Photonen.Und andere Teilchen, Hadronen, die erzeugen größere Schauer und wir braucheneinen zweiten Kalorimeterteil dahinter.
Tim Pritlove
Also die durchschlagen sozusagen auch noch diesen ersten Teil.
Wolfgang Adam
Genau, die würden zwar einen Schauer beginnen im ersten Teil,aber der Schauer wäre so tief, dass er aus diesen Kristallen heraustritt und hinten raustritt.
Tim Pritlove
Ohne einen Lichteffekt zu erzeugen?
Wolfgang Adam
Nein, es wird Licht erzeugt, aber das Problem ist, dass nicht der gesamte Schauerenthalten sein wird in den Kristallen.Das geht danach weiter und dann haben wir einen zweiten Teil.Das beruhigt wieder auf dem Prinzip, dass wir dem Teilchen möglichst viel Material entgegenstellen.Aber in dem Fall ist das Messing.Es ist sozusagen ein Sandwich von Messing und wieder Zintillatoren.Zintillatoren, das ist ein Plastikmaterial und dort ist wieder dieselbe Idee.In dem Plastikmaterial entsteht Licht und man misst das Licht am Ende des Elementsund aus der Quantität des Lichts schließt man.
Tim Pritlove
Das ist also auch nochmal so eine zylindrische Struktur.
Wolfgang Adam
Das generiert wieder eine zylindrische Struktur, die eben außerhalb des,die nächste Lage darstellt nach diesen Kristallen.Und wie viele Detektoren sind das dann?Das ist in großen Modulen strukturiert. Also wir haben einige hundert von dengroßen Modulen, aber in jedem Modul gibt es Glasfasern, die Teile des Moduls messen.
Tim Pritlove
Ja, also ist das dann so wie bei dem ersten Zylinder, so 80.000 in der Größenordnung?
Wolfgang Adam
Es ist in der Größenordnung. In diesem Teil braucht man etwas weniger Genauigkeit.Das heißt, man muss nicht so feine Elemente haben.
Tim Pritlove
Gut, nur mal so ein Gefühl für die Datenpunkte zu bekommen, wie viel das so ist.
Wolfgang Adam
Und dann gibt es einen...
Tim Pritlove
Gibt es noch Teilchen, die diese Schicht dann auch noch überwinden können?
Wolfgang Adam
Genau, dann gibt es die berühmten Myonern, die diese Schicht überwinden können.
Tim Pritlove
Ah ja, okay, jetzt wird es spannend.
Wolfgang Adam
Diese Myonen sind eingelagert, diese Detektoren sind eingelagert in dieses Rückflussjoch.Also ich habe davon gesprochen, dass wir das Magnetfeld sozusagen im Detektorzu halten, haben wir diese Stahlkonstruktion, die rundherum geht.Und in diese Stahlkonstruktion sind eingelagert, in Spalten in der Stahlkonstruktionsind Myonkammern eingelagert. Und in dem Fall sind das Gasdetektoren.Das sind Detektoren, Schichten mit verschiedenen Technologien,die mit einem Gas gefüllt sind.Wenn Teilchen durch das Gas durchlaufen, dann ionisieren sie Atome in dem Gasund man kann diese Ladungen durch elektrische Felder bewegen und dann messen.Diese Detektoren werden elektronisch ausgelesen, also de facto die Bewegungdieser Ladungen der Elektronen und der positiven Ionen, die dabei entstehen,die erzeugen elektrische Signale auf Elektroden und die werden dann ausgelesen.Dort ist es eben wichtig, dass wir mit vernünftigen Kosten eine sehr,sehr große Fläche abdecken können, In diesem Prinzip, dass eine Lage nach deranderen kommt, natürlich je weiter man nach außen kommt, desto größer wird dieFläche, die man abdecken muss. Gleichzeitig ist die,ist die Genauigkeit, die man dort erzielen muss, geringer.Das heißt, dort genügt uns ein Zehntel Millimeter oder etwas weniger.Und der Grund dafür ist, dass die Myonen, bis sie in diese Lage kommen,haben sie schon viel Material durchlaufen. Das Material wird sie zwar nichtstoppen, aber es wird leichte Ablenkung an der Bahn verursachen.Und das heißt, es ist sinnlos genauer zu messen als die typische Größenordnungdieser Ablenkung der Bahn.Zu den Myonen möchte ich vielleicht noch sagen, dass im Prinzip,so wie die CMS konzipiert wurde, um die Myoner zu messen, um zu wissen,dass es ein Myon ist, brauchen wir dieses Signal in den äußersten Detektorschichten.Aber die genaue Messung der Energie des Muons wird in CMS gemacht,dass wir den inneren Siliziumdetektor mit den Informationen aus diesen Muonsdetektoren verbinden.
Tim Pritlove
Das erklärt jetzt auch warum dieser Muon, also warum das auch im Namen drinsteckt.Weil es sozusagen ein Element in diesem großen Magnet mit drin ist und von dahersozusagen so ein Major Design Prinzip darstellt sozusagen und nicht einfachnur so ein bisschen Gerät, was man noch in die Mitte reingeworfen hat.Also dieser Teilchen zu diesem Standardmodell ist ja wirklich...Das kann ja sehr verwirrend sein. Was wir ja die ganze Zeit angerissen haben mit diesen Myonen.Es gibt ja in diesem Standardmodell Klassifizierungen auf unterschiedlichen Dimensionen.Wenn man erstmal generell so diese Quarks und Leptoden unterscheidet,also das was sozusagen Protonen im wesentlichen baut sind die Quarks und derRest sind eben die Elektronen und Verwandte sozusagen.Gibt es ja das dann alles noch dreimal.Alles ist irgendwie dreimal vorhanden, hat dann andere Namen,ähnliche Namen und warum es das jetzt alles dreimal gibt, weiß man nicht sorichtig und es gibt es dreimal, weil es dann unterschiedliche Massen hat.
Wolfgang Adam
Das ist ganz klar eine der großen unbeantworteten Fragen in der Teilchenphysik,dass man im Moment keine Erklärung hat, warum es drei Generationen sein sollten.Diese Teilchen haben exakt die gleichen Eigenschaften, nur die Masse ist unterschiedlich. Genau.
Tim Pritlove
Das heißt dieses Myon, von dem wir jetzt die ganze Zeit reden,um das mal ein bisschen bekannter zu machen, ist eigentlich in seinem Wesen ein Elektron.Es ist nur sehr viel schwerer als ein Elektron.In welchem Faktor ist das schwerer, sehr viel schwerer?
Wolfgang Adam
200 Faktor, 1000, 2000, ca.2000. Ca. 2000 sind 500 Kiloelektronvolt und 100 Megelektronvolt.
Tim Pritlove
Ja, wie auch immer. Auf jeden Fall ist sehr viel schwerer, aber ist ansonsten wie so.Warum gibt's da, also das wissen wir nicht, aber warum ist man da jetzt so drauf abgefahren?
Wolfgang Adam
200 Stimmen.
Tim Pritlove
Genau, aber es gibt ja auch noch ein drittes, was dann nochmal extrem viel schwererist, das ist dann das Tauon.
Wolfgang Adam
Genau, das Tauon oder Taulepton.
Tim Pritlove
Das sieht man aber nicht.
Wolfgang Adam
Oh ja, das produzieren wir ebenfalls.
Tim Pritlove
Kann das auch detektiert werden?
Wolfgang Adam
Natürlich, wir detektieren das. Das einzige Problem, es ist schwerer zu detektieren,das Elektronen und Myonen, weil es nämlich relativ instabil ist.Elektronen sind stabile Teilchen, da gibt es kein Problem.Myonen zerfallen, aber die Lebensdauer eines Myons ist so groß,dass sie auf jeden Fall den Detektor verlassen werden, bevor sie zerfallen.Dagegen haben Daunen, eben weil sie schwer sind, eine relativ kurze Lebenszeit.Und das heißt, die würden schon in den ersten Zentimetern des Detektors zerfallen.Das heißt wir werden kein Dow-Lapton als solches durch den Detektor fliegen sehen,sondern das Dow-Lapton kann in verschiedene Konfigurationen zerfallen und umdie Dow-Laptonen zu identifizieren müssen wir eben die Sekundärteilchen,in die das Dow-Lapton zerfallen ist, identifizieren.
Tim Pritlove
Also man weiß schon, dass es da war, aber man sieht es nicht als sollte so.
Wolfgang Adam
Es ist schwieriger zu sehen, ja.
Tim Pritlove
Ok, verstehe. Und warum ist man dann jetzt so scharf drauf?Also was kann man, was meint man oder was kann man denn sozusagen daraus ableiten,dass jetzt sozusagen dieses Myon da ist?
Wolfgang Adam
Ja, wie gesagt, eine direkte Erklärung, warum es eben diese drei Generationen gibt, haben wir nicht.Aber das, wie gesagt, unser derzeitiges Standardmodell,mathematisches Modell, mit dem wir die Teilchen und die Kräfte zwischen denTeilchen beschreiben, setzt eben voraus, dass sich diese drei Generationen gleichverhalten, bis auf die Masse.Und das ist zum Beispiel ein interessanter Teil des Forschungsgebietes,um zu überprüfen, möglichst gut zu überprüfen, ob das wirklich der Fall ist.Weil wenn es nicht der Fall wäre, das würde das Ansatz geben,um neue Theorien zu entwickeln.Und deswegen, das ist natürlich ein Grund, sie zu messen. Der andere Grund,sie zu messen, ist, dass es einfach zusätzliche Möglichkeiten gibt,um andere Teilchen zu vermessen oder zu entdecken.Weil sehr oft, eben dadurch, dass die Elektronen Myon und Olepton dieselbenEigenschaften haben, kann ein Teilchen, das in Elektronen zerfallen kann oderin Myonen zerfallen kann, auch in die jeweils anderen Teilchen zerfallen.Das heißt, wir können dieses zerfallende Teilchen genau untersuchen.Wir haben mehr Möglichkeiten, wenn wir alle drei Zerfallsmodi untersuchen.
Tim Pritlove
Old Myon spielt auch eine Rolle bei der Detektion des Higgs-Bosons?
Wolfgang Adam
Zum Beispiel, ja.Genau, das Higgs-Boson kann in sehr viele unterschiedliche Arten zerfallen.Und eine dieser Arten ist, dass es de facto zuerst in zwei Z-Posonen,das sind die Vermittler der schwachen Wechselwirkung übrigens, zerfällt.Und diese Posonen können dann wieder in Leptonen zerfallen, zum Beispiel.Auch in Quarks, aber sie können auch in Leptonen zerfallen.Und sie können zum Beispiel in zwei Myonen zerfallen. Es könnte jedes dieserzwei Z-Posonen dann in zwei Myonen zerfallen.Und warum uns das besonders interessiert, ist einfach, weil wir die Myonen,das ist wirklich das Objekt, das wir am besten messen können.Sie können auch in Detektoren zerfallen, andere Teilchen, aber der Zerfall ininsgesamt vier Myonen ist das, was wir normalerweise einen goldenen Kanal nennen.Das heißt, das ist wirklich die Art und Weise, die wir am besten messen können.
Tim Pritlove
Ah ja, okay, verstehe.
Wolfgang Adam
Voraussetzung ist natürlich, dass wir alle vier Myonen in einer Zone des Detektorssind, die wir sehen können.Und warum ist es wichtig, dass man die so genau messen kann,ist, weil wir dann aus den, wenn wir die Energien und Richtungen der Virmionenbestimmen, können wir zurückrechnen, die Masse des Teilchens, die zerfallen ist.Das ist, wie wir überhaupt versuchen, typischerweise neue Teilchen zu finden.Es gibt Energiehaltung, d.h. wenn ein schweres Teilchen zerfällt,muss die Masse, also Masse und Energie der Zerfallsprodukte,aus denen kann man wieder die Masse des ursprünglichen Teilchens zurückrechnen.Und man sollte sagen, am LHC, wir haben immer sehr viel...Untergrund. Das heißt, wir suchen ein bestimmtes Ereignis, einen bestimmtenTyp von Ereignis, aber es gibt immer andere Prozesse, die etwas Ähnliches produzieren.Aber dadurch, dass wir diese Masse rekonstruieren können, ist dieser Untergrund,der ist normalerweise einfach zufällig verteilt.Und wenn es wirklich ein neues Teilchen ist, wie das X-Boson im Jahr 2012,dann sehen wir, dann werden die berechneten Massen, werden immer dort an derechten Masse des neuen Teilchens sitzen.Das heißt, wenn wir das ansehen, dann gibt es eben diesen Untergrund,der verteilt ist und über diesem Untergrund werden wir beginnen ein Signal zusehen, dass auf einer bestimmten Stelle immer mehr Ereignisse sind,die genau diesen Wert haben.Das ist wie das X-Boson gefunden wurde und das ist auch die Methode,um nach anderen Teilchen zu suchen.
Tim Pritlove
Genau, weil am Ende ist es ja alles eine statistische Betrachtung,jede Kollision ist anders, immer wieder passiert irgendwas,aber mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit passieren halt bestimmte Dingehäufiger und wenn man das dann eben einfach über Wochen,Monate und Milliarden an Beobachtungen zusammensummiert und plottet,dann entstehen halt diese Grafiken, wo so eine kleine Spitze ist,die halt so einen ganzen Raum voller Wissenschaftler total zum Schreien bringen,weil das dann einfach total irre ist.Und alle anderen fragen sich nur so, was passiert hier eigentlich gerade?Aber das kennt man ja auch aus anderen Sportarten. Also Leute,die mit Fußball nichts zu tun haben, wundern sich ja dann auch mal wieder,was die anderen alle so begeistert.
Wolfgang Adam
Ja, aber etwas zu finden, was man 60 Jahre lang gesucht hat,das kann etwas Begeisterung auslösen. Genau.
Tim Pritlove
Jetzt kommen wir vielleicht so langsam zum Ende und die große Frage ist ja halt immer,wie kann das alles dazu beitragen jetzt auch wirklich was neues zu finden undvielleicht neu ist ja dann auch immer so ein dehnbarer Begriff,also das Higgs Boson war ja nicht in dem Sinne neu, als dass es auf einmal soda war und man gesagt, oh Holla was ist das denn?Sondern das war ja quasi eine Suche nach 60 Jahren, weil es eben diese Theoriegab, wenn es das gäbe, dann würde auf einmal alles zusammenpassen.Alles was wir bisher beobachtet haben, haben wir sozusagen in dieses Standardmodelleingefügt, da fehlte dann aber irgendwie noch so ein Slot und man hat immerso gehofft, dass es das auch gibt, weil dann passt alles zusammen,weil wenn es das nicht gibt, dann passt gar nichts mehr zusammen.Dann müsste man sich was Neues ausdenken und bisher ist noch keinem was anderes eingefallen.
Wolfgang Adam
Naja es gibt einige andere Ansätze, aber es war klar der einfachste Ansatz umdas zu finden und deswegen war es spannend um zu sehen ob dieser Ansatz auchwirklich realistisch ist.
Tim Pritlove
Ich denke es ist ja auch alles gebaut worden. Deswegen hat man den LAC gebaut,deswegen hat man diese Energien versucht aufzubauen,weil man halt einfach so ein gewisses Target hat und sagt okay das ist so derEnergiebedarf den wir benötigen und wenn wir das dann lange genug beobachten,dann haben wir vielleicht eben diese Auffälligkeit und CMS ist einer von denbeiden Detektoren, die das eben mit der hier beschriebenen Technik beobachtethaben, die Statistiken gemacht hat.Atlas das andere, was im Prinzip dasselbe in grün gemacht hat und dann werdenwir halt auch nochmal drüber reden, wie das dort funktioniert und der Vergleichdieser beiden Ergebnisse hat dann eben diese Gewissheit gebracht.So jetzt ist das aber sozusagen aus dem Rennen, Higgs ist jetzt alter Käse.
Wolfgang Adam
Absolut nicht.
Tim Pritlove
Es wird natürlich nach wie vor noch weiter geguckt nach Higgs oder?
Wolfgang Adam
Wir stehen eigentlich am Anfang der Reise, weil Entdeckung heißt,dass wir die ersten überzeugenden Zeichen für die Existenz eines Teilchens gefunden haben.Aber was jetzt gemacht wird, ist zu überprüfen, was wir wissen.Wir haben ein Teilchen gefunden. Das Teilchen entspricht in etwa den Erwartungen der Theorie.Aber was wir jetzt machen ist, um die detaillierten Vorhersagen der Theoriezu überprüfen und zu sehen, ob diesesHiggs-Teilchen wirklich genau das Higgs-Teilchen dieses Modells ist.Und das ist eben ein langfristiges Programm.Das Higgs-Feld gibt eben Masse an die Teilchen und das hängt damit zusammen,wie stark sozusagen diese Teilchen mit dem Higgs-Boson reden. und.Das bedingt auch, wie oft ein Higgs-Boson aus diesen Teilchen erzeugt werdenkann oder wie oft ein Higgs-Boson in diese Teilchen zerfallen wird.Und die Vorhersage des Standard-Modells, dieses Modells ist eben,dass diese Wechselwirkung immer schwächer wird, je leichter Teilchen werden.Und dementsprechend werden die leichteren Teilchen auch seltener im Zerfalleines Higgs-Bosons vorkommen.Und die Entdeckung des X-Bosons wurde im Wesentlichen getragen durch den Zerfallin zwei Arten, eben in zwei Z-Bosonen oder ein Zerfall in zwei Photonen.Jetzt kann man sich fragen, Sie haben gesagt, dass das X hängt mit Masse zusammen.Das X gibt eigentlich die Masse. Photonen sind bekannterweise masselos.Also wie kann ein Higgs-Boson in Photonen zerfallen? Und das geschieht in der Beschreibung,die wir von der Natur in der Quantenfeldtheorie haben, dass da einfach ein komplizierterProzess aufgetreten ist, dass das Higgs ursprünglich in zwei andere Teilchenzerfallen ist und diese Teilchen dann zwei Photonen erzeugt haben.Und in Wirklichkeit hängt das sehr stark zusammen mit dem zerfallen SIX-Bosonsin zwei virtuelle Topquarks, also in schwere Teilchen.Und im Prinzip haben wir jetzt gemessen und wir haben überzeugende Messungen,dass der SIX eben in Z-Bosonen zerfallen kann,in W-Bosonen zerfallen kann, dass der SIX mit Topquarks redet,dass der SIX, also direkt in Topquarks, in zwei Topquarks kann der SIX nichtzerfallen, weil der SIX einfach zu leicht ist.Die zwei Top Quarks zusammen werden schwerer als das X-Poson und deswegen kannes nicht direkt zerfallen.Aber es kann trotzdem in der Produktion und im Zerfall auf indirekte Arten mitdiesen Top Quarks reden.Wir haben den Zerfall in B, Quarks.Und die berühmten Dow-Leptonen. Das sind alles de facto die schwersten Teilchen, die wir kennen.Aber um jetzt überzeugt zu sein, dass dieser Mechanismus der Stärke der Wechselwirkungmit Masse wirklich funktioniert, sollten wir auch sehen, ob es mit den leichteren Teilchen redet.Und wir haben jetzt in CMS, wir haben mit den Daten aus den letzten Jahren daserste Mal einen Hinweis dafür gesehen, dass das X-Boson direkt in zwei Myonen zerfallen kann.Das ist schon jetzt ein großer Sprung in der Masse, weil, wie schon gesagt wurde,die Myonen sind sehr viel leichter als die Dauleptonen zum Beispiel,auch sehr viel leichter als Z-Bosonen oder W-Bosonen. Das heißt,da ist ein großer Sprung.Wir haben eben Hinweise dafür, noch nicht auf dem Niveau,das wir typischerweise in der gleichen Physik Entdeckungsniveau nennen,diese berühmten 5 Sigma statistische Wahrscheinlichkeit, also Wahrscheinlichkeitvon weniger als 1 zu 1 Million, dass das einfach eine Fluktuation war.Aber das steht auf unserem Programm und auch zur Fälle in andere leichte Teilchen,um eben das vollkommen zu überprüfen, das Modell.Und dann auf einer etwas längeren Zeitskala ist die Frage, wie das Higgs mitsich selbst redet und...
Tim Pritlove
Teilchen reden auch mit sich selbst.
Wolfgang Adam
Ja, es kann ein Higgs-Boson zum Beispiel in zwei Higgs-Bosonen zerfallen undzwei Higgs-Bosonen produzieren in seinem Zerfall.Und das Interessante daran ist, dass das Higgs-Boson ursprünglich erfunden wurde,um zu erklären, warum diese W- und Z-Bosonen, für die es in den 80er Jahrenden Nobelpreis gegeben hat und die die schwache Wechselwirkung erklären,warum die nicht wie das Photon masselos sind, sondern warum sie eine Masse haben,eine ziemlich hohe Masse sogar.Und das läuft unter dem Konzept der Symmetriebrechung.Es gibt da in Symmetrienstellen einen sehr wichtigen Bestandteil aller modernenTheorien der Teilchenphysik vor.Symmetrien können so etwas wie die einfache Links-Rechts-Spiegelsymmetrie sein,die wir kennen, aber es kann auch Symmetrien in anderen Formen geben,die zum Beispiel, das wäre sozusagen eine Art Spiegeleffekt,die zum Beispiel ein Teilchen in ein anderes Teilchen verwandeln könnte unddadurch ihre Ähnlichkeit erklärt.Und jedenfalls, das Higgs-Poson hat eben diese spezielle Eigenschaft,Eigenschaft, dass es eine gewisse Symmetrie bricht, also dazu führt,dass die Symmetrie nicht mehr vollkommen respektiert wird.Und das gibt diesen W- und Z-Posonen die Masse.Und das hängt sehr stark davon zusammen, eben wie stark dieses X-Poson sozusagen mit sich selbst redet.Und das ist ein Programm, das ist sehr schwierig zu messen. Das ist ein Prozess,der noch viel seltener ist, als was wir im Moment schon messen und die,Und das wird wirklich ein Programm sein für die nächsten Jahre,für die zukünftige Phase des LACs und dann sogar, wahrscheinlich um Präzisezu messen, auch für die nächste Beschleuniger-Generation, die nachher kommen werden.
Tim Pritlove
Okay, also man ist quasi auf der Mission, also nachdem man sich sicher war,dass Higgs-Prinzip das existiert, das ist da, das ist messbar,das entspricht so gut den Vorhersagen und wir haben es auch aus den statistischenDaten mit der statistischen Sicherheit herauslesen können.Da ist was, geht es jetzt im Wesentlichen darum zu sagen, wie verhält es sichjetzt genau, was hat das für eine Auswirkung.Das ist jetzt sehr kompliziert zu verstehen, dieser ganze Bereich.Aber eine Sache wollte ich mal kurz rausgreifen, weil das irgendwie eben viel,also wenn wir jetzt den Begriff Wechselwirkung hier mit reinnehmen,hab ich ja vorhin schon auch angesprochen, da haben wir es ja sozusagen mitdiesen Naturkräften zu tun.Schwache Kernkraft durch diese WZ-Versionen, die elektromagnetische Kraft durch dieses Photon,die starke Kernkraft durch diese Gluon, die dann halt irgendwie Lepton und Quarkirgendwie zusammenbacken oder auch nicht. Und...Dann gibt's halt noch dieses Higgs. Und jetzt hast du aber auch diesen BegriffWechselwirkung in den Mund genommen, wenn man sagt, wie Higgs jetzt sozusagenmit den anderen interagiert.Heißt das, dass man dann sozusagen, also ist das dann sozusagen noch eine weitereKraft, die wir so bisher so nicht auf dem Zeiger haben oder reden wir jetzthier von einer anderen Wirkung, die nicht auf dem Level sich abspielt?
Wolfgang Adam
Ich würde das nicht als Kraft bezeichnen. Es ist einfach nur,dass es Prozesse gibt, in denen Higgs-Boson und andere Teilchen vorkommen unddie dann… Also nicht jede Wechselwirkung ist eine Kraft, aber jede Kraft ist eine Wechselwirkung?Ja, das könnte man vielleicht so sagen.Aber was man vielleicht zum Programm mit dem Higgs-Boson noch hinzufügen sollte,ist, dass das Higgs-Boson auch sehr interessant ist, um mögliche neue Effekte zu studieren.Wir haben noch nicht erwähnt, dass das Standardmodell, dass wir sehr zufriedensind, dass wir dieses letzte Teilchen des Standardmodells gefunden haben.Aber wir wissen, dass es nicht vollständig sein kann.Und da gibt es einen starken Zusammenhang mit Kosmologie und dem,was wir im Universum beobachten, weil zwei der großen Fragen in der Entwicklung des Universums sind,warum es einen Unterschied zwischen Teilchen und Antiteilchen gibt und was esmit dieser berühmten dunklen Materie im Universum an sich hat.Und beide Themenbereiche hängen mit Teilchenphysik zusammen,weil der Unterschied zwischen Teilchen und Antiteilchen,das ist etwas, was man messen kann in verschiedenen Arten, auch am LHC,Und die dunkle Materie, es ist sehr plausibel, dass die dunkle Materie de factoaus Teilchen besteht, die wir noch nicht kennen.Und wo kommt das Higgs da hinein? In vielen theoretischen Modellen,die versuchen, dunkle Materie mit neuen Teilchen zu erklären,spielt das Higgs-Boson oder mehrere, möglicherweise mehrere andere Higgs-Bosonen noch eine Rolle,um sozusagen die Welt, die wir da jetzt schon kennen, und diese dunkle Weltmiteinander zu verbinden, also Verbindungen herzustellen zwischen den Teilchen, die wir kennen,und der Produktion von Teilchen, die wir noch nicht können und die zum Beispieldunkle Materie hervorrufen könnten.
Tim Pritlove
Also zum Beispiel würde man jetzt, und das ist ja unter anderem auch geplant,noch einen größeren Ring bauen und damit noch mehr Energien aufbauen könnenund noch fettere Detektoren bauen,die mit diesen Energien auch umgehen, was dann noch größere Magneten wären undüberhaupt kann man sich das fast schon gar nicht mehr vorstellen,Wie groß das alles wäre, auf jeden Fall wenn man sozusagen höhere Energien noch beobachten könnte,dann könnte es vielleicht theoretisch sein, dass auch in der Mangelung einerpassenden Theorie zu diesem Zeitpunkt mal halt an irgendeiner Stelle mit nochmehr Energien nochmal so einen kleinen Hopser in der Kurve hat.
Wolfgang Adam
Das muss nicht unbedingt beim nächsten, das könnte natürlich beim nächsten Beschleunigersein, aber selbst bei uns könnten Prozesse sein, die einfach so selten sind.
Tim Pritlove
Die einfach selten sind, das ist der andere Punkt. Oder aber eben auch,dass man erstmal woanders noch suchen muss, das meinte ich eigentlich mehr.Also es könnte auch sein, dass man nochmal ganz woanders gucken muss,als wir derzeit gucken können und dort sozusagen nochmal so ein Geschwisterhicks haben,die dann vielleicht einfach nur in der Antimaterie irgendwas machen und da dieseMassen erzeugen, die wir quasi da ja ausmachen.Weil das ist ja das, was wir sehen. Wir sehen, dass da irgendwas gravitativ wirkt,Galaxien irgendwie zusammenhält und auf andere Geschwindigkeiten bringt,die sich eben mit unserer Vorstellung der normalen Materie nicht verbinden lässtund von daher irgendwie das große Fragezeichen, also eins der großen drei Fragezeichenist, die wir derzeit so im Weltall haben.
Wolfgang Adam
Ja, aber die Verteilung von dunkler Materie und die Geschichte des Universumssagt uns, dass es eine gewisse Verbindung, eine sehr, sehr schwache Verbindung,aber zwischen diesen Teilchen, wenn es Teilchen sind der dunklen Materie,und den normalen Teilchen geben sollte.Und das ist eben Teil des Forschungsprogramms. Mit dieser Verbindung könntenwir diese Teilchen unter Umständen hier auch schon im LHC produzieren und mit dem Detektor sehen.Das ist übrigens ein interessanter Aspekt, dass die Detektoren de facto auchDeichen Detektieren können, die gar nicht direkt im Detektorsignal hinterlassen.
Tim Pritlove
Man kann etwas detektieren, was man gar nicht detektiert?
Wolfgang Adam
Genau, das betrifft schon bekannte Teilchen.Im Standardmodell mit den Elektronen, das Elektron hat nicht nur schwere Geschwister,sondern auch ein Pendant, das ist das Neutrino, das zum Beispiel in großen Mengenin der Sonne in den Kernprozessen erzeugt wird.Und das Neutrino ist fast masselos und hat nur eine sehr schwache Wechselwirkung mit Materie.Das heißt, die Neutrinos würden aus unseren Detektoren hinauslaufen und wirwürden sie nicht sehen. Aber auch wenn wir zum Beispiel Teilchen der dunklenMaterie erzeugen könnten, würden diese auch den Detektor verlassen, ohne dass wir sie sehen.Aber wir können uns ein Prinzip in der Physik zunutze machen,und das ist, es gibt die Energieerhaltung, aber es gibt auch ein Prinzip,das nennt sich Impulserhaltung, das ist also, sagen wir so, verwandt mit derEnergie, aber das spielt sich in allen drei Raumrichtungen ab.Das heißt, man kennt vielleicht dieses Spiel mit dem Bändeln mit den Kugeln,wo man die Kugel fallen lässt und dann läuft auf der anderen Seite eine Kugelraus. Das ist de facto Impulserhaltung und das könnte man auch in drei Dimensionen machen.Jedenfalls, wir haben das Prinzip, dass die Protonen, die zusammenlaufen,die bewegen sich entlang des Beschleunigers, auf einer geraden Linie eben,aber nicht links, rechts, oben und unten.Und daraus schließt man, dass die Summe aller Teilchen, die nach der Kollisionproduziert wird, kann insgesamt, kollektiv sozusagen, auch keine Bewegung links,rechts, oben und unten haben.Und wenn da jetzt aber ein Teilchen dabei wäre mit hoher Energie,das wir nicht sehen, Und wir machen die Summe über alle sichtbaren Teilchenund würden sehen, dass die Summe der sichtbaren Teilchen in irgendeine Richtung zeigen würde.Während das unsichtbare Teilchen in die andere Richtung gegangen wäre.Und auf diese Art und Weise können wir feststellen, ob ein unsichtbares Teilchenden Detektor verlassen hat.
Tim Pritlove
Also man rechnet sozusagen einfach nach wie viel Energie ist denn hier insgesamtfehlt, was fehlt, fehlt und daraus kann man schließen.
Wolfgang Adam
Und damit könnte man zum Beispiel sehen, falls dunkle Materie produziert würdeund das ist ein wichtiger Teil unseres Forschungsprogramms.
Tim Pritlove
Ja, spannend. Das bringt uns jetzt so ein bisschen ans Ende.Können natürlich jetzt noch stundenlang weiter philosophieren,aber um es vielleicht mal abzurunden.Man sieht, dass die Detektoren halt auf der einen Seite dazu beitragen,bestehende Theorien zu überprüfen und das eben teilweise mit Erfolg,aber auch das nicht Nachweisen ist ja in gewisser Hinsicht auch ein Erfolg,aber auch noch sehr viel Potenzial hat jetzt sozusagen auf dem nächsten Wegmit der existierenden Technologie plus der Upgrades, die ja hier regelmäßigstattfinden, die halt Dinge genauer machen, verfeinern, Energien erhöhen usw.Anders ballen, dass man eben auch auf dem Pfad zu weiteren Erkenntnissen kommen kann.Also jetzt nicht mit dem Higgs ist nicht das ganze Pulver verschossen worden. Nein, absolut.
Wolfgang Adam
Und wie gesagt, wenn man ein neues Teilchen entdeckt, das ist die erste Stufe,die ist Entdeckung und die zweite Stufe ist dann, um dieses neue Teilchen defacto als Werkzeug zu verwenden, um neue Erkenntnisse zu bekommen.
Tim Pritlove
Ja, gut Wolfgang, ich sag vielen Dank für die Ausführung zum CMS,das war alles sehr interessant, sehr spannend.Ja, und ich bedanke mich fürs Zuhören, das war's zum CMS, weiter geht's dannmit dem Atlas, gucken wir mal wie die auf die Welt schauen, ja.Und dann geht's halt hier wieder weiter. Bis dann sagt Tschüss, bis bald!

Shownotes

RZ113 CERN: Der ALICE-Detektor

Das ALICE-Experiment auf der Suche nach dem Wunderland des Quark-Gluon-Plasmas

Das ALICE-Experiment ist eines der großen Detektorsysteme am CERN in Genf und nutzt den CERN-Beschleunigerring um die Kollision schwerer Ionen zu beobachten. Dabei entsteht ein sogenanntes Quark-Gluon-Plasma, in dem sich Atom zu einem Teilchenbrei vermengen wie man es vermutlich kurz nach dem Urknalls vorgefunden hat.

Dauer:
Aufnahme:

Kai Schweda
Kai Schweda

Wir sprechen mit Kai Schweda, derzeit der offizielle Sprecher und Projektleiter des ALICE-Teams am CERN. Wir schauen auf die physikalischen Hintergründe, die aufwändige Technik und Funktionsweise des Detektors, welche Ergebnisse das Experiment bisher schon hat liefern können und was für Aufgaben und technische Weiterentwicklungen in den nächsten Jahren zu erwarten sind.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Pridlaff und ich begrüße alle hier zu einer weiteren Ausgabe von Raumzeit.Und wie schon in den letzten Sendungen sich abgezeichnet hat,heute geht's wieder um das ZERN.Ich bin hier in Genf vor Ort und spreche mit einer ganzen Reihe von Gesprächspartnern.Und so auch in dieser Sendung. Und heute geht es um die Detektoren,die es ja hier so einige gibt, an dem großen Large Hadron Collider,dem großen Beschleunigerring, der hier aufgebaut worden ist in den letzten Jahrzehntenund fleißig betrieben wird und wie man ja auch schon gehört hat zu diversenwissenschaftlichen Erkenntnissen geführt hat.Und diese Erkenntnisse gäbe es nicht, würde nicht das, was da beschleunigt wird,auch mal ausgelesen werden.Es muss ja auch was kollidieren, wenn man diese Kollision auswerten will.Und eine dieser Kollisionsmaschinen, dieser Detektoren heißt ALICE,Large Ion Collider Experiment und darüber spreche ich heute mit Kai Schweda.Hallo, herzlich willkommen bei Raumzeit.
Kai Schweda
Hallo Tim, gut dich zu sehen.
Tim Pritlove
Ja, Kai du bist, stimmt das, Alice Deputy Spokesperson steht hier.
Kai Schweda
Genau, seit Januar diesen Jahres für drei Jahre. Spokesperson wird demokratischgewählt von den teilnehmenden Instituten und alle drei Jahre gibt es einen neuenSpokesperson. Und der ist auch nicht wiederwählbar, das heißt nach drei Jahren ist es vorbei.
Tim Pritlove
Aha, warum macht man das?
Kai Schweda
Generell ist es am Zehren so, dass auch die Generaldirektorin,die wir jetzt haben, von den Mitgliedstaaten gewählt wird.Das macht man, dass Machtstrukturen nicht verkrusten. Wir haben ja gesehen,wenn eine Kanzlei in Deutschland vier Legislaturperioden überlebt...Da haben die Leute die Schnauze voll. Und genau das ist das Ziel vom CERN.Selbst die Sekretärinnen in den Sekretariaten wechseln alle 5 oder 6 Jahre die Abteilung auch um,natürlich auch wenn man eine bestimmte Aufgabe eine Zeit macht,wird es sehr routinemäßig, dann sehen die andere Abteilungen und das wird sehraktiv betrieben beim CERN.
Tim Pritlove
Es gibt ja auch genug, wo man durchrotieren kann. Also es bleibt abwechslungsreich.Und ich denke das schärft dann auch den Blick für das Ganze dann doch auch,dass man sieht, aha andere Abteilungen machen auch cooles Zeug und haben abervielleicht einen anderen Stil und dann übertragen sich natürlich auch Erfahrungen.Aber das heißt, dass man nicht mehr so viel Wissenschaft macht oder?Wenn man Spokesperson ist oder ist das nur so ein Anhängsel?
Kai Schweda
Nach wie vor zwei Doktoranden, die ich betreue, die unsere Daten auswerten undPhysikanalyse betreiben und die auch veröffentlichen die Ergebnisse.
Tim Pritlove
Also es ist eigentlich nur so ein zusätzlicher Job und kein neuer.
Kai Schweda
Also ich denke Spokesperson, das ist ja der CEO wäre das, bei einer großen Aktiengesellschaftoder im deutschen Sprachraum ist das der Vorstandsvorsitzende.Ich bin der Stellvertreter.Und ich behalte noch mehr 10% meiner Zeit für Dinge, die mir Spaß machen,zum Beispiel Doktorandbetreuung, ich mache noch Lehre in der Uni Heidelbergin der Physik und das will ich nicht aufgeben. Als Brooks-Person wird es vielleicht anders.
Tim Pritlove
Wie hat es dann angefangen mit der Wissenschaft?
Kai Schweda
Ich denke schon in der Schule, so rückblickend waren immer die Naturwissenschaftendas, was mich interessiert hat und dann im Studium war es die Kernphysik.Alles andere hat mich dann weniger interessiert.
Tim Pritlove
Warum?
Kai Schweda
Das kann ich nicht sagen. Vielleicht ist das Purismus,dass man die Kern- und Teilchenphysik versucht ja die Natur zu beschreiben,indem man die Kräfte auf fundamentale Teilchen und fundamentale Wechselwirkungenreduziert und vielleicht ist es dieser Reduktionismus, den ich so attraktiv finde.
Tim Pritlove
Ja und auch natürlich dieser Teilchen Zoo, das hatten wir ja schon im Eingangsgespräch,Standardmodell, das ist einfach so das, was alles definiert.Von daher glaube ich auch nochmal besonders interessant sein kann.
Kai Schweda
Da gibt es unterschiedliche Meinungen, wir versuchen das,wie gesagt, über fundamentale Teilchen- und Wechselwirkungen zu beschreiben,aber selbst wenn man diese Wechselwirkungen nicht beliebig genau kennt,könnte niemand ausrechnen, welche Formation eine Schneeflocke wenn man alsoSysteme hat, die aus sehr vielen Teilchen bestehen.Prinzipiell kann man das machen, es gelingt aber keinem, weil dann gibt es ebenkollektive Phänomene, die nicht immer aus den fundamentalen Wechselwirkungen kommen.
Tim Pritlove
Oder anders ausgedrückt, Europa braucht unbedingt ein Schneeflockenformungsforschungszentrum.
Kai Schweda
Nein, ich will das nicht ins Lächerliche ziehen, aber es gibt auch emergentePhänomene, auch ALICE beschäftigt sich damit, vielleicht kommen wir da nochspäter drauf, die man eben nicht so einfach aus den fundamentalen Wechselwirkungen herleiten kann.
Tim Pritlove
Alles nicht so einfach. Trotz alledem gibt es den Bedarf hier mal ins Detail zu gehen.Ja, Alice. Also ich habe es schon gesagt, Large Ion Collider Experiment mitden Abkürzungen ist ja immer so eine Sache. Man will immer auf irgendwas hinaus.Eine schöne Abkürzung, liest sich halt gut.Aber es beschreibt ja schon auch in etwa was getan wird. Wovon reden wir jetzt?Wir haben hier am Standort den großen Ring, den Archidron Collider,den Beschleunigerring, der halt die Teilchen ordentlich auf Fahrt bringt.Und entlang dieses Rings gibt es verschiedenste Instrumente,wie man sagt, wobei das Wort irgendwie nicht so richtig erfasst,um was für Kolosse es sich dabei handelt.Sehr sehr große, sehr komplexe technische Geräte, die dann eben diese beschleunigtenTeilchen kollidieren lässt und sie dabei beobachtet.Also ein Detektor. ALICE ist jetzt einer dieser Detektoren, die alle mehr oderweniger, also die sozusagen alle parallel und unabhängig voneinander entwickelt wurden.Das heißt hinter jedem dieser Detektoren steckt eine eine Philosophie,eine Technik Wissenschaftsphilosophie, wie man auf dieses beschleunigte Teilchen schaut.
Kai Schweda
Also wir schauen nicht auf das beschleunigte Teilchen, sondern auf das kollidierende.Die beiden Teilchen kriegen sehr viel Energie mit. Das ist Bewegungsenergie.Und die kollidieren und dann wird in dieser Kollision ein Großteil dieser Energie,die ich vorher reinstecke mit dem Collider, mit dem Beschleuniger,die wird frei und erzeugt neue Teilchen. Da entstehen in der Kollision neueTeilchen und diese neuen Teilchen, die untersuchen wir.
Tim Pritlove
Und was ist jetzt sozusagen die Philosophie gewesen beim Design von ALICE?
Kai Schweda
Anfang der 1990er Jahre hat das CERN ernsthaft überlegt und auch eine Designstudiezum Large Hadron Collider entwickelt.Das heißt, sie haben sich überlegt, welche Energie brauchen wir,um in der Teilchenphysik Fortschritt zu machen. Es ging damals um das Higgs-Boson,das auch vor zehn Jahren entdeckt wurde.Und dann war klar, da gab es dann die Teilchenphysik-Gemeinschaft,die Community, baut traditionell zwei Detektoren mit unterschiedlicher Technologie,um eben diesen Nachweis des Higgs-Teilchens einwandfrei festlegen zu können.
Tim Pritlove
Weil wenn man das gleiche sieht oder dieselben Schlüsse zieht aus zwei vollständigunterschiedlichen Beobachtungen, dann kann man auch sicher sein, dass es stimmt.
Kai Schweda
Genau, so ist das traditionell in der Teilchenphysik, auch bei anderen Kollidern wurde,als das Topquark entdeckt wurde, waren es auch zwei große Experimente und dannwar klar am Large Hadron Collider, dieser Ring, die ja 100 Meter unter der Erdeist, der 27 Kilometer lang ist, hat vier Kollisionszonen.Da war vorher ein anderer Kollider drin, der Elektronen und Positronen kollidierthat. Und da gibt es vier Wechselwirkungspunkte, wo die Strahlen kollidieren.Es gab also noch zwei weitere.Kollisionspunkte, wo man ein Experiment aufstellen kann und dann hat sich unser Feld,das noch recht jung ist, die schweren Physik überlegt, wir könnten da bei diesenhöchsten zugänglichen Kollisionsenergien einen Detektor bauen und der ist nichtfür Proton-Proton-Kollisionen zuständig,denn in Proton-Proton-Kollisionen wurde das Higgs-Boson entdeckt und wird weitererforscht, welche Eigenschaften es hat, Sondern man kann auch einen Monat proJahr, also eine relativ kurze Zeit, schwere Bleikerne reinsetzen und die beschleunigen.Und das ist das zentrale Thema von ALICE.
Tim Pritlove
Was ist jetzt so besonders an diesen schweren Teilen?
Kai Schweda
Die Frage ist, was passiert, wenn ich sehr viel Energie in ein Volumen pumpe,das sehr viel größer ist als ein Proton.Darüber ist noch wenig bekannt. was passiert mit dem Vakuum,wenn ich da sehr viel, sehr sehr viel Energie reinstecke, über ein sehr großesVolumen, groß, wie gesagt, groß im Vergleich zu der Größe eines Protons.Und dann kommen da eben bei einer Proton-Proton-Kollision kommen ein paar hundertTeilchen raus, die erzeugt werden.Bei einer Blei-Blei-Kollision, da habe ich ja, Blei hat 82 Protonen und dieseBleikerne sind völlig nackt. Wir nehmen denen alle Elektronen weg,dass man sie möglichst stark beschleunigen kann. Das heißt, dieser Bleikernist 82 Plus geladen, der hat die Ladung von 82 Protonen.Und dann kommen noch 126 Neutronen dazu. dann habe ich also 208.Nukleon, also 208 Protonen plus Neutronen, habe ich ein sehr großes System,das kollidiert und da entstehen 20.000 geladene Teilchen, nicht nur ein paarhundert. Und das ist der große Unterschied zu ALICE.Wir müssen bei einer einzigen Kollision eine sehr, sehr hohe Teilchenzahldichteuntersuchen können und dafür haben wir einen speziellen Detektor gebaut.Also die Überlegung, was für einen Detektor wir gebaut haben,kommt daraus, was passiert in dieser Kollision.Und es war sehr schnell klar, wenn man am Large Hadron Collider ein Schwerion-Experiment,in dem man Bleikerne kollidiert, bauen möchte, braucht man zunächst mal praktischdie gesamte Physikergemeinschaft, die sich mit so einer Physik beschäftigt.Weil man einfach einen Detektor, weil die Herausforderungen so groß sind aufder Detektorseite, auf der Datenaufnahmeseite vom Rechenanspruch,dass man da praktisch fast alle Physiker, die in dem Feld arbeiten, zusammenbringen muss.Und dann war auch sehr schnell klar, da muss dieser Detektor nicht nur eineTeilmessung machen oder ein ganz besonderes Signal und eine Sonde untersuchenkönnen, sondern sehr breit aufgestellt sein, dass er möglichst alle Signale erkennen kann.
Tim Pritlove
Warum nimmt man Blei? Also es gibt ja sicherlich auch noch schwerere,man kann ja auch Uran nehmen.
Kai Schweda
Ja genau, Uran wurde auch gemacht, nicht Amzern. Dazu braucht man eine bestimmte Quelle.Quelle. Man fängt ja an ein Teilchen zu beschleunigen, in dem es immer zum Beispielim Proton nimmt man das Elektron weg, dann ist es positiv geladen,dann lege ich ein elektrisches Feld an und im elektrischen Feld bewegt sicheine positive Ladung entlang der Feldlinie und wird beschleunigt.Und Blei ist möglichst schwer, Uran ist noch schwerer.Aber für Uran muss man eine spezielle Quelle haben, das hat das CERN nicht,das wurde aber in anderen Experimenten gemacht. Da braucht man eine ganz spezielleQuelle. Das ist also ein technologisches Argument.
Tim Pritlove
Also Quelle im Sinne von, also nicht wo man das Uran her bekäme,sondern wie man das sozusagen erstmal in den Ring überhaupt reinschweißt.Wie man das vorbeschleunigt.
Kai Schweda
Die Frage ist immer, wie fange ich an? Ich habe zuerst ein neutrales Atom,ein Bleiatom oder ein Bleikern.Und da muss ich erst mal den positiv oder auch negativ laden.Ich gebe ihm ein Elektron dazu und ich nehme eins weg aus der Atomhülle unddann fange ich an, das zu beschleunigen.Und das ist die Schwierigkeit bei Uran. Wir hatten auch sehr gerne Uran-Kollisionen.
Tim Pritlove
Okay, also bleiht sozusagen der Kompromiss aus. Da weiß man,wie man es hinkriegt und es ist schwer genug, dass es einen Unterschied macht.
Kai Schweda
Ganz genau, aber der LHC hat auch mittelschwere Kerne schon kollidiert, Xenonkerne.Das hat wunderbar funktioniert. Da hatten wir mal sechs Stunden Strahl mit Xenonkerne.
Tim Pritlove
Und warum ist jetzt sozusagen, also das habe ich noch nicht so ganz verstanden,also klar Protonen aufeinander ballern, das bringt einen schon mal weit undhat auch irgendwie das Higgs-Feld nachweisen können.Was ist jetzt sozusagen die Erwartungshaltung gewesen, wenn man sagt,okay, es ist besser, wenn manjetzt viele Protonen hat, weil man dann mehr sieht oder was anderes sieht?
Kai Schweda
Weil man genau neue Eigenschaften sieht. Man sieht dann plötzlich,das muss ich weiter ausholen, die Protonen sind ja keine fundamentalen Teilchen.Elektron ist ein Elementarteilchen, das hat eine Ladung, das hat eine bestimmteMasse, aber Protonen sind ja ausgedehnt,die bestehen selbst noch mal aus Elementarteilchen, das sind die Quarks.Und das ist eben das fundamentale Teil, die Quarks sind Bestand der Bis dahin.Des Standardsmodells der Teilchenphysik und da gibt es sechs verschiedene Quarks.Ich kann mal aufzählen, die Physiker sind nicht besonders innovativ,wenn sie neue Namen geben.Da gibt es einen Up-Quark und einen Down-Quark und daraus besteht unsere gesamteWelt. Ich kann zwei Up-Quarks nehmen und einen Down-Quark, dann habe ich dreiQuarks und das ist ein Proton.Ich kann andersherum zwei Down-Quarks nehmen, einen Up-Quark,auch wieder drei Quarks, dann habe ich einen Neutron.Da nehme ich noch das Elektron dazu und damit kann ich vom Wasserstoffatom biszum Blei oder Uranatom das komplette Periodensystem bauen.Alles zusammenbauen und das ist unsere Welt, aus der wir auch bestehen,wo aus dieser Tisch hier besteht.Und die Natur hat es aber so eingerichtet, dass es noch eine zweite und dritteGeneration oder Familie, das sind Synonyme, man kann beides nehmen, sagen, gibt.Und kein Mensch weiß, warum es jetzt eine zweite und eine dritte Generation gibt.Es gibt auch genau drei, auch das wurde am LAC untersucht, auch bei anderen Beschleunigern.Gibt es denn nicht noch eine vierte, fünfte, sechste Familie?Gibt es nicht. Zumindest nicht bei den Energien, die uns momentan zur Verfügung stehen.Und das ist eines der großen Rätsel im Standardmodell der Deutschmusik.Warum gibt es drei Familien und genau drei und nicht mehr und nicht weniger?So und dann kommen wir zur starken Wechselwirkung. Die Protonen,diese Quarks, werden zusammengehalten von der starken Wechselwirkung.Wir kennen ja aus der Schule, aus dem Alltag, die elektromagnetische Wechselwirkung,elektrische Ladungen, magnetische Felder.Wir kennen die Schwerkraft, die, die Gravitation, die hat gespielt keine Rolleim Standardmodell der Teilchenphysik, die wird nicht berücksichtigt.Aber es gibt noch zwei im Standardmodell, zwei weitere mikroskopische Kräfte,das ist die schwache Kernkraft oder die schwache Kraft, Die ist zum Beispieldafür verantwortlich, dass ein Neutron zerfällt in ein Proton und ein Elektron und ein Neutrino.Und dann gibt es noch eine Kraft, das ist eben die starke Kraft.Und diese beiden Kernkräfte haben sehr kurze Reichweiten. Wir wissen ja vonder elektromagnetischen Wechselwirkung, die geht unendlich weit.Oder wir sehen, wir spüren die Schwerkraft der Sonne, die 150 Millionen Kilometervon uns entfernt ist, spüren wir, weil die Erde sich eben um die Sonne bewegt.Und diese Kernkräfte haben sehr, sehr kurze Reichweiten, also sehr viel kleinerals die Größe von einem Atom.Deshalb sind die so schwierig zu sehen.
Tim Pritlove
Und deswegen sind sie ja auch im Fokus.Okay, und inwiefern, also was ist jetzt sozusagen die konkrete Perspektive von Alice?Also Alice versucht es quasi so zu betrachten,dass man eben dadurch, dass man diese schweren Bleiatome beziehungsweise nicht die Atome,sondern die Kerne, die Bleikerne kollidieren lässt und diese extreme Teilchendichtezu erzeugen und dann hat man sozusagen die Hoffnung und die Erwartung und mittlerweilewahrscheinlich auch schon die Erkenntnis,dass man daraus dann Schlüsse ziehen kann auf das Wesen dieser Elementarteilchen und dieser Kräfte.
Kai Schweda
Ja, dazu dient, dass ich soweit ausgeholt habe. Diese Quarks,die in den Protonen eingeschlossen sind, die tragen jetzt eine Farbladung,so wie ein Elektron eine elektrische Ladung trägt.Und diese Ladung ist ja Ursache für eine Kraft. Die elektrische Ladung ist dieUrsache für die elektromagnetische Kraft, dass sich ein Proton und ein Elektron anziehen.Und so tragen die Quarks, die tragen auch elektrische Ladung,aber die tragen auch Farbladung und das ist Ursache für die starke Kraft.Und jetzt ist es so, ein freies Elektron können wir beobachten oder wir habendas sogar in dem Collider, vor dem Lärmschadung Collider hatten wir Elektronenund sogar Positronen, freie Teilchen im Ring, die wir beschleunigen konnten.Wir können auch Lichtteilchen, die von der Sonne kommen, können über sehr großeDistanzen sich fortbewegen bis zu uns, zur Erde, bis zu unserem Auge und werden dort dann detektiert.Die Quarks, aufgrund der Tatsache, dass die jetzt noch diese starke Farbladungtragen, dass die in der starken Wechselwirkung teilnehmen, diese Quarks istes uns noch nie gelungen, ein freies Quark zu beobachten.Also die sind eingeschlossen in diesem Proton und egal was man tut,Leuten 40, 50 Jahre lang.Stark danach geschaut, irgendwo im Experiment mal freie Quarks zu beobachten, das ist nie geschehen.
Tim Pritlove
Woher wusste man denn, dass es denn Quarks gibt, wenn man sie nicht beobachten kann?
Kai Schweda
Ah ja, das ist eine interessante Frage, das war in den 1960er Jahren,hat man die Struktur von einem Proton oder auch von Atomkern untersucht,mithilfe von Elektronenstreuung.Das Elektron ist ja ein Elementarteilchen, das hat selbst keine Struktur,das hat also keine Breite, keine Höhe, keine Länge.Es hat keine Dimension. Es ist punktförmig nach allem, was wir wissen.Wir haben noch nie festgestellt, dass das Elektron noch eine Unterstruktur hatund irgendwie ausgedehnt ist.Zumindest mit der experimentellen Auflösung, die wir heute erreichen,die mehr als tausend Mal besser ist als die Größe vom Proton.Also ein Elektron ist punktförmig im Standardmodell.Und mit diesen Elektronen, die hat man auf Protonen geschossen und aus dem gestreutenElektron dann über die Struktur des Protons einen Aufschluss erhalten.Das kann man sich vorstellen, wie wenn die Leute ein Einzelspalt-Experiment kennen.Wenn ich mit Licht auf eine Struktur leuchte, sehe ich, wenn die Lichtwelleungefähr die Größe hat von dem Spalt oder von dem Teilchen, das ich untersuche,dann sehe ich Beugungseffekte.Dann sehe ich eben nicht nur Licht und Schatten, sondern ich sehe Beugungseffekte im Licht.Und daraus kann ich auf die Größe des Deichens schließen. Das hat man gemachtmit Elektronen, also mit Materiewellen.Die Materiewellen haben sehr viel kürzere Wellenlängen als normales Licht,das uns zur Verfügung steht.Und dann hat man nicht nur das Licht gebeugt, man hat auch, das nennen die Physiker,inelastische Kollisionen gemacht.Das hat man mit sehr hohen Energien auch wieder an einen Beschleuniger,der damals die höchsten Energien zur Verfügung gestellt hat,mit Elektronen, die viel Energie hatten, auf den Proton geschossen und aus diesemStreumuster schließen können,dass hier Elementarteilchen mit einer bestimmten Ladung im Proton sind,genauso wie Radaford das vor über 100 Jahren mit am Goldkern gemacht hat mit Alpha-Teilchen.Er hat also ein Streuexperiment gemacht bei hohen Energien und dann gesehen,aha, die Proton haben noch eine innere Struktur.
Tim Pritlove
Weil sie nicht sich punktförmig verhalten, sondern in irgendeiner Form aus etwasanderem komponiert sind?
Kai Schweda
Man hat genau gesehen, das Proton ist ja ausgedehnt, das verhält sich nichtpunktförmig und dann hat man gemerkt, wenn man zu sehr, sehr hohen Energiengeht, sieht das so aus, als würde man wieder an einem punktförmigen Teilchen streuen.Und das sind diese punktförmigen Quarks mit einer Elementarladung von plus zweiDrittel der Elektronenladung oder minus zwei Drittel.
Tim Pritlove
Nur isoliert hat man sie halt nicht bekommen, die Quarks. Vielen Dank.Und das ist das, was Ellis dann versucht.
Kai Schweda
Genau. Das heißt, wenn man jetzt, dazu gibt es auch Rechnungen und schon seitden Anfangen der 1970er Jahren Vorhersagen,wenn man jetzt Kernmaterie genügend aufheizt und oder gleichzeitig komprimiert,also zusammendrückt, dann wird dieser Einschluss zumindest für kurze Zeit aufgehoben.Und dieser Einschluss, wenn man Kernmaterie auf zwei Billionen Grad Celsiuserhitzt, Dann wird dieser Einschluss wieder aufgehoben und die Quarks und Gluonkönnen sich quasi frei bewegen über ein relativ großes Volumen.Beim Collider kann man sich das so vorstellen, wenn ich jetzt Apfelsin habeund mache die in eine Aldi-Tüte und stoße diese zwei Aldi-Tüten mit möglichsthoher Geschwindigkeit zusammen,mit Lichtgeschwindigkeit und dann mache ich die Tüte auf, dann sind diese Apfelsin,das die Protonen und Neutronen sind, die sind dann nicht mehr da,sondern da ist nur noch der Saft da.Und das ist unsere Ursuppe, die aus Quarks und Gluten besteht.
Tim Pritlove
Das Quark, Glut und Plasma?
Kai Schweda
Ganz genau.
Tim Pritlove
Also sozusagen ein neuer Zustand, den man so im Normalzustand nicht antrifft,sondern der nur stattfindet, wenn besonders hohe Energien darauf angewendet werden.
Kai Schweda
Ganz genau. Und der Zugang zur Kosmologie ist folgender, das Olimersium dehntsich ja aus seit seiner Entstehung, seit dem Urknall.Das heißt, heute sind wir ungefähr 13,8 Milliarden Jahre nach dem Urknall.Das Universum hat sich sehr stark abgekühlt.Wenn ich jetzt die Zeit zurückdrehe, würde sich das Universum wieder zusammenschrumpfenund es wird immer dichter und heißer.Und ungefähr wenige Millionsel Sekunden nach dem Urknall war das Universum ebenso heiß, dass da keine Atomkerne bestehen konnten. Selbst die Bausteine derAtomkerne, die Protonen, Neutronen konnten nicht bestehen, weil die Temperaturen so hoch waren.Das heißt, die gesamte Materie, die wir heute sehen, aus der wir auch bestehen,aus der unsere Erde entsteht, aus der die Sonne besteht,Die ganze sichtbare Materie, die wir heute sehen, die lag in so einem Zustandvor, dass wir Quark-Gluten-Plasma nennen.Die gesamte Materie lag, wenn Sie so wollen, als Suppe aus Quark und Gluten vor.Und wir versuchen jetzt am Large Hadron Collider so ein kleines Tropfen dieserUrsuppe wieder herzustellen.
Tim Pritlove
Also sozusagen so ein Blick in den Urknall, könnte man fast sagen.Ich meine, die ganze Urknalltheorie ist ja wirklich bestechend,weil sie ja in gewisser Hinsicht viel von dem erklärt, was wir heute sehen unddieses Gedankenexperiment, quasi das Universum in der Zeit rückwärts laufenzu lassen, hat ja schon zu so einigen Vorhersagen geführt.Und wenn man sich mal vorstellt,heute haben wir halt so ein sich ausdehnendes Universum und wir falten das jetztsozusagen wieder zusammen,dann wird's halt erstmal kleiner und langsamer,jetzt wird's ja immer schneller, Es wird kleiner,langsamer, verdichtet sich irgendwann, man hatte dann,jetzt hab ich die Zahl vergessen, an bestimmten Zahl von Jahren nach dem eigentlichenKnall diesen Moment, wo alles soweitsich aufheizt, also normalerweise die Abkühlung jetzt heizt sich auf,dass gar kein Licht mehr frei fließen kann und das ganze Universum sozusagen undurchsichtig wird.Und wenn man es jetzt immer weiter komprimiert und die Temperatur immer weiter zunimmt,sind halt also all diese ganzen Strukturen, wie wir sie heute kennen,so gar nicht mehr da und alles besteht eigentlich nur noch aus so einer Suppeaus Elementarteilchen, in diesem Zustand der totalen Hitze nicht in der Lagesind, sich zu verbinden.Aber in dem Moment, wo man alles expandiert und sich abkühlt stellen sich sozusagendiese Verbindungen her und mit die erste Verbindung,die sich herstellt ist sozusagen, dass die Quarks durch diese Gluonen zusammengehaltenwerden und sich damit überhaupt erst Protonen bilden, die dann später zu Atomen werden.
Kai Schweda
Ganz genau. Dieser Zeitpunkt istauch ganz wichtig in der Geschichte des Universums, den du genannt hast.Nach ungefähr 380.000 Jahren hat sich das Universum soweit abgekühlt durch dieAusdehnung, durch die Expansion, dass die Protonen sich Elektronen eingefangenhaben. Dann gab es also elektrisch neutrale Atome.Und erst ab dem Zeitpunkt wurde das Universum durchsichtig oder transparentfür Licht, für Photonen.Vorher wurden die ständig von diesen Elektronen und Protonen absorbiert, wieder emittiert.Und zu dem Zeitpunkt war das Universum also opak, undurchsichtig.Und erst nach 380.000 Jahren, als sich die meisten Teilchen dann als elektrisch-neutraleAtome zusammengefunden haben, wurde das Universum transparent.Also das Licht, das wir vom Urknall sehen, entstand 380.000,Jahre nach dem Urknall und wir können nicht weiter in die Vergangenheit zurückschauen,weil das Universum opaq war und mit so einem Quark-Klon-Plasma kommen wir biswenigste Millionstel Sekunden an den Urknall ran.Also viel, viel weiter zurück in die Entwicklung des Universums.
Tim Pritlove
Jetzt natürlich die Frage, wie baut man sowas? Wie kriegt man das hin?Hin, weil die Kollision alleine mag das ja, also ich weiß gar nicht,was man sozusagen bauen muss, um überhaupt die Kollision zu ermöglichen unddann vor allem wie kriegt man das Ganze beobachtet.Wie ist so ein Detektor aufgebaut, wie groß ist der?
Kai Schweda
Also groß, der ist sehr groß. Unser Detektor ist 16 Meter hoch,10 Meter breit, 10 Meter tief und der ist um die Wechselwirkungszone,wie wir sie nennen, also der Bereich,in dem beide Strahlen, Teilchenstrahlen, am Large Hadron Collider zusammenstoßen.Das heißt, die Teilchenstrahlen sind erstmal unabhängig, die laufen im Strahlohr,das evakuiert ist, da ist ein Ultra-Hochvakuum drin, 10 minus 11 Millibar.Und ein Strahl, ein Teilchenstrahl, das sind also Bündel von Teilchen,Bündel von Protonen oder Bündel von Atomkernen, von nackten Atomkernen,die laufen im Irr-Uhrzeigersinn.Und beim Collider habe ich einen zweiten Teilchenstrahl, der läuft eben gegen dem Uhrzeigersinn.Und da, wo die Experimente stehen, da werden die Strahlen überkreuzt und zur Kollision gebracht.Und um diese Kollisionszone bauen wir einen Detektor herum, um eben die neuenTeilchen, die in der Kollision entstehen, nachweisen zu können.Wir wollen wissen, was sind das für Teilchen, welchen Impuls haben die?Und was sind das für Teilchen? Ist das ein Pion, ein Proton oder irgendein anderesTeilchen aus dem Super-Thoma und so, die das ganze griechische Alphabet bevölkern.
Tim Pritlove
Okay, aber wie, was muss man jetzt bauen und warum muss das Ding 16 Meter groß sein?
Kai Schweda
Ja, also so ein Teilchen, wenn es aus der Kollisionszone kommt,jetzt sagen wir die Bleikerne stoßen zusammen und dann, unser Detektor sitztja praktisch senkricht zur Strahlrichtung. Das Strahlrauer ist ja gerade in der Kollisionszone.Natürlich ist der Ladschadonkollein ein Ring, aber entlang der Kollisionszoneist das gerade. Und um diese Kollisionszone herum bauen wir den Detektor.Jetzt wird ein Teilchen in der Kollision, in diesem Ultrahochwakuum erzeugt.Dann macht sich das auf den Weg zu unserem Detektor. Das Erste,was es sieht, ist das Strahlrohr.Das muss ja durch das Strahlrohr durch. Im Strahlrohr ist Hochvakuum.Außerhalb vom Strahlrohr ist normaler Druck. Da können wir beide hingehen unduns den Detektor angucken und den reparieren oder was Neues einbauen.Das heißt, es muss erst durch das Strahlrohr durch. Und was wir,speziell in ALICE, aber das machen auch die anderen Experimente,tun ist, wir wollen möglichst niederenergetische, wir wollen möglichst alle Teilchen nachweisen.Das heißt, wir wollen die messen, aber möglichst wenig stören.Jede Materie, die das Teilchen auf dem Weg zum Detektor und Limit-Detector durchdringenmuss, stört das Teilchen. Das verliert Energie, das weicht ein bisschen vonseiner Bahn ab, die es ursprünglich hatte. Also wir versuchen möglichst minimalinversivdie Teilchen nachzuweisen.Jetzt geht das durch das Strahlor durch. Das heißt, allein das Strahlor istschon ein Hightech-Ausrüstungsgegenstand.Das wird aus extrem stabilen und leichtem Material gebaut, aus Beryllium.Dass eben die Teilchen möglichst wenig gestört werden. Allein das Strahlor kostetschon eine Million Schweizer Franken.Und das ist sehr, sehr brüchig. Das heißt, wenn wir den Detektor upgraden odererarbeiten, nehmen wir das Strahlor raus oder schützen es so,dass wenn einer mit dem Helm dran stößt oder aus Versehen da drankommt,dass das nicht kaputt geht.
Tim Pritlove
Weil das Beryllium ist so ein brüchiges Material.
Kai Schweda
Es ist sehr brüchig, giftig undtoxisch und hat aber natürlich sehr gute Eigenschaften für die Teilchen.Ja, sehr brüchig. Ich denke, man könnte das durch einen leichten Stoß mit einemharten Gegenstand sofort zerstören.
Tim Pritlove
Okay.
Kai Schweda
So, und dann hat es das Strahlrohr durchdrungen und dann kommt schon sehr knappnach dem Strahlrohr, wir versuchen auch möglichst nah an der Kollisionszoneschon die Teilchen nachzuweisen.Dann haben wir einen langen Hebelarm später, wenn wir das Teilchen,den Impuls zum Beispiel bestimmen.Und da sitzen dann Siliziumdetektoren, das heißt das sind sehr dünne Lagen vonSilizium und wenn das Teilchen durchgeht, macht es wieder das gleiche wie esein Strahlung macht, es deponiert Energie.Das ist einfach, das Teilchen ist elektrisch geladen und das wechselwirkt vorallem mit den Elektronen aus der Atommülle oder aus dem Festkörper von Silizium.Wechselwirkt das und deponiert da wie eine Energie durch die elektromagnetische Wechselwirkung.Und diese Energie, die im Detektor deponiert wird, die weisen wir nach.Das heißt, ich habe da Elektronen, die kann ich verstärken und am Ende habeich eine Pulshöhe, die ich messe und dann digitalisiere.
Tim Pritlove
Also das Teilchen bewirkt letzten Endes einen Strom, der in diesem System fließt?
Kai Schweda
Ja, einen Strom oder einen Spannungspuls, genau.Strom über den Widerstand ist eine Spannung.
Tim Pritlove
Das klingt jetzt alles sehr klein.Warum ist das dann 16 Meter groß?
Kai Schweda
Ja, wir messen jetzt, wir wollen das Teilchen nicht nur nachweisen,wir wollen auch sehen, welchen Impuls hat das, also welche Energie hat das Teilchen.Oder fangen wir beim Impuls an.Das heißt, die Messtechnik ist folgende, das ist an allen Experimenten gleich,bei den Spurdetektoren.Wir legen ein Magnetfeld an und ein geladenes Teilchen, wenn man sich an dieSchule erinnert, spürt im Magnetfeld, wird das auf eine Kreisbahn gezwungen.Das ist die Lorentz-Kraft.Und wenn ich also das Magnetfeld sehr gut kenne und die Spur,ich messe die Spur, ich messe mit meinen Detektoren sukzessive bestimmte Punkteentlang der Teilchenbahn, was das Teilchen nimmt,dann kann ich den Radius, den Krümmungsradius von dieser Kreisbahn,dass das Teilchen nimmt im Magnetfeld, sehr genau messen.Ich mache also eine Ortsmessung und aus dem Krümmungsradius kenne ich dann den Impuls.
Tim Pritlove
Über was für Distanzen reden wir jetzt hier, die diese Teilchen da jetzt durchschlagen?
Kai Schweda
Also unser Detektor, der Siliziumdetektor ist vielleicht 50,60 Zentimeter im Radius. Das ist so eine Tonne, sehr leicht.Ist 50 Zentimeter im Radius in verschiedenen Lagen. Die erste kommt bei etwa2 Zentimetern, das geht dann hoch bis 60, 70 Zentimeter und ist vielleicht zwei Meter lang.Zwei bis vier Meter lang.
Tim Pritlove
Verschiedene Lagen von Silizium?
Kai Schweda
Das ist die gleiche Technologie.
Tim Pritlove
Und das Silizium liegt jetzt, wie muss man sich das vorstellen,so als Blätter oder als Rohre oder als solide Masse?
Kai Schweda
Ja ein Rohr ist schon ein guter Punkt, weil unsere Geometrie ist zylindrisch.Das heißt der Detektor hat auch eine zylindrische Form.Das sind Leitern, das sind einzelne Lagen von Silizium,die quasi in so einer Faske, im Englischen sagen wir dazu Barrel,das hat eine zylindrische Form und da tun wir einzelne Lagen von Silizium beibestimmten Radien anbringen, wo das Teilchen dann durchgeht.Dieses Silizium ist sehr dünn. Das sind ungefähr 50 Millionen Meter.Das sind sehr, sehr dünne Siliziumlagen, wie gesagt, um das Teilchen möglichst wenig zu stören.
Tim Pritlove
Ja, okay. Gut. Also muss ich das, ich will jetzt nicht Alufolie sagen, aber das...
Kai Schweda
Alufolie ist viel dicker. Alufolie ist 100 Mikrometer, 150 Mikrometer. Aber so ist das...
Tim Pritlove
Okay, aber wir reden jetzt nicht von Platten und dicken, fetten Gehäusen,sondern wirklich sehr dünne Schichten von dem Material.
Kai Schweda
Genau. Also unser Detektor ist zwar riesig, aber der aktive Detektor,in dem die Teilchen nachgewiesen werden, der ist so leicht, der würde sogar in Milch schwimmen.
Tim Pritlove
Um ein populäres Bild zu bedienen.
Kai Schweda
Die Älteren kennen das noch, meine Kinder kennen das.
Tim Pritlove
Ich habe es auch schon mal gehört. Ja, okay. Also das ist so diese innersteSchicht, die sozusagen, das ist das erste, was man sozusagen beobachtet ist. Wo fliegt's lang?Und dadurch, dass das Teilchen dann mehrere dieser Schichten durchschlägt,kann man sehen, wo es lang fliegt. Also man hat sozusagen auf jeder dieser Folienquasi so eine zweidimensionale Ortungsmöglichkeit.Man sieht wo es genau aufschlägt.
Kai Schweda
Ganz genau. Es sind aber drei, weil ich ja weiß, wo der Detektor steht,bei welchem Radius. Also ich messe wirklich in drei Dimensionen die Teilstrecke.
Tim Pritlove
Dadurch auf welcher Folie es aufschlägt. Das ist dann die dritte Dimension.Aber pro Folie erreicht man diese zwei. Wie kann man merken, wo es genau aufschlägt?
Kai Schweda
Die Siliziumlage hat eine Granularität und diese Folie ist segmentiert in was wir Pixel nennen.Und diese Pixel haben eine Größe von momentan, wir haben gerade ein wesentlichesUpgrade vom Detektor gemacht, wir haben unseren alten Siliziumdetektor rausgeschmissen.Der steht jetzt in der Ausstellung, können wir uns angucken,wenn du nachher Zeit hast.Und jetzt ist das alles aus Siliziumpixelsensoren gebaut und diese Pixel habeneine Größe, also das ist die zweidimensionale Messung von 30 x 30 Mikrometer.Also sie sind 30 Mikrometer lang in x- und y-Richtungen, in zwei Richtungen.Wenn dieser Pixel jetzt anspricht, weiß ich, das Teilchen muss durch diesesSegment gelaufen sein und ich kenne tatsächlich dann die Position sehr vielbesser als 20 Mikrometer, es sind vielleicht dann 8 Mikrometer oder so.Also durch die Granularität dieser einzelnen Pixel, dass das segmentiert ist,Diese Siliziumfolie ist segmentiert in sehr sehr kleine Pixel.Dadurch kommt die Hoher Ortshauflösung.
Tim Pritlove
Aber was führt dazu, dass man das in einem Pixel detektieren kann?Also geht von jedem Pixel noch irgendwie nochmal ein...Draht weg? Natürlich. Okay, also das ist sozusagen… Ah gut, ja.Das ist ja dann sehr dünn der Draht.
Kai Schweda
Ja, ja, das ist die hohe Kunst. Und wir haben den, würde ich sagen,den modernsten Siliziumdetektor, den es gibt in der Welt. Den haben wir gerade eingebaut.Dieser Pixel ist wie gesagt 20 oder 30 mal 30 Mikrometer in der Ausdehnung unddann hat er eine Dicke von vielleicht 50 Mikrometern.Und jetzt schlägt das geladene Teilchen da durch, deponiert also Energie,kreiert freie Elektronenlochpaare und diese werden gesammelt und diese Elektronen,die frei werden, werden wieder eingesammelt und machen dann ein elektrischesSignal, das sich verstärken kann mit Elektronik.Und das passiert alles auf diesem Mini-Chip.Also die ganze Digitalisierung passiert auf dem Chip, die Auslöse-Elektronikist Teil dieses Pixel-Chips.Und dann geht natürlich eine Datenleitung raus ans Ende des Detektors,ans seitliche Ende und dann werden die Daten weggeschickt per Glasfaserkabel.Das heißt, das ist alles schon digitalisiert. Was aus unserem Detektor rauskommtsind nur Nullen und Einsen.
Tim Pritlove
Ja, ich meine deswegen heißt es ja auch Pixel, letzten Endes ist es ein Bildelement,das heißt ja Pixel, in dem Fall halt ein dreidimensionales Bildelement und dasdann eben auch über die Zeit im Verlauf.Also man kann sowohl den Ort als auch die Geschwindigkeit damit messen.
Kai Schweda
Also zunächst misst man erst mal nur den Ort und die Geschwindigkeit misst manja, eigentlich hat man dann vier Dimensionen, die Drei-Raum-Dimensionen und die Zeit, das stimmt.Wenn ich den Kollisionszeitpunkt genau bestimme, kann ich die Zeit messen bismein Pixeldetektor anspricht, dann weiß ich wie lange das Teilchen von seinerEntstehung vom Kollisionsort bis zum Detektor gebraucht hat.Und dann kenne ich die Flugzeit.
Tim Pritlove
Und das ist auch eine relevante Information?
Kai Schweda
Natürlich, wir haben auch einen speziellen Flugzeitdetektor,sehr viel weiter draußen bei 3,70 Meter Radius.Und man möchte natürlich die Flugzeit möglichst lange machen,dass man bei einer bestimmten Zeitauflösung relativ ist, dann die Auflösungsehr viel besser. Je länger die Flugstrecke ist, desto länger ist die Flugzeit.Und wie gesagt, den Impuls habe ich schon bestimmt über die Krümmung im Magnetfeld.Und jetzt habe ich noch die Geschwindigkeit gemessen durch eine Flugzeitmessung.Und Impuls ist Masse mal Geschwindigkeit im Klassischen.Das heißt, wenn ich Impuls und Geschwindigkeit bestimme, weiß ich,welche Masse das Teilchen hat. Und bei Teilchen ist es so.Die haben eine ganz bestimmte Masse, die sich auch nie ändert.Das ist also ein Fingerabdruck für ein Teilchen, welche Masse das hat.Du und ich, unser Gewicht ändert sich im Laufe unseres Lebens,aber für ein Teilchen ist das immer gleich.Und das heißt, wenn ich die Teilchenmasse kenne, weiß ich, welches Teilchendas ist. Dann weiß ich, war es ein Proton, war es ein Pion oder sonst was.
Tim Pritlove
Und was kann man der Bahn ansehen dann?
Kai Schweda
Den Impuls. Damit misst man den Impuls.
Tim Pritlove
Aber letzten Endes Ziel ist eigentlich nur die Masse, also anhand der Bahn,weil man dann Bahn und Impuls auseinander halten kann, also Zeit und Impulsauseinander halten kann, kommt man auf die Masse und damit weiß man welches Teilchen es ist.Das ist also letzten Endes die einzige Information, die ich gewinne,welche Teilchen entstehen.Wo die dann lang fliegen ist eigentlich gar nicht interessant,weil das nur das Hilfsmittel ist, um rauszufinden, worum es sich handelt.
Kai Schweda
Nein, das ist der erste Schritt. Ich bestimme ja das Teilchen,den Impuls und auch die Richtung. Ich bestimme die Pulsrichtung,also nicht nur die Größe. Ein Puls ist ja ein Vektor, der hat drei Richtungen.Also ich weiß auch, in welche Richtung das Teilchen geflogen ist von seiner Entstehung aus.Also kinematisch habe ich dann das Teilchen vollständig bestimmt.Ich weiß genau den Impuls und was es ist, was für ein Teilchen es ist.Und dann kann ich bei diesen 20.000 Teilchen, die bei uns in der Kollision entstehen,kann ich das mit anderen Teilchen korrelieren.Ich kann die gesamte kinematische Information benutzen und dann eben Korrelationzwischen einem und weiteren Teilchen bestimmen und dann zum Beispiel die Wechselwirkungzwischen diesen beiden Teilchen studieren.Das ist ganz wichtig, um Neutronensterne zu verstehen.Ich kann dann die Wechselwirkung, die starke Wechselwirkung zwischen diesenbeiden Teilchen untersuchen.
Tim Pritlove
Okay, zu den wissenschaftlichen Auswertungen oder den Schlussfolgerungen kommenwir vielleicht noch dazu.Aber wir haben ja jetzt wie viele Zentimeter an Technologie gerade jetzt beschrieben von innen?
Kai Schweda
Von innen haben wir zunächst das Strahlrohr, das kommt so nach zwei Zentimeternoder 1,8 Zentimetern Flugrichtung in radiale Richtung.Dann kommt der Silizium-Detektor, da bin ich bei etwa 70 cm Entfernung vom Kollisionsvertex.Und dann kommt, salopp gesagt, eine große Tonne, das ist unsere Zeitprojektionskammer,und die ist mit Gas gefüllt. Also die hat eine sehr, sehr geringe Dichte, das ist der Grund.Ein Gas hat ungefähr 100 bis 1000 Mal weniger Dichte und damit Material alsein Festkörper, als Silizium.Und diese Tonne geht von 80 cm Radius bis 2,50 m.Also das ist der radiale Abmessung, das heißt diese Zeitprojektionskammer hateinen Durchmesser von fünf Metern.
Tim Pritlove
Was ist da für ein Gas drin?
Kai Schweda
Da ist ein Edelgas drin, das haben alle Gasdetektoren. Das heißt in diesem Gaspassiert etwas sehr ähnliches wie im Siliziumdetektor.Das geladene Teilchen fliegt durch dieses Gas und knockt da Elektronen aus dem Edelgas raus.Das heißt, da entstehen freie Ladungsträger, die Elektronen,und die werden mit einem elektrischen Feld abgesaugt.Da legen wir 100.000 Volt an und dann driften diese Elektronen in Richtung derEndkappe von unserer großen Tonne.Und durch den Auftreffpunkt wissen wir schon wieder die X- und Y-Koordinate.
Tim Pritlove
Das heißt, nachdem man so die ursprüngliche Ableitung,die durch dieses am Zentrum des Detektors befindlichen Magnetfelds beobachten kann,dann fliegt es mehr oder weniger gerade weiter und innerhalb dieser Time ProjectionChamber heißt es glaube ich, TPC, geht es eigentlich nur darum,eine gerade Flugrichtung, weil dann wird es ja nicht mehr weiter abgelenkt,dann fliegt es einfach gerade aus?
Kai Schweda
Ich habe nicht dazu gesagt. Unser gesamter Detektor steckt in einem riesigenMagneten, das ist der größte warmleitende Magnet der Welt. Das heißt auch inder Zeitprojektionskammer ist ein Magnetfeld.
Tim Pritlove
Okay.
Kai Schweda
Ja, also wir haben einen Solenoiden, das heißt eine Spule,wenn ich einfach eine Spule wickele mit vielen, vielen Windungen und lege dannStrom an, dann habe ich im Spulen, innerhalb der Spule ein sehr homogenes Magnetfeld,das entlang der Spulenachse geht.Und so ist auch unser Magnet gebaut. Das ist ein Solenoid. Also ich habe eineriesige Kupferspule und die erzeugt ein Magnetfeld, das entlang der Strahlachse geht.Und in diesem riesigen Magnet befinden sich alle unsere Detektoren.Und das macht das große Gewicht aus von ALICE, das sind ungefähr 10.000 Tonnen.Das ist einfach der Stahl aus dem Rückflussjoch des Magneten.Der Magnet wiegt 10.000 Tonnen.
Tim Pritlove
Okay, aber ich als kollidierendes Teilchen bin ja sozusagen immer noch auf meinemWeg von der Mitte nach wo auch immer es mich leitet.Ich bin jetzt also sozusagen von diesen inneren Magnetfeldern nach der Kollision abgelenkt worden,habe diverse Schichten Siliziumfolie sehr dünn durchschlagen,dabei meine Spur hinterlassen sozusagen gesagt,wo ich jetzt lang geflogen bin und letzten Endes habe ich mich dadurch auchschon verraten, was ich eigentlich bin und jetzt fliege ich irgendwie weiterdurch diese Time Projection Chamber, die diese Gas gefüllte Kugel?Zylinder. Und ein Zylinder drumherum,also auf jeden Fall habe ich jetzt noch mal ein paar Meter vor mir durch Gasund was genau kann man da messen?Also misst man nur wo es auftrifft letzten Endes am Ende dieser Kammer oderist das schon auch eine Beobachtung innerhalb des Weges dort?
Kai Schweda
Ja, also wir sind immer noch im Magnetfeld. Ich bin immer noch auf einer gekrümmtenSpur und ich messe 159 Punkte entlang dieser Spur in diesem Gas.
Tim Pritlove
Aber wie kann man denn in dem Gas was messen? Da gibt es doch keine Drähte.
Kai Schweda
Ganz genau. Das ist der große Vorteil von der Zeitprojektionskammer.Ich habe da auch keine toten Zonen. Ich bin aktiv im gesamten Gas.Also noch mal das geladene Teilchen geht durchs Gas, ionisiert diese Gasatome,also schlägt Elektronen raus, entlang seiner Teilchenspuren.Jetzt habe ich entlang dieser Spur überall Elektronen.Jetzt lege ich ein elektrisches Feld an und zwar auch wieder in Richtung derStrahlaxe. Das heißt, diese Teilchenspur wird dann, diese Elektronen werdendann Richtung Endkappe beschleunigt.Das ist so, wie wenn ich in den Himmel schaue und sehe ein Flugzeug,ein schweres Flugzeug mit Jetantrieb.Dann kann ich gucken, im Himmel habe ich Kondensstreifen. Und auch wenn dasFlugzeug schon lange weg ist, kann ich immer noch sagen, welchen Weg das Flugzeuggenommen hat, indem ich den Kondensstreifen anschaue. Und bei uns im Detektorgasist das die Ionisationsspur.Das ist einfach diese Wolke von Elektronen, die entlang der teilschen Spuren entstehen.Und jetzt kann ich da natürlich nicht mit dem Auge reingucken.Ich nehme ein elektrisches Feld und die Elektronen werden dann in Richtung Endkappe.Die gesamten Elektronen entlang der teilschen Spur werden in Richtung meinerEndkappe über eine Distanz von 2,50 Meter transportiert und kommen dann an der Endkappe an.Und da habe ich dann wieder Auslesesegmente, die eben diese auftreffenden Elektronendetektieren und das ist segmentiert in der Art und Weise,dass ich eben an dieser Endkabel 100 bis zu 159 Segmente habe,die diese ankommenden Elektronen detektieren.
Tim Pritlove
Erklärt für mich auch gerade so ein bisschen wieder mal, warum einfach dieseenormen Beschleunigungen eigentlich erforderlich sind,damit halt auch noch diese rausgesprengten Teilchen am Schluss so viel Alarmmachen können, dass sie irgendwie über so über Meter hinweg so viel Nebenwirkungenerzeugen, dass man die sogar noch messen kann.
Kai Schweda
Um genau zu sein, passiert mit den Elektronen gar nichts. Die werden nur transportiertvon ihrer Entstehung bis an die Endkappe. Sonst passiert mit den Elektronen nichts.
Tim Pritlove
Ja gut, aber sie müssen ja auch erst mal freigeschlagen werden.
Kai Schweda
Das macht das Teilchen.
Tim Pritlove
Das macht das Teilchen. Dazu muss das Teilchen aber auch ordentlich Performance am Start haben.
Kai Schweda
Ja, wenn man jetzt so schaut, aus der Schule kennt man das vielleicht,um ein Elektron abzulösen von einem Atom, braucht man die Größenordnung,Unsere Einheit ist Elektronenvolt, braucht man in Größenordnung paar Kilo Elektronenvolt.Unsere Teilchen haben Milliarden Elektronenvolt. Also der Energieverlust,den die Teilchen erleiden, indem sie Elektronen rausschrauben, ist minimal.Den kann man fast vernachlässigen. Das heißt, wir kriegen also primäre Elektronen,die kommen aus der Ionisation des Gases, durch das ursprüngliche Teilchen.Die müssen wir dann noch verstärken und das passiert an den Endkappen.Und da haben wir dann Zeldrähte, wo eben ein sehr starkes, hohes elektrischesFeld erzeugen, dass man so eine Lawine von weiteren Elektronen erzeugen kann.Also die Signalverstärkung passiert erst am Ende.
Tim Pritlove
Und warum ist jetzt diese Kammer so wertvoll und warum ist die noch da?Man hat ja im Prinzip den Weg und die Kurve sozusagen und auch schon die Bestimmung,worum es sich handelt und was der Impuls ist, hat man ja im Prinzip schon.Was ist sozusagen auf diesen zusätzlichen Metern noch der weitere Informationsgewinn?Ändert sich da noch viel dran?
Kai Schweda
Ja, erst mal je länger ich diese Spur verfolge, desto größer ist meine Auflösung,also desto präziser kann ich den Impuls bestimmen.Das ist einfach ein Hebelgesetz, wenn man so will. Je länger der Arm ist,desto stärker meine Kraft und genauso ist das bei einer Teilchenspur.Die Zeitprojektionskammer misst Spuren über eine Länge von 2,50 Meter.Der Siliziumdetektor nur über eine Länge von 70 Zentimetern maximal.Und das führt zu einer sehr, sehr viel besseren Impulsauflösung,zumindest mit dem Detektor, den wir bisher die letzten zehn Jahre benutzt haben,also dem Siliziumdetektor.Und dann ist eine Zeitprojektionskammer. Wir haben ja sehr hohe Teilchenmultiplizitäten.Wir haben eine sehr hohe Anzahl von geladenen Teilchen im Detektor in diesemPlei-Plei-Kollision. Und da ist eine Zeitprojektionskammer unschlagbar.Die kann das am allerbesten solche hohen Multiplizitäten auflösen.Wir messen, wir meisen jedes einzelne Teilchen nach und wir sagen auch bei jedemeinzelnen Teilchen, was für ein Teilchen das ist. Und das kann am allerbesteneine Zeitprojektionskammer.
Tim Pritlove
Und das tut man für wie viele Teilchen bei so einer Kollision, wie oft pro Sekunde?
Kai Schweda
Also wir haben bis zu 20.000 Teilchen pro Kollision.Und jetzt nach unserem, wir hatten ja zwei Jahre lang Strahlpause am Large HadronCollider, seit einem Jahr, seit letztem Jahr messen wir wieder.Wir haben quasi einen brandneuen Detektor. Die Zeitprojektionskammer ist noch da als Gasvolumen.Aber die gesamte Auslese an den Endkappen, was praktisch 90 Prozent der Arbeitist, die haben wir komplett erneuert mit einer sehr viel schnelleren Auslese,weil wir jetzt dieses Jahr kriegen wir die ersten Bleikollisionen bei hoher Rate.Wir werden diese bis zu 20.000 Teilchen 50.000,mal in der Sekunde kollidieren, zwei Bleikerne im Detektor.Also es sind gigantische Kollisionsraten für uns und da entstehen auch gigantische Datenvolumen.
Tim Pritlove
Was kommt da für ein Datenstrom raus?
Kai Schweda
Das ist der Nachteil bei einer Zeitprojektionskammer, die spuckt sehr,sehr viel Daten aus. Das Datenvolumen ist enorm groß, das macht über 90 Prozentunseres Datenvolumens aus und die wird liefern 3.500,Gigabyte pro Sekunde und das 24 Stunden am Tag. 3.500 Gigabyte?Ja, das sind 3,5 Terabyte pro Sekunde.3.500 Gigabyte sind 3,5 Terabyte pro Sekunde und wenn wir das einen Monat laufen lassen,haben wir eine Disk, wo wir die Daten speichern und ein Jahr behalten könnenund die ist 100 Petabyte groß, also 100.000 Terabyte.
Tim Pritlove
Ok und eine Datenrate von 35 Terabit pro Sekunde. Das ist schon ganz ordentlich.Da braucht man eine amtliche Netzwerktechnik auf jeden Fall.
Kai Schweda
Terabyte. Wir haben Terabyte.
Tim Pritlove
Ja ich hab's auf Bit hochgerechnet, weil das ist ja für Übertragung meistens so die eine.Also auf jeden Fall eine Menge, also sozusagen viele Festplatten pro Sekunde.Also es ist so als ob da die ganze Zeit jemand mit Festplatten durch die Gegend fährt.
Kai Schweda
Also ich habe mal geschaut, wenn ich sehe was der Datenstrom in ganz Europaist von 500 Millionen Menschen, das ist weniger.
Tim Pritlove
Im Internet?
Kai Schweda
Ich glaube da sind alle Sachen dabei, Datastreaming, E-Mail, Internet.
Tim Pritlove
Aber was sozusagen über das Internet geht.
Kai Schweda
Ja und unser Detektor spuckt da mehr Daten aus. Das heißt wir können das auchnicht irgendwo hinschicken und analysieren.Deshalb haben wir bei Alice ein Computerzentrum, eine Compute Farm aufgebaut,die diese Daten analysiert.Wie gesagt die kommen vom Detektor schon digital.Das heißt wir haben keinen Informationsverlust, keinen Qualitätsverlust im Signalund diese 3500 Gigabyte pro Sekunde reduzieren wir schon in Echtzeit,also während wir den Detektor betreiben auf 100 Gigabyte pro Sekunde und dieschreiben wir dann auf Disk.Was wir auf Disk rausschreiben ist ein Faktor fast 40 weniger.
Tim Pritlove
Ja klar, also wenn man da keine Kompression machen würde, aber das lässt sichglaube ich ganz gut komprimieren dann auch so das Material.
Kai Schweda
Also wir haben zur Kompression, das ist weitgehend eine verlustfreie Datenkompression,haben wir 50.000 CPUs, Prozessoren und 2000 grafische Prozessoreinheiten, also GPUs.Also das was mein Sohn in der Playstation hat, das sind schon sehr gute Grafikkarten,die eben sehr schnell rechnen müssen, weil sie eben diese sehr aufwendige Grafik rechnen können.Das heißt, die können sehr gut parallel rechnen, also mehrere Rechenschnittein einem Durchgang machen und unsere sind also noch ein bisschen besser,aber von den gleichen Anbietern, die auch Spiele, PCs herstellen.Und davon haben wir 2000. Und die machen diese Datenreduktion speziell für dieZeitprojektionskammer.
Tim Pritlove
Wenn ich jetzt richtig gerechnet habe, sind wir jetzt 5 Meter vom Kollisionsortweg, fehlen ja noch ein paar Meter.War es das schon mit der Detektion oder wird noch darüber hinaus auch noch detektiert?
Kai Schweda
Okay, also wir dürfen nicht Durchmesser und Radius verwechseln.Das habe ich vorhin schon gemacht.
Tim Pritlove
Durchmesser habe ich gesagt.
Kai Schweda
Also das Teilchen hat jetzt 2,50 Meter hinter sich, das heißt es verlässt dieZeitprojektionsgraden.Dann kommt ein Detektor, der kam ein bisschen später,also ein Subdetektor, ein Teil von ALICE, den haben wir ein bisschen spätereingebaut und der kann ganz besonders Elektronen identifizieren über einen bestimmtenphysikalischen Effekt, wir nennen das Übergangsstrahlung.Da nimmt man einfach ein Medium, das zwei verschiedene Dielektrizitätskonstantenhat, Das ist das Epsilon-R, wenn man das in der Schule mit dem Plattenkandensator rechnet.Auf jeden Fall tut dieser Detektor besonders Elektronen gut selektieren.Die meisten Teilchen sind stark wechselwirkende, das sind die Pionen und wie sie alle heißen.Und diese nicht stark wechselwirkenden Teilchen, wie das Elektron oder das Myon,das ist ja ein schweres Elektron, das ist zweieinhalb mal schwerer als ein Elektron,die werden nur sehr selten erzeugt und die will man rauspicken.Die würde man eben selektieren und das kann dieser Detektor,der dann bei 3,50 Meter Radius kommt.Oder 2,90 Meter bis 3,50 Meter.
Tim Pritlove
Warum will man die rauspicken, weil die so selten sind?
Kai Schweda
Die sind selten und die meisten Teilchen, wir messen ja keine freien Quarks,wir messen auch viele Teilchen,die sind so kurzlebig, die werden in der Kollision erzeugt.Sind die langlebigen Pionen, K und Protonen und dann noch Elektronomie und dasist im Wesentlichen, was man sieht im Detektor.Und alles andere zerfallen, zum Beispiel auch Teilchen, die diese schweren Quarkstragen, die Charm-Quarks und Beauty-Quarks und die zerfallen mit einer bestimmtenWahrscheinlichkeit in Elektronen oder Elektronen-Positron-Paare.Und wenn man jetzt Elektronen und Positronen selektieren kann,kann man diese Mutterteilchen wieder rekonstruieren.Genau aus dem Grund, weil wir alles, was wir mit dem Detektor messen,kinematisch vollständig bestimmen.Und das sind besondere Proben für das Quark-Klone-Plasma. Daraus kann ich waslernen, welche Eigenschaften dieses Quark-Klone-Plasma hat.
Tim Pritlove
Okay, das heißt wir sind jetzt über die 2,50 Meter. Jetzt bin ich wieder beimRadius. Wie weit hinaus?
Kai Schweda
Jetzt kommt der Übergangsstrahlungsdetektor. Der geht von 2,70 bis 3 Meter unddann schließt sich dieser Flugzeitdetektor an.Also der sagt dann nur noch, aha ich habe ein Teilchen gesehen und macht alsonur noch eine Zeitinformation, wenn ich bei 3,70 Meter in diesen Flugzeugdetektoreinschlage, bei Radius 3,70 Meter.Ich glaube jetzt habe ich auch ein bisschen die Zahlen durcheinander gemacht.Der Flugzeugdetektor ist bei 3,70 bis 3,90 Meter.Der liefert ein sehr genaues Zeitsignal und das kann ich der Teilchenspur zuordnenund weiß ich, aha dieses Teilchen, das sich auf den Weg gemacht hat,ist nach dieser Zeit in meinem Flugzeugdetektor angekommen, bei einem Radius von 3,70 Meter.Ich muss natürlich die Krümmung im Magnetfeld berücksichtigen,aber ich kenne praktisch die Länge, die Flugzeit, den Weg, den das Teilchengenommen hat, kenne ich dann sehr genau.Also den Flugweg und die Flugzeit und dann kenne ich die Geschwindigkeit unddann weiß ich, wer es war.
Tim Pritlove
Da weiß man, womit man es zu tun hat.
Kai Schweda
Ganz genau.
Tim Pritlove
Okay, da hab ich gleich noch ein paar Fragen zu den Erwartungen,aber ich würde gerne noch die Technik fertig bekommen,weil das ganze ist ja nach so einem Zwiebelschalen-System aufgebaut,also man hat einfach in der Mitte die inneren Spurdetektoren,diese Time-Projection-Chamber drumherum und diese weiteren Kaskaden,die jetzt eben sich nicht mehr um die Spur kümmern, sondern sozusagen nur noch das Timing erfassen.Und überhaupt sagen, wenn ich jetzt hier noch was detektiere,dann handelt es sich eben auch um wirklich interessante Teilchen.Gibt es noch weitere Detektoren oder war es das jetzt?
Kai Schweda
Ja, vielleicht hätten wir damit anfangen sollen. Zunächst macht man im Innereneine Spurrekonstruktion, genau wie du sagst. Und dann sind wir fertig.Also wir haben Silizium, wir haben die gasgefüllte Kammer, wir haben den Übergangsstrahlungdetektorund dann den Flugzeitdetektor.Damit ist die Teilchenspurrekonstruktion beendet. Und danach schließt sich dannein elektromagnetisches Kalorimeter an.Das heißt, wenn ich sehr, sehr hoch energetische Teilchen habe,Unser Magnetfeld ist nicht besonders hoch, ein halbes Tesla.Also sehr viel stärker als das Erdmagnetfeld, aber wenn du schaust,wenn nachher die Leute kommen von Atlas, die haben viel stärkere Magnetfelder.Das heißt, je höher mein Impuls ist vom Teilchen oder die Energie,desto weniger ist die Spur gekrümmt und irgendwann wird die ganz gerade unddann kann ich das gar nicht mehr unterscheiden. Ist das jetzt eine gerade Spuroder ist da noch eine Krümmung drin?Und dann hört irgendwann meine Spurrekonstruktion auf. Ich kann natürlich dieSpur immer noch rekonstruieren, aber ich weiß nichts mehr über den Impuls,weil ich keine Krümmung mehr feststellen kann. Also keinen Unterschied von einer geraden Spur.Und dann baut man einen Kalorimeter. Kalorimeter heißt, ich deponiere die gesamteTeilchenenergie in diesem Detektorteil und weiß dann die Gesamtenergie.Also ein Kalorimeter misst immer die Gesamtenergie von einem Teilchen.
Tim Pritlove
Und damit beende ich sozusagen auch den Flug.
Kai Schweda
Das war es. Da ist das Teilchen, das ist das Ende.
Tim Pritlove
Okay, es versackt im Kalorimeter und dann weise ich aber sozusagen die Restenergieoder eigentlich überhaupt die Energie, weil bisher nicht so richtig viel Energieeingebüßt wurde durch die ganzen Spurbeobachtungen.
Kai Schweda
Ganz genau.
Tim Pritlove
Und die misst man dann in was? In Kalorien?
Kai Schweda
In der Teilchenphysikschule ist alles in Energie.
Tim Pritlove
Alles.
Kai Schweda
Energie ist ein Elektronenvolt. Elektronenvolt kennen wir aus der Schule.Wenn ich einen Plattenkondensator habe, der macht ein elektrisches Feld, also Plus und Minus.Und da habe ich einen Volt und da läuft ein Elektron durch, hat danach das Elektron,die kinetische Energie von einem Elektronenvolt.Und wir messen alle Energien in Elektronenvolt oder eigentlich in Gigaelektronenvolt.Das ist so die natürliche Einheit. Milliarden Elektronenvolt.
Tim Pritlove
Okay, und wie viel Elektronenvolt haben die Teilchen, die jetzt da in dieseKalorimeter einschlagen?
Kai Schweda
Ein paar wenige Gigaelektronenvolt bis 100 GV vielleicht.Man kann das auch, das Higgs-Teilchen, das messen wir nicht,aber das Higgs-Teilchen wiegt 125 Gigaelektronenvolt.Das Proton wiegt etwa 1 Gigaelektronenvolt. Also das Higgs ist 125 mal schwerer als das Proton.Wenn das in zwei Photonen zerfällt, haben diese Photonen jeweils 65 GeV, Gigaelektronenvolt.Also ein paar Zig bis ein paar hundert Giga-Milliarden Elektronenvolt.
Tim Pritlove
Okay, das heißt diese ganzen Kalorimeter sind dann auch das Ende des Detektors.Das heißt die sind dann auch erst bei 16 Meter Durchmesser.
Kai Schweda
Ja, ganz genau.
Tim Pritlove
Okay, also nach 8 Metern sozusagen wird die Energie gemessen und dann ist dieDetektion abgeschlossen.
Kai Schweda
Noch nicht. Da gibt es noch die einzigen Teilchen, die noch durchkommen,sind die Myonen, die schweren Elektroden.Die deponieren eben ihre Energie nicht in einem Kalorimeter.Die gehen quasi durch alles durch. Man kann die Spur sehen durch den Siliziendetektor,durch die Zeitprojektionskammer.Die machen ein Signal im Flugzeitdetektor und die werden nicht im Kalorimetergestoppt. Das liegt einfach daran, dass die so hohe Masse haben.Die sind nicht stark wechselwirkend, die werden also nicht in einem hadronischen Kalorimeter gestoppt.Die sind zwar Leptonen, aber dadurch, dass die so viel Masse haben,das Elektron macht dem elektromagnetischen Kalorimeter Bremsstrahlung.Und die Bremsstrahlungsphotonen machen dann wieder Elektronen-Positron-Paareund die Elektronen-Positron-Paare machen wieder Bremsstrahlung.Und so geht das unendlich weiter.Es bildet sich also ein Schauer, das ist ein elektromagnetischer Schauer,aus Bremsstrahlungsphotonen und Elektronen-Positronen.Das Myon macht das nicht, weil das so viel schwerer ist. Das heißt, das geht einfach durch.Wir sehen sogar Myonen von der kosmischen Strahlung bei uns im ALICE,obwohl wir von 30 Metern Fels geschützt sind vor der kosmischen Strahlung.Also die Elektronen gehen durch alles durch und wir haben speziell jetzt nichtin dieser Zylindergeometrie, also senkrig zur Strahlaxe, aber parallel zur Strahlaxeoder unter Vorwärtswinkeln haben wir noch einen Myon-Spektrometer.Da machen wir genau das gleiche. Da steckt ein sieben Meter langer Absorberaus Eisen und Stahl und der filtert alles raus.Nur die Myonen kommen hinten an und dann stellt man da ein paar Kammern auf,die eben die Teilchenspuren messen. Und dann weiß ich, da können nur Myonen durchgekommen sein.
Tim Pritlove
Sind diese Myonen jetzt eher selten oder ist das so ein ganz normales Abfallproduktbei dem, was da passiert?
Kai Schweda
Nein, nichts ist Abfall. Das ist alles Signal. Wie gesagt, es gibt besondereTeilchen, die schwere Quarks tragen und die zerfallen gerne in Elektronenpaare,Elektronenpositonpaare oder Paare von positiven und negativen Myonen.Und die möchte ich rekonstruieren, weil das ganz spezielle Sonden sind.Schwere Quarks sind ganz besondere Sonden für unser Quark-Klon-Plasma.
Tim Pritlove
So jetzt ist ja Sinn und Aufgabe des Detektors ist jetzt primär diese Blei-Ionen-Kollisionen zu beobachten.Das heißt mal salopp formuliert passiert ja da immer das gleiche.
Kai Schweda
Jede Kollision ist einzigartig.
Tim Pritlove
Okay, gut. Darauf wollte ich hinaus. Aber man tut eigentlich immer das gleicheund man kriegt immer wieder andere Ergebnisse.
Kai Schweda
Das Signal ist ein anderes. Und genau,zum Beispiel wir brauchen ein paar zigtausend Blei-Blei-Kollisionen,Ob das da mal ein Teilchen rauskommt, das aus zwei schweren Quarks besteht unddann noch zerfällt in ein Elektron-Bosyton-Paar zum Beispiel.Und die gilt es zu selektieren. Das heißt wir bauen einen Trigger.Wir triggern auf ein ganz spezielles Ereignis, das nur sehr selten passiert.
Tim Pritlove
Und das ist ja sozusagen das Ding. Also es geht ja hier um Wahrscheinlichkeiten.Also jetzt könnte man sagen okay no two collisions are the same.Also obwohl wir eigentlich im Prinzip immer dasselbe tun, mit derselben Apparaturmessen, messen wir eigentlich jedes mal ein komplett anderes Gesamtergebnis.Also vielleicht nicht komplett anders, sondern es ist vielleicht in seiner Strukturähnlich, aber so im Detail.Mal wird von dem einen Teilchen mehr erzeugt, mal weniger, mal vielleicht überhauptnicht. Auf einmal sind es ganz viele.Und der eigentliche Wert entsteht dadurch, dass man eben sehr oft,sehr lange das macht, alle Daten aufnimmt und sich es danach anschaut,wie denn jetzt die tatsächliche Verteilung ist.Weil wir im Prinzip ja generell immer nur alles über Wahrscheinlichkeiten überhaupterfassen können auf dieser Quantenebene, in der halt alles nicht klar bestimmt ist.Da heißt es ja nicht, wenn das kommt, passiert das, sondern das passiert miteiner bestimmten Wahrscheinlichkeit.
Kai Schweda
Also es ist sehr klar bestimmt. Ich muss da widersprechen. Die Wahrscheinlichkeitensind sehr klar bestimmt. Also ich kann genau bestimmen, wie groß die Wahrscheinlichkeitist, nur das einzelne Event ist unbestimmt.
Tim Pritlove
Das wollte ich damit zum Ausdruck bringen, ja.
Kai Schweda
Ja, das unterliegt einer Wahrscheinlichkeit. Aber auch in der Quantenmechanikkann ich diese Wahrscheinlichkeiten sehr präzise ausrechnen.
Tim Pritlove
Also genau, man kann dann die Wahrscheinlichkeiten ausrechnen,aber man weiß halt nicht vor einer Kollision, was jetzt gerade dran ist.
Kai Schweda
Ganz genau.
Tim Pritlove
Also das ist sozusagen das Unbestimmte, nur bestimmt wird es eben über die Beobachtung,über die Zeit dadurch, dass ich sagen kann, okay, wir haben uns das jetzt irgendwieangeschaut und diese Konstellation entsteht mit der Wahrscheinlichkeit und dieseKonstellation entsteht mit der Wahrscheinlichkeit und damit erforsche ich quasidas Wesen dessen, was ich beobachte.Okay, ich habe das halbwegs verstanden, glaube ich, hoffe ich.Bis zum nächsten Mal.Upgrades hat denn jetzt ALICE, das haben wir ja gerade gehört,da wird immer wieder was ausgetauscht.Wie sehr ähnelt denn ALICE nach seiner ursprünglichen Version?Wie oft werden denn dort technische Änderungen vorgenommen?
Kai Schweda
Ja, das ist eine gute Frage. Also schon vor 30 Jahren war schnell klar,habe ich erzählt, dass man ein relativ schwaches, aber großvolumiges Magnetfeldbraucht. Das haben wir. Das haben wir sogar geerbt vom Vorgängerexperiment.Da haben wir Kosten gespart. Und dass das zentrale, das Herzstück eine Zeitproduktionskammerist, das hat sich auch nicht geändert. Das ist im ersten Design drin.Und dass man bei inneren Radien einen Silizium-Detektor hat,auch das hat sich nicht geändert.Und dann, das war sehr schnell klar, dass man den Doktor so bauen muss,um das die Ziele zu erreichen, die man hat.Dann das erste Upgrade war, der Myon-Arm kam später hinzu, das war aber,das muss ich erzählen, 1993 hat dann sich eine sogenannte Proto-Kollaboration geformt.Das waren also eine Reihe von Wissenschaftlern, die haben gesagt,wir studieren das, wir untersuchen, welchen Detektor wir brauchen und kamendann sehr schnell mit diesem Konzept von einem solenoiden Magneten in der Zeitprojektionskammerund einem inneren Siliziumdetektor und hat dann im Jahr 1993 einen Lettow-Intent vorgestellt,also die Absicht, so einen Detektor zu bauen, um diese Physik des Quark-Clone-Plasmaszu adressieren am Large Hadron Collider, in dem man das ausnutzt,dass da auch Bleikerne beschleunigt werden können.Und das wird begutachtet. Es gibt ein Komitee, das ist das LHC-Komitee,LHCC, und das besteht aus Experten und die schauen sich an,diese Vorschläge, die Gruppen machen, welche Direktoren gebaut werden sollenund dieses Das Komitee berät direkt den Generaldirektor oder die Generaldirektoren am CERN.Und die haben eben diesen Letter of Intent, den wir am 1.März 1993 eingereicht haben, gesagt, okay, das finden wir gut,macht weiter. Also wir haben eine positive Bewertung bekommen.Und dann kam 1995 der Muonarm dazu.Das waren eben Leute, die schon früher am CERN, am kleineren Beschleuniger,am SPS, am Superproton-Synchrotron, Muon nachgewiesen haben,eben genau um den Zerfall von Teilchen mit schweren Quarks.Und die haben gesagt, wir machen da auch mit, wir bringen einen neuen Detektormit, wir wollen einen neuen Detektor bauen, die sind Myonarm.Das war also das erste Upgrade sozusagen 1995, das war aber weit vor der ersten Konstruktion.Dann kam, ich glaube, der erste, das ist fair zu sagen, der erste Upgrade-Detektorwar dieser Übergangsstrahlungsdetektor,das ist ein Beitrag der deutschen Gemeinschaft und anderen Ländern,Russland und Rumänien, die dann gesagt haben, okay, zwischen der Zeitprojektionskammerund dem Flugzeitdetektor, da ist noch eine Lücke, radial, Und da bauen wir diesenÜbergangsstrahlungsdetektor ein, dass wir diese Elektronen und Positronen selektieren können.Den haben wir 2008 eingebaut, also die ganze Konstruktion.Das war noch mit der Konstruktion des ersten Detektors.Und was wir jetzt gemacht haben, das war im Jahr 2019, 2021,war eine lange Betriebspause des Large Hadron Colliders. Da wurde auch der Beschleunigerkonsolidiert, das heißt verbessert.Dinge, die nicht so gut funktioniert haben, wurden verbessert.Es wurden neue Instrumente eingebaut.Das kann wahrscheinlich der Manfred Kramer dir besser erzählen.Diese zweieinhalb Jahre haben wir genutzt, um unseren Detektor massiv zu erneuern.Wir haben den gesamten Silicon Detektor komplett rausgenommen und haben jetztdiesen hochgranularen Pixel-7-lagigen Pixeldetektor eingebaut.Wir haben die Zeitprojektionskammer, die gesamte Auslöseelektronik erneuert,was 90 Mannjahre an Arbeitsleistung ist.Also wir haben praktisch auch diese Zeitprojektionskammer praktisch neu gebaut.Da ist nur diese mechanische Struktur, die auch das elektrische Feld,diese 100.000 Volt, zur Verfügung stellt, die ist geblieben und die gesamte Elektronik ist neu.Und das ist eben geschuldet, dass es eine neue Technologie gibt für den Silizium-Detektor.Das haben wir entwickelt in ALICE. Das ist der L-Pite Pixel-Chip.Wir mussten die Elektronik verbessern, damit wir diese 50.000 Kollisionen proSekunde mit der Zeitprojektionskammer instand halten können.Es war nicht klar, ob das vor 10, 12 Jahren funktioniert. Das war wirklich einejahrelange Entwicklung von neuer Technologie. Da haben wir ein optimales Setupgefunden, wie wir diese Auslöse bauen können. Und das funktioniert.
Tim Pritlove
Wo wird denn diese Technik entwickelt?
Kai Schweda
In den Labors am CERN, also der Silizium-Detektor wurde ganz entscheidend hieram CERN vorangetrieben.Da gibt es eine Gruppe am CERN und unser vorheriger Spokesperson hat das entscheidend vorangetrieben.Also wenn man Silizium-Technologie macht, das ist mit einem enormen Aufwandverbunden. Da braucht man Reihenräume, da braucht man Maschinen.Also das ist vom personellen und finanziellen Aufwand enorm und das CERN kanndas sehr gut machen. Das hat die richtige Größe.In Deutschland braucht man dann schon die Nationallabors, zum Beispiel die Gesellschaftfür Schwerhörnforschung in Darmstadt, an der ich angestellt bin. Die können das machen.Die Zeitprojektionskammer, das wurde federführend in Deutschland entwickelt,auch von der GSI, von den Universitäten Frankfurt, Heidelberg.Da braucht man Ingenieure, die nicht nur die Elektronik entwickeln,sondern auch die Mechanik und so weiter und so fort. Und auch in Zusammenarbeit mit dem CERN.
Tim Pritlove
Ich glaube das ist auch etwas, was bisher bei den Gesprächen noch gar nichtso klar rausgekommen ist.Man sieht ja hier das CERN so im Wesentlichen als Betriebsort.Aber genau genommen wird ja alles erdacht. Also erstmal dieses,was braucht man eigentlich, wie könnte das funktionieren, welche Technologienbenötigen wir denn dafür und dann müssen diese Technologien halt auch erdachtund quasi erstmal erfunden werden.Und dann ist die Frage, wie viel findet hier statt, wie viel findet woanders statt?Also ist es der Normalfall, dass das alles woanders entwickelt wird und hierwird nur überlegt, was braucht man? Oder findet hier auch konkret Technologiedevelopment statt?
Kai Schweda
Ja wie gesagt, diese Entwicklung von Siliziumdetektoren, das ist ja weltweit führend.Viele, viele Gruppen benutzen jetzt diese Technologie, die wir in ALICE entwickelthaben, in anderen Experimenten oder wollen die verwenden, auch für neue Maschinen in den USA.Wir haben gerade jetzt, gerade in dem Moment, Gäste da aus den USA,die eben genau unsere Silizium-Technologie verwenden wollen.Also das wurde federführend am CERN gemacht, die Zeitproduktionskammer.Da gibt es eine neue Technik, auch die wurde am CERN erfunden.Das sind Gas-Elektron-Vervielfacherfolien, die heißen Gem-Gas-Elektron-Multipliers.Und diese Technologie, da nimmt man eine sehr dünne Folie, bohrt Löcher reinund isoliert die oben und unten und spitzt diese Löcher an. Und in diesen Löchernentstehen sehr hohe Feldstärken.Das ist das Geniale an so einer Gemfolie. Die wurde am CERN erfunden und diehaben uns diese riesigen Folien hergestellt.Die haben Quadratmeter Größe und die haben wir dann benutzt,um unsere Außerelektronik in Deutschland zu bauen. Also es wurde mit Gruppenaus München, Darmstadt und Frankfurt gemacht.Also nicht alles wird am CERN gemacht, aber vieles wird vorangeregtigt am CERN.
Tim Pritlove
Okay. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was kommt bei raus?Also was konnte denn mit Hilfe dieses Detektors und speziell eben dieser Bleikollisionenund sozusagen der Betrachtung dieses Quark-Gluon-Plasmas herausgefunden werden über dieses Plasma?Das ist ja so ein bisschen der Blick in die Zeit des Urknalls,nicht unbedingt davor aber zumindest in dem Moment.Welchen Erkenntnisgewinn konnte man bisher daraus ableiten, was hat sich daraus ergeben?
Kai Schweda
Also die erste Frage, was man sich stellt, wie hoch ist die Temperatur von demDing, von dem Medium, das wir erzeugen?Und die Temperatur kann man messen, indem man sich die Lichtteilchen anschaut, die Sonne.Hat eine Temperatur in der Oberfläche von 6.000 Kelvin, 5.700 Grad Celsius.Und wenn ich einfach das Spektrum des Lichts anschaue, das hier auf der Erdeankommt, kann ich sofort auf die Temperatur der Oberfläche der Sonne schließen.Salopp kann man sagen, man schaut sich das Spektrum, man schaut sich an,wie viel kommt von der Farbe Grün an, wie viel kommt von der Farbe Rot an,wie viel kommt von der Farbe Blau an.Und dann habe ich, was die Physikern Plank-Spektrum nennen.Das hat die meiste Farbe, die die Sonne ausstrahlt, ist tatsächlich grün unddann kann ich sofort, das Planck Spektrum hat nur ein Parameter,das ist die Temperatur, kann ich sofort die Temperatur bestimmen und so machenwir das auch. Jetzt habe ich gesagt, die Sonne ist 6000 Kelvin heiß.Unser Medium ist 2 Billionen Kelvin oder Grad Celsius heiß.Das heißt, diese Wellenlänge verschiebt sich von dem optischen Spektrum,das unsere Sonne aussendet, in die harte Röntgenstrahlung.Also diese Photonen, die Lichtteilchen, die haben Milliarden von Elektronenvolt.Unser optisches Licht hat einen Elektronenvolt etwa.Und wenn man dieses Photon nachweist, also dieses Licht, das von der elektromagnetischenStrahlung des Quarkplasmas kommt, dann kann man die Temperatur bestimmen.Wir haben eine erste Messung, die ist noch nicht besonders genau.Wie gesagt, diese Photonen und Elektronen, das sind ganz seltene Teilchen,die muss ich da rauspicken auspicken, aus meinen zigtausend geladenen Teilchenoder anderen Teilchen, die da entstehen.Und dann gibt es noch andere Untergrundquellen, die auch Elektronen,Positronen oder Photonen erzeugen. Also ich will sagen, das ist eine sehr schwierigeMessung, die sehr aufwendig ist, die sehr lange braucht, weil man sehr langeDaten nehmen muss, um das Signal zu extrahieren.Und da sehen wir, dass wir deutlich drüber sind über dieser Temperatur,die es braucht, um so einen Quarkblumenplasma zu erzeugen.
Tim Pritlove
In dem beobachteten Experiment.
Kai Schweda
Bei Alice.
Tim Pritlove
Also man weiß deswegen, dass da eins ist. Ein Quark, Chlor und Plasma.Das ist das, was einem die Gewissheit gibt?
Kai Schweda
Ja, also Gewissheit.
Tim Pritlove
Das war wieder so ein schlimmes Wort benutzt.
Kai Schweda
Nein, das ist eine gute Frage. Was wir nicht haben ist eine Smoking Gun.Eine Smoking Gun ist, wenn ich einen abschieße und dann raucht mein Colt noch,dann weiß jeder, Der hat es getan.Das gibt es halt bei uns nicht. Und das liegt daran, wir versuchen nicht eineinzelnes Teilchen nachzuweisen, das zu rekonstruieren.Wir haben ein System, das aus sehr, sehr vielen Teilchen besteht,der sich sehr stark ausdehnt, dass der starken Wechselwirk unterliegt.Und da habe ich kollektive Phänomene und es gibt nicht ein einziges Signal,wo dann sofort alles klar ist, sondern man muss das beschreiben,dass das konsistent ist. eine Temperatur, die weit drüber ist.Auch bei den Hadronen können wir die Temperatur nachbestimmen.Wenn ich jetzt das weiterdenke, wenn ich Hadronen messe, also Pion,Proton, Kaon und so weiter, die sollte es ja nicht geben, wenn ich diese kritischeTemperatur überschreite.Die sollten ja alle geschmolzen sein, weil ich da nur noch Quarks und Glon habe.Und genau das beobachten wir. Aber irgendwann hat sich das System so weit ausgedehnt,abgekühlt, dass wieder alles in normale Teilchen zerfällt.Und wir beobachten auch bei den stark wechselwirkenden Teilchen,dass die eben genau diese Grenztemperatur erreichen. Drüber könnten wir sienicht beobachten, weil sie nicht existieren.Also die scheinen genau an der Phasengrenze, wo dieses Quark-Gluon-Plasma sichso stark abgekühlt hat, dass es wieder in normale hadronische Materie zerfällt.Und diese Hadronen, die wir beobachten, haben genau diese Grenztemperatur.Dann sind es andere kollektive Effekte. Wir sehen, wie stark das Medium expandiert.Was eine Entdeckung war, dass die schweren Quarks sehr viel Energie verlieren.Ich habe also eine Farbladung, das ist alles starke Wechselwirkung.Ich habe ein schweres Quark, ein Charmquark, das propagiert in diesem Mediumund das verliert sehr viel Energie.Und das ist heute noch schwierig zu beschreiben für die Theorie,warum so schwere Quarks so viel Energie verloren im Quark-Gluon-Plasma.
Tim Pritlove
Das heißt alles was jetzt hier herausfällt ist quasi Nährboden für Wissenschaftlergruppen,die am Quark-Gluon-Plasma an sich theoretisch und hier sozusagen auch praktisch forschen.
Kai Schweda
Ich denke, es ist fair zu sagen, dass unser Feld sehr stark experimentell getriebenist. Das heißt, es gibt neue Detektor-Technologien, die eben neue,neuartige Messungen ermöglichen.Und die Theorie versucht das zubeschreiben und dann Erkenntnis über das Quark-Lungen-Plasma zu gewinnen.Also das ist anders an der Teilchenphysik. Das Higgs-Boson wurde 48 Jahre vorseiner Entdeckung vorhergesagt.Die Schwierigkeit war, möglichst viel Energie zu haben, einen großen Kollider,der auch dieses Teilchen erzeugen kann. Bei uns ist es, denke ich, eher umgekehrt.Das ist das Experiment, das den Fortschritt vorantreibt.
Tim Pritlove
Weil man jetzt einfach Daten bekommt aus etwas, was sich sonst nicht so ohneweiteres theoretisch beschreiben lässt, weil man es noch gar nicht,sein Wesen noch gar nicht verstanden hat.
Kai Schweda
Ja die Theorie ist eben schwierig. Ich habe versucht das mit der Schneefockezu erklären. Wenn ich ein Einzelsteilchen isoliert betrachte,kann ich das sehr gut beschreiben theoretisch.Ja, also das Quark-Klonen-Plasma ist ein Teil von ALICE. Wir können mit diesenKollisionen viel, viel mehr machen. Das tun wir auch. Das ist eine fantastischeTeilchenquelle, ein Quark-Klonen-Plasma.Da kommen alle möglichen Teilchen raus, die es gibt. Die werden alle thermisch gekocht.Die springen da alle raus. Wir können zum Beispiel auch nach Antimaterie schauen,weil es wird genauso viel, die Energien sind so hoch beim Ladschadon-Kollider,dass wir genauso viel Materie wie Antimaterie erzeugen.Also es gibt aus den Kollisionen kommen genauso viel Proton raus wie Antiprotonund es gibt noch andere Teilchen.Und zum Beispiel Anti-Alpha-Teilchen.Rutherford hat ja damals das Alpha-Teilchen genommen. Das ist ein Heliumkern,zwei Protonen, zwei Neutronen.Und dazu gibt es auch ein Anti-Teilchen, das wurde schon entdeckt.Das besteht aus zwei Antiprotonen, zwei Antineutronen.Und jetzt können wir diese Teilchen untersuchen und schauen,haben die genau die gleiche Masse, das Teilchen und das Antiteilchen.Das ist eine fundamentale Vorhersage von jeder Theorie im Standardmodell derTeilchenphysik, dass Teilchen und Antiteilchen gleich schwer sind und gleiche Lebensdauer haben.Wenn das nicht so wäre, hätten wir eine große Krise in der theoretischen Physik.Also niemand glaubt das.Das heißt aber, wir müssen das testen. Und das können wir in ALICE,wenn wir das testen mit den Daten, die wir jetzt die nächsten zehn Jahre nehmen.Wir nehmen deutlich mehr Daten.Wir haben jetzt letztes Jahr, im ersten Jahr schon in Proton-Proton-Kollisionen,300 Mal mehr Daten aufgezeichnet, als wir die ganzen zehn Jahre davor aufgezeichnet haben.Nur um so einen Geschmack dafürzu kriegen, welche irren Datenraten unser Detektor jetzt verdauen kann.Und da wollen wir zum Beispiel diese Teilchen-Antiteilchen-Symmetrie untersuchenfür Anti-Alpha-Teilchen.
Tim Pritlove
Um diesen permanenten Test des Standardmodells durchzuführen.Passt das Modell eigentlich wirklich so gut wie wir denken oder haben wir irgendwo nochmal einen Flaw?Aber ist schon irgendwas damit bestätigt worden oder ist es sozusagen,es konnte nur bisher nicht widerlegt werden? Wie muss man das so definieren?
Kai Schweda
Niemand erwartet ernsthaft, dass wir jetzt einen Unterschied sehen,aber man soll, Steven Weinberg hat das mal gesagt, den ich sehr verehre,der leider letztes Jahr gestorben ist, ein großer theoretischer Physiker,schauen, wo niemand vorher geschaut hat. Das können wir auch,diese Möglichkeit haben wir in ALICE.Wir haben zum Beispiel das schon gemacht für Deuteron und Helium-3-Kerne.Da haben wir die Teile, ein Deuteron ist ein Proton und ein Neutron und Helium-3ist zwei Antiprotonen und nur ein Antineutron.Da haben wir schon gezeigt, dass wir Massendifferenzen messen können.Mit guter Genauigkeit haben wir das veröffentlicht. Und der nächste Schrittist einfach mit mehr Daten können wir dann zu schwereren Kernen gehen.Also es ist noch nichts, wir haben noch nichts gefunden, das dem Standardmodell widerspricht.Du hättest das in der Zeitung schon oder im Fernsehen gesehen.
Tim Pritlove
Mit Sicherheit. Aber was ist denn schon an Erkenntnissen herausgekommen,wovon ich auch noch nichts mitbekommen habe? Was sind so die grundlegenden Erkenntnisse,die Alice abgeworfen hat?
Kai Schweda
Zum Beispiel die Teilchen haben eine bestimmte Lebensdauer und wir können,weil unser Detektor so präzise ist, zum ersten Mal werden ja alle möglichenTeilchen erzeugt bei uns in dieser Bleiblei-Kollision.Wir können dann Teilchen mit sehr hoher Genauigkeit, deren Masse oder Lebensdauerauch messen. Wir haben jetzt gerade das Lambda-Baryon untersucht.Das ist ein Neutron, wo ich ein leichtes Quark rausnehme und dafür ein bisschenschwereres, das Strange-Quark, reintue.Und diese Lebensdauer hat eine bestimmte experimentelle Präzision und wir habendas um einen Faktor 3 verbessert.Also man weiß jetzt auch dreimal mehr, welche Lebensdauer dieses Lambda Teilchen hat.Das kann man jetzt in einen Kernverband einbauen, in einen Deuteron zum Beispiel.Und da gab es 50 Jahre lang Spekulationen, ob das, wenn das jetzt dieses LambdaBaryon gebunden ist, also ein Neutron mit einem schweren Quark,einem Strange Quark, ob das dann die Lebensdauer beeinflusst.Und da gab es die letzten 50 Jahre viele, viele Experimente,die was gesehen haben, die keinen Unterschied gesehen haben und das haben wirjetzt auch entscheidend beantwortet, die Frage.Dieses Lebensdauer ist die gleiche im Kernverbund von einem Deuteron wie fürein Freies Lambda-Teilchen.Also es sind einfach Präzisionsmessungen, die gehen dann auch in die Bibel derTeilchenphysik ein, weil alle Teilchen, die man kennt, sind gelistet in einem Particle Data Book.Das wird jedes Jahr auf den neuesten Stand gebracht und da haben wir als eineMessung beigetragen, die dreimal genauer ist als alle anderen Experimente zuvor.
Tim Pritlove
Was sind denn jetzt, also das ist natürlich für die Wissenschaft super spannend,solche Detailupdates und so ein permanentes Verbessern eines Verzeichnissesaller wesentlichen Eigenschaften.Was sind so die großen Fragen, die durch die Arbeit mit Alice touchiert werden?
Kai Schweda
Ja, das ist die zugrundelegende Theorie, das ist eine relativistische Quantenfeldtheorie,die die starke Wechselwirkung beschreibt. Die so beschreibt,wie Quarks und Gluten miteinander, sich zueinander verhalten,wie die wechselwirken, das ist die Quanten-Chromodynamik.Es gibt die Quanten-Elektrodynamik, die beschreibt eben die elektromagnetischeWechselwirkung auf dem Quantenniveau und ist relativistisch korrekt.Und so gibt es in der starken Wechselwirkung die Quanten-Chromodynamik.
Tim Pritlove
Da kommt das auch mit der Farbe her, wir haben ja vorhin schon darüber gesprochen,das ist natürlich nicht so, dass wir hier von Farben reden, sondern das istein Bild, um einfach Zusammenhänge dieser Teilchen, also der Wechselwirkungzu beschreiben, also Eigenschaften davon zu beschreiben.Und wahrscheinlich weil mal wieder nichts anderes im Regal zu greifen war,hat man gesagt, dann nehmen wir jetzt einfach Farben und deswegen heißt es auch Chromo.
Kai Schweda
Ganz genau. Also es ist streng genommen die Farbladung, genau wie die elektrischeLadung die Ursache der elektromagnetischen Kraft ist, so ist die Farbladungdie Ursache der Farbladung.
Tim Pritlove
Ja, man hätte jetzt auch ein anderes Bild nehmen können als Farbe,aber das ist es einfach geworden.
Kai Schweda
Ja, aber das weißt du wahrscheinlich, das kommt daher, weil die Quarks in drei,um einen Proton zu machen brauche ich drei Quarks, um einen Neutron zu machenbrauche ich drei Quarks.Da hat man gesagt, also zwei Quarks geht nicht. Es geht ein Quark und ein Antiquark,das heißt diese Farbladung, das Quark hat Rot, Gelb oder Grün,die kann man auch 1, 2, 3 nennen oder wie auch immer, dass die drei Farben imProton, die drei verschiedenen Farben im Proton,Farben, die ein Proton haben kann, müssen sich so addieren, dass es farbneutral ist.
Tim Pritlove
Also rot, grün, blau.
Kai Schweda
Rot, grün, blau, aber eigentlich nach der Farbenlehre ist es nicht rot,grün, blau, sondern rot, gelb, blau oder umgekehrt. Auf jeden Fall hat man das,genau wie du sagst, versucht anschaulich zu machen. Warum habe ich jetzt dreiund nicht zwei oder sieben?Und das kann man mit den Spektralfarben sehr gut erklären, dass dann immer eine weiße Farbe rauskommt.
Tim Pritlove
Ok, aber das ist sozusagen, man will die starke Kernkraft besser verstehen,man weiß die kommen einfach in Dreiergruppen, also muss es dann irgendeinerForm Eigenschaften geben, die dafür sorgen, dass es immer drei sein müssen.
Kai Schweda
Und was wir gut verstehen theoretisch, also nicht ich, sondern meine Freundeaus der Theorie, ist eben, wenn man isolierte Prozesse bei sehr hohen Energienanschaut, dann kann man das sehr genau berechnen.Wir machen eine störungstheoretische Rechnung und kann die Experimente beschreiben.Was wir in ALICE machen, ist, wir gucken uns die Vielteilchenaspekte an.Also nicht ein isoliertes Teilchen, ein isoliertes Quark, sondern sehr,sehr viele Teilchen. Sehr viele Quarks und Gluren in verschiedenen Farben,schwere Quarks, leichte Quarks.Und wir versuchen die Vielteilchenaspekte der starken Wechselwirkung zu untersuchenund experimentell präzise zu bestimmen.Und das ist, was wir noch sehr wenig verstehen, obwohl es da sehr großen Aufwandgibt in der Theorie. Es ist also noch ein recht junges Feld,da kommen wir zurück zu der Schneeflocke.Ich kann die Quantenelektrodynamik nehmen, ich kann damit aber nicht ausrechnen,welche Form eine Schneeflocke hat, weil sehr sehr viele Teilchen daran teilnehmenund dann gibt es auch neue Effekte, die man erst mal so nicht in den elementaren Gleichungen sieht.
Tim Pritlove
Und gibt's hier auch eine Perspektive so die die großen Fragezeichen der Physikin irgendeiner Form zu bespielen,das was so auch die Kosmologie vor allem irre macht mit dunkler Materie und dunkler Energie,also ich meine wenn wir hier mit diesem Quark-Luhren-Plasma sozusagen an der,Ich weiß nicht, ob ich Geburt sagen soll,aber zumindest an diesem Urknall, diesem sehr besonderen Moment,wenn wir da sozusagen in dieser Ursuppe herumforschen, lässt sich daraus irgendetwasableiten für das, was wir heute im All sehen und uns noch nicht erklären können.
Kai Schweda
Ja, alles kann was dazu beitragen und hat beigetragen zur dunklen Materie.Dunkle Materie ist dunkel, das heißt wir sehen sie nicht, die strahlt nichtelektromagnetisch, die sendet kein Licht aus.Und wir wissen nur von ihrer Existenz, weil wir sehen wie die sich gravitativverhält. Also die beeinflusst andere Objekte um sich herum.
Tim Pritlove
Die Menschen sind nur Materie, obwohl wir ja auch nicht sicher sind, ob es welche ist.
Kai Schweda
Also es ist nicht Energie, es ist nicht nur Energie, es ist auch Materie.Aber gut eigentlich wissen wir gar nichts was dunkle Materie ist.
Tim Pritlove
Es tut das, was normalerweise nur Materie tut. Man sieht sie nicht deswegennennt man sie dunkle Materie, aber es könnte sich ja auch herausstellen,dass es was komplett anderes ist, was die Gravitation mit beeinflusst.
Kai Schweda
Ja, also wenn du mich fragst, das ist aber meine persönliche Meinung,dunkle Materie ist eine Umschreibung für unsere komplette Unkenntnis, für was das ist.Ich glaube das ist ganz okay. Es gibt ja auch Leute, die versuchen die Gleichungder Gravitation so zu ändern, dass man gar keinen neuen Materieterm findet,aber das hat eigene Probleme.Also, das Standardmodell der Teilchenphysik, das hat was dazu zu sagen,nicht das Standardmodell, sondern die erste, die minimale supersymmetrische Erweiterung.Das heißt, das hat man ja bevor der LHC angeschaltet wurde, gab es ja großeHoffnung, dass die sogenannte Supersymmetrie verwirklicht ist in der Natur.Das heißt, es gibt also eine Theorie, die sagt, okay, für alle Teilchen,die wir jetzt im Standardmodell haben, gibt es ein korrespondierendes supersymmetrischesTeilchen, das viel schwerer ist. Zum Beispiel gibt es zum Elektron ein s-Elektron.Oder zum Neutrino gibt es ein Neutralino. Also man verdoppelt den Teilchen so,der Elementarteilchen.Die müssen viel schwerer sein, sonst hätten wir sie schon gesehen.Und das war die große Hoffnung, als der Large Hadron Collider losging.Bisher hat man noch keine gesehen.Und ich glaube die Hoffnung ist ein bisschen am schwinden.Deshalb gucken wir trotzdem danach. Und was wir gemacht haben in ALICE ist,wir können dazu einen wichtigen Beitrag liefern.Zum Beispiel das Experiment EMS, das Alpha Magnet Spektrometer,das auf der internationalen Raumstation Daten nimmt.Das guckt zum Beispiel nach Anti-Kernen, zum Beispiel nach Anti-Helium-3-Kernen.Zwei Antiprotonen, ein Antineutron. Und dann ist die Frage, die haben noch keinen,zumindest nicht veröffentlicht, nachgewiesen.Wenn die jetzt Anti-Helium-3 sehen, also ein Anti-Kern, recht schwerer,schwerer als das Proton zum Beispiel. Immer noch ein leichter Kern, okay.Dann ist die Frage, wo kommt das her? Und das könnte zum Beispiel von Prozessenkommen, von einem supersymmetrischen Teilchen, dem Neutralino.Das Neutralino ist elektrisch neutral, nimmt also nicht an der elektromagnetischen Wechselwirkung teil.Es ist das leichteste supersymmetrische Teilchen. Das heißt,alle anderen Teilchen müssen irgendwann in Richtung dieses Neutralinos zerfallen sein.Die wurden am Urknall entdeckt, erzeugt und das Neutralino ist stabil.Das heißt, es kann auch nicht in Standardmodellteilchen zerfallen.Das heißt, wenn es die wirklich gibt und das ist der Ansatz dunkler Materiemit der Teilchenphysik zu erklären, Dann wurden die möglicherweise beim Urknallerzeugt und bevölkern zum Beispiel den Balg unserer Galaxie.Und es stellt sich heraus, die Neutralinos sind auch ihr eigenes Antiteilchen.Das heißt, die zerfallen zwar nicht, wenn ich aber viele Neutralinos habe,kannst du mir noch folgen, dann können die sich miteinander vernichten und würdenauch schwere Antikerne erzeugen.Das heißt also ein Antihelium-3-Kern im Weltall wäre ein Signal für die Vernichtungvon zwei supersymmetrischen Teilchen, die Kandidaten für dunkle Materie sind.Und wir haben bestimmt, wenn dieses Teilchen irgendwo weit weg von uns in derGalaxie erzeugt wird, ob das überhaupt bei der Internationalen Space Station ankommen würde.Also wir haben mit diesen Antihelium-3-Kernen, die aus unserem Quark-Lum-Plasmakommen, haben wir bestimmt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist,dass so ein Teilchen absorbiert wird auf seinem Weg vom Balg der Galaxie biszur Internationalen Space Station.Wir haben festgestellt, dass unsere Galaxie recht transparent ist dafür.Also drei Viertel aller Antihelium-Dreikerne kommen noch an, wenn es die gibt.Wenn es die gibt, also wenn AMS das sieht, wäre das ein wunderbares Signal.
Tim Pritlove
Ich habe zu AMS auch schon eine Raumzeitfolge gemacht, Nummer 38,das ist jetzt schon eine Weile her. Also das Ding ist jetzt schon seit ein paarJahren in Betrieb. Ist denn da überhaupt schon was Interessantes bei herausgekommen,was sich mit der Arbeit von Ellis kombinieren lässt?
Kai Schweda
Ja, die haben genau diese Teichensprecken gemessen und es zeigt sich,die Protonen sind, es gibt ja auch kosmische Strahlung, die auf unsere Atmosphäretrifft, da kommen auch Antiprotonen raus.Das heißt die Antiprotonen und die bisschen schwereren Antideuterungen, die sind wohl nicht gut.Der Untergrund, auch diese Prozesse haben wir gemessen, die kosmische Strahlungtrifft ja auf ruhende Kerne in unserer Atmosphäre und die Energie am LHC ist ein Kollider.Das heißt, was wir am LHC haben, trifft zufällig genau die Energie,die die kosmische Strahlung im Schwerpunktsystem macht.Und da haben wir auch Produktionsraten von Antiproton, Antideuteron,also von Antikernen gemessen, was dann der Untergrund für solche Messungen ist.Also es gibt einen Untergrund und es gibt ein Signal von der Neutralino-Vernichtungsstrahlung.Und daraus schließen wir das mit Antihelium 3, wenn man ein gutes Signal extrahierenkann, wenn es das eins gibt.
Tim Pritlove
Das heißt es gibt da noch keine Smoking Gun für die dunkle Materie,das ist alles noch Theorie?Ja natürlich, sonst hättest du davon gehört.
Kai Schweda
Es gibt aber auch andere Ansätze für dunkle Materie, schwarze Löcher,mini schwarze Löcher, die überall sind im Universum. Also das ist sehr sehraktuell natürlich momentan.
Tim Pritlove
Ja man ist sich auf jeden Fall nicht einig. Bin sehr gespannt ob da demnächst nochmal was kommt.
Kai Schweda
Das zeigt ja, dass es spannend ist.
Tim Pritlove
Ich habe noch so eine Erinnerung, dass auch die Theorien, die hinter Neutronensternenstehen, mit diesem Quark, Gluon, Plasma zu tun haben.
Kai Schweda
Ja, die Frage ist, als man nur Protonen und Neutronen kannte,da haben die Herren Oppenheimer und Volkow schon in den 1930er Jahren gezeigt,Man nimmt einfach die Kernmaterie, die Eigenschaften, wie stark lässt sich Kernmaterie komprimieren.Und irgendwann, die Kernmaterie zieht sich natürlich an, aber irgendwann stoßendie zusammen und dann kann man die nicht weiter komprimieren.Und das ist das, was einen Neutronenstern stabilisiert gegen den gravitativenKollaps. Also der Neutronenstern hat ja 1,5 Sonnenmassen oder so,also im Bereich der Sonnenmasse.Und wenn die Kernfusion beendet ist, gibt es keinen thermodynamischen Druck,der diesen gravitativen Kollaps auffällt.Das heißt, der Stern fällt in sich zusammen, aber die Kernmaterie stabilisiert,die Inkompressibilität der Kernmaterie stabilisiert diesen Neutronenstern.Und die Herren Oppenheimer, Volkow und Tolman, denke ich, die haben einfachsich die Struktur der Kernmaterie hergenommen und gesagt, Okay,maximal kann ich mit gewöhnlicher Kernmaterie Neutronensternen bis 1,8 Sonnenmassen stabilisieren.Wenn der schwerer ist, kollabiert der und wird zum schwarzen Loch.Jetzt hat man vor zehn Jahren gefunden, es gibt Neutronensterne,die haben ein bisschen mehr Masse.Und die Frage ist, was verhindert, dass diese Neutronensterne in sich zusammenstürzenund ein schwarzes Loch binden? Was stabilisiert die gegen den Kollaps?Und das können nicht nur Neutronen und die Neutronen sein.Das kann ein Quarkblumenlastmal sein oder nur die Quarks, dass man eben keineNeutronen hat, sondern so eine Quarksuppe im inneren Kern von den Neutronenschneiden. Ist aber alles spekulativ.
Tim Pritlove
Alles noch Spekulation.Ja, jetzt könnte ich fragen, haben wir noch was vergessen? Haben wir unter Garantie.Es gibt ja viele Details.Was sollten wir vielleicht noch am Ende hinzufügen zu dem, was wir bisher besprochen haben?Das Bild abzurunden, was man von diesem Detektor, diesem Experiment hat.
Kai Schweda
Also ALICE gibt es jetzt seit 30 Jahren. Wir haben im letzten Monat den 30-jährigen Geburtstag gefeiert.Wir haben jetzt einen brandneuen Detektor, mit dem wir 10 Jahre messen.Und danach wollen wir einen komplett... Da geht auch die Zeitprojektionskammerraus, weil die Raten dann so hoch werden am LHC, dass wir die Zeitprojektionskammernicht nutzen können. Auf der anderen Seite haben wir einen Durchbruch in derDetektortechnologie mit Silizium.Wir wollen in zehn Jahren einen komplett siliziumbasierten Detektor bauen,der praktisch gar keine Masse hat, dass die Teilchen überhaupt nicht stören.Das wollen wir in zehn Jahren einbauen und zehn Jahre damit messen bis 2042.Also jetzt ist ALICE 30 und wir haben einen konkreten Plan für die nächstenzehn Jahre und wollen noch 20 Jahre weitermachen bis zum Ende des LACs.
Tim Pritlove
Das heißt, dieses Upgrade mit den Pixeldetektoren aus Siliziumfolien,das ist im Prinzip auch so ein bisschen die Zukunft dieses Detektors.Also es hat sich als so gut erwiesen, dass man davon möglichst viel haben möchte.
Kai Schweda
Ja, ganz genau. Und andere Detektoren haben auch Silizium, aber was besondersist an unserem, dass der so unglaublich dünn ist und wir entfernen wirklichalles. Auch die Ausleseelektronik ist momentan im jetzigen installierten Detektornoch auf dem Silizium aufgebracht.Wir entfernen alles, was nicht aktiver Sensor ist und haben damit praktischeinen masselosen Detektor. Ich glaube, das ist ein einzigartiger Detektor in der Welt.
Tim Pritlove
Super Kai, vielen Dank an dieser Stelle für diese Ausführung.Schwierig irgendwie so eine hochkomplexe Technologie,die sich in so einem super Spezialbereich der Physik und damit der Wissenschaftbewegt, irgendwie zu vermitteln, aber ich bin schon wieder schlauer geworden.Insofern vielen Dank nochmal für die Ausführung und vielen Dank fürs Zuhörenhier bei Raumzeit. Das war der LS Detektor.Weitere Detektoren werden folgen bis wir hier das CERN ausreichend zusammengefasst haben.Bis dahin sage ich Tschüss, bis bald!

Shownotes

RZ112 CERN: Die Beschleuniger-Kette

Die größte Maschine der Welt ist die Basis der Forschung am CERN

Die Beschleunigung von Teilchen ist die Grundlage für die Forschung am CERN. Eine Kaskade von miteinander verbundenen Ringen wird dabei zur Schnellstraße für beschleunigte Elektronen oder Ionen und bauen dabei sukzessive die Energie auf, die letztlich in einer Kollision freigesetzt wird und die Experimente am CERN ermöglicht.

Daher sind Aufbau, Inbetriebnahme, Betrieb und Wartung dieser komplexen Maschine ein sehr wichtiger Bestandteil der Arbeit am CERN.

Dauer:
Aufnahme:

Alexander Huschauer
Alexander Huschauer

Wir sprechen mit Alexander Huschauer, zuständig für den Betrieb und Wartung des CERN Proton Synchrotron, über Sinn, Design, Aufbau, Betrieb, Wartung und Anwendung von Teilchenbeschleunigern im Allgemeinen und den Beschleunigern am CERN im besonderen.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Pridlaff und ich begrüße alle hier zu einer weiteren Ausgaberund um das CERN, was ich derzeit besuche und wo ich versuche mir mal allesgenau erklären zu lassen, was hier alles so rumliegt.Und was hier vor allem rumliegt, sind Ringe.Große Ringe, in denen sehr viel beschleunigt wird und das ist ja hier so ein bisschen,das ermöglichende Infrastruktur, die diverse Detektoren und zahlreiche Experimenteja überhaupt erst zum Leben bringt.Und um darüber mal zu quatschen, wie das so funktioniert, begrüße ich meinenGesprächspartner, nämlich den Alexander Huschauer. Hallo.
Alexander Huschauer
Hallo.
Tim Pritlove
Herzlich willkommen bei Raumzeit.
Alexander Huschauer
Vielen Dank, freut mich sehr hier zu sein.
Tim Pritlove
Du bist, wie es so schön heißt, Staff Accelerator Physicist and Engineer inCharge of the CERN Proton Synchrotron in the BEOPS Section. Das kannst du mirjetzt gleich mal aufdröseln, was das jetzt bedeutet.
Alexander Huschauer
Das bedeutet, dass ich im BEAMS Department arbeite. Das ist jenes Department,das eben zuständig ist für die Produktion der Strahlen am CERN.Dort in der Operations Group, also wirklich an den Beschleunigern selbst arbeiteund PS, das Protonen-Synchrotron.Wir sind in verschiedene Abteilungen aufgeteilt in der Operations Group fürdie verschiedenen Beschleuniger. Und in meinem Fall bin ich eben Engineer inCharge vom Protonen-Synchrotron.Einer der ältesten Beschleuniger, den wir hier am CERN haben,1959 in Betrieb gegangen.Schöne komplexe Maschine und eben ein Teil der Beschleunigerkette.
Tim Pritlove
Genau, aber du kennst ja die ganze Kette und darüber wollen wir jetzt nämlich mal ein bisschen reden.Und man sagt Kette, warum sagt man Kette, weil alles hier miteinander verbunden ist?
Alexander Huschauer
Alles ist miteinander verbunden. Die verschiedenen Ringe, wie du gesagt hast,sind über sogenannte Transferlinien miteinander verbunden, so dass wir von einemRing zum nächsten Ring die Teilchen schicken können.Mit der Idee dahinter, dass in jedem Ring die Energie der Teilchen immer höher und höher wird.Man hat da technologische, physikalische Limits, wie hoch man Teilchen in einemRing beschleunigen kann und deswegen braucht man wirklich so eine Kette von Beschleunigern,um dann höchste Energien, wieeben im Large Hadron Collider am Schluss der Kette, erreichen zu können.
Tim Pritlove
Genau, da wollen wir uns dann gleich mal auf die Reise machen und mal so einbisschen rauskriegen, was es dafür im Detail dann alles so erfordert.Jetzt will ich aber erstmal nochmal ein bisschen wissen, wie du denn hier überhauptzu der Tätigkeit gekommen bist. Seit wann betreibst du denn Wissenschaft und warum?
Alexander Huschauer
Ich bin jetzt seit ungefähr zwölf Jahren am CERN.Schulisch habe ich eine technische Ausbildung gemacht. Ich habe damals eineAusbildung in Mechatronik gemacht, wie es bei uns in Österreich spezielle Schulstufengibt, also im Prinzip noch vor der Universität.Ich war dann immer schon technisch begeistert und natürlich viel mit Physik,Optik, Elektronik, Mechanik in Kontakt gekommen.Und dann hat mich das Studium der Physik gereizt, Technische Physik an der UniWien, an der Technischen Uni Wien.Und dort so eigentlich im Laufe der Zeit mir gedacht, Grundlagenforschung ehernicht so meins, glaube ich werde ich nie hinkommen, es wird mich mehr eher soin die Industrie treiben dann irgendwann mal.Aber dann habe ich ein paar Vorlesungen belegt im Bereich der Teilchenphysikund später dann noch eine Vorlesung im Bereich der Beschleunigerphysik.Und das war so mein Einstieg. Mein Einstieg hier ins CERN im Prinzip,weil es ist wirklich eine coole Möglichkeit, um all diese verschiedenen,so Physik einerseits, Engineering andererseits zusammenzubringen.Und gerade im Betrieb eines Beschleunigers kommt man tagtäglich mit all diesen Dingen in Kontakt.Und das ist wirklich das, was für mich den Reiz ausmacht.Alles andere ist eine langweilige Tätigkeit. Jeden Tag unterschiedliche Herausforderungen,denen man gegenübersteht.Ja und dann habe ich damals meine Diplomarbeit hier gemacht,bin hier geblieben für ein Doktorat und bin jetzt seit 2017 angestellt Star Physicist am CERN.
Tim Pritlove
Im Prinzip arbeitest du ja wirklich im Kern am Betriebssystem des ZERN,könnte man sagen, weil ohne das System wäre hier kein Betrieb möglich.
Alexander Huschauer
Absolut.
Tim Pritlove
Ja, kann ich mir vorstellen. Es ist immer ganz interessant so eine Disziplinzu haben, die eigentlich dann sehr viel Überschneidung hat mit anderen Bereichen.Ja, na dann gucken wir doch mal, was hier eigentlich alles vorzufinden ist.Vielleicht blicken wir mal so von oben erstmal auf diesen ganzen Komplex.Ich hab mir irgendwann mal so eine Karte in Google Earth reingeladen,die sozusagen die ganzen Zernringe so einfach mal so in ihrer räumlichen Ausdehnung mit einblendet.Da merkt man erstmal schon, ganz schön groß alles.Insbesondere natürlich der große Ring, aber ist ja auch nicht der einzige.Was findet man sozusagen vor, wenn man jetzt diesen Bird's Eye View auf das CERN macht?
Alexander Huschauer
Also man findet in erster Linie verschiedene Orte. Also das CERN hat einen Hauptstandort,der im Kanton Genf liegt, in Maran.Dort sind die älteren, kleineren Beschleuniger des CERNs zu finden.Und von dort weg, die nächsten Maschinen, die sind dann doch etwas größer.Also wenn man sagt, die kleineren Maschinen haben so bis zu einer Länge von630 Metern, die sich am Campus selbst befinden.Und danach die nächsten Maschinen, 7 km oder 27 km, die sind dann schon unterder Erde gebaut und auch wesentlich dann über den Campus des Zerns hinausgehend.Und zum großen Teil eigentlich in Frankreich liegen die. Und wenn man sich soLuftlinien anschaut, wenn wir uns gerade den LHC anschauen mit seinem 27 km Umfang, von.Den Punkt, wo die Strahlen indiziert werden in die Maschine bis zum gegenüberliegendenPunkt haben wir doch acht Kilometer Luftlinie.Also das ist wirklich groß und wenn wir so zum Anfang dieser Kette gehen,dann haben wir dort eine ganz kleine Quelle.Weil was wir machen hier, einerseits beschleunigen wir Protonen,um die dann später kollidieren zu können in verschiedenen Experimenten.Andererseits machen wir das auch mit Ionen, also zum Beispiel Bleionen.Aber in der Vergangenheit auch verschiedene andere Ionen. Die müssen irgendwoerzeugt werden, diese Teilchen, bevor man sie überhaupt mal in einen Beschleuniger senden kann.Und dann ist es eben wichtig, dass man Schritt für Schritt die Energie dieserTeilchen erhöht, um am Schluss die Energien, die die Experimente verlangen, produzieren zu können.Und warum brauchen wir da überhaupt hohe Energien? Das ist einerseits,ist die Energiedichte wichtig. Was wir machen, sind Kollisionen.Wir schießen Protonen auf Protonen, wir kollidieren.Und die Energie, die diese Protonenstrahlen haben, die können über die Energieist gleich Masse, Lichtgeschwindigkeit zum Quadratformel umgewandelt werden.Also Energie kann in Masse umgewandelt werden, sprich aus der Energie der Strahlenkönnen wir neue Teilchen erzeugen und diese neuen Teilchen können dann einfachvon den Experimenten detektiert, untersucht, charakterisiert werden.Und andererseits, wenn wir vielleicht das Band ein bisschen zur Kosmologie,Astronomie spannen, da verwenden wir Teleskope, um in den Weltraum hineinzuschauen,um sich große Strukturen anzuschauen, Galaxien, Sterne dergleichen.Was wir machen hier ist genau das andere Ende der Größenordnung.Wir untersuchen die kleinsten Details der Materie.Und wie kommt man dorthin? Mit einem Mikroskop, mit optischem Licht,kann man sich bestimmte Teile sehr schön vergrößern. Irgendwann kommt man ans Limit.Das hängt einfach von der Wellenlänge des Lichts ab.Wenn man jetzt immer höher und höher auflösen, also in die Materie hineinschauenmöchte, braucht man im Prinzip immer kleinere und kleinere Wellenlängen.Die Wellenlänge ist indirekt proportional zur Energie. Das heißt,ich brauche extrem hohe Energien, um geringe Wellenlängen zu erzeugen und danneinfach diese kleinsten Details der Materie auflösen zu können.Und so gehen wir dann mit den Beschleunigern, die im Endeffekt nichts anderesals ein super Mikroskop sind,gehen wir wirklich hinein in den Atomkern, in die Bestandteile,die Protonen, Neutronen, die Quarks und all die Teilchen, die man dann nocherzeugen kann in Kollisionen.
Tim Pritlove
Ich fand es interessant, dass du von dem Ring als Maschine gesprochen hast,weil das muss man sich halt auch klar machen.Man denkt halt erstmal so, ja Beschleunigerring, da ist halt so ein Tunnel, da fliegt das rum.Das machen ja die Teilchen jetzt nicht von alleine, sondern im Prinzip sprechenwir wirklich von einer 27 Kilometer langen Maschine,die also wirklich über die gesamte Strecke in irgendeiner Form Technik bereithält,um letzten Endes das durchzuführen.Also wir haben es mit einem Megamaschinenpark zu tun, der sich räumlich extremausdehnt, um eben am Ende Kollisionen messen zu können.Die anderen Sendungen, die ich hier mache, werden sich also im Detail den einzelnenDetektoren widmen, der ja hier mehrerlei installiert sind. Alice, Atlas, CMS und das LACB.Nebst, da kommen wir vielleicht auch noch gleich drauf, vielen kleineren Experimenten,die ja auch noch mit dabei sind.Aber alle haben eigentlich denselben Bedarf. brauchen eben diese beschleunigten,hochenergetischen Teile, egal welcher Teil eines Atoms das jetzt sozusagen ist.Also nur die Protonen und die ganze Atomkerne etc.Ja, wo fangen wir an? Also es muss ja erst mal, das was man schießt,muss ja auch erst mal da sein.
Alexander Huschauer
Dafür braucht man eine Quelle.
Tim Pritlove
Da geht's los. Man braucht eine Quelle. Das ist hier so der Fachbegriff.
Alexander Huschauer
Das ist genau Source auf Englisch. Und in unserem Fall ist es so,dass um diese Protonen zu erzeugen, beginnen wir mit Wasserstoff.Sprich am Anfang der Quelle ist eine Wasserstoffquelle oder eine Wasserstoffflasche im Prinzip.
Tim Pritlove
Warum Wasserstoff?
Alexander Huschauer
Weil Wasserstoff aus Protonen und Elektronen besteht und wir wollen dieses Protonhaben, das da in Neutronen kennt. Alles besteht ja aus Elektronen.Natürlich, aber es ist relativ einfach, dieses Elektron zu entfernen und dannnur mit diesem Proton überzubleiben.Auch Wasserstoff ist natürlich weiter verfügbar, ist sehr leicht zu bekommen,herzustellen und als Grundstoff im Prinzip zu verwenden.Dieses Gas wird eingelassen in diese Quelle. In dieser Quelle wird das Gas dann erhitzt,und mit einem Magnetfeld, eigentlich mit einem wechselnden Magnetfeld,das dazu führt, dass sich die Teilchen in diesem Gas immer schneller und schnellerbewegen, dass das Gas ionisiert wird, sprich, dass die Teilchen auch,dass die Elektronen sich loslösen von dem Proton und dass man im Endeffekt ein Plasma erzeugt.Also einen Zustand, wo ionisierte Teilchen herumflitzen, wenn man so möchte.Und in dem ersten Teil unserer Kette ist es aber so, dass wir gar noch nichtdas Proton verwenden, sondern ein negativ geladenes Wasserstoffatom.Sprich, wir Wir fügen im Prinzip dem Wasserstoff einmal in erster Linie noch ein Elektron hinzu.Und dann wird dieser negativ geladene Wasserstoff aus der Quelle mit Elektrodenrausbeschleunigt, rausgezogen, rausgesaugt im Prinzip.Und danach, nach dieser Quelle, das sind wirklich die ersten zwei Meter derBeschleunigeranlage, geht es in einen Linearbeschleuniger.Und dieser Linearbeschleuniger ist die effizienteste Möglichkeit,um Teilchen möglichst schnell einerseits zu fokussieren, weil man muss sichvorstellen, wenn die Teilchen aus der Quelle herauskommen, haben die auch Winkelverteilungen.Das heißt, die haben eigentlich die Tendenz, in alle Richtungen gestreut zuwerden. Jetzt möchte man die transversal, also horizontal und vertikal,möglichst fokussieren, aber gleichzeitig sie nach vorne beschleunigen,also ihnen mehr Energie geben.Und das passiert in erster Linie in einem sogenannten RFQ, Radio Frequency Quadrupole.Radio Hochfrequenter Quadrupole.Da kann man vielleicht noch dazu sagen, dass ein Beschleuniger so Grundbausteine hat.Und wenn man sich jetzt so einen Linearbeschleuniger anschaut,hat er eben als einen Grundbaustein die Hochfrequenz-Elemente,Hochfrequenz-Kavitäten, wie wir sagen, die dazu dienen mittels elektrischenFeldern, Energie an die Teilchen zu übergeben und sie zu beschleunigen.Und andererseits gibt es Quadrupole, die sind magnetischer Natur,das heißt wir haben ein magnetisches Quadrupolfeld, das dazu dient die Teilchenzu fokussieren, horizontal und Transfersaal dafür zu sorgen, dass die eben nicht...Auseinanderlaufen und im Endeffekt verloren gehen.
Tim Pritlove
Die werden sozusagen durch Magnetfelder so eingerahmt und in Spur gesetzt.
Alexander Huschauer
Alles passiert natürlich in einer Vakuumkammer, weil wir möglichst wenig Kollisionenmit dem Restgas haben möchten, um die Anzahl der Teilchen relativ hoch zu halten.Dementsprechend bewegen sich die Teilchen in einer Vakuumkammer und außen herumsind eben diese magnetischen Felder und teilweise gibt es dann Öffnungen inden Vakuumkammern, wo eben diese elektrischen Felder wirken und die Teilchen beschleunigen können.
Tim Pritlove
Ich hab jetzt noch nicht so ganz verstanden, warum man jetzt erstmal noch einenElektron hinzufügt und dann aus dieser Quelle diese, wie nennt man das dann,wenn das Proton mit zwei Elektronen versorgt ist?
Alexander Huschauer
Das negativ geladene Wasserstoffatom.
Tim Pritlove
Das negativ geladene Wasserstoffatom. Das ist ja eigentlich nicht das,was wir auf die Reise schicken wollen. Warum wird denn das rausgezogen? Noch nicht.
Alexander Huschauer
Wir hatten auch bis 2018 haben wir rein Protonen beschleunigt und zwischen 2019und 2020 gab es hier ein Upgrade-Programm,wo viele der Beschleuniger in ihrer Leistungsfähigkeit verbessert wurden undeiner der Schritte war eben diesen neuen Linak, diesen neuen Linearbeschleunigerzu installieren, der H-, negativgeladene Wasserstoffatome, beschleunigt.Und das ist dazu da, dass man dann eigentlich in der nächsten Maschine,der erste Ringbeschleuniger ist, die Teilchendichte erhöhen kann und somit einegrößere Anzahl von Teilchen in einer kleineren Fläche zusammenpacken kann.Weil das ist das, was im Endeffekt bei Experimenten wie beim LHC zählt.Es ist, dass man möglichst viele Kollisionen zusammenbekommt.Und wie bekommt man mehr und mehr Kollisionen zusammen? indem man einerseitsdie Anzahl der Teilchen erhöht oder andererseits die Strahldimensionen verkleinert,damit, wenn man sie aufeinander schießt, möglichst viele Teilchen miteinander kollidieren.Das heißt wir gehen dann durch diesen Linak, wo Stück für Stück die Energieder Teilchen erhöht wird mit verschiedenen Kavitäten,verschiedenen Arten von Kavitäten und am Ende der Quelle haben wir zum Beispiel45 Kiloelektronenvolt an Energie.Das heißt, die Quelle hat 45 Kilowolt und wenn die Ladung da durchgeht,dann spricht man davon, dass die Teilchen auf 45 Kiloelektronenvolt beschleunigt wurden.Im Prinzip, wenn man sich eine Batterie hernimmt mit einem Volt,ein Teilchen, das von einem Volt beschleunigt wird, hätte am Ende einen Elektronenvolt.Und das sind diese Energieskalen, die wir am CERN verwenden,um unsere Beschleuniger zu definieren.Welche Größenordnungen von Energien, die im Prinzip den Teilchen geben können.Jetzt sind wir am Ende dieses Linux, sind wir von den 45 kEV am Beginn zu 160Megaelektronenvolt, 160 MeV gekommen.Und dann gehen wir in die erste Transferlinie.
Tim Pritlove
Warte mal kurz. Das Beschleunigen mit diesen Hohlräumen, diesen Kavitäten,was genau beschleunigt denn jetzt diese Elemente?Also was führt dazu, dass sie schneller unterwegs sind? Weil da muss ja irgendwieEnergie übertragen werden und nur so ein Magnetfelder nebenhalten allein reichtja nicht. Das ist zum Ablenken vielleicht ganz gut und zum Ausrichten,aber da wird man ja noch nicht automatisch schneller von.
Alexander Huschauer
Da wird man überhaupt nicht schneller davon, ganz genau. Deswegen braucht man elektrische Felder.Mit Magnetfeldern können wir die Teilchen manipulieren. Wir können sie ebenfokussieren oder auch auf Kreisbahnen lenken.Aber dann brauchen wir elektrische Felder, um wirklich die Energie der Teilchen erhöhen zu können.Sprich, man muss sich das so vorstellen, dass wir oszillierende elektrischeFelder haben Und die Teilchen im Prinzip.Angesorgt werden von diesem elektrischen Feld, wenn es die richtige Polaritäthat, je nachdem welche Ladung.Sprich, wir haben einen negativ geladenen Wasserstoff, der wird von einem positivenelektrischen Feld angezogen.Danach wird das umgepolt, sodass das Feld negativ wird, wenn das geladene Teilchenvorbei ist und dann wieder abgestoßen wird.Und so müssen wir schön synchronisiert Stück für Stück entlang des Beschleunigers dafür sorgen,dass diese Polaritäten der Felder immer so sind, dass wir im Endeffekt einekontinuierliche Beschleunigung entlang der Maschine erhalten.
Tim Pritlove
Also im Prinzip wie bei einer Schaukel, wo man dann auch im richtigen Momentsein Gewicht so verlagert,dass man dann immer genau schiebt, wenn man es braucht und sich nach vorne verlegtzurück und dadurch quasi die eigene Bewegungsenergie, Also wenn man sie richtigtimet, auf die Schaukel überträgt und dann schaukelt es immer schneller.
Alexander Huschauer
Ganz genau und wenn man sie falsch timet, dann bleibt das Teilchen stehen.
Tim Pritlove
Okay, verstehe. Und das machen diese Hohlraum- Hochfrequenz-Kavitäten.Hochfrequenz-Kavitäten.
Alexander Huschauer
Weil sie eben mit sehr hohen Frequenzen arbeiten. In dem LIMNAC zum Beispielmit 350 Megahertz oszilliert dieses elektrische Feld dann.
Tim Pritlove
Aber wie synchronisiert sich denn dann dieses elektrische Feld?Da muss man ja quasi sehr genau wissen wie schnell das Teilchen schon ist.Muss man das messen oder ergibt sich das?
Alexander Huschauer
Im Linac ist das ein Teil des Designs der Maschine.Man muss sagen im Prinzip gibt es da einen sogenannten Driftube Linac.Das heißt, die Teilchen fliegen durch kleine Röhrchen, in denen sie abgeschirmtwerden von dem elektrischen Feld. Und währenddem sie abgeschirmt werden, wird das Feld umgepolt.So, dass wenn das Teilchen am Ende dieser Röhre herauskommt,es genau wieder beschleunigt wird, weil das Feld die richtige Polarität hat.Dann gibt es aber jetzt nicht nur eine so eine Röhre in so einem Linearbeschleuniger, es gibt viele.Und die Teilchen werden schneller und schneller und schneller.Die Frequenz dieses elektrischen Felds bleibt aber konstant.Dementsprechend müssen diese Röhren, in denen die Teilchen abgeschirmt werden,auch immer länger und länger werden. Also im Inneren so eines Drift-Tube-Linux.Und ja, so ist das eine Anordnung von verschiedenen Röhren, wo dazwischen dannBeschleunigung stattfindet in einem Linearbeschleuniger, in einem Kreisbeschleunigersieht das Ganze wieder ein bisschen anders aus.
Tim Pritlove
Okay, aber der Linearbeschleuniger ist jetzt sozusagen erstmal dafür da,die Source erstmal anzuzapfen, überhaupt erstmal die Teilchen,die man haben will, die man beschleunigen möchte, rauszunehmen und dann ebenüber diese Methodik erstmal auf so eine Grundgeschwindigkeit zu bringen und nicht nur das,sondern auch gerade auszurichten, dass sie einfach eine klare Richtung habenund das sowohl in horizontaler, als auch in vertikaler Sicht.Also man weiß, wo man hinschießt und man weiß, wie schnell man schießt und woder Strahl sich befindet und dann kann es eigentlich erst so richtig losgehen.
Alexander Huschauer
Und man weiß auch, welche Größe der Strahl hat. Das ist wesentlich nachher fürdie Experimente und welche Energie. Also das natürlich geht mit der Geschwindigkeit einigermaßen.
Tim Pritlove
Aber nicht alle Detektoren schreienja jetzt nach Wasserstoffatomen oder beziehungsweise nach Protonen.
Alexander Huschauer
Aber der Großteil, sagen wir mal, also wir haben eben den Großteil des Jahresam CERN machen wir Protonenphysik.Wir machen meistens am Ende des Jahres, haben wir einen Monat Ionenphysik,wo wir dann Bleionen verwenden. Aber den Rest des Jahres machen wir eigentlich immer Protonenphysik.Natürlich ist es dann so, dass die Experimente selbst nicht unbedingt die Protonenbrauchen, aber aus den Protonen werden eventuelle Sekundärteilchen erzeugt,die dann wirklich von den Experimenten verwendet werden.
Tim Pritlove
Und das Blei, wo kommt das her?
Alexander Huschauer
Das kommt aus einer anderen Quelle. Also im Prinzip gibt es diese Wasserstoffquelle,es gibt eine Bleiquelle mit einem anderen Linak.Dort funktioniert das ein bisschen anders, da gibt es so ein kleines Stück 10Gramm schwerer Blei, das aufgeheizt wird, wo dann diese Bleiatome eben in eine Kammer hineinkommen.Dort auch wird wieder ein Plasma angeregt, in dem man mit Mikrowellen die ganze Struktur anregt.Die Teilchen dazu führen, dass sie ionisiert werden und dort werden die dannaus einer Quelle genauso herausgesaugt und in einen anderen Linang,der ein bisschen anders funktioniert, aber vom Prinzip her das gleiche ist,Teilchen beschleunigen, Strahlgröße definieren, vorbereitet.
Tim Pritlove
Also man macht sich quasi durch Hitze so eine Art Bleigas und dann geht es wenig weiter.
Alexander Huschauer
Absolut, genau. Und am Ende dieser Linearbeschleuniger gibt es dann eine Transferlinie,die jeweils zu dem ersten Ringbeschleuniger die Teilchen bringt.Und wenn wir zurück in zu der Protonenkette, dann ist nach dem LINAK 4,der eben unser erster Beschleuniger ist, der diesen Wasserstoff beschleunigt.
Tim Pritlove
Wenn er der erste ist, warum heißt er dann 4?
Alexander Huschauer
Ja, weil es davor 1, 2 gab. 3 ist der für die Ionen und 4 ist der neue,der jetzt eben 2019 quasi in Betrieb genommen wurde.
Tim Pritlove
Also die die neueste Version.
Alexander Huschauer
Und dann gehen wir hinein in den Booster, den Proton-Synchrotron-Booster,der die erste kreisförmige Maschine ist.Unsere Kreisbeschleuniger, die nennen wir Synchrotron. Da sage ich dann auchnochmal dazu vielleicht warum genau. Also gehen wir zu den Bestandteilen,die wir brauchen. Beim LINAC hatten wir jetzt schon die Hochfrequenz-Kavitätenund Quadrupole zum Fokussieren.Ein wesentlicher Bestandteil für einen Ringbeschleuniger fehlt uns jetzt noch,das sind die Dipolmagnete.Dipolmagnete haben ein konstantes magnetisches Feld und geladene Teilchen ineinem Dipolmagnet werden auf eine Kreisbahn gelenkt.Und das ist eben das, was es uns ermöglicht, die Teilchen im Kreis zu senden,in sogenannten Synchrotrons, in diesen Kreisbeschleunigern.Und mit diesen Quadrupolmagneten kommt es auch in diesen Maschinen zur transversalenFokussierung und dann gibt es eben noch genauso Hochfrequenz-Kavitäten in denMaschinen, die auch dort dazu führen, dass die Teilchen beschleunigt werden.Es ist ein großer Unterschied aber zum LINAK, weil beim LINAK gehen diese Teilchendurch zum Beispiel beim LINAK 4 86 Meter einmal durch.Die werden einfach einmal beschleunigt und dann ist die Beschleunigung dort erledigt.Bei dem Kreisbeschleuniger nützt man jetzt aus, dass man wesentlich kleinereelektrische Spannungen hat, kleinere Beschleunigung bekommt,aber dafür eben oftmals im Kreis geht. Und jedes Mal, wenn das Teilchen vorbeikommt,wenn es im Kreis geht, wird es mehr und mehr und mehr beschleunigt.Wenn es jetzt mehr beschleunigt wird, sagen wir auch, dass es im Prinzip morerigid wird, rigider, und Es lässt sich.Also die Ablenkung in einem gleichbleibenden Magnetfeld wird immer weniger und weniger.Um ein Teilchen, das immer höhere und höhere Energie bekommt,weiterhin auf einer gleichen Kreisbahn halten zu können,muss man auch das Magnetfeld der Dipole nach oben fahren, so damit eben derKreisbeschleuniger hat eben eine Vakuumkammer und die Teilchen müssen idealerweiseim Zentrum dieser Vakuumkammer bleiben.Wenn sie davon zu weit ausgelenkt werden, dann werden sie irgendwann die Kammertreffen und dann sind sie weg.Und deswegen heißen die Maschinen Synchrotron, weil synchron mit der Beschleunigungmuss man das Magnetfeld der Dipole und im weiteren Sinne auch der Quadropoleerhöhen, damit man die Teilchen auf der gleichen Kreisbahn halten kann.
Tim Pritlove
Und die erhöht man, indem man da mehr Strom reinsteckt?
Alexander Huschauer
Für die Magnete, ganz genau. Konventionelle Magnete, Eisenmagnete,die wir hier verwenden, die gehen so bis 1,2 Tesla Magnetfeld hinauf.Das sind normal leitende dann.Und wenn man dann an den LAC schaut, dann verwenden wir dort eben supraleitendeMagnete, wo wir 8,3 Tesla Magnetfelder erzeugen können, die mit konventionellenEisenmagneten nicht mehr erreichbar sind.
Tim Pritlove
Also das mit dem Ring ist ja eigentlich eine ganz pfiffige Nummer,weil sonst müsste man es ja quasi einmal um die Erde schicken,wäre auch ganz schön, wäre ein echt toller Ring, aber kriegt man irgendwie nicht so richtig gebaut.Heißt aber auch, wenn man es einmal in den Ring reinschickt,dann möchte man es ja auch irgendwann aus dem Ring wieder rauskriegen,da gibt es ja dann sozusagen eine Kreuzung, da muss ja dann irgendwo auch maleine Weiche gestellt werden und vor allem, vielleicht kannst du uns auch gleichmal so ein Gefühl für die Zeit geben, in der sich das jetzt alles abspielt.Also klar das Teilchen kommt aus dem Linearbeschleuniger, das macht halt zack,dann ist es halt irgendwie schon in diesem Synchrotron.Wie lange dauert das jetzt bis man das auf die gewünschte erste Zwischengeschwindigkeit bekommt?Ist das dann auch nur zack und dann war's oder reden wir von Sekunden?
Alexander Huschauer
Sekunden, Sekunden in dem Fall. Also wir sprechen da immer von einer sogenanntenBasic Period, das ist so quasi der Herzschlag aller unserer Beschleuniger, das ist 1,2 Sekunden.Alle 1,2 Sekunden kann unser erster Beschleuniger, erster Synchrotron der Boostereben Strahl liefern an entweder eins der Experimente, das direkt an dem Boosterdran hängt oder an die nächsten Beschleuniger in der Kette.Und innerhalb dieser 1,2 Sekunden passiert jetzt eben, dass der LINAC injiziert.Danach werden die Teilchen beschleunigt, also das Magnetfeld im Booster wirdnach oben gefahren, bis wir von der Injektionsenergie von 160 MeV auf 2 GeV kommen.An diesem Punkt würden dann die Strahlen aus der Maschine extrahiert werden,zu der nächsten Maschine zum Beispiel. Und danach muss natürlich das Magnetfeldauch wieder runtergefahren werden, damit man bereit ist für die nächste Injektion.Und das nennen wir einen magnetischen Zyklus.Injektion, Extraktion, wieder runterfahren, vorbereiten für die nächste Injektion.Und das passiert eben alle 1,2 Sekunden.Und die Beschleuniger, die dann dahinter stehen, Die können,die Länge des magnetischen Zyklus kann im Prinzip ein Vielfaches dieser 1,2 Sekunden sein.
Tim Pritlove
Die Rausführung ist dann sozusagen am Ende auch nur ein anders geschalteterMagnet, der dann sozusagen das Teilchen nicht weiter in dieser Kreisbahn hält,sondern einfach frei schießen lässt und dann schießt es einfach gerade rauf.
Alexander Huschauer
Wir nennen diese Elemente Kicker. Die kicken den Beam aus der Maschine raus.Die sind im Prinzip schnelle Magnete, weil diese Dipole, die wir im Ring haben,diese Hauptdipole, die ändern ihr Magnetfeld relativ langsam, über Millisekunden.Also im Bereich von Millisekunden ändert man das Feld um, wir sprechen da vonGauss, 10 hoch minus 4 Tesla.Und dann sind das 10-20 Gauss, die sich da in der Millisekunde ändern.Um den Strahl jetzt aber aus der Maschine zu extrahieren, wir sprechen da vonUmlaufzeiten, die im Mikrosekundenbereich sind. Das heißt viel schneller.Deswegen braucht man schnell gepulste Magnete, eben diese Kicker,die so ein, zwei Mikrosekunden lang ein Magnetfeld aufbauen und den Strahl wirklichdann rauskicken, durch ein sogenanntes Septum.Also im Ring selbst befindet sich so ein Kicker und dann geht der Strahl durchein Septum durch, das wiederum nichts anderes als ein Magnet ist,das dazu führt, dass der Strahl dann ausgelenkt wird in die Transferlinie.
Tim Pritlove
Okay, ich hätte jetzt vielleicht als erstes erstmal erwartet,dass man einfach einen dieser Magneten, die das im Ring halten,einfach ausschaltet und dann schießt das gerade aus, aber das ist nicht so,weil die halt eben langsam sind und insofern dafür geeignet sind.Das heißt man hat noch so einen zwischengeschalteten Kickermagneten,der das daher einfach rausboxt.
Alexander Huschauer
Genau, es gibt viele zusätzliche Magnete in einem Beschleuniger.Es gibt immer die Hauptdipole, es gibt die Hauptquadrupole, die eben für dietransversale Fokussierung da sind.Es gibt die Hochfrequenzkapitäten, es gibt diese Kicker, es gibt die Scepter,das sind eben diese Elemente zum Extrahieren direkt.Es gibt Messinstrumente, man möchte wissen,wie viel Intensität, wie viele Teilchen laufen um in meinem Ring,welche Größe haben die, sprich ich kann die transversale Größe messen und vieleandere Elemente. Es gibt Positionen.
Tim Pritlove
Wie viel ist da drin?
Alexander Huschauer
Mit einer Spule im Prinzip, die rundherum gewickelt ist, um deine Vakuumkammer.
Tim Pritlove
Achso, weil das Teilchen da durchfliegt, dann erzeugt es natürlich einen Strom.
Alexander Huschauer
Genau, das nennen wir Beam Current Transformer. Also da wird einfach ein Strominduziert, der der Anzahl der Teilchen proportional ist.Und genauso kann man transversal die Größe messen des Strahls.Das machen wir mit einem Draht, der durch den Strahl durchgeht,sogenannter Wire Scanner.Das heißt, der wird von links nach rechts oder oben nach unten durch den Strahl durchbewegt.Dieser Draht ist eigentlich so ein Kohlenstoffdraht, die Teilchen kollidierenmit diesem Kohlenstoffdraht.Wird dann dazu geführt, dass Sekundärteilchen erzeugt werden.Die werden von einem Sintellator gemessen, das wird verstärkt und das Signalist dann proportional zur Größe deines Strahls. Und du kannst sagen,okay, dieser Strahl in den kleineren Maschinen ist vielleicht einen Zentimeter groß.Im LHC, wenn es dann wirklich sehr klein wird, dann ist er halt ein paar hundert Mikrometer groß.
Tim Pritlove
Eben Durchmesser?
Alexander Huschauer
Genau. Das ist nämlich auch ein wesentlicher Punkt. Je höher die Energie ist,umso kleiner werden die Dimensionen der Teilchen.Dementsprechend hat man auch bei den ersten Beschleunigern Vakuumkammern,die extrem groß sind, weil diese Strahlen halt noch sehr divergent sind.Und da reden wir von ein paar Zentimetern.Dies können schon mal so sein, so 15 Zentimeter in der horizontalen Richtungund 7, 8 Zentimeter in der vertikalen Richtung.Während dann im LHC die Kammer halt wesentlich kleiner ist und hat dann nureinen Durchmesser von so 4 Zentimetern ungefähr.
Tim Pritlove
Aber nicht die Teilchen selber sind kleiner, sondern der Strahl in dem sie gebündelt sind ist kleiner.
Alexander Huschauer
Also im Prinzip der Leerraum zwischen den Teilchen verschwindet.
Tim Pritlove
Ok, verstehe.Ok, also wir haben jetzt die Quelle gehabt, wir haben die lineare Beschleunigunggehabt, dort ging es ins Synchrotron rein, dann hat man 1,2 Sekunden Zeit dasmal ordentlich in Rotation zu bringen.Das wird mit diesen langsamen Magneten, also verhältnismäßig langsamen Magnetengemacht und dann mit dem Kicker werden sie raus aus ihrer Flugbahn ein wenig abgelenkt,um dann von diesem Septum Element, was macht denn das überhaupt?
Alexander Huschauer
Ist wieder im Prinzip ein Dipole, ein schnell gepulster Genuss.
Tim Pritlove
Also nochmal ein Magnet.
Alexander Huschauer
Nochmal ein Magnet.
Tim Pritlove
Aber reicht der Kicker alleine nicht schon? Ich meine, wenn er kickt,dann fliegt das doch schon woanders hin. Wozu braucht man dann noch einen?
Alexander Huschauer
Dann fliegt es woanders hin, aber man muss in der Maschine, muss man sich vorstellen,aus dem einerseits den zirkulierenden Strahl hat.Und dann hat man den extrahierten Strahl. Wenn dieses Septum jetzt im Zentrumder Maschine sein würde, würde dort der zirkulierende Strahl sich bewegen undder Strahl würde im Prinzip jedes Mal aus der Maschine ausgelenkt werden.Aus dem Grund ist dieser Septum-Magnet mit einigem Abstand zum Zentrum der Maschine,also ein paar Zentimeter außerhalb, installiert.Dann verwendet man den Kicker, dass der Beam von der zentralen,idealen Orbit eben ausgelenkt wirdund dann in die Öffnung von diesem Septum hineingetroffen wird und nur dortsieht der Strahl dann wirklich das Magnetfeld von dem Septum,so dass der zirkulierende Strahl während dieser ganzen 1,2 Sekunden nie vondiesem Feld, das in dem Septum wirkt, beeinflusst wird.Und erst dann, wenn der Strahl zu hohen Amplituden gekickt wurde,dann sieht der Strahl dort das Magnetfeld, wird ausgelenkt und dann geht esweiter in der Transferlinie.
Tim Pritlove
Okay, also weiter in der Transferlinie.Was folgt denn auf dieses Synchrotron? Gibt es da nur eins von oder hat jederLinearbeschleuniger sein eigenes?
Alexander Huschauer
Da gibt es ein paar. Das ist eben die Beschleunigerkette. Es gibt einen Linearbeschleuniger,dann gehen wir in einen Proton-Synchrotron-Booster, von dort gehen wir in dasProtonen-Synchrotron, dann in das Super-Protonen-Synchrotron und dann in den LAC.
Tim Pritlove
Okay, also es gibt im Prinzip eine Kaskade von mehr oder weniger ähnlich aufgebautenDingern, die aber unterschiedliche Größen, andere Magnete, andere Dimensionierungenhaben und dabei immer wieder die Energie weiter steigern.
Alexander Huschauer
Genau, so Pi mal Dormen ist so ein Faktor 10 Energieerhöhung pro Maschine möglich.
Tim Pritlove
Okay, wie groß sind diese einzelnen Synchrotrone dann so im Durchmesser?
Alexander Huschauer
Also der Booster hat einen Radius von 25 Metern mit einer Länge von 157 Metern,der PS 628 Meter Länge, SPS 7 Kilometer und LAC dann 27 Kilometer Länge.Und zum Beispiel, wenn man sich den PS hernimmt mit einem Radius von 100 Meternund den Proton-Synchrotron-Booster mit einem Radius von 25 Metern,da sieht man genau da, dass da eben ein Faktor 4 dazwischen ist,weil in den Anfängen des ZERNs gab es den LINAK, der direkt in den PS injiziert hatte.Und zwischen dann irgendwann in den 70er Jahren, um die Energie zu boosten,wurde der Booster dazwischen geschaltet.Und der hat dann eben dazu geführt, dass die Strahlen, die in den PS injiziertwerden, höhere Energie haben, als sie ursprünglich vom Linnak hatten.Und das erlaubt einem höhere Strahldichten zu erzeugen, also mehr Teilchen inkleinerer Fläche, um dann effizientere Experimente durchführen zu können.
Tim Pritlove
So, das waren jetzt vier Synchrotrone, die wir aufgezählt haben.
Alexander Huschauer
Ganz genau.
Tim Pritlove
Aber der Booster gehört jetzt nicht dazu?
Alexander Huschauer
Doch, doch. Booster, PS, SPS und LAC.
Tim Pritlove
Okay, Booster, PS, SPS, LRC. Jetzt kriegst du langsam auf die Kette hier imwahrsten Sinne des Wortes.Und es folgt auch nur noch Synchrotron auf Synchrotron, also die Verbindungist sozusagen dann unmittelbar.Vom Booster fliegt es auch direkt in den nächsten Ring rein.
Alexander Huschauer
Jeder dieser Beschleuniger hat zusätzlich seine experimentelle Zone,Experimental Area nennen wir das, wo genauso Physikexperimente durchgeführt werden.Also einerseits kann der Strahl zur nächsten Maschine kommen,andererseits kann der Strahl zu diesen Experimenten direkt ausgelenkt werden.
Tim Pritlove
Für Experimente, die jetzt nicht so viel Energie brauchen.
Alexander Huschauer
Ganz genau, ganz genau. Gibt es verschiedenste. Eben je nach Energiebedarf sindsie dann an einem anderen Beschleuniger angesiedelt Und die nennt man FixedTarget Experimente, sprich man schießt den Strahl auf ein feststehendes Ziel,ein Metallblock in der Regel, und dahinter werden sekundäre Strahlen erzeugt.Und je nachdem welches Experiment dort angeordnet ist, filtert es dann die Sekundärteilchen aus, Die,benützt werden für das jeweilige Experiment und macht dann damit weitere Untersuchungenoder der Strahl geht eben weiter zum nächsten Beschleuniger,wo einfach die Energie erhöht wird und dann geht es weiter zum nächsten odereben zu der anderen Experimental Area.
Tim Pritlove
Das kann man sozusagen je nach Experimentbedarf entsprechend timen,dass man weiß so hier jetzt muss man da was machen und jetzt brauchen wir es in dem großen,Es ist nicht so, dass nur eine dieser Konstellationen gleichzeitig funktionieren kann,sondern die werden sozusagen die ganze Zeit alle parallel bedient,dass es mehr oder weniger gleichzeitig, nebenläufig funktionieren kann.
Alexander Huschauer
Ganz genau, das ist relativ flexibel. Also wir haben diese 1,2 Sekunden,in denen der Boosterstrahl produzieren kann,dann geht der Strahl zum Beispiel zum PS weiter und kann dort innerhalb von1,2 Sekunden wiederum extrahiert werden, ausgelenkt zu einem der Experimente.Zum Beispiel gibt es EntOF, Neutron Time of Flight, wo Neutronenphysik gemacht wird.Oder, es ist nicht immer im PS dann 1,2 Sekunden, manchmal muss man auch umdie Energie weiter zu erhöhen, 2,4 Sekunden oder 3,6 Sekunden machen.Also diese Basic Period von 1,2 Sekunden einfach zusammenpacken in längere magnetische Zyklen.Und dann kann man Strahl weiter senden zum Beispiel zu unserer Antimaterie Maschine,dem Antiproton Decelerator oder zum Superprotonen Synchrotron,wo dann im weiteren die Strahlen zum LAC.Für den LHC produziert werden, aber das geht eben relativ flexibel.Also einmal gibt es einen Strahl für ENTOF, einmal gibt es einen Strahl fürAD, einmal gibt es einen Strahl zum SPS.Danach hat wieder nur der Booster Strahl und schickt das zu seiner Facility,die ist die Isolde Facility, wo Isotope und exotische Atomkerne untersucht werden.Und das ist relativ flexibel und all das wird immer und wieder abgespielt ineiner Konstellation, die wir Super Cycle nennen.Also man hat zum Beispiel eine Programmierung von 20 verschiedenen magnetischen Zyklen,die werden abgespeichert, da gibt es das Haupt-Timing-System,das ist dafür zuständig, dass all diese Dinge eben der Reihe nach abgespieltwerden und nach 30 Sekunden beginnt es wieder vom Neuen und die gleichen Userbekommen wiederum ihren Strahl.Das heißt, was bei uns wichtig ist, ist dann der sogenannte Duty-Cycle,wie viel Strahl bekommt welches Experiment zu welchem Zeitpunkt.Und das ist halt ein bisschen ein Verhandlungsgeschick im Hintergrund und dagibt es natürlich gibt es da vom CERN Council dann auch Prioritäten,welche Experimente sollten wie viel Strahlzeit bekommen über das Jahr verteilt.Dann gibt es den Physikkoordinator, der sich dafür dann einsetzt,dass die Interessen der Experimente richtig vertreten werden.Und gemeinsam mit der Operation entwickelt man dann eben so ein Schema,wie man diesen Beschleunigerkomplex betreibt, sodass im Endeffekt jeder glücklich wird.
Tim Pritlove
Also vergleichbar mit so der Zuteilung von Beobachtungszeit auf Weltraumteleskopen,wo sich ja auch mal alle boxen, wer denn jetzt mal wann wohin gucken kann.Aber das lässt sich ja hier ganz gut aufteilen zumindest. Aber irgendwann istnatürlich dann auch jeder Strahl vergeben und dann geht's los das Geboxe.
Alexander Huschauer
Stimmt ja.
Tim Pritlove
Was sind denn exotische Atomkerne?Gibt es welche, die so ein bisschen aus der Mode gekommen sind oder die nichtso oft angeschaut werden?
Alexander Huschauer
Ja vor allem die sehr kurzlebig sind. Das sind dann Teilchen,die wirklich unter Lava-Bedingungen erzeugt werden, die dann sehr kurzlebigsind, oft sehr schwer sind und dann gibt es eben die Isolde-Facility,die sich damit genauer dann beschäftigt und ansieht, wie sich diese Teilchen verhalten.
Tim Pritlove
Diese vier Synchrotrone sind ja vermutlich auch alle mehr oder weniger in derReihenfolge gebaut worden. Mit dem kleinsten hat es mal angefangen und dannist man immer größer geworden, bis es halt jetzt bis zu dem LHC gekommen ist.Und es gibt ja auch schon Pläne für noch größere Ausdehnungen.Sind denn die technischen Unterschiededieser 4 Synchrotoner dürften wahrscheinlich auch signifikant sein?Also einerseits, also das Prinzip ist immer das gleiche, aber die konkrete Ausführung ist anders.
Alexander Huschauer
Genau, also die Art und Weise dieser Hauptmagnete.Die ändert sich von Maschine zu Maschine. Im Booster, im PS und im SPS verwendenwir eben immer noch normal leitende Magnete, während im LAC dann supra leitendeMagnete verwendet werden.Die Energie, die maximale Energie, die man erreichen kann in einer Maschine,hängt eben ab von dem maximalen Magnetfeld, das man erreichen kann und von demDurchmesser der Maschine.Dementsprechend braucht man, um zu den höchsten Energien zu kommen, große Tunnel.
Tim Pritlove
Warum ist denn der Durchmesser entscheidend? Man könnte doch im Prinzip sagen,man kann sich die ganze Zeit im Kreis drehen, wird immer schneller.
Alexander Huschauer
Aber irgendwann, das ist eben das Prinzip des Synchrotrons, sie werden immerenergetischer und energetischer, wenn das Magnetfeld nicht mehr mitfahren kann,dann kannst du sie irgendwann nicht mehr auf der Kreisbahn halten.Und deswegen mit normalen Leitungen.
Tim Pritlove
Man muss die Krümmung reduzieren, damit man es überhaupt noch halten kann,trotz höherer Energien.
Alexander Huschauer
Ganz genau. Und wenn wir dann vielleicht ein bisschen zur Supraleitung gehen, zum LHC.
Tim Pritlove
Das ist nur dort so.
Alexander Huschauer
Es gibt verschiedenste kleinere Installationen, wo einzelne Magnete supraleitendsind am CERN, aber wirklich am LHC sind die Hauptmagnete wirklich supraleitend.Also da gibt es 1232 Dipole, die installiert sind. Jeder ist 15 Meter lang und die sind supraleitend.Sprich, da ist nicht mehr das Eisen dafür zuständig,dass die magnetische Feldlinienverteilung vorgegeben wird, sondern diese supraleitendenKabel, die im Inneren der Dipole angeordnet sind, sind auf eine bestimmte Artund Weise angeordnet, dass eben ein Dipolemagnetfeld entsteht.Und um in diesen supraleitenden Zustand zu kommen, muss man die Magnete kühlen.Weil im Falle vom LAC wird er betrieben bei minus 271 Grad Celsius bei 1,9 Kelvin.Diese Kabel, die da verwendet werden, sind aus Niobium-Titan,die unterhalb einer bestimmten Temperatur superleitend werden,was eben heißt, dass sie ihren elektrischen Widerstand verlieren und dass hoheStröme, so wie im LHC, bis zu 12.000,Ampere, ungehindert fließen können. Aber dafür muss diese Superleitung permanentaufrechterhalten werden.Was heißt, diese Magnete müssen mit flüssigem Helium gekühlt werden,um eben auf 1,9 Kelvin Arbeitstemperatur gehalten zu werden.Da kann man sich schon vorstellen, dass da eine riesige Infrastruktur dahintersteckt, um dieses Helium zur Verfügung zu stellen, abzukühlen,in die Magnete zu bringen und die Magnete runter zu kühlen.
Tim Pritlove
Ist flüssiges Helium nicht auch so total ätzend, dass man das überhaupt im Tankbehält? Also das kriecht doch auch überall durch, oder?
Alexander Huschauer
Es gibt dann natürlich, wir sprechen da von einer Cold Mass,das ist jener Teil des Magneten, der kalt ist, der gekühlt wird.Und der muss natürlich bestens abgeschirmt sein gegenüber der Außenwelt.Das ist dann in seinem sogenannten Kryostat.Da gibt es eine riesige Infrastruktur für die Kryotechnik.Und man muss natürlich aufpassen zwischen den Verbindungen der Magneten,dass alles extrem dicht ist, dass dort das Helium dann auch nicht irgendwo entweichen kann.
Tim Pritlove
Weil das tut es gerne, ne?
Alexander Huschauer
Ja, ich meine, es ist natürlich auch in unserem Interesse, es nicht entweichen zu lassen.Das ist natürlich eine 150 Tonnen vom Helium sind am CERN gespeichert und inVerwendung, rein für den LHC. Das ist natürlich ein riesiger Speicher,der auch einiges dann an Geld bindet, sag ich mal.Und dementsprechend muss man da wirklich effizient sein, dass das wiederverwendet wird.
Tim Pritlove
Aber wodurch wird diese Kühlung realisiert?Also Helium muss ja erstmal gekühlt werden, das ist ja nur das Übertragungsmedium an der Stelle.
Alexander Huschauer
Da gibt es eben in dieser Kryotechnik verschiedene Kompressoren und Wärmetauscherund Stickstoff vor allem, der als erste Kühlstufe dient, um die Maschine dannrunter zu kühlen bis zu 80 Kelvin.Und ab dann erst übernimmt das Helium auch die weitere Kühltätigkeit, sage ich mal.Und es ist vor allem, wenn mansich denkt, dass man diese Maschine von Raumtemperatur runterkühlen muss,minus 270 auf minus270 grad dann kommt es dann natürlich auch zuextremen mechanischen änderungen alsoim endeffekt verkürzt sich so eine lhc magnet beim abkühlen um bis zu vier zentimeterder ist wie groß normalerweise der ist eben so 15 meter lang 15 meter und wirdvier zentimeter also über die ganze maschine sprechen wir da schon von mehrals 50 metern dann ja und das muss ausgeglichen werden,auch von diesen Flanschen oder Bellows,die flexibel gestaltet werden müssen zwischen den verschiedenen Magneten,damit dort diese Längendilatation abgefangen werden kann.
Tim Pritlove
Wann ist der LHC das erste Mal in Betrieb gegangen?
Alexander Huschauer
Das erste Mal in Betrieb gegangen ist der 2008 und dann gab es einen kleinen Stopp 2008 bis 2009.
Tim Pritlove
Weil mit dem Magneten was schief gelaufen ist?
Alexander Huschauer
Genau, da ist in der ersten Phase, während einer Testphase ein bisschen was schief gelaufen.Da warst du aber noch nicht hier oder? Da war ich noch nicht hier. Ich bin seit 2011 hier.Aber da gab es einen, im Prinzip gab es einen elektrischen Kurzschluss in derVerbindung zweier Magnete.
Tim Pritlove
Ja.
Alexander Huschauer
Das hat dazu geführt, dass es dann einen Lichtbogen gab, der genau diese Verpackungdes Heliums dann mal durchtrennt hat.Das Helium dann begonnen hat dort auszutreten und eigentlich sind die Magnete,haben schon Sicherheitsvorkehrungen dafür eingebaut, dass sowas passiert.Aber das waren einfach Unmengen von Helium, die da ausgetreten sind.Diese ganzen Ventile, die da existieren, die waren nicht dafür ausgelegt.Und dementsprechend hat es dann eine riesige Druckwelle in der Maschine gegeben,als dieses flüssige Helium dann gasförmig geworden ist, durch diese Ventile austreten wollte.Der Druck hat sich immer weiter aufgebaut in diesem Kryostaten.Und dann hat es einfach dazu geführt, dass longitudinal entlang der Maschineeine extreme Druckwelle sich ausgebreitet hat und große Teile der Maschine einfach zerstört hat.Und da mussten dann auch so bis zu 50 Magnete ausgetauscht werden,was dann zu einem Stopp von einem Jahr geführt hat. Das Sicherheitssystem wurdeüberdacht und seitdem laufen wir dann auch wieder ohne Probleme.
Tim Pritlove
Also gebrannt hat er aber nichts. Nein, gebrannt hat er nichts.So eine reine mechanische Deformation, aber das ist ja auch schlimm genug bei diesen Geräten.Die kauft man ja auch nicht so von der Stange, die werden ja auch alle spezielldafür hergestellt. und da gab es dann wahrscheinlich auch keine mehr,die noch irgendwie auf Lager lagen.
Alexander Huschauer
Es gab da zum Glück noch Ersatzterrenner und Ersatzmagnete, absolut.
Tim Pritlove
Glück gehabt.
Alexander Huschauer
Glück im Unglück, das sagt gern.
Tim Pritlove
Ok, haben wir denn jetzt die Chain mehr oder weniger komplett?Wenn wir jetzt mal so die ganze Beschleunigung vielleicht noch mal kurz zusammenfassenvon der Quelle geht es durch den Linearbeschleuniger und da waren wir schonbei den Megaelektronenvolt oder waren das noch die Kilowatt?
Alexander Huschauer
160 Megaelektronenvolt und dann gehen wir in den Booster,da gehen wir zu 2 Gigaelektronenvolt, im Protonensynchrotron zu 26 Gigaelektronenvolt,im Superprotonensynchrotron zu 450 Gigaelektronenvolt Und dann schlussendlichim LHC zu 7 Teraelektronenvolt oder 7000 Gigaelektronenvolt Energie pro Strahl.Weil im LHC kollidieren wir zwei Strahlen aufeinander.Das heißt, vom SPS gibt es zwei Transferlinien, die einmal BIM1 und BIM2 in den LHC injizieren.Einmal läuft der Strahl im Uhrzeigersinn, einmal gegen den Uhrzeigersinn,in zwei unabhängigen Vakuumkammern.Und an den Interaktionspunkten, wo dann die großen Experimente angeordnet sind,dort werden die Strahlen dann vereint in eine einzelne Vakuumkammer und in Kollision gebracht.Diese Strahlen sind jetzt nicht kontinuierlich in der Maschine,die sind in Pakete zusammengefasst, die nennen wir Bunches.Particle-Proton-Bunches und im LHC haben diese Pakete 25 Nanosekunden Abstand.Also alle 25 Nanosekunden haben wir so ein Paket und insgesamt können wir so2800 dieser Pakete in der Maschine Speichern.Und in Kollision bringen.
Tim Pritlove
Speichern heißt im Ring behalten.
Alexander Huschauer
Im Ring behalten, weil das ist auch diese 1,2 Sekunden, über die wir gesprochenhaben, diese Basic Period, die trifft nicht wirklich auf den LHC zu.Der LHC ist einerseits eine Kollisionsmaschine, die eben Teilchen kollidierenlässt, aber andererseits auch ein sogenannter Speicherring, der die Protonenstrahlenüber Stunden speichern kann.Sprich die ganze Injektorenkette, die die sendet Strahl zum LHC,die füllt den LHC mit der Anzahl an Teilchen, Anzahl an Protonenpakete, die der LHC benötigt.Sobald dieses Füllen abgeschlossen ist, beginnt der LHC die Energie zu erhöhenvon den 450 GeV Injektionsenergie hoch auf diese 7 Teraelektronenvolt.Und danach beginnt man so eine Phase, in der verschiedene Maschinenparameterangepasst werden, um möglichst effizient nachher in Kollision gehen zu können.Und dann erst beginnt man Physik und das nennen wir dann Stable Beams,wenn die Strahlen eben stabil kollidieren und das kann mehrere Stunden dauern.Also der Rekord, dass die Strahlen im LHC gehalten wurden,sind um die 56 Stunden und so ein typischer Fill,also typische Dauer dieser Stable Beams ist so 8 bis 12 Stunden,in denen Kollisionen stattfinden, in denen die Direktoren dann die Kollisionsproduktemessen und langsam stetig nimmt dann die Teilchenanzahl in der Maschine ab,bis irgendwann nicht mehr genügend Teilchen vorhanden sind und dann wird dieMaschine eben neu gefüllt.
Tim Pritlove
Das heißt man, ich hab mir das glaube ich am Anfang so ein bisschen vorgestellt,für jede Kollision pumpt man einmal da so einen Strahl rein und dann ballertder anderthalb Sekunden später halt irgendwo drauf und das war's.Und wenn man wieder weitermachen will holt man sich halt einfach das nächste aus der Quelle.
Alexander Huschauer
Das ist halt ineffizient weil diese Rampe um von 450 GeV auf 7 TeraelektronenVolt zu kommen im LHC schon mal eine halbe Stunde dauert.
Tim Pritlove
Aha, das wäre meine nächste Frage gewesen, wie lange das eigentlich dauert.Eine halbe Stunde bis man auf die maximale Geschwindigkeit kommt.
Alexander Huschauer
Genau, bis man auf die maximale Energie ist.
Tim Pritlove
Das heißt, wie viel davon wird in den einzelnen der vier Ringe drauf verwendet?
Alexander Huschauer
Dieses Füllen, das dauert ungefähr eine halbe Stunde.
Tim Pritlove
Oder sind die alle im Prinzip gleichzeitig im Betrieb, die Ringe?
Alexander Huschauer
Die sind alle immer gleichzeitig in Betrieb. Die Strahlen für den LAC werdendurch die komplette Kette durchgesendet, in den LAC injiziert.Aber wir können immer nur eine bestimmte Anzahl von Teilchenpaketen erzeugen in den Injektoren.Sprich, wir brauchen viele Injektionen in den LAC von einer bestimmten Anzahl an Teilchenpaketen.Jetzt sagt man zum Beispiel, wir injizieren 144 Pakete von dem SPS in den LAC.Wir wollen im Endeffekt 2800 haben.Dementsprechend muss man diese Injektionen und diesen Prozess immer und immerwieder wiederholen, bis der LHC schlussendlich voll ist und erst wenn der LHCkomplett gefüllt ist, dann beginnt der LHC sein Energiereinschub.
Tim Pritlove
Also der wird sozusagen so richtig Druck betankt und so voll gemacht wie es irgendwie geht.Und was ist die Grenze dafür, wieviel Teilchen der aufnehmen kann und von wasfür einer Menge an Masse reden wir da?
Alexander Huschauer
Also so ein Protonen-Bunch, der hat 10 hoch 11 Teilchen.Also sind wir so bei 100 Milliarden Teilchen in einem solchen Bunch und dannhat man 2000 die da drinnen zirkulieren.Ist nicht viel. Ist nicht viel.
Tim Pritlove
Also nicht dass da jetzt Kilogramm Material rumfliegt, sondern eigentlich eher sehr sehr wenig.
Alexander Huschauer
Aber energetisch ist es extrem viel. Also die Energie, die in so einem Strahlgespeichert ist, vor allem bei der höchsten Energie im LHC, bei 7 TeV,die ist schon wirklich enorm.Und einerseits hängt das natürlich ab von der Ladung der Protonen,einerseits von der Anzahl der Teilchen, von der Anzahl der Bunche.Und da kann man dann schon sagen, dass wir so 500 Megajoule an Energie in einemStrahl speichern, was dann auch gefährlich für die Maschine werden kann.500 Megajoule kann man so eine Tonne Kupfer schmelzen.Wir machen oft den Vergleich so ein Hochgeschwindigkeitszug bei über 200 Kilometerpro Stunde hat ungefähr die gleiche gespeicherte Energie.Also kann man sich schon vorstellen, wenn der einen Unfall baut, was damit passiert.
Tim Pritlove
Ein Güterzug.Obwohl es sich quasi unbeschleunigt nur um wenige Gramm handeln würde sozusagen.
Alexander Huschauer
Also die Masse ist nicht das Problem, es ist wirklich die Energie.
Tim Pritlove
Ja klar, die Masse entsteht ja dann durch die Energie, ist ja letztlich das gleiche.Und diese Speicherung, gerade mit dem Beispiel,das war auch mal, was weiß ich, über zwei Tage da drin,das heißt, wenn man es einmal so beschleunigt hat mit diesen supraleitendenMagneten, Muss man dann auch nicht so viel Energie wieder hinzuführen,um das am Laufen zu halten oder muss das im Prinzip die ganze Zeit angetrieben werden?
Alexander Huschauer
Die Energie, die man braucht, ist jene,um das Helium kühl zu halten und um diese ganze Kryo-Anlage im Betrieb zu halten.Aber dann genau, dann haben wir keine resistiven Verluste, keinen Widerstandin den Spulen. Da zirkulieren die 11.000, 12.000 Ampere durch die Maschine.
Tim Pritlove
Weil es ja Supraleitend ist, also Hauptsache es ist kühl, aber die Kühlmaschinen,die fressen natürlich auch nochmal.
Alexander Huschauer
Absolut. Trotzdem haben wir im LHC dann einen konstanten Verbrauch von 40 Megawatt.
Tim Pritlove
40 Megawatt konstanter Verbrauch, solange der Ring in Betrieb ist.Ganz genau. Und wie oft, also ist der immer in Betrieb?
Alexander Huschauer
Gerade heute haben wir im Prinzip, oder gestern, die Commissioning-Phase vom LRC abgeschlossen.Sprich, er ist jetzt wirklich in den Physikbetrieb übergegangen und beginntjetzt langsam mit der Intensität und der Anzahl der Protonenpakete nach oben zu gehen.Das ist immer so ein, der Anfang des Jahres muss man immer wieder checken,dass wirklich alle Systeme richtig funktionieren und dass man dann langsam dieIntensität, die in der Maschine gespeichert wird, nach oben dreht,bis man eben dort ankommt, wo wir dann so gegen Ende Juni bis Ende des Jahres laufen.Und dann gibt es diese Winterstops, Wintershutdowns,und die sind dieses Jahr zum Beispiel von Ende Oktober Bis dann nächstes JahrFebruar, März, wo die Maschinen dann graduell wieder ans Netz gebracht werden.Vor allem im Winter, wenn auch der Strom relativ teuer ist, wird gestoppt.
Tim Pritlove
Deswegen?
Alexander Huschauer
Auch deswegen, absolut.
Tim Pritlove
Aber nicht nur deswegen?
Alexander Huschauer
Naja, einerseits braucht man natürlich Wartungsarbeiten, die jedes Jahr durchgeführt werden müssen,aber gerade auch mit den aktuellen Strompreisen und mit eventuellen Engpässenin der Stromlieferung und so stoppen wir auch früher, als wir normalerweise getan hätten.Also zum Beispiel dieses Jahr wird ein Jahr früher gestoppt,eben auch aus Energieeffizienzgründen.Und während dieser ganzen Zeit verbraucht der LAC diese 40 Megawatt und erstdann wirklich im Winter, wenn er abgeschaltet wird, dann geht dieser Verbrauch nach unten.
Tim Pritlove
Verstehe. Also der Grund,dass es abgeschaltet wird ist, man muss sowieso warten und man macht es dannam besten im Winter, weil dann spart man auch noch am meisten Strom und dannhaben manche auch noch ein bisschen Pause und man macht ja lieber einen Urlaubim Winter. Okay, verstehe.Kommt das eine und das andere zusammen.Eigentlich wollen doch alle nur Skifahren gehen.
Alexander Huschauer
Gibt es hier eine gute Infrastruktur. Hab ich auch gehört.
Tim Pritlove
Jetzt hast du erwähnt, es gibt ja diverse Punkte,an denen man, also sozusagen immer am Ausgang der kleineren Synchrotrone,da gibt es sozusagen die Möglichkeit Experimente zu fahren.Im reinen Kollisionsmodus, also sozusagen die Teilchen die beschleunigt sinddie treffen dann auf irgendwas auf, dieses Prinzip mit zwei Strahlen treffenaufeinander, das ist sozusagen LHC spezifisch, das geht nur in dem großen Ring.Jetzt gibt es ja glaube ich noch so eine Sonderzone, wo so Experimente aller Art angesiedelt sind.
Alexander Huschauer
Die North Zone oder die East Zone. North ist am SPS,East ist am PS, wo dann verschiedene User,wie wir die nennen, von außen hineinkommen können und verschiedenste Tests machen können,also zum Beispiel Materialien einfach bestrahlen, um zu sehen,wie sich die unter der Einwirkung von Protonenstrahlen oder Ionenstrahlen verhalten.Oder wirklich auch Grundlagenforschung zu machen, um sich anzusehen,wie zerfallen verschiedene Produkte, was sind die Zerfallsprodukte.Also einerseits gerade zum Beispiel dunkle Materie,natürlich einerseits gibt es die Forschung dafür am LHC,aber es gibt auch sehr viel Forschung in diesen ganzen experimentellen Zonen,wo man halt, nachdem die Möglichkeit der Masse dieser Teilchen,die zuständig sein können für die dunkle Materie, einen enormen Energiebereichspannen können, man nicht genau weiß, wo, in welchem Energiebereich sich diebefinden, sucht man im LHC danach, sucht man aber auch bei anderen Energien danach einfach.Und dafür sind diese verschiedenen Beschleuniger mit ihren unterschiedlichenEnergien wirklich bestens geeignet, wenn man verschiedene Experimente an verschiedenenBeschleunigern durchführen kann. Was jetzt das...Was der Unterschied ist zwischen diesen Kollisionsexperimenten und diesen Fixed-Target-Experimentenist, dass die Energien, die erreicht werden können, wesentlich geringer sind bei Fixed-Target.Man schießt den umlaufenden Strahl auf einen ruhenden Block.Da ist im Prinzip die Energie, die man erzeugt proportional zur Wurzel aus derEnergie der einfallenden Teilchen,während bei den zwei umlaufenden Strahlen einfach die doppelte Energie,die Energie jedes Strahles zählt und somit haben wir diese Kollisionen bei 7 TeV.Das führt zu einer Schwerpunktenergie von 14 TeV in beiden Strahlen und manhat halt viel mehr Energie zur Verfügung, die man in Materie umwandeln kann,als bei diesen Fixed-Target-Experimenten.
Tim Pritlove
Ok, Grundlagenforschung ist klar, das ist immer interessant und das steht jahier auch im Fokus. Aber es gibt auch andere Forschungen. Was ist das?Also Materialforschung, dass man in dem Bereich so einen Strahlenbeschleuniger auch benutzen kann?
Alexander Huschauer
Also wir haben zum Beispiel, wenn ich als Beispiel hernehme,die East Area am PS, dann gibt es dort eine sogenannte Test Facility und diewird auch dafür verwendet, dass all die großen LHC-Experimente, ATLAS, CMS, LS etc.Ihre Detektoren testen können und sehen, wie sich die Materialien,wie sich die Siliziumdetektoren verhalten unter Strahleinfluss.Also in diesem Sinne auf jeden Fall auch Materialtests für zukünftige Entwicklungender verschiedenen Bestandteile der Kette im Prinzip.Dann gibt es auch eine Facility, die nennt sich Heiratmat, wo wir mit hohenEnergien auf Materialien, auf verschiedensten Materialien die Strahlen schießen.Um dann eben einfach zu sehen, wie gut, wie, wie soll ich sagen,wie widerstandsfähig sind verschiedenste Materialien.Was für Schäden kann der Strahl erzeugen, abhängig von der Strahlgröße,von der Strahlintensität, von der Strahlenergie.Wenn wir verschiedenste Elemente im Beschleuniger einbauen, möchte man oft malneue Materialien ausprobieren und sehen, ob die vielleicht ein bisschen bessergeeignet sind für den jeweiligen Anwendungszweck. Das muss man vorher testen.Und dafür gibt es dann so eine Facility zum Beispiel. Dann gibt's...Unsere Antimaterie-Produktion mit dem Antiprotonen-Decelerator,ein Endschleuniger, der dazu führt, dass Teilchen langsamer werden.Also wie das dort funktioniert ist, man schießt wiederum Protonen auf einenMetallblock und filtert dahinter die Antiprotonen heraus.Das heißt, alle anderen Teilchen werden im Prinzip abgelenkt und weggeworfen,wenn man so möchte. Man filtert nur die Antiprotonen heraus.Die werden dann von einer speziellen weiteren Maschine, auch ein Synchrotron,das halt nicht Teil der Hauptkette ist, aber genauso ein Synchrotron ist,die werden von dort dann entschleunigt, zu einem weiteren kleinen Synchrotron geschickt vom AD,diesem Decelerator, zu Eleanor, der eine sehr geringe Energie am Ende hat unddort kommen wir zu antiprotonen Energien von nur 100 Kiloelektronenvolt.Also da sind wir dann quasi wieder von den Energien vergleichbar zum Beginnder Kette, wo wir die Protonen erzeugt haben.
Tim Pritlove
Gerade mal in der Source.
Alexander Huschauer
Genau, aber man braucht eben hohe Energien zu formen,die Antiprotonen zu erzeugen und dann möchte man sie aber extrem abbremsen,um sie einerseits untersuchen zu können und Vergleiche machen zu können zwischenAntiprotonen und Protonen.Andererseits aber auch einfach um Antivasserstoff zu erzeugen.Das heißt, man bringt diese Antiprotonen in Kontakt mit den Antiteilchen vom Elektron,dem Positron, und versucht daraus ein Antivasserstoffatom zu erzeugen und untersuchtdann die Eigenschaften dieses Antivasserstoffs und vergleicht sie mit Wasserstoff.Zum Beispiel die Energieniveaus, die so ein Antiwasserstoffatom mit sich bringt.Wie verhält es sich in der Schwerkraft, falls nach oben oder falls nach unten?
Tim Pritlove
Verhalten die sich denn sonst ähnlich wie ihre Äquivalente?
Alexander Huschauer
Ja, ja, ja.
Tim Pritlove
Ich weiß ja nicht, ich habe nicht so viel mit Antimaterie zu tun.Ist die jetzt hier gerade im Raum? Kann schon sein, ja?
Alexander Huschauer
Naja, das ist halt so eine der großen Fragen der Physik. Woher kommt diesesUngleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie?Ursprünglich, direkt nach dem Urknall geht man davon aus, dass ja beide irgendwiezu gleichen Teilen bestanden haben müssen, aber die Materie hat dann gewonnen.Wenn die beide wirklich identisch gewesen wären, dann löscht sich Materie undAntimaterie einfach aus. Dann gäbe es vielleicht gar nichts.Genau, aber wir sind immer noch da.Also da gab es dann irgendeinen Mechanismus, der dann dazu geführt hat,dass doch die Materie gewonnen hat.Und das möchte man auch untersuchen mit diesen Antimaterien.
Tim Pritlove
Das heißt die andere Antimaterie, die übrig geblieben ist, die ist vielleichtschon längst egalisiert, also das ist alles weg, aber man kann es sozusagenkurzfristig wiederherstellen?
Alexander Huschauer
Man kann sie erzeugen wieder genau.
Tim Pritlove
Okay, verstehe. Jetzt geht ja nicht immer alles nach Plan.Also wir hatten ja schon diesen kleinen Unfall, sowas erregt natürlich immerviel Aufmerksamkeit, gerade wenn es neu ist, aber was treten denn hier für Probleme auf?Also was geht denn auch mal schief oder was ist sozusagen das,worauf auch die ganze Zeit geachtet werden muss?Also Surveillance, Wartung und Reparaturen, was geht kaputt? Die Kühlung? Alles?
Alexander Huschauer
Viel.
Tim Pritlove
Das ist permanent auch.
Alexander Huschauer
Ja, auch permanent. Es ist halt doch ein riesiger Komplex mit verschiedenstenTechnologien, die im Einsatz sind. Mit verschiedensten Elementen.Magneten, Stromversorgungen, Kühlsysteme, Vakuumsysteme, Hochfrequenzsystemeund überall dort kann was kaputt gehen.Das kann einfach ein Kondensator sein in einer der Stromversorgungen,dass einer der Magnete dann einfach nicht mehr den Strom bekommt,den er eigentlich braucht, um die Strahlen auf der Bahn halten zu können.Dafür gibt es dann am CERN die Equipment-Experten.Also für jeden Bereich gibt es im Prinzip die Experten.Und wir in der Operations Group sind dafür zuständig. Wir haben Leute,die 24-7 auf Schicht sind, um diese Beschleuniger zu betreiben und eben auchdie Leistungsfähigkeit der Maschine nachzuverfolgen.Und immer wenn ein Problem auftritt, entweder selbst lösen zu können oder haltauch zu identifizieren, welche Leute muss ich kontaktieren, um jetzt diese eineStromversorgung zum Beispiel zu reparieren.Manchmal kann es sein, dass an einer Stelle zum Beispiel ein Problem mit dem Vakuum auftritt.Dann kontaktiert man den Vakuum-Experten, der sich das dann genau ansieht unduns sagt, okay, ist normal, erwarten wir, oder da haben wir vielleicht ein Lack,sollten wir uns mal anschauen. dann müssen wir mal in die Maschine hinein unddas vielleicht patchen.Dann, was wir gerade gestern wieder hatten, ein kritischer Punkt ist immer,Strahl von einer Maschine in die andere Maschine rüber zu schicken,weil man hat eben diese Kicker und man muss diese Kicker richtig timen,dass der Kicker in der einen Maschine den Strahl extrahiert,aber gleichzeitig gibt es in der anderen Maschine Kicker, die den Strahl injizieren.Also Extraktionskicker, Injektionskicker, die müssen aber mehr oder wenigergleichzeitig feuern, nur durch die Time of Flight, die die Teilchen halt brauchen,von einer Maschine zur nächsten und die halt synchronisiert.Und dafür gibt es einen ganzen Synchronisierungsmechanismus zwischen den Maschinen,wo die eine Maschine Informationen zur anderen Maschine sendet und wenn da malein Stück Hardware kaputt geht, dann kannst du auf einmal keine Strahlen mehr injizieren.
Tim Pritlove
Krass die spielen so Tennis miteinander, im Prinzip die Maschinen und wieviel Sensoren?Hat man dann so im Blick, also ich könnte mir vorstellen, dass es alles vollist mit Sensoren aller Art und dann hat man so einen Control Room,so einen War Room, wo 30.000 Bildschirme hängen.
Alexander Huschauer
Ja ganz so viele sind es nicht, aber wir haben schon, auf jeden Fall wir habendas CERN Control Center, den CCC, wo der Großteil aller Bioschleuniger kontrolliert wird.Und da haben wir unsere Vistas, die Bildschirme an der Wand hängen,die uns zu jeder Zeit Statusinformationen geben über die Beschleuniger selbst.Was ist die Intensität im Beschleuniger? Was ist das Magnetfeld im Beschleuniger?Welche Art von magnetischem Zyklus wird gerade gespielt? Wohin sollen dieseTeilchen geschickt werden?Habe ich Verluste, weil es kann auch sein, wenn eines dieser Elemente dann nichtfunktioniert im Beschleuniger, dann werde ich es in erster Linie dadurch sehen,dass ich irgendwo Strahlverluste habe.Das kann soweit führen, dass ich einen Alarm bekomme, weil an einer bestimmtenStelle der ganze Strahl zentriert einfach aus der Maschine rausgeschossen wurde,wo aber jetzt nicht die Transferlinie unbedingt ist.Dann kriege ich dort einen Alarm über unseren Radiation Monitor und dann mussich verstehen, welches Element nicht funktioniert und dazu geführt hat,dass wir den Strahl dort eben verloren haben.In größeren Maschinen ist das dann wirklich problematisch, weil dort eben diegespeicherte Energie im Strahl so hoch ist, dass, wenn das passiert,die Maschine beschädigt werden kann.Dementsprechend braucht man da schon spezielle Maschinenschutzkonzepte,die frühzeitig erkennen, ob irgendein Equipment fehlerhaft ist.In den kleineren Maschinen bis zum PS ist das jetzt nicht so problematisch,ab dem SPS wird das dann eben problematisch.In den kleineren Maschinen kriegt man halt einen Alarm und muss dann ein bisschenwarten, bis dieses Strahlungsniveau im Prinzip runtergegangen ist.Und dann nehmen wir den Betrieb wieder auf.Und oftmals kommt es auch vor, dass man dann direkt in die Maschine hineingehenmuss, weil Sachen, die kaputt gegangen sind, wirklich im Ring selbst nur zu reparieren sind.Und das können zum Beispiel Verstärker sein für diese Hochfrequenz-Kavitäten.Die haben oft Verstärker, die sehr nahe am Beam gebaut sind,damit die ganzen Kabellängen und dergleichen wesentlich ziemlich kurz sind.Und da muss man dann, da haben wir eine eigene Strahlenschutzgruppe,die kontaktiert man dann,die sagen, okay ihr habt so und so viel Stahl produziert in den letzten so und so viele Stunden,das heißt jetzt müssen wir dort 15 Minuten, 30 Minuten, eine Stunde warten,bis wir überhaupt hineingehen können in die Maschine, damit die Leute,die dort dann arbeiten, auch einfach nur eine minimale radioaktive Strahlendosis abbekommen.
Tim Pritlove
Das ist nett, ja. Gab's denn auch mal so einen Fehler, wo ihr irgendwie nurblöd geguckt habt und überhaupt nicht wusstet, was jetzt los ist?
Alexander Huschauer
So beginnt jeder Fehler.
Tim Pritlove
Die Frage ist, wie lange hält der Zustand an?
Alexander Huschauer
Ja das kommt wirklich auf den Fehler drauf an. Gestern früh hatten wir da einenFehler, der eben die Synchronisation zwischen Booster und PS betroffen hat undda haben wir so 3-4 Stunden mal herumgesucht, welches dieser Hardware-Moduledenn kaputt gegangen ist.Dann machst du ein Reboot von diesem Ding, dann funktionieren aber ein paarder Parameter sind nicht richtig abgespeichert worden im Memory,du musst sie neu setzen und es kann schon sein, dass das ein paar Stunden mal dauert.Auch manchmal ist es halt nicht so offensichtlich welches Element jetzt der Schuldige ist.
Tim Pritlove
Das wollte ich nämlich gerade sagen. Wenn man weiß wo das Problem ist,ist man ja schon mal relativ weit.
Alexander Huschauer
Richtig, richtig. Oftmals weiß man nicht und dann versucht man halt auszuschließen,was kann es nicht sein, bis man dann hinkommt und das eingrenzt.Und natürlich was uns oft Hilfe gibt, ist der Strahl selbst.Also wenn man den Strahl in die Maschine injizieren kann, aber dann zum Beispielin der Maschine nicht behalten kann, dann kann man den Strahl immer noch selbstmessen. Und man kann sich die Position des Strahls anschauen,man kann sich die Größe des Strahls anschauen, man kann sich die Energie des Strahls anschauen.Und das gibt dann oft auch einen Hinweis darauf, was schief geht.Ist er zum Beispiel zu groß der Strahl, dann funktioniert irgendeiner von diesenQuadrupolen nicht, dann funktioniert die Fokussierung nicht richtig.Ist er viel zu lang der Strahl, ist er nicht mehr ein Paket,sondern ist er so ein kontinuierlicher Strahl, dann sagen wir,dass der Strahl debunched ist, ist eben kein Bunch mehr.Dann funktioniert das mit den RF-Systemen nicht. Also so kann man sich mit demStrahl schon immer die Informationen holen, die man braucht,um zumindest einzugrenzen, wo man sucht, ja.
Tim Pritlove
Ich kenne das aus manchen Bereichen, wo in zunehmendem Maße so eine Maschinenüberwachungauch mit Machine Learning schon gemacht wird,dass man im Prinzip die Sensorik einfach die ganze Zeit irgendwie erlernt undwenn man einen Fehler hat,dann sagt man so, hier ist mal was kaputt gegangen, dass man quasi schon sichso langsam so ein System aufbaut, was so Frühwarnfähigkeiten hat,also quasi das Versagen von Sensoriken oder so gewisser Insicht vorher sagt.
Alexander Huschauer
Das ist das Stichwort preventive maintenance, also Wartung vorhersehen im Prinzip,bevor sie notwendig wird und Teile austauschen.Also wir haben Unmengen von Daten, die wir laufend abspeichern,natürlich einerseits der Experimente, aber auch wir auf der Beschleunigerseite.Wir haben wirklich ein System, das all diese Daten kontinuierlich lockt unddas einerseits über die Strahlqualität, aber andererseits auch über die Equipmentqualität.Und diese Datenmenge, die können wir dann eben verwenden, um Modelle zu trainierenund dann Vorhersagen zu machen.Man steckt noch ein bisschen in den Kinderschuhen für jetzt gerade diese Wartungsvorhersagen,aber wo wir viel Machine Learning oder Optimierung einfach verwenden,ist, um die Leistungsfähigkeit des Strahls zu verbessern.Es gibt Temperaturvariationen, im LHC gibt es zum Beispiel auch Einfluss der Gezeiten.Das sieht man auch, die Maschine ist relativ sensibel darauf, wie der Mond steht.Also die Parameter des Strahls können sich laufend ändern.Da kann natürlich der Operator, der die Maschine betreibt, intervenieren undverschiedene Parameter anpassen.Das passiert dann alle x Minuten, Stunden oder dergleichen, je nachdem,wie es erforderlich ist.Oder wir verwenden Optimierungsalgorithmen, die kontinuierlich die Strahlparameterüberwachen Und immer dann, wenn so ein Drift gemerkt wird, nachkorrigieren.Das hilft uns auch in vielen Teilen, die Leistungsfähigkeit unserer Strahleneinfach immer auf optimalem Niveau zu halten, sage ich mal.
Tim Pritlove
Das ist auf jeden Fall alles ein Moving Target. Es ist nicht einfach so eine Maschine,die man mal einschalten, dann läuft sie halt, sondern man muss eigentlich dieganze Zeit drauf schauen,man muss die ganze Zeit optimieren, gucken, dass nichts kaputt geht oder sichnicht zu schnell verschleißt und um sozusagen dann auch diesen Flow der Detektion,der letzten Endes das Ziel der ganzen Operation ist, nicht abreißen zu lassen.Trotzdem muss ja dann der Apparat ab und zu mal, also nicht nur gewartet werden,sondern es gab ja auch diese längeren Auszeiten, ich glaub das waren jetzt zwei große.
Alexander Huschauer
2019, 20, da war der letzte große Stopp, Long Shutdown 2.Davor gab es schon mal 2013, 14, gab es Long Shutdown 1 und jetzt für 26,27, 28 ist dann Long Shutdown 3 geplant.In den vergangenen zwei Jahren hat man sich darum gekümmert,dass die LHC-Injektoren bessere Leistungsfähigkeit haben,um sie vorzubereiten auf das Upgrade des LHC selbst, was 2026-2028 stattfindenwird, mit dem Ziel, dass wir mehr Kollisionen erzeugen können.Ein wesentlicher Parameter im LHC ist die Luminosität.Die sagt uns, wie viele Kollisionen pro Sekunde und pro Fläche können wir erzeugen.Das heißt, umso höher die Luminosität, umso höher die Anzahl der Kollisionen,die wir den Experimenten zur Verfügung stellen können.Und die Luminosität wird umso höher, je mehr Teilchen wir haben,haben oder je kleiner die Fläche unserer Teilchenpakete ist.Deswegen hat dieser vergangene Shutdown in den Injektoren dazu gedient,diese Strahlparameter zu verbessern, sprich mehr Teilchen in kleinere Strahldimensionenhineinpacken zu können.Wir haben im Prinzip für die LHC-Strahlen die Anzahl der Teilchen verdoppeltund die Fläche halbiert.Und somit können wir dann wesentlich höhere Luminosität zur Verfügung stellenfür die verschiedenen LHC-Experimente.Das war im Prinzip ein Upgrade-Programm, das rein ausgelegt war auf die Anforderungendes zukünftigen LHC, also High-Luminosity-LHC heißt dann das Upgrade vom LHC in den nächsten Jahren.Aber gleichzeitig ist das dann auch von Vorteil für alle anderen Experimente,die am CERN stattfinden, weil genauso diese verbesserte Strahlqualität auch denen zugutekommt.
Tim Pritlove
Also so kann man dann noch mehr rausholen aus dem LHC und dann wird ja,wie lange ist die Pause? In so einem Jahr?
Alexander Huschauer
Drei Jahre für den LHC.
Tim Pritlove
Drei Jahre?
Alexander Huschauer
Ja, wirklich große Umbauarbeiten sind da geplant. Da werden Teile der Magneteausgetauscht, da werden neueSysteme eingebaut, um diese Kollisionen eben noch effizienter zu machen.Und da braucht man dann doch einiges an Zeit, auch viel Arbeit passiert jetzt schon.Also alles was Infrastruktur betrifft, alles was neue Gebäude,neue Tunnelbereiche und so gibt, das wurde sogar schon alles fertiggestellt.Aber jetzt natürlich, jetzt holen wir noch so viel wie möglich raus aus derMaschine und warten auch noch bis die ganzen Bauteile dann wirklich zur Verfügungstehen, um dieses Upgrade machen zu können.Und dann wird die Maschine für drei Jahre abgeschaltet und abgegradet.
Tim Pritlove
Das ist schon echt speziell, dass man so eine unglaublich lange Auszeit hat.Für die Wissenschaftler stimmt das auch nicht so toll. Wobei so viele Datenwie hier anfallen, gibt es wahrscheinlich auch zwischendurch noch genug zu entdecken und auszuwerten.Also da wird einem nicht langweilig unbedingt.
Alexander Huschauer
Und es gibt auch noch die Injektoren. Also der LAC selbst wird drei Jahre stoppen,aber die Injektoren werden so ein, eineinhalb Jahre stoppen.Das heißt die ganze Physik in den anderen experimentellen Zonen,die beginnt vorher schon wieder.
Tim Pritlove
Also in dem Booster, in dem SPS, das läuft alles weiter, es ist nur der LAC.
Alexander Huschauer
Es ist ein kürzerer Stopp eben in diesem Maschinen.
Tim Pritlove
Okay gut, aber dann nach einem anderthalb Jahr kann man da zumindest schon malwieder arbeiten, aber der LHC der muss dann halt noch richtig hübsch gestrichenwerden sozusagen, bis alles hübsch ist.Okay, das heißt das ist dann sozusagen jetzt auch so der Ausblick für die zumindestabsehbare Zukunft, was jetzt auch schon ganz klar ist, dass das auf jeden Fall stattfinden wird.
Alexander Huschauer
Absolut.Dieses High-Luminosity-LHC-Projekt, das ist die Priorität für das CERN im Moment,dieses Upgrade durchzuführen.Da ist alles unterwegs, um diese neuen Elemente gerade zu konstruieren und einzubauen.Und das soll eben die LHC-Kette bis zum Jahr 2040 so in Betrieb halten,soll dann natürlich nach dem Upgrade wesentlich höhere Statistik den Experimentenzur Verfügung stellen, damit man schneller zu Entdeckungen kommen kann.Ungefähr ein Faktor 10 wird sich diese Luminosität erhöhen nach diesem Upgrade von dem LHC.Und das ist halt jener Schritt jetzt, um den LRC wirklich komplett auszunützen,bis ans Ende seiner Lebensdauer sozusagen.Und dann muss man halt schon darüber hinaus schauen und muss mal anfangen.Also der LRC ist 2008 in Betrieb gegangen. Die ersten Diskussionen und Vorschlägefür so eine Maschine sind 1984 gemacht worden.Also da ist wirklich eine lange Designphase, Entwicklung, Produktion,Installation und alles dahinter.Beim LHC ist es so, dass es damals schon in dem gleichen Tunnel,wo der LHC heute ist, eine Maschine gab, wo Elektronen und Positronen,also die Antiteilchen der Elektronen, beschleunigt und kollidiert wurden.Und da hat man im Prinzip einerseits die Elektronenspeicherringe oder Kolliderund andererseits die Protonenmaschinen.Mit Elektronen sagt man so, das sind Präzisionsmaschinen, weil die Elektronenkeine Substruktur haben.Das heißt, da treffen wirklich Elektronen auf Elektronen und man kann ganz genauphysikalische Prozesse damit untersuchen.Während diese Protonenmaschinen, Protonen, interne Struktur,Quarks, Gluonen, das heißt, da treffen keine Teilchen, keine einzelnen Teilchen,sondern da trifft man so ein Gemisch von Teilchen aufeinander.Dadurch entstehen extrem viele verschiedene Produkte, viel Background,den man auch gar nicht haben möchte, aber auch extrem viel Potenzial für neue Physik.Und deswegen heißen diese Protonen-Maschinen dann Entdeckungsmaschinen,oft, weil man damit eben neue Physik entdecken kann. Jetzt haben wir das Higgs-Bosonentdecken können vor zehn Jahren mit dem LHC.Natürlich möchte man weitere Dinge entdecken, aber man möchte genauso die Higgs-Eigenschaftenganz genau verstehen können. Und dafür braucht es im Prinzip wiederum so einePräzisionsmaschine mit höheren Energien.Die Eigenschaften des Higgs-Bosons direkt messen kann.Und deswegen wäre dann der nächste Schritt nach diesem High-Luminosity-LHC,nennen wir dieses Studiegerad FCC,Future Circular Collider, und das wäre dann eine Maschine, so wie es jetzt geplantwird, von 91 Kilometer Länge, die eben genauso hier in die Region hineinpassen würde.Also das ist auch dann schon sehr sehr herausfordernd in mehrerer Hinsicht.Natürlich in Hinsicht von Magnetfeldern, die man braucht für diese Maschine,in der Hinsicht von allein, wie baue ich diesen Tunnel, wie stabil ist das ganzeGestein, wo ich diesen Tunnel hinbaue, wie hoch sind diese Zutrittspunkte.Teilweise ist die Maschine dann unter dem Berg, da muss ich schon mal einensehr, sehr langen Access-Tunnel graben.Was ist dann Sicherheitsaspekte, wenn da unten irgendetwas passiert,wie komme ich rauf, wenn der Aufzug nicht funktioniert, all diese Dinge müssen dann beachtet werden.Aber so ein FCC für Elektronen und Positronen, das wäre so im Prinzip der nächstelogische Schritt, was die Beschleunigerkette betrifft, um dann diese Higgs-Propertiesim größeren Detail untersuchen zu können.Und dann wird das auch so aufgezogen, dass man nach diesem FCC-II auch wiederumeinen Protonen-Protonen-Beschleuniger machen kann.In dem gleichen Tunnel, in diesem gleichen 91 Kilometer Tunnel,eben gleich wie es mit diesem LEP unddem LAC war, dass man die vorhandene Infrastruktur wieder verwenden kann.
Tim Pritlove
Gleichzeitig oder als potenzieller Nachfolger?
Alexander Huschauer
Als Nachfolger, genau.
Tim Pritlove
Warum lässt sich das nicht gleichzeitig machen?
Alexander Huschauer
Weil dann auch die Kette, die dahinter steht, komplett andere Anforderungenwieder hat. Wir müssen Elektronen, wir müssen Positronen zur Verfügung stellen.Es sind auch die Zeitspannen, um wirklich all die Technologien,die Magnetfelder und so einmal technologisch herstellen zu können für so einenweiteren Protonen-Protonen-Kollider.Das ist auch noch in weiterer Zukunft. Das heißt, Machbarkeit ist auch eineandere Sache, da muss noch viel Forschung und Entwicklung hineingehen,bis man technisch diese ganzen verschiedenen Bauteile einfach wirklich herstellen kann.Deswegen sind das auch nicht die gleichen Zeitspannen.
Tim Pritlove
Also 27 Kilometer ist ja schon eine ganze Menge Holz.Im Prinzip was du ja sagst, du bist halt so Ingenieur und deine Maschine ist 27 Kilometer lang.Das ist schon ein Autobahntunnel, der nur ein paar Kilometer lang ist,wirft schon größere Wartungsfragen und Kontrollfragen auf sich,aber allein den Arbeitsplatz mal abzugehen, mit dem Fahrrad ist man ja schonden ganzen Tag unterwegs.
Alexander Huschauer
Ja auf jeden Fall. Die Fahrräder gibt es im Tunnel damit man sich fortbewegen kann.
Tim Pritlove
Wie fährt man denn hin an so einen Ort des Geschehens? Ist halt irgendein Magnet am schwächeln.Steigt man hier in den Tunnel und fährt da 10 Kilometer hin, macht man nichts?
Alexander Huschauer
Man steigt hier ins Auto, fährt hin zu einem der Access Points.
Tim Pritlove
Und wie viel gibt es davon?
Alexander Huschauer
Am ELC gibt es so acht Access Points, die verteilt sind.Einerseits bei den verschiedenen Experimenten, aber dann für die Hochfrequenz-Kavitäten zum Beispiel,dann gibt es Kollimationssysteme, die dafür sorgen,dass die Teilchen, die bei hoher Amplitude,also hoher transversaler Position,hoher horizontaler oder vertikaler Position, dass die quasi geschluckt werdenvon diesem Kollimatorsystem,bevor sie von den Magneten geschluckt werden würden,weil wenn wir Teile im Magneten verlieren,kann es dazu führen, dass dieses flüssige Helium sich erwärmt oder dass dieSpule dieser Supraleiter nicht mehr supraleitend ist,weil er eine lokale Erwärmung hat, das ist dann ein so genannter Quench,dann geht dieser Magnet dann von einem supraleitenden in einen normalleitendenZustand über und das möchte man einfach vermeiden während des Betriebs,weil das dauert dann acht bis zwölf Stunden bis man wieder recoveren kann unddas ist natürlich Maschinenzeit, die dann verloren geht.Und deswegen möchte man, bevor man solche Teilchen in den Magneten verliert,möchte man sie lokalisiert in sogenannten Kollimatoren.Das sind im Prinzip Metallblöcke, die möglichst nah am Strahl positioniert sind,aber nicht zu nah, um den Hauptstrahl zu absorbieren,aber eben Teilchen, die dann aufgrund der Kollisionen wird der Strahle auchimmer größer und größer,dann kann es passieren, dass eben Strahlteilchen zu höherer Amplitude kommenund die werden dann von diesen Metall-Kollimatoren absorbiert,bevor sie den Magneten treffen würden.
Tim Pritlove
So ein Absicherungssystem. Aber bist du schon mal rumgefahren?
Alexander Huschauer
Rumgefahren noch nie.
Tim Pritlove
Ist auch ein bisschen langweilig.
Alexander Huschauer
Geht auch gar nicht, weil du hast dann diese Interaktionspunkte,da ist dann wirklich die Maschine, der Beschleuniger ist getrennt von dem Experiment,das dahinter in dieser großen Halle steht.Da könntest du jetzt auch nicht weiterfahren.
Tim Pritlove
Okay, es ist eh segmentiert.
Alexander Huschauer
Ja, es gibt verschiedene Sektoren, nennt man das im LHC zum Beispiel.
Tim Pritlove
Okay, da ist man auf jeden Fall ganz gut unterwegs. Aber es ist auf jeden Fallein Maschinenpark, der sich sehen lassen kann und es ist die größte Maschine der Welt, oder?
Alexander Huschauer
Absolut, es ist die größte Maschine der Welt, der LHC. Der Beschleunigerkomplexist der größte Beschleunigerkomplex der Welt.Also wir haben hier schon einiges an Potenzial zu bieten, das dann natürlichauch sehr ansprechend ist für verschiedenste Institute, Universitäten dergleichenaus aller Welt, die dann hierher kommen, um ihre Experimente durchzuführen.
Tim Pritlove
Vielleicht zum Schluss nochmal so ein Blick in den Rest der Welt.Das ist ja aber nicht das einzige Synchrotron.Es gibt ja auch Beschleunigerringe an anderen Standorten.Was sind denn so die nächstgrößten Systeme und gibt es irgendeinen der auchnochmal ein ganz anderes Prinzip verfolgt oder andere technologische Ausrichtungenhat in irgendeiner Form?
Alexander Huschauer
Also es gibt natürlich ein paar Laboratorien, die sich wirklich mit Grundlagenphysik beschäftigen.Aber die Teilchenbeschleunigung oder die Anwendung der Teilchenbeschleunigerin der Grundlagenphysik macht nurungefähr 4-5 Prozent der Anwendung der Teilchenbeschleuniger weltweit aus.Natürlich gibt es einige größere Maschinen. Es gab zum Beispiel das TevatronFermilab, die haben genauso Protonen-Antiprotonen-Kollisionen gemacht in der Nähe von Chicago.Es gibt das Brookhaven National Lab in der Nähe von New York.Dort gibt es den Relativistic Heavy Ion Collider.Es gibt dann eben einerseits diese RIG, der Gold beschleunigen kann,wie er auch die Bleionen beschleunigen kann und können, um dann so ein Quark-Gluon-Plasmaherzustellen, wie es zum Beispiel in dem Alice-Detektor vor allem untersucht wird.Also um so eine Suppe von Teilchen im Prinzip zu erzeugen, die.Wo jetzt keine Atomkerne mehr gebunden sind, wo alle Teilchen frei herum existierenund diesen Status knapp nach dem Urknall im Prinzip zu reproduzieren.Und das kann man am RIG untersuchen, das kann man am LAC untersuchen mit Blei.Dann gibt es Programme in China zum Beispiel, um auch größere Beschleunigerzu bauen, die existieren aber noch nicht. Das ist ein bisschen so vielleichtein Konkurrenzprogramm.Es gab früher, am CERN gab es auch der SPS, der war früher mal ein Protonen-Antiprotonen-Kollider.Der ist dann umgebaut worden, der hat begonnen als SPS, als Protonenmaschine,wurde dann umgebaut in eine Protonen-Antiprotonen-Maschine und später wiederzurückgebaut in eine reine Protonenmaschine.Und dann gibt es halt extrem viele Anwendungen in Medizin,in Industrie, von wesentlich kleineren Anlagen,die Energien sind dann nicht mehr vergleichbar, aber gerade in Krankenhäusern,wo man Radioisotope herstellt, um die dann für Bildgebung zu verwenden,Positronenemissionstomographie, wo man etwas injiziert bekommt in den Körper,das sich dann zum Beispiel an Tumorzellen anlagern kann, erzeugt dann Photonen,die gemessen werden von Detektoren.Diese Stoffe muss man irgendwo erzeugen, dann muss man sie in den Körper bringen.Und dann gibt es natürlich auch Strahlentherapie, kann passieren mit Elektronenund dann Gamma-Strahlen,die erzeugt werden, es gibt Protonen oder Kohlenstoff-Ionen-Zentren,die wirklich dazu dienen, dass jetzt Krebstumore behandelt werden.Und je nachdem, ob man jetzt Elektronen verwendet zum Beispiel,wenn man oberflächennahe Tumore hat, kann man relativ gut Elektronen verwenden,weil die einen Großteil ihrer Energie nahe der Oberfläche, nahe der Haut nachdem Eindringen in den Körper verlieren.Andererseits dann, wenn man einen Tumor hat, der an kritischen Stellen sitzt,jetzt zum Beispiel neben dem Herz, hinter dem Aug, im Gehirn irgendwo,dann möchte man nicht unbedingt den Großteil der Energie beim Eintritt in denKörper verlieren und dann weniger Energie am Schluss überhaben.Da verwendet man Protonen und Kohlenstoff zum Beispiel, weil man mit denen dezidierteinstellen kann, wo soll die Energie verloren werden und somit kann man wirklichso einen Tumor scannen aus verschiedensten Richtungen und diese Tumorzellendann mit so einem Synchrotron zerstören.Das heißt, das braucht dann aber für so Protonen- oder Kohlenstoffionentherapiebraucht es wirklich ein eigenes Beschleunigerzentrum mit eigenem LINAC,Quelle LINAC, Synchrotron, verschiedenste Behandlungsräume, Transferlinien,während so Elektronenbeschleuniger dann vielleicht so drei, vier,fünf Meter Platz brauchen und dann wesentlich besser in ein Krankenhaus hineinpassen zum Beispiel.Und dann gibt es das noch in der Industrie, dass man sterilisiert zum Beispiel,Bakterien abtötet, dass man biologische Experimente versucht,dass man in der Halbleiterindustrie die die Oberflächenbeschaffenheiten verändert,indem man Ionen mit Beschleunigern einbringt in verschiedene Elemente.Also es gibt wirklich eine riesige Bandbreite an Anwendungen von Beschleunigern,die über die Grundlagenforschung hinaus geht.
Tim Pritlove
Okay, also wenn man sich da ein bisschen auskennt, gibt es genug Betätigungsfelderauf jeden Fall. Aber am CERN scheint ja noch genug abzusehen zu sein,dass hier noch genug Ingenieursbedarf ist auf absehbare Zeit.Ja, Alexander, dann würde ich sagen, haben wir es erstmal oder haben wir nochirgendwas ganz Wichtiges vergessen, was du noch allen mit auf den Weg geben willst?
Alexander Huschauer
Naja, vielleicht so.Abschluss können wir noch ein bisschen die Verbindung zum Kosmos wiederum machenmit einem der Experimente, das wir auch hier haben, nämlich Cloud.Jenes Experiment, das untersucht, wie Wolken formiert werden,wie verschiedenste kleine Teilchen, wie Aerosole am Himmel,in den verschiedenen Atmosphären, Ebenen zu dieser Wolkenbildung beitragen undvor allem wie der Einfluss von kosmischen Strahlen auf diese Wolkenproduktion ist.Da haben wir eine sogenannte Cloud Chamber, das ist im Prinzip eine große Stainless-Steel-Chamber,die extrem gute Oberflächeneigenschaften aufweist.Innerhalb dieser Kammer werden dann verschiedene Gase eingelassen,verschiedene Aerosole zugefügt.
Tim Pritlove
Was heißt denn extrem gute Oberflächenbeschärfung? Also gut in welcher Hinsicht? Glatt?
Alexander Huschauer
Genau, damit sich dort eben an den Wänden keine Elemente anhaften können,sondern dass die wirklich in diesem Volumen der Kammer dann existieren und zuder Wolkenbildung beitragen.Und dann kann man einerseits untersuchen, wie so Aerosole in der Luft auch alsKeime für Wolken dienen dienen und wie die physikalischen Modelle,übereinstimmen mit diesen Experimenten und andererseits kann man dann von demPS einen Strahl von Protonen auf wiederum so ein Target schicken,Sekundärteilchen erzeugen, die dann durch diese Kammer hindurch gehen und sichanschauen, wie diese quasi nachgebildeten kosmischen Strahlen die Wolkenbildung beeinflussen.
Tim Pritlove
Tun sie denn?
Alexander Huschauer
Sie tun auf jeden Fall zu einer gewissen Art und Weise.Man kann nämlich solche durch Kollisionen, wenn diese Teilchen kollidieren mitden Molekülen, dann werden andere Teilchen erzeugt, andere Aerosole,die dann wiederum ein Keim sein können für weitere Wolkenbildung und so.Was die Frage ist jetzt natürlich auch im Hinblick auf Klimawandel,inwiefern sind diese Wolken ausschlaggebend für den Klimawandel,wie gut passen unsere Modelle, wie gut können wir das vorhersagen,weil das eine große Unsicherheit ist, um die Zukunft auch vorauszusagen.Und deswegen gibt dieses Experiment auf jeden Fall gute, sage ich mal,grundlegende Einblicke, wie die Physik dahinter funktioniert und wie wir unsereModelle verbessern können, umin Zukunft einfach immer besser und bessere Vorhersagen machen zu können.
Tim Pritlove
Wahnsinn, unglaublich praktisch so ein Beschleuniger. Ich finde,jeder sollte einen haben. Vielleicht gibt es ja demnächst auch im Supermarkt.Alexander, Vielen vielen Dank für die Ausführung, das war sehr aufschlussreich und spannend.
Alexander Huschauer
Dankeschön, hat mich gefreut beim Gespräch, danke dir.
Tim Pritlove
Ja und ich bedanke mich auch wieder fürs Zuhören hier bei Raumzeit.Bald geht es weiter hier im Programm mit dem CERN und noch so einiges auf euch zu. Tschüss, bis bald!

Shownotes