RZ115 CERN: ATLAS

Aufbau, Funktion und Aufgabe des ATLAS-Detektors am CERN

Nach dem CMS-Detektor ist ATLAS das zweite große Detektor-System am Large Hadron Collider am CERN in Genf, dass den Nachweis des Higgs-Bosons geliefert hat und mit seiner aufwändigen Technik auch heute noch weiter Teilchenkoliisionen beobachtet und damit aktiv zur Grundlagenforschung beiträgt.

Dauer:
Aufnahme:

Christoph Rembser
Christoph Rembser

Wir sprechen mit Christoph Rembser, seit 2016 Leiter des ATLAS-Teams, über die Konzeptionsphase des Detektors, seinen internen Aufbau und die Unterschiede zu CMS, wie Kollisionsdetektion abläuft und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse bereits gewonnen wurden und welche vielleicht noch gewonnen werden könnten.


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Transkript
Tim Pritlove 0:00:34
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Pridlaff und ich sage hallo zur 115.Sendung und auch diese Folge ist eine Folge in der Serie hier vom CERN,dem großen Kernforschungsinstitut in der Schweiz könnte man sagen oder auchin Frankreich, teilweise so, teilweise so.Das merkt man hier gar nicht, wie man hier durch die Länder kreist und vor allemdie großen Beschleunigerringe, die kümmern sich hier auch überhaupt nicht drumherum.Hier fliegen einfach die Teilchen von Land zu Land und kümmern sich nicht großum die Politik. So soll es sein, denn hier geht es um Wissenschaft.Und heute ist der nächste Detektor dran. In der letzten Sendung haben wir jaschon über das CMS gesprochen.Einer der beiden großen, wichtigen Hauptdetektoren kann man sagen,die am Large Hadron Collider, dem großen 27 Kilometer Ring,dranhängen und dort sich in den Teilchenstrom hängen, um alles Mögliche malnachzumessen, wie denn das nun eigentlich ist, so wie dieser Physik.Und jetzt schauen wir uns eben den zweiten an, den Atlas Detektor und um darüberzu Und zu sprechen begrüße ich meinen Gesprächspartner, nämlich Christoph Remser. Hallo.
Christoph Rembser 0:01:58
Hallo.
Tim Pritlove 0:01:58
Hallo Christoph, herzlich willkommen bei Raumzeit.
Christoph Rembser 0:02:01
Vielen Dank.
Tim Pritlove 0:02:03
Ja, ich hab's schon gesagt, also du bist Teil des Atlas Teams,Leiter seit 2016 glaube ich sogar schon, also eine ganze Weile und vielleichtsogar noch länger hier, das hören wir gleich.Mich würde nämlich mal interessieren, wie so dein Weg in die Wissenschaft gewesen ist.Und wo du dann am Ende hier gelandet bist.
Christoph Rembser 0:02:21
Ja das ist eigentlich eine schöne und tolle Geschichte. Ich bin immer,wenn ich so zurück gucke, finde ich das schon bemerkenswert.Also ich habe eigentlich angefangen, weil ich Geigenbau gemacht habe.
Tim Pritlove 0:02:31
Geigenbau?
Christoph Rembser 0:02:32
Ja.Und dann stellt man relativ schnell fest, wenn man Geigen bauen will oder andereInstrumente, da ist die Konkurrenz schon ziemlich hoch in der ganzen Welt.Und da was vernünftiges zu bauen, war schwierig. Und dann habe ich gedacht,was bräuchte man noch zusätzlich? Also nicht nur die Liebe zum Holz und zumInstrument und zur Musik.Und da war die Physik. Und da habe ich gedacht, gut, wenn du Physik kennst,kannst du vielleicht noch besser messen, wie so ein Instrument funktioniert,wie Schall funktioniert.Studiere nochmal Physik, dann wirst du besser.
Tim Pritlove 0:03:05
So mit den Frequenzüberlagerungen und Differenzen und so.
Christoph Rembser 0:03:08
Also das war so meine Hoffnung. Und dann ist es aber so, es gibt hier am CERNein Sommerstudentenprogramm und durch das Studium an der Uni Bonn bin ich danneinfach durch Zufall hier in das Sommerstudentenprogramm am CERN reingekommen.Das war 1989, also schon relativ lang her.Und dann plötzlich kam ich in eine Welt, die völlig anders war als das,was ich kannte. Es war hier ein internationales Umfeld.89 war auch noch die Zeit, da gab es noch die Mauer. Und trotzdem war hier schonmein Supervisor aus der Sowjetunion noch.Das war André Linde übrigens, ein ganz bekannter Kosmologe. Der hat mich da hier betreut.Und zum ersten Mal, ich komme aus Westdeutschland, Da war das plötzlich so diesesgrenzenlose, diese Wissenschaft, die Offenheit und es war toll das zu spürenund die ganzen anderen Studenten.Und dann war es auch noch das Jahr, wo in China das Massaker Tiananmen SquareStudentenrevolte und CERN diente auch so als Auffanglager für Studenten undProfessoren aus China, die fliehen mussten.Plötzlich war das hier voll mit Chinesen.Wir hatten da auch so in Baracken geschlafen hier, so drei Bettzimmer,so wie so eine alte Jugendherberge und dann waren wir so viele Leute hier plötzlich,dass wir Schichten schlafen mussten.Da wurde ich morgens von irgendjemandem geweckt, dann kam ich abends wiederans Bett, da lag da wahrscheinlich ein anderer und diese Atmosphäre.Hier machen wir Wissenschaft, hier gehen wir vor allem Träumen nach,Die eigentlichen, das merkt man bei mir auch, das kennt man vielleicht,wenn man abends mal auf einer Wiese liegt und in die Sterne guckt.Das ist so ein irre Gefühl, wenn man einen tollen Himmel hat und dann dieseUnendlichkeit des Weltraums sehen kann.Geht es eigentlich darum, hier kann man erforschen, woher kommt eigentlich dasGanze und woraus sind wir gemacht und vor allem wo geht es vielleicht auch noch hin.Wie entwickelt sich unser Weltall. Das war einfach faszinierend und von demMoment an habe ich gesagt, na gut, lassen wir das mal mit dem Geigenbauen weiter.Jetzt ist mein Ziel hier, werde ich weiter.
Tim Pritlove 0:05:13
Hast du mal eine gebaut?
Christoph Rembser 0:05:14
Ja klar.
Tim Pritlove 0:05:15
Klang die auch so halbwegs?
Christoph Rembser 0:05:17
Die klangen nicht schlecht, also ich kam vor allem vom Cello,also das war ein Cello, die hab ich dann gemacht, aber ich hab auch eine Gitarreund so gebaut, aber das konnte man mit Kernforschung nicht mithalten.Genau, das konnte man nicht mithalten, weil das war wirklich so diese fundamentalephilosophische Frage worum es hier ging war plötzlich spannend und das vor allemmit anderen Menschen zu machen und das ist großartig.Und dann habe ich mein Studium in Bonn weitergemacht und abgeschlossen und hattedann erstmal Diplom und Doktorarbeit am DESI, am Deutschen Elektronen-Synchrotron,oben in Hamburg gemacht.Da gab es den tollen Beschleuniger HERA, der hat Elektronen auf Proton geschossenund da habe ich dann Erfahrung gesammelt im, nicht mehr Geigenbau, sondern Detektorbau.Und darauf habe ich mich auch spezialisiert. Wie baue ich Detektoren,um elementare Teilchen nachzuweisen und dann rauszufinden, wie funktioniert das Ganze.Und dann bin ich 1997 hier zum ersten Mal zum CERN gekommen,nach der Doktorarbeit als junger Fellow und plötzlich wieder diese Freiheit,die man hatte, diese internationalen großen Kollaborationen, das war großartig.Und dann wie es so ist, ergibt sich plötzlich, ja jetzt machen wir hier nochmaleinen weiteren Postdoc.Da hatte ich dann so einen Limited Duration Contract bekommen.Und dann hörte der auf, dann hatte ich kurz eine Professur in Erlangen,an der Uni Erlangen für Astroteilchenphysik, um auch mal was anderes zu machen,weil man kann ja am besten lernen, indem man was anderen erklärt,da muss man ja selber viel lernen.Und dann war ich aber kaum hier weg, dann hat dann Cern wieder gesagt,ja wir bauen ja gerade die Detektoren für den LAC und es fehlt schon,dass du da bist, deswegen hier komm, bieten wir dir eine Stelle da dran.Und dann hab ich natürlich gesagt, ja gut, zurück hierher.Und damals war noch der Beschleuniger LEP, das war jetzt der Vorgänger von demLarge Hadron Collider, im selben Tunnel.Hat der Elektronen beschleunigt, Elektronen und Positronen aufeinander geschossen.Ich arbeitete damals bei einem Experiment, das nannte sich Opal.Und gleichzeitig war man aber auch schon dabei, Ende der oder in den 90ern,um die Entwicklung für die Detektoren des LHC zu machen.Und da habe ich dann beides gemacht. Es ist immer toll, wenn man zwei Sachenmacht. Einmal die Physik mit dem existierenden Beschleuniger und dann gleichzeitigaber auch die Entwicklung für den neuen Beschleuniger.Und ja, dieses Feuer brennt eigentlich immer noch hier, muss ich sagen.
Tim Pritlove 0:07:37
Nicht schlecht. Genau so. Das heißt jetzt bist du Team von Atlas,aber du hast sozusagen, also du leitest nicht nur, du warst sozusagen auch ander Planung, an dem Bau selber konkret beschäftigt und damit also auch an derganzen Konzeptionsphase, also wirklich von Anfang an.Und das ist ja eigentlich das Interessante, weil jetzt haben wir ja schon CMSangeschaut und es ist ja klar, dass Atlas und CMS im Prinzip ja die selbe Aufgabe haben.Sie sollen halt irgendwie diese Teilchen, die Hadronen,die dort beschleunigt werden, aufnehmen und in diesen Paketierungen,in die sie hereingeschossen kommen, dann eben kollidieren lassen und sich das anschauen.Aber eben auf eine andere Art und Weise als CMS.Und dann würde mich schon mal interessieren, wie es eigentlich dann sich genauauf diese beiden Konzepte ergeben hat, weil,Also hätte es noch drei, vier andere Varianten gegeben, die überhaupt in Fragegekommen wären oder war schon klar, wenn man zwei haben will,dann macht man es entweder so oder so, weil was anderes fällt uns nicht ein.Wie findet man da überhaupt den Ansatz und wie sortiert sich das dann überhauptgenau in diese zwei Konzepte?
Christoph Rembser 0:08:58
Ja das ist eigentlich eine spannende Frage. Ich persönlich glaube,würde ganz stark behaupten, das ist limitiert durchs Geld.Also Physiker und ihre Ideen und Visionen, da gibt es so viele,dass man wahrscheinlich von den Detektoren noch hätte 10 weitere mindestens bauen können.Das Problem ist nur, irgendwann muss man sie halt dann auch wirklich bauen undbraucht dafür Geld und dann müssen sich halt die Leute zusammen finden,die sowas machen. Ich will da gleich noch mal drauf zurückkommen,aber erst noch mal ganz kurz, was sind eigentlich die Detektoren?Eigentlich sind das nur große Kameras, die um den Kollisionspunkt der Protonen,der Hadronen, wie du das auch gesagt hast, aufgebaut sind.Und eigentlich macht man Schnappschüsse.Man macht Schnappschüsse von so einer Kollision, weil wenn da zwei Protonen kollidieren,dann gilt wieder die alte einsteinische Formel, die kennt jeder,E gleich mc², da wird dann Energie in Masse umgewandelt, in Materie in verschiedeneTeilchen und die fliegen dann von diesem Kollisionspunkt in alle Richtungen weg.Diese Detektoren sind nichts anderes als große Kameras, die man da drum setztund dann macht man im Prinzip Bilder von solchen Kollisionen,also da wir so 40 Millionen Kollisionen pro Sekunde haben, sind das also riesenKameras mit 40 Millionen Bilder pro Sekunde.Und dann, was wir dann mit diesen Bildern eigentlich machen ist,weil die Energie, mit der die Protonen da zusammenstoßen, entspricht der Energiedichtedes frühen Universums ungefähr 10 und minus 12 Sekunden nach dem Urknall.Das heißt unsere Beschleuniger sind nichts anderes als riesen Zeitmaschinenund ich habe die Möglichkeit mit meinen Detektoren, mit meiner Kamera,Fotos zu machen vom frühen Universum. Total spannend.Und dann kann ich lämlich sagen, was passiert denn da eigentlich?Was ist denn zu dieser Zeit des frühen Universums wirklich passiert?Und dann gehe ich meine 40 Millionen Bilder pro Sekunde durch und dann lerneich im Prinzip die Regeln des frühen Universums.Also so als Beispiel, wenn du Fußball nicht kennst, fängst du an oder irgendeinenanderen Sport, fängst du an Bilder zu gucken und mit den Bildern lernst du dann die Regeln.Und genauso machen wir das mit den Teilchen. Wir lernen die Regeln des frühenUniversums durch diese Bilder kennen, die wir uns dann angucken.Und jetzt sind natürlich diese Kollaborationen, also diese Experimente wie ATLASund CMS, da sagt halt jeder Physiker, ich kann die beste Kamera bauen.Und zwar sind die dann natürlich auch noch spezialisiert.Jede Kameralage kann ein bisschen was anderes als die andere und der eine Physikersagt, ich kann super Kameralagen bauen, die können die Spuren der Teilchen superpräzise vermessen, die vom Wechselwirkungspunkt wegfliegen.Andere sagen, ich kann super Kameras bauen, die können dann auch noch sagen,was für ein Elementarteilchen das war.Andere können sagen, ich baue dann auch noch so Kamerateile,die sagen dir die Energie von diesen Teilchen, die da durchgeflogen sind.Und wenn man das dann alles kombiniert, dann kriegt man halt dieses riesengroße Experiment.Ja wie es so ist, viele Physiker, tolle Ideen und eigentlich wenn man jedenfragt, sagt er ich baue jetzt einen super Detektor und die kommen ja auch, das ist ja keine.Hierarchische Bundeswehr oder so, wo irgendein General sagt so jetzt baut ihr das.Also zum Beispiel beim LHC, es ist nicht nur bei Atlas oder CMS,war es ganz klar, wir wollen das Higgs-Teilchen finden. Das war eines der großen Ziele.Also muss man die Kamera so bauen, dass sie sensibel darauf ist,dass sie Higgs-Teilchen, so wie wir sie vermuten, dass sie zerfallen,wirklich auch präzise und mit hoher Effizienz vermessen kann.Und zum Beispiel ein ganz klares Foto oder Signatur nennen wir das von einemzerfallenden Higgs-Teilchen, wenn es das gibt, sind zum Beispiel Elektronen,zwei Elektronen oder zwei Myonen.Also baut man dann die Kamera so, dass sie das super gut auflösen kann und dassman dann aus diesen zwei Elektronenspuren, die man vermessen kann,dann genau berechnen kann, was war die Masse des Teilchens, aus dem die beiden herausgekommen sind.Und das gibt sozusagen die Anforderungen an die Kamera und dann sagt jeder,ich habe da eine Idee, wie ich es mache. Und dann gehen sie los,rennen sie los und bauen dann so eine Art Prototypen.Und dann werden die dann getestet und mal ausprobiert und dann wird auch gezeigt,ja, das stimmt auch mit den Summulationen überein. Also es funktioniert genausogut mit einer Auflösung, wie wir uns das erhofft haben.Und dann wird das auch noch in Tests bewiesen und dann etablieren sich langsamwirklich Technologien, welche man nehmen könnte und welche nicht.Dann gibt es dann Unterschiede. Die eine hat dann wieder so viel Material,dass die die Teilchen beeinflusst.Andere sind dann leichter, haben dann auch wieder Vorteile. Und irgendwo findetsich, ruckelt sich dann die ganze Gemeinschaft so zurecht, dass sie am Endedann im Prinzip einen wissenschaftlichen Shootout machen.Und sagen, hier haben wir so ein Konzept, hier ist ein anderes Konzept,welches von den beiden nehmen wir jetzt für unsere Kamera?Und dann kommen so die Ideen. Und das andere sind natürlich was für Geldartner zur Verfügung.
Tim Pritlove 0:14:32
Aber es gab auch so Vorgänger-Detektor-Technik, die in gewisser Hinsicht auchso ein Leitmotiv dargestellt haben?
Christoph Rembser 0:14:40
Klar, weil alle kommen ja mit ihrer Erfahrung. Es ist ja nicht so,dass da irgendwelche Laien zusammenkommen, Sondern es sind meist Leute,die zum Beispiel schon eine Spurkammer, also ein Kamerateil aufbauen,die die Spuren der Teilchen ausliest.Das macht man ja schon seit den 70ern und noch älter, dass man solche Teilchenkameras baut.Und diese Erfahrung, da wollen sie dann immer sagen, jetzt kitzeln wir nochein bisschen mehr raus, machen hier noch ein bisschen mehr Technologie und nehmenhier zum Beispiel neue leichte Materialien.Also ich ganz konkret habe bei einem Kamerateil des Atlas mitgearbeitet,war da auch lange Projektleiter.Der nannte sich der Übergangsstrahlungsdetektor und das ist eigentlich eine Spurkammer,funktioniert noch so ein bisschen wie so ein altes Geiger-Müller-Zellrohr, man hat so ein Röhrchen,innen drin ist ein dünner Draht gespannt, in dem Röhrchen ist ein Gas und zwischender Röhrchenwand und dem Draht ist ein elektrisches Feld und wenn da jetzt soein Teilchen durchfliegt, Dann ionisiert es das Gas und die Elektronen driftenhin zum Draht und machen da ein Signal.Und wenn du dann über 100.000 von solchen Röhrchen hast, dann siehst du wirklichwie so Perlen auf einer Schnur, wo das Teilchen lang geflogen ist.Dann spricht das eine Röhrchen an, dann das andere. Und wenn man das dann visualisiert,sieht man richtig, ja da ging eine Spur lang.Und dieser Übergangsstrahlungsdetektor kann dann auch zusätzlich sagen,was für ein Teilchen das war. War das ein Elektron oder ein Pion,was da durchgeflogen ist? Und den ersten habe ich damals bei Zeuss bei Heragebaut. Das habe ich da am Liese gelernt.Und dann hatte man die Ideen dann auch, wie kann man das hier besser machen.Jetzt hatte man neue Materialien, Verbundstoffe, so Carbon, Fibers und so was, alles hat Spaß gemacht.Und damit hat man das dann optimiert. Und andere Kollegen zum Beispiel,die waren es gewohnt große Detektorteile zu bauen, die haben die Energie von Teilchen gemessen.Kalorimeter nennen sich die. Und da hat man dann auch neue Ideen gehabt,wie kann man die noch größer und noch präziser machen.Und da, wie gesagt, gab es dann immer solche Kollaborationen,die erst mal Prototypen gemacht haben und diese Prototypen wurden dann zum Beispielauch in Teststrahlen hier am CERN getestet und dann hat man gesehen,was ist die Performance?Was ist der Preis? Und dann konnte man sich auch was einigen.
Tim Pritlove 0:16:51
Es gab ja glaube ich auch andere Planungen vorher, so Eagle oder Escort,das waren so ähnliche Detektorkonzepte oder die sind auch gebaut worden?
Christoph Rembser 0:17:01
Ne, die wurden, also das sind solche Konzepte, ich sagte ja am Anfang tun sichdann die Freunde zusammen und sagen jetzt bauen wir mal einen und dem gebenwir mal einen Namen. Also für Physiker ist es immer wichtig,dass ein Projekt einen geilen Namen hat.
Tim Pritlove 0:17:13
Da wird auch alles getan, dass es am Ende eine Abkürzung ist,die noch cool klingt, auch wenn es mit dem Begriff nichts mehr zu tun hat.Klar. Da ist Atlas auch ein gutes Beispiel für, finde ich.
Christoph Rembser 0:17:26
Furchtbar, ich kann mir das nicht vorstellen. Ateroidal Apparatus for LHC Physics,also es ist ein echtes Konstrukt, klar. Da sind die CMS Kollegen ein bisschenkreativer gewesen. Ich weiß nicht, ob das kreativer hält.
Tim Pritlove 0:17:38
Ja gut, stimmt. Am Ende ist es einfach nur ein Drei Buchstaben Abkürzung.
Christoph Rembser 0:17:45
Trotzdem, dann nennt man natürlich auch seine Vorläufer oder seine Ideenprojekte,denen gibt man natürlich auch Namen. Muss sein.Und dann versucht man halt diese Dinger, die man sich vorgenommen hat,ob Eagle oder Ascot heißt, Prototypen zu bauen, das dann zu testen und wie gesagt,wenn man dann gesagt hat, der von Eagle funktioniert aber jetzt besser als dervon Ascot, Dann sagt man, okay, diese Kamerakomponente nehmen wir jetzt von dem.Diese Kamerakomponente von dem anderen und so bauen sich dann die Nachfolger,also Atlas, dann zusammen aus mehreren Konzeptstudien.Das Wichtige und das ist das, was die Teilchenphysiker eigentlich super können.Eigentlich ist es ja so, wenn man ein Konzept hat und das wird nicht genommen,da ist ja jeder erst mal stinkbeleidigt und das ist furchtbar.Vor allem muss man sich auch vorstellen, die haben ja auch Geld,die Leute. Und eigentlich will man ja das Geld dann haben, um das in seine Kamerakomponente,Detektorkomponente zu packen.Und man muss dafür immer sorgen, in der Soziologie der Kollaboration,dass man keine Verlierer schafft.Und das ist eigentlich ganz wichtig. Deswegen nimmt man den wissenschaftlichen,versucht man das über einen ganz wissenschaftlichen Ansatz, welches funktioniertbesser und welches ist vielleicht günstiger.Also Preis-Nutzen-Verhältnis und dann einigt man sich. Und dann versucht manauch den anderen, den Konkurrenten aber dann auch wieder an Bord zu holen,sodass man das dann zusammen macht.Und nur so erreicht man es dann, dass plötzlich 3000 Leute, wie in dem Fallder Atlas-Kollaboration, zusammenhalten und hinter einem einzigen Konzept stehen,was sie vorher von ihren verschiedenen Studien übernommen haben. Das ist faszinierend.
Tim Pritlove 0:19:29
Es ist ja in der Regel sehr international aber auch sehr europäisch geprägt.Aber bei Atlas gab es auch so eine US Komponente.
Christoph Rembser 0:19:39
Sogar bei CMS mehr natürlich. Aber das hat auch bei uns Tradition.Also natürlich das CERN ist ein europäisches Labor. Das heißt es sind nur europäischeLänder die im Prinzip im Rat, im Council daher kommt der Name,Konseil Europäens pour la Recherche Nucléaire, also im Ratssitzen.Diese Länder, die das CERN betreiben und da auch Mitgliedsbeitrag bezahlen,die entscheiden natürlich über das wissenschaftliche Programm.Aber dennoch ist es so, dass es auch viele Leute und Wissenschaftler in anderenLändern gibt, Japan, USA, weiß Gott, you name it, die wollen gerne da auch mitmachen.Und unsere Gemeinschaft, die Gemeinschaft der Forschenden, ist derartig immerschon international, dass es natürlich gar keine Frage ist. klar macht ihr mit.Ihr bezahlt dann halt auch einen Teil des Experiments.Ihr übernehmt auch Pflichten. Das ist auch ganz wichtig. Das muss ja alles betriebenwerden. Aber dann macht ihr mit.Das heißt aber nicht, dass die jetzt über das CERN bestimmen können.Das ist okay, aber das ist den Wissenschaftlern eigentlich auch erstmal egal.
Tim Pritlove 0:20:45
So, was wurde denn dann beschlossen, was man bauen soll? Also wir hatten jamit dem CMS schon gesprochen und das wesentliche Merkmal des CMS steckt ja auch im Namen.Es steht für Solenoid, also letzten Endes eine große Spule,eine Riesenspule, die sozusagen dieses Magnetfeld erzeugt,was ja immer erforderlich ist bei dieser ganzen Geschichte, weil man will jadiese hochenergetischen Teilchen, die in alle Richtungen platzen,irgendwie im Zaum halten und dabei eben vermessen.Beim Atlas steckt es auch im Namen, das ist das T-Toroidel, besser bekannt als Donut.Also sozusagen so ein Ringkernmagneten.
Christoph Rembser 0:21:31
Ja also erstmal haben sie beide natürlich ein Solonoin, aber das ist schon richtig.CMS hat einen riesengroßen Trump, während Atlas hat einen anderen Ansatz vondem ganzen Magnetsystem her.Und zwar hat man einmal bei Atlas dann gesagt, gut, oder das ist eigentlichauch bei CMS genau dasselbe erstmal, hinter den Kollisionspunkt.Die erste Kameralage, die man braucht.Das sind Spurdetektoren, die dann nämlich genau vermessen können,wie die Spuren von den kollidierenden oder die Teilchen von den kollidierendenProtonen weggeflogen sind.Und da sind die Konzepte mit sogenannten Siliziumdetektoren,Siliziumpixeldetektoren und Siliziumstreifendetektoren sehr ähnlich von Atlas und CMS.Also da, ein Experte bei Atlas, der kennt auch das CMS-System und umgekehrt.Das CMS-System ist was die Siliziumdetektoren angeht größer,weil damals hatte man noch nicht so viel Erfahrung mit diesen Siliziumdetektorenund die waren halt mutig und haben gesagt, wir bauen ein ganz großes System.Bei Atlas waren wir dann ein bisschen konservativer und haben vor allem aberauch gesagt, es ist auch wichtig, schon in dem Spursystem Teilchen identifizieren zu können.Dass man sagen kann, das ist ein Proton, das ist ein Elektron,das ist ein Pion oder das ist ein Myon oder weiß Gott was.Und deswegen hat der Atlas Silizium Detektor Pixel und Streifen noch diesenÜbergangsstrahlungsdetektor TRT,das ist im Prinzip diese Röhrchen, die ich eben beschrieben hatte,drumherum und da kann man dann auch noch Spuren nochmals zusätzlich vermessenaber vor allem auch sagen, was für ein Teilchen das war.Das war eine ganz wichtige Sache, die wir uns damals überlegt hatten,weil auf der Suche nach dem Higgs war es wichtig, Zerfälle des Higgs-Teilchens in Elektronen.Genau aufzuzeichnen und genau zu vermessen, weil da wusste man,da kann man ganz genau die Masse des Higgs-Teilchens damit bestimmen.Und dadurch, dass diese Event-Bilder,also diese Fotos, die man macht, die sind ja so voll von allen möglichen Teilchenund wenn man da dann diese Elektronen ganz genau sehen und vermessen kann,dann hilft das schon auf der Suche nach dem Higgs und es hilft auch später dassogenannte Kalorimeter, das dann um die Spurdetektoren gebaut ist,auch noch zu kalibrieren.Das war ganz wichtig. Und dann gehen die Unterschiede auch weiter,nämlich bei Atlas kommt dann erstmal eine Spule, ein Supraleitender Magnet,tatsächlich um diese Spurdetektoren.Und der Magnet hat ja eigentlich nicht die Aufgabe, die Teilchen zusammenzuhalten,sondern das ist eigentlich so, geladene Teilchen in einem Magnetfeld fliegen so eine gekrümmte Bahn.Und aufgrund der Krümmung kann man dann einmal sagen, sind die positiv odernegativ geladen, weil die einen krümmen sich in die eine Richtung und die anderenin die andere. Und man kann vor allem sagen, wie viel Energie haben die oderwie schnell sind die Teilchen.Wir nennen das Energie, aber im Prinzip wie schnell sind diese Teilchen.Ein ganz schnelles Teilchen wird in diesem Magnetfeld ganz wenig nur gekrümmt.Ein total langsames Teilchen ziemlich stark, das macht sogar schon fast so Kringelchen.Und damit kann man dann auch, wenn man die Energie dieser Teilchen präzise vermisst,kann man genauer auch berechnen, woher aus welchen Teilchen Zerfall kommen,diese Spuren, die wir jetzt gerade gemessen haben.Und dann hat der Atlas schon einen kleineren Magneten um diese Spurkammern unddann kommen bei Atlas noch Kalorimeter, die vermessen dann die Energien der Teilchen ganz genau.Und dann kommt noch eine entscheidende Detektorkomponente, sowohl bei CMS alsauch bei Atlas. Das sind die sogenannten Möhrenkammern.Myonen kennt man klar, kosmische Strahlung, sind ja immer da.Fliegen sind die schweren Brüder der Elektronen. Und wann immer so in so einemFoto so ein schwerer Bruder eines Elektrons auftaucht, kann man schon sagen,oh, das ist wahrscheinlich ein interessantes Foto.Und wir wissen auch, Higgs zerfällt auch gerne in zwei Myonen.Das heißt, wenn ich diese Sache auch noch ganz präzise messen kann,dann habe ich vielleicht noch höhere Statistik, um die Masse des Higgs-Teilchens zu finden.Und deswegen hat ATLAS noch in diesen Myondetektoren, die ganz außen sind,ein zusätzliches Magnetsystem eingebaut und das sind diese acht Toroidspulen,die eigentlich dann nochmal genau in dem Myondetektor ein gutes präzises magnetischesFeld erzeugen, dass man diese Spuren der Myonen in den Myonenkammern auch nochsehr präzise vermessen kann.Und das ist ein großer Unterschied zwischen ATLAS und CMS.
Tim Pritlove 0:26:09
Ah, verstehe. Das heißt im Prinzip für das Hauptmagnetfeld, was erstmal fürdie Primärkrümmung sorgt, da sind sie sich eher ähnlich.Aber es kommt sozusagen in dieser allerletzten Stufe, in dieser Myonschichtsozusagen, kommt nochmal was so um sozusagen die, was kann man dann,dann kann man die Energie noch genauer messen oder?
Christoph Rembser 0:26:33
Genau, dann hat man da noch eine höhere Präzision um die Energie oder Geschwindigkeit zu verändern.
Tim Pritlove 0:26:40
Präzision, das ist eigentlich das worum es geht. Gerade wenn man am Ende soviele Milliarden Kollisionen beobachtet und da eine statistische Aussage draus machen will,dann wäre ja quasi eine Ungenauigkeit die einmal auftritt, tritt ja dann auchmilliardenfach auf und dann multipliziert sich das dann entsprechend.Das heißt der Aufbau der beiden Detektoren ist so unterschiedlich eigentlichnicht, wo zieht man denn dann quasi die Grenze, dass man sagt,Es ist aber jetzt unterschiedlich genug, sodass wir eben auch wirklich das einezur Überprüfung des anderen heranziehen können,weil das Ziel der ganzen Idee ist ja nicht nur,dass man zwei hat, weil die dann, was weiß ich, wenn der eine einen Defekt hat,dann ist der andere immer noch heile, Sondern es geht ja auch darum,konzeptionell anders zu arbeiten, damit man eben nicht schon in seiner Messmethodeselber so ein Bias mit drin hatund am Ende irgendetwas meint festzustellen, was tatsächlich nur in dieser technischenKonstellation auftritt, aber ansonsten halt nie auftreten würde.Das ist ja sozusagen der Hintergedanke, warumman überhaupt zwei solche General-Purpose-Detektoren ja auch hinbaut.Aber wenn jetzt sozusagen der große Magnet ist identisch und die Spurdetekstitutionist ähnlich, dann die nächste Phase war ein bisschen anders.Woran kann man das auch quantifizieren, dass das anders genug ist?In so einer wissenschaftlichen Bewertung wird das ja wohl auch genau gemachtworden sein. Es wird ja sicherlich die Pläne auf dem Tisch gewesen sein undjemand wird gesagt haben müssen, okay das ist jetzt auch anders genug.
Christoph Rembser 0:28:26
Ne, das an sich, es gab so kein Komitee, von äußeren Experten oder von nichtinternen Experten, die dann gesagt haben, sind die Unterschiede groß genug.Also ganz wichtig und das ist ja schon mal der allergrößte Unterschied ist,es wurde von verschiedenen Menschen gebaut.Es wurden die kleinen Details von verschiedenen Physikern und Ingenieuren designtund vor allem auch die Software zur Auswertung der Bilder wird unabhängig vonanderen Leuten geschrieben.Ich persönlich würde sagen, es geht noch nicht mal um den großen analytischenUnterschied einer Detektorkamera,aber wir wollen natürlich auch immer herausfordernde Technologien bauen,was jetzt nicht so schon 20 Jahre alt ist, sondern was gerade mal state of the art ist.Und da weiß man manchmal noch nicht, funktioniert das, wird das eigentlich auchwirklich funktionieren.Das sagte ich ja. Also CMS war sehr, sehr, ich finde das tapfer und richtig,dass die da gesagt haben, wir bauen halt nur Silizium in die.In die inneren Spurkammern. Und da war Atlas halt konservativer,weil man gesagt hat, okay vielleicht funktioniert das ja ganz gar nicht undwir sind vielleicht zu optimistisch.Dann hat man bei Atlas halt noch zusätzlich diesen Gasdetektor Old FashionedTechnology gehabt. Also es ist auch eine Art Risikominimierung, die man dadurch macht.Und bei CMS zum Beispiel, die Kalorimeter sind so Kristallkalorimeter,die mit extrem hoher Präzision auch die Energie vermessen, aber da war man auchnicht ganz sicher, halten die überhaupt in den Strahlenschäden das ganze aus.Also es ist nicht unbedingt, dass jemand gesagt hat, hier das ist so anders,das reicht jetzt, das ist anders genug, sondern es ist wirklich auch eine Risikoabwägung,dass man manchmal sagt, okay das ist neu, das ist etwas konservativer.Und dann macht natürlich ein riesen Unterschied die Software,die die Sachen auswählt, beziehungsweise auch die Trigger, die überhaupt entscheiden,welche von den Bildern will man wegschreiben. Das haben wir ja noch gar nichtgesagt, aber 40 Millionen Bilder pro Sekunde kann man gar nicht speichern.Wir können das, das war am Anfang so, dass man vielleicht so auf ein paar hundertBilder gekommen ist, jetzt bauen wir gerade, rüsten wir das auf,dass wir auf tausend Bilder pro Sekunde sind, die wir überhaupt aufzeichnen können.Und das ist zum Beispiel auch, da es von anderen Leuten gemacht wird,aber auch teilweise auch andere Technologie in den Computer,Elektronik genommen wird, auch so unterschiedlich,dass wirklich von der Systematik her der eine Detektor ganz anders ist und unabhängigvon dem anderen und insofern ist es richtig wie du das gesagt hast,wenn der eine was misst und der andere nicht, dann ist da echt was faul.Bei einem oder dem anderen.
Tim Pritlove 0:31:23
So auch wenn wir das bei CMS im Prinzip schon mal durchgespielt haben,ist es glaube ich trotzdem wert nochmal wirklich diese Funktionsweise jetztvon innen nach außen auch mal so ein bisschen im zeitlichen Ablauf nachzuvollziehen,weil daran kann man sicherlich auch nochmal feststellen, wo im Detail die Unterschiededann durch unterschiedliche Messmethoden herauskommen.Also wie eben bei dem anderen Detektor, bei allen Detektoren auch,die Teilchen kommen so gebündelt in so Paketen,25 Nanosekunden Abstand vom LHC,werden sie da sozusagen hinein gepulst und kreuzen sich dann sozusagen mit denentgegenfliegenden Protonenhäufchen an einem entsprechenden Punkt und dort gibtes dann eben mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit Kollisionen.
Christoph Rembser 0:32:16
Und sogar mehr als eine.
Tim Pritlove 0:32:18
Mehr als eine, aber vielleicht auch nicht so viele wie man jetzt als Laie erstmaldenken möchte, wenn man sich anschaut, dass da jetzt irgendwie 100 MilliardenTeilchen aufeinander prasseln.Dafür ist relativ wenig los. Gibt ja auch ein schönes Äquivalent dazu so inder Kosmologie, wenn man sich dann halt mal so Theorien anschaut mit Galaxien verschmelzen.Ja das ist ja auch so ein Ereignis, sohier Andromeda Galaxie wird uns ja irgendwann mal hier auf Kollisionskurs mit der Milchstraße gehen,werden wir jetzt,nicht mehr so richtig miterleben, aber wird vermutlich stattfinden.
Christoph Rembser 0:33:26
Da ist er eigentlich noch leer. Aber deswegen, dann hat man Glück und es stoßenein paar zusammen und bleiben wir jetzt aber dann von einer von denen,die picken wir mal raus, das heißt diese Protonen prallen aufeinander,es entsteht Energie und jetzt gemäß E gleich mc² wandelt sich diese Energiejetzt wieder in Teilchen um. Wie in welche Teilchen?
Tim Pritlove 0:33:47
Warum entsteht Energie?Also entsteht die Energie oder ist die nicht in den Teilchen schon drin?
Christoph Rembser 0:33:55
Ok, da hast du recht. Also sie entsteht nicht, sondern die Bewegungsenergie,die Teilchen haben ja fast Lichtgeschwindigkeit, die ist wie zwei Autos,wenn die zusammenprallen, dann haben die natürlich schon ihre Energie vom Fahren,aber dann in diesem kleinen Punkt Die Energie wird umgewandelt.Umgewandelt und ist dann einfach als Energie da und kann dann neue Teilchen erzeugen.Und diese fliegen dann halt, also leben meist ganz kurz nur,weil es sind ja nur wenige elementare Teilchen wirklich stabil.Also das Elektron kennen wir, ist stabil, aber selbst das Myon,was wir schon aus der Kosmologie kennen, die kosmische Strahlung,lebt ja, hat ja auch nur eine gewisse Lebensdauer.Aber die meisten Teilchen zerfallen dann recht wieder und zerfallen in diesestabilen Teilchen wie Elektron oder quasi stabile Teilchen wie Myon und Pionund die fliegen dann halt durch unsere Schichten der Kamera und die ersten Schichtenoder die ersten Schichten sind die bei Atlas,dass genau die Spur fest gelegt wird, dass man zum Beispiel sagen kann...Die Kollision war hier, aber jetzt ein bisschen weiter davon weg.Da entstehen plötzlich noch weitere Teilchen oder da ist ein anderer Vertex, nennen wir das.Das ist immer so ein Hinweis, dass da zum Beispiel noch Teilchen wieder zerfallensind, die kurz entstanden sind. Zum Beispiel Teilchen mit B-Quarks drin.Wir sind aber wichtig zu identifizieren, weil die helfen uns zum Beispiel auchdas Higgs zu finden. Immer wenn schwere Teilchen involviert sind,war es gut, dass man gucken konnte, diese Fotos guckt ihr an,da ist vielleicht dann das Higgs.Und diese Spuren werden dann ganz genau aufgezeichnet und vor allem auch,weil sie ja in dem Magnetfeld drin sind, sehr präzise vermessen,was für Impulse sie haben.
Tim Pritlove 0:35:43
Aber wodurch werden sie denn konkret detektiert an dieser Stelle?
Christoph Rembser 0:35:46
Also wie funktioniert Silizium? Das ist im Prinzip nichts anderes als jede Handykamera.Also man hat eine Halbleiterschicht.Diese Halbleiterschicht, die hat dann auch am unteren Ende Auslesepads,die dann auf elektronische Bausteine geführt werden, wie zum Beispiel Verstärker.Aber dann ist es genauso wie eben schon beschrieben.Ein Teilchen fliegt durch ein Material durch, wo eine Spannung angelegt ist.Zwischen oben und unten dieser Sensoren ist eine Spannung angelegt und wenn da ein Teilchen,ein geladenes Teilchen durchfliegt, dann erzeugt es da in dem Silizium solcheLöcher oder erzeugt freie Elektronen,die dann zu einem bestimmten Punkt gesammelt werden und da dann als elektrischesSignal abgegriffen werden. Und jetzt, wenn diese Pixel...Durch die die fliegen können, klein genug sind, 25 Mikrometer,dann hat man damit ja schon eine unwahrscheinlich gute Ortsauflösung.Allein schon deswegen, grob 25 Mikrometer mal 25 Mikrometer,da ist es durchgeflogen, also weiß ich schon ziemlich genau, wo die Spur ist.Wenn ich mehrere davon habe, kann ich dann auch noch diese Spuren kombinierenund da es ja gerade fliegen muss, kann man das sehr präzise machen,dann geht das nochmal, verbessert sich die Auflösung noch um Faktoren.Und damit ist man dann schon ziemlich genau und präzise in der Spurauflösung.Wir haben da verschiedene Lagen, also je näher man an dem Kollisionen dran ist,dann hilft das der Spurrekonstruktion.Zum Beispiel bei Atlas ist glaube ich die innere Lage noch näher dran als bei CMS, hilft uns.Dann gibt es vier Lagen, die nach außen gehen von diesen Pixeln.Und danach gibt es dann diese Siliciumstreifen, funktionieren ganz genauso,nicht 25 Mikrometer auf 50 Mikrometer, sondern sind halt lange Streifen,mehrere Zentimeter, aber auch relativ dünn.Trotzdem, wenn man das dann im Algorithmus kombiniert, mit den Spuren kann mandas sehr genau verändern.
Tim Pritlove 0:37:45
Warum wechselt man, also die inneren sind wie bei CMS solche Folien,die sozusagen in so Pixel aufgeteilt sind.
Christoph Rembser 0:37:53
Ja, wie so Handykamera-Tipps, also die Fotos, CCDs, genau.
Tim Pritlove 0:37:57
Und inwiefern ändert sich das jetzt von der Struktur ins Streifen?Also ist es dann immer noch eine Folie, die sich anders bestückt oder wo ist der Unterschied?
Christoph Rembser 0:38:06
Also das sind ja solche Fässer, diese Kameras, wie wir sie aufgebaut haben.Die Pixel sind quadratisch und da kann man ganz viele Pixel nebeneinander undhintereinander nebeneinander machen.Aber je weiter man nach außen geht, desto größer wird ja auch diese Oberflächedes Fasses, die da drum ist. Das heißt dann ist es plötzlich eine Kostenfrage.Weil natürlich wäre es genial, wenn wir da auch noch Pixel hätten,aber dann wird es zu teuer, weil jeder Pixel hat ja einen eigenen Auslese-Elektronikkanalund eigentlich berechnet sich dann auch so ein Kostenpunkt.
Tim Pritlove 0:38:35
Also das heißt man lässt quasi eine Dimension weg und hat einfach nur noch dieLinie sozusagen wo es durch geht.
Christoph Rembser 0:38:41
Richtig, genau und dadurch, dass man aber vorher Pixel hat, kriegt man grobja auch schon die Information, wo es lang geflogen ist, dann braucht man das nicht mehr, ganz genau.Und bei CMS sind diese Streifendetektoren, gehen dann noch zu höherem Radius,weg vom Kollisionspunkt.Bei Atlas hat man dann halt diese Röhrchendetektoren, Gasröhrchen,kleine 4 mm dicken Röhrchen mit dem Draht da drin und wenn da das Teilchen durchfliegt,dann ionisiert es das Gas und macht da auf dem Draht dann ein elektrisches Signalund das sind dann auch mindestens 32 von diesen Röhrchen durch diese und Teilchendann von innen nach außen durchfliegt.Und die geben dann auch noch genaue Informationen, wo das langgeflogen ist,aber vor allem auch Informationen, ob das zum Beispiel ein Elektron gewesen ist oder ein Pion.
Tim Pritlove 0:39:29
Mir ist nicht ganz klar, wie dieses Röhrchen sozusagen, also was misst es jetzt genau?Also da ist der Draht, das Teilchen fliegt durch, das Gas ionisiert,also erzeugt dann, erzeugen ist mal ein schwieriges Wort, also kommen dann Elektroden,werden da welche frei oder was?
Christoph Rembser 0:39:46
Klar die werden aus dem Atom, aus dem Gasatom richtig rausgehauen.
Tim Pritlove 0:39:49
Okay und die fliegen dann sozusagen zu diesem Draht und erzeugen in dem Momenteinen Impuls für das ganze Röhrchen oder hat man da wirklich einen Zeitverlauf den man da misst?
Christoph Rembser 0:40:02
Ja, richtig. Man hat nämlich ein bisschen einen Zeitverlauf.Also das einzelne Röhrchen.Da fliegt das Teilchen durch den Querschnitt durch, trifft natürlich nicht immerdie Mitte, sondern so ein bisschen am Rand zwischen der Röhrchenwand und dem Draht.
Tim Pritlove 0:40:19
Also die fliegt eher quer durch als längs? Ja genau, richtig.
Christoph Rembser 0:40:23
Also die Röhrchen sind sozusagen entlang des ganzen Fasses. Also wenn man sichdiese Kamera als Fass vorstellt, dann sind die im Prinzip entlang der Fasswände.
Tim Pritlove 0:40:35
Parallel zum Teilchenbeschleuniger sozusagen.Also sie gehen von der Seite durch die Rohre durch, also die treffen irgendwo auf diesem Rohr auf.
Christoph Rembser 0:40:48
Ja oder fliegen durch das Rohr durch, ionisieren und dann ist ja zwischen deräußeren Hülle des Röhrchens und dem Draht ist ein elektrisches Feld.Und die Elektronen, die dann rausgekickt wurden aus dem Gas,die driften dann hin zu dem Draht, einfach aufgrund des elektrischen Feldes.Und das elektrische Feld ist so stark, dass ein einzelnes Elektron dann nochweitere Elektronen aus dem Gas rauskickt, weil es so ein bisschen in dem Feld beschleunigt wird.Und dadurch hat man dann, sagen wir mal, pro ein Elektron, was vielleicht ionisiertdurch Ionisation des Teilchens entstanden ist, 10.000,elektrosekundäre Elektronen, die durch diese Gasverstärkung,also durch das elektrische Feld kommen und das erzeugt ein Signal,was groß genug Größend gelesen werden kann.
Tim Pritlove 0:41:32
Und das ist aber auch nur eine eindimensionale Information wie bei diesen Siliziumstreifenoder kann man dann tatsächlich an Laufzeiten dann von diesem Draht auch nochmessen, wo das da durchgegangen ist?
Christoph Rembser 0:41:43
Ja, also an Laufzeit kann man tatsächlich berechnen, dass man sie an beiden Seiten ausliest.Wir haben aber festgestellt, braucht man gar nicht, weil durch die Informationder Siliziumdetektoren zuvor,wo es vorher war, hat man das schon relativ gut zugeordnet bekommen.Aber tatsächlich ist eine Zeitinformation schon wichtig, weil wir wissen jaalle 25 Nanosekunden gibt es vielleicht ein neues Bild und eine neue Kollision.Das heißt aber, wenn zum Beispiel so ein Draht ein Signal sieht,dann kommt der ja nicht zum genauen Zeitpunkt der Kollision,sondern ein bisschen nachher.Und diese Zeit nachher berechnet sich aus der Flugzeit des Teilchens über diesenMeter, selbst wenn es Lichtgeschwindigkeit hat, ist das doch,reden wir doch schon darüber.
Tim Pritlove 0:42:30
Das dauert auch ein bisschen.
Christoph Rembser 0:42:31
Und durch die Driftgeschwindigkeit innerhalb des Röhrchens von der Wand hin zum Draht.Und damit kann man dann auch noch ganz genau, wo genau in dem Röhrchen selberdas durchgeflogen ist, bestimmen.Also Zeitmessung ist eine ganz wichtige Sache für uns und das wird auch fürdie Zukunft immer wichtiger. Zeitmessung, also 4D-Informationen.Wir machen demnächst halt nicht nur diese dreidimensionalen Bilder,sondern dann auch noch die Zeitkomponente kommt auch noch dazu.Naja, das sind die Spurdetektoren.
Tim Pritlove 0:43:01
Entschuldigung, wie viel Strecke haben wir jetzt zurückgelegt,bis wir am Ende dieser Röhrchen angekommen sind?
Christoph Rembser 0:43:07
Genau, das ist ungefähr ein Meter. Also muss man sich vorstellen,zwei Meter im Durchmesser hat diese Kameradicke des inneren Detektors für die Spuren.Daraufhin kommt dann die Spule. Das ist dieser Magnet, den du kurz angesprochen hast.Supraleitender Magnet und derist bei Atlas auch sehr dünn, hat aber nicht so die Stärke wie bei CMS.Der krümmt die Teilchenbahn. Und hinter dem Magneten kommt dann das Kalorimeter.Und hier bei Atlas haben wir was besonderes. Es ist nämlich ein Flüssig-Argon-Kalorimeter.
Tim Pritlove 0:43:43
Also Kalorimeter ist sozusagen der Energiemesser und auch so ein bisschen diepotenzielle Endstation für die allermeisten Teilchen.
Christoph Rembser 0:43:51
Genau, richtig. Also Kalorimeter misst die Energie der einzelnen Teilchen.Deswegen bestehen solche Kalorimeter meist oder eigentlich immer aus schwerenMaterialien, wie zum Beispiel irgendwelche Bleiplatten oder Stahlplatten, Kupferplatten.Da fliegen dann die Teilchen rein und machen Schauern auf, geben ihre Energieab, indem sie wieder weitere elektromagnetische Schauer oder Teilchen erzeugen.Die muss man dann jetzt aber auch noch nachweisen und da hat man das dann so,dass man so eine Absorberschicht immer hat und dazwischen dann eine Schichtmit flüssigem Argon und da ist jetzt wieder genau derselbe Trick fast wie beidiesen Röhrchen, die ich vorher beschrieben habe.Dieses flüssig Argon wird auch wieder ionisiert,wenn da diese Teilchenschauer drin sind und wenn man dann auf der anderen Seitezwischen der Absorberschicht Liquid Argon und dann eine Schicht Elektronik hinbaut,dann messen die wieder die entstandenen Schauerteilchen und können dann wiedergenau sagen, hier haben wir einen Stromimpuls gesehen, der so und so groß ist.Und dafür sind immer diese Messungen oder wir nennen das Teststrahlen vorherunglaublich wichtig, dass man kalibriert.Wenn wir einen elektrischen Impuls sehen, der so und so groß ist,dann entspricht das einem Teilchen mit der und der Energie.Und diese Kalorimeter sind relativ dick, also das sind mehrere 10 Zentimeter,so dass man viele Teilchen vermessen kann und genau aufzeichnen kann.Und vor allem diese elektromagnetischen Kalorimeter, das sind die,die der innere Teil eines großen Kalorimeters bildet, die messen präzise dieEnergie der Elektronen.Diese Kalorimeter sind auch meist so dick, dass jedes Elektron bis dahin gutabsorbiert ist, wenn es diese paar 10 Zentimeter durchquert hat.Das hat CMS auch. CMS hat nicht einen Liquid-Argon-Kalorimeter,sondern einen Kristall-Kalorimeter.Da wird dann der Lichtimpuls gemessen, wenn da so ein Teilchen aufschaut.
Tim Pritlove 0:45:55
Genau, mit diesem Blei-Wolframat-Kristall.
Christoph Rembser 0:45:58
Wir messen halt Elektronen, aber das funktioniert ziemlich gut.Wir haben aber bei uns auch tatsächlich den Vorteil bei Atlas dadurch,dass diese Kalorimeter so aufgebaut sind,dass sie auch wieder genau, und du hast das genau richtig schön beschrieben,parallel zum Strahlverlauf gehen und dann auch noch so eine leichte Akkordeonformhaben, kann man genau sagen auch aus welcher Richtung das Elektronen gekommenist. Also das funktioniert relativ gut.Und das hat uns auch geholfen bei der Higgs-Entdeckung.Ja und dann um dieses elektromagnetische Kalorimeter kommt dann immer noch einatronisches Kalorimeter und das ist viel Material und da hofft man dann,dass dann auch die ganzen restlichen Teilchen aufschauern.Und ganz wichtig war, die inneren Spurlagen, die vermessen ja nur Teilchen,die geladen sind. Da dachte ich, ja das geht nur über Ionisation.Aber die Kalorimeter vermessen auch Teilchen, die elektrisch neutral sind.Da gibt es zum Beispiel Neutronen, kennt man ja, oder Pion, ungeladene Pion,das P0, weil die auch in dem Material aufschauern.Das heißt, Kalorimeter vermessen nicht nur die geladenen Teilchen,sondern, und das ist für die Gesamtenergiebilanz wichtig, alle Teilchen, auch die ungeladenen.Klar, kein Teilchen vermisst Neutrinos, aber das ist okay.
Tim Pritlove 0:47:16
Dafür braucht man Kilometer Eiswürfel in der Antarktis.
Christoph Rembser 0:47:21
Ja, aber wir schaffen es tatsächlich auch Neutrinos in dem Sinne nachzuweisen,dass wir sie eben nicht messen. Da muss ich aber nachher drauf kommen,weil das ist eine ganz wichtige Eigenschaft eines Detektors,um zum Beispiel dunkle Materieteilchen finden zu können. Da kommen wir gleich drauf.Und dann außen rum kommen noch die Muonkammern. Das ist auch wieder ganz wichtig.Bei beiden CMS und Atlas ist nämlich die Teilchen, die durch das ganze Materialdurchfliegen, das sind die schweren Brüder der Elektronen, die Muon, auch geladen.Teilchen und die werden dann auch wieder von Von Detektoren,meist sind das Gasdetektoren, funktioniert eigentlich immer so,dass man zwei Platten hat.Dazwischen ist ein sehr starkes elektrisches Feld und da ist auch wieder einGas reingefüllt und wenn da ein Teilchen durchfliegt dann macht es da wiedereine Ionisation und dann gibt es im Prinzip einen Funkendurchschlag von deroberen Platte bis zur unteren.Das ist ja eigentlich so wie so ein Ding was man in der Bäckerei hat um dieFliegen tot zu machen, also die sind dann da außen herum aufgebaut und wannimmer da so ein Ding durchfliegt dann macht es einen Knall oder dann sieht maneinen Lichtblitz und dann kann man das aufzeichnen.
Tim Pritlove 0:48:28
Okay, so ein Large Scale Fliegenfänger, um Teilchen zum Knallen zu bringen.
Christoph Rembser 0:48:36
Aber das Wichtige ist halt wirklich, die Dinger sind so aufgebaut, also einmal das Fass,habe ich natürlich nicht so gut beschrieben, aber es ist wirklich das Fass parallelzu der Strahlrichtung drum herum und damit das Fass auch noch geschlossen ist,damit keine Teilchen irgendwie so noch entkommen in Richtung des Strahlrohrs,sind dann noch so zwei Fassdeckel drauf gebaut.Und damit umschließt man den Wechselwirkungsfang fast komplett.Und das ist auch wichtig, weil klar das Higgs war eine tolle Sache und dafürhaben wir auch die Detektoren gebaut. Aber meine persönliche Motivation isteigentlich eine ganz andere. Ich will dunkle Materie finden.Das ist das wieso ich hier eigentlich arbeite.Und das war auch das, was ich früher auch schon in den alten Beschleunigerngesucht habe, weil das ist was faszinierendes.Also ich erwähnte ja schon, die Physiker hier, wir kennen das,wir träumen, wenn wir oben in den Himmel gucken und dieses Weltall funktionieren sehen.Und dann brennen sich einem natürlich jetzt die Fotos und von irgendwelchenTeleskopen ins Hirn, die uns zum Beispiel Bullet Galaxy zeigen,wo zwei Galaxien miteinander kollidieren.Und dann gibt es Fotografien von verschiedenen Teleskopen und Kameras in der Astronomie,die uns dann zeigen, hier, dann gibt es den heißen Bereich,die durchdringen sich schnell, aber dann, die durchdringen sich und dann gibtes aber auch einen Bereich, den man mit Gravitationslinsen gemessen hat,der geht schnell durch, das ist ein ganz klarer Beweis dafür,dass es dunkle Materie geben muss im Weltall.Und wenn es dunkle Materie geben muss, dann muss die auch beim Urknall entstanden sein.Und welche Geräte eignen sich dann wieder besser als unsere hier,wo wir in der Zeit zurückreisen können, ganz nah an den Urknall,um zu gucken, hey, wenn es die dunkle Materie vom Urknall her gibt,dann sind wir vielleicht jetzt in der richtigen Energie, beziehungsweise inder richtigen Zeit zurück, in der wir gucken können, wie diese dunkle Materie entstanden ist.Das heißt, wenn ich die in meinen Kameras nachweise, dann weiß ich endlich,was das ist und das versuche ich.
Tim Pritlove 0:50:37
Es gibt ja sehr viele Thesen, also dunkle Materie, um es auch nochmal kurz erläutertzu haben, ist sozusagen das, was man halt bei der Beobachtung von Galaxien sichquasi errechnet hat, was eigentlich noch da sein müsste, aber man...Sieht's nicht. Hence the name Dunkel, aber es geht gar nicht so sehr um dieDunkelheit, sondern eher darum, dass man es eigentlich nicht weiß.Dark im Sinne von wir haben keine wirklich gute Erklärung dafür und auch derBegriff Materie ist ja im Prinzip auch erstmal nur so daher gesagt,weil ob es sich wirklich um Materie im eigentlichen Sinne oder zumindest imaktuellen Verständnis davon was es sich,Man kann es nicht mit Bestimmtheit sagen und es gibt ja auch viele Theorien,die versuchen dieses Phänomen auf eine andere Art und Weise zu erklären.Entweder indem man einfach so die Gravitation anders definiert,rechnet einfach gar nicht richtig, ist ein bisschen schwierig gegen Einsteinzu arbeiten, aber man kann es ja mal probieren.Oder ja, dass alles voll ist mit irgendwie schwarzen Löchern und man es nurdeshalb nicht beobachten kann,weil man halt einfach den Elektromagnetismus sozusagen fernhält und keinerleiPhoton mehr entweichen kann, was ja nun unser primäres Messinstrument eben ist.Es sei denn man benutzt halt jetzt noch Gravitationswellenastronomie und Neutrinoastronomie,die jetzt sozusagen frisch dazugekommen ist, aber das hilft uns in dem Fallauch erstmal nicht weiter oder zumindest macht es derzeit so den Eindruck,als ob man das nicht unbedingt weiterbringen kann.Also hat man jetzt irgendwie das Problem, dass man eigentlich erstmal versuchtirgendwas nachzuweisen, von dem man noch nicht mal genau weiß, was es ist.Aber auf der anderen Seite ist ja jetzt die Wahrscheinlichkeit,dass es sich doch um irgendeine Materieform handelt und damit ja sozusagen,Teilchen haben muss, die irgendwelche Eigenschaften haben, ist jetzt auch nichtkomplett von der Hand zu weisen.Das kann halt auch gut sein und die ganze Teilchenbeobachtung,die halt jetzt über Jahrzehnte gemacht wurde, fast, ich weiß nicht wie langeguckt man sich jetzt Teilchen an, 100 Jahre sind noch nicht ganz voll so,aber da ging es dann irgendwie los.Und natürlich jetzt vor allem so in den letzten 50,60 Jahren mit den ganzen Beschleunigungsringen und eben der ganzen Teilchenphysik,die hier auch theoretisch geleistet wird, kommt man eben so langsam an diesenPunkt, dass man sagt, okay, wir haben jetzt hier so unser Standardmodell so ein bisschen zusammen.Also alles das, was wir so bisher sehen konnten,messen konnten, haben wir, wo wir auch theoretische Konstrukte drumherum gebaut haben,um da sozusagen Verständnis zu bekommen, wie das auch alles miteinander interagiert,ist so jetzt auch erstmal weitgehend komplett, nachdem halt dieses Higgs-Feld und bzw.Das Teilchen, was daraus resultiert, das Higgs-Boson, dann auch erfolgreich am CERN gemessen wurde.Und wenn man jetzt also sagt, jetzt brauchen wir aber noch dunkle Materie,dann müssen wir halt irgendwo gucken, wo wir noch nicht geguckt haben und daskann halt bedeuten, entweder haben wir noch nicht scharf genug geguckt.Oder wir gucken in einem falschen Bereich und brauchen noch mehr Power.
Christoph Rembser 0:54:00
Zum Beispiel? Ja richtig.
Tim Pritlove 0:54:04
Und gibt es noch einen anderen Ansatz wohin man jetzt guckt?
Christoph Rembser 0:54:09
Du fasst das sehr richtig zusammen und sehr schön auch. Weil es in der Tat so ist.Ich kann dir nicht sagen wir suchen da etwas wo wir eigentlich keine Idee haben.Und deswegen ist das Schöne ja auch, wie viele Physiker verschiedene Ansätzenehmen und die haben alle ihre gleiche Berechtigung.Also da sieht man wieder, Wissenschaft löst sich oder geht nur,wenn wir alle da zusammen uns die Sachen angucken.Also Astronomie ist da ganz wichtig, weil vielleicht ist dunkle Materie wirklichnicht so, wie wir uns das vorstellen. Die Beschleuniger, was wir hier machen,bieten uns in einer Hinsicht halt vielleicht eine Möglichkeit.Aber ob das die ist, um dann nachher dunkle Materie wirklich zu finden, das weiß ich nicht.
Tim Pritlove 0:54:54
Jetzt haben wir halt diese fette Maschine, jetzt kann man ja auch zumindest mal versuchen was geht.
Christoph Rembser 0:54:58
Genau und das ist das Argument, was ich eben meinte. Wenn man dann annimmt,dunkle Materie sind Teilchen, die beim Urknall entstanden sind,weil irgendwann müssen sie ja entstanden sein, Dann hilft mir diese Maschine,die ja nichts anderes ist als eine Zeitmaschine und Bedingungen des frühen Weltalls,10hoch-12 Sekunden nach dem Urknall, uns beobachten lässt.Und wenn ich da dann gucke, wurden da vielleicht dunkle Materieteilchen erzeugt,dann habe ich ja vielleicht Glück gehabt.Vielleicht reicht auch die Energie nicht, vielleicht müsste ich auch noch weiterzurückgehen, 10hoch-13, 10hoch-14.Das würde uns natürlich in der Teilchenphysik oder in der beschleunigerbasiertenTeilchenphysik wieder helfen zu sagen wir bauen den nächsten Beschleuniger.
Tim Pritlove 0:55:40
Die Pläne gibt es ja im Prinzip, man ist zumindest auf der Reise mit diesemFCEE hier zumindest erstmal in der Planungsphase.
Christoph Rembser 0:55:48
Aber da wollen wir jetzt gar nicht weiter.
Tim Pritlove 0:55:50
Also das ist sozusagen etwas, was jetzt noch...Unklar ist wann es wie in welcher Form konkret kommen wird und dann selbst wennes beschlossen ist auch noch eine Weile dauert, weil bis man 190 oder 100 Kilometerreingebaut hat, so einen Tunnel muss man erstmal gegraben bekommen.Die andere Methode ist natürlich das zu verbessern was man schon hat und dannsind wir ja im Prinzip wieder genau in deinem Feld. Dann kommt es ja sozusagendarüber an, okay vielleicht müssen wir einfach nur besser detektieren.Alexander Ruschauer hat natürlich von der Beschleunigerseite her auch ja schon erzählt,was Sie als Team dazu beitragen können, indem Sie dann diese Dichten in dieserPakete verbessern, also quasidie Qualität des Urmaterials, auf dem man kollidieren lässt, verbessert.Aber was ist jetzt sozusagen eure Perspektive im Sinne von was kann man an diesenDetektoren noch verbessern?Da gehen wir jetzt mal von unlimitierten finanziellen Möglichkeiten aus.Wenn man schon träumt dann richtig.Was würdest du dann sozusagen ranschaffen?
Christoph Rembser 0:56:58
Tatsächlich sind unsere Beschleuniger Kollegen immens wichtig.Und zwar ist es ja so, dunkle Materie scheint es ja im Beschleuniger nicht ingroßen Mengen zu geben. Sonst hätten wir bestimmt schon was gesehen,Fotos davon gesehen können.Das heißt, was müssen uns die Kollegen von den Beschleunigern zur Verfügungstellen, ist eigentlich so, bleiben wir mal bei dem Bild, was ich vorher schonhatte, das ist so wie wenn man die Regeln von Fußball nicht kennt.Wenn man sich viele Fotos anguckt, lernt man langsam was über die Regeln vonFußball kennen und einmal Maradona den Ball mit der Hand spielen sehen,da muss man schon eine Menge Fotos durchgehen, um das dann zu sehen.Und jetzt nehmen wir mal an, dunkle Materie ist halt wirklich so selten,entsteht die bei den Kollisionen, das heißt wir müssen unwahrscheinlich vieleFotos machen, das heißt wir brauchen eine Art Zeit.B und das liefern uns tatsächlich die Beschleuniger, sind so dichte Teilchenpakete,dass die Wahrscheinlichkeit, dass Protonen sich treffen höher ist.Das heißt, dass wir mehr Bilder haben, bei denen das überhaupt hätte entstehenkönnen. Das heißt eigentlich sagen wir Intensität, wir brauchen mehr Daten undmehr Fotos. Zeit hilft uns.
Tim Pritlove 0:58:06
Handgottes, wir sind immer wieder beim Gottesdanken.
Christoph Rembser 0:58:09
Ne das bitte nicht, das ist ein sehr unglücklicher Name.Aber Maradona und Handgottes können wir doch mal bitte, den können wir so lassen glaube ich.Also das, da helfen die uns tatsächlich. Also wir brauchen Intensität und wirbrauchen Möglichkeiten von diesen 40 Millionen Bildungen pro Sekunde wirklichauch alle analysieren zu können.Das heißt moderne Computertechnologie, moderne Elektronik, schnelle Elektronik.
Tim Pritlove 0:58:38
Die Atlasrate erhöhen so würde man sagen.
Christoph Rembser 0:58:40
Richtig genau. Das ist das was wir auch machen im Moment.Da bauen wir unsere Detektoren noch weiter aus, verbessern die,weil klar Atlas wurde 2012 angeschaltet oder 2008 angeschaltet,das ist ja 2008 angeschaltet, das ist ja schon alte Technologie.Jetzt wollen wir wieder modernere Sachen da reinbringen, um die Raten noch weiterzu erhöhen, die Anzahl der Fotos und vor allem die Kapazität diese Fotos genau zu analysieren.Weil wie sähe eigentlich dunkle Materie aus auf einem Foto?Das ist ja, das sagtest du eben auch schon so schön, man sieht ja nix. Es ist genau das,dass man eben nichts sieht, also nicht ganz, aber wenn solche Teilchen zusammenstoßen,Dann fliegen ja alle möglichen Teilchen in irgendwelche Richtungen und werdenda von den Kameras vermessen.Und damit haben wir dann im Prinzip Energie und Impuls aller Teilchen, die da wegfliegen.Wenn wir jetzt was haben, was man nicht sieht, dann fehlt irgendwo an der Stellewas. Dann ist irgendwas nicht mehr richtig ausbalanciert. vor allem.In einem Bereich, der senkrecht zum Strahlverlauf geht. Und das muss man sich ja so vorstellen.Wenn Teilchen zusammenprallen, haben die ja Flugrichtung. Und diese Flugrichtungsind ja nur entlang des Strahlrohrs.Wenn wir jetzt ein Foto machen von den wegfliegenden Teilchen,dann muss ja, weil bisher keinerlei Bewegungsrichtung transvers zu diesem odersenkrecht auf diesen Strahlaxen war, Man muss ja auf dem Bild alles balanciertsein, was transvers davon weg geht.Das heißt, wenn was in die eine Richtung geht, muss auch was in die andere Richtunggehen, damit es in der Summe wieder Impulsehaltung gilt.Ja, ich hoffe, du kannst noch ein bisschen folgen.
Tim Pritlove 1:00:29
Ich kann folgen, ja.
Christoph Rembser 1:00:29
Super. Und dafür ist es dann so, wenn jetzt dabei ein dunkles Materieteilchenentstanden wäre, dann fliegt das in eine Richtung, wird aber überhaupt nicht vermessen.Aber es wird natürlich von irgendwas balanciert, was sagen wir mal ein Teilchenstrahlist oder ein Jet ist und so, der in diese Richtung geht.Und wenn wir uns dann die Bilder angucken und nur diese transverse Ebene senkrechtzum Strahl uns angucken, dann sieht man plötzlich etwas, das nennen wir fehlende Energie.Missing Energy. Weil da dann unser Detektor nichts gesehen hat.
Tim Pritlove 1:00:59
Aber kann es nicht sein, dass wenn es in eine Richtung dunkle Materie geht,dass es auch in die andere Richtung dunkle Materie geht?
Christoph Rembser 1:01:04
Das kann natürlich auch sein. Dunkle Materie wird dann farbproduziert aber...
Tim Pritlove 1:01:11
Kann aber, also es ist durchaus wahrscheinlich, die Teilchen sind immer unterschiedlich sozusagen.Es gibt relativ wenig Symmetrie in diesem Ergebnis.
Christoph Rembser 1:01:22
Ja aber es kann durchaus sein, dass dann so ein Bild ist und das ist genau dasworauf wir dann achten. Es kann natürlich auch ein Neutrino sein,weil ein Neutrino macht genau diese selbe Signatur.Aber da ein Neutrino leicht ist, fällt das nicht so auf als Missing Energy,so ein schweres dunkle Materieteil, das wäre richtig schwer,das müsste echt schon ganz schön doll ausbalanciert werden und das würde sehrviel fehlen in der Energie machen.Also das sind so, wie wir dann in den Fotos solche Dinge erkennen könnten unddeswegen brauchen wir halt viele.
Tim Pritlove 1:01:56
Also Abtastrate erhöhen hat ja auch, wenn ich das richtig sehe,die eigentliche Bauform und die Komponenten, die ganzen Messkomponenten,die widersprechen einer höheren Abtastrate nicht.Man muss es halt einfach nur konsumieren können. Das heißt es ist eine Frageder Computertechnik, der Datenübertragung, der Speicherung etc.Der Echtzeitanalyse der Daten um das entsprechend rausfiltern zu können wasrelevant ist und was nicht relevant ist.Und das skaliert ja im Prinzip so ein bisschen mit der technologischen Entwicklung der Elektronik.Das hat zwar auch nochmal so seine Probleme aber im Prinzip tut sich da ja noch was.
Christoph Rembser 1:02:38
Das ist genau richtig, jaja.
Tim Pritlove 1:02:44
Dieses Steinhandmodell ist ja irgendwie ein bisschen kompliziert,wenn man drauf schaut und ich hab langsam das Gefühl es sickert bei mir ein bisschen ein,aber es gibt ja dann noch so diese Idee in dem Erklärungsversuch von allem mit der Supersymmetrie.Auch noch so ein catchy Abkürzungsnamen, Susi.Und mir ist nicht so ganz klar wie populär diese Theorie eigentlich so ist,also ob das eher so eine Fringe Meinung ist und alle schütteln so ein bisschenmit dem Kopf, aber schauen wir mal.Oder ob das schon irgendwie auch so ein heißer Kandidat zu sein scheint,weil es scheint ja bisher noch nicht wirklich auch nur einen Beleg dafür zugeben, sondern es ist sozusagen so eine Theorie. Und die macht ja dann diesesganze Standardmodell nochmal komplizierter, weil es ja alles auch nochmal doppelt gibt.Ich hab nicht so ganz verstanden, warum das eigentlich, wenn man überhaupt auf die Idee kommt,dass das irgendwie sein könnte und was es dann irgendwie leichter macht zu erklärenals jetzt schon und geschweige denn,wie man jetzt in irgendeiner Form mit diesen Teilchendetektoren und dem ganzenMesszoo, den wir hier haben, da weitere Erkenntnisse einsammeln kann.
Christoph Rembser 1:03:57
Also erstmal Supersymmetrie ist tatsächlich nicht tot zu kriegen.Es ist auch ein tolles Physikmodell, was viele Vorteile hat.Also versuche ich mal auf Folgendes einzugehen. Also wenn man vom Standardmodellguckt, wir haben zwei verschiedene Teilchentypen.Ganz wichtig. Das eine sind nämlich Materieteilchen. Das sind so die Legosteine,weil es denen alles aufgebaut ist. Und dann gibt es die Kraftteilchen.Das sind so die großen Unterschiede und Bereiche, die es gibt.
Tim Pritlove 1:04:33
Genau. Also das eine sind so Hadronen und Leptonen.Also das eine macht so die Kerneunter anderem. Das andere macht so die Elektronen und die Verwandten.Und das andere sind die, die sozusagen die Kräfte übertragen.
Christoph Rembser 1:04:47
Licht, das ist das Photon, elektromagnetische Kraft.Gluon ist die Kraft, die im Prinzip die Quarks in einem Kern zusammenhält.Dann gibt es natürlich die Gravitation, kennen wir auch alle.Da gibt es aber noch nicht so das gefundene Graviton dazu, haben wir noch nichtgesehen. Aber was wir natürlich kennen, das ist das sogenannte Überträger derschwachen Kraft. Ich nenne es immer die Harry Potter Teilchen.Und zwar ist die schwache Kraft ja nichts anderes als die Protonteilchen,weil die sind dafür verantwortlich, dass ein Teilchen sich in was anderes umwandelnkann, das ist ganz wichtig, also sehr fundamental.Wir kennen doch alle den radioaktiven Zerfall. Was passiert ist,dass ein Proton sich in Neutronen oder andersrum umwandeln kann und das klappteinfach nur, weil es diese schwache Kraft gibt. Ja, der wird dann zum Beispiel ein...Über ein Z-Boson, das elektrisch neutral ist, kann sich ein Teilchen umwandelnoder über ein W-Boson, was auch geladen sein kann, kann sich ein Teilchen miteiner anderen Ladung umwandeln.Deswegen, das ist immer so als die Harry Potter Kraft, dann vergisst man dasnicht mehr, warum das so ist.
Tim Pritlove 1:06:03
Also wir haben diese beiden Gruppen, ich nenne es immer so die Ist und die Wird Abteilung.Das eine ist irgendwie, das andere sorgt dafür, dass irgendwas wird.
Christoph Rembser 1:06:12
Genau, nee das ist auch richtig. Und jetzt ist es so,wenn man in der Theorie, Theoretiker Massen von Teilchen berechnen,dann ist das ja nicht einfach nur eine Zahl,sondern zu der Masse eines Teilchens in seiner Berechnung trägt zum Beispielbei sogenannte Schleifenrechnung,dass aus dem Vakuum irgendwelche Koppelungen gibt, die dann noch zu der Masseeines Teilchens beitragen.Da wäre ich jetzt manchmal, das ist, hätte ich gerne jetzt ein Bild,was ich zeigen würde, dann würde man es natürlich besser verstehen.Aber die müssen wir erzeugen.Aber wenn man damit zum Beispiel auf diese Art, auch der Schleifenberechnung,die Higgs-Masse berechnet mit der modernen Theorie, dann stellt man plötzlichfest, weil wenn man sich die Higgs-Masse bei hohen Energien anguckt,dann wird die plötzlich unendlich groß.Das beobachtet man ja gar nicht, sondern die verändert sich ja gar nicht so.Und daraufhin gibt es dann halt diese Supersymmetrie, eine Theorie,die halt sagt, ah, weil zu der Masse eines Teilchens in den Schleifen tragendie Kraftteilchen mit einem anderen Vorzeichen bei als die Materieteilchen.Und jetzt kommt der Trick, wenn man dann halt sagt, ja gut, jetzt gibt es nochsupersymmetrische Teilchen zu den Kraftteilchen,das sind nämlich supersymmetrische Materieteilchen und zu den Materieteilchen,also supersymmetrische Kraftteilchen, dann hat man plötzlich zwar die Anzahlder Schleifen verdoppelt, aber dadurch, dass die sich von den Vorzeichen herunterscheiden, Kompensieren die sich und damit erreicht man in der Theorie plötzlich,dass die Massen nicht explodieren.
Tim Pritlove 1:07:58
So ein mathematisches Modell, was dann diese Sonderfälle erläutert.
Christoph Rembser 1:08:04
So startet das und das tolle dabei war und deswegen wurde es so populär,weil das erklärt dann solche Phänomene wie dunkle Materie, weil falls es solchesupersymmetrischen Teilchen gäbe, dann existieren neutrale, schwere, stabile Teilchen.Und das wären super dunkle Materie Kandidaten.
Tim Pritlove 1:08:22
Ah verstehe, ok. Das macht alle so scharf drauf.
Christoph Rembser 1:08:25
Genau und tatsächlich bin ich auch scharf auf Susi.Deswegen, falls es die gibt.Hoffe ich halt immer noch. Ich kann jetzt genügend Bilder analysieren von meinemDetektor, um dann endlich mal so ein dunkles Materieteilchen zu finden.
Tim Pritlove 1:08:47
Also es ist noch eine Menge Musik drin sowohl was jetzt potenzielle Dinge diees zu entdecken gilt betrifft.Klar theoretisch ist das ja auch eine unendliche Liste an Erkenntnissen die man da haben kann.Aber es ist auch, sagen wir mal, nicht unwahrscheinlich,dass die ganze Technologie, die jetzt hier am CERN so über die Jahrzehnte zusammengebaut wurde,im Prinzip auch noch eine ganze Menge liefern kann,weil es einfach sehr viel Optimierungspotenzial gibt und weil auch irgendwieabsehbar ist, dass man sozusagen mit dieser Art und Weise der Forschung schonden Ding noch mächtig auf den Busch klopfen kann.Man ist ja nicht so auf einmal Higgs Boson ist gefunden, wir können das ja abbauen,sondern da geht wahrscheinlich noch was. Das ist ja auch schon mal eine interessante Erkenntnis.
Christoph Rembser 1:09:41
Tatsächlich, es gibt ja gemeinsame Rätsel, die uns auch mit der Kosmologie völlig zusammenbringen.Das ist ja auch zum Beispiel dunkle Energie, was ist das? Ich finde das immernoch wahnsinnig, wenn man sichvorstellt, dass unser Universum immer schneller in der Ausdehnung wird.Eigentlich ist das verrückt. Das heißt, es muss irgendwas ziehen und irgendwas drücken. Was ist das?Und selbst da ist es so, dass wir bei uns in der Teilchenphysik,wenn irgendwie die Ursache für solche Effekte darin liegt, dass es irgendetwasgibt, was auch beim Urknall erzeugtworden ist, dann haben wir hier eine Chance, diese Sachen zu sehen.Und wir gucken halt auch nach dem völlig Unerwarteten. Also es ist nicht so, dass wir,Jetzt nur nach bestimmten Modellen suchen. Wir machen natürlich auch unsereFotos, gucken uns auch so an, vielleicht gibt's ja dreibeinige Hunde oder sowas.
Tim Pritlove 1:10:33
Was ich aber immer interessant, also was ich wirklich jetzt interessant findenach all diesen ganzen Gesprächen ist,kommt alles zur Sprache, aber das Ding mit der Schwerkraft mal schlüssig zuerklären, das traut sich keiner auch nur in den Mund zu nehmen.Warum ist das so ein Buch mit sieben Siegeln, da will keiner drüber reden.Ist das irgendwie allen peinlich, dass es da noch nicht mal ein gutes Erklärungsmustergibt, wie es eigentlich wirkt.Ich meine wir kennen die Effekte und Einstein hat alles gut beschriebenund nachvollziehbar und seit 100 Jahren wird alles getestet und rumexperimentiertund er hat immer noch recht und wir können so ein Stück Metall 30 Jahre durchsAll schicken Und es kommt dann wirklich genau da an, wo wir es gerne hätten.Allein nur mit diesen Formeln.Trotzdem gibt es keine gute Erklärung, was jetzt wirkt.Und wir haben ja in diesem Standardmodell viel Wirkstoff drin und das lässtsich bei der schwachen und bei der starken Energie und vor allem bei der elektromagnetischen Kraft,wie hier ja auch festgestellt wurde, haben die ja auch alle so einen Bezug zueinander,die haben alle was miteinander zu tun,also die starke Kraft scheint auch noch so ein bisschen isoliert dazustehen,aber die Gravitation ist halt überhaupt nicht beschrieben und diese Idee einesGravitons ist ja auch nur so ein dahergesagter Name,also es gibt keinerlei Indizien, dass es sowas gibt, will sich da keiner drum kümmern?
Christoph Rembser 1:12:07
Ich glaube da würden sich liebend gerne viele drum kümmern.Ich möchte auch gerne ein bisschen so anfangen. Ich gehe jetzt ein bisschenvon mir aus. Du fragst hier einen Experimentator.Ich bin Experimentalphysiker und kein Theoretiker.Also da könnten sicher...
Tim Pritlove 1:12:26
Versuchen nur die Diskussion in der Wissenschaftsgemeinde abzubilden.
Christoph Rembser 1:12:30
Aber da sind mir meine Kollegen von der Theorie um so vieles voraus und wahrscheinlichauch bessere Gesprächspartner als ich da zu dem Thema der Gravitation bin.Aber und das finde ich wahrscheinlich auch so interessant nachzusuchen was eigentlichum die Zeit des Urknalls passiert ist,weil wir wissen ja gar nicht ob die Kräfte die wir bisher beschrieben haben,diese vier, Gravitation, elektromagnetische Kraft, schwache Kraft,starke Kraft, ob das überhaupt alle Kräfte sind.
Tim Pritlove 1:13:02
Und ob Gravitation überhaupt eine ist.
Christoph Rembser 1:13:04
Und ob das überhaupt eine ist. Na gut, also Szeno 35 mal schwächer,zumindest so beobachtet man das und so fassen wir das jetzt als elektromagnetischeKraft. Aber vielleicht gibt es ja auch noch was völlig anderes.Vielleicht könnten natürlich auch unsere Experimente darüber was bringen,aber ich denke mir manchmal, wir sind so als Menschen doch relativ blind.Also wir haben ein paar Sinne, aber das heißt ja nicht nur, weil wir irgendwelcheSachen nicht mit unseren eigenen Sinnen oder sogar jetzt mit unseren Kamerasbemerken können, dass es diese Dinge nicht gibt.Ich meine, vielleicht gibt es ja noch andere Kräfte, die uns erlauben zu wechselwirken.Diese Konsequenzen, Paralleluniversen etc. sind plötzlich riesig und machenSpaß darüber nachzudenken.
Tim Pritlove 1:13:53
Auf jeden Fall habt ihr eine Menge Spaß hier, das merkt man schon.Ja, was möchtest du dem Gesagten noch anstellen, was noch unerwähnt gebliebenist, was du den Hörern vielleicht noch mit auf die Reise geben möchtest?
Christoph Rembser 1:14:09
Also auf jeden Fall würde ich sagen, kommt mal zum CERN und guckt euch das an.Also diese Möglichkeit, es gibt hier Besuche und so alles, aber auch diese Atmosphäremal aufzuschnuppern, zu sehen, die Experimentierhallen, Also das haut eigentlich jeden um.Kann ich nur jedem raten, versuch das mal. Kommt mal zu uns her.Gibt es eine Webseite, kann man Besuche machen und da sind ziemlich viele Leute.
Tim Pritlove 1:14:33
Ja die schiere Größe allein des Wissenschaftsstandorts ist ja schon ziemlich bemerkenswert.
Christoph Rembser 1:14:39
Und studiert Physik, kann ich auch immer so sagen.
Tim Pritlove 1:14:43
Alright, gut, dann vielen Dank Christoph für die Ausführungen über den Detektor,Atlas und natürlich auch alle anderen Aspekte, die wir hier besprochen haben.Das war jetzt die vorletzte Sendung hier vom CERN in dieser Reihe,das heißt einen haben wir noch und da könnt ihr mal drauf warten, was dann noch kommt.Ich sag vielen Dank und vielen Dank für's Zuhören hier bei Raumzeit.Das war's für heute. Ich sag tschüss, bis bald.

Shownotes

RZ114 CERN: CMS

Aufbau, Funktion und Aufgabe des CMS-Detektors am CERN

Der CMS (Compact Muon Solenoid) ist einer der beiden Detektoren, die gemeinsam den Nachweis des Higgs-Bosons ermöglicht haben und ist eine dieser gigantischen Strukturen 100m unter der Erde am CERN and dem die vom LHC beschleunigten Teilchen untersucht werden.

Dauer:
Aufnahme:

Wolfgang Adam
Wolfgang Adam

Wir sprechen mit Wolfgang Adam, dem stellvertretendem Sprecher CMS-Kollaboration, über die Planung, Bauphase und Design des Detektors, die Funktionsweise und Aufgaben der einzelnen Detektionsschichten und welchen Beitrag CMS zum Nachweis des Higgs-Bosons geleistet hat.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove 0:00:34
Hallo und herzlich Willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Frithloff und ich begrüße alle hier zu Nummer 114 von Raumzeit.Und ja, wie ihr schon gemerkt haben dürftet, gibt es ja hier eine ganze Serievon Podcasts hier am CERN in Genf, wo wir mal aufschlüsseln wollen,was denn hier eigentlich alles so installiert ist, warum und wie es funktioniert.Und nachdem wir jetzt schon ein wenig über die Geschichte des CERNs gelernthaben und auch so die Grundlagen der ganzen Physik,die hier erforscht wird,angerissen haben, uns auch schon den ersten Detektor angeschaut haben mit ALICE,wollen wir heute mal so ein bisschen auf den Kern der Kernforschung hier kommenund uns in einer Reihe von zwei Sendungen die Hauptdetektoren des LHC,des Large Hadron Collider, anschauen, mit denen so der Großteil der Experimente durchgeführt wird.Und fangen wir an mit dem CMS-Detektor, dem Compact Muon Solenoid, Toller Name, Detektor.Ja und um darüber Auskunft zu erhalten, begrüße ich meinen Gesprächspartner,nämlich Wolfgang Adam. Hallo Wolfgang.
Wolfgang Adam 0:01:55
Hallo.
Tim Pritlove 0:01:56
Herzlich willkommen bei Raumzeit. Du bist Senior Research Associate für CMSAnalyse und CMS Tracking und stellvertretender Sprecher.
Wolfgang Adam 0:02:08
Genau, ich arbeite für das Institut für Hochenergiephysik der ÖsterreichischenAkademie der Wissenschaften in Wien und habe eben gleichzeitig auch Funktionenin der Kollaboration, die das CMS-Experiment betreibt.
Tim Pritlove 0:02:22
Ja und wie bist du dazu gekommen mit der ganzen Wissenschaft?War das irgendwie schon ein Kindheitstraum?
Wolfgang Adam 0:02:29
Naja ich hatte mich früher für Mathematik,Technik, Physik interessiert und habe dann ein Studium der Physik an der TechnischenUniversität in Wien begonnen und als es Richtung Diplom ging,hatten wir einen Professor für Theoretische Physik,der gleichzeitig zu dieser Zeit Präsident des CERN Councils war,das heißt der Vertretung an der CERN-Mitgliedsstaaten, die die strategischeAusrichtung des CERN sozusagen definieren.Und er hat uns eben diese Art von Physik näher gebracht und von den Herausforderungengesprochen, die es hier gibt.Und das hat mich natürlich interessiert habe mich dann für meine Diplomarbeitbeworben beim Institut für Hochenergiephysik,das eben das Institut in Wien ist, das sich mit dieser experimentellen Hochenergiephysikbeschäftigt und bin dort eingestiegen in die Vorbereitung des Delphi-Experiments.Das war der Beschleuniger, der hier im Tunnel vor dem LHC gelaufen ist,LEP, Large Electron Positive Collider, und wir haben da eine Detektor-Komponentein Wien gebaut und ich habe mich dann angefangen damit zu beschäftigen und bindann zum CERN gekommen um die Installation und den Betrieb und die Auslese diesesDetektors zu übernehmen.Das war ab dem Ende der 80er Jahre,also LEP ist während der 90er Jahre gelaufen, Also die beginnen 1989.
Tim Pritlove 0:04:06
Das heißt du bist jetzt hier seit 30 Jahren oder länger noch?
Wolfgang Adam 0:04:10
Ja. Ja.
Tim Pritlove 0:04:11
Okay.
Wolfgang Adam 0:04:13
Und ich habe dann am CERN ein Fellowship gemacht, im selben Experiment,aber in einem anderen Detektor, dem Cherenkov Detektor.Das ist etwas, was wir hier CMS nicht finden,aber das ist ein Detektor, mit dem man Geschwindigkeit geladener Teilchenmessen kann und sie damit identifizieren kann und habedann verschiedene Physikgruppen in Delphi übernommen und dann gegen Ende derLablaufzeit auch eine gemeinsame Arbeitsgruppe der vier Lab-Experimente fürSuchen nach unter Anführungszeichen exotischer Physik, also neuen Teilchen.
Tim Pritlove 0:04:56
Exotische Physik. Tcherenkov-Strahlung war ja auch schon mal ein Thema,Raumzeit 104, da war ich auf La Palmaund wir haben dort die Pläne für das Tcherenkov-Teleskop-Array angeschaut.Das ist ja related, sagen wir mal, da kosmische Strahlung und so weiter.
Wolfgang Adam 0:05:14
Genau, nur entsteht dort die Tcherenkov-Strahlung in der Atmosphäre.Da muss man nicht beschleunigen. Genau, während hier in den Hochenergiephysik-Experimentendas innerhalb eines Detektors passiert.
Tim Pritlove 0:05:24
Genau, aber das ist ja immer wieder auch schön zu sehen, so diese Analogie.Auf der einen Seite gibt es halt die Installationen, die einfach versuchen diekosmische Strahlung, die ohnehin schon beschleunigt durchs All schießt,in irgendeiner Form auszuwerten.Da wäre ja nebenbei auch noch das Alpha Magnetspektrometer zu erwähnen.Hatte ich ja auch schon bei Raumzeit 38 schon vor 10 Jahren tatsächlich dasThema schon mal, dessen Kontrollzentrum ja tatsächlich hier auch auf dem Zerngelände ist.Genau, aber wie wir ja auch schon in den letzten drei Sendungen ausgeführt haben,hier wird halt viel beschleunigt und durch diese Kaskade von Ringen kriegt mandann halt einfach die Teilchen mit einer sehr sehr hohen Energie zu den Detektorenund das ist dann eben sozusagen der Ort, wo es dann unter anderem mit dem CMS weitergeht.
Wolfgang Adam 0:06:13
Genau, und das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Auslegung der Experimente,weil wir eben hier nicht natürlich vorkommende Phänomene betrachten,die über Zeit konstant beobachtet werden können, sondern wir generieren hierdie Kollisionen, die wir beobachten wollen, direkt.Und das hat natürlich Auswirkungen auf, wie wir die Detektoren auslegen, betreiben.
Tim Pritlove 0:06:41
Jetzt wollen wir nochmal sagen, also ich hab's ja schon angedeutet,also CMS und Atlas, was, Spoiler Alert, das Thema in der nächsten Sendung seinwird, das sind ja im Prinzip so...Geschwister, Nachbarn, die kümmern sich im Wesentlichen um freundliche Konkurrenten.Also zwei Detektoren mit unterschiedlicher Technik, die mehr oder weniger denselben Auftrag haben.Im Prinzip in all dieser ganzen Beschleunigungen die selbe Art von Phänomenenversuchen zu beobachten, aber eben mit unterschiedlicher Technik.Und das finde ich einen ganz interessanten Ansatz, weil man ja dadurch sozusagenvon vornherein feststellt, okay, wir haben kein Bias in unserer Technologie bei dem, was wir sehen.Oder zumindest nicht so weniger, weniger Bias.
Wolfgang Adam 0:07:30
Es gibt verschiedene Gründe natürlich, das so zu machen.Warum wir überhaupt zwei Experimente haben, das hat mit dem zu tun,was ich vorhin erwähnt habe, dass wir hier eben die Kollisionen selbst erzeugen.Ein Grundsatz der Wissenschaft ist natürlich, dass Messungen immer kontrolliert,unabhängig kontrolliert werden können von unabhängigen Wissenschaftlern.Bei vielen Experimenten kann das hintereinander geschehen.Also es wird ein Experiment durchgeführt, man findet etwas, danach kommt einanderes Experiment, das das überprüfen wird und verbessern wird.Aber nachdem wir hier natürlich den Beschleuniger betreiben müssen,ist es nicht optimal, wenn man die Messzeiten, die ja ohnehin Jahre und Jahrzehntedauern, wenn man die verdoppeln würde.Und daher ist es viel ökonomischer, die zwei Experimente gleichzeitig zu betreiben.Und für die unterschiedliche Auslegung gibt es verschiedene Gründe,technologische Gründe, aber es gibt Es gibt vor allem unsere,wenn wir Messungen durchführen, sind die Werte, die wir messen,natürlich mit Fehlern behaftet.Das heißt, es gibt da Unsicherheiten auf die Messwerte. Das ist vollkommen normal.Das geschieht in allen Messungen.Und diese Unsicherheiten können verschiedenen Ursprung haben.Es gibt einen ganz einfachen statistischen Ursprung.Das heißt, wir beobachten eine endliche Zahl von Ereignissen,wenn wir einen bestimmten Prozess messen und dadurch können Fluktuationen auftreten.Wenn man einen Würfel zehnmal würfelt, dann werden die Eins bis Sechs nichtgenau mit der gleichen Wahrscheinlichkeit auftreten.Also man wird nicht die gleiche Zahl beobachten.Ähnlich ist es hier, wenn wir nur eine bestimmte Zahl von gewissen Ereignissenbeobachten, dann kann diese Zahl einfach ganz natürlich rauf und runter fluktuieren.Aber es gibt dann eine zweite Komponente, die wir hier typischerweise systematischeFehler nennen. Das ist...Mögliche Verzerrungen des Messwerts durch Effekte, die zum Beispiel aus demDetektor kommen können oder aus der theoretischen Modellierung dieser Prozesse.Und um diese Fehler möglichst auszuschließen, ist es günstig,wenn man zwei Experimente mit unterschiedlichem Aufbau hat, weil Detektorfehlerdann im anderen Experiment nicht in derselben Form auftreten würden und mansich dadurch gegenseitig kontrollieren kann.
Tim Pritlove 0:10:11
Ja, das ist sozusagen jetzt erstmal die Prämisse gewesen.Das heißt die beiden Detektoren sind quasi mit unterschiedlichen Philosophien,mit unterschiedlichen technischen Philosophien, aber eben mit dem selben Ziel entwickelt worden.Was ich schon mal ganz bemerkenswert finde, weil das sind ja alles sehr komplexeMaschinen. Also jede Maschine für sich ist ja schon sehr sehr sehr kompliziertund auch so nie dagewesen.Also so ein bisschen wie auch in der Raumfahrt, es ist eine permanente Prototypenentwicklungund man baut ja nicht was, was man schon mal hatte, weil das kennt man ja schon,ist ja auch langweilig so.Und das verstehe ich auch sehr gut, das ist einer der Reize,der hier sozusagen immer wieder ist. Man hat es halt einfach immer mit BleedingEdge Technology zu tun, mit anderen Worten, man muss aber diesen Aufwand danngleich zweimal treiben.Und ist natürlich dann vielleicht auch versucht, in gewisser Hinsicht, Oh mein Gott.Also dann steht man ja immer so in diesem Spannungsfeld, machen wir es jetztüberall komplett anders aus Prinzip oder tendieren wir dann dazu zu wenig aufabgehangener Technologie zu basieren,die dann auch so viel Risiko mit in das Ding reinbringt, dass es eben vielleichtam Ende nicht funktioniert?
Wolfgang Adam 0:11:34
Die Auslegung dieser Experimente ist immer eine Balance zwischen einem Kompromisszwischen wirklich die neueste und beste Technologie zu verwenden und gleichzeitigdas Risiko klein zu halten.Das Kleinhalten des Risikos, ein Teil davon ist natürlich wiederum,dass wir zwei Experimente mit unterschiedlichen Technologien haben.Und es gibt natürlich noch eine endliche Zahl von Detektor-Technologien,aber das heißt gewisse Elemente werden ähnlich sein,aber in den Details unterscheiden sie sich dann und vor allem in der Gesamtkonzeptionunterscheiden sich die zwei Experimente.
Tim Pritlove 0:12:13
Gut, dann schauen wir doch mal darauf, was jetzt im Falle von CMS tatsächlich gebaut wurde.Wie ist sozusagen das Design des Detektors?Im Namen steckt ja schon so einiges drin. Also im Prinzip das Bauprinzip,wenn ich das richtig sehe, ist hier unter anderem mit enkodiert.Und wie muss man sich das vorstellen? Wie groß ist das Ding? Erzähl doch mal.
Wolfgang Adam 0:12:39
Also wie gesagt, wir haben ein Kompakt im Namen. Das könnte vielleicht etwastäuschen, weil der Detektor wiegt über 10.000,Tonnen, ist über 20 Meter lang und circa 15 Meter Durchmesser,also ungefähr die Größe eines Hauses.Und dieses Volumen ist zum großen Teil mit Präzisionstechnologie gefüllt.Das Grundprinzip, das gilt auch für Atlas, ist,dass wir idealerweise, wir haben diese Kollisionen,die im Beschleuniger stattfinden, daraus entstehen Sekundärteilchen,sehr viele, hunderte, tausende, und idealerweise wollen wir alle diese Teilchenmessen und ein Maximum der Eigenschaften jedes dieses Teilchens messen.Leider gibt es kein Detektor-Konzept, das alle Eigenschaften gleichzeitig messen kann.Mit Eigenschaften meine ich da zum Beispiel den Ursprungspunkt,weil es gibt natürlich Teilchen, die direkt aus dem Punkt kommen,an dem Protonen oder Atomkerne kollidiert sind.Aber es gibt dann auch Zwischenstufen. Es gibt kurzlebige Teilchen,die dort erzeugt werden, ein Stück weit fliegen, dann in weitere Teilchen zerfallen.Das heißt, wir wollen wissen, ob Teilchen vom ursprünglichen Kollisionspunktkommen oder aus dem Zerfall eines kurzlebigen Teilchens kommen.Wir wollen die Richtung wissen.Wir wollen idealerweise die Art des Teilchens wissen, seine Masse und natürlich seine Energie.Und um das für alle wichtigen Teilchenarten zu erzielen, gibt es nur die Möglichkeit,dass man mehrere Detektorsysteme kombiniert, weil eben ein einzelnes Systemnicht alle diese Eigenschaften messen kann.Das heißt, ganz grob gesagt, teilt sich der Detektor in drei Zonen, je nach Teilchentyp.Im innersten Teil des Detektors versuchen wir die Flugbahn von geladenen Teilchen festzustellen.Also damit kann man eben auch den Produktionsort feststellen,die Richtung und wir können auch den Impuls feststellen.Das heißt im klassischen Fall ist Impuls einfach das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit.Im relativistischen Fall, unsere Teilchen, die dort erzeugt werden,sind alle normalerweise relativ nah an der Lichtgeschwindigkeit.Es ist etwas komplizierter, aber es gibt jedenfalls einen Zusammenhang zwischenEnergie, diesem Impuls und der Masse eines Teilchens.Und das erzielen wir dadurch, dass wir eben ein starkes Magnetfeld im Großteil des Detektors haben.Und dieses Magnetfeld wird die geladene Teilchen auf Helixbahnen zwingen.Und aus der Krümmung dieser Helixbahnen kann man dann den Impuls berechnen.Die Idee ist, dass man in diesem Volumen die Teilchen möglichst wenig und unterAnführungszeichen stört.Das heißt, wir wollen diesen Teil des Detektors möglichst leicht bauen,damit die Teiche nicht mit Material kollidieren und sich in andere Teiche umwandeln.Und das ist sozusagen die erste Zone. Die zweite Zone wird verwendet,um die Energie der meisten Teilchen zu messen, indem man sie de facto absorbiert.Das heißt, dort kehrt man das Prinzip sozusagen um.Man hat eine Zone mit sehr dichtendem Material.Und in dem dichten Material werden die einlaufenden Teilchen eine Wechselwirkungmit Atomkernen oder Elektronen machen.Das wird neue Teichen erzeugen und diese neuen Teichen können wiederum kollidierenund wiederum neue Teichen erzeugen. Das heißt, das ist ein Lawineneffekt.Das heißt, man hat eine Multiplikation der Teilchen, die dort in diesem Schauerentstehen und das geht so lange, bis die Energie der Teilchen,die durchschnittliche Energie der Teilchen so weit gesunken ist,dass sie keine neuen Teilchen mehr erzeugen können.Weil das ganze geschieht natürlich über die übliche Äquivalenz zwischen Energie und Masse.Das heißt, solange die einlaufenden Teilchen Energien haben,die über der Masse anderer Teilchen liegen, können sie neue Teilchen überzeugen.Und das heißt, irgendwann einmal fällt die Energie und der Schauer wird beendet.Und aus der Größe des Schauers, aus der Zahl der Teilchen mit dem Schauer,können wir die Energie des einlaufenden Teilchens rückrechnen.
Tim Pritlove 0:17:17
Habe ich das gerade richtig verstanden? Also die eigentliche Kollision,klar die löst du jetzt erstmal aus, dann gibt es halt nachfolgende Prozesse,wo dann eben weitere Zerfallsprodukte entstehen, weil das einfach die Eigenschaftdieser Teilchen ist, dass sie nicht langlebig sind.Aber das System ist schon so aufgebaut, dass man dann ab einem bestimmten Zeitpunktauch schon bewusst anderes Material bereit hält, einfach um dann noch weiteresekundäre Kollisionen geschehen zu lassen.
Wolfgang Adam 0:17:46
Die sekundären Kollisionen in dieser zweiten Zone werden sozusagen absichtlichherbeigeführt, eben um die Energie dieses einlaufenden Teilchens messen zu können.Und diesen Bereich werden die allermeisten Teilchen nicht verlassen.Also vielleicht sollte man dann hier sprechen, ein bisschen über die Teilchenarten,die wir da messen können. Also wir haben im Wesentlichen...Das Standardmodell mit eigentlich vier Wechselwirkungen, aber die Gravitation,die Schwerkraft spielt hier bei den Experimenten de facto keine Rolle.Das heißt wir haben die elektromagnetische Wechselwirkung, schwache Wechselwirkung,starke Wechselwirkung und wie sich Teilchen innerhalb eines Detektors verhalten,hängt davon ab, welchen dieser Wechselwirkungen sie unterliegen.
Tim Pritlove 0:18:32
Um es gleich nochmal klar zu machen für alle, die nicht ganz so in der Materiedrinstecken, mit Wechselwirkung meinen wir jetzt im Prinzip die fundamentalen Kräfte der Natur.Schwerkraft kennen wir alle, leiden wir täglich drüber, aber wir würden es nochdürrer finden, wenn sie nicht da wäre.Also die starke Kernkraft und man sagt halt hier eher Wechselwirkung,weil das ist sozusagen das, was man in diesem Teilchensystem sieht oder was dort,was wir meinen oder glauben, wissen, was dort stattfindet, eine Interaktionzwischen diesen Teilchen und manche Teilchen sind halt mehr so dieses Ist undmanche sind mehr so das Wird und diese Wirtsteilchen, das ist sozusagen dieseKräfte, von denen wir sprechen.Starke Kernkraft ist halt das, was im Kern, im wahrsten Sinne des Wortes,die Kerne auch zusammenhält, also dafür sorgt, dass nicht alles auseinander fliegt.Die schwache Kernkraft kennt man halt so ein bisschen auch unter dem Aspektder Radioaktivität, dass man sozusagen auch in der Lage ist,Obwohl schwach in irgendeiner Form das Ganze auch immer mal wieder sich auflösenzu lassen. Finde ich auch einen schönen Regulationsmechanismus.Es bleibt halt nicht alles so wie es ist, sondern mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeitfliegt der ganze Kram dann einfach so aus sich heraus, mehr oder weniger, auseinander.Und dann halt noch der gesamte Elektromagnetismus, den wir alle toll finden,jeder hat schon mal in die Steckdose gefasst.Und das hält ja auch irgendwie alles zusammen, das heißt gerade die schwacheund die starke Kernkraft,würde ich sagen, das ist hier so der Hauptfokus, während die elektromagnetischeKraft eigentlich eher so ein bisschen der nützliche Idiot ist,um das genauer anzuschauen oder gibt's Tatsachen?
Wolfgang Adam 0:20:21
Nicht ganz, weil de facto war ja etwas, was man in den 80er Jahren eigentlichbewiesen hat, ist, dass die elektromagnetische Kraft und die schwache Krafteigentlich nur zwei Seiten derselben Metalle sind.Und dass wir sie nur so unterschiedlich sehen, weil wir hier normalerweise beisehr niedrigen Energien arbeiten, Aber wenn man sich Kollisionen bei sehr hoher Energie ansieht,dann sieht man, dass das eigentlich dasselbe Phänomen ist, nur in zwei Arten.Ja, und um auf den Detektor zurückzukommen. Es gibt eben Detektorteile,die sind spezialisiert auf Teilchen, die hauptsächlich elektromagnetisch wechselwirken,also geladene Teilchen oder Photonen, Lichtteilchen, die de facto diese elektromagnetischeWechselwirkung vermitteln, diese elektromagnetischen Kräfte vermitteln.Und dann gibt es Hadronen, das heißt Teilchen, die auch der starken Wechselwirkung unterliegen.Und die manifestieren sich eben anders und die zum Beispiel im Detektor erzeugen,diese Schauer werden länger sein und das heißt man hat einen speziellen Teildes Detektors für diese Art Teilchen.
Tim Pritlove 0:21:38
Hadronen muss man nochmal dazu sagen, das ist das, was den Atomkern im Wesentlichenausmacht, also was Protonen und Neutronen formt.
Wolfgang Adam 0:21:45
Protonen und Neutronen sind Hadronen, aber es gibt einen ganzen Zuf von Teilchen.
Tim Pritlove 0:21:50
Nur so zur Einordnung. Hadronen ist der allgemeine Begriff für das,was unter anderem Protonen und Neutronen formt.
Wolfgang Adam 0:21:57
Genau. Und dann nach dieser zweiten Zone bleibt eigentlich nicht mehr sehr viel übrig.Dort sind eben die meisten Teilchen sozusagen stecken geblieben und es bleibeneigentlich nur mehr Teilchen über,die eben in der Lage sind, sehr große Dichten von Stärken von Material zu durchdringenund das sind einerseits die Myonen.Also die Myonen, das ist ein Schwester oder Bruder des Elektrons.Das heißt im Wesentlichen haben sie alle Eigenschaften,die auch Elektron hat, das sehr bekannte Elektron hat,aber sie sind wesentlich schwerer und das führt dazu, dass sie eben wesentlichleichter durch Material durchdringen können und der beste Beweis dafür Dafürist die Höhenstrahlung.Das sind also Myonen, die bei Kollisionen, so wie diese Lawinenartigen Schauer,die ich beschrieben habe, die entstehen natürlich nicht nur im Detektor,sondern können auch in der Atmosphäre entstehen, wenn hochenergetische Teilchenaus dem Weltraum eindringen.Und die Myonen, die dabei entstehen, können bis zur Erdoberfläche laufen undde facto sogar unter die Erdoberfläche, weil unsere Detektoren hier am LHC,die so etwa 100 Meter unter der Erde liegen, sehen noch immer Myonen aus der Höhenstrahlung.Und diese Myonen können eben die meisten Detektorschichten durchlaufen und diewerden dann in der letzten Zone, im äußersten Teil des Detektors gesehen.Das ist sehr praktisch, weil dadurch können wir sie sehr leicht identifizieren.Wie gesagt, wir würden auch gerne wissen, um welches Teilchen es sich in jedem Fall handelt.Und die Teilchen, die wir in dieser äußersten Zone sehen, sind praktisch ausschließlich Myonen.
Tim Pritlove 0:23:49
Und da steckt ja auch ein Name mit drin.
Wolfgang Adam 0:23:51
Genau. Die Myonen, die erlauben, wir können Myonen sehr präzise messen.Sie sind also ein sehr wichtiges Instrument, um zu verstehen,was in einer Kollision passiert.Und gleichzeitig werden wir die Kollisionen, die hier im Beschleuniger entstehen,laufen hauptsächlich über die starke Wechselwirkung.Was in der Kollision passiert, ist im Wesentlichen eine Auswirkung der starken Wechselwirkung.Und dabei werden sehr wenige Elektronen, Myonen oder ähnliche Teilchen erzeugt.Das heißt, es ist auch einfach, diese Myonen zu detektieren,weil neben den hunderten Teilchen, die da entstehen können bei jeder Kollision,gibt es jeweils nur höchstens einige wenige Myonen geben.Und deswegen ist die Detektion einfacher und deswegen ist das Experiment auchsehr stark darauf ausgelegt worden, dass man Myonen messen kann,die zum Beispiel auch wichtig sind, um das berühmte X-Person zu messen und zu finden.
Tim Pritlove 0:24:53
Vielleicht mal so als Nebeneinschub, wenn man das jetzt mal mit so der Kernspaltungim Atomkraftwerk vergleicht, wenn man jetzt hier Atomkerne aufeinander ballertund die in ihre tausend Teilchen zerschießen, dann ist das ja im Prinzip auch eine Kernspaltung.
Wolfgang Adam 0:25:09
Nicht ganz. Also was man wirklich verstehen sollte ist, dass bei den Energienmit denen wir hier arbeiten, diese Energien liegen viele Größenordnungen überden Energien, die typischerweise in einem Atomkern auftreten.Und bei diesen Energien, wenn zum Beispiel zwei Protonen aufeinandertreffen,findet die Kollision nicht zwischen den Protonen als Protonobjekt 1 und Protonobjekt2 statt, sondern die Kollision findet statt zwischen Bestandteilen der Protonen.Also in den Protonen und Neutronen haben wir Quarks, was wir Up- und Down-Quarks nennen.Das sind also etwas seltsame Teilchen, weil sie nicht frei in der Natur vorkommen.Diese Bestandteile sind immer eingeschlossen in die berühmten Hadronen.
Tim Pritlove 0:26:00
Also Hadronen enthalten immer… Also sie kommen in der Natur vor, aber nicht einzeln.
Wolfgang Adam 0:26:05
Genau, sie kommen nicht frei in der Natur vor.Und die Hypothese dieser Quarks hat erlaubt eben eine Ordnung in diesem Zoozu bringen, man dadurch die Teilchen klassifizieren konnte, je nachdem welche Quarks sie enthalten.Und de facto, wenn zwei Protonen hier im LHC zusammenstoßen,ist die Kollision, die uns interessiert,ist die Kollision entweder zwischen einem Quark aus dem einen Proton und einemQuark aus dem anderen Proton oder aber,was hier sehr oft passiert, das Proton ist ein komplexes Objekt.Also im Prinzip, man lernt in der Schule.Das Proton besteht aus drei Quarks, aber in Wirklichkeit ist mehr Leben in diesem Proton.Und vor allem gibt es da Gluronan.Das Gluronan ist das Äquivalent des Photons, des Lichtteilchens für die elektromagnetischeWechselwirkung, da in diesem Fall für die starke Wechselwirkung.Das heißt, das sind die Teilchen, die die starke Wechselwirkung übertragen zwischenzwei Quarks zum Beispiel.Und das Proton ist de facto voll von diesen Glurnan, die die Quarks de factoim Proton zusammenhalten.Und das heißt, wir können auch Kollisionen zwischen diesen Q-Unern haben,wenn die zwei Protonen sich treffen.
Tim Pritlove 0:27:23
Das heißt der Unterschied ist, weil ich mich gefragt habe,wenn so viel kollidiert und man das vergleichen kann, so Kernkraftwechsel isthalt sehr viel Radioaktivität frei, inwiefern ist dann diese Kollision anders?Geschieht das dort auch oder ist das eben weil die Energie so hoch ist,dass alles so dermaßen zertrümmert wird, dass sich das komplett anders verhält?
Wolfgang Adam 0:27:48
Ja, wie gesagt, die Energien sind so hoch, dass de facto ein zerfallenes Atomkern,ein zerfallenes und komplexes Objekt, das aus vielen Protonen und Neutronenbesteht, und der wird sich de facto in zwei Teile spalten, weil energetischder Ausgangszustand günstiger ist.Aber das spielt sich typischerweise bei Energien. Die Energien,die in diese Prozesse involviert sind, sind typischerweise in der Million-Elektron-Volt-Gegend.Um das zu vergleichen, ist die circa tausendmal höher als typische Röntgenstrahlung,wenn man einen Vergleich haben will.Und wir reden hier über Giga-Elektron-Volt, also Milliarde-Elektron-Volt odernoch einen Faktor tausend drüber.Das heißt, wie gesagt, bei diesen Prozessen, das ist keine Spaltung,weil wir hier wirklich mit Elementarteilchen arbeiten.
Tim Pritlove 0:28:47
Das ist eine Zerschmetterung.
Wolfgang Adam 0:28:49
Es ist eine Umwandlung. Es ist eine Umwandlung, weil Zerschmetterung würde voraussetzen,dass das Teilchen aus Bestandteilen besteht.Während das wir hier mit, was uns interessiert, sind die Elementarteilchen.Das heißt Teilchen, von denen wir keine innere Struktur kennen,von denen wir glauben, dass sie wirklich elementar sind.Die niedrigsten Elemente, Bestandteile der Materie darstellen.Das heißt, man kann es zerschmettern, ist das vielleicht ein schlechter Ausdruck,weil sie keine Bestandteile haben. Und was passiert, ist eine Umwandlung.
Tim Pritlove 0:29:26
Ja ich meinte nicht die Teilchen werden zerschmettert, da habe ich mich vielleicht falsch ausgerückt,sondern die Struktur wird zerschmettert, also in dem Moment wo diese Bindung von den Quarks,Glonen und so weiter alles komplett aufgelöst wird in seine wirklichen elementarenTeilchen, dann ist sozusagen die komplette Struktur dessen was kollidiert istsozusagen vollständig aufgelöst.
Wolfgang Adam 0:29:50
Ja, es stimmt natürlich, das was zerschmettert wird, ist das Proton, d.h.Zwei Bestandteile, ein Bestandteil aus jedem Proton kollidiert und macht eineWechselwirkung, erzeugt neue Teilchen, das ist der Prozess, der uns interessiert.Aber das Proton, wenn das passiert, wird das Proton de facto zerstört,weil das Proton aus drei Quarks besteht und wenn man da Bestandteile herausschlägt,gibt es kein Proton mehr, d.h.Der Rest des Protons wird sich auch in neue Teilchen umwandeln.Das ist aber ein für uns eher ein störender Untergrund als das was uns wirklich interessieren.Ja der Rest des Protons wird sich auch in neue Teilchen.
Tim Pritlove 0:30:32
Aber Radioaktivität in dem Sinne wird da nicht frei?
Wolfgang Adam 0:30:34
Nein, Radioaktivität ist ja der spontane Zerfall eines Atomkerns de facto.Und während wir hier eine induzierte Kollision zwischen zwei Teilchen,die also größtenteils unter der Größe eines Atomkerns liegen.
Tim Pritlove 0:30:51
Ja man muss ja auch über gefühlte Gefahren reden.Wir hatten ja schon in der Ausgangsdiskussion die Diskussion um schwarze Löcher,die hier erzeugt werden, da ist ja ein Weltuntergang drohen.
Wolfgang Adam 0:31:03
De facto ist natürlich die Teilchen, die aus der Kollision hinauslaufen,sind natürlich Strahlung.Das heißt das könnte ionisierende Strahlung und deswegen ist auch die Detektorzonewährend wir operieren abgeschlossen.
Tim Pritlove 0:31:21
Bevor wir vielleicht gleich mal so den eigentlichen Messvorgang selber aus derPerspektive eines Teilchens dann oder eines Protons erstmal beobachten,würde ich ganz gerne nochmal von außen nach innen gehen.Also haben wir ja schon gesagt, es ist ein relativ großes System.Was war das? 15 Meter ungefähr?Super schwer, sehr viel Material und vor allem ist es halt ein,ich meine was der Name ja auch sagt, Solenoid, also sozusagen eine riesige Spule,eine Magnetspule, wie man das halt so aufgebückt kennt.Eine ganz kerstliche Spule, ja. Quasi wie so ein riesiges dynamisches Mikrofon.Und dieser Apparat sitzt wo genau? Wie tief?
Wolfgang Adam 0:32:16
Der Apparat sitzt auf dem Niveau des Beschleunigers natürlicherweise und dasheißt das ist knappe 100 Meter tief.In einer Kaverne in der von beiden Seiten der Beschleuniger Tunnel einmündet.
Tim Pritlove 0:32:28
Ist es da eigentlich warm?
Wolfgang Adam 0:32:31
Normale Temperatur, Umgebungstemperatur.
Tim Pritlove 0:32:35
Wenn man sich so dem Erdkern nähert, wird es ja irgendwann warm.Bleibt doch etwas Abstand. Also Frost gibt es auf jeden Fall keinen.
Wolfgang Adam 0:32:43
Nein, Frost gibt es keiner.Die Größe des Apparats hängt de facto mit der Energie der Kollisionen und darausfolgender Energie der Teilchen, die aus der Kollision erzeugt werden, zusammen.Ich habe von diesen Schauern gesprochen. Diese Schauer wachsen mit der Energiedes Teilchens, werden diese Schauer immer größer.Und um eine präzise Messung der Energie zu erhalten, möchten wir,dass der gesamte Schauer im Detektor enthalten ist und nicht,dass gewisse Teilchen sich hinten aus dem Detektor rauslaufen würden.Und nachdem eben diese Schauer mit der Energie wachsen und wir die Dichte desMaterials nicht beliebig erhöhen können,weil wir müssen mit Materialien arbeiten, die es gibt, kann man diese Detektorenmit höherer Energie einfach nur dicker machen. Das ist der eine Grund.Der andere Grund, ich habe von der Impulsmessung und geladenen Teilchen gesprochen.Also der Sinn der großen Spule ist, dass geladene Teilchen eben auf eine Helixoder in einer Projektion, Kreisbahn abgelenkt werden.Dadurch können wir die Ladung messen, weil die positive und negative Teilchenwerden sich in unterschiedliche Richtungen wegrümmen und aus der Stärke derKrümmung können wir eben diesen Impuls abmessen.Und bei den Energien, die wir produzieren, ist diese Krümmung aber sehr gering.Und das heißt, um diese Krümmung messen zu können, gibt es zwei Möglichkeiten.Man erhöht die Präzision des Detektors, weil wir messen eben die Bahn an verschiedenenOrten und wenn man dann verschiedene Punkte misst, kann man irgendwann einmalsehen, dass diese Punkte nicht auf einer geraden Linie liegen,sondern eben eine leichte Probe machen.Aber wie gut man das messen kann, hängt natürlich von der Präzision ab,mit der man jeden Punkt messen kann.Und diese Präzision hat natürlich auch ein Limit, ihre Grenzen.Und die zweite Möglichkeit ist, dass man die Krümmung vergrößert bei gleicherEnergie und das heißt ein größeres Magnetfeld, das heißt eine sehr starke Spule.Und in CMS de facto haben wir versucht beides zu machen.Ein sehr sehr starkes Magnetfeld, also 3,8 Tesla, das ist größenordnungsmäßig100.000 mal das Erdmagnetfeld und gleichzeitig sehr Präzisedetektoren im Innenraum der Spur.
Tim Pritlove 0:35:18
Wenn man da runter geht, dann muss man sich auch all seine metallischen Dinge empfehlen.
Wolfgang Adam 0:35:24
Ja, wenn die Spule eingeschaltet ist. Es ist zwar, was man außen sieht, ist nur ein Rest Feld.Wenn man so eine Spule einfach frei in den Raum stellen würde,dann würde man ein Magnetfeld im großen Umkreis um den Detektor erzeugen.Das möchten wir natürlich nicht.Das heißt, die Spule ist komplementiert, und das macht den Großteil der Strukturdes Detektors aus, durch einen Rückflussjoch.Also, um es einfach zu sagen, die Spule an der Detektor ist eingebettet in einStahlkorsett, de facto, und dieses schließt die magnetischen Feldlinien.Das heißt, die magnetischen Feldlinien laufen durch die Spule und dann durchden Stahl wieder zurück Und das bewirkt,dass außen zwar nicht null, weil das System nicht perfekt ist,aber ein sehr viel geringeres Magnetfeld herrscht.Dieses sehr viel geringere Magnetfeld ist allerdings immer noch stark genug,um einfach sichtbar zu sein und in Führungen.
Tim Pritlove 0:36:33
Aber es reißt einem jetzt nicht die Armbanduhr vom Arm?
Wolfgang Adam 0:36:35
Es reißt nicht die Armbandufe am Arm, aber wenn man nahe an den Detektor geht,sollte man keine magnetischen Werkzeuge oder ähnliches haben.
Tim Pritlove 0:36:44
Man kennt ja diese Problematik aus der Medizin mit so einem Magnetresonanzsystem und so weiter.Da ist es ja ein echtes Problem, wenn man da mal was mit reinbringt.
Wolfgang Adam 0:36:53
Genau, wir bewegen uns in denselben Größenordnungen und das heißt natürlichauch, dass alle Komponenten im Detektor nicht magnetisch sein sollten.Aber wie gesagt außen in Führungen verwenden wir oft eine kleine Kette von Büroklammernund man sieht klar auch außerhalb vom Detektor und in einem Abstand vom Detektor,dass diese Kette nicht gerade hinunter hängt.
Tim Pritlove 0:37:22
Wäre das, würde man sich jetzt in der Mitte befinden, wenn der Magnet eingeschaltet ist?Nur so als Mensch nackt, würde einem das schaden? Also ist das ein Problem fürden menschlichen Körper oder ist es egal?
Wolfgang Adam 0:37:36
Im Prinzip sollte das egal sein, weil wir uns in den selben Größenordnungenbewegen wie für medizinische Untersuchungen, Magnetesresonanz.
Tim Pritlove 0:37:46
Na gut, also auf jeden Fall eine fette Spule.
Wolfgang Adam 0:37:49
Sie würden aber wahrscheinlich Effekte sehen, wenn sie sich bewegen,wenn sich jemand bewegt im Detektor.Im magnetischen Feld, das löst ja Ströme aus.
Tim Pritlove 0:38:00
Also man würde es stören, aber man würde nicht sterben. Ja.Okay, also so ein riesen Magnetspuler, die dann aber auch noch gekühlt werdenmuss, nehme ich an, also ordentlich?
Wolfgang Adam 0:38:12
Genau, das ist meines Wissens immer der größte supraleitende Magnet, der existiert.Das heißt, um dieses starke Magnetfeld zu erzeugen, verwenden wir einen Niob-Titan-Leiter,der supraleitend wird, wenn man ihn auf etwa 4 Grad über dem absoluten Nullpunkt kühlt.Und diese Kühlung passiert mit flüssigem Helium. Und das macht natürlich dieKomplexität des Systems aus.Man muss flüssiges Helium erzeugen, man muss die Spule natürlich thermisch isolieren,Das heißt, die ist in einem Vakuumtank eingebettet, sozusagen eine riesige Thermosflasche.Und man muss garantieren können, dass die Spule immer kalt bleibt,weil man muss sich vorstellen, der Leiter,also der elektrische Leiter, der dort ausgewickelt ist in der Spule,der hat eine Breite von einigen Zentimetern und eine Dicke von einigen MillimeternUnd durch diesen Leiter laufen 18.000 Ampere.Das wäre für normal leitende...Das heißt, man muss sicherstellen, dass die Spule im super leitenden Zustand bleibt.Und falls man glaubt, dass die Kühlung nicht mehr aufrechterhalten werden kannoder so, muss man die Spule möglichst schnell und kontrolliert abschalten.Weil man muss verstehen, dass im Magnetfeld kann man de facto Energie speichern.Das heißt, wenn das Magnetfeld aufgebaut wird, wird de facto Energie dort hineingebombtund im Magnetfeld gespeichert.In unserem Fall sind das ca. 2 Gigajoule.Das ist eine nicht vernachlässigbare Menge, mit der man eine Menge Metall zumBeispiel schmelzen könnte.Und sollte man die Kühlung nicht aufrechterhalten können, muss man dafür sorgen,dass man diese große Energie aus den Magneten möglichst schnell extrahiert,damit es keine Beschädigungen im Magnet ergibt. Das ist eine der technischen...
Tim Pritlove 0:40:21
So ein Abschalten-Moment?
Wolfgang Adam 0:40:25
Ja, wir versuchen das möglichst selten zu haben, aber es ist schon zweimal vorgekommen,dass wir ihn schnell abschalten wollen.
Tim Pritlove 0:40:36
Aber hat dann zumindest auch funktioniert und das glimpfliche auch.
Wolfgang Adam 0:40:39
Hat alles funktioniert, ja.
Tim Pritlove 0:40:43
Wenn ich das richtig sehe, ist ja CMS nicht vor Ort gebaut worden,sondern erstmal woanders und dann da rein.
Wolfgang Adam 0:40:55
Also CMS, diese Detektoren werden von Kollaborationen gebaut,die aus vielen Instituten bestehen. In CMS haben wir inzwischen mehr als 200Universitäts- oder andere wissenschaftliche Institute, die da mitarbeiten.Und normalerweise, wenn man diesen Konten aus so einem Detektor baut,trägt jedes Institut einen gewissen Teil bei.Und die Konstruktion basiert von kleinen Elementen zu immer größeren Elementen.Also viele der grundlegenden Bestandteile werden in Industrie gefertigt undsie werden dann sukzessive am Anfang in den Instituten zusammengebaut zu immer größeren Elementen.Und der finale Zusammenbau geschieht dann normalerweise hier am CERN.Und für CMS war das eine spezielle Komplikation, weil als wir anfangen mussten,den Detektor zusammenzubauen, also die Konstruktion der Elemente hat ungefährim Jahr 2000 begonnen, war die Kaverne im Untergrund noch nicht fertiggestellt.Und wir konnten aus Zeitgründen nicht warten auf die Fertigstellung,um das normale Prozedere zu machen, das heißt den Detektor in kleinen Stückenunten direkt vor Ort in der Kaverne aufzubauen.
Tim Pritlove 0:42:12
Also man hätte das eigentlich gerne getan, aber das macht man auch nicht.
Wolfgang Adam 0:42:15
Das wäre eine normale Vorgangsweise gewesen. Aber es ging nicht und deswegen,was wir gemacht haben, wir hatten über der Detektorzone eine große Halle undwir haben angefangen den Detektor dort aufzubauen.Und er ist de facto vollständig in dieser Halle aufgebaut worden und der Aufbauwurde aber so gemacht, dass er in größere Stücke zerlegt werden konnte.Also insgesamt 15 Stücke, davon 11 wirklich sehr große.Man muss sich vorstellen, dass das größte Stück, das auch den Magneten enthaltenhat, ca. 2000 Tonnen wiegt.Und als die Kaverne fertig war, wir haben einen sehr großen Zugangsschacht,der so diese 80, 90 Meter hinunter geht, bis er die Kaverne erreicht.Und es wurde dann ein riesiger Kran gemietet, der 2000 Tonnen tragen kann.Die kleine Komplexität dabei ist, dass diese Kräne nicht mehr beweglich sind.Das heißt, dieser Kran wurde direkt über dem Schacht aufgebaut.Und der Schacht kann durch einen Deckel verschlossen werden,der mehr als einen Meter Stahlbeton besteht.Und das System war dann, dass wir jeweils eines von diesen Detektorstücken aufden Deckel verschoben haben.Der Kran hat ihn dann dort aufgehoben, man hat den Deckel geöffnet und ihn dannin einer Operation, die halben Tag typischerweise gebraucht hat,das Teil runtergelassen bis in die Kaverne.Dann in der Kaverne verschoben, damit wieder Platz wird und das nächste Teil runtergelassen.Das war eine Operation, die von circa 2006 bis 2008 gedauert hat insgesamt.Krass. Dieses Konzept hat aber den Vorteil gehabt, oder hat noch immer den Vorteil,dass wir dieses Verschieben von Teilen auch jetzt für die Wartung des Detektors verwenden können.Der Beschleuniger läuft typischerweise den Großteil des Jahres und wir habendann eine Pause von zwei Monaten oder in der Größenordnung in der Winterperiode.Das wird für Wartungen benutzt oder Verbesserungen. Und dieses System mit denverschiedenen großen Teilen kann benutzt werden, um die Teile unten in der Kavernezu verschieben und dadurch Zugang zu den Zonen zwischen den Teilen zu bekommen.
Tim Pritlove 0:44:45
Okay. Aus der Not eine Tugend gemacht sozusagen.
Wolfgang Adam 0:44:49
Mhm.
Tim Pritlove 0:44:51
Gut, dann würde ich sagen, schauen wir doch mal, wie das jetzt wirklich in Operation aussieht.Also wir haben ja auch schon über den Beschleunigerring gesprochen. Die Teilchen,die man halt haben will, werden so einer Quelle entnommen und werden dann aufdie Reise geschickt und landen dann eben über die einzelnen Kaskaden von Ringen im LHC,in dem großen 27 Kilometer Ring und erhalten dort ihre finale Geschwindigkeitund entlang dieses LHC sind die vier großen Detektoren aufgebaut.Über LS haben wir schon gesprochen, jetzt halt CMS. Wo befindet sich CMS,schon in der Schweiz oder in Frankreich?
Wolfgang Adam 0:45:36
CMS befindet sich in Frankreich, also der einzige Detektor der in der Schweiz steht ist Atlas.Und wir befinden uns genau auf der entgegengesetzten Seite des Rings im Vergleichzum Hauptgelände des CERN.
Tim Pritlove 0:45:53
Also maximal weiter Weg.
Wolfgang Adam 0:45:55
Maximal weiter Weg, was natürlich die Operation des Detektors und den Betriebdes Detektors nicht erleichtert.Wir haben natürlich einen Kontrollraum beim Detektor, der ständig besetzt istund das heißt, die Leute müssen vom CERN typischerweise dorthin fahren.
Tim Pritlove 0:46:16
Ihr seid so ein bisschen die da draußen sozusagen.Ja, okay, gut.So jetzt kommen also die Teilchen dort an und werden dann ja auf den letztenMetern auch nochmal aus dieser Kreisbahn quasi herausgenommen und fliegen danngerade in diesen Detektor rein.So und jetzt bin ich ein Proton, was da sozusagen angeschossen kommt.Mir kommt ein anderes, entsprechend anders herum geladenes Teilchen entgegen.Und durch ein Wunder treffe ich jetzt genau auf dieses Teilchen.Also nicht jedes Teilchen, was da durchfliegt, trifft auch auf eins,nehme ich mal an, viele fliegen aneinander vorbei.
Wolfgang Adam 0:47:05
Nachdem die starke Wechselwirkung eben stark ist, passiert praktisch bei jederKreuzung etwas. Man muss natürlich dazu sagen, dass die Protonen nicht einzelnim Beschleuniger fliegen, sondern sie kommen in Paketen.Wir haben im Beschleuniger einige tausend Pakete von Protonen,die knapp beisammen sind und dann größenordnungsmäßigacht Meter wieder Pause oder inZeit ausgedrückt 25 Milliarden Sekunden unddann kommt das nächste Protonpaket und um sich eine Vorstellung zu machen injedem dieser Pakete sind circa 100 Milliarden Protonen und das heißt diese beidende facto kreuzen sich diese beiden Pakete und es können sich da bei jeder Kreuzung,können ein oder mehrere Protonkollisionen stattfinden und um die Intensität,wir wollen natürlich möglichst viele Protonkollisionen sehen,weil um unsere Physikzielsetzungen zu erreichen,möchten wir einerseits möglichst hohe Energien erreichen, um möglicherweiseneue schwere Teilchen zu erzeugen und wir möchten möglichst hohe Intensität,möglichst viele Protonkollisionen haben, weil wir Prozesse sehen wollen, die extrem selten sind.
Tim Pritlove 0:48:27
Aber zwei Pakete treffen quasiaufeinander. Jedes enthält 100 Milliarden Protonen, also Pi mal Daumen.Und wenn diese zwei Pakete von je 100 Milliarden Protonen aufeinander treffen,dann gibt es ein oder ein Paar Kollisionen?
Wolfgang Adam 0:48:43
Also die ursprüngliche Auslegung des LHC war typischerweise 25 gleichzeitigeKollisionen zu haben. Jedes Mal, wenn es...
Tim Pritlove 0:48:53
Alle 25 Nanosekunden.
Wolfgang Adam 0:48:56
Ja, das ist nur zufällig dieselbe Zahl und inzwischen ist es dem Beschleunigergelungen die Intensität zu erhöhen.
Tim Pritlove 0:49:04
Durch eine höhere Verdichtung dieses Pakets.
Wolfgang Adam 0:49:07
Genau und letztes Jahr hatten wir typischerweise über 50 und dieses Jahr werden wir noch mehr haben.
Tim Pritlove 0:49:15
Aber die finden ja dann alle gleichzeitig statt, das heißt man beobachtet sieauch alle gleichzeitig.Ist das nicht eher ein Problem, wenn man zu viele gleichzeitig hat,weil dann muss man sie ja auch auseinander halten.
Wolfgang Adam 0:49:25
Das ist potenziell ein Problem natürlich und die Detektoren wurden darauf auch ausgelegt.Man muss jetzt natürlich sagen, sie wurden auf die berühmten ca.25 ausgelegt und wir sind jetzt von mehr als einem Faktor 2 darüber.Aber ja, sie finden gleichzeitig statt, aber die Zone, in der diese Kollisionenstattfinden, erstreckt sich über plus minus 15 Zentimeter typischerweise.Das heißt, diese Kollisionen finden nicht alle genau am selben Platz statt,sondern sie sind etwas verteilt. Und wir können diesen Abstand verwenden,um sie von einander zu unterscheiden.Der zweite wichtige Aspekt ist, dass wir, wir suchen eben extrem seltene Prozesse,in denen sehr viel Energie freigesetzt wird. Und das passiert bei Weitem nicht bei jeder Kollision.Das heißt, aus den meisten Kollisionen werden wahrscheinlich nur wenige relativniederenergetische Teilchen entstehen.Und eine, typisch maximal eine von diesen Kollisionen, wird ein Ereignis auslösen,das uns interessiert und das wir messen wollen.Dazu sollte man vielleicht auch sagen, dass eine der Herausforderungen ist,dass der Detektor braucht, was wir ein Triggersystem nennen.Das heißt wir brauchen ein System, das genau diese interessanten Kollisionen aussucht.Weil die Gesamtzahl der Kollisionen,man muss sich vorstellen, dass circa 30 Millionen mal pro Sekunde kreuzen sichPakete und der Detektor ist in der Lage diese 30 Millionen Fotos,also er ist ausgelegt auf bis zu 40 Millionen Fotos pro Sekunde.Aber das ist eine Datenmenge, die schwer zu handhaben wäre und in vielen dieserKollisionen passiert eben nichts, was uns interessieren würde.Und deswegen brauchen wir ein System, das aus diesen 30 Millionen eine sieben wenige rausfiltert.Und das ist eine ziemliche Herausforderung und das CMS hat sich früher entschiedenund das war technologisch zum Zeitpunkt der Auslegung des Experiments noch einbisschen auch eine Vorhersage oder eine Wette auf die zukünftige Entwicklungvon elektronischen Komponenten und Rechenleistung,dass wir diese Auswahl in einem zweistufigen System machen.Wir haben eine erste Stufe, das ist Elektronik, die sich unten nahe beim Detektor befindet.Und diese Elektronik wird für jede Kollision ein paar Grunddaten bekommen überEnergie, die man im Detektor gesehen hat, die Anzahl zum Beispiel der Myonenoder von Elektronen, die gesehen wurden.Und aus diesen Daten kann sie sagen, ob wir dieses Foto behalten wollen oder nicht.Und das muss geschehen in einigen Mikrosekunden.Also die Elektronik hat einige Millionstel Sekunden Zeit, um für jedes Fotozu sagen, wollen wir es behalten oder nicht.Und nur wenn wir es behalten wollen, werden überhaupt alle Daten aus dem Detektor heraus transferiert.Und wir können bis zu 100.000 pro Sekunde transferieren.Das heißt, aus den ursprünglichen 30 Millionen pro Sekunde behalten wir malin dieser ersten Stufe 100.000 pro Sekunde.Und in einem zweiten Schritt werden dann diese Daten, die aus dem Detektor gelesenwerden, werden an ein Computerzentrum transferiert, das wir auch vor Ort am Experiment haben.Und dort können wir schon sozusagen eine beschleunigte Version der Auswerteprogrammeoder der ersten Stufe der Auswerteprogramme laufen lassen, die wir später dann verwenden auch.Damit kann man natürlich sehr viel detaillierter nachsehen in allen Detektoren,was passiert ist und eine viel detailliertere Analyse machen und deswegen auch genauer auswählen.Und damit reduzieren wir dann die Rate von 100.000 auf einige Tausend pro Sekunde.Das heißt von den 30 Millionen oder in der Größenordnung die Kreuzungen vonPaketen die im Detektor oder Fotos die im Detektor genommen werden,behalten wir letztlich nur einige Tausend pro Sekunde. Junge Prosekunde.Diese einigen tausend pro Sekunde, die werden dann permanent gespeichert unddas ist das, was für die Analyse nachher zur Verfügung steht.
Tim Pritlove 0:53:57
Das muss man ja auch erstmal in so ein Computersystem gespeichert bekommen.Das ist eine enorme Anforderung an die Geschwindigkeit, die da gestellt werden.Diese erste Filterung ist hier gar nicht so sehr eine qualitative Filterung,sondern mehr so ein Ranking und man nimmt dann sozusagen die hunderttausend,die man übertragen kann, Nimmt man dann alle, um dann in der zweiten Stufe erstauszusuchen, was für einen wertvoll ist oder ist es schon eine qualitative Auslesung?
Wolfgang Adam 0:54:26
Nein, nein. Das sind quantitative Kriterien und man kann, obwohl es nicht normaleCPUs sind, sondern Elektronikkomponenten.
Tim Pritlove 0:54:36
Also quantitativ im Sinne von wie viele Spuren?
Wolfgang Adam 0:54:39
Wir können zum Beispiel verlangen, dass wir zwei Myonen übersehen,die über einer gewissen Energie liegen.
Tim Pritlove 0:54:48
Okay, also auch schon mit einer, ich meine jetzt qualitativ im Sinne von was sehen wir?Also das wird auch schon berücksichtigt in dieser ersten Frage.
Wolfgang Adam 0:54:58
Genau, welche Arten von Teilchen haben wir gesehen, in welcher Zahl, bei welcher Energie.Wir könnten auch auswählen, dass diese zwei Teilchen in gegengesetzte Richtungen geflogen sind.Und da können wir einige hundert Kriterien definieren, die all diese Größen kombinieren.Und wenn mindestens eines dieser Kriterien erfüllt ist, dann würden wir dieses Event auswählen.
Tim Pritlove 0:55:29
Wenn es so schnell laufen soll, dann ist das schon so optimierte Hardware,wo die Software dann voll in die Hardware eingebrannt ist und das voll beschleunigt?
Wolfgang Adam 0:55:38
Das sind FPGAs, das heißt das ist Elektronik, die programmierbar ist,aber nicht programmierbar wie in dem.
Tim Pritlove 0:55:46
Also damit das wirklich sehr schnell abläuft, weil das wäre jetzt für eine normale CPU zu schnell.Alright, ja okay gut. Das ist also der Vorgang. Jetzt stellt sich natürlichdie Frage, wie funktioniert der Detektor eigentlich genau.Klar kann man ja sagen, das haben wir ja in Muon gesehen, das muss man ja aucherstmal sehen. Und wir hatten das im Prinzip, wir haben das auch schon,als wir über Alice gesprochen haben, im Prinzip folgt das ja dem ähnlichen Modell.Es geht einfach darum, durch diese magnetische Ablenkung, die durch diesen großenSpulenmagneten hergestellt wird,also sozusagen die ganzen Teilchen quasi in ihrer Ausbreitung,in ihrer Abstrahlung irgendwie versucht, wieder in den Griff zu kriegen undeben dieses starke Magnetfeld braucht, weil eben die Energien so hoch sind, die dort stattfinden.Die wollen halt einfach irgendwo hinschießen und der Magnet sagt so, so nicht.Ja, ich krümm dich jetzt mal hier so ein bisschen weg.Und durch diese Krümmung, die man beobachtet,dann ist es ja quasi so das Rennen zwischen Energie des Teilchens und derenRichtung kämpft gegen das Magnetfeld Und daraus ergibt sich halt so eine Spurenkurve,der man dann eben quasi nachsehen kann.Okay, alles klar, wenn du so schnell unterwegs bist, weil die Zeit kann ichja messen, und dann diese Kurve machst, dann musst du sonst so schwer sein,also bist du wahrscheinlich das und das Teilchen.Und wie misst jetzt CMS diese...Funktioniert das genauso wie bei ALICE oder kommt hier eine ganz andere Technologie zu?
Wolfgang Adam 0:57:27
Nein, wir verwenden andere Technologien. Wir verwenden eine Technologie,die ALICE auch in den ganz innersten Tonen verwendet.Das sind Siliziumdetektoren, das sind Pal-Beta-Detektoren.Man muss sich vorstellen, das sind ganz dünne Scheiben von Silizium,das speziell präpariert wird.Im Wesentlichen ist die Idee dieselbe wie die Sensoren in einer Kamera.Das heißt, das Silizium kann Lichtteilchen im Fall der Kamera oder geladeneTeilchen wie Myonen oder andere Teilchen in unserem Fall registrieren,wenn diese Teilchen durch das Silizium durchlaufen.
Tim Pritlove 0:58:09
Also quasi so CCDs, Charge Coupled Devices, sind das ja in der Kamera, als Ladung.
Wolfgang Adam 0:58:15
Aber in unserem Fall sind es keine CCDs, weil die CCDs viel zu langsam werden.Weil eines der Grundprinzipien des Detektors ist natürlich, wie gesagt,wir haben einen 25 Milliardstel Sekunden Abstand zwischen zwei Kollisionen.Und das heißt, alle Detektoren müssen schnell genug ein Signal liefern,um zwei Kollisionen unterscheiden zu können. Und das ginge bei CCDs nicht.Und das heißt, de facto, was wir haben, ist Silizium. Und auf dem Silizium sindStrukturen, Elektrodenstrukturen aufgebracht.Und das sind entweder Streifen oder kleine Rechtecke.Und jeder dieser Streifen undjedes dieser Rechtecke hat seine eigene Verstärkung und Datenübertragung.Das heißt, wir haben im Moment knappe 100 Millionen de facto aktive Elemente, so Streifen oder...Und jedes dieser Elemente wird gleichzeitig ausgelesen. Das ist eben der Unterschied zur Kamera.Und das ermöglicht einerseits eine sehr hohe Präzision.Das heißt, die Präzision der innersten Lagen ist besser als 10 Millionsilometer.Das heißt, das ist kleiner, dünner als ein Haar.Hinaus nimmt es dann etwas zu, aber es ist immer noch in dieser Größenordnung. 10, 20, 30 Mikrometer.Das heißt, wir haben eine Serie.Diese Detektoren sind in Schichten angeordnet. Das heißt, im Zentraldetektorsind das Zylinder. Das heißt, es ist jeweils eine zylindrische Schicht,und die ist mit Detektoren, mit diesen dünnen Platten, vollgepflastert.Und eine Schicht kommt nach der anderen.
Tim Pritlove 1:00:04
Wie viele Schichten sind es dann?
Wolfgang Adam 1:00:06
Wir haben insgesamt im Moment, also im Zentralteil würde ein Teilchen 14 Schichtendurchlaufen und das heißt jede Schicht würde eine sehr sehr präzise Messung des Ortes.
Tim Pritlove 1:00:16
Und der Abstand zwischen den Schichten ist konstant?
Wolfgang Adam 1:00:18
Nein, der Abstand vergrößert sich nach außen.
Tim Pritlove 1:00:22
Was ist der kleinste und was ist der größte Abstand?
Wolfgang Adam 1:00:25
Der kleinste Abstand ist also Zentimeterbereich, 2 Zentimeter und nach außenwird es größer, 10 Zentimeter Größenordnung.Also der ganze Detektor, um sich das vorzustellen, geht bis zu einem Radiusvon knapp über einem Meter.Also knapp einen Meter von der Wechselwirkungszone, von der Kollisionszone entfernt.Und mit diesen 14 Punkten, die kann man dann sozusagen verbinden und aus derVerbindung dieser 14 Punkte sieht man dann diese berühmte Spur.
Tim Pritlove 1:00:56
Genau, wo man dann Ort und Zeit hat, überall wo das Zeichen steht.
Wolfgang Adam 1:01:01
In unserem existierenden Detektor messen wir die Zeit nicht explizit.Der Detektor ist so ausgelegt, dass er optimiert ist, jeweils für eine bestimmteKollision die Teilchen zu sehen. Aber wir messen die Zeit nicht explizit.Wir werden das in der nächsten Generation von CMS machen, aber im derzeitigenDetektor ist das nicht notwendig.Was man da vielleicht auch erwähnen könnte, ist, dass man diese Punkte zu einerLinie, also zu einem Kreis, wenn man so will, verbinden muss.Die Komplexität ist natürlich, dass wir eben hunderte oder in Kollisionen vonKernen tausende Teilchen haben,die da fliegen und jedes dieser Teilchen hinterlässt natürlich Punkte in demDetektor und die ja je nachdem welcher Punkt oder Streifen getroffen wurde Und es ist natürlich,diese Punkte haben kein Etikett, das sagen würde, ich bin von diesem Teich hingekommen.
Tim Pritlove 1:02:02
Deswegen dachte ich ja, dass die Zeit ein wichtiger Faktor ist.
Wolfgang Adam 1:02:05
Nein, weil die Zeiten, die Teilchen laufen ja fast bei derselben Zeit,weil sie wurden zur selben Zeit produziert und fliegen dann de facto mit Lichtgeschwindigkeit hinaus.Und das heißt man hat ein Problem jeweils Punkte einem Teilchen zuzuordnen unddas ist ein ziemlich großer Rechenaufwand.Also wenn man ein Foto sehen würde, an dem einfach die Punkte aufgetragen sind,würde man mit freiem Auge nichts erkennen.Das heißt es gibt Algorithmen, die dann eben die Punkte verbinden und das klassifizierenin Teilchen und dann für jedes Teilchen aus der Krömung eben den Impuls,die Energie ausrechnen.
Tim Pritlove 1:02:44
Kann man dabei Fehler machen?
Wolfgang Adam 1:02:45
Natürlich. Es gibt natürlich Fehler, aber die Algorithmen sind eben so entwickeltworden, um diese Fehler sehr gering zu halten, so gering zu halten,dass sie de facto die letztlichen Messungen nicht beeinflussen.
Tim Pritlove 1:03:00
Also Teilchen trifft auf, Kollision findet statt,all das was dort aufeinander trifft wird dann eben in seine elementaren Teilchenzerschmettert und die machen sich dann auf die Reise,fliegen los und entweder streifen sie halt selber unmittelbar dann eine dieserSchichten Oder auf dem Weg zerteilt sich eben dieses Teilchen nochmal in andere,also von wegen Elementarteilchen, wenn es sich dann doch noch in andere Teilchenverwandelt, kann es ja so elementar auch wieder nicht sein.Egal, auf jeden Fall das findet statt und man hat es also bei jeder Kollisionmit einer Vielzahl von Durchschlagungspunkten zu tun,also zumindest in diesem inneren 14 Schichten Bereich,die man dann eben per Software wieder zueinander zuordnen und sagt okay,wenn das da war, das da war, dann gehört das wahrscheinlich zusammen und dannist das die daraus resultierende Bahn und aus dieser Bahn kann ich dann wiederum errechnen,okay was war das jetzt mit welcher Energie und damit weiß ich auch die Masseund wenn man die Masse weiß, dann weiß man um was für ein Teilchen es sich gehandelt hat.
Wolfgang Adam 1:04:11
Und wie gesagt, worüber diese Siliziumdetektoren, das ist dieser erste Teildes Detektors, von dem ich vorhin gesprochen habe, das heißt dieser Teil desDetektors, der möglichst leicht gebaut werden soll.
Tim Pritlove 1:04:22
Aber diese Phase reicht auch schon für die Klassifikation der Teilchen aus? Nein, noch nicht.
Wolfgang Adam 1:04:26
Nein, weil wir eben...Die Information aus mehreren Detektoren kombinieren wollen.Das heißt, wir haben so ein Teilchen, ein geladenes Teilchen,das läuft durch den Detektor durch, wir messen die Punkte, wir verfolgen seineSpur und dann wird es in den nächsten Detektor übergehen, eben in dieses Kalorimeter,wo sehr viel Material ist, in dem das Teilchen de facto seine ganze Energie abgeben kann.Das ist dann eine ganz andere Technologie.Im Fall von CMS verwenden wir dabei Kristalle.Das ist Blei-Wolframat.Das sind sehr, sehr transparente Kristalle, die aber de facto die Dichte von Blei haben.Das heißt, eine sehr große Dichte. Man stellt sehr viel Material entgegen,um eben diese Schauer, diese Lawinen möglichst kurz zu halten.Und Teilchen, besonders Elektronen oder Photonen, die dort in diese Kristallehineinlaufen, die werden den Kristall anregen und es wird Licht ausgesendet,Stintillationslicht ausgesendet.Das Licht wird im Kristall, der sehr transparent ist, weiterlaufen und jedervon diesen circa 80.000 Kristallen hat dann hinten am Kristall einen Detektor, der Licht messen kann.Und aus der Menge des Lichts, das dieser Detektor hinten am Kristall misst,kann man dann rückschließen, wie viel Energie sozusagen dort deponiert wurde.Und das heißt, man kann diese Messung mit der Messung aus dem Siliziumdetektor kombinieren.Dieser Kristalldetektor ist auch notwendig, weil der Siliziumdetektor wird nurelektrisch geladene Teilchen sehen.Das heißt neutrale Teilchen, wie zum Beispiel Photonen, Lichtteilchen,werden im Siliziumdetektor nicht gesehen.Die werden erst dann in diesem Kristallteil gesehen werden.
Tim Pritlove 1:06:28
Also wenn diese Kalorimeter, die dann auch die Endstation darstellen für dieauseinanderfliegenden Teilchen.Wenn die jetzt zuverlässig aber eingefangen werden sollen, dann muss ja im Prinzipeine riesige, vollständige, den kompletten zentralen Teil umschließende Schicht sein.
Wolfgang Adam 1:06:45
Das ist genau die Grundkonzeption. Wir wollen natürlich möglichst alle Teilchenmessen, die aus der Kollision entstehen. Das heißt wir möchten den Kollisionspunkteigentlich möglichst hermetisch umschließen.Das ist nicht vollständig möglich, weil wir… Man muss ja auch mal ran, ne?Naja, der Beschleuniger, die Beschleunigerröhre muss natürlich durchlaufen.Das heißt, dort per Definition können keine Detektoren stehen,aber wir versuchen den Rest möglichst abzudecken.Und wie gesagt, nachdem wir mehrere Lagen verschiedene Detektoren brauchen,sind die so angeordnet, dass ein Teilchen eben, egal in welche Richtung es läuft,immer dieselbe Sequenz von Detektortypen durchläuft.Und man könnte sich jetzt naiv vorstellen, dass man eine Kugel baut,Aber das ist aus mechanischen, Wartungs- und ähnlichen Gründen nicht sehr praktisch.Das heißt, die meisten dieser Experimente an Beschleunigern,an Speicherringen wie dem LAC, haben einen zylindrischen Aufbau.Das heißt, man hat einen zentralen Zylinder, in dem man eine zylindrische Lage nach der anderen hat.Und das wird dann abgeschlossen durch Endkappen, also großen kreisförmigen Strukturen,wo dieselbe Sequenz, aber linear von der Mitte nach außen, nach links und nach rechts geht.Vorkommt und dadurch kann man den Detektor relativ leicht öffnen,weil man kann diese Endcaps, wie wir es sagen, diese kreisförmigen Strukturenvom Zentralteil entfernen und dann ins Innere des Detektors kommen.Aber durch diesen Aufbau kann man garantieren, dass dieselbe Sequenz von Detektorenvon jedem Teich entgegen ist.
Tim Pritlove 1:08:27
Das heißt, diese Kalorimeter, dieser Zylinder ist sozusagen komplett mit diesemBlei, was war das für eine Verbindung?Genau mit diesen Kristallen beschichtet und messen kann man das dann,also das ist dann diese Sintillation, also das ist sozusagen so ein Lichteffektder dabei dann entsteht.
Wolfgang Adam 1:08:48
Genau es wird Licht erzeugt im Kristall und dieses Licht wird gemessen.
Tim Pritlove 1:08:51
Okay also im Prinzip ist es dann letzten Endes ein optisches Messgerät,was eigentlich das Licht misst.
Wolfgang Adam 1:08:57
Misst die Quantität von Licht die aus dem Kristall kommt.
Tim Pritlove 1:09:00
Okay, gut. Und das tut es mit welcher Auflösung dann wiederum?Also man kann ja nicht jeden Punkt beobachten.
Wolfgang Adam 1:09:06
Ja, wie gesagt, über die ganze Fläche. Wir haben jetzt hier 80.000 Kristalle.Man muss sich vorstellen, die Kristalle sind so längliche Gebilde mit einemquadratischen Querschnitt von einigen Zentimetern.
Tim Pritlove 1:09:19
Okay, also 80.000 Kalometer.
Wolfgang Adam 1:09:21
Also die Größe ist dadurch bestimmt, dass die Schauer eine gewisse Ausdehnungin der Tiefe, aber auch in der Breite haben.Und es ist sinnlos, die Detektoren sozusagen sehr viel kleiner zu machen alsdie Breite des Schauers. Das war die ursprüngliche Idee.Das bestimmte die Zahl der Kristalle.Und das ist der erste Teil des Kalorimeters. Und in diesem Teil,der genügt, um de facto alle Teilchen zu stoppen, die elektromagnetisch wechselwirken,also wir sind Elektronen und Photonen.Und andere Teilchen, Hadronen, die erzeugen größere Schauer und wir braucheneinen zweiten Kalorimeterteil dahinter.
Tim Pritlove 1:10:06
Also die durchschlagen sozusagen auch noch diesen ersten Teil.
Wolfgang Adam 1:10:09
Genau, die würden zwar einen Schauer beginnen im ersten Teil,aber der Schauer wäre so tief, dass er aus diesen Kristallen heraustritt und hinten raustritt.
Tim Pritlove 1:10:20
Ohne einen Lichteffekt zu erzeugen?
Wolfgang Adam 1:10:23
Nein, es wird Licht erzeugt, aber das Problem ist, dass nicht der gesamte Schauerenthalten sein wird in den Kristallen.Das geht danach weiter und dann haben wir einen zweiten Teil.Das beruhigt wieder auf dem Prinzip, dass wir dem Teilchen möglichst viel Material entgegenstellen.Aber in dem Fall ist das Messing.Es ist sozusagen ein Sandwich von Messing und wieder Zintillatoren.Zintillatoren, das ist ein Plastikmaterial und dort ist wieder dieselbe Idee.In dem Plastikmaterial entsteht Licht und man misst das Licht am Ende des Elementsund aus der Quantität des Lichts schließt man.
Tim Pritlove 1:11:09
Das ist also auch nochmal so eine zylindrische Struktur.
Wolfgang Adam 1:11:13
Das generiert wieder eine zylindrische Struktur, die eben außerhalb des,die nächste Lage darstellt nach diesen Kristallen.Und wie viele Detektoren sind das dann?Das ist in großen Modulen strukturiert. Also wir haben einige hundert von dengroßen Modulen, aber in jedem Modul gibt es Glasfasern, die Teile des Moduls messen.
Tim Pritlove 1:11:38
Ja, also ist das dann so wie bei dem ersten Zylinder, so 80.000 in der Größenordnung?
Wolfgang Adam 1:11:42
Es ist in der Größenordnung. In diesem Teil braucht man etwas weniger Genauigkeit.Das heißt, man muss nicht so feine Elemente haben.
Tim Pritlove 1:11:51
Gut, nur mal so ein Gefühl für die Datenpunkte zu bekommen, wie viel das so ist.
Wolfgang Adam 1:11:55
Und dann gibt es einen...
Tim Pritlove 1:11:56
Gibt es noch Teilchen, die diese Schicht dann auch noch überwinden können?
Wolfgang Adam 1:11:59
Genau, dann gibt es die berühmten Myonern, die diese Schicht überwinden können.
Tim Pritlove 1:12:03
Ah ja, okay, jetzt wird es spannend.
Wolfgang Adam 1:12:05
Diese Myonen sind eingelagert, diese Detektoren sind eingelagert in dieses Rückflussjoch.Also ich habe davon gesprochen, dass wir das Magnetfeld sozusagen im Detektorzu halten, haben wir diese Stahlkonstruktion, die rundherum geht.Und in diese Stahlkonstruktion sind eingelagert, in Spalten in der Stahlkonstruktionsind Myonkammern eingelagert. Und in dem Fall sind das Gasdetektoren.Das sind Detektoren, Schichten mit verschiedenen Technologien,die mit einem Gas gefüllt sind.Wenn Teilchen durch das Gas durchlaufen, dann ionisieren sie Atome in dem Gasund man kann diese Ladungen durch elektrische Felder bewegen und dann messen.Diese Detektoren werden elektronisch ausgelesen, also de facto die Bewegungdieser Ladungen der Elektronen und der positiven Ionen, die dabei entstehen,die erzeugen elektrische Signale auf Elektroden und die werden dann ausgelesen.Dort ist es eben wichtig, dass wir mit vernünftigen Kosten eine sehr,sehr große Fläche abdecken können, In diesem Prinzip, dass eine Lage nach deranderen kommt, natürlich je weiter man nach außen kommt, desto größer wird dieFläche, die man abdecken muss. Gleichzeitig ist die,ist die Genauigkeit, die man dort erzielen muss, geringer.Das heißt, dort genügt uns ein Zehntel Millimeter oder etwas weniger.Und der Grund dafür ist, dass die Myonen, bis sie in diese Lage kommen,haben sie schon viel Material durchlaufen. Das Material wird sie zwar nichtstoppen, aber es wird leichte Ablenkung an der Bahn verursachen.Und das heißt, es ist sinnlos genauer zu messen als die typische Größenordnungdieser Ablenkung der Bahn.Zu den Myonen möchte ich vielleicht noch sagen, dass im Prinzip,so wie die CMS konzipiert wurde, um die Myoner zu messen, um zu wissen,dass es ein Myon ist, brauchen wir dieses Signal in den äußersten Detektorschichten.Aber die genaue Messung der Energie des Muons wird in CMS gemacht,dass wir den inneren Siliziumdetektor mit den Informationen aus diesen Muonsdetektoren verbinden.
Tim Pritlove 1:14:35
Das erklärt jetzt auch warum dieser Muon, also warum das auch im Namen drinsteckt.Weil es sozusagen ein Element in diesem großen Magnet mit drin ist und von dahersozusagen so ein Major Design Prinzip darstellt sozusagen und nicht einfachnur so ein bisschen Gerät, was man noch in die Mitte reingeworfen hat.Also dieser Teilchen zu diesem Standardmodell ist ja wirklich...Das kann ja sehr verwirrend sein. Was wir ja die ganze Zeit angerissen haben mit diesen Myonen.Es gibt ja in diesem Standardmodell Klassifizierungen auf unterschiedlichen Dimensionen.Wenn man erstmal generell so diese Quarks und Leptoden unterscheidet,also das was sozusagen Protonen im wesentlichen baut sind die Quarks und derRest sind eben die Elektronen und Verwandte sozusagen.Gibt es ja das dann alles noch dreimal.Alles ist irgendwie dreimal vorhanden, hat dann andere Namen,ähnliche Namen und warum es das jetzt alles dreimal gibt, weiß man nicht sorichtig und es gibt es dreimal, weil es dann unterschiedliche Massen hat.
Wolfgang Adam 1:15:55
Das ist ganz klar eine der großen unbeantworteten Fragen in der Teilchenphysik,dass man im Moment keine Erklärung hat, warum es drei Generationen sein sollten.Diese Teilchen haben exakt die gleichen Eigenschaften, nur die Masse ist unterschiedlich. Genau.
Tim Pritlove 1:16:11
Das heißt dieses Myon, von dem wir jetzt die ganze Zeit reden,um das mal ein bisschen bekannter zu machen, ist eigentlich in seinem Wesen ein Elektron.Es ist nur sehr viel schwerer als ein Elektron.In welchem Faktor ist das schwerer, sehr viel schwerer?
Wolfgang Adam 1:16:27
200 Faktor, 1000, 2000, ca.2000. Ca. 2000 sind 500 Kiloelektronvolt und 100 Megelektronvolt.
Tim Pritlove 1:16:42
Ja, wie auch immer. Auf jeden Fall ist sehr viel schwerer, aber ist ansonsten wie so.Warum gibt's da, also das wissen wir nicht, aber warum ist man da jetzt so drauf abgefahren?
Wolfgang Adam 1:16:54
200 Stimmen.
Tim Pritlove 1:16:57
Genau, aber es gibt ja auch noch ein drittes, was dann nochmal extrem viel schwererist, das ist dann das Tauon.
Wolfgang Adam 1:17:06
Genau, das Tauon oder Taulepton.
Tim Pritlove 1:17:10
Das sieht man aber nicht.
Wolfgang Adam 1:17:12
Oh ja, das produzieren wir ebenfalls.
Tim Pritlove 1:17:16
Kann das auch detektiert werden?
Wolfgang Adam 1:17:18
Natürlich, wir detektieren das. Das einzige Problem, es ist schwerer zu detektieren,das Elektronen und Myonen, weil es nämlich relativ instabil ist.Elektronen sind stabile Teilchen, da gibt es kein Problem.Myonen zerfallen, aber die Lebensdauer eines Myons ist so groß,dass sie auf jeden Fall den Detektor verlassen werden, bevor sie zerfallen.Dagegen haben Daunen, eben weil sie schwer sind, eine relativ kurze Lebenszeit.Und das heißt, die würden schon in den ersten Zentimetern des Detektors zerfallen.Das heißt wir werden kein Dow-Lapton als solches durch den Detektor fliegen sehen,sondern das Dow-Lapton kann in verschiedene Konfigurationen zerfallen und umdie Dow-Laptonen zu identifizieren müssen wir eben die Sekundärteilchen,in die das Dow-Lapton zerfallen ist, identifizieren.
Tim Pritlove 1:18:16
Also man weiß schon, dass es da war, aber man sieht es nicht als sollte so.
Wolfgang Adam 1:18:21
Es ist schwieriger zu sehen, ja.
Tim Pritlove 1:18:22
Ok, verstehe. Und warum ist man dann jetzt so scharf drauf?Also was kann man, was meint man oder was kann man denn sozusagen daraus ableiten,dass jetzt sozusagen dieses Myon da ist?
Wolfgang Adam 1:18:39
Ja, wie gesagt, eine direkte Erklärung, warum es eben diese drei Generationen gibt, haben wir nicht.Aber das, wie gesagt, unser derzeitiges Standardmodell,mathematisches Modell, mit dem wir die Teilchen und die Kräfte zwischen denTeilchen beschreiben, setzt eben voraus, dass sich diese drei Generationen gleichverhalten, bis auf die Masse.Und das ist zum Beispiel ein interessanter Teil des Forschungsgebietes,um zu überprüfen, möglichst gut zu überprüfen, ob das wirklich der Fall ist.Weil wenn es nicht der Fall wäre, das würde das Ansatz geben,um neue Theorien zu entwickeln.Und deswegen, das ist natürlich ein Grund, sie zu messen. Der andere Grund,sie zu messen, ist, dass es einfach zusätzliche Möglichkeiten gibt,um andere Teilchen zu vermessen oder zu entdecken.Weil sehr oft, eben dadurch, dass die Elektronen Myon und Olepton dieselbenEigenschaften haben, kann ein Teilchen, das in Elektronen zerfallen kann oderin Myonen zerfallen kann, auch in die jeweils anderen Teilchen zerfallen.Das heißt, wir können dieses zerfallende Teilchen genau untersuchen.Wir haben mehr Möglichkeiten, wenn wir alle drei Zerfallsmodi untersuchen.
Tim Pritlove 1:20:06
Old Myon spielt auch eine Rolle bei der Detektion des Higgs-Bosons?
Wolfgang Adam 1:20:11
Zum Beispiel, ja.Genau, das Higgs-Boson kann in sehr viele unterschiedliche Arten zerfallen.Und eine dieser Arten ist, dass es de facto zuerst in zwei Z-Posonen,das sind die Vermittler der schwachen Wechselwirkung übrigens, zerfällt.Und diese Posonen können dann wieder in Leptonen zerfallen, zum Beispiel.Auch in Quarks, aber sie können auch in Leptonen zerfallen.Und sie können zum Beispiel in zwei Myonen zerfallen. Es könnte jedes dieserzwei Z-Posonen dann in zwei Myonen zerfallen.Und warum uns das besonders interessiert, ist einfach, weil wir die Myonen,das ist wirklich das Objekt, das wir am besten messen können.Sie können auch in Detektoren zerfallen, andere Teilchen, aber der Zerfall ininsgesamt vier Myonen ist das, was wir normalerweise einen goldenen Kanal nennen.Das heißt, das ist wirklich die Art und Weise, die wir am besten messen können.
Tim Pritlove 1:21:09
Ah ja, okay, verstehe.
Wolfgang Adam 1:21:12
Voraussetzung ist natürlich, dass wir alle vier Myonen in einer Zone des Detektorssind, die wir sehen können.Und warum ist es wichtig, dass man die so genau messen kann,ist, weil wir dann aus den, wenn wir die Energien und Richtungen der Virmionenbestimmen, können wir zurückrechnen, die Masse des Teilchens, die zerfallen ist.Das ist, wie wir überhaupt versuchen, typischerweise neue Teilchen zu finden.Es gibt Energiehaltung, d.h. wenn ein schweres Teilchen zerfällt,muss die Masse, also Masse und Energie der Zerfallsprodukte,aus denen kann man wieder die Masse des ursprünglichen Teilchens zurückrechnen.Und man sollte sagen, am LHC, wir haben immer sehr viel...Untergrund. Das heißt, wir suchen ein bestimmtes Ereignis, einen bestimmtenTyp von Ereignis, aber es gibt immer andere Prozesse, die etwas Ähnliches produzieren.Aber dadurch, dass wir diese Masse rekonstruieren können, ist dieser Untergrund,der ist normalerweise einfach zufällig verteilt.Und wenn es wirklich ein neues Teilchen ist, wie das X-Boson im Jahr 2012,dann sehen wir, dann werden die berechneten Massen, werden immer dort an derechten Masse des neuen Teilchens sitzen.Das heißt, wenn wir das ansehen, dann gibt es eben diesen Untergrund,der verteilt ist und über diesem Untergrund werden wir beginnen ein Signal zusehen, dass auf einer bestimmten Stelle immer mehr Ereignisse sind,die genau diesen Wert haben.Das ist wie das X-Boson gefunden wurde und das ist auch die Methode,um nach anderen Teilchen zu suchen.
Tim Pritlove 1:22:54
Genau, weil am Ende ist es ja alles eine statistische Betrachtung,jede Kollision ist anders, immer wieder passiert irgendwas,aber mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit passieren halt bestimmte Dingehäufiger und wenn man das dann eben einfach über Wochen,Monate und Milliarden an Beobachtungen zusammensummiert und plottet,dann entstehen halt diese Grafiken, wo so eine kleine Spitze ist,die halt so einen ganzen Raum voller Wissenschaftler total zum Schreien bringen,weil das dann einfach total irre ist.Und alle anderen fragen sich nur so, was passiert hier eigentlich gerade?Aber das kennt man ja auch aus anderen Sportarten. Also Leute,die mit Fußball nichts zu tun haben, wundern sich ja dann auch mal wieder,was die anderen alle so begeistert.
Wolfgang Adam 1:23:37
Ja, aber etwas zu finden, was man 60 Jahre lang gesucht hat,das kann etwas Begeisterung auslösen. Genau.
Tim Pritlove 1:23:45
Jetzt kommen wir vielleicht so langsam zum Ende und die große Frage ist ja halt immer,wie kann das alles dazu beitragen jetzt auch wirklich was neues zu finden undvielleicht neu ist ja dann auch immer so ein dehnbarer Begriff,also das Higgs Boson war ja nicht in dem Sinne neu, als dass es auf einmal soda war und man gesagt, oh Holla was ist das denn?Sondern das war ja quasi eine Suche nach 60 Jahren, weil es eben diese Theoriegab, wenn es das gäbe, dann würde auf einmal alles zusammenpassen.Alles was wir bisher beobachtet haben, haben wir sozusagen in dieses Standardmodelleingefügt, da fehlte dann aber irgendwie noch so ein Slot und man hat immerso gehofft, dass es das auch gibt, weil dann passt alles zusammen,weil wenn es das nicht gibt, dann passt gar nichts mehr zusammen.Dann müsste man sich was Neues ausdenken und bisher ist noch keinem was anderes eingefallen.
Wolfgang Adam 1:24:40
Naja es gibt einige andere Ansätze, aber es war klar der einfachste Ansatz umdas zu finden und deswegen war es spannend um zu sehen ob dieser Ansatz auchwirklich realistisch ist.
Tim Pritlove 1:24:52
Ich denke es ist ja auch alles gebaut worden. Deswegen hat man den LAC gebaut,deswegen hat man diese Energien versucht aufzubauen,weil man halt einfach so ein gewisses Target hat und sagt okay das ist so derEnergiebedarf den wir benötigen und wenn wir das dann lange genug beobachten,dann haben wir vielleicht eben diese Auffälligkeit und CMS ist einer von denbeiden Detektoren, die das eben mit der hier beschriebenen Technik beobachtethaben, die Statistiken gemacht hat.Atlas das andere, was im Prinzip dasselbe in grün gemacht hat und dann werdenwir halt auch nochmal drüber reden, wie das dort funktioniert und der Vergleichdieser beiden Ergebnisse hat dann eben diese Gewissheit gebracht.So jetzt ist das aber sozusagen aus dem Rennen, Higgs ist jetzt alter Käse.
Wolfgang Adam 1:25:35
Absolut nicht.
Tim Pritlove 1:25:36
Es wird natürlich nach wie vor noch weiter geguckt nach Higgs oder?
Wolfgang Adam 1:25:40
Wir stehen eigentlich am Anfang der Reise, weil Entdeckung heißt,dass wir die ersten überzeugenden Zeichen für die Existenz eines Teilchens gefunden haben.Aber was jetzt gemacht wird, ist zu überprüfen, was wir wissen.Wir haben ein Teilchen gefunden. Das Teilchen entspricht in etwa den Erwartungen der Theorie.Aber was wir jetzt machen ist, um die detaillierten Vorhersagen der Theoriezu überprüfen und zu sehen, ob diesesHiggs-Teilchen wirklich genau das Higgs-Teilchen dieses Modells ist.Und das ist eben ein langfristiges Programm.Das Higgs-Feld gibt eben Masse an die Teilchen und das hängt damit zusammen,wie stark sozusagen diese Teilchen mit dem Higgs-Boson reden. und.Das bedingt auch, wie oft ein Higgs-Boson aus diesen Teilchen erzeugt werdenkann oder wie oft ein Higgs-Boson in diese Teilchen zerfallen wird.Und die Vorhersage des Standard-Modells, dieses Modells ist eben,dass diese Wechselwirkung immer schwächer wird, je leichter Teilchen werden.Und dementsprechend werden die leichteren Teilchen auch seltener im Zerfalleines Higgs-Bosons vorkommen.Und die Entdeckung des X-Bosons wurde im Wesentlichen getragen durch den Zerfallin zwei Arten, eben in zwei Z-Bosonen oder ein Zerfall in zwei Photonen.Jetzt kann man sich fragen, Sie haben gesagt, dass das X hängt mit Masse zusammen.Das X gibt eigentlich die Masse. Photonen sind bekannterweise masselos.Also wie kann ein Higgs-Boson in Photonen zerfallen? Und das geschieht in der Beschreibung,die wir von der Natur in der Quantenfeldtheorie haben, dass da einfach ein komplizierterProzess aufgetreten ist, dass das Higgs ursprünglich in zwei andere Teilchenzerfallen ist und diese Teilchen dann zwei Photonen erzeugt haben.Und in Wirklichkeit hängt das sehr stark zusammen mit dem zerfallen SIX-Bosonsin zwei virtuelle Topquarks, also in schwere Teilchen.Und im Prinzip haben wir jetzt gemessen und wir haben überzeugende Messungen,dass der SIX eben in Z-Bosonen zerfallen kann,in W-Bosonen zerfallen kann, dass der SIX mit Topquarks redet,dass der SIX, also direkt in Topquarks, in zwei Topquarks kann der SIX nichtzerfallen, weil der SIX einfach zu leicht ist.Die zwei Top Quarks zusammen werden schwerer als das X-Poson und deswegen kannes nicht direkt zerfallen.Aber es kann trotzdem in der Produktion und im Zerfall auf indirekte Arten mitdiesen Top Quarks reden.Wir haben den Zerfall in B, Quarks.Und die berühmten Dow-Leptonen. Das sind alles de facto die schwersten Teilchen, die wir kennen.Aber um jetzt überzeugt zu sein, dass dieser Mechanismus der Stärke der Wechselwirkungmit Masse wirklich funktioniert, sollten wir auch sehen, ob es mit den leichteren Teilchen redet.Und wir haben jetzt in CMS, wir haben mit den Daten aus den letzten Jahren daserste Mal einen Hinweis dafür gesehen, dass das X-Boson direkt in zwei Myonen zerfallen kann.Das ist schon jetzt ein großer Sprung in der Masse, weil, wie schon gesagt wurde,die Myonen sind sehr viel leichter als die Dauleptonen zum Beispiel,auch sehr viel leichter als Z-Bosonen oder W-Bosonen. Das heißt,da ist ein großer Sprung.Wir haben eben Hinweise dafür, noch nicht auf dem Niveau,das wir typischerweise in der gleichen Physik Entdeckungsniveau nennen,diese berühmten 5 Sigma statistische Wahrscheinlichkeit, also Wahrscheinlichkeitvon weniger als 1 zu 1 Million, dass das einfach eine Fluktuation war.Aber das steht auf unserem Programm und auch zur Fälle in andere leichte Teilchen,um eben das vollkommen zu überprüfen, das Modell.Und dann auf einer etwas längeren Zeitskala ist die Frage, wie das Higgs mitsich selbst redet und...
Tim Pritlove 1:30:08
Teilchen reden auch mit sich selbst.
Wolfgang Adam 1:30:10
Ja, es kann ein Higgs-Boson zum Beispiel in zwei Higgs-Bosonen zerfallen undzwei Higgs-Bosonen produzieren in seinem Zerfall.Und das Interessante daran ist, dass das Higgs-Boson ursprünglich erfunden wurde,um zu erklären, warum diese W- und Z-Bosonen, für die es in den 80er Jahrenden Nobelpreis gegeben hat und die die schwache Wechselwirkung erklären,warum die nicht wie das Photon masselos sind, sondern warum sie eine Masse haben,eine ziemlich hohe Masse sogar.Und das läuft unter dem Konzept der Symmetriebrechung.Es gibt da in Symmetrienstellen einen sehr wichtigen Bestandteil aller modernenTheorien der Teilchenphysik vor.Symmetrien können so etwas wie die einfache Links-Rechts-Spiegelsymmetrie sein,die wir kennen, aber es kann auch Symmetrien in anderen Formen geben,die zum Beispiel, das wäre sozusagen eine Art Spiegeleffekt,die zum Beispiel ein Teilchen in ein anderes Teilchen verwandeln könnte unddadurch ihre Ähnlichkeit erklärt.Und jedenfalls, das Higgs-Poson hat eben diese spezielle Eigenschaft,Eigenschaft, dass es eine gewisse Symmetrie bricht, also dazu führt,dass die Symmetrie nicht mehr vollkommen respektiert wird.Und das gibt diesen W- und Z-Posonen die Masse.Und das hängt sehr stark davon zusammen, eben wie stark dieses X-Poson sozusagen mit sich selbst redet.Und das ist ein Programm, das ist sehr schwierig zu messen. Das ist ein Prozess,der noch viel seltener ist, als was wir im Moment schon messen und die,Und das wird wirklich ein Programm sein für die nächsten Jahre,für die zukünftige Phase des LACs und dann sogar, wahrscheinlich um Präzisezu messen, auch für die nächste Beschleuniger-Generation, die nachher kommen werden.
Tim Pritlove 1:32:17
Okay, also man ist quasi auf der Mission, also nachdem man sich sicher war,dass Higgs-Prinzip das existiert, das ist da, das ist messbar,das entspricht so gut den Vorhersagen und wir haben es auch aus den statistischenDaten mit der statistischen Sicherheit herauslesen können.Da ist was, geht es jetzt im Wesentlichen darum zu sagen, wie verhält es sichjetzt genau, was hat das für eine Auswirkung.Das ist jetzt sehr kompliziert zu verstehen, dieser ganze Bereich.Aber eine Sache wollte ich mal kurz rausgreifen, weil das irgendwie eben viel,also wenn wir jetzt den Begriff Wechselwirkung hier mit reinnehmen,hab ich ja vorhin schon auch angesprochen, da haben wir es ja sozusagen mitdiesen Naturkräften zu tun.Schwache Kernkraft durch diese WZ-Versionen, die elektromagnetische Kraft durch dieses Photon,die starke Kernkraft durch diese Gluon, die dann halt irgendwie Lepton und Quarkirgendwie zusammenbacken oder auch nicht. Und...Dann gibt's halt noch dieses Higgs. Und jetzt hast du aber auch diesen BegriffWechselwirkung in den Mund genommen, wenn man sagt, wie Higgs jetzt sozusagenmit den anderen interagiert.Heißt das, dass man dann sozusagen, also ist das dann sozusagen noch eine weitereKraft, die wir so bisher so nicht auf dem Zeiger haben oder reden wir jetzthier von einer anderen Wirkung, die nicht auf dem Level sich abspielt?
Wolfgang Adam 1:33:51
Ich würde das nicht als Kraft bezeichnen. Es ist einfach nur,dass es Prozesse gibt, in denen Higgs-Boson und andere Teilchen vorkommen unddie dann… Also nicht jede Wechselwirkung ist eine Kraft, aber jede Kraft ist eine Wechselwirkung?Ja, das könnte man vielleicht so sagen.Aber was man vielleicht zum Programm mit dem Higgs-Boson noch hinzufügen sollte,ist, dass das Higgs-Boson auch sehr interessant ist, um mögliche neue Effekte zu studieren.Wir haben noch nicht erwähnt, dass das Standardmodell, dass wir sehr zufriedensind, dass wir dieses letzte Teilchen des Standardmodells gefunden haben.Aber wir wissen, dass es nicht vollständig sein kann.Und da gibt es einen starken Zusammenhang mit Kosmologie und dem,was wir im Universum beobachten, weil zwei der großen Fragen in der Entwicklung des Universums sind,warum es einen Unterschied zwischen Teilchen und Antiteilchen gibt und was esmit dieser berühmten dunklen Materie im Universum an sich hat.Und beide Themenbereiche hängen mit Teilchenphysik zusammen,weil der Unterschied zwischen Teilchen und Antiteilchen,das ist etwas, was man messen kann in verschiedenen Arten, auch am LHC,Und die dunkle Materie, es ist sehr plausibel, dass die dunkle Materie de factoaus Teilchen besteht, die wir noch nicht kennen.Und wo kommt das Higgs da hinein? In vielen theoretischen Modellen,die versuchen, dunkle Materie mit neuen Teilchen zu erklären,spielt das Higgs-Boson oder mehrere, möglicherweise mehrere andere Higgs-Bosonen noch eine Rolle,um sozusagen die Welt, die wir da jetzt schon kennen, und diese dunkle Weltmiteinander zu verbinden, also Verbindungen herzustellen zwischen den Teilchen, die wir kennen,und der Produktion von Teilchen, die wir noch nicht können und die zum Beispieldunkle Materie hervorrufen könnten.
Tim Pritlove 1:35:56
Also zum Beispiel würde man jetzt, und das ist ja unter anderem auch geplant,noch einen größeren Ring bauen und damit noch mehr Energien aufbauen könnenund noch fettere Detektoren bauen,die mit diesen Energien auch umgehen, was dann noch größere Magneten wären undüberhaupt kann man sich das fast schon gar nicht mehr vorstellen,Wie groß das alles wäre, auf jeden Fall wenn man sozusagen höhere Energien noch beobachten könnte,dann könnte es vielleicht theoretisch sein, dass auch in der Mangelung einerpassenden Theorie zu diesem Zeitpunkt mal halt an irgendeiner Stelle mit nochmehr Energien nochmal so einen kleinen Hopser in der Kurve hat.
Wolfgang Adam 1:36:32
Das muss nicht unbedingt beim nächsten, das könnte natürlich beim nächsten Beschleunigersein, aber selbst bei uns könnten Prozesse sein, die einfach so selten sind.
Tim Pritlove 1:36:42
Die einfach selten sind, das ist der andere Punkt. Oder aber eben auch,dass man erstmal woanders noch suchen muss, das meinte ich eigentlich mehr.Also es könnte auch sein, dass man nochmal ganz woanders gucken muss,als wir derzeit gucken können und dort sozusagen nochmal so ein Geschwisterhicks haben,die dann vielleicht einfach nur in der Antimaterie irgendwas machen und da dieseMassen erzeugen, die wir quasi da ja ausmachen.Weil das ist ja das, was wir sehen. Wir sehen, dass da irgendwas gravitativ wirkt,Galaxien irgendwie zusammenhält und auf andere Geschwindigkeiten bringt,die sich eben mit unserer Vorstellung der normalen Materie nicht verbinden lässtund von daher irgendwie das große Fragezeichen, also eins der großen drei Fragezeichenist, die wir derzeit so im Weltall haben.
Wolfgang Adam 1:37:25
Ja, aber die Verteilung von dunkler Materie und die Geschichte des Universumssagt uns, dass es eine gewisse Verbindung, eine sehr, sehr schwache Verbindung,aber zwischen diesen Teilchen, wenn es Teilchen sind der dunklen Materie,und den normalen Teilchen geben sollte.Und das ist eben Teil des Forschungsprogramms. Mit dieser Verbindung könntenwir diese Teilchen unter Umständen hier auch schon im LHC produzieren und mit dem Detektor sehen.Das ist übrigens ein interessanter Aspekt, dass die Detektoren de facto auchDeichen Detektieren können, die gar nicht direkt im Detektorsignal hinterlassen.
Tim Pritlove 1:38:05
Man kann etwas detektieren, was man gar nicht detektiert?
Wolfgang Adam 1:38:07
Genau, das betrifft schon bekannte Teilchen.Im Standardmodell mit den Elektronen, das Elektron hat nicht nur schwere Geschwister,sondern auch ein Pendant, das ist das Neutrino, das zum Beispiel in großen Mengenin der Sonne in den Kernprozessen erzeugt wird.Und das Neutrino ist fast masselos und hat nur eine sehr schwache Wechselwirkung mit Materie.Das heißt, die Neutrinos würden aus unseren Detektoren hinauslaufen und wirwürden sie nicht sehen. Aber auch wenn wir zum Beispiel Teilchen der dunklenMaterie erzeugen könnten, würden diese auch den Detektor verlassen, ohne dass wir sie sehen.Aber wir können uns ein Prinzip in der Physik zunutze machen,und das ist, es gibt die Energieerhaltung, aber es gibt auch ein Prinzip,das nennt sich Impulserhaltung, das ist also, sagen wir so, verwandt mit derEnergie, aber das spielt sich in allen drei Raumrichtungen ab.Das heißt, man kennt vielleicht dieses Spiel mit dem Bändeln mit den Kugeln,wo man die Kugel fallen lässt und dann läuft auf der anderen Seite eine Kugelraus. Das ist de facto Impulserhaltung und das könnte man auch in drei Dimensionen machen.Jedenfalls, wir haben das Prinzip, dass die Protonen, die zusammenlaufen,die bewegen sich entlang des Beschleunigers, auf einer geraden Linie eben,aber nicht links, rechts, oben und unten.Und daraus schließt man, dass die Summe aller Teilchen, die nach der Kollisionproduziert wird, kann insgesamt, kollektiv sozusagen, auch keine Bewegung links,rechts, oben und unten haben.Und wenn da jetzt aber ein Teilchen dabei wäre mit hoher Energie,das wir nicht sehen, Und wir machen die Summe über alle sichtbaren Teilchenund würden sehen, dass die Summe der sichtbaren Teilchen in irgendeine Richtung zeigen würde.Während das unsichtbare Teilchen in die andere Richtung gegangen wäre.Und auf diese Art und Weise können wir feststellen, ob ein unsichtbares Teilchenden Detektor verlassen hat.
Tim Pritlove 1:40:16
Also man rechnet sozusagen einfach nach wie viel Energie ist denn hier insgesamtfehlt, was fehlt, fehlt und daraus kann man schließen.
Wolfgang Adam 1:40:23
Und damit könnte man zum Beispiel sehen, falls dunkle Materie produziert würdeund das ist ein wichtiger Teil unseres Forschungsprogramms.
Tim Pritlove 1:40:32
Ja, spannend. Das bringt uns jetzt so ein bisschen ans Ende.Können natürlich jetzt noch stundenlang weiter philosophieren,aber um es vielleicht mal abzurunden.Man sieht, dass die Detektoren halt auf der einen Seite dazu beitragen,bestehende Theorien zu überprüfen und das eben teilweise mit Erfolg,aber auch das nicht Nachweisen ist ja in gewisser Hinsicht auch ein Erfolg,aber auch noch sehr viel Potenzial hat jetzt sozusagen auf dem nächsten Wegmit der existierenden Technologie plus der Upgrades, die ja hier regelmäßigstattfinden, die halt Dinge genauer machen, verfeinern, Energien erhöhen usw.Anders ballen, dass man eben auch auf dem Pfad zu weiteren Erkenntnissen kommen kann.Also jetzt nicht mit dem Higgs ist nicht das ganze Pulver verschossen worden. Nein, absolut.
Wolfgang Adam 1:41:31
Und wie gesagt, wenn man ein neues Teilchen entdeckt, das ist die erste Stufe,die ist Entdeckung und die zweite Stufe ist dann, um dieses neue Teilchen defacto als Werkzeug zu verwenden, um neue Erkenntnisse zu bekommen.
Tim Pritlove 1:41:50
Ja, gut Wolfgang, ich sag vielen Dank für die Ausführung zum CMS,das war alles sehr interessant, sehr spannend.Ja, und ich bedanke mich fürs Zuhören, das war's zum CMS, weiter geht's dannmit dem Atlas, gucken wir mal wie die auf die Welt schauen, ja.Und dann geht's halt hier wieder weiter. Bis dann sagt Tschüss, bis bald!

Shownotes

RZ113 CERN: Der ALICE-Detektor

Das ALICE-Experiment auf der Suche nach dem Wunderland des Quark-Gluon-Plasmas

Das ALICE-Experiment ist eines der großen Detektorsysteme am CERN in Genf und nutzt den CERN-Beschleunigerring um die Kollision schwerer Ionen zu beobachten. Dabei entsteht ein sogenanntes Quark-Gluon-Plasma, in dem sich Atom zu einem Teilchenbrei vermengen wie man es vermutlich kurz nach dem Urknalls vorgefunden hat.

Dauer:
Aufnahme:

Kai Schweda
Kai Schweda

Wir sprechen mit Kai Schweda, derzeit der offizielle Sprecher und Projektleiter des ALICE-Teams am CERN. Wir schauen auf die physikalischen Hintergründe, die aufwändige Technik und Funktionsweise des Detektors, welche Ergebnisse das Experiment bisher schon hat liefern können und was für Aufgaben und technische Weiterentwicklungen in den nächsten Jahren zu erwarten sind.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

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Transkript
Tim Pritlove 0:00:34
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Pridlaff und ich begrüße alle hier zu einer weiteren Ausgabe von Raumzeit.Und wie schon in den letzten Sendungen sich abgezeichnet hat,heute geht's wieder um das ZERN.Ich bin hier in Genf vor Ort und spreche mit einer ganzen Reihe von Gesprächspartnern.Und so auch in dieser Sendung. Und heute geht es um die Detektoren,die es ja hier so einige gibt, an dem großen Large Hadron Collider,dem großen Beschleunigerring, der hier aufgebaut worden ist in den letzten Jahrzehntenund fleißig betrieben wird und wie man ja auch schon gehört hat zu diversenwissenschaftlichen Erkenntnissen geführt hat.Und diese Erkenntnisse gäbe es nicht, würde nicht das, was da beschleunigt wird,auch mal ausgelesen werden.Es muss ja auch was kollidieren, wenn man diese Kollision auswerten will.Und eine dieser Kollisionsmaschinen, dieser Detektoren heißt ALICE,Large Ion Collider Experiment und darüber spreche ich heute mit Kai Schweda.Hallo, herzlich willkommen bei Raumzeit.
Kai Schweda 0:01:49
Hallo Tim, gut dich zu sehen.
Tim Pritlove 0:01:52
Ja, Kai du bist, stimmt das, Alice Deputy Spokesperson steht hier.
Kai Schweda 0:01:58
Genau, seit Januar diesen Jahres für drei Jahre. Spokesperson wird demokratischgewählt von den teilnehmenden Instituten und alle drei Jahre gibt es einen neuenSpokesperson. Und der ist auch nicht wiederwählbar, das heißt nach drei Jahren ist es vorbei.
Tim Pritlove 0:02:12
Aha, warum macht man das?
Kai Schweda 0:02:14
Generell ist es am Zehren so, dass auch die Generaldirektorin,die wir jetzt haben, von den Mitgliedstaaten gewählt wird.Das macht man, dass Machtstrukturen nicht verkrusten. Wir haben ja gesehen,wenn eine Kanzlei in Deutschland vier Legislaturperioden überlebt...Da haben die Leute die Schnauze voll. Und genau das ist das Ziel vom CERN.Selbst die Sekretärinnen in den Sekretariaten wechseln alle 5 oder 6 Jahre die Abteilung auch um,natürlich auch wenn man eine bestimmte Aufgabe eine Zeit macht,wird es sehr routinemäßig, dann sehen die andere Abteilungen und das wird sehraktiv betrieben beim CERN.
Tim Pritlove 0:02:51
Es gibt ja auch genug, wo man durchrotieren kann. Also es bleibt abwechslungsreich.Und ich denke das schärft dann auch den Blick für das Ganze dann doch auch,dass man sieht, aha andere Abteilungen machen auch cooles Zeug und haben abervielleicht einen anderen Stil und dann übertragen sich natürlich auch Erfahrungen.Aber das heißt, dass man nicht mehr so viel Wissenschaft macht oder?Wenn man Spokesperson ist oder ist das nur so ein Anhängsel?
Kai Schweda 0:03:17
Nach wie vor zwei Doktoranden, die ich betreue, die unsere Daten auswerten undPhysikanalyse betreiben und die auch veröffentlichen die Ergebnisse.
Tim Pritlove 0:03:25
Also es ist eigentlich nur so ein zusätzlicher Job und kein neuer.
Kai Schweda 0:03:28
Also ich denke Spokesperson, das ist ja der CEO wäre das, bei einer großen Aktiengesellschaftoder im deutschen Sprachraum ist das der Vorstandsvorsitzende.Ich bin der Stellvertreter.Und ich behalte noch mehr 10% meiner Zeit für Dinge, die mir Spaß machen,zum Beispiel Doktorandbetreuung, ich mache noch Lehre in der Uni Heidelbergin der Physik und das will ich nicht aufgeben. Als Brooks-Person wird es vielleicht anders.
Tim Pritlove 0:03:54
Wie hat es dann angefangen mit der Wissenschaft?
Kai Schweda 0:03:57
Ich denke schon in der Schule, so rückblickend waren immer die Naturwissenschaftendas, was mich interessiert hat und dann im Studium war es die Kernphysik.Alles andere hat mich dann weniger interessiert.
Tim Pritlove 0:04:07
Warum?
Kai Schweda 0:04:08
Das kann ich nicht sagen. Vielleicht ist das Purismus,dass man die Kern- und Teilchenphysik versucht ja die Natur zu beschreiben,indem man die Kräfte auf fundamentale Teilchen und fundamentale Wechselwirkungenreduziert und vielleicht ist es dieser Reduktionismus, den ich so attraktiv finde.
Tim Pritlove 0:04:27
Ja und auch natürlich dieser Teilchen Zoo, das hatten wir ja schon im Eingangsgespräch,Standardmodell, das ist einfach so das, was alles definiert.Von daher glaube ich auch nochmal besonders interessant sein kann.
Kai Schweda 0:04:42
Da gibt es unterschiedliche Meinungen, wir versuchen das,wie gesagt, über fundamentale Teilchen- und Wechselwirkungen zu beschreiben,aber selbst wenn man diese Wechselwirkungen nicht beliebig genau kennt,könnte niemand ausrechnen, welche Formation eine Schneeflocke wenn man alsoSysteme hat, die aus sehr vielen Teilchen bestehen.Prinzipiell kann man das machen, es gelingt aber keinem, weil dann gibt es ebenkollektive Phänomene, die nicht immer aus den fundamentalen Wechselwirkungen kommen.
Tim Pritlove 0:05:09
Oder anders ausgedrückt, Europa braucht unbedingt ein Schneeflockenformungsforschungszentrum.
Kai Schweda 0:05:14
Nein, ich will das nicht ins Lächerliche ziehen, aber es gibt auch emergentePhänomene, auch ALICE beschäftigt sich damit, vielleicht kommen wir da nochspäter drauf, die man eben nicht so einfach aus den fundamentalen Wechselwirkungen herleiten kann.
Tim Pritlove 0:05:27
Alles nicht so einfach. Trotz alledem gibt es den Bedarf hier mal ins Detail zu gehen.Ja, Alice. Also ich habe es schon gesagt, Large Ion Collider Experiment mitden Abkürzungen ist ja immer so eine Sache. Man will immer auf irgendwas hinaus.Eine schöne Abkürzung, liest sich halt gut.Aber es beschreibt ja schon auch in etwa was getan wird. Wovon reden wir jetzt?Wir haben hier am Standort den großen Ring, den Archidron Collider,den Beschleunigerring, der halt die Teilchen ordentlich auf Fahrt bringt.Und entlang dieses Rings gibt es verschiedenste Instrumente,wie man sagt, wobei das Wort irgendwie nicht so richtig erfasst,um was für Kolosse es sich dabei handelt.Sehr sehr große, sehr komplexe technische Geräte, die dann eben diese beschleunigtenTeilchen kollidieren lässt und sie dabei beobachtet.Also ein Detektor. ALICE ist jetzt einer dieser Detektoren, die alle mehr oderweniger, also die sozusagen alle parallel und unabhängig voneinander entwickelt wurden.Das heißt hinter jedem dieser Detektoren steckt eine eine Philosophie,eine Technik Wissenschaftsphilosophie, wie man auf dieses beschleunigte Teilchen schaut.
Kai Schweda 0:06:54
Also wir schauen nicht auf das beschleunigte Teilchen, sondern auf das kollidierende.Die beiden Teilchen kriegen sehr viel Energie mit. Das ist Bewegungsenergie.Und die kollidieren und dann wird in dieser Kollision ein Großteil dieser Energie,die ich vorher reinstecke mit dem Collider, mit dem Beschleuniger,die wird frei und erzeugt neue Teilchen. Da entstehen in der Kollision neueTeilchen und diese neuen Teilchen, die untersuchen wir.
Tim Pritlove 0:07:18
Und was ist jetzt sozusagen die Philosophie gewesen beim Design von ALICE?
Kai Schweda 0:07:27
Anfang der 1990er Jahre hat das CERN ernsthaft überlegt und auch eine Designstudiezum Large Hadron Collider entwickelt.Das heißt, sie haben sich überlegt, welche Energie brauchen wir,um in der Teilchenphysik Fortschritt zu machen. Es ging damals um das Higgs-Boson,das auch vor zehn Jahren entdeckt wurde.Und dann war klar, da gab es dann die Teilchenphysik-Gemeinschaft,die Community, baut traditionell zwei Detektoren mit unterschiedlicher Technologie,um eben diesen Nachweis des Higgs-Teilchens einwandfrei festlegen zu können.
Tim Pritlove 0:07:59
Weil wenn man das gleiche sieht oder dieselben Schlüsse zieht aus zwei vollständigunterschiedlichen Beobachtungen, dann kann man auch sicher sein, dass es stimmt.
Kai Schweda 0:08:07
Genau, so ist das traditionell in der Teilchenphysik, auch bei anderen Kollidern wurde,als das Topquark entdeckt wurde, waren es auch zwei große Experimente und dannwar klar am Large Hadron Collider, dieser Ring, die ja 100 Meter unter der Erdeist, der 27 Kilometer lang ist, hat vier Kollisionszonen.Da war vorher ein anderer Kollider drin, der Elektronen und Positronen kollidierthat. Und da gibt es vier Wechselwirkungspunkte, wo die Strahlen kollidieren.Es gab also noch zwei weitere.Kollisionspunkte, wo man ein Experiment aufstellen kann und dann hat sich unser Feld,das noch recht jung ist, die schweren Physik überlegt, wir könnten da bei diesenhöchsten zugänglichen Kollisionsenergien einen Detektor bauen und der ist nichtfür Proton-Proton-Kollisionen zuständig,denn in Proton-Proton-Kollisionen wurde das Higgs-Boson entdeckt und wird weitererforscht, welche Eigenschaften es hat, Sondern man kann auch einen Monat proJahr, also eine relativ kurze Zeit, schwere Bleikerne reinsetzen und die beschleunigen.Und das ist das zentrale Thema von ALICE.
Tim Pritlove 0:09:09
Was ist jetzt so besonders an diesen schweren Teilen?
Kai Schweda 0:09:14
Die Frage ist, was passiert, wenn ich sehr viel Energie in ein Volumen pumpe,das sehr viel größer ist als ein Proton.Darüber ist noch wenig bekannt. was passiert mit dem Vakuum,wenn ich da sehr viel, sehr sehr viel Energie reinstecke, über ein sehr großesVolumen, groß, wie gesagt, groß im Vergleich zu der Größe eines Protons.Und dann kommen da eben bei einer Proton-Proton-Kollision kommen ein paar hundertTeilchen raus, die erzeugt werden.Bei einer Blei-Blei-Kollision, da habe ich ja, Blei hat 82 Protonen und dieseBleikerne sind völlig nackt. Wir nehmen denen alle Elektronen weg,dass man sie möglichst stark beschleunigen kann. Das heißt, dieser Bleikernist 82 Plus geladen, der hat die Ladung von 82 Protonen.Und dann kommen noch 126 Neutronen dazu. dann habe ich also 208.Nukleon, also 208 Protonen plus Neutronen, habe ich ein sehr großes System,das kollidiert und da entstehen 20.000 geladene Teilchen, nicht nur ein paarhundert. Und das ist der große Unterschied zu ALICE.Wir müssen bei einer einzigen Kollision eine sehr, sehr hohe Teilchenzahldichteuntersuchen können und dafür haben wir einen speziellen Detektor gebaut.Also die Überlegung, was für einen Detektor wir gebaut haben,kommt daraus, was passiert in dieser Kollision.Und es war sehr schnell klar, wenn man am Large Hadron Collider ein Schwerion-Experiment,in dem man Bleikerne kollidiert, bauen möchte, braucht man zunächst mal praktischdie gesamte Physikergemeinschaft, die sich mit so einer Physik beschäftigt.Weil man einfach einen Detektor, weil die Herausforderungen so groß sind aufder Detektorseite, auf der Datenaufnahmeseite vom Rechenanspruch,dass man da praktisch fast alle Physiker, die in dem Feld arbeiten, zusammenbringen muss.Und dann war auch sehr schnell klar, da muss dieser Detektor nicht nur eineTeilmessung machen oder ein ganz besonderes Signal und eine Sonde untersuchenkönnen, sondern sehr breit aufgestellt sein, dass er möglichst alle Signale erkennen kann.
Tim Pritlove 0:11:09
Warum nimmt man Blei? Also es gibt ja sicherlich auch noch schwerere,man kann ja auch Uran nehmen.
Kai Schweda 0:11:14
Ja genau, Uran wurde auch gemacht, nicht Amzern. Dazu braucht man eine bestimmte Quelle.Quelle. Man fängt ja an ein Teilchen zu beschleunigen, in dem es immer zum Beispielim Proton nimmt man das Elektron weg, dann ist es positiv geladen,dann lege ich ein elektrisches Feld an und im elektrischen Feld bewegt sicheine positive Ladung entlang der Feldlinie und wird beschleunigt.Und Blei ist möglichst schwer, Uran ist noch schwerer.Aber für Uran muss man eine spezielle Quelle haben, das hat das CERN nicht,das wurde aber in anderen Experimenten gemacht. Da braucht man eine ganz spezielleQuelle. Das ist also ein technologisches Argument.
Tim Pritlove 0:11:48
Also Quelle im Sinne von, also nicht wo man das Uran her bekäme,sondern wie man das sozusagen erstmal in den Ring überhaupt reinschweißt.Wie man das vorbeschleunigt.
Kai Schweda 0:11:57
Die Frage ist immer, wie fange ich an? Ich habe zuerst ein neutrales Atom,ein Bleiatom oder ein Bleikern.Und da muss ich erst mal den positiv oder auch negativ laden.Ich gebe ihm ein Elektron dazu und ich nehme eins weg aus der Atomhülle unddann fange ich an, das zu beschleunigen.Und das ist die Schwierigkeit bei Uran. Wir hatten auch sehr gerne Uran-Kollisionen.
Tim Pritlove 0:12:17
Okay, also bleiht sozusagen der Kompromiss aus. Da weiß man,wie man es hinkriegt und es ist schwer genug, dass es einen Unterschied macht.
Kai Schweda 0:12:23
Ganz genau, aber der LHC hat auch mittelschwere Kerne schon kollidiert, Xenonkerne.Das hat wunderbar funktioniert. Da hatten wir mal sechs Stunden Strahl mit Xenonkerne.
Tim Pritlove 0:12:37
Und warum ist jetzt sozusagen, also das habe ich noch nicht so ganz verstanden,also klar Protonen aufeinander ballern, das bringt einen schon mal weit undhat auch irgendwie das Higgs-Feld nachweisen können.Was ist jetzt sozusagen die Erwartungshaltung gewesen, wenn man sagt,okay, es ist besser, wenn manjetzt viele Protonen hat, weil man dann mehr sieht oder was anderes sieht?
Kai Schweda 0:13:02
Weil man genau neue Eigenschaften sieht. Man sieht dann plötzlich,das muss ich weiter ausholen, die Protonen sind ja keine fundamentalen Teilchen.Elektron ist ein Elementarteilchen, das hat eine Ladung, das hat eine bestimmteMasse, aber Protonen sind ja ausgedehnt,die bestehen selbst noch mal aus Elementarteilchen, das sind die Quarks.Und das ist eben das fundamentale Teil, die Quarks sind Bestand der Bis dahin.Des Standardsmodells der Teilchenphysik und da gibt es sechs verschiedene Quarks.Ich kann mal aufzählen, die Physiker sind nicht besonders innovativ,wenn sie neue Namen geben.Da gibt es einen Up-Quark und einen Down-Quark und daraus besteht unsere gesamteWelt. Ich kann zwei Up-Quarks nehmen und einen Down-Quark, dann habe ich dreiQuarks und das ist ein Proton.Ich kann andersherum zwei Down-Quarks nehmen, einen Up-Quark,auch wieder drei Quarks, dann habe ich einen Neutron.Da nehme ich noch das Elektron dazu und damit kann ich vom Wasserstoffatom biszum Blei oder Uranatom das komplette Periodensystem bauen.Alles zusammenbauen und das ist unsere Welt, aus der wir auch bestehen,wo aus dieser Tisch hier besteht.Und die Natur hat es aber so eingerichtet, dass es noch eine zweite und dritteGeneration oder Familie, das sind Synonyme, man kann beides nehmen, sagen, gibt.Und kein Mensch weiß, warum es jetzt eine zweite und eine dritte Generation gibt.Es gibt auch genau drei, auch das wurde am LAC untersucht, auch bei anderen Beschleunigern.Gibt es denn nicht noch eine vierte, fünfte, sechste Familie?Gibt es nicht. Zumindest nicht bei den Energien, die uns momentan zur Verfügung stehen.Und das ist eines der großen Rätsel im Standardmodell der Deutschmusik.Warum gibt es drei Familien und genau drei und nicht mehr und nicht weniger?So und dann kommen wir zur starken Wechselwirkung. Die Protonen,diese Quarks, werden zusammengehalten von der starken Wechselwirkung.Wir kennen ja aus der Schule, aus dem Alltag, die elektromagnetische Wechselwirkung,elektrische Ladungen, magnetische Felder.Wir kennen die Schwerkraft, die, die Gravitation, die hat gespielt keine Rolleim Standardmodell der Teilchenphysik, die wird nicht berücksichtigt.Aber es gibt noch zwei im Standardmodell, zwei weitere mikroskopische Kräfte,das ist die schwache Kernkraft oder die schwache Kraft, Die ist zum Beispieldafür verantwortlich, dass ein Neutron zerfällt in ein Proton und ein Elektron und ein Neutrino.Und dann gibt es noch eine Kraft, das ist eben die starke Kraft.Und diese beiden Kernkräfte haben sehr kurze Reichweiten. Wir wissen ja vonder elektromagnetischen Wechselwirkung, die geht unendlich weit.Oder wir sehen, wir spüren die Schwerkraft der Sonne, die 150 Millionen Kilometervon uns entfernt ist, spüren wir, weil die Erde sich eben um die Sonne bewegt.Und diese Kernkräfte haben sehr, sehr kurze Reichweiten, also sehr viel kleinerals die Größe von einem Atom.Deshalb sind die so schwierig zu sehen.
Tim Pritlove 0:15:53
Und deswegen sind sie ja auch im Fokus.Okay, und inwiefern, also was ist jetzt sozusagen die konkrete Perspektive von Alice?Also Alice versucht es quasi so zu betrachten,dass man eben dadurch, dass man diese schweren Bleiatome beziehungsweise nicht die Atome,sondern die Kerne, die Bleikerne kollidieren lässt und diese extreme Teilchendichtezu erzeugen und dann hat man sozusagen die Hoffnung und die Erwartung und mittlerweilewahrscheinlich auch schon die Erkenntnis,dass man daraus dann Schlüsse ziehen kann auf das Wesen dieser Elementarteilchen und dieser Kräfte.
Kai Schweda 0:16:46
Ja, dazu dient, dass ich soweit ausgeholt habe. Diese Quarks,die in den Protonen eingeschlossen sind, die tragen jetzt eine Farbladung,so wie ein Elektron eine elektrische Ladung trägt.Und diese Ladung ist ja Ursache für eine Kraft. Die elektrische Ladung ist dieUrsache für die elektromagnetische Kraft, dass sich ein Proton und ein Elektron anziehen.Und so tragen die Quarks, die tragen auch elektrische Ladung,aber die tragen auch Farbladung und das ist Ursache für die starke Kraft.Und jetzt ist es so, ein freies Elektron können wir beobachten oder wir habendas sogar in dem Collider, vor dem Lärmschadung Collider hatten wir Elektronenund sogar Positronen, freie Teilchen im Ring, die wir beschleunigen konnten.Wir können auch Lichtteilchen, die von der Sonne kommen, können über sehr großeDistanzen sich fortbewegen bis zu uns, zur Erde, bis zu unserem Auge und werden dort dann detektiert.Die Quarks, aufgrund der Tatsache, dass die jetzt noch diese starke Farbladungtragen, dass die in der starken Wechselwirkung teilnehmen, diese Quarks istes uns noch nie gelungen, ein freies Quark zu beobachten.Also die sind eingeschlossen in diesem Proton und egal was man tut,Leuten 40, 50 Jahre lang.Stark danach geschaut, irgendwo im Experiment mal freie Quarks zu beobachten, das ist nie geschehen.
Tim Pritlove 0:18:02
Woher wusste man denn, dass es denn Quarks gibt, wenn man sie nicht beobachten kann?
Kai Schweda 0:18:06
Ah ja, das ist eine interessante Frage, das war in den 1960er Jahren,hat man die Struktur von einem Proton oder auch von Atomkern untersucht,mithilfe von Elektronenstreuung.Das Elektron ist ja ein Elementarteilchen, das hat selbst keine Struktur,das hat also keine Breite, keine Höhe, keine Länge.Es hat keine Dimension. Es ist punktförmig nach allem, was wir wissen.Wir haben noch nie festgestellt, dass das Elektron noch eine Unterstruktur hatund irgendwie ausgedehnt ist.Zumindest mit der experimentellen Auflösung, die wir heute erreichen,die mehr als tausend Mal besser ist als die Größe vom Proton.Also ein Elektron ist punktförmig im Standardmodell.Und mit diesen Elektronen, die hat man auf Protonen geschossen und aus dem gestreutenElektron dann über die Struktur des Protons einen Aufschluss erhalten.Das kann man sich vorstellen, wie wenn die Leute ein Einzelspalt-Experiment kennen.Wenn ich mit Licht auf eine Struktur leuchte, sehe ich, wenn die Lichtwelleungefähr die Größe hat von dem Spalt oder von dem Teilchen, das ich untersuche,dann sehe ich Beugungseffekte.Dann sehe ich eben nicht nur Licht und Schatten, sondern ich sehe Beugungseffekte im Licht.Und daraus kann ich auf die Größe des Deichens schließen. Das hat man gemachtmit Elektronen, also mit Materiewellen.Die Materiewellen haben sehr viel kürzere Wellenlängen als normales Licht,das uns zur Verfügung steht.Und dann hat man nicht nur das Licht gebeugt, man hat auch, das nennen die Physiker,inelastische Kollisionen gemacht.Das hat man mit sehr hohen Energien auch wieder an einen Beschleuniger,der damals die höchsten Energien zur Verfügung gestellt hat,mit Elektronen, die viel Energie hatten, auf den Proton geschossen und aus diesemStreumuster schließen können,dass hier Elementarteilchen mit einer bestimmten Ladung im Proton sind,genauso wie Radaford das vor über 100 Jahren mit am Goldkern gemacht hat mit Alpha-Teilchen.Er hat also ein Streuexperiment gemacht bei hohen Energien und dann gesehen,aha, die Proton haben noch eine innere Struktur.
Tim Pritlove 0:20:09
Weil sie nicht sich punktförmig verhalten, sondern in irgendeiner Form aus etwasanderem komponiert sind?
Kai Schweda 0:20:16
Man hat genau gesehen, das Proton ist ja ausgedehnt, das verhält sich nichtpunktförmig und dann hat man gemerkt, wenn man zu sehr, sehr hohen Energiengeht, sieht das so aus, als würde man wieder an einem punktförmigen Teilchen streuen.Und das sind diese punktförmigen Quarks mit einer Elementarladung von plus zweiDrittel der Elektronenladung oder minus zwei Drittel.
Tim Pritlove 0:20:34
Nur isoliert hat man sie halt nicht bekommen, die Quarks. Vielen Dank.Und das ist das, was Ellis dann versucht.
Kai Schweda 0:20:41
Genau. Das heißt, wenn man jetzt, dazu gibt es auch Rechnungen und schon seitden Anfangen der 1970er Jahren Vorhersagen,wenn man jetzt Kernmaterie genügend aufheizt und oder gleichzeitig komprimiert,also zusammendrückt, dann wird dieser Einschluss zumindest für kurze Zeit aufgehoben.Und dieser Einschluss, wenn man Kernmaterie auf zwei Billionen Grad Celsiuserhitzt, Dann wird dieser Einschluss wieder aufgehoben und die Quarks und Gluonkönnen sich quasi frei bewegen über ein relativ großes Volumen.Beim Collider kann man sich das so vorstellen, wenn ich jetzt Apfelsin habeund mache die in eine Aldi-Tüte und stoße diese zwei Aldi-Tüten mit möglichsthoher Geschwindigkeit zusammen,mit Lichtgeschwindigkeit und dann mache ich die Tüte auf, dann sind diese Apfelsin,das die Protonen und Neutronen sind, die sind dann nicht mehr da,sondern da ist nur noch der Saft da.Und das ist unsere Ursuppe, die aus Quarks und Gluten besteht.
Tim Pritlove 0:21:38
Das Quark, Glut und Plasma?
Kai Schweda 0:21:40
Ganz genau.
Tim Pritlove 0:21:42
Also sozusagen ein neuer Zustand, den man so im Normalzustand nicht antrifft,sondern der nur stattfindet, wenn besonders hohe Energien darauf angewendet werden.
Kai Schweda 0:21:55
Ganz genau. Und der Zugang zur Kosmologie ist folgender, das Olimersium dehntsich ja aus seit seiner Entstehung, seit dem Urknall.Das heißt, heute sind wir ungefähr 13,8 Milliarden Jahre nach dem Urknall.Das Universum hat sich sehr stark abgekühlt.Wenn ich jetzt die Zeit zurückdrehe, würde sich das Universum wieder zusammenschrumpfenund es wird immer dichter und heißer.Und ungefähr wenige Millionsel Sekunden nach dem Urknall war das Universum ebenso heiß, dass da keine Atomkerne bestehen konnten. Selbst die Bausteine derAtomkerne, die Protonen, Neutronen konnten nicht bestehen, weil die Temperaturen so hoch waren.Das heißt, die gesamte Materie, die wir heute sehen, aus der wir auch bestehen,aus der unsere Erde entsteht, aus der die Sonne besteht,Die ganze sichtbare Materie, die wir heute sehen, die lag in so einem Zustandvor, dass wir Quark-Gluten-Plasma nennen.Die gesamte Materie lag, wenn Sie so wollen, als Suppe aus Quark und Gluten vor.Und wir versuchen jetzt am Large Hadron Collider so ein kleines Tropfen dieserUrsuppe wieder herzustellen.
Tim Pritlove 0:22:58
Also sozusagen so ein Blick in den Urknall, könnte man fast sagen.Ich meine, die ganze Urknalltheorie ist ja wirklich bestechend,weil sie ja in gewisser Hinsicht viel von dem erklärt, was wir heute sehen unddieses Gedankenexperiment, quasi das Universum in der Zeit rückwärts laufenzu lassen, hat ja schon zu so einigen Vorhersagen geführt.Und wenn man sich mal vorstellt,heute haben wir halt so ein sich ausdehnendes Universum und wir falten das jetztsozusagen wieder zusammen,dann wird's halt erstmal kleiner und langsamer,jetzt wird's ja immer schneller, Es wird kleiner,langsamer, verdichtet sich irgendwann, man hatte dann,jetzt hab ich die Zahl vergessen, an bestimmten Zahl von Jahren nach dem eigentlichenKnall diesen Moment, wo alles soweitsich aufheizt, also normalerweise die Abkühlung jetzt heizt sich auf,dass gar kein Licht mehr frei fließen kann und das ganze Universum sozusagen undurchsichtig wird.Und wenn man es jetzt immer weiter komprimiert und die Temperatur immer weiter zunimmt,sind halt also all diese ganzen Strukturen, wie wir sie heute kennen,so gar nicht mehr da und alles besteht eigentlich nur noch aus so einer Suppeaus Elementarteilchen, in diesem Zustand der totalen Hitze nicht in der Lagesind, sich zu verbinden.Aber in dem Moment, wo man alles expandiert und sich abkühlt stellen sich sozusagendiese Verbindungen her und mit die erste Verbindung,die sich herstellt ist sozusagen, dass die Quarks durch diese Gluonen zusammengehaltenwerden und sich damit überhaupt erst Protonen bilden, die dann später zu Atomen werden.
Kai Schweda 0:24:45
Ganz genau. Dieser Zeitpunkt istauch ganz wichtig in der Geschichte des Universums, den du genannt hast.Nach ungefähr 380.000 Jahren hat sich das Universum soweit abgekühlt durch dieAusdehnung, durch die Expansion, dass die Protonen sich Elektronen eingefangenhaben. Dann gab es also elektrisch neutrale Atome.Und erst ab dem Zeitpunkt wurde das Universum durchsichtig oder transparentfür Licht, für Photonen.Vorher wurden die ständig von diesen Elektronen und Protonen absorbiert, wieder emittiert.Und zu dem Zeitpunkt war das Universum also opak, undurchsichtig.Und erst nach 380.000 Jahren, als sich die meisten Teilchen dann als elektrisch-neutraleAtome zusammengefunden haben, wurde das Universum transparent.Also das Licht, das wir vom Urknall sehen, entstand 380.000,Jahre nach dem Urknall und wir können nicht weiter in die Vergangenheit zurückschauen,weil das Universum opaq war und mit so einem Quark-Klon-Plasma kommen wir biswenigste Millionstel Sekunden an den Urknall ran.Also viel, viel weiter zurück in die Entwicklung des Universums.
Tim Pritlove 0:25:52
Jetzt natürlich die Frage, wie baut man sowas? Wie kriegt man das hin?Hin, weil die Kollision alleine mag das ja, also ich weiß gar nicht,was man sozusagen bauen muss, um überhaupt die Kollision zu ermöglichen unddann vor allem wie kriegt man das Ganze beobachtet.Wie ist so ein Detektor aufgebaut, wie groß ist der?
Kai Schweda 0:26:12
Also groß, der ist sehr groß. Unser Detektor ist 16 Meter hoch,10 Meter breit, 10 Meter tief und der ist um die Wechselwirkungszone,wie wir sie nennen, also der Bereich,in dem beide Strahlen, Teilchenstrahlen, am Large Hadron Collider zusammenstoßen.Das heißt, die Teilchenstrahlen sind erstmal unabhängig, die laufen im Strahlohr,das evakuiert ist, da ist ein Ultra-Hochvakuum drin, 10 minus 11 Millibar.Und ein Strahl, ein Teilchenstrahl, das sind also Bündel von Teilchen,Bündel von Protonen oder Bündel von Atomkernen, von nackten Atomkernen,die laufen im Irr-Uhrzeigersinn.Und beim Collider habe ich einen zweiten Teilchenstrahl, der läuft eben gegen dem Uhrzeigersinn.Und da, wo die Experimente stehen, da werden die Strahlen überkreuzt und zur Kollision gebracht.Und um diese Kollisionszone bauen wir einen Detektor herum, um eben die neuenTeilchen, die in der Kollision entstehen, nachweisen zu können.Wir wollen wissen, was sind das für Teilchen, welchen Impuls haben die?Und was sind das für Teilchen? Ist das ein Pion, ein Proton oder irgendein anderesTeilchen aus dem Super-Thoma und so, die das ganze griechische Alphabet bevölkern.
Tim Pritlove 0:27:24
Okay, aber wie, was muss man jetzt bauen und warum muss das Ding 16 Meter groß sein?
Kai Schweda 0:27:32
Ja, also so ein Teilchen, wenn es aus der Kollisionszone kommt,jetzt sagen wir die Bleikerne stoßen zusammen und dann, unser Detektor sitztja praktisch senkricht zur Strahlrichtung. Das Strahlrauer ist ja gerade in der Kollisionszone.Natürlich ist der Ladschadonkollein ein Ring, aber entlang der Kollisionszoneist das gerade. Und um diese Kollisionszone herum bauen wir den Detektor.Jetzt wird ein Teilchen in der Kollision, in diesem Ultrahochwakuum erzeugt.Dann macht sich das auf den Weg zu unserem Detektor. Das Erste,was es sieht, ist das Strahlrohr.Das muss ja durch das Strahlrohr durch. Im Strahlrohr ist Hochvakuum.Außerhalb vom Strahlrohr ist normaler Druck. Da können wir beide hingehen unduns den Detektor angucken und den reparieren oder was Neues einbauen.Das heißt, es muss erst durch das Strahlrohr durch. Und was wir,speziell in ALICE, aber das machen auch die anderen Experimente,tun ist, wir wollen möglichst niederenergetische, wir wollen möglichst alle Teilchen nachweisen.Das heißt, wir wollen die messen, aber möglichst wenig stören.Jede Materie, die das Teilchen auf dem Weg zum Detektor und Limit-Detector durchdringenmuss, stört das Teilchen. Das verliert Energie, das weicht ein bisschen vonseiner Bahn ab, die es ursprünglich hatte. Also wir versuchen möglichst minimalinversivdie Teilchen nachzuweisen.Jetzt geht das durch das Strahlor durch. Das heißt, allein das Strahlor istschon ein Hightech-Ausrüstungsgegenstand.Das wird aus extrem stabilen und leichtem Material gebaut, aus Beryllium.Dass eben die Teilchen möglichst wenig gestört werden. Allein das Strahlor kostetschon eine Million Schweizer Franken.Und das ist sehr, sehr brüchig. Das heißt, wenn wir den Detektor upgraden odererarbeiten, nehmen wir das Strahlor raus oder schützen es so,dass wenn einer mit dem Helm dran stößt oder aus Versehen da drankommt,dass das nicht kaputt geht.
Tim Pritlove 0:29:16
Weil das Beryllium ist so ein brüchiges Material.
Kai Schweda 0:29:19
Es ist sehr brüchig, giftig undtoxisch und hat aber natürlich sehr gute Eigenschaften für die Teilchen.Ja, sehr brüchig. Ich denke, man könnte das durch einen leichten Stoß mit einemharten Gegenstand sofort zerstören.
Tim Pritlove 0:29:32
Okay.
Kai Schweda 0:29:34
So, und dann hat es das Strahlrohr durchdrungen und dann kommt schon sehr knappnach dem Strahlrohr, wir versuchen auch möglichst nah an der Kollisionszoneschon die Teilchen nachzuweisen.Dann haben wir einen langen Hebelarm später, wenn wir das Teilchen,den Impuls zum Beispiel bestimmen.Und da sitzen dann Siliziumdetektoren, das heißt das sind sehr dünne Lagen vonSilizium und wenn das Teilchen durchgeht, macht es wieder das gleiche wie esein Strahlung macht, es deponiert Energie.Das ist einfach, das Teilchen ist elektrisch geladen und das wechselwirkt vorallem mit den Elektronen aus der Atommülle oder aus dem Festkörper von Silizium.Wechselwirkt das und deponiert da wie eine Energie durch die elektromagnetische Wechselwirkung.Und diese Energie, die im Detektor deponiert wird, die weisen wir nach.Das heißt, ich habe da Elektronen, die kann ich verstärken und am Ende habeich eine Pulshöhe, die ich messe und dann digitalisiere.
Tim Pritlove 0:30:26
Also das Teilchen bewirkt letzten Endes einen Strom, der in diesem System fließt?
Kai Schweda 0:30:32
Ja, einen Strom oder einen Spannungspuls, genau.Strom über den Widerstand ist eine Spannung.
Tim Pritlove 0:30:38
Das klingt jetzt alles sehr klein.Warum ist das dann 16 Meter groß?
Kai Schweda 0:30:44
Ja, wir messen jetzt, wir wollen das Teilchen nicht nur nachweisen,wir wollen auch sehen, welchen Impuls hat das, also welche Energie hat das Teilchen.Oder fangen wir beim Impuls an.Das heißt, die Messtechnik ist folgende, das ist an allen Experimenten gleich,bei den Spurdetektoren.Wir legen ein Magnetfeld an und ein geladenes Teilchen, wenn man sich an dieSchule erinnert, spürt im Magnetfeld, wird das auf eine Kreisbahn gezwungen.Das ist die Lorentz-Kraft.Und wenn ich also das Magnetfeld sehr gut kenne und die Spur,ich messe die Spur, ich messe mit meinen Detektoren sukzessive bestimmte Punkteentlang der Teilchenbahn, was das Teilchen nimmt,dann kann ich den Radius, den Krümmungsradius von dieser Kreisbahn,dass das Teilchen nimmt im Magnetfeld, sehr genau messen.Ich mache also eine Ortsmessung und aus dem Krümmungsradius kenne ich dann den Impuls.
Tim Pritlove 0:31:37
Über was für Distanzen reden wir jetzt hier, die diese Teilchen da jetzt durchschlagen?
Kai Schweda 0:31:41
Also unser Detektor, der Siliziumdetektor ist vielleicht 50,60 Zentimeter im Radius. Das ist so eine Tonne, sehr leicht.Ist 50 Zentimeter im Radius in verschiedenen Lagen. Die erste kommt bei etwa2 Zentimetern, das geht dann hoch bis 60, 70 Zentimeter und ist vielleicht zwei Meter lang.Zwei bis vier Meter lang.
Tim Pritlove 0:32:02
Verschiedene Lagen von Silizium?
Kai Schweda 0:32:04
Das ist die gleiche Technologie.
Tim Pritlove 0:32:06
Und das Silizium liegt jetzt, wie muss man sich das vorstellen,so als Blätter oder als Rohre oder als solide Masse?
Kai Schweda 0:32:14
Ja ein Rohr ist schon ein guter Punkt, weil unsere Geometrie ist zylindrisch.Das heißt der Detektor hat auch eine zylindrische Form.Das sind Leitern, das sind einzelne Lagen von Silizium,die quasi in so einer Faske, im Englischen sagen wir dazu Barrel,das hat eine zylindrische Form und da tun wir einzelne Lagen von Silizium beibestimmten Radien anbringen, wo das Teilchen dann durchgeht.Dieses Silizium ist sehr dünn. Das sind ungefähr 50 Millionen Meter.Das sind sehr, sehr dünne Siliziumlagen, wie gesagt, um das Teilchen möglichst wenig zu stören.
Tim Pritlove 0:32:54
Ja, okay. Gut. Also muss ich das, ich will jetzt nicht Alufolie sagen, aber das...
Kai Schweda 0:33:00
Alufolie ist viel dicker. Alufolie ist 100 Mikrometer, 150 Mikrometer. Aber so ist das...
Tim Pritlove 0:33:06
Okay, aber wir reden jetzt nicht von Platten und dicken, fetten Gehäusen,sondern wirklich sehr dünne Schichten von dem Material.
Kai Schweda 0:33:13
Genau. Also unser Detektor ist zwar riesig, aber der aktive Detektor,in dem die Teilchen nachgewiesen werden, der ist so leicht, der würde sogar in Milch schwimmen.
Tim Pritlove 0:33:22
Um ein populäres Bild zu bedienen.
Kai Schweda 0:33:24
Die Älteren kennen das noch, meine Kinder kennen das.
Tim Pritlove 0:33:26
Ich habe es auch schon mal gehört. Ja, okay. Also das ist so diese innersteSchicht, die sozusagen, das ist das erste, was man sozusagen beobachtet ist. Wo fliegt's lang?Und dadurch, dass das Teilchen dann mehrere dieser Schichten durchschlägt,kann man sehen, wo es lang fliegt. Also man hat sozusagen auf jeder dieser Folienquasi so eine zweidimensionale Ortungsmöglichkeit.Man sieht wo es genau aufschlägt.
Kai Schweda 0:34:00
Ganz genau. Es sind aber drei, weil ich ja weiß, wo der Detektor steht,bei welchem Radius. Also ich messe wirklich in drei Dimensionen die Teilstrecke.
Tim Pritlove 0:34:08
Dadurch auf welcher Folie es aufschlägt. Das ist dann die dritte Dimension.Aber pro Folie erreicht man diese zwei. Wie kann man merken, wo es genau aufschlägt?
Kai Schweda 0:34:25
Die Siliziumlage hat eine Granularität und diese Folie ist segmentiert in was wir Pixel nennen.Und diese Pixel haben eine Größe von momentan, wir haben gerade ein wesentlichesUpgrade vom Detektor gemacht, wir haben unseren alten Siliziumdetektor rausgeschmissen.Der steht jetzt in der Ausstellung, können wir uns angucken,wenn du nachher Zeit hast.Und jetzt ist das alles aus Siliziumpixelsensoren gebaut und diese Pixel habeneine Größe, also das ist die zweidimensionale Messung von 30 x 30 Mikrometer.Also sie sind 30 Mikrometer lang in x- und y-Richtungen, in zwei Richtungen.Wenn dieser Pixel jetzt anspricht, weiß ich, das Teilchen muss durch diesesSegment gelaufen sein und ich kenne tatsächlich dann die Position sehr vielbesser als 20 Mikrometer, es sind vielleicht dann 8 Mikrometer oder so.Also durch die Granularität dieser einzelnen Pixel, dass das segmentiert ist,Diese Siliziumfolie ist segmentiert in sehr sehr kleine Pixel.Dadurch kommt die Hoher Ortshauflösung.
Tim Pritlove 0:35:33
Aber was führt dazu, dass man das in einem Pixel detektieren kann?Also geht von jedem Pixel noch irgendwie nochmal ein...Draht weg? Natürlich. Okay, also das ist sozusagen… Ah gut, ja.Das ist ja dann sehr dünn der Draht.
Kai Schweda 0:35:48
Ja, ja, das ist die hohe Kunst. Und wir haben den, würde ich sagen,den modernsten Siliziumdetektor, den es gibt in der Welt. Den haben wir gerade eingebaut.Dieser Pixel ist wie gesagt 20 oder 30 mal 30 Mikrometer in der Ausdehnung unddann hat er eine Dicke von vielleicht 50 Mikrometern.Und jetzt schlägt das geladene Teilchen da durch, deponiert also Energie,kreiert freie Elektronenlochpaare und diese werden gesammelt und diese Elektronen,die frei werden, werden wieder eingesammelt und machen dann ein elektrischesSignal, das sich verstärken kann mit Elektronik.Und das passiert alles auf diesem Mini-Chip.Also die ganze Digitalisierung passiert auf dem Chip, die Auslöse-Elektronikist Teil dieses Pixel-Chips.Und dann geht natürlich eine Datenleitung raus ans Ende des Detektors,ans seitliche Ende und dann werden die Daten weggeschickt per Glasfaserkabel.Das heißt, das ist alles schon digitalisiert. Was aus unserem Detektor rauskommtsind nur Nullen und Einsen.
Tim Pritlove 0:36:55
Ja, ich meine deswegen heißt es ja auch Pixel, letzten Endes ist es ein Bildelement,das heißt ja Pixel, in dem Fall halt ein dreidimensionales Bildelement und dasdann eben auch über die Zeit im Verlauf.Also man kann sowohl den Ort als auch die Geschwindigkeit damit messen.
Kai Schweda 0:37:13
Also zunächst misst man erst mal nur den Ort und die Geschwindigkeit misst manja, eigentlich hat man dann vier Dimensionen, die Drei-Raum-Dimensionen und die Zeit, das stimmt.Wenn ich den Kollisionszeitpunkt genau bestimme, kann ich die Zeit messen bismein Pixeldetektor anspricht, dann weiß ich wie lange das Teilchen von seinerEntstehung vom Kollisionsort bis zum Detektor gebraucht hat.Und dann kenne ich die Flugzeit.
Tim Pritlove 0:37:36
Und das ist auch eine relevante Information?
Kai Schweda 0:37:38
Natürlich, wir haben auch einen speziellen Flugzeitdetektor,sehr viel weiter draußen bei 3,70 Meter Radius.Und man möchte natürlich die Flugzeit möglichst lange machen,dass man bei einer bestimmten Zeitauflösung relativ ist, dann die Auflösungsehr viel besser. Je länger die Flugstrecke ist, desto länger ist die Flugzeit.Und wie gesagt, den Impuls habe ich schon bestimmt über die Krümmung im Magnetfeld.Und jetzt habe ich noch die Geschwindigkeit gemessen durch eine Flugzeitmessung.Und Impuls ist Masse mal Geschwindigkeit im Klassischen.Das heißt, wenn ich Impuls und Geschwindigkeit bestimme, weiß ich,welche Masse das Teilchen hat. Und bei Teilchen ist es so.Die haben eine ganz bestimmte Masse, die sich auch nie ändert.Das ist also ein Fingerabdruck für ein Teilchen, welche Masse das hat.Du und ich, unser Gewicht ändert sich im Laufe unseres Lebens,aber für ein Teilchen ist das immer gleich.Und das heißt, wenn ich die Teilchenmasse kenne, weiß ich, welches Teilchendas ist. Dann weiß ich, war es ein Proton, war es ein Pion oder sonst was.
Tim Pritlove 0:38:37
Und was kann man der Bahn ansehen dann?
Kai Schweda 0:38:42
Den Impuls. Damit misst man den Impuls.
Tim Pritlove 0:38:45
Aber letzten Endes Ziel ist eigentlich nur die Masse, also anhand der Bahn,weil man dann Bahn und Impuls auseinander halten kann, also Zeit und Impulsauseinander halten kann, kommt man auf die Masse und damit weiß man welches Teilchen es ist.Das ist also letzten Endes die einzige Information, die ich gewinne,welche Teilchen entstehen.Wo die dann lang fliegen ist eigentlich gar nicht interessant,weil das nur das Hilfsmittel ist, um rauszufinden, worum es sich handelt.
Kai Schweda 0:39:12
Nein, das ist der erste Schritt. Ich bestimme ja das Teilchen,den Impuls und auch die Richtung. Ich bestimme die Pulsrichtung,also nicht nur die Größe. Ein Puls ist ja ein Vektor, der hat drei Richtungen.Also ich weiß auch, in welche Richtung das Teilchen geflogen ist von seiner Entstehung aus.Also kinematisch habe ich dann das Teilchen vollständig bestimmt.Ich weiß genau den Impuls und was es ist, was für ein Teilchen es ist.Und dann kann ich bei diesen 20.000 Teilchen, die bei uns in der Kollision entstehen,kann ich das mit anderen Teilchen korrelieren.Ich kann die gesamte kinematische Information benutzen und dann eben Korrelationzwischen einem und weiteren Teilchen bestimmen und dann zum Beispiel die Wechselwirkungzwischen diesen beiden Teilchen studieren.Das ist ganz wichtig, um Neutronensterne zu verstehen.Ich kann dann die Wechselwirkung, die starke Wechselwirkung zwischen diesenbeiden Teilchen untersuchen.
Tim Pritlove 0:40:04
Okay, zu den wissenschaftlichen Auswertungen oder den Schlussfolgerungen kommenwir vielleicht noch dazu.Aber wir haben ja jetzt wie viele Zentimeter an Technologie gerade jetzt beschrieben von innen?
Kai Schweda 0:40:17
Von innen haben wir zunächst das Strahlrohr, das kommt so nach zwei Zentimeternoder 1,8 Zentimetern Flugrichtung in radiale Richtung.Dann kommt der Silizium-Detektor, da bin ich bei etwa 70 cm Entfernung vom Kollisionsvertex.Und dann kommt, salopp gesagt, eine große Tonne, das ist unsere Zeitprojektionskammer,und die ist mit Gas gefüllt. Also die hat eine sehr, sehr geringe Dichte, das ist der Grund.Ein Gas hat ungefähr 100 bis 1000 Mal weniger Dichte und damit Material alsein Festkörper, als Silizium.Und diese Tonne geht von 80 cm Radius bis 2,50 m.Also das ist der radiale Abmessung, das heißt diese Zeitprojektionskammer hateinen Durchmesser von fünf Metern.
Tim Pritlove 0:41:02
Was ist da für ein Gas drin?
Kai Schweda 0:41:03
Da ist ein Edelgas drin, das haben alle Gasdetektoren. Das heißt in diesem Gaspassiert etwas sehr ähnliches wie im Siliziumdetektor.Das geladene Teilchen fliegt durch dieses Gas und knockt da Elektronen aus dem Edelgas raus.Das heißt, da entstehen freie Ladungsträger, die Elektronen,und die werden mit einem elektrischen Feld abgesaugt.Da legen wir 100.000 Volt an und dann driften diese Elektronen in Richtung derEndkappe von unserer großen Tonne.Und durch den Auftreffpunkt wissen wir schon wieder die X- und Y-Koordinate.
Tim Pritlove 0:41:40
Das heißt, nachdem man so die ursprüngliche Ableitung,die durch dieses am Zentrum des Detektors befindlichen Magnetfelds beobachten kann,dann fliegt es mehr oder weniger gerade weiter und innerhalb dieser Time ProjectionChamber heißt es glaube ich, TPC, geht es eigentlich nur darum,eine gerade Flugrichtung, weil dann wird es ja nicht mehr weiter abgelenkt,dann fliegt es einfach gerade aus?
Kai Schweda 0:42:07
Ich habe nicht dazu gesagt. Unser gesamter Detektor steckt in einem riesigenMagneten, das ist der größte warmleitende Magnet der Welt. Das heißt auch inder Zeitprojektionskammer ist ein Magnetfeld.
Tim Pritlove 0:42:16
Okay.
Kai Schweda 0:42:17
Ja, also wir haben einen Solenoiden, das heißt eine Spule,wenn ich einfach eine Spule wickele mit vielen, vielen Windungen und lege dannStrom an, dann habe ich im Spulen, innerhalb der Spule ein sehr homogenes Magnetfeld,das entlang der Spulenachse geht.Und so ist auch unser Magnet gebaut. Das ist ein Solenoid. Also ich habe eineriesige Kupferspule und die erzeugt ein Magnetfeld, das entlang der Strahlachse geht.Und in diesem riesigen Magnet befinden sich alle unsere Detektoren.Und das macht das große Gewicht aus von ALICE, das sind ungefähr 10.000 Tonnen.Das ist einfach der Stahl aus dem Rückflussjoch des Magneten.Der Magnet wiegt 10.000 Tonnen.
Tim Pritlove 0:43:01
Okay, aber ich als kollidierendes Teilchen bin ja sozusagen immer noch auf meinemWeg von der Mitte nach wo auch immer es mich leitet.Ich bin jetzt also sozusagen von diesen inneren Magnetfeldern nach der Kollision abgelenkt worden,habe diverse Schichten Siliziumfolie sehr dünn durchschlagen,dabei meine Spur hinterlassen sozusagen gesagt,wo ich jetzt lang geflogen bin und letzten Endes habe ich mich dadurch auchschon verraten, was ich eigentlich bin und jetzt fliege ich irgendwie weiterdurch diese Time Projection Chamber, die diese Gas gefüllte Kugel?Zylinder. Und ein Zylinder drumherum,also auf jeden Fall habe ich jetzt noch mal ein paar Meter vor mir durch Gasund was genau kann man da messen?Also misst man nur wo es auftrifft letzten Endes am Ende dieser Kammer oderist das schon auch eine Beobachtung innerhalb des Weges dort?
Kai Schweda 0:44:04
Ja, also wir sind immer noch im Magnetfeld. Ich bin immer noch auf einer gekrümmtenSpur und ich messe 159 Punkte entlang dieser Spur in diesem Gas.
Tim Pritlove 0:44:14
Aber wie kann man denn in dem Gas was messen? Da gibt es doch keine Drähte.
Kai Schweda 0:44:19
Ganz genau. Das ist der große Vorteil von der Zeitprojektionskammer.Ich habe da auch keine toten Zonen. Ich bin aktiv im gesamten Gas.Also noch mal das geladene Teilchen geht durchs Gas, ionisiert diese Gasatome,also schlägt Elektronen raus, entlang seiner Teilchenspuren.Jetzt habe ich entlang dieser Spur überall Elektronen.Jetzt lege ich ein elektrisches Feld an und zwar auch wieder in Richtung derStrahlaxe. Das heißt, diese Teilchenspur wird dann, diese Elektronen werdendann Richtung Endkappe beschleunigt.Das ist so, wie wenn ich in den Himmel schaue und sehe ein Flugzeug,ein schweres Flugzeug mit Jetantrieb.Dann kann ich gucken, im Himmel habe ich Kondensstreifen. Und auch wenn dasFlugzeug schon lange weg ist, kann ich immer noch sagen, welchen Weg das Flugzeuggenommen hat, indem ich den Kondensstreifen anschaue. Und bei uns im Detektorgasist das die Ionisationsspur.Das ist einfach diese Wolke von Elektronen, die entlang der teilschen Spuren entstehen.Und jetzt kann ich da natürlich nicht mit dem Auge reingucken.Ich nehme ein elektrisches Feld und die Elektronen werden dann in Richtung Endkappe.Die gesamten Elektronen entlang der teilschen Spur werden in Richtung meinerEndkappe über eine Distanz von 2,50 Meter transportiert und kommen dann an der Endkappe an.Und da habe ich dann wieder Auslesesegmente, die eben diese auftreffenden Elektronendetektieren und das ist segmentiert in der Art und Weise,dass ich eben an dieser Endkabel 100 bis zu 159 Segmente habe,die diese ankommenden Elektronen detektieren.
Tim Pritlove 0:45:59
Erklärt für mich auch gerade so ein bisschen wieder mal, warum einfach dieseenormen Beschleunigungen eigentlich erforderlich sind,damit halt auch noch diese rausgesprengten Teilchen am Schluss so viel Alarmmachen können, dass sie irgendwie über so über Meter hinweg so viel Nebenwirkungenerzeugen, dass man die sogar noch messen kann.
Kai Schweda 0:46:19
Um genau zu sein, passiert mit den Elektronen gar nichts. Die werden nur transportiertvon ihrer Entstehung bis an die Endkappe. Sonst passiert mit den Elektronen nichts.
Tim Pritlove 0:46:27
Ja gut, aber sie müssen ja auch erst mal freigeschlagen werden.
Kai Schweda 0:46:29
Das macht das Teilchen.
Tim Pritlove 0:46:30
Das macht das Teilchen. Dazu muss das Teilchen aber auch ordentlich Performance am Start haben.
Kai Schweda 0:46:34
Ja, wenn man jetzt so schaut, aus der Schule kennt man das vielleicht,um ein Elektron abzulösen von einem Atom, braucht man die Größenordnung,Unsere Einheit ist Elektronenvolt, braucht man in Größenordnung paar Kilo Elektronenvolt.Unsere Teilchen haben Milliarden Elektronenvolt. Also der Energieverlust,den die Teilchen erleiden, indem sie Elektronen rausschrauben, ist minimal.Den kann man fast vernachlässigen. Das heißt, wir kriegen also primäre Elektronen,die kommen aus der Ionisation des Gases, durch das ursprüngliche Teilchen.Die müssen wir dann noch verstärken und das passiert an den Endkappen.Und da haben wir dann Zeldrähte, wo eben ein sehr starkes, hohes elektrischesFeld erzeugen, dass man so eine Lawine von weiteren Elektronen erzeugen kann.Also die Signalverstärkung passiert erst am Ende.
Tim Pritlove 0:47:26
Und warum ist jetzt diese Kammer so wertvoll und warum ist die noch da?Man hat ja im Prinzip den Weg und die Kurve sozusagen und auch schon die Bestimmung,worum es sich handelt und was der Impuls ist, hat man ja im Prinzip schon.Was ist sozusagen auf diesen zusätzlichen Metern noch der weitere Informationsgewinn?Ändert sich da noch viel dran?
Kai Schweda 0:47:48
Ja, erst mal je länger ich diese Spur verfolge, desto größer ist meine Auflösung,also desto präziser kann ich den Impuls bestimmen.Das ist einfach ein Hebelgesetz, wenn man so will. Je länger der Arm ist,desto stärker meine Kraft und genauso ist das bei einer Teilchenspur.Die Zeitprojektionskammer misst Spuren über eine Länge von 2,50 Meter.Der Siliziumdetektor nur über eine Länge von 70 Zentimetern maximal.Und das führt zu einer sehr, sehr viel besseren Impulsauflösung,zumindest mit dem Detektor, den wir bisher die letzten zehn Jahre benutzt haben,also dem Siliziumdetektor.Und dann ist eine Zeitprojektionskammer. Wir haben ja sehr hohe Teilchenmultiplizitäten.Wir haben eine sehr hohe Anzahl von geladenen Teilchen im Detektor in diesemPlei-Plei-Kollision. Und da ist eine Zeitprojektionskammer unschlagbar.Die kann das am allerbesten solche hohen Multiplizitäten auflösen.Wir messen, wir meisen jedes einzelne Teilchen nach und wir sagen auch bei jedemeinzelnen Teilchen, was für ein Teilchen das ist. Und das kann am allerbesteneine Zeitprojektionskammer.
Tim Pritlove 0:48:54
Und das tut man für wie viele Teilchen bei so einer Kollision, wie oft pro Sekunde?
Kai Schweda 0:49:02
Also wir haben bis zu 20.000 Teilchen pro Kollision.Und jetzt nach unserem, wir hatten ja zwei Jahre lang Strahlpause am Large HadronCollider, seit einem Jahr, seit letztem Jahr messen wir wieder.Wir haben quasi einen brandneuen Detektor. Die Zeitprojektionskammer ist noch da als Gasvolumen.Aber die gesamte Auslese an den Endkappen, was praktisch 90 Prozent der Arbeitist, die haben wir komplett erneuert mit einer sehr viel schnelleren Auslese,weil wir jetzt dieses Jahr kriegen wir die ersten Bleikollisionen bei hoher Rate.Wir werden diese bis zu 20.000 Teilchen 50.000,mal in der Sekunde kollidieren, zwei Bleikerne im Detektor.Also es sind gigantische Kollisionsraten für uns und da entstehen auch gigantische Datenvolumen.
Tim Pritlove 0:49:47
Was kommt da für ein Datenstrom raus?
Kai Schweda 0:49:49
Das ist der Nachteil bei einer Zeitprojektionskammer, die spuckt sehr,sehr viel Daten aus. Das Datenvolumen ist enorm groß, das macht über 90 Prozentunseres Datenvolumens aus und die wird liefern 3.500,Gigabyte pro Sekunde und das 24 Stunden am Tag. 3.500 Gigabyte?Ja, das sind 3,5 Terabyte pro Sekunde.3.500 Gigabyte sind 3,5 Terabyte pro Sekunde und wenn wir das einen Monat laufen lassen,haben wir eine Disk, wo wir die Daten speichern und ein Jahr behalten könnenund die ist 100 Petabyte groß, also 100.000 Terabyte.
Tim Pritlove 0:50:38
Ok und eine Datenrate von 35 Terabit pro Sekunde. Das ist schon ganz ordentlich.Da braucht man eine amtliche Netzwerktechnik auf jeden Fall.
Kai Schweda 0:50:47
Terabyte. Wir haben Terabyte.
Tim Pritlove 0:50:49
Ja ich hab's auf Bit hochgerechnet, weil das ist ja für Übertragung meistens so die eine.Also auf jeden Fall eine Menge, also sozusagen viele Festplatten pro Sekunde.Also es ist so als ob da die ganze Zeit jemand mit Festplatten durch die Gegend fährt.
Kai Schweda 0:51:03
Also ich habe mal geschaut, wenn ich sehe was der Datenstrom in ganz Europaist von 500 Millionen Menschen, das ist weniger.
Tim Pritlove 0:51:10
Im Internet?
Kai Schweda 0:51:12
Ich glaube da sind alle Sachen dabei, Datastreaming, E-Mail, Internet.
Tim Pritlove 0:51:15
Aber was sozusagen über das Internet geht.
Kai Schweda 0:51:17
Ja und unser Detektor spuckt da mehr Daten aus. Das heißt wir können das auchnicht irgendwo hinschicken und analysieren.Deshalb haben wir bei Alice ein Computerzentrum, eine Compute Farm aufgebaut,die diese Daten analysiert.Wie gesagt die kommen vom Detektor schon digital.Das heißt wir haben keinen Informationsverlust, keinen Qualitätsverlust im Signalund diese 3500 Gigabyte pro Sekunde reduzieren wir schon in Echtzeit,also während wir den Detektor betreiben auf 100 Gigabyte pro Sekunde und dieschreiben wir dann auf Disk.Was wir auf Disk rausschreiben ist ein Faktor fast 40 weniger.
Tim Pritlove 0:51:54
Ja klar, also wenn man da keine Kompression machen würde, aber das lässt sichglaube ich ganz gut komprimieren dann auch so das Material.
Kai Schweda 0:52:00
Also wir haben zur Kompression, das ist weitgehend eine verlustfreie Datenkompression,haben wir 50.000 CPUs, Prozessoren und 2000 grafische Prozessoreinheiten, also GPUs.Also das was mein Sohn in der Playstation hat, das sind schon sehr gute Grafikkarten,die eben sehr schnell rechnen müssen, weil sie eben diese sehr aufwendige Grafik rechnen können.Das heißt, die können sehr gut parallel rechnen, also mehrere Rechenschnittein einem Durchgang machen und unsere sind also noch ein bisschen besser,aber von den gleichen Anbietern, die auch Spiele, PCs herstellen.Und davon haben wir 2000. Und die machen diese Datenreduktion speziell für dieZeitprojektionskammer.
Tim Pritlove 0:52:47
Wenn ich jetzt richtig gerechnet habe, sind wir jetzt 5 Meter vom Kollisionsortweg, fehlen ja noch ein paar Meter.War es das schon mit der Detektion oder wird noch darüber hinaus auch noch detektiert?
Kai Schweda 0:53:03
Okay, also wir dürfen nicht Durchmesser und Radius verwechseln.Das habe ich vorhin schon gemacht.
Tim Pritlove 0:53:09
Durchmesser habe ich gesagt.
Kai Schweda 0:53:10
Also das Teilchen hat jetzt 2,50 Meter hinter sich, das heißt es verlässt dieZeitprojektionsgraden.Dann kommt ein Detektor, der kam ein bisschen später,also ein Subdetektor, ein Teil von ALICE, den haben wir ein bisschen spätereingebaut und der kann ganz besonders Elektronen identifizieren über einen bestimmtenphysikalischen Effekt, wir nennen das Übergangsstrahlung.Da nimmt man einfach ein Medium, das zwei verschiedene Dielektrizitätskonstantenhat, Das ist das Epsilon-R, wenn man das in der Schule mit dem Plattenkandensator rechnet.Auf jeden Fall tut dieser Detektor besonders Elektronen gut selektieren.Die meisten Teilchen sind stark wechselwirkende, das sind die Pionen und wie sie alle heißen.Und diese nicht stark wechselwirkenden Teilchen, wie das Elektron oder das Myon,das ist ja ein schweres Elektron, das ist zweieinhalb mal schwerer als ein Elektron,die werden nur sehr selten erzeugt und die will man rauspicken.Die würde man eben selektieren und das kann dieser Detektor,der dann bei 3,50 Meter Radius kommt.Oder 2,90 Meter bis 3,50 Meter.
Tim Pritlove 0:54:13
Warum will man die rauspicken, weil die so selten sind?
Kai Schweda 0:54:16
Die sind selten und die meisten Teilchen, wir messen ja keine freien Quarks,wir messen auch viele Teilchen,die sind so kurzlebig, die werden in der Kollision erzeugt.Sind die langlebigen Pionen, K und Protonen und dann noch Elektronomie und dasist im Wesentlichen, was man sieht im Detektor.Und alles andere zerfallen, zum Beispiel auch Teilchen, die diese schweren Quarkstragen, die Charm-Quarks und Beauty-Quarks und die zerfallen mit einer bestimmtenWahrscheinlichkeit in Elektronen oder Elektronen-Positron-Paare.Und wenn man jetzt Elektronen und Positronen selektieren kann,kann man diese Mutterteilchen wieder rekonstruieren.Genau aus dem Grund, weil wir alles, was wir mit dem Detektor messen,kinematisch vollständig bestimmen.Und das sind besondere Proben für das Quark-Klone-Plasma. Daraus kann ich waslernen, welche Eigenschaften dieses Quark-Klone-Plasma hat.
Tim Pritlove 0:55:35
Okay, das heißt wir sind jetzt über die 2,50 Meter. Jetzt bin ich wieder beimRadius. Wie weit hinaus?
Kai Schweda 0:55:40
Jetzt kommt der Übergangsstrahlungsdetektor. Der geht von 2,70 bis 3 Meter unddann schließt sich dieser Flugzeitdetektor an.Also der sagt dann nur noch, aha ich habe ein Teilchen gesehen und macht alsonur noch eine Zeitinformation, wenn ich bei 3,70 Meter in diesen Flugzeugdetektoreinschlage, bei Radius 3,70 Meter.Ich glaube jetzt habe ich auch ein bisschen die Zahlen durcheinander gemacht.Der Flugzeugdetektor ist bei 3,70 bis 3,90 Meter.Der liefert ein sehr genaues Zeitsignal und das kann ich der Teilchenspur zuordnenund weiß ich, aha dieses Teilchen, das sich auf den Weg gemacht hat,ist nach dieser Zeit in meinem Flugzeugdetektor angekommen, bei einem Radius von 3,70 Meter.Ich muss natürlich die Krümmung im Magnetfeld berücksichtigen,aber ich kenne praktisch die Länge, die Flugzeit, den Weg, den das Teilchengenommen hat, kenne ich dann sehr genau.Also den Flugweg und die Flugzeit und dann kenne ich die Geschwindigkeit unddann weiß ich, wer es war.
Tim Pritlove 0:56:39
Da weiß man, womit man es zu tun hat.
Kai Schweda 0:56:42
Ganz genau.
Tim Pritlove 0:56:45
Okay, da hab ich gleich noch ein paar Fragen zu den Erwartungen,aber ich würde gerne noch die Technik fertig bekommen,weil das ganze ist ja nach so einem Zwiebelschalen-System aufgebaut,also man hat einfach in der Mitte die inneren Spurdetektoren,diese Time-Projection-Chamber drumherum und diese weiteren Kaskaden,die jetzt eben sich nicht mehr um die Spur kümmern, sondern sozusagen nur noch das Timing erfassen.Und überhaupt sagen, wenn ich jetzt hier noch was detektiere,dann handelt es sich eben auch um wirklich interessante Teilchen.Gibt es noch weitere Detektoren oder war es das jetzt?
Kai Schweda 0:57:26
Ja, vielleicht hätten wir damit anfangen sollen. Zunächst macht man im Innereneine Spurrekonstruktion, genau wie du sagst. Und dann sind wir fertig.Also wir haben Silizium, wir haben die gasgefüllte Kammer, wir haben den Übergangsstrahlungdetektorund dann den Flugzeitdetektor.Damit ist die Teilchenspurrekonstruktion beendet. Und danach schließt sich dannein elektromagnetisches Kalorimeter an.Das heißt, wenn ich sehr, sehr hoch energetische Teilchen habe,Unser Magnetfeld ist nicht besonders hoch, ein halbes Tesla.Also sehr viel stärker als das Erdmagnetfeld, aber wenn du schaust,wenn nachher die Leute kommen von Atlas, die haben viel stärkere Magnetfelder.Das heißt, je höher mein Impuls ist vom Teilchen oder die Energie,desto weniger ist die Spur gekrümmt und irgendwann wird die ganz gerade unddann kann ich das gar nicht mehr unterscheiden. Ist das jetzt eine gerade Spuroder ist da noch eine Krümmung drin?Und dann hört irgendwann meine Spurrekonstruktion auf. Ich kann natürlich dieSpur immer noch rekonstruieren, aber ich weiß nichts mehr über den Impuls,weil ich keine Krümmung mehr feststellen kann. Also keinen Unterschied von einer geraden Spur.Und dann baut man einen Kalorimeter. Kalorimeter heißt, ich deponiere die gesamteTeilchenenergie in diesem Detektorteil und weiß dann die Gesamtenergie.Also ein Kalorimeter misst immer die Gesamtenergie von einem Teilchen.
Tim Pritlove 0:58:40
Und damit beende ich sozusagen auch den Flug.
Kai Schweda 0:58:42
Das war es. Da ist das Teilchen, das ist das Ende.
Tim Pritlove 0:58:45
Okay, es versackt im Kalorimeter und dann weise ich aber sozusagen die Restenergieoder eigentlich überhaupt die Energie, weil bisher nicht so richtig viel Energieeingebüßt wurde durch die ganzen Spurbeobachtungen.
Kai Schweda 0:59:00
Ganz genau.
Tim Pritlove 0:59:01
Und die misst man dann in was? In Kalorien?
Kai Schweda 0:59:06
In der Teilchenphysikschule ist alles in Energie.
Tim Pritlove 0:59:09
Alles.
Kai Schweda 0:59:10
Energie ist ein Elektronenvolt. Elektronenvolt kennen wir aus der Schule.Wenn ich einen Plattenkondensator habe, der macht ein elektrisches Feld, also Plus und Minus.Und da habe ich einen Volt und da läuft ein Elektron durch, hat danach das Elektron,die kinetische Energie von einem Elektronenvolt.Und wir messen alle Energien in Elektronenvolt oder eigentlich in Gigaelektronenvolt.Das ist so die natürliche Einheit. Milliarden Elektronenvolt.
Tim Pritlove 0:59:36
Okay, und wie viel Elektronenvolt haben die Teilchen, die jetzt da in dieseKalorimeter einschlagen?
Kai Schweda 0:59:42
Ein paar wenige Gigaelektronenvolt bis 100 GV vielleicht.Man kann das auch, das Higgs-Teilchen, das messen wir nicht,aber das Higgs-Teilchen wiegt 125 Gigaelektronenvolt.Das Proton wiegt etwa 1 Gigaelektronenvolt. Also das Higgs ist 125 mal schwerer als das Proton.Wenn das in zwei Photonen zerfällt, haben diese Photonen jeweils 65 GeV, Gigaelektronenvolt.Also ein paar Zig bis ein paar hundert Giga-Milliarden Elektronenvolt.
Tim Pritlove 1:00:14
Okay, das heißt diese ganzen Kalorimeter sind dann auch das Ende des Detektors.Das heißt die sind dann auch erst bei 16 Meter Durchmesser.
Kai Schweda 1:00:30
Ja, ganz genau.
Tim Pritlove 1:00:31
Okay, also nach 8 Metern sozusagen wird die Energie gemessen und dann ist dieDetektion abgeschlossen.
Kai Schweda 1:00:39
Noch nicht. Da gibt es noch die einzigen Teilchen, die noch durchkommen,sind die Myonen, die schweren Elektroden.Die deponieren eben ihre Energie nicht in einem Kalorimeter.Die gehen quasi durch alles durch. Man kann die Spur sehen durch den Siliziendetektor,durch die Zeitprojektionskammer.Die machen ein Signal im Flugzeitdetektor und die werden nicht im Kalorimetergestoppt. Das liegt einfach daran, dass die so hohe Masse haben.Die sind nicht stark wechselwirkend, die werden also nicht in einem hadronischen Kalorimeter gestoppt.Die sind zwar Leptonen, aber dadurch, dass die so viel Masse haben,das Elektron macht dem elektromagnetischen Kalorimeter Bremsstrahlung.Und die Bremsstrahlungsphotonen machen dann wieder Elektronen-Positron-Paareund die Elektronen-Positron-Paare machen wieder Bremsstrahlung.Und so geht das unendlich weiter.Es bildet sich also ein Schauer, das ist ein elektromagnetischer Schauer,aus Bremsstrahlungsphotonen und Elektronen-Positronen.Das Myon macht das nicht, weil das so viel schwerer ist. Das heißt, das geht einfach durch.Wir sehen sogar Myonen von der kosmischen Strahlung bei uns im ALICE,obwohl wir von 30 Metern Fels geschützt sind vor der kosmischen Strahlung.Also die Elektronen gehen durch alles durch und wir haben speziell jetzt nichtin dieser Zylindergeometrie, also senkrig zur Strahlaxe, aber parallel zur Strahlaxeoder unter Vorwärtswinkeln haben wir noch einen Myon-Spektrometer.Da machen wir genau das gleiche. Da steckt ein sieben Meter langer Absorberaus Eisen und Stahl und der filtert alles raus.Nur die Myonen kommen hinten an und dann stellt man da ein paar Kammern auf,die eben die Teilchenspuren messen. Und dann weiß ich, da können nur Myonen durchgekommen sein.
Tim Pritlove 1:02:17
Sind diese Myonen jetzt eher selten oder ist das so ein ganz normales Abfallproduktbei dem, was da passiert?
Kai Schweda 1:02:22
Nein, nichts ist Abfall. Das ist alles Signal. Wie gesagt, es gibt besondereTeilchen, die schwere Quarks tragen und die zerfallen gerne in Elektronenpaare,Elektronenpositonpaare oder Paare von positiven und negativen Myonen.Und die möchte ich rekonstruieren, weil das ganz spezielle Sonden sind.Schwere Quarks sind ganz besondere Sonden für unser Quark-Klon-Plasma.
Tim Pritlove 1:02:48
So jetzt ist ja Sinn und Aufgabe des Detektors ist jetzt primär diese Blei-Ionen-Kollisionen zu beobachten.Das heißt mal salopp formuliert passiert ja da immer das gleiche.
Kai Schweda 1:03:07
Jede Kollision ist einzigartig.
Tim Pritlove 1:03:09
Okay, gut. Darauf wollte ich hinaus. Aber man tut eigentlich immer das gleicheund man kriegt immer wieder andere Ergebnisse.
Kai Schweda 1:03:17
Das Signal ist ein anderes. Und genau,zum Beispiel wir brauchen ein paar zigtausend Blei-Blei-Kollisionen,Ob das da mal ein Teilchen rauskommt, das aus zwei schweren Quarks besteht unddann noch zerfällt in ein Elektron-Bosyton-Paar zum Beispiel.Und die gilt es zu selektieren. Das heißt wir bauen einen Trigger.Wir triggern auf ein ganz spezielles Ereignis, das nur sehr selten passiert.
Tim Pritlove 1:03:47
Und das ist ja sozusagen das Ding. Also es geht ja hier um Wahrscheinlichkeiten.Also jetzt könnte man sagen okay no two collisions are the same.Also obwohl wir eigentlich im Prinzip immer dasselbe tun, mit derselben Apparaturmessen, messen wir eigentlich jedes mal ein komplett anderes Gesamtergebnis.Also vielleicht nicht komplett anders, sondern es ist vielleicht in seiner Strukturähnlich, aber so im Detail.Mal wird von dem einen Teilchen mehr erzeugt, mal weniger, mal vielleicht überhauptnicht. Auf einmal sind es ganz viele.Und der eigentliche Wert entsteht dadurch, dass man eben sehr oft,sehr lange das macht, alle Daten aufnimmt und sich es danach anschaut,wie denn jetzt die tatsächliche Verteilung ist.Weil wir im Prinzip ja generell immer nur alles über Wahrscheinlichkeiten überhaupterfassen können auf dieser Quantenebene, in der halt alles nicht klar bestimmt ist.Da heißt es ja nicht, wenn das kommt, passiert das, sondern das passiert miteiner bestimmten Wahrscheinlichkeit.
Kai Schweda 1:04:57
Also es ist sehr klar bestimmt. Ich muss da widersprechen. Die Wahrscheinlichkeitensind sehr klar bestimmt. Also ich kann genau bestimmen, wie groß die Wahrscheinlichkeitist, nur das einzelne Event ist unbestimmt.
Tim Pritlove 1:05:09
Das wollte ich damit zum Ausdruck bringen, ja.
Kai Schweda 1:05:12
Ja, das unterliegt einer Wahrscheinlichkeit. Aber auch in der Quantenmechanikkann ich diese Wahrscheinlichkeiten sehr präzise ausrechnen.
Tim Pritlove 1:05:18
Also genau, man kann dann die Wahrscheinlichkeiten ausrechnen,aber man weiß halt nicht vor einer Kollision, was jetzt gerade dran ist.
Kai Schweda 1:05:25
Ganz genau.
Tim Pritlove 1:05:25
Also das ist sozusagen das Unbestimmte, nur bestimmt wird es eben über die Beobachtung,über die Zeit dadurch, dass ich sagen kann, okay, wir haben uns das jetzt irgendwieangeschaut und diese Konstellation entsteht mit der Wahrscheinlichkeit und dieseKonstellation entsteht mit der Wahrscheinlichkeit und damit erforsche ich quasidas Wesen dessen, was ich beobachte.Okay, ich habe das halbwegs verstanden, glaube ich, hoffe ich.Bis zum nächsten Mal.Upgrades hat denn jetzt ALICE, das haben wir ja gerade gehört,da wird immer wieder was ausgetauscht.Wie sehr ähnelt denn ALICE nach seiner ursprünglichen Version?Wie oft werden denn dort technische Änderungen vorgenommen?
Kai Schweda 1:06:12
Ja, das ist eine gute Frage. Also schon vor 30 Jahren war schnell klar,habe ich erzählt, dass man ein relativ schwaches, aber großvolumiges Magnetfeldbraucht. Das haben wir. Das haben wir sogar geerbt vom Vorgängerexperiment.Da haben wir Kosten gespart. Und dass das zentrale, das Herzstück eine Zeitproduktionskammerist, das hat sich auch nicht geändert. Das ist im ersten Design drin.Und dass man bei inneren Radien einen Silizium-Detektor hat,auch das hat sich nicht geändert.Und dann, das war sehr schnell klar, dass man den Doktor so bauen muss,um das die Ziele zu erreichen, die man hat.Dann das erste Upgrade war, der Myon-Arm kam später hinzu, das war aber,das muss ich erzählen, 1993 hat dann sich eine sogenannte Proto-Kollaboration geformt.Das waren also eine Reihe von Wissenschaftlern, die haben gesagt,wir studieren das, wir untersuchen, welchen Detektor wir brauchen und kamendann sehr schnell mit diesem Konzept von einem solenoiden Magneten in der Zeitprojektionskammerund einem inneren Siliziumdetektor und hat dann im Jahr 1993 einen Lettow-Intent vorgestellt,also die Absicht, so einen Detektor zu bauen, um diese Physik des Quark-Clone-Plasmaszu adressieren am Large Hadron Collider, in dem man das ausnutzt,dass da auch Bleikerne beschleunigt werden können.Und das wird begutachtet. Es gibt ein Komitee, das ist das LHC-Komitee,LHCC, und das besteht aus Experten und die schauen sich an,diese Vorschläge, die Gruppen machen, welche Direktoren gebaut werden sollenund dieses Das Komitee berät direkt den Generaldirektor oder die Generaldirektoren am CERN.Und die haben eben diesen Letter of Intent, den wir am 1.März 1993 eingereicht haben, gesagt, okay, das finden wir gut,macht weiter. Also wir haben eine positive Bewertung bekommen.Und dann kam 1995 der Muonarm dazu.Das waren eben Leute, die schon früher am CERN, am kleineren Beschleuniger,am SPS, am Superproton-Synchrotron, Muon nachgewiesen haben,eben genau um den Zerfall von Teilchen mit schweren Quarks.Und die haben gesagt, wir machen da auch mit, wir bringen einen neuen Detektormit, wir wollen einen neuen Detektor bauen, die sind Myonarm.Das war also das erste Upgrade sozusagen 1995, das war aber weit vor der ersten Konstruktion.Dann kam, ich glaube, der erste, das ist fair zu sagen, der erste Upgrade-Detektorwar dieser Übergangsstrahlungsdetektor,das ist ein Beitrag der deutschen Gemeinschaft und anderen Ländern,Russland und Rumänien, die dann gesagt haben, okay, zwischen der Zeitprojektionskammerund dem Flugzeitdetektor, da ist noch eine Lücke, radial, Und da bauen wir diesenÜbergangsstrahlungsdetektor ein, dass wir diese Elektronen und Positronen selektieren können.Den haben wir 2008 eingebaut, also die ganze Konstruktion.Das war noch mit der Konstruktion des ersten Detektors.Und was wir jetzt gemacht haben, das war im Jahr 2019, 2021,war eine lange Betriebspause des Large Hadron Colliders. Da wurde auch der Beschleunigerkonsolidiert, das heißt verbessert.Dinge, die nicht so gut funktioniert haben, wurden verbessert.Es wurden neue Instrumente eingebaut.Das kann wahrscheinlich der Manfred Kramer dir besser erzählen.Diese zweieinhalb Jahre haben wir genutzt, um unseren Detektor massiv zu erneuern.Wir haben den gesamten Silicon Detektor komplett rausgenommen und haben jetztdiesen hochgranularen Pixel-7-lagigen Pixeldetektor eingebaut.Wir haben die Zeitprojektionskammer, die gesamte Auslöseelektronik erneuert,was 90 Mannjahre an Arbeitsleistung ist.Also wir haben praktisch auch diese Zeitprojektionskammer praktisch neu gebaut.Da ist nur diese mechanische Struktur, die auch das elektrische Feld,diese 100.000 Volt, zur Verfügung stellt, die ist geblieben und die gesamte Elektronik ist neu.Und das ist eben geschuldet, dass es eine neue Technologie gibt für den Silizium-Detektor.Das haben wir entwickelt in ALICE. Das ist der L-Pite Pixel-Chip.Wir mussten die Elektronik verbessern, damit wir diese 50.000 Kollisionen proSekunde mit der Zeitprojektionskammer instand halten können.Es war nicht klar, ob das vor 10, 12 Jahren funktioniert. Das war wirklich einejahrelange Entwicklung von neuer Technologie. Da haben wir ein optimales Setupgefunden, wie wir diese Auslöse bauen können. Und das funktioniert.
Tim Pritlove 1:10:40
Wo wird denn diese Technik entwickelt?
Kai Schweda 1:10:42
In den Labors am CERN, also der Silizium-Detektor wurde ganz entscheidend hieram CERN vorangetrieben.Da gibt es eine Gruppe am CERN und unser vorheriger Spokesperson hat das entscheidend vorangetrieben.Also wenn man Silizium-Technologie macht, das ist mit einem enormen Aufwandverbunden. Da braucht man Reihenräume, da braucht man Maschinen.Also das ist vom personellen und finanziellen Aufwand enorm und das CERN kanndas sehr gut machen. Das hat die richtige Größe.In Deutschland braucht man dann schon die Nationallabors, zum Beispiel die Gesellschaftfür Schwerhörnforschung in Darmstadt, an der ich angestellt bin. Die können das machen.Die Zeitprojektionskammer, das wurde federführend in Deutschland entwickelt,auch von der GSI, von den Universitäten Frankfurt, Heidelberg.Da braucht man Ingenieure, die nicht nur die Elektronik entwickeln,sondern auch die Mechanik und so weiter und so fort. Und auch in Zusammenarbeit mit dem CERN.
Tim Pritlove 1:11:36
Ich glaube das ist auch etwas, was bisher bei den Gesprächen noch gar nichtso klar rausgekommen ist.Man sieht ja hier das CERN so im Wesentlichen als Betriebsort.Aber genau genommen wird ja alles erdacht. Also erstmal dieses,was braucht man eigentlich, wie könnte das funktionieren, welche Technologienbenötigen wir denn dafür und dann müssen diese Technologien halt auch erdachtund quasi erstmal erfunden werden.Und dann ist die Frage, wie viel findet hier statt, wie viel findet woanders statt?Also ist es der Normalfall, dass das alles woanders entwickelt wird und hierwird nur überlegt, was braucht man? Oder findet hier auch konkret Technologiedevelopment statt?
Kai Schweda 1:12:24
Ja wie gesagt, diese Entwicklung von Siliziumdetektoren, das ist ja weltweit führend.Viele, viele Gruppen benutzen jetzt diese Technologie, die wir in ALICE entwickelthaben, in anderen Experimenten oder wollen die verwenden, auch für neue Maschinen in den USA.Wir haben gerade jetzt, gerade in dem Moment, Gäste da aus den USA,die eben genau unsere Silizium-Technologie verwenden wollen.Also das wurde federführend am CERN gemacht, die Zeitproduktionskammer.Da gibt es eine neue Technik, auch die wurde am CERN erfunden.Das sind Gas-Elektron-Vervielfacherfolien, die heißen Gem-Gas-Elektron-Multipliers.Und diese Technologie, da nimmt man eine sehr dünne Folie, bohrt Löcher reinund isoliert die oben und unten und spitzt diese Löcher an. Und in diesen Löchernentstehen sehr hohe Feldstärken.Das ist das Geniale an so einer Gemfolie. Die wurde am CERN erfunden und diehaben uns diese riesigen Folien hergestellt.Die haben Quadratmeter Größe und die haben wir dann benutzt,um unsere Außerelektronik in Deutschland zu bauen. Also es wurde mit Gruppenaus München, Darmstadt und Frankfurt gemacht.Also nicht alles wird am CERN gemacht, aber vieles wird vorangeregtigt am CERN.
Tim Pritlove 1:13:39
Okay. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was kommt bei raus?Also was konnte denn mit Hilfe dieses Detektors und speziell eben dieser Bleikollisionenund sozusagen der Betrachtung dieses Quark-Gluon-Plasmas herausgefunden werden über dieses Plasma?Das ist ja so ein bisschen der Blick in die Zeit des Urknalls,nicht unbedingt davor aber zumindest in dem Moment.Welchen Erkenntnisgewinn konnte man bisher daraus ableiten, was hat sich daraus ergeben?
Kai Schweda 1:14:26
Also die erste Frage, was man sich stellt, wie hoch ist die Temperatur von demDing, von dem Medium, das wir erzeugen?Und die Temperatur kann man messen, indem man sich die Lichtteilchen anschaut, die Sonne.Hat eine Temperatur in der Oberfläche von 6.000 Kelvin, 5.700 Grad Celsius.Und wenn ich einfach das Spektrum des Lichts anschaue, das hier auf der Erdeankommt, kann ich sofort auf die Temperatur der Oberfläche der Sonne schließen.Salopp kann man sagen, man schaut sich das Spektrum, man schaut sich an,wie viel kommt von der Farbe Grün an, wie viel kommt von der Farbe Rot an,wie viel kommt von der Farbe Blau an.Und dann habe ich, was die Physikern Plank-Spektrum nennen.Das hat die meiste Farbe, die die Sonne ausstrahlt, ist tatsächlich grün unddann kann ich sofort, das Planck Spektrum hat nur ein Parameter,das ist die Temperatur, kann ich sofort die Temperatur bestimmen und so machenwir das auch. Jetzt habe ich gesagt, die Sonne ist 6000 Kelvin heiß.Unser Medium ist 2 Billionen Kelvin oder Grad Celsius heiß.Das heißt, diese Wellenlänge verschiebt sich von dem optischen Spektrum,das unsere Sonne aussendet, in die harte Röntgenstrahlung.Also diese Photonen, die Lichtteilchen, die haben Milliarden von Elektronenvolt.Unser optisches Licht hat einen Elektronenvolt etwa.Und wenn man dieses Photon nachweist, also dieses Licht, das von der elektromagnetischenStrahlung des Quarkplasmas kommt, dann kann man die Temperatur bestimmen.Wir haben eine erste Messung, die ist noch nicht besonders genau.Wie gesagt, diese Photonen und Elektronen, das sind ganz seltene Teilchen,die muss ich da rauspicken auspicken, aus meinen zigtausend geladenen Teilchenoder anderen Teilchen, die da entstehen.Und dann gibt es noch andere Untergrundquellen, die auch Elektronen,Positronen oder Photonen erzeugen. Also ich will sagen, das ist eine sehr schwierigeMessung, die sehr aufwendig ist, die sehr lange braucht, weil man sehr langeDaten nehmen muss, um das Signal zu extrahieren.Und da sehen wir, dass wir deutlich drüber sind über dieser Temperatur,die es braucht, um so einen Quarkblumenplasma zu erzeugen.
Tim Pritlove 1:16:29
In dem beobachteten Experiment.
Kai Schweda 1:16:32
Bei Alice.
Tim Pritlove 1:16:33
Also man weiß deswegen, dass da eins ist. Ein Quark, Chlor und Plasma.Das ist das, was einem die Gewissheit gibt?
Kai Schweda 1:16:43
Ja, also Gewissheit.
Tim Pritlove 1:16:46
Das war wieder so ein schlimmes Wort benutzt.
Kai Schweda 1:16:48
Nein, das ist eine gute Frage. Was wir nicht haben ist eine Smoking Gun.Eine Smoking Gun ist, wenn ich einen abschieße und dann raucht mein Colt noch,dann weiß jeder, Der hat es getan.Das gibt es halt bei uns nicht. Und das liegt daran, wir versuchen nicht eineinzelnes Teilchen nachzuweisen, das zu rekonstruieren.Wir haben ein System, das aus sehr, sehr vielen Teilchen besteht,der sich sehr stark ausdehnt, dass der starken Wechselwirk unterliegt.Und da habe ich kollektive Phänomene und es gibt nicht ein einziges Signal,wo dann sofort alles klar ist, sondern man muss das beschreiben,dass das konsistent ist. eine Temperatur, die weit drüber ist.Auch bei den Hadronen können wir die Temperatur nachbestimmen.Wenn ich jetzt das weiterdenke, wenn ich Hadronen messe, also Pion,Proton, Kaon und so weiter, die sollte es ja nicht geben, wenn ich diese kritischeTemperatur überschreite.Die sollten ja alle geschmolzen sein, weil ich da nur noch Quarks und Glon habe.Und genau das beobachten wir. Aber irgendwann hat sich das System so weit ausgedehnt,abgekühlt, dass wieder alles in normale Teilchen zerfällt.Und wir beobachten auch bei den stark wechselwirkenden Teilchen,dass die eben genau diese Grenztemperatur erreichen. Drüber könnten wir sienicht beobachten, weil sie nicht existieren.Also die scheinen genau an der Phasengrenze, wo dieses Quark-Gluon-Plasma sichso stark abgekühlt hat, dass es wieder in normale hadronische Materie zerfällt.Und diese Hadronen, die wir beobachten, haben genau diese Grenztemperatur.Dann sind es andere kollektive Effekte. Wir sehen, wie stark das Medium expandiert.Was eine Entdeckung war, dass die schweren Quarks sehr viel Energie verlieren.Ich habe also eine Farbladung, das ist alles starke Wechselwirkung.Ich habe ein schweres Quark, ein Charmquark, das propagiert in diesem Mediumund das verliert sehr viel Energie.Und das ist heute noch schwierig zu beschreiben für die Theorie,warum so schwere Quarks so viel Energie verloren im Quark-Gluon-Plasma.
Tim Pritlove 1:18:48
Das heißt alles was jetzt hier herausfällt ist quasi Nährboden für Wissenschaftlergruppen,die am Quark-Gluon-Plasma an sich theoretisch und hier sozusagen auch praktisch forschen.
Kai Schweda 1:19:06
Ich denke, es ist fair zu sagen, dass unser Feld sehr stark experimentell getriebenist. Das heißt, es gibt neue Detektor-Technologien, die eben neue,neuartige Messungen ermöglichen.Und die Theorie versucht das zubeschreiben und dann Erkenntnis über das Quark-Lungen-Plasma zu gewinnen.Also das ist anders an der Teilchenphysik. Das Higgs-Boson wurde 48 Jahre vorseiner Entdeckung vorhergesagt.Die Schwierigkeit war, möglichst viel Energie zu haben, einen großen Kollider,der auch dieses Teilchen erzeugen kann. Bei uns ist es, denke ich, eher umgekehrt.Das ist das Experiment, das den Fortschritt vorantreibt.
Tim Pritlove 1:19:45
Weil man jetzt einfach Daten bekommt aus etwas, was sich sonst nicht so ohneweiteres theoretisch beschreiben lässt, weil man es noch gar nicht,sein Wesen noch gar nicht verstanden hat.
Kai Schweda 1:19:55
Ja die Theorie ist eben schwierig. Ich habe versucht das mit der Schneefockezu erklären. Wenn ich ein Einzelsteilchen isoliert betrachte,kann ich das sehr gut beschreiben theoretisch.Ja, also das Quark-Klonen-Plasma ist ein Teil von ALICE. Wir können mit diesenKollisionen viel, viel mehr machen. Das tun wir auch. Das ist eine fantastischeTeilchenquelle, ein Quark-Klonen-Plasma.Da kommen alle möglichen Teilchen raus, die es gibt. Die werden alle thermisch gekocht.Die springen da alle raus. Wir können zum Beispiel auch nach Antimaterie schauen,weil es wird genauso viel, die Energien sind so hoch beim Ladschadon-Kollider,dass wir genauso viel Materie wie Antimaterie erzeugen.Also es gibt aus den Kollisionen kommen genauso viel Proton raus wie Antiprotonund es gibt noch andere Teilchen.Und zum Beispiel Anti-Alpha-Teilchen.Rutherford hat ja damals das Alpha-Teilchen genommen. Das ist ein Heliumkern,zwei Protonen, zwei Neutronen.Und dazu gibt es auch ein Anti-Teilchen, das wurde schon entdeckt.Das besteht aus zwei Antiprotonen, zwei Antineutronen.Und jetzt können wir diese Teilchen untersuchen und schauen,haben die genau die gleiche Masse, das Teilchen und das Antiteilchen.Das ist eine fundamentale Vorhersage von jeder Theorie im Standardmodell derTeilchenphysik, dass Teilchen und Antiteilchen gleich schwer sind und gleiche Lebensdauer haben.Wenn das nicht so wäre, hätten wir eine große Krise in der theoretischen Physik.Also niemand glaubt das.Das heißt aber, wir müssen das testen. Und das können wir in ALICE,wenn wir das testen mit den Daten, die wir jetzt die nächsten zehn Jahre nehmen.Wir nehmen deutlich mehr Daten.Wir haben jetzt letztes Jahr, im ersten Jahr schon in Proton-Proton-Kollisionen,300 Mal mehr Daten aufgezeichnet, als wir die ganzen zehn Jahre davor aufgezeichnet haben.Nur um so einen Geschmack dafürzu kriegen, welche irren Datenraten unser Detektor jetzt verdauen kann.Und da wollen wir zum Beispiel diese Teilchen-Antiteilchen-Symmetrie untersuchenfür Anti-Alpha-Teilchen.
Tim Pritlove 1:22:26
Um diesen permanenten Test des Standardmodells durchzuführen.Passt das Modell eigentlich wirklich so gut wie wir denken oder haben wir irgendwo nochmal einen Flaw?Aber ist schon irgendwas damit bestätigt worden oder ist es sozusagen,es konnte nur bisher nicht widerlegt werden? Wie muss man das so definieren?
Kai Schweda 1:22:44
Niemand erwartet ernsthaft, dass wir jetzt einen Unterschied sehen,aber man soll, Steven Weinberg hat das mal gesagt, den ich sehr verehre,der leider letztes Jahr gestorben ist, ein großer theoretischer Physiker,schauen, wo niemand vorher geschaut hat. Das können wir auch,diese Möglichkeit haben wir in ALICE.Wir haben zum Beispiel das schon gemacht für Deuteron und Helium-3-Kerne.Da haben wir die Teile, ein Deuteron ist ein Proton und ein Neutron und Helium-3ist zwei Antiprotonen und nur ein Antineutron.Da haben wir schon gezeigt, dass wir Massendifferenzen messen können.Mit guter Genauigkeit haben wir das veröffentlicht. Und der nächste Schrittist einfach mit mehr Daten können wir dann zu schwereren Kernen gehen.Also es ist noch nichts, wir haben noch nichts gefunden, das dem Standardmodell widerspricht.Du hättest das in der Zeitung schon oder im Fernsehen gesehen.
Tim Pritlove 1:23:34
Mit Sicherheit. Aber was ist denn schon an Erkenntnissen herausgekommen,wovon ich auch noch nichts mitbekommen habe? Was sind so die grundlegenden Erkenntnisse,die Alice abgeworfen hat?
Kai Schweda 1:23:48
Zum Beispiel die Teilchen haben eine bestimmte Lebensdauer und wir können,weil unser Detektor so präzise ist, zum ersten Mal werden ja alle möglichenTeilchen erzeugt bei uns in dieser Bleiblei-Kollision.Wir können dann Teilchen mit sehr hoher Genauigkeit, deren Masse oder Lebensdauerauch messen. Wir haben jetzt gerade das Lambda-Baryon untersucht.Das ist ein Neutron, wo ich ein leichtes Quark rausnehme und dafür ein bisschenschwereres, das Strange-Quark, reintue.Und diese Lebensdauer hat eine bestimmte experimentelle Präzision und wir habendas um einen Faktor 3 verbessert.Also man weiß jetzt auch dreimal mehr, welche Lebensdauer dieses Lambda Teilchen hat.Das kann man jetzt in einen Kernverband einbauen, in einen Deuteron zum Beispiel.Und da gab es 50 Jahre lang Spekulationen, ob das, wenn das jetzt dieses LambdaBaryon gebunden ist, also ein Neutron mit einem schweren Quark,einem Strange Quark, ob das dann die Lebensdauer beeinflusst.Und da gab es die letzten 50 Jahre viele, viele Experimente,die was gesehen haben, die keinen Unterschied gesehen haben und das haben wirjetzt auch entscheidend beantwortet, die Frage.Dieses Lebensdauer ist die gleiche im Kernverbund von einem Deuteron wie fürein Freies Lambda-Teilchen.Also es sind einfach Präzisionsmessungen, die gehen dann auch in die Bibel derTeilchenphysik ein, weil alle Teilchen, die man kennt, sind gelistet in einem Particle Data Book.Das wird jedes Jahr auf den neuesten Stand gebracht und da haben wir als eineMessung beigetragen, die dreimal genauer ist als alle anderen Experimente zuvor.
Tim Pritlove 1:25:20
Was sind denn jetzt, also das ist natürlich für die Wissenschaft super spannend,solche Detailupdates und so ein permanentes Verbessern eines Verzeichnissesaller wesentlichen Eigenschaften.Was sind so die großen Fragen, die durch die Arbeit mit Alice touchiert werden?
Kai Schweda 1:25:41
Ja, das ist die zugrundelegende Theorie, das ist eine relativistische Quantenfeldtheorie,die die starke Wechselwirkung beschreibt. Die so beschreibt,wie Quarks und Gluten miteinander, sich zueinander verhalten,wie die wechselwirken, das ist die Quanten-Chromodynamik.Es gibt die Quanten-Elektrodynamik, die beschreibt eben die elektromagnetischeWechselwirkung auf dem Quantenniveau und ist relativistisch korrekt.Und so gibt es in der starken Wechselwirkung die Quanten-Chromodynamik.
Tim Pritlove 1:26:08
Da kommt das auch mit der Farbe her, wir haben ja vorhin schon darüber gesprochen,das ist natürlich nicht so, dass wir hier von Farben reden, sondern das istein Bild, um einfach Zusammenhänge dieser Teilchen, also der Wechselwirkungzu beschreiben, also Eigenschaften davon zu beschreiben.Und wahrscheinlich weil mal wieder nichts anderes im Regal zu greifen war,hat man gesagt, dann nehmen wir jetzt einfach Farben und deswegen heißt es auch Chromo.
Kai Schweda 1:26:35
Ganz genau. Also es ist streng genommen die Farbladung, genau wie die elektrischeLadung die Ursache der elektromagnetischen Kraft ist, so ist die Farbladungdie Ursache der Farbladung.
Tim Pritlove 1:26:43
Ja, man hätte jetzt auch ein anderes Bild nehmen können als Farbe,aber das ist es einfach geworden.
Kai Schweda 1:26:46
Ja, aber das weißt du wahrscheinlich, das kommt daher, weil die Quarks in drei,um einen Proton zu machen brauche ich drei Quarks, um einen Neutron zu machenbrauche ich drei Quarks.Da hat man gesagt, also zwei Quarks geht nicht. Es geht ein Quark und ein Antiquark,das heißt diese Farbladung, das Quark hat Rot, Gelb oder Grün,die kann man auch 1, 2, 3 nennen oder wie auch immer, dass die drei Farben imProton, die drei verschiedenen Farben im Proton,Farben, die ein Proton haben kann, müssen sich so addieren, dass es farbneutral ist.
Tim Pritlove 1:27:20
Also rot, grün, blau.
Kai Schweda 1:27:21
Rot, grün, blau, aber eigentlich nach der Farbenlehre ist es nicht rot,grün, blau, sondern rot, gelb, blau oder umgekehrt. Auf jeden Fall hat man das,genau wie du sagst, versucht anschaulich zu machen. Warum habe ich jetzt dreiund nicht zwei oder sieben?Und das kann man mit den Spektralfarben sehr gut erklären, dass dann immer eine weiße Farbe rauskommt.
Tim Pritlove 1:27:39
Ok, aber das ist sozusagen, man will die starke Kernkraft besser verstehen,man weiß die kommen einfach in Dreiergruppen, also muss es dann irgendeinerForm Eigenschaften geben, die dafür sorgen, dass es immer drei sein müssen.
Kai Schweda 1:27:52
Und was wir gut verstehen theoretisch, also nicht ich, sondern meine Freundeaus der Theorie, ist eben, wenn man isolierte Prozesse bei sehr hohen Energienanschaut, dann kann man das sehr genau berechnen.Wir machen eine störungstheoretische Rechnung und kann die Experimente beschreiben.Was wir in ALICE machen, ist, wir gucken uns die Vielteilchenaspekte an.Also nicht ein isoliertes Teilchen, ein isoliertes Quark, sondern sehr,sehr viele Teilchen. Sehr viele Quarks und Gluren in verschiedenen Farben,schwere Quarks, leichte Quarks.Und wir versuchen die Vielteilchenaspekte der starken Wechselwirkung zu untersuchenund experimentell präzise zu bestimmen.Und das ist, was wir noch sehr wenig verstehen, obwohl es da sehr großen Aufwandgibt in der Theorie. Es ist also noch ein recht junges Feld,da kommen wir zurück zu der Schneeflocke.Ich kann die Quantenelektrodynamik nehmen, ich kann damit aber nicht ausrechnen,welche Form eine Schneeflocke hat, weil sehr sehr viele Teilchen daran teilnehmenund dann gibt es auch neue Effekte, die man erst mal so nicht in den elementaren Gleichungen sieht.
Tim Pritlove 1:28:54
Und gibt's hier auch eine Perspektive so die die großen Fragezeichen der Physikin irgendeiner Form zu bespielen,das was so auch die Kosmologie vor allem irre macht mit dunkler Materie und dunkler Energie,also ich meine wenn wir hier mit diesem Quark-Luhren-Plasma sozusagen an der,Ich weiß nicht, ob ich Geburt sagen soll,aber zumindest an diesem Urknall, diesem sehr besonderen Moment,wenn wir da sozusagen in dieser Ursuppe herumforschen, lässt sich daraus irgendetwasableiten für das, was wir heute im All sehen und uns noch nicht erklären können.
Kai Schweda 1:29:38
Ja, alles kann was dazu beitragen und hat beigetragen zur dunklen Materie.Dunkle Materie ist dunkel, das heißt wir sehen sie nicht, die strahlt nichtelektromagnetisch, die sendet kein Licht aus.Und wir wissen nur von ihrer Existenz, weil wir sehen wie die sich gravitativverhält. Also die beeinflusst andere Objekte um sich herum.
Tim Pritlove 1:29:59
Die Menschen sind nur Materie, obwohl wir ja auch nicht sicher sind, ob es welche ist.
Kai Schweda 1:30:05
Also es ist nicht Energie, es ist nicht nur Energie, es ist auch Materie.Aber gut eigentlich wissen wir gar nichts was dunkle Materie ist.
Tim Pritlove 1:30:12
Es tut das, was normalerweise nur Materie tut. Man sieht sie nicht deswegennennt man sie dunkle Materie, aber es könnte sich ja auch herausstellen,dass es was komplett anderes ist, was die Gravitation mit beeinflusst.
Kai Schweda 1:30:24
Ja, also wenn du mich fragst, das ist aber meine persönliche Meinung,dunkle Materie ist eine Umschreibung für unsere komplette Unkenntnis, für was das ist.Ich glaube das ist ganz okay. Es gibt ja auch Leute, die versuchen die Gleichungder Gravitation so zu ändern, dass man gar keinen neuen Materieterm findet,aber das hat eigene Probleme.Also, das Standardmodell der Teilchenphysik, das hat was dazu zu sagen,nicht das Standardmodell, sondern die erste, die minimale supersymmetrische Erweiterung.Das heißt, das hat man ja bevor der LHC angeschaltet wurde, gab es ja großeHoffnung, dass die sogenannte Supersymmetrie verwirklicht ist in der Natur.Das heißt, es gibt also eine Theorie, die sagt, okay, für alle Teilchen,die wir jetzt im Standardmodell haben, gibt es ein korrespondierendes supersymmetrischesTeilchen, das viel schwerer ist. Zum Beispiel gibt es zum Elektron ein s-Elektron.Oder zum Neutrino gibt es ein Neutralino. Also man verdoppelt den Teilchen so,der Elementarteilchen.Die müssen viel schwerer sein, sonst hätten wir sie schon gesehen.Und das war die große Hoffnung, als der Large Hadron Collider losging.Bisher hat man noch keine gesehen.Und ich glaube die Hoffnung ist ein bisschen am schwinden.Deshalb gucken wir trotzdem danach. Und was wir gemacht haben in ALICE ist,wir können dazu einen wichtigen Beitrag liefern.Zum Beispiel das Experiment EMS, das Alpha Magnet Spektrometer,das auf der internationalen Raumstation Daten nimmt.Das guckt zum Beispiel nach Anti-Kernen, zum Beispiel nach Anti-Helium-3-Kernen.Zwei Antiprotonen, ein Antineutron. Und dann ist die Frage, die haben noch keinen,zumindest nicht veröffentlicht, nachgewiesen.Wenn die jetzt Anti-Helium-3 sehen, also ein Anti-Kern, recht schwerer,schwerer als das Proton zum Beispiel. Immer noch ein leichter Kern, okay.Dann ist die Frage, wo kommt das her? Und das könnte zum Beispiel von Prozessenkommen, von einem supersymmetrischen Teilchen, dem Neutralino.Das Neutralino ist elektrisch neutral, nimmt also nicht an der elektromagnetischen Wechselwirkung teil.Es ist das leichteste supersymmetrische Teilchen. Das heißt,alle anderen Teilchen müssen irgendwann in Richtung dieses Neutralinos zerfallen sein.Die wurden am Urknall entdeckt, erzeugt und das Neutralino ist stabil.Das heißt, es kann auch nicht in Standardmodellteilchen zerfallen.Das heißt, wenn es die wirklich gibt und das ist der Ansatz dunkler Materiemit der Teilchenphysik zu erklären, Dann wurden die möglicherweise beim Urknallerzeugt und bevölkern zum Beispiel den Balg unserer Galaxie.Und es stellt sich heraus, die Neutralinos sind auch ihr eigenes Antiteilchen.Das heißt, die zerfallen zwar nicht, wenn ich aber viele Neutralinos habe,kannst du mir noch folgen, dann können die sich miteinander vernichten und würdenauch schwere Antikerne erzeugen.Das heißt also ein Antihelium-3-Kern im Weltall wäre ein Signal für die Vernichtungvon zwei supersymmetrischen Teilchen, die Kandidaten für dunkle Materie sind.Und wir haben bestimmt, wenn dieses Teilchen irgendwo weit weg von uns in derGalaxie erzeugt wird, ob das überhaupt bei der Internationalen Space Station ankommen würde.Also wir haben mit diesen Antihelium-3-Kernen, die aus unserem Quark-Lum-Plasmakommen, haben wir bestimmt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist,dass so ein Teilchen absorbiert wird auf seinem Weg vom Balg der Galaxie biszur Internationalen Space Station.Wir haben festgestellt, dass unsere Galaxie recht transparent ist dafür.Also drei Viertel aller Antihelium-Dreikerne kommen noch an, wenn es die gibt.Wenn es die gibt, also wenn AMS das sieht, wäre das ein wunderbares Signal.
Tim Pritlove 1:34:14
Ich habe zu AMS auch schon eine Raumzeitfolge gemacht, Nummer 38,das ist jetzt schon eine Weile her. Also das Ding ist jetzt schon seit ein paarJahren in Betrieb. Ist denn da überhaupt schon was Interessantes bei herausgekommen,was sich mit der Arbeit von Ellis kombinieren lässt?
Kai Schweda 1:34:30
Ja, die haben genau diese Teichensprecken gemessen und es zeigt sich,die Protonen sind, es gibt ja auch kosmische Strahlung, die auf unsere Atmosphäretrifft, da kommen auch Antiprotonen raus.Das heißt die Antiprotonen und die bisschen schwereren Antideuterungen, die sind wohl nicht gut.Der Untergrund, auch diese Prozesse haben wir gemessen, die kosmische Strahlungtrifft ja auf ruhende Kerne in unserer Atmosphäre und die Energie am LHC ist ein Kollider.Das heißt, was wir am LHC haben, trifft zufällig genau die Energie,die die kosmische Strahlung im Schwerpunktsystem macht.Und da haben wir auch Produktionsraten von Antiproton, Antideuteron,also von Antikernen gemessen, was dann der Untergrund für solche Messungen ist.Also es gibt einen Untergrund und es gibt ein Signal von der Neutralino-Vernichtungsstrahlung.Und daraus schließen wir das mit Antihelium 3, wenn man ein gutes Signal extrahierenkann, wenn es das eins gibt.
Tim Pritlove 1:35:22
Das heißt es gibt da noch keine Smoking Gun für die dunkle Materie,das ist alles noch Theorie?Ja natürlich, sonst hättest du davon gehört.
Kai Schweda 1:35:34
Es gibt aber auch andere Ansätze für dunkle Materie, schwarze Löcher,mini schwarze Löcher, die überall sind im Universum. Also das ist sehr sehraktuell natürlich momentan.
Tim Pritlove 1:35:42
Ja man ist sich auf jeden Fall nicht einig. Bin sehr gespannt ob da demnächst nochmal was kommt.
Kai Schweda 1:35:49
Das zeigt ja, dass es spannend ist.
Tim Pritlove 1:35:51
Ich habe noch so eine Erinnerung, dass auch die Theorien, die hinter Neutronensternenstehen, mit diesem Quark, Gluon, Plasma zu tun haben.
Kai Schweda 1:36:06
Ja, die Frage ist, als man nur Protonen und Neutronen kannte,da haben die Herren Oppenheimer und Volkow schon in den 1930er Jahren gezeigt,Man nimmt einfach die Kernmaterie, die Eigenschaften, wie stark lässt sich Kernmaterie komprimieren.Und irgendwann, die Kernmaterie zieht sich natürlich an, aber irgendwann stoßendie zusammen und dann kann man die nicht weiter komprimieren.Und das ist das, was einen Neutronenstern stabilisiert gegen den gravitativenKollaps. Also der Neutronenstern hat ja 1,5 Sonnenmassen oder so,also im Bereich der Sonnenmasse.Und wenn die Kernfusion beendet ist, gibt es keinen thermodynamischen Druck,der diesen gravitativen Kollaps auffällt.Das heißt, der Stern fällt in sich zusammen, aber die Kernmaterie stabilisiert,die Inkompressibilität der Kernmaterie stabilisiert diesen Neutronenstern.Und die Herren Oppenheimer, Volkow und Tolman, denke ich, die haben einfachsich die Struktur der Kernmaterie hergenommen und gesagt, Okay,maximal kann ich mit gewöhnlicher Kernmaterie Neutronensternen bis 1,8 Sonnenmassen stabilisieren.Wenn der schwerer ist, kollabiert der und wird zum schwarzen Loch.Jetzt hat man vor zehn Jahren gefunden, es gibt Neutronensterne,die haben ein bisschen mehr Masse.Und die Frage ist, was verhindert, dass diese Neutronensterne in sich zusammenstürzenund ein schwarzes Loch binden? Was stabilisiert die gegen den Kollaps?Und das können nicht nur Neutronen und die Neutronen sein.Das kann ein Quarkblumenlastmal sein oder nur die Quarks, dass man eben keineNeutronen hat, sondern so eine Quarksuppe im inneren Kern von den Neutronenschneiden. Ist aber alles spekulativ.
Tim Pritlove 1:37:45
Alles noch Spekulation.Ja, jetzt könnte ich fragen, haben wir noch was vergessen? Haben wir unter Garantie.Es gibt ja viele Details.Was sollten wir vielleicht noch am Ende hinzufügen zu dem, was wir bisher besprochen haben?Das Bild abzurunden, was man von diesem Detektor, diesem Experiment hat.
Kai Schweda 1:38:14
Also ALICE gibt es jetzt seit 30 Jahren. Wir haben im letzten Monat den 30-jährigen Geburtstag gefeiert.Wir haben jetzt einen brandneuen Detektor, mit dem wir 10 Jahre messen.Und danach wollen wir einen komplett... Da geht auch die Zeitprojektionskammerraus, weil die Raten dann so hoch werden am LHC, dass wir die Zeitprojektionskammernicht nutzen können. Auf der anderen Seite haben wir einen Durchbruch in derDetektortechnologie mit Silizium.Wir wollen in zehn Jahren einen komplett siliziumbasierten Detektor bauen,der praktisch gar keine Masse hat, dass die Teilchen überhaupt nicht stören.Das wollen wir in zehn Jahren einbauen und zehn Jahre damit messen bis 2042.Also jetzt ist ALICE 30 und wir haben einen konkreten Plan für die nächstenzehn Jahre und wollen noch 20 Jahre weitermachen bis zum Ende des LACs.
Tim Pritlove 1:39:02
Das heißt, dieses Upgrade mit den Pixeldetektoren aus Siliziumfolien,das ist im Prinzip auch so ein bisschen die Zukunft dieses Detektors.Also es hat sich als so gut erwiesen, dass man davon möglichst viel haben möchte.
Kai Schweda 1:39:16
Ja, ganz genau. Und andere Detektoren haben auch Silizium, aber was besondersist an unserem, dass der so unglaublich dünn ist und wir entfernen wirklichalles. Auch die Ausleseelektronik ist momentan im jetzigen installierten Detektornoch auf dem Silizium aufgebracht.Wir entfernen alles, was nicht aktiver Sensor ist und haben damit praktischeinen masselosen Detektor. Ich glaube, das ist ein einzigartiger Detektor in der Welt.
Tim Pritlove 1:39:40
Super Kai, vielen Dank an dieser Stelle für diese Ausführung.Schwierig irgendwie so eine hochkomplexe Technologie,die sich in so einem super Spezialbereich der Physik und damit der Wissenschaftbewegt, irgendwie zu vermitteln, aber ich bin schon wieder schlauer geworden.Insofern vielen Dank nochmal für die Ausführung und vielen Dank fürs Zuhörenhier bei Raumzeit. Das war der LS Detektor.Weitere Detektoren werden folgen bis wir hier das CERN ausreichend zusammengefasst haben.Bis dahin sage ich Tschüss, bis bald!

Shownotes

RZ112 CERN: Die Beschleuniger-Kette

Die größte Maschine der Welt ist die Basis der Forschung am CERN

Die Beschleunigung von Teilchen ist die Grundlage für die Forschung am CERN. Eine Kaskade von miteinander verbundenen Ringen wird dabei zur Schnellstraße für beschleunigte Elektronen oder Ionen und bauen dabei sukzessive die Energie auf, die letztlich in einer Kollision freigesetzt wird und die Experimente am CERN ermöglicht.

Daher sind Aufbau, Inbetriebnahme, Betrieb und Wartung dieser komplexen Maschine ein sehr wichtiger Bestandteil der Arbeit am CERN.

Dauer:
Aufnahme:

Alexander Huschauer
Alexander Huschauer

Wir sprechen mit Alexander Huschauer, zuständig für den Betrieb und Wartung des CERN Proton Synchrotron, über Sinn, Design, Aufbau, Betrieb, Wartung und Anwendung von Teilchenbeschleunigern im Allgemeinen und den Beschleunigern am CERN im besonderen.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove 0:00:34
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Pridlaff und ich begrüße alle hier zu einer weiteren Ausgaberund um das CERN, was ich derzeit besuche und wo ich versuche mir mal allesgenau erklären zu lassen, was hier alles so rumliegt.Und was hier vor allem rumliegt, sind Ringe.Große Ringe, in denen sehr viel beschleunigt wird und das ist ja hier so ein bisschen,das ermöglichende Infrastruktur, die diverse Detektoren und zahlreiche Experimenteja überhaupt erst zum Leben bringt.Und um darüber mal zu quatschen, wie das so funktioniert, begrüße ich meinenGesprächspartner, nämlich den Alexander Huschauer. Hallo.
Alexander Huschauer 0:01:24
Hallo.
Tim Pritlove 0:01:25
Herzlich willkommen bei Raumzeit.
Alexander Huschauer 0:01:26
Vielen Dank, freut mich sehr hier zu sein.
Tim Pritlove 0:01:28
Du bist, wie es so schön heißt, Staff Accelerator Physicist and Engineer inCharge of the CERN Proton Synchrotron in the BEOPS Section. Das kannst du mirjetzt gleich mal aufdröseln, was das jetzt bedeutet.
Alexander Huschauer 0:01:43
Das bedeutet, dass ich im BEAMS Department arbeite. Das ist jenes Department,das eben zuständig ist für die Produktion der Strahlen am CERN.Dort in der Operations Group, also wirklich an den Beschleunigern selbst arbeiteund PS, das Protonen-Synchrotron.Wir sind in verschiedene Abteilungen aufgeteilt in der Operations Group fürdie verschiedenen Beschleuniger. Und in meinem Fall bin ich eben Engineer inCharge vom Protonen-Synchrotron.Einer der ältesten Beschleuniger, den wir hier am CERN haben,1959 in Betrieb gegangen.Schöne komplexe Maschine und eben ein Teil der Beschleunigerkette.
Tim Pritlove 0:02:19
Genau, aber du kennst ja die ganze Kette und darüber wollen wir jetzt nämlich mal ein bisschen reden.Und man sagt Kette, warum sagt man Kette, weil alles hier miteinander verbunden ist?
Alexander Huschauer 0:02:27
Alles ist miteinander verbunden. Die verschiedenen Ringe, wie du gesagt hast,sind über sogenannte Transferlinien miteinander verbunden, so dass wir von einemRing zum nächsten Ring die Teilchen schicken können.Mit der Idee dahinter, dass in jedem Ring die Energie der Teilchen immer höher und höher wird.Man hat da technologische, physikalische Limits, wie hoch man Teilchen in einemRing beschleunigen kann und deswegen braucht man wirklich so eine Kette von Beschleunigern,um dann höchste Energien, wieeben im Large Hadron Collider am Schluss der Kette, erreichen zu können.
Tim Pritlove 0:03:03
Genau, da wollen wir uns dann gleich mal auf die Reise machen und mal so einbisschen rauskriegen, was es dafür im Detail dann alles so erfordert.Jetzt will ich aber erstmal nochmal ein bisschen wissen, wie du denn hier überhauptzu der Tätigkeit gekommen bist. Seit wann betreibst du denn Wissenschaft und warum?
Alexander Huschauer 0:03:23
Ich bin jetzt seit ungefähr zwölf Jahren am CERN.Schulisch habe ich eine technische Ausbildung gemacht. Ich habe damals eineAusbildung in Mechatronik gemacht, wie es bei uns in Österreich spezielle Schulstufengibt, also im Prinzip noch vor der Universität.Ich war dann immer schon technisch begeistert und natürlich viel mit Physik,Optik, Elektronik, Mechanik in Kontakt gekommen.Und dann hat mich das Studium der Physik gereizt, Technische Physik an der UniWien, an der Technischen Uni Wien.Und dort so eigentlich im Laufe der Zeit mir gedacht, Grundlagenforschung ehernicht so meins, glaube ich werde ich nie hinkommen, es wird mich mehr eher soin die Industrie treiben dann irgendwann mal.Aber dann habe ich ein paar Vorlesungen belegt im Bereich der Teilchenphysikund später dann noch eine Vorlesung im Bereich der Beschleunigerphysik.Und das war so mein Einstieg. Mein Einstieg hier ins CERN im Prinzip,weil es ist wirklich eine coole Möglichkeit, um all diese verschiedenen,so Physik einerseits, Engineering andererseits zusammenzubringen.Und gerade im Betrieb eines Beschleunigers kommt man tagtäglich mit all diesen Dingen in Kontakt.Und das ist wirklich das, was für mich den Reiz ausmacht.Alles andere ist eine langweilige Tätigkeit. Jeden Tag unterschiedliche Herausforderungen,denen man gegenübersteht.Ja und dann habe ich damals meine Diplomarbeit hier gemacht,bin hier geblieben für ein Doktorat und bin jetzt seit 2017 angestellt Star Physicist am CERN.
Tim Pritlove 0:05:08
Im Prinzip arbeitest du ja wirklich im Kern am Betriebssystem des ZERN,könnte man sagen, weil ohne das System wäre hier kein Betrieb möglich.
Alexander Huschauer 0:05:17
Absolut.
Tim Pritlove 0:05:18
Ja, kann ich mir vorstellen. Es ist immer ganz interessant so eine Disziplinzu haben, die eigentlich dann sehr viel Überschneidung hat mit anderen Bereichen.Ja, na dann gucken wir doch mal, was hier eigentlich alles vorzufinden ist.Vielleicht blicken wir mal so von oben erstmal auf diesen ganzen Komplex.Ich hab mir irgendwann mal so eine Karte in Google Earth reingeladen,die sozusagen die ganzen Zernringe so einfach mal so in ihrer räumlichen Ausdehnung mit einblendet.Da merkt man erstmal schon, ganz schön groß alles.Insbesondere natürlich der große Ring, aber ist ja auch nicht der einzige.Was findet man sozusagen vor, wenn man jetzt diesen Bird's Eye View auf das CERN macht?
Alexander Huschauer 0:06:05
Also man findet in erster Linie verschiedene Orte. Also das CERN hat einen Hauptstandort,der im Kanton Genf liegt, in Maran.Dort sind die älteren, kleineren Beschleuniger des CERNs zu finden.Und von dort weg, die nächsten Maschinen, die sind dann doch etwas größer.Also wenn man sagt, die kleineren Maschinen haben so bis zu einer Länge von630 Metern, die sich am Campus selbst befinden.Und danach die nächsten Maschinen, 7 km oder 27 km, die sind dann schon unterder Erde gebaut und auch wesentlich dann über den Campus des Zerns hinausgehend.Und zum großen Teil eigentlich in Frankreich liegen die. Und wenn man sich soLuftlinien anschaut, wenn wir uns gerade den LHC anschauen mit seinem 27 km Umfang, von.Den Punkt, wo die Strahlen indiziert werden in die Maschine bis zum gegenüberliegendenPunkt haben wir doch acht Kilometer Luftlinie.Also das ist wirklich groß und wenn wir so zum Anfang dieser Kette gehen,dann haben wir dort eine ganz kleine Quelle.Weil was wir machen hier, einerseits beschleunigen wir Protonen,um die dann später kollidieren zu können in verschiedenen Experimenten.Andererseits machen wir das auch mit Ionen, also zum Beispiel Bleionen.Aber in der Vergangenheit auch verschiedene andere Ionen. Die müssen irgendwoerzeugt werden, diese Teilchen, bevor man sie überhaupt mal in einen Beschleuniger senden kann.Und dann ist es eben wichtig, dass man Schritt für Schritt die Energie dieserTeilchen erhöht, um am Schluss die Energien, die die Experimente verlangen, produzieren zu können.Und warum brauchen wir da überhaupt hohe Energien? Das ist einerseits,ist die Energiedichte wichtig. Was wir machen, sind Kollisionen.Wir schießen Protonen auf Protonen, wir kollidieren.Und die Energie, die diese Protonenstrahlen haben, die können über die Energieist gleich Masse, Lichtgeschwindigkeit zum Quadratformel umgewandelt werden.Also Energie kann in Masse umgewandelt werden, sprich aus der Energie der Strahlenkönnen wir neue Teilchen erzeugen und diese neuen Teilchen können dann einfachvon den Experimenten detektiert, untersucht, charakterisiert werden.Und andererseits, wenn wir vielleicht das Band ein bisschen zur Kosmologie,Astronomie spannen, da verwenden wir Teleskope, um in den Weltraum hineinzuschauen,um sich große Strukturen anzuschauen, Galaxien, Sterne dergleichen.Was wir machen hier ist genau das andere Ende der Größenordnung.Wir untersuchen die kleinsten Details der Materie.Und wie kommt man dorthin? Mit einem Mikroskop, mit optischem Licht,kann man sich bestimmte Teile sehr schön vergrößern. Irgendwann kommt man ans Limit.Das hängt einfach von der Wellenlänge des Lichts ab.Wenn man jetzt immer höher und höher auflösen, also in die Materie hineinschauenmöchte, braucht man im Prinzip immer kleinere und kleinere Wellenlängen.Die Wellenlänge ist indirekt proportional zur Energie. Das heißt,ich brauche extrem hohe Energien, um geringe Wellenlängen zu erzeugen und danneinfach diese kleinsten Details der Materie auflösen zu können.Und so gehen wir dann mit den Beschleunigern, die im Endeffekt nichts anderesals ein super Mikroskop sind,gehen wir wirklich hinein in den Atomkern, in die Bestandteile,die Protonen, Neutronen, die Quarks und all die Teilchen, die man dann nocherzeugen kann in Kollisionen.
Tim Pritlove 0:09:29
Ich fand es interessant, dass du von dem Ring als Maschine gesprochen hast,weil das muss man sich halt auch klar machen.Man denkt halt erstmal so, ja Beschleunigerring, da ist halt so ein Tunnel, da fliegt das rum.Das machen ja die Teilchen jetzt nicht von alleine, sondern im Prinzip sprechenwir wirklich von einer 27 Kilometer langen Maschine,die also wirklich über die gesamte Strecke in irgendeiner Form Technik bereithält,um letzten Endes das durchzuführen.Also wir haben es mit einem Megamaschinenpark zu tun, der sich räumlich extremausdehnt, um eben am Ende Kollisionen messen zu können.Die anderen Sendungen, die ich hier mache, werden sich also im Detail den einzelnenDetektoren widmen, der ja hier mehrerlei installiert sind. Alice, Atlas, CMS und das LACB.Nebst, da kommen wir vielleicht auch noch gleich drauf, vielen kleineren Experimenten,die ja auch noch mit dabei sind.Aber alle haben eigentlich denselben Bedarf. brauchen eben diese beschleunigten,hochenergetischen Teile, egal welcher Teil eines Atoms das jetzt sozusagen ist.Also nur die Protonen und die ganze Atomkerne etc.Ja, wo fangen wir an? Also es muss ja erst mal, das was man schießt,muss ja auch erst mal da sein.
Alexander Huschauer 0:10:59
Dafür braucht man eine Quelle.
Tim Pritlove 0:11:00
Da geht's los. Man braucht eine Quelle. Das ist hier so der Fachbegriff.
Alexander Huschauer 0:11:03
Das ist genau Source auf Englisch. Und in unserem Fall ist es so,dass um diese Protonen zu erzeugen, beginnen wir mit Wasserstoff.Sprich am Anfang der Quelle ist eine Wasserstoffquelle oder eine Wasserstoffflasche im Prinzip.
Tim Pritlove 0:11:19
Warum Wasserstoff?
Alexander Huschauer 0:11:20
Weil Wasserstoff aus Protonen und Elektronen besteht und wir wollen dieses Protonhaben, das da in Neutronen kennt. Alles besteht ja aus Elektronen.Natürlich, aber es ist relativ einfach, dieses Elektron zu entfernen und dannnur mit diesem Proton überzubleiben.Auch Wasserstoff ist natürlich weiter verfügbar, ist sehr leicht zu bekommen,herzustellen und als Grundstoff im Prinzip zu verwenden.Dieses Gas wird eingelassen in diese Quelle. In dieser Quelle wird das Gas dann erhitzt,und mit einem Magnetfeld, eigentlich mit einem wechselnden Magnetfeld,das dazu führt, dass sich die Teilchen in diesem Gas immer schneller und schnellerbewegen, dass das Gas ionisiert wird, sprich, dass die Teilchen auch,dass die Elektronen sich loslösen von dem Proton und dass man im Endeffekt ein Plasma erzeugt.Also einen Zustand, wo ionisierte Teilchen herumflitzen, wenn man so möchte.Und in dem ersten Teil unserer Kette ist es aber so, dass wir gar noch nichtdas Proton verwenden, sondern ein negativ geladenes Wasserstoffatom.Sprich, wir Wir fügen im Prinzip dem Wasserstoff einmal in erster Linie noch ein Elektron hinzu.Und dann wird dieser negativ geladene Wasserstoff aus der Quelle mit Elektrodenrausbeschleunigt, rausgezogen, rausgesaugt im Prinzip.Und danach, nach dieser Quelle, das sind wirklich die ersten zwei Meter derBeschleunigeranlage, geht es in einen Linearbeschleuniger.Und dieser Linearbeschleuniger ist die effizienteste Möglichkeit,um Teilchen möglichst schnell einerseits zu fokussieren, weil man muss sichvorstellen, wenn die Teilchen aus der Quelle herauskommen, haben die auch Winkelverteilungen.Das heißt, die haben eigentlich die Tendenz, in alle Richtungen gestreut zuwerden. Jetzt möchte man die transversal, also horizontal und vertikal,möglichst fokussieren, aber gleichzeitig sie nach vorne beschleunigen,also ihnen mehr Energie geben.Und das passiert in erster Linie in einem sogenannten RFQ, Radio Frequency Quadrupole.Radio Hochfrequenter Quadrupole.Da kann man vielleicht noch dazu sagen, dass ein Beschleuniger so Grundbausteine hat.Und wenn man sich jetzt so einen Linearbeschleuniger anschaut,hat er eben als einen Grundbaustein die Hochfrequenz-Elemente,Hochfrequenz-Kavitäten, wie wir sagen, die dazu dienen mittels elektrischenFeldern, Energie an die Teilchen zu übergeben und sie zu beschleunigen.Und andererseits gibt es Quadrupole, die sind magnetischer Natur,das heißt wir haben ein magnetisches Quadrupolfeld, das dazu dient die Teilchenzu fokussieren, horizontal und Transfersaal dafür zu sorgen, dass die eben nicht...Auseinanderlaufen und im Endeffekt verloren gehen.
Tim Pritlove 0:14:09
Die werden sozusagen durch Magnetfelder so eingerahmt und in Spur gesetzt.
Alexander Huschauer 0:14:14
Alles passiert natürlich in einer Vakuumkammer, weil wir möglichst wenig Kollisionenmit dem Restgas haben möchten, um die Anzahl der Teilchen relativ hoch zu halten.Dementsprechend bewegen sich die Teilchen in einer Vakuumkammer und außen herumsind eben diese magnetischen Felder und teilweise gibt es dann Öffnungen inden Vakuumkammern, wo eben diese elektrischen Felder wirken und die Teilchen beschleunigen können.
Tim Pritlove 0:14:38
Ich hab jetzt noch nicht so ganz verstanden, warum man jetzt erstmal noch einenElektron hinzufügt und dann aus dieser Quelle diese, wie nennt man das dann,wenn das Proton mit zwei Elektronen versorgt ist?
Alexander Huschauer 0:14:50
Das negativ geladene Wasserstoffatom.
Tim Pritlove 0:14:52
Das negativ geladene Wasserstoffatom. Das ist ja eigentlich nicht das,was wir auf die Reise schicken wollen. Warum wird denn das rausgezogen? Noch nicht.
Alexander Huschauer 0:14:58
Wir hatten auch bis 2018 haben wir rein Protonen beschleunigt und zwischen 2019und 2020 gab es hier ein Upgrade-Programm,wo viele der Beschleuniger in ihrer Leistungsfähigkeit verbessert wurden undeiner der Schritte war eben diesen neuen Linak, diesen neuen Linearbeschleunigerzu installieren, der H-, negativgeladene Wasserstoffatome, beschleunigt.Und das ist dazu da, dass man dann eigentlich in der nächsten Maschine,der erste Ringbeschleuniger ist, die Teilchendichte erhöhen kann und somit einegrößere Anzahl von Teilchen in einer kleineren Fläche zusammenpacken kann.Weil das ist das, was im Endeffekt bei Experimenten wie beim LHC zählt.Es ist, dass man möglichst viele Kollisionen zusammenbekommt.Und wie bekommt man mehr und mehr Kollisionen zusammen? indem man einerseitsdie Anzahl der Teilchen erhöht oder andererseits die Strahldimensionen verkleinert,damit, wenn man sie aufeinander schießt, möglichst viele Teilchen miteinander kollidieren.Das heißt wir gehen dann durch diesen Linak, wo Stück für Stück die Energieder Teilchen erhöht wird mit verschiedenen Kavitäten,verschiedenen Arten von Kavitäten und am Ende der Quelle haben wir zum Beispiel45 Kiloelektronenvolt an Energie.Das heißt, die Quelle hat 45 Kilowolt und wenn die Ladung da durchgeht,dann spricht man davon, dass die Teilchen auf 45 Kiloelektronenvolt beschleunigt wurden.Im Prinzip, wenn man sich eine Batterie hernimmt mit einem Volt,ein Teilchen, das von einem Volt beschleunigt wird, hätte am Ende einen Elektronenvolt.Und das sind diese Energieskalen, die wir am CERN verwenden,um unsere Beschleuniger zu definieren.Welche Größenordnungen von Energien, die im Prinzip den Teilchen geben können.Jetzt sind wir am Ende dieses Linux, sind wir von den 45 kEV am Beginn zu 160Megaelektronenvolt, 160 MeV gekommen.Und dann gehen wir in die erste Transferlinie.
Tim Pritlove 0:17:05
Warte mal kurz. Das Beschleunigen mit diesen Hohlräumen, diesen Kavitäten,was genau beschleunigt denn jetzt diese Elemente?Also was führt dazu, dass sie schneller unterwegs sind? Weil da muss ja irgendwieEnergie übertragen werden und nur so ein Magnetfelder nebenhalten allein reichtja nicht. Das ist zum Ablenken vielleicht ganz gut und zum Ausrichten,aber da wird man ja noch nicht automatisch schneller von.
Alexander Huschauer 0:17:30
Da wird man überhaupt nicht schneller davon, ganz genau. Deswegen braucht man elektrische Felder.Mit Magnetfeldern können wir die Teilchen manipulieren. Wir können sie ebenfokussieren oder auch auf Kreisbahnen lenken.Aber dann brauchen wir elektrische Felder, um wirklich die Energie der Teilchen erhöhen zu können.Sprich, man muss sich das so vorstellen, dass wir oszillierende elektrischeFelder haben Und die Teilchen im Prinzip.Angesorgt werden von diesem elektrischen Feld, wenn es die richtige Polaritäthat, je nachdem welche Ladung.Sprich, wir haben einen negativ geladenen Wasserstoff, der wird von einem positivenelektrischen Feld angezogen.Danach wird das umgepolt, sodass das Feld negativ wird, wenn das geladene Teilchenvorbei ist und dann wieder abgestoßen wird.Und so müssen wir schön synchronisiert Stück für Stück entlang des Beschleunigers dafür sorgen,dass diese Polaritäten der Felder immer so sind, dass wir im Endeffekt einekontinuierliche Beschleunigung entlang der Maschine erhalten.
Tim Pritlove 0:18:34
Also im Prinzip wie bei einer Schaukel, wo man dann auch im richtigen Momentsein Gewicht so verlagert,dass man dann immer genau schiebt, wenn man es braucht und sich nach vorne verlegtzurück und dadurch quasi die eigene Bewegungsenergie, Also wenn man sie richtigtimet, auf die Schaukel überträgt und dann schaukelt es immer schneller.
Alexander Huschauer 0:18:56
Ganz genau und wenn man sie falsch timet, dann bleibt das Teilchen stehen.
Tim Pritlove 0:18:58
Okay, verstehe. Und das machen diese Hohlraum- Hochfrequenz-Kavitäten.Hochfrequenz-Kavitäten.
Alexander Huschauer 0:19:06
Weil sie eben mit sehr hohen Frequenzen arbeiten. In dem LIMNAC zum Beispielmit 350 Megahertz oszilliert dieses elektrische Feld dann.
Tim Pritlove 0:19:16
Aber wie synchronisiert sich denn dann dieses elektrische Feld?Da muss man ja quasi sehr genau wissen wie schnell das Teilchen schon ist.Muss man das messen oder ergibt sich das?
Alexander Huschauer 0:19:27
Im Linac ist das ein Teil des Designs der Maschine.Man muss sagen im Prinzip gibt es da einen sogenannten Driftube Linac.Das heißt, die Teilchen fliegen durch kleine Röhrchen, in denen sie abgeschirmtwerden von dem elektrischen Feld. Und währenddem sie abgeschirmt werden, wird das Feld umgepolt.So, dass wenn das Teilchen am Ende dieser Röhre herauskommt,es genau wieder beschleunigt wird, weil das Feld die richtige Polarität hat.Dann gibt es aber jetzt nicht nur eine so eine Röhre in so einem Linearbeschleuniger, es gibt viele.Und die Teilchen werden schneller und schneller und schneller.Die Frequenz dieses elektrischen Felds bleibt aber konstant.Dementsprechend müssen diese Röhren, in denen die Teilchen abgeschirmt werden,auch immer länger und länger werden. Also im Inneren so eines Drift-Tube-Linux.Und ja, so ist das eine Anordnung von verschiedenen Röhren, wo dazwischen dannBeschleunigung stattfindet in einem Linearbeschleuniger, in einem Kreisbeschleunigersieht das Ganze wieder ein bisschen anders aus.
Tim Pritlove 0:20:31
Okay, aber der Linearbeschleuniger ist jetzt sozusagen erstmal dafür da,die Source erstmal anzuzapfen, überhaupt erstmal die Teilchen,die man haben will, die man beschleunigen möchte, rauszunehmen und dann ebenüber diese Methodik erstmal auf so eine Grundgeschwindigkeit zu bringen und nicht nur das,sondern auch gerade auszurichten, dass sie einfach eine klare Richtung habenund das sowohl in horizontaler, als auch in vertikaler Sicht.Also man weiß, wo man hinschießt und man weiß, wie schnell man schießt und woder Strahl sich befindet und dann kann es eigentlich erst so richtig losgehen.
Alexander Huschauer 0:21:05
Und man weiß auch, welche Größe der Strahl hat. Das ist wesentlich nachher fürdie Experimente und welche Energie. Also das natürlich geht mit der Geschwindigkeit einigermaßen.
Tim Pritlove 0:21:11
Aber nicht alle Detektoren schreienja jetzt nach Wasserstoffatomen oder beziehungsweise nach Protonen.
Alexander Huschauer 0:21:20
Aber der Großteil, sagen wir mal, also wir haben eben den Großteil des Jahresam CERN machen wir Protonenphysik.Wir machen meistens am Ende des Jahres, haben wir einen Monat Ionenphysik,wo wir dann Bleionen verwenden. Aber den Rest des Jahres machen wir eigentlich immer Protonenphysik.Natürlich ist es dann so, dass die Experimente selbst nicht unbedingt die Protonenbrauchen, aber aus den Protonen werden eventuelle Sekundärteilchen erzeugt,die dann wirklich von den Experimenten verwendet werden.
Tim Pritlove 0:21:48
Und das Blei, wo kommt das her?
Alexander Huschauer 0:21:50
Das kommt aus einer anderen Quelle. Also im Prinzip gibt es diese Wasserstoffquelle,es gibt eine Bleiquelle mit einem anderen Linak.Dort funktioniert das ein bisschen anders, da gibt es so ein kleines Stück 10Gramm schwerer Blei, das aufgeheizt wird, wo dann diese Bleiatome eben in eine Kammer hineinkommen.Dort auch wird wieder ein Plasma angeregt, in dem man mit Mikrowellen die ganze Struktur anregt.Die Teilchen dazu führen, dass sie ionisiert werden und dort werden die dannaus einer Quelle genauso herausgesaugt und in einen anderen Linang,der ein bisschen anders funktioniert, aber vom Prinzip her das gleiche ist,Teilchen beschleunigen, Strahlgröße definieren, vorbereitet.
Tim Pritlove 0:22:32
Also man macht sich quasi durch Hitze so eine Art Bleigas und dann geht es wenig weiter.
Alexander Huschauer 0:22:37
Absolut, genau. Und am Ende dieser Linearbeschleuniger gibt es dann eine Transferlinie,die jeweils zu dem ersten Ringbeschleuniger die Teilchen bringt.Und wenn wir zurück in zu der Protonenkette, dann ist nach dem LINAK 4,der eben unser erster Beschleuniger ist, der diesen Wasserstoff beschleunigt.
Tim Pritlove 0:22:56
Wenn er der erste ist, warum heißt er dann 4?
Alexander Huschauer 0:22:57
Ja, weil es davor 1, 2 gab. 3 ist der für die Ionen und 4 ist der neue,der jetzt eben 2019 quasi in Betrieb genommen wurde.
Tim Pritlove 0:23:07
Also die die neueste Version.
Alexander Huschauer 0:23:10
Und dann gehen wir hinein in den Booster, den Proton-Synchrotron-Booster,der die erste kreisförmige Maschine ist.Unsere Kreisbeschleuniger, die nennen wir Synchrotron. Da sage ich dann auchnochmal dazu vielleicht warum genau. Also gehen wir zu den Bestandteilen,die wir brauchen. Beim LINAC hatten wir jetzt schon die Hochfrequenz-Kavitätenund Quadrupole zum Fokussieren.Ein wesentlicher Bestandteil für einen Ringbeschleuniger fehlt uns jetzt noch,das sind die Dipolmagnete.Dipolmagnete haben ein konstantes magnetisches Feld und geladene Teilchen ineinem Dipolmagnet werden auf eine Kreisbahn gelenkt.Und das ist eben das, was es uns ermöglicht, die Teilchen im Kreis zu senden,in sogenannten Synchrotrons, in diesen Kreisbeschleunigern.Und mit diesen Quadrupolmagneten kommt es auch in diesen Maschinen zur transversalenFokussierung und dann gibt es eben noch genauso Hochfrequenz-Kavitäten in denMaschinen, die auch dort dazu führen, dass die Teilchen beschleunigt werden.Es ist ein großer Unterschied aber zum LINAK, weil beim LINAK gehen diese Teilchendurch zum Beispiel beim LINAK 4 86 Meter einmal durch.Die werden einfach einmal beschleunigt und dann ist die Beschleunigung dort erledigt.Bei dem Kreisbeschleuniger nützt man jetzt aus, dass man wesentlich kleinereelektrische Spannungen hat, kleinere Beschleunigung bekommt,aber dafür eben oftmals im Kreis geht. Und jedes Mal, wenn das Teilchen vorbeikommt,wenn es im Kreis geht, wird es mehr und mehr und mehr beschleunigt.Wenn es jetzt mehr beschleunigt wird, sagen wir auch, dass es im Prinzip morerigid wird, rigider, und Es lässt sich.Also die Ablenkung in einem gleichbleibenden Magnetfeld wird immer weniger und weniger.Um ein Teilchen, das immer höhere und höhere Energie bekommt,weiterhin auf einer gleichen Kreisbahn halten zu können,muss man auch das Magnetfeld der Dipole nach oben fahren, so damit eben derKreisbeschleuniger hat eben eine Vakuumkammer und die Teilchen müssen idealerweiseim Zentrum dieser Vakuumkammer bleiben.Wenn sie davon zu weit ausgelenkt werden, dann werden sie irgendwann die Kammertreffen und dann sind sie weg.Und deswegen heißen die Maschinen Synchrotron, weil synchron mit der Beschleunigungmuss man das Magnetfeld der Dipole und im weiteren Sinne auch der Quadropoleerhöhen, damit man die Teilchen auf der gleichen Kreisbahn halten kann.
Tim Pritlove 0:25:30
Und die erhöht man, indem man da mehr Strom reinsteckt?
Alexander Huschauer 0:25:34
Für die Magnete, ganz genau. Konventionelle Magnete, Eisenmagnete,die wir hier verwenden, die gehen so bis 1,2 Tesla Magnetfeld hinauf.Das sind normal leitende dann.Und wenn man dann an den LAC schaut, dann verwenden wir dort eben supraleitendeMagnete, wo wir 8,3 Tesla Magnetfelder erzeugen können, die mit konventionellenEisenmagneten nicht mehr erreichbar sind.
Tim Pritlove 0:26:02
Also das mit dem Ring ist ja eigentlich eine ganz pfiffige Nummer,weil sonst müsste man es ja quasi einmal um die Erde schicken,wäre auch ganz schön, wäre ein echt toller Ring, aber kriegt man irgendwie nicht so richtig gebaut.Heißt aber auch, wenn man es einmal in den Ring reinschickt,dann möchte man es ja auch irgendwann aus dem Ring wieder rauskriegen,da gibt es ja dann sozusagen eine Kreuzung, da muss ja dann irgendwo auch maleine Weiche gestellt werden und vor allem, vielleicht kannst du uns auch gleichmal so ein Gefühl für die Zeit geben, in der sich das jetzt alles abspielt.Also klar das Teilchen kommt aus dem Linearbeschleuniger, das macht halt zack,dann ist es halt irgendwie schon in diesem Synchrotron.Wie lange dauert das jetzt bis man das auf die gewünschte erste Zwischengeschwindigkeit bekommt?Ist das dann auch nur zack und dann war's oder reden wir von Sekunden?
Alexander Huschauer 0:27:00
Sekunden, Sekunden in dem Fall. Also wir sprechen da immer von einer sogenanntenBasic Period, das ist so quasi der Herzschlag aller unserer Beschleuniger, das ist 1,2 Sekunden.Alle 1,2 Sekunden kann unser erster Beschleuniger, erster Synchrotron der Boostereben Strahl liefern an entweder eins der Experimente, das direkt an dem Boosterdran hängt oder an die nächsten Beschleuniger in der Kette.Und innerhalb dieser 1,2 Sekunden passiert jetzt eben, dass der LINAC injiziert.Danach werden die Teilchen beschleunigt, also das Magnetfeld im Booster wirdnach oben gefahren, bis wir von der Injektionsenergie von 160 MeV auf 2 GeV kommen.An diesem Punkt würden dann die Strahlen aus der Maschine extrahiert werden,zu der nächsten Maschine zum Beispiel. Und danach muss natürlich das Magnetfeldauch wieder runtergefahren werden, damit man bereit ist für die nächste Injektion.Und das nennen wir einen magnetischen Zyklus.Injektion, Extraktion, wieder runterfahren, vorbereiten für die nächste Injektion.Und das passiert eben alle 1,2 Sekunden.Und die Beschleuniger, die dann dahinter stehen, Die können,die Länge des magnetischen Zyklus kann im Prinzip ein Vielfaches dieser 1,2 Sekunden sein.
Tim Pritlove 0:28:21
Die Rausführung ist dann sozusagen am Ende auch nur ein anders geschalteterMagnet, der dann sozusagen das Teilchen nicht weiter in dieser Kreisbahn hält,sondern einfach frei schießen lässt und dann schießt es einfach gerade rauf.
Alexander Huschauer 0:28:33
Wir nennen diese Elemente Kicker. Die kicken den Beam aus der Maschine raus.Die sind im Prinzip schnelle Magnete, weil diese Dipole, die wir im Ring haben,diese Hauptdipole, die ändern ihr Magnetfeld relativ langsam, über Millisekunden.Also im Bereich von Millisekunden ändert man das Feld um, wir sprechen da vonGauss, 10 hoch minus 4 Tesla.Und dann sind das 10-20 Gauss, die sich da in der Millisekunde ändern.Um den Strahl jetzt aber aus der Maschine zu extrahieren, wir sprechen da vonUmlaufzeiten, die im Mikrosekundenbereich sind. Das heißt viel schneller.Deswegen braucht man schnell gepulste Magnete, eben diese Kicker,die so ein, zwei Mikrosekunden lang ein Magnetfeld aufbauen und den Strahl wirklichdann rauskicken, durch ein sogenanntes Septum.Also im Ring selbst befindet sich so ein Kicker und dann geht der Strahl durchein Septum durch, das wiederum nichts anderes als ein Magnet ist,das dazu führt, dass der Strahl dann ausgelenkt wird in die Transferlinie.
Tim Pritlove 0:29:42
Okay, ich hätte jetzt vielleicht als erstes erstmal erwartet,dass man einfach einen dieser Magneten, die das im Ring halten,einfach ausschaltet und dann schießt das gerade aus, aber das ist nicht so,weil die halt eben langsam sind und insofern dafür geeignet sind.Das heißt man hat noch so einen zwischengeschalteten Kickermagneten,der das daher einfach rausboxt.
Alexander Huschauer 0:29:59
Genau, es gibt viele zusätzliche Magnete in einem Beschleuniger.Es gibt immer die Hauptdipole, es gibt die Hauptquadrupole, die eben für dietransversale Fokussierung da sind.Es gibt die Hochfrequenzkapitäten, es gibt diese Kicker, es gibt die Scepter,das sind eben diese Elemente zum Extrahieren direkt.Es gibt Messinstrumente, man möchte wissen,wie viel Intensität, wie viele Teilchen laufen um in meinem Ring,welche Größe haben die, sprich ich kann die transversale Größe messen und vieleandere Elemente. Es gibt Positionen.
Tim Pritlove 0:30:36
Wie viel ist da drin?
Alexander Huschauer 0:30:39
Mit einer Spule im Prinzip, die rundherum gewickelt ist, um deine Vakuumkammer.
Tim Pritlove 0:30:44
Achso, weil das Teilchen da durchfliegt, dann erzeugt es natürlich einen Strom.
Alexander Huschauer 0:30:47
Genau, das nennen wir Beam Current Transformer. Also da wird einfach ein Strominduziert, der der Anzahl der Teilchen proportional ist.Und genauso kann man transversal die Größe messen des Strahls.Das machen wir mit einem Draht, der durch den Strahl durchgeht,sogenannter Wire Scanner.Das heißt, der wird von links nach rechts oder oben nach unten durch den Strahl durchbewegt.Dieser Draht ist eigentlich so ein Kohlenstoffdraht, die Teilchen kollidierenmit diesem Kohlenstoffdraht.Wird dann dazu geführt, dass Sekundärteilchen erzeugt werden.Die werden von einem Sintellator gemessen, das wird verstärkt und das Signalist dann proportional zur Größe deines Strahls. Und du kannst sagen,okay, dieser Strahl in den kleineren Maschinen ist vielleicht einen Zentimeter groß.Im LHC, wenn es dann wirklich sehr klein wird, dann ist er halt ein paar hundert Mikrometer groß.
Tim Pritlove 0:31:44
Eben Durchmesser?
Alexander Huschauer 0:31:48
Genau. Das ist nämlich auch ein wesentlicher Punkt. Je höher die Energie ist,umso kleiner werden die Dimensionen der Teilchen.Dementsprechend hat man auch bei den ersten Beschleunigern Vakuumkammern,die extrem groß sind, weil diese Strahlen halt noch sehr divergent sind.Und da reden wir von ein paar Zentimetern.Dies können schon mal so sein, so 15 Zentimeter in der horizontalen Richtungund 7, 8 Zentimeter in der vertikalen Richtung.Während dann im LHC die Kammer halt wesentlich kleiner ist und hat dann nureinen Durchmesser von so 4 Zentimetern ungefähr.
Tim Pritlove 0:32:27
Aber nicht die Teilchen selber sind kleiner, sondern der Strahl in dem sie gebündelt sind ist kleiner.
Alexander Huschauer 0:32:32
Also im Prinzip der Leerraum zwischen den Teilchen verschwindet.
Tim Pritlove 0:32:36
Ok, verstehe.Ok, also wir haben jetzt die Quelle gehabt, wir haben die lineare Beschleunigunggehabt, dort ging es ins Synchrotron rein, dann hat man 1,2 Sekunden Zeit dasmal ordentlich in Rotation zu bringen.Das wird mit diesen langsamen Magneten, also verhältnismäßig langsamen Magnetengemacht und dann mit dem Kicker werden sie raus aus ihrer Flugbahn ein wenig abgelenkt,um dann von diesem Septum Element, was macht denn das überhaupt?
Alexander Huschauer 0:33:14
Ist wieder im Prinzip ein Dipole, ein schnell gepulster Genuss.
Tim Pritlove 0:33:17
Also nochmal ein Magnet.
Alexander Huschauer 0:33:18
Nochmal ein Magnet.
Tim Pritlove 0:33:19
Aber reicht der Kicker alleine nicht schon? Ich meine, wenn er kickt,dann fliegt das doch schon woanders hin. Wozu braucht man dann noch einen?
Alexander Huschauer 0:33:24
Dann fliegt es woanders hin, aber man muss in der Maschine, muss man sich vorstellen,aus dem einerseits den zirkulierenden Strahl hat.Und dann hat man den extrahierten Strahl. Wenn dieses Septum jetzt im Zentrumder Maschine sein würde, würde dort der zirkulierende Strahl sich bewegen undder Strahl würde im Prinzip jedes Mal aus der Maschine ausgelenkt werden.Aus dem Grund ist dieser Septum-Magnet mit einigem Abstand zum Zentrum der Maschine,also ein paar Zentimeter außerhalb, installiert.Dann verwendet man den Kicker, dass der Beam von der zentralen,idealen Orbit eben ausgelenkt wirdund dann in die Öffnung von diesem Septum hineingetroffen wird und nur dortsieht der Strahl dann wirklich das Magnetfeld von dem Septum,so dass der zirkulierende Strahl während dieser ganzen 1,2 Sekunden nie vondiesem Feld, das in dem Septum wirkt, beeinflusst wird.Und erst dann, wenn der Strahl zu hohen Amplituden gekickt wurde,dann sieht der Strahl dort das Magnetfeld, wird ausgelenkt und dann geht esweiter in der Transferlinie.
Tim Pritlove 0:34:23
Okay, also weiter in der Transferlinie.Was folgt denn auf dieses Synchrotron? Gibt es da nur eins von oder hat jederLinearbeschleuniger sein eigenes?
Alexander Huschauer 0:34:36
Da gibt es ein paar. Das ist eben die Beschleunigerkette. Es gibt einen Linearbeschleuniger,dann gehen wir in einen Proton-Synchrotron-Booster, von dort gehen wir in dasProtonen-Synchrotron, dann in das Super-Protonen-Synchrotron und dann in den LAC.
Tim Pritlove 0:34:49
Okay, also es gibt im Prinzip eine Kaskade von mehr oder weniger ähnlich aufgebautenDingern, die aber unterschiedliche Größen, andere Magnete, andere Dimensionierungenhaben und dabei immer wieder die Energie weiter steigern.
Alexander Huschauer 0:35:01
Genau, so Pi mal Dormen ist so ein Faktor 10 Energieerhöhung pro Maschine möglich.
Tim Pritlove 0:35:08
Okay, wie groß sind diese einzelnen Synchrotrone dann so im Durchmesser?
Alexander Huschauer 0:35:16
Also der Booster hat einen Radius von 25 Metern mit einer Länge von 157 Metern,der PS 628 Meter Länge, SPS 7 Kilometer und LAC dann 27 Kilometer Länge.Und zum Beispiel, wenn man sich den PS hernimmt mit einem Radius von 100 Meternund den Proton-Synchrotron-Booster mit einem Radius von 25 Metern,da sieht man genau da, dass da eben ein Faktor 4 dazwischen ist,weil in den Anfängen des ZERNs gab es den LINAK, der direkt in den PS injiziert hatte.Und zwischen dann irgendwann in den 70er Jahren, um die Energie zu boosten,wurde der Booster dazwischen geschaltet.Und der hat dann eben dazu geführt, dass die Strahlen, die in den PS injiziertwerden, höhere Energie haben, als sie ursprünglich vom Linnak hatten.Und das erlaubt einem höhere Strahldichten zu erzeugen, also mehr Teilchen inkleinerer Fläche, um dann effizientere Experimente durchführen zu können.
Tim Pritlove 0:36:25
So, das waren jetzt vier Synchrotrone, die wir aufgezählt haben.
Alexander Huschauer 0:36:29
Ganz genau.
Tim Pritlove 0:36:31
Aber der Booster gehört jetzt nicht dazu?
Alexander Huschauer 0:36:32
Doch, doch. Booster, PS, SPS und LAC.
Tim Pritlove 0:36:37
Okay, Booster, PS, SPS, LRC. Jetzt kriegst du langsam auf die Kette hier imwahrsten Sinne des Wortes.Und es folgt auch nur noch Synchrotron auf Synchrotron, also die Verbindungist sozusagen dann unmittelbar.Vom Booster fliegt es auch direkt in den nächsten Ring rein.
Alexander Huschauer 0:36:57
Jeder dieser Beschleuniger hat zusätzlich seine experimentelle Zone,Experimental Area nennen wir das, wo genauso Physikexperimente durchgeführt werden.Also einerseits kann der Strahl zur nächsten Maschine kommen,andererseits kann der Strahl zu diesen Experimenten direkt ausgelenkt werden.
Tim Pritlove 0:37:16
Für Experimente, die jetzt nicht so viel Energie brauchen.
Alexander Huschauer 0:37:18
Ganz genau, ganz genau. Gibt es verschiedenste. Eben je nach Energiebedarf sindsie dann an einem anderen Beschleuniger angesiedelt Und die nennt man FixedTarget Experimente, sprich man schießt den Strahl auf ein feststehendes Ziel,ein Metallblock in der Regel, und dahinter werden sekundäre Strahlen erzeugt.Und je nachdem welches Experiment dort angeordnet ist, filtert es dann die Sekundärteilchen aus, Die,benützt werden für das jeweilige Experiment und macht dann damit weitere Untersuchungenoder der Strahl geht eben weiter zum nächsten Beschleuniger,wo einfach die Energie erhöht wird und dann geht es weiter zum nächsten odereben zu der anderen Experimental Area.
Tim Pritlove 0:37:56
Das kann man sozusagen je nach Experimentbedarf entsprechend timen,dass man weiß so hier jetzt muss man da was machen und jetzt brauchen wir es in dem großen,Es ist nicht so, dass nur eine dieser Konstellationen gleichzeitig funktionieren kann,sondern die werden sozusagen die ganze Zeit alle parallel bedient,dass es mehr oder weniger gleichzeitig, nebenläufig funktionieren kann.
Alexander Huschauer 0:38:21
Ganz genau, das ist relativ flexibel. Also wir haben diese 1,2 Sekunden,in denen der Boosterstrahl produzieren kann,dann geht der Strahl zum Beispiel zum PS weiter und kann dort innerhalb von1,2 Sekunden wiederum extrahiert werden, ausgelenkt zu einem der Experimente.Zum Beispiel gibt es EntOF, Neutron Time of Flight, wo Neutronenphysik gemacht wird.Oder, es ist nicht immer im PS dann 1,2 Sekunden, manchmal muss man auch umdie Energie weiter zu erhöhen, 2,4 Sekunden oder 3,6 Sekunden machen.Also diese Basic Period von 1,2 Sekunden einfach zusammenpacken in längere magnetische Zyklen.Und dann kann man Strahl weiter senden zum Beispiel zu unserer Antimaterie Maschine,dem Antiproton Decelerator oder zum Superprotonen Synchrotron,wo dann im weiteren die Strahlen zum LAC.Für den LHC produziert werden, aber das geht eben relativ flexibel.Also einmal gibt es einen Strahl für ENTOF, einmal gibt es einen Strahl fürAD, einmal gibt es einen Strahl zum SPS.Danach hat wieder nur der Booster Strahl und schickt das zu seiner Facility,die ist die Isolde Facility, wo Isotope und exotische Atomkerne untersucht werden.Und das ist relativ flexibel und all das wird immer und wieder abgespielt ineiner Konstellation, die wir Super Cycle nennen.Also man hat zum Beispiel eine Programmierung von 20 verschiedenen magnetischen Zyklen,die werden abgespeichert, da gibt es das Haupt-Timing-System,das ist dafür zuständig, dass all diese Dinge eben der Reihe nach abgespieltwerden und nach 30 Sekunden beginnt es wieder vom Neuen und die gleichen Userbekommen wiederum ihren Strahl.Das heißt, was bei uns wichtig ist, ist dann der sogenannte Duty-Cycle,wie viel Strahl bekommt welches Experiment zu welchem Zeitpunkt.Und das ist halt ein bisschen ein Verhandlungsgeschick im Hintergrund und dagibt es natürlich gibt es da vom CERN Council dann auch Prioritäten,welche Experimente sollten wie viel Strahlzeit bekommen über das Jahr verteilt.Dann gibt es den Physikkoordinator, der sich dafür dann einsetzt,dass die Interessen der Experimente richtig vertreten werden.Und gemeinsam mit der Operation entwickelt man dann eben so ein Schema,wie man diesen Beschleunigerkomplex betreibt, sodass im Endeffekt jeder glücklich wird.
Tim Pritlove 0:40:51
Also vergleichbar mit so der Zuteilung von Beobachtungszeit auf Weltraumteleskopen,wo sich ja auch mal alle boxen, wer denn jetzt mal wann wohin gucken kann.Aber das lässt sich ja hier ganz gut aufteilen zumindest. Aber irgendwann istnatürlich dann auch jeder Strahl vergeben und dann geht's los das Geboxe.
Alexander Huschauer 0:41:10
Stimmt ja.
Tim Pritlove 0:41:12
Was sind denn exotische Atomkerne?Gibt es welche, die so ein bisschen aus der Mode gekommen sind oder die nichtso oft angeschaut werden?
Alexander Huschauer 0:41:23
Ja vor allem die sehr kurzlebig sind. Das sind dann Teilchen,die wirklich unter Lava-Bedingungen erzeugt werden, die dann sehr kurzlebigsind, oft sehr schwer sind und dann gibt es eben die Isolde-Facility,die sich damit genauer dann beschäftigt und ansieht, wie sich diese Teilchen verhalten.
Tim Pritlove 0:41:46
Diese vier Synchrotrone sind ja vermutlich auch alle mehr oder weniger in derReihenfolge gebaut worden. Mit dem kleinsten hat es mal angefangen und dannist man immer größer geworden, bis es halt jetzt bis zu dem LHC gekommen ist.Und es gibt ja auch schon Pläne für noch größere Ausdehnungen.Sind denn die technischen Unterschiededieser 4 Synchrotoner dürften wahrscheinlich auch signifikant sein?Also einerseits, also das Prinzip ist immer das gleiche, aber die konkrete Ausführung ist anders.
Alexander Huschauer 0:42:26
Genau, also die Art und Weise dieser Hauptmagnete.Die ändert sich von Maschine zu Maschine. Im Booster, im PS und im SPS verwendenwir eben immer noch normal leitende Magnete, während im LAC dann supra leitendeMagnete verwendet werden.Die Energie, die maximale Energie, die man erreichen kann in einer Maschine,hängt eben ab von dem maximalen Magnetfeld, das man erreichen kann und von demDurchmesser der Maschine.Dementsprechend braucht man, um zu den höchsten Energien zu kommen, große Tunnel.
Tim Pritlove 0:42:59
Warum ist denn der Durchmesser entscheidend? Man könnte doch im Prinzip sagen,man kann sich die ganze Zeit im Kreis drehen, wird immer schneller.
Alexander Huschauer 0:43:07
Aber irgendwann, das ist eben das Prinzip des Synchrotrons, sie werden immerenergetischer und energetischer, wenn das Magnetfeld nicht mehr mitfahren kann,dann kannst du sie irgendwann nicht mehr auf der Kreisbahn halten.Und deswegen mit normalen Leitungen.
Tim Pritlove 0:43:20
Man muss die Krümmung reduzieren, damit man es überhaupt noch halten kann,trotz höherer Energien.
Alexander Huschauer 0:43:24
Ganz genau. Und wenn wir dann vielleicht ein bisschen zur Supraleitung gehen, zum LHC.
Tim Pritlove 0:43:34
Das ist nur dort so.
Alexander Huschauer 0:43:35
Es gibt verschiedenste kleinere Installationen, wo einzelne Magnete supraleitendsind am CERN, aber wirklich am LHC sind die Hauptmagnete wirklich supraleitend.Also da gibt es 1232 Dipole, die installiert sind. Jeder ist 15 Meter lang und die sind supraleitend.Sprich, da ist nicht mehr das Eisen dafür zuständig,dass die magnetische Feldlinienverteilung vorgegeben wird, sondern diese supraleitendenKabel, die im Inneren der Dipole angeordnet sind, sind auf eine bestimmte Artund Weise angeordnet, dass eben ein Dipolemagnetfeld entsteht.Und um in diesen supraleitenden Zustand zu kommen, muss man die Magnete kühlen.Weil im Falle vom LAC wird er betrieben bei minus 271 Grad Celsius bei 1,9 Kelvin.Diese Kabel, die da verwendet werden, sind aus Niobium-Titan,die unterhalb einer bestimmten Temperatur superleitend werden,was eben heißt, dass sie ihren elektrischen Widerstand verlieren und dass hoheStröme, so wie im LHC, bis zu 12.000,Ampere, ungehindert fließen können. Aber dafür muss diese Superleitung permanentaufrechterhalten werden.Was heißt, diese Magnete müssen mit flüssigem Helium gekühlt werden,um eben auf 1,9 Kelvin Arbeitstemperatur gehalten zu werden.Da kann man sich schon vorstellen, dass da eine riesige Infrastruktur dahintersteckt, um dieses Helium zur Verfügung zu stellen, abzukühlen,in die Magnete zu bringen und die Magnete runter zu kühlen.
Tim Pritlove 0:45:13
Ist flüssiges Helium nicht auch so total ätzend, dass man das überhaupt im Tankbehält? Also das kriecht doch auch überall durch, oder?
Alexander Huschauer 0:45:22
Es gibt dann natürlich, wir sprechen da von einer Cold Mass,das ist jener Teil des Magneten, der kalt ist, der gekühlt wird.Und der muss natürlich bestens abgeschirmt sein gegenüber der Außenwelt.Das ist dann in seinem sogenannten Kryostat.Da gibt es eine riesige Infrastruktur für die Kryotechnik.Und man muss natürlich aufpassen zwischen den Verbindungen der Magneten,dass alles extrem dicht ist, dass dort das Helium dann auch nicht irgendwo entweichen kann.
Tim Pritlove 0:45:53
Weil das tut es gerne, ne?
Alexander Huschauer 0:45:56
Ja, ich meine, es ist natürlich auch in unserem Interesse, es nicht entweichen zu lassen.Das ist natürlich eine 150 Tonnen vom Helium sind am CERN gespeichert und inVerwendung, rein für den LHC. Das ist natürlich ein riesiger Speicher,der auch einiges dann an Geld bindet, sag ich mal.Und dementsprechend muss man da wirklich effizient sein, dass das wiederverwendet wird.
Tim Pritlove 0:46:21
Aber wodurch wird diese Kühlung realisiert?Also Helium muss ja erstmal gekühlt werden, das ist ja nur das Übertragungsmedium an der Stelle.
Alexander Huschauer 0:46:34
Da gibt es eben in dieser Kryotechnik verschiedene Kompressoren und Wärmetauscherund Stickstoff vor allem, der als erste Kühlstufe dient, um die Maschine dannrunter zu kühlen bis zu 80 Kelvin.Und ab dann erst übernimmt das Helium auch die weitere Kühltätigkeit, sage ich mal.Und es ist vor allem, wenn mansich denkt, dass man diese Maschine von Raumtemperatur runterkühlen muss,minus 270 auf minus270 grad dann kommt es dann natürlich auch zuextremen mechanischen änderungen alsoim endeffekt verkürzt sich so eine lhc magnet beim abkühlen um bis zu vier zentimeterder ist wie groß normalerweise der ist eben so 15 meter lang 15 meter und wirdvier zentimeter also über die ganze maschine sprechen wir da schon von mehrals 50 metern dann ja und das muss ausgeglichen werden,auch von diesen Flanschen oder Bellows,die flexibel gestaltet werden müssen zwischen den verschiedenen Magneten,damit dort diese Längendilatation abgefangen werden kann.
Tim Pritlove 0:47:48
Wann ist der LHC das erste Mal in Betrieb gegangen?
Alexander Huschauer 0:47:54
Das erste Mal in Betrieb gegangen ist der 2008 und dann gab es einen kleinen Stopp 2008 bis 2009.
Tim Pritlove 0:48:02
Weil mit dem Magneten was schief gelaufen ist?
Alexander Huschauer 0:48:04
Genau, da ist in der ersten Phase, während einer Testphase ein bisschen was schief gelaufen.Da warst du aber noch nicht hier oder? Da war ich noch nicht hier. Ich bin seit 2011 hier.Aber da gab es einen, im Prinzip gab es einen elektrischen Kurzschluss in derVerbindung zweier Magnete.
Tim Pritlove 0:48:20
Ja.
Alexander Huschauer 0:48:21
Das hat dazu geführt, dass es dann einen Lichtbogen gab, der genau diese Verpackungdes Heliums dann mal durchtrennt hat.Das Helium dann begonnen hat dort auszutreten und eigentlich sind die Magnete,haben schon Sicherheitsvorkehrungen dafür eingebaut, dass sowas passiert.Aber das waren einfach Unmengen von Helium, die da ausgetreten sind.Diese ganzen Ventile, die da existieren, die waren nicht dafür ausgelegt.Und dementsprechend hat es dann eine riesige Druckwelle in der Maschine gegeben,als dieses flüssige Helium dann gasförmig geworden ist, durch diese Ventile austreten wollte.Der Druck hat sich immer weiter aufgebaut in diesem Kryostaten.Und dann hat es einfach dazu geführt, dass longitudinal entlang der Maschineeine extreme Druckwelle sich ausgebreitet hat und große Teile der Maschine einfach zerstört hat.Und da mussten dann auch so bis zu 50 Magnete ausgetauscht werden,was dann zu einem Stopp von einem Jahr geführt hat. Das Sicherheitssystem wurdeüberdacht und seitdem laufen wir dann auch wieder ohne Probleme.
Tim Pritlove 0:49:22
Also gebrannt hat er aber nichts. Nein, gebrannt hat er nichts.So eine reine mechanische Deformation, aber das ist ja auch schlimm genug bei diesen Geräten.Die kauft man ja auch nicht so von der Stange, die werden ja auch alle spezielldafür hergestellt. und da gab es dann wahrscheinlich auch keine mehr,die noch irgendwie auf Lager lagen.
Alexander Huschauer 0:49:42
Es gab da zum Glück noch Ersatzterrenner und Ersatzmagnete, absolut.
Tim Pritlove 0:49:46
Glück gehabt.
Alexander Huschauer 0:49:48
Glück im Unglück, das sagt gern.
Tim Pritlove 0:49:52
Ok, haben wir denn jetzt die Chain mehr oder weniger komplett?Wenn wir jetzt mal so die ganze Beschleunigung vielleicht noch mal kurz zusammenfassenvon der Quelle geht es durch den Linearbeschleuniger und da waren wir schonbei den Megaelektronenvolt oder waren das noch die Kilowatt?
Alexander Huschauer 0:50:10
160 Megaelektronenvolt und dann gehen wir in den Booster,da gehen wir zu 2 Gigaelektronenvolt, im Protonensynchrotron zu 26 Gigaelektronenvolt,im Superprotonensynchrotron zu 450 Gigaelektronenvolt Und dann schlussendlichim LHC zu 7 Teraelektronenvolt oder 7000 Gigaelektronenvolt Energie pro Strahl.Weil im LHC kollidieren wir zwei Strahlen aufeinander.Das heißt, vom SPS gibt es zwei Transferlinien, die einmal BIM1 und BIM2 in den LHC injizieren.Einmal läuft der Strahl im Uhrzeigersinn, einmal gegen den Uhrzeigersinn,in zwei unabhängigen Vakuumkammern.Und an den Interaktionspunkten, wo dann die großen Experimente angeordnet sind,dort werden die Strahlen dann vereint in eine einzelne Vakuumkammer und in Kollision gebracht.Diese Strahlen sind jetzt nicht kontinuierlich in der Maschine,die sind in Pakete zusammengefasst, die nennen wir Bunches.Particle-Proton-Bunches und im LHC haben diese Pakete 25 Nanosekunden Abstand.Also alle 25 Nanosekunden haben wir so ein Paket und insgesamt können wir so2800 dieser Pakete in der Maschine Speichern.Und in Kollision bringen.
Tim Pritlove 0:51:35
Speichern heißt im Ring behalten.
Alexander Huschauer 0:51:37
Im Ring behalten, weil das ist auch diese 1,2 Sekunden, über die wir gesprochenhaben, diese Basic Period, die trifft nicht wirklich auf den LHC zu.Der LHC ist einerseits eine Kollisionsmaschine, die eben Teilchen kollidierenlässt, aber andererseits auch ein sogenannter Speicherring, der die Protonenstrahlenüber Stunden speichern kann.Sprich die ganze Injektorenkette, die die sendet Strahl zum LHC,die füllt den LHC mit der Anzahl an Teilchen, Anzahl an Protonenpakete, die der LHC benötigt.Sobald dieses Füllen abgeschlossen ist, beginnt der LHC die Energie zu erhöhenvon den 450 GeV Injektionsenergie hoch auf diese 7 Teraelektronenvolt.Und danach beginnt man so eine Phase, in der verschiedene Maschinenparameterangepasst werden, um möglichst effizient nachher in Kollision gehen zu können.Und dann erst beginnt man Physik und das nennen wir dann Stable Beams,wenn die Strahlen eben stabil kollidieren und das kann mehrere Stunden dauern.Also der Rekord, dass die Strahlen im LHC gehalten wurden,sind um die 56 Stunden und so ein typischer Fill,also typische Dauer dieser Stable Beams ist so 8 bis 12 Stunden,in denen Kollisionen stattfinden, in denen die Direktoren dann die Kollisionsproduktemessen und langsam stetig nimmt dann die Teilchenanzahl in der Maschine ab,bis irgendwann nicht mehr genügend Teilchen vorhanden sind und dann wird dieMaschine eben neu gefüllt.
Tim Pritlove 0:53:13
Das heißt man, ich hab mir das glaube ich am Anfang so ein bisschen vorgestellt,für jede Kollision pumpt man einmal da so einen Strahl rein und dann ballertder anderthalb Sekunden später halt irgendwo drauf und das war's.Und wenn man wieder weitermachen will holt man sich halt einfach das nächste aus der Quelle.
Alexander Huschauer 0:53:29
Das ist halt ineffizient weil diese Rampe um von 450 GeV auf 7 TeraelektronenVolt zu kommen im LHC schon mal eine halbe Stunde dauert.
Tim Pritlove 0:53:38
Aha, das wäre meine nächste Frage gewesen, wie lange das eigentlich dauert.Eine halbe Stunde bis man auf die maximale Geschwindigkeit kommt.
Alexander Huschauer 0:53:45
Genau, bis man auf die maximale Energie ist.
Tim Pritlove 0:53:47
Das heißt, wie viel davon wird in den einzelnen der vier Ringe drauf verwendet?
Alexander Huschauer 0:53:55
Dieses Füllen, das dauert ungefähr eine halbe Stunde.
Tim Pritlove 0:53:59
Oder sind die alle im Prinzip gleichzeitig im Betrieb, die Ringe?
Alexander Huschauer 0:54:03
Die sind alle immer gleichzeitig in Betrieb. Die Strahlen für den LAC werdendurch die komplette Kette durchgesendet, in den LAC injiziert.Aber wir können immer nur eine bestimmte Anzahl von Teilchenpaketen erzeugen in den Injektoren.Sprich, wir brauchen viele Injektionen in den LAC von einer bestimmten Anzahl an Teilchenpaketen.Jetzt sagt man zum Beispiel, wir injizieren 144 Pakete von dem SPS in den LAC.Wir wollen im Endeffekt 2800 haben.Dementsprechend muss man diese Injektionen und diesen Prozess immer und immerwieder wiederholen, bis der LHC schlussendlich voll ist und erst wenn der LHCkomplett gefüllt ist, dann beginnt der LHC sein Energiereinschub.
Tim Pritlove 0:54:44
Also der wird sozusagen so richtig Druck betankt und so voll gemacht wie es irgendwie geht.Und was ist die Grenze dafür, wieviel Teilchen der aufnehmen kann und von wasfür einer Menge an Masse reden wir da?
Alexander Huschauer 0:54:58
Also so ein Protonen-Bunch, der hat 10 hoch 11 Teilchen.Also sind wir so bei 100 Milliarden Teilchen in einem solchen Bunch und dannhat man 2000 die da drinnen zirkulieren.Ist nicht viel. Ist nicht viel.
Tim Pritlove 0:55:15
Also nicht dass da jetzt Kilogramm Material rumfliegt, sondern eigentlich eher sehr sehr wenig.
Alexander Huschauer 0:55:21
Aber energetisch ist es extrem viel. Also die Energie, die in so einem Strahlgespeichert ist, vor allem bei der höchsten Energie im LHC, bei 7 TeV,die ist schon wirklich enorm.Und einerseits hängt das natürlich ab von der Ladung der Protonen,einerseits von der Anzahl der Teilchen, von der Anzahl der Bunche.Und da kann man dann schon sagen, dass wir so 500 Megajoule an Energie in einemStrahl speichern, was dann auch gefährlich für die Maschine werden kann.500 Megajoule kann man so eine Tonne Kupfer schmelzen.Wir machen oft den Vergleich so ein Hochgeschwindigkeitszug bei über 200 Kilometerpro Stunde hat ungefähr die gleiche gespeicherte Energie.Also kann man sich schon vorstellen, wenn der einen Unfall baut, was damit passiert.
Tim Pritlove 0:56:07
Ein Güterzug.Obwohl es sich quasi unbeschleunigt nur um wenige Gramm handeln würde sozusagen.
Alexander Huschauer 0:56:17
Also die Masse ist nicht das Problem, es ist wirklich die Energie.
Tim Pritlove 0:56:19
Ja klar, die Masse entsteht ja dann durch die Energie, ist ja letztlich das gleiche.Und diese Speicherung, gerade mit dem Beispiel,das war auch mal, was weiß ich, über zwei Tage da drin,das heißt, wenn man es einmal so beschleunigt hat mit diesen supraleitendenMagneten, Muss man dann auch nicht so viel Energie wieder hinzuführen,um das am Laufen zu halten oder muss das im Prinzip die ganze Zeit angetrieben werden?
Alexander Huschauer 0:56:49
Die Energie, die man braucht, ist jene,um das Helium kühl zu halten und um diese ganze Kryo-Anlage im Betrieb zu halten.Aber dann genau, dann haben wir keine resistiven Verluste, keinen Widerstandin den Spulen. Da zirkulieren die 11.000, 12.000 Ampere durch die Maschine.
Tim Pritlove 0:57:07
Weil es ja Supraleitend ist, also Hauptsache es ist kühl, aber die Kühlmaschinen,die fressen natürlich auch nochmal.
Alexander Huschauer 0:57:12
Absolut. Trotzdem haben wir im LHC dann einen konstanten Verbrauch von 40 Megawatt.
Tim Pritlove 0:57:20
40 Megawatt konstanter Verbrauch, solange der Ring in Betrieb ist.Ganz genau. Und wie oft, also ist der immer in Betrieb?
Alexander Huschauer 0:57:28
Gerade heute haben wir im Prinzip, oder gestern, die Commissioning-Phase vom LRC abgeschlossen.Sprich, er ist jetzt wirklich in den Physikbetrieb übergegangen und beginntjetzt langsam mit der Intensität und der Anzahl der Protonenpakete nach oben zu gehen.Das ist immer so ein, der Anfang des Jahres muss man immer wieder checken,dass wirklich alle Systeme richtig funktionieren und dass man dann langsam dieIntensität, die in der Maschine gespeichert wird, nach oben dreht,bis man eben dort ankommt, wo wir dann so gegen Ende Juni bis Ende des Jahres laufen.Und dann gibt es diese Winterstops, Wintershutdowns,und die sind dieses Jahr zum Beispiel von Ende Oktober Bis dann nächstes JahrFebruar, März, wo die Maschinen dann graduell wieder ans Netz gebracht werden.Vor allem im Winter, wenn auch der Strom relativ teuer ist, wird gestoppt.
Tim Pritlove 0:58:28
Deswegen?
Alexander Huschauer 0:58:28
Auch deswegen, absolut.
Tim Pritlove 0:58:30
Aber nicht nur deswegen?
Alexander Huschauer 0:58:31
Naja, einerseits braucht man natürlich Wartungsarbeiten, die jedes Jahr durchgeführt werden müssen,aber gerade auch mit den aktuellen Strompreisen und mit eventuellen Engpässenin der Stromlieferung und so stoppen wir auch früher, als wir normalerweise getan hätten.Also zum Beispiel dieses Jahr wird ein Jahr früher gestoppt,eben auch aus Energieeffizienzgründen.Und während dieser ganzen Zeit verbraucht der LAC diese 40 Megawatt und erstdann wirklich im Winter, wenn er abgeschaltet wird, dann geht dieser Verbrauch nach unten.
Tim Pritlove 0:59:06
Verstehe. Also der Grund,dass es abgeschaltet wird ist, man muss sowieso warten und man macht es dannam besten im Winter, weil dann spart man auch noch am meisten Strom und dannhaben manche auch noch ein bisschen Pause und man macht ja lieber einen Urlaubim Winter. Okay, verstehe.Kommt das eine und das andere zusammen.Eigentlich wollen doch alle nur Skifahren gehen.
Alexander Huschauer 0:59:27
Gibt es hier eine gute Infrastruktur. Hab ich auch gehört.
Tim Pritlove 0:59:33
Jetzt hast du erwähnt, es gibt ja diverse Punkte,an denen man, also sozusagen immer am Ausgang der kleineren Synchrotrone,da gibt es sozusagen die Möglichkeit Experimente zu fahren.Im reinen Kollisionsmodus, also sozusagen die Teilchen die beschleunigt sinddie treffen dann auf irgendwas auf, dieses Prinzip mit zwei Strahlen treffenaufeinander, das ist sozusagen LHC spezifisch, das geht nur in dem großen Ring.Jetzt gibt es ja glaube ich noch so eine Sonderzone, wo so Experimente aller Art angesiedelt sind.
Alexander Huschauer 1:00:12
Die North Zone oder die East Zone. North ist am SPS,East ist am PS, wo dann verschiedene User,wie wir die nennen, von außen hineinkommen können und verschiedenste Tests machen können,also zum Beispiel Materialien einfach bestrahlen, um zu sehen,wie sich die unter der Einwirkung von Protonenstrahlen oder Ionenstrahlen verhalten.Oder wirklich auch Grundlagenforschung zu machen, um sich anzusehen,wie zerfallen verschiedene Produkte, was sind die Zerfallsprodukte.Also einerseits gerade zum Beispiel dunkle Materie,natürlich einerseits gibt es die Forschung dafür am LHC,aber es gibt auch sehr viel Forschung in diesen ganzen experimentellen Zonen,wo man halt, nachdem die Möglichkeit der Masse dieser Teilchen,die zuständig sein können für die dunkle Materie, einen enormen Energiebereichspannen können, man nicht genau weiß, wo, in welchem Energiebereich sich diebefinden, sucht man im LHC danach, sucht man aber auch bei anderen Energien danach einfach.Und dafür sind diese verschiedenen Beschleuniger mit ihren unterschiedlichenEnergien wirklich bestens geeignet, wenn man verschiedene Experimente an verschiedenenBeschleunigern durchführen kann. Was jetzt das...Was der Unterschied ist zwischen diesen Kollisionsexperimenten und diesen Fixed-Target-Experimentenist, dass die Energien, die erreicht werden können, wesentlich geringer sind bei Fixed-Target.Man schießt den umlaufenden Strahl auf einen ruhenden Block.Da ist im Prinzip die Energie, die man erzeugt proportional zur Wurzel aus derEnergie der einfallenden Teilchen,während bei den zwei umlaufenden Strahlen einfach die doppelte Energie,die Energie jedes Strahles zählt und somit haben wir diese Kollisionen bei 7 TeV.Das führt zu einer Schwerpunktenergie von 14 TeV in beiden Strahlen und manhat halt viel mehr Energie zur Verfügung, die man in Materie umwandeln kann,als bei diesen Fixed-Target-Experimenten.
Tim Pritlove 1:02:21
Ok, Grundlagenforschung ist klar, das ist immer interessant und das steht jahier auch im Fokus. Aber es gibt auch andere Forschungen. Was ist das?Also Materialforschung, dass man in dem Bereich so einen Strahlenbeschleuniger auch benutzen kann?
Alexander Huschauer 1:02:35
Also wir haben zum Beispiel, wenn ich als Beispiel hernehme,die East Area am PS, dann gibt es dort eine sogenannte Test Facility und diewird auch dafür verwendet, dass all die großen LHC-Experimente, ATLAS, CMS, LS etc.Ihre Detektoren testen können und sehen, wie sich die Materialien,wie sich die Siliziumdetektoren verhalten unter Strahleinfluss.Also in diesem Sinne auf jeden Fall auch Materialtests für zukünftige Entwicklungender verschiedenen Bestandteile der Kette im Prinzip.Dann gibt es auch eine Facility, die nennt sich Heiratmat, wo wir mit hohenEnergien auf Materialien, auf verschiedensten Materialien die Strahlen schießen.Um dann eben einfach zu sehen, wie gut, wie, wie soll ich sagen,wie widerstandsfähig sind verschiedenste Materialien.Was für Schäden kann der Strahl erzeugen, abhängig von der Strahlgröße,von der Strahlintensität, von der Strahlenergie.Wenn wir verschiedenste Elemente im Beschleuniger einbauen, möchte man oft malneue Materialien ausprobieren und sehen, ob die vielleicht ein bisschen bessergeeignet sind für den jeweiligen Anwendungszweck. Das muss man vorher testen.Und dafür gibt es dann so eine Facility zum Beispiel. Dann gibt's...Unsere Antimaterie-Produktion mit dem Antiprotonen-Decelerator,ein Endschleuniger, der dazu führt, dass Teilchen langsamer werden.Also wie das dort funktioniert ist, man schießt wiederum Protonen auf einenMetallblock und filtert dahinter die Antiprotonen heraus.Das heißt, alle anderen Teilchen werden im Prinzip abgelenkt und weggeworfen,wenn man so möchte. Man filtert nur die Antiprotonen heraus.Die werden dann von einer speziellen weiteren Maschine, auch ein Synchrotron,das halt nicht Teil der Hauptkette ist, aber genauso ein Synchrotron ist,die werden von dort dann entschleunigt, zu einem weiteren kleinen Synchrotron geschickt vom AD,diesem Decelerator, zu Eleanor, der eine sehr geringe Energie am Ende hat unddort kommen wir zu antiprotonen Energien von nur 100 Kiloelektronenvolt.Also da sind wir dann quasi wieder von den Energien vergleichbar zum Beginnder Kette, wo wir die Protonen erzeugt haben.
Tim Pritlove 1:05:01
Gerade mal in der Source.
Alexander Huschauer 1:05:03
Genau, aber man braucht eben hohe Energien zu formen,die Antiprotonen zu erzeugen und dann möchte man sie aber extrem abbremsen,um sie einerseits untersuchen zu können und Vergleiche machen zu können zwischenAntiprotonen und Protonen.Andererseits aber auch einfach um Antivasserstoff zu erzeugen.Das heißt, man bringt diese Antiprotonen in Kontakt mit den Antiteilchen vom Elektron,dem Positron, und versucht daraus ein Antivasserstoffatom zu erzeugen und untersuchtdann die Eigenschaften dieses Antivasserstoffs und vergleicht sie mit Wasserstoff.Zum Beispiel die Energieniveaus, die so ein Antiwasserstoffatom mit sich bringt.Wie verhält es sich in der Schwerkraft, falls nach oben oder falls nach unten?
Tim Pritlove 1:05:52
Verhalten die sich denn sonst ähnlich wie ihre Äquivalente?
Alexander Huschauer 1:05:56
Ja, ja, ja.
Tim Pritlove 1:05:58
Ich weiß ja nicht, ich habe nicht so viel mit Antimaterie zu tun.Ist die jetzt hier gerade im Raum? Kann schon sein, ja?
Alexander Huschauer 1:06:05
Naja, das ist halt so eine der großen Fragen der Physik. Woher kommt diesesUngleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie?Ursprünglich, direkt nach dem Urknall geht man davon aus, dass ja beide irgendwiezu gleichen Teilen bestanden haben müssen, aber die Materie hat dann gewonnen.Wenn die beide wirklich identisch gewesen wären, dann löscht sich Materie undAntimaterie einfach aus. Dann gäbe es vielleicht gar nichts.Genau, aber wir sind immer noch da.Also da gab es dann irgendeinen Mechanismus, der dann dazu geführt hat,dass doch die Materie gewonnen hat.Und das möchte man auch untersuchen mit diesen Antimaterien.
Tim Pritlove 1:06:43
Das heißt die andere Antimaterie, die übrig geblieben ist, die ist vielleichtschon längst egalisiert, also das ist alles weg, aber man kann es sozusagenkurzfristig wiederherstellen?
Alexander Huschauer 1:06:51
Man kann sie erzeugen wieder genau.
Tim Pritlove 1:06:52
Okay, verstehe. Jetzt geht ja nicht immer alles nach Plan.Also wir hatten ja schon diesen kleinen Unfall, sowas erregt natürlich immerviel Aufmerksamkeit, gerade wenn es neu ist, aber was treten denn hier für Probleme auf?Also was geht denn auch mal schief oder was ist sozusagen das,worauf auch die ganze Zeit geachtet werden muss?Also Surveillance, Wartung und Reparaturen, was geht kaputt? Die Kühlung? Alles?
Alexander Huschauer 1:07:25
Viel.
Tim Pritlove 1:07:26
Das ist permanent auch.
Alexander Huschauer 1:07:28
Ja, auch permanent. Es ist halt doch ein riesiger Komplex mit verschiedenstenTechnologien, die im Einsatz sind. Mit verschiedensten Elementen.Magneten, Stromversorgungen, Kühlsysteme, Vakuumsysteme, Hochfrequenzsystemeund überall dort kann was kaputt gehen.Das kann einfach ein Kondensator sein in einer der Stromversorgungen,dass einer der Magnete dann einfach nicht mehr den Strom bekommt,den er eigentlich braucht, um die Strahlen auf der Bahn halten zu können.Dafür gibt es dann am CERN die Equipment-Experten.Also für jeden Bereich gibt es im Prinzip die Experten.Und wir in der Operations Group sind dafür zuständig. Wir haben Leute,die 24-7 auf Schicht sind, um diese Beschleuniger zu betreiben und eben auchdie Leistungsfähigkeit der Maschine nachzuverfolgen.Und immer wenn ein Problem auftritt, entweder selbst lösen zu können oder haltauch zu identifizieren, welche Leute muss ich kontaktieren, um jetzt diese eineStromversorgung zum Beispiel zu reparieren.Manchmal kann es sein, dass an einer Stelle zum Beispiel ein Problem mit dem Vakuum auftritt.Dann kontaktiert man den Vakuum-Experten, der sich das dann genau ansieht unduns sagt, okay, ist normal, erwarten wir, oder da haben wir vielleicht ein Lack,sollten wir uns mal anschauen. dann müssen wir mal in die Maschine hinein unddas vielleicht patchen.Dann, was wir gerade gestern wieder hatten, ein kritischer Punkt ist immer,Strahl von einer Maschine in die andere Maschine rüber zu schicken,weil man hat eben diese Kicker und man muss diese Kicker richtig timen,dass der Kicker in der einen Maschine den Strahl extrahiert,aber gleichzeitig gibt es in der anderen Maschine Kicker, die den Strahl injizieren.Also Extraktionskicker, Injektionskicker, die müssen aber mehr oder wenigergleichzeitig feuern, nur durch die Time of Flight, die die Teilchen halt brauchen,von einer Maschine zur nächsten und die halt synchronisiert.Und dafür gibt es einen ganzen Synchronisierungsmechanismus zwischen den Maschinen,wo die eine Maschine Informationen zur anderen Maschine sendet und wenn da malein Stück Hardware kaputt geht, dann kannst du auf einmal keine Strahlen mehr injizieren.
Tim Pritlove 1:09:47
Krass die spielen so Tennis miteinander, im Prinzip die Maschinen und wieviel Sensoren?Hat man dann so im Blick, also ich könnte mir vorstellen, dass es alles vollist mit Sensoren aller Art und dann hat man so einen Control Room,so einen War Room, wo 30.000 Bildschirme hängen.
Alexander Huschauer 1:10:09
Ja ganz so viele sind es nicht, aber wir haben schon, auf jeden Fall wir habendas CERN Control Center, den CCC, wo der Großteil aller Bioschleuniger kontrolliert wird.Und da haben wir unsere Vistas, die Bildschirme an der Wand hängen,die uns zu jeder Zeit Statusinformationen geben über die Beschleuniger selbst.Was ist die Intensität im Beschleuniger? Was ist das Magnetfeld im Beschleuniger?Welche Art von magnetischem Zyklus wird gerade gespielt? Wohin sollen dieseTeilchen geschickt werden?Habe ich Verluste, weil es kann auch sein, wenn eines dieser Elemente dann nichtfunktioniert im Beschleuniger, dann werde ich es in erster Linie dadurch sehen,dass ich irgendwo Strahlverluste habe.Das kann soweit führen, dass ich einen Alarm bekomme, weil an einer bestimmtenStelle der ganze Strahl zentriert einfach aus der Maschine rausgeschossen wurde,wo aber jetzt nicht die Transferlinie unbedingt ist.Dann kriege ich dort einen Alarm über unseren Radiation Monitor und dann mussich verstehen, welches Element nicht funktioniert und dazu geführt hat,dass wir den Strahl dort eben verloren haben.In größeren Maschinen ist das dann wirklich problematisch, weil dort eben diegespeicherte Energie im Strahl so hoch ist, dass, wenn das passiert,die Maschine beschädigt werden kann.Dementsprechend braucht man da schon spezielle Maschinenschutzkonzepte,die frühzeitig erkennen, ob irgendein Equipment fehlerhaft ist.In den kleineren Maschinen bis zum PS ist das jetzt nicht so problematisch,ab dem SPS wird das dann eben problematisch.In den kleineren Maschinen kriegt man halt einen Alarm und muss dann ein bisschenwarten, bis dieses Strahlungsniveau im Prinzip runtergegangen ist.Und dann nehmen wir den Betrieb wieder auf.Und oftmals kommt es auch vor, dass man dann direkt in die Maschine hineingehenmuss, weil Sachen, die kaputt gegangen sind, wirklich im Ring selbst nur zu reparieren sind.Und das können zum Beispiel Verstärker sein für diese Hochfrequenz-Kavitäten.Die haben oft Verstärker, die sehr nahe am Beam gebaut sind,damit die ganzen Kabellängen und dergleichen wesentlich ziemlich kurz sind.Und da muss man dann, da haben wir eine eigene Strahlenschutzgruppe,die kontaktiert man dann,die sagen, okay ihr habt so und so viel Stahl produziert in den letzten so und so viele Stunden,das heißt jetzt müssen wir dort 15 Minuten, 30 Minuten, eine Stunde warten,bis wir überhaupt hineingehen können in die Maschine, damit die Leute,die dort dann arbeiten, auch einfach nur eine minimale radioaktive Strahlendosis abbekommen.
Tim Pritlove 1:12:35
Das ist nett, ja. Gab's denn auch mal so einen Fehler, wo ihr irgendwie nurblöd geguckt habt und überhaupt nicht wusstet, was jetzt los ist?
Alexander Huschauer 1:12:43
So beginnt jeder Fehler.
Tim Pritlove 1:12:46
Die Frage ist, wie lange hält der Zustand an?
Alexander Huschauer 1:12:48
Ja das kommt wirklich auf den Fehler drauf an. Gestern früh hatten wir da einenFehler, der eben die Synchronisation zwischen Booster und PS betroffen hat undda haben wir so 3-4 Stunden mal herumgesucht, welches dieser Hardware-Moduledenn kaputt gegangen ist.Dann machst du ein Reboot von diesem Ding, dann funktionieren aber ein paarder Parameter sind nicht richtig abgespeichert worden im Memory,du musst sie neu setzen und es kann schon sein, dass das ein paar Stunden mal dauert.Auch manchmal ist es halt nicht so offensichtlich welches Element jetzt der Schuldige ist.
Tim Pritlove 1:13:21
Das wollte ich nämlich gerade sagen. Wenn man weiß wo das Problem ist,ist man ja schon mal relativ weit.
Alexander Huschauer 1:13:25
Richtig, richtig. Oftmals weiß man nicht und dann versucht man halt auszuschließen,was kann es nicht sein, bis man dann hinkommt und das eingrenzt.Und natürlich was uns oft Hilfe gibt, ist der Strahl selbst.Also wenn man den Strahl in die Maschine injizieren kann, aber dann zum Beispielin der Maschine nicht behalten kann, dann kann man den Strahl immer noch selbstmessen. Und man kann sich die Position des Strahls anschauen,man kann sich die Größe des Strahls anschauen, man kann sich die Energie des Strahls anschauen.Und das gibt dann oft auch einen Hinweis darauf, was schief geht.Ist er zum Beispiel zu groß der Strahl, dann funktioniert irgendeiner von diesenQuadrupolen nicht, dann funktioniert die Fokussierung nicht richtig.Ist er viel zu lang der Strahl, ist er nicht mehr ein Paket,sondern ist er so ein kontinuierlicher Strahl, dann sagen wir,dass der Strahl debunched ist, ist eben kein Bunch mehr.Dann funktioniert das mit den RF-Systemen nicht. Also so kann man sich mit demStrahl schon immer die Informationen holen, die man braucht,um zumindest einzugrenzen, wo man sucht, ja.
Tim Pritlove 1:14:25
Ich kenne das aus manchen Bereichen, wo in zunehmendem Maße so eine Maschinenüberwachungauch mit Machine Learning schon gemacht wird,dass man im Prinzip die Sensorik einfach die ganze Zeit irgendwie erlernt undwenn man einen Fehler hat,dann sagt man so, hier ist mal was kaputt gegangen, dass man quasi schon sichso langsam so ein System aufbaut, was so Frühwarnfähigkeiten hat,also quasi das Versagen von Sensoriken oder so gewisser Insicht vorher sagt.
Alexander Huschauer 1:14:50
Das ist das Stichwort preventive maintenance, also Wartung vorhersehen im Prinzip,bevor sie notwendig wird und Teile austauschen.Also wir haben Unmengen von Daten, die wir laufend abspeichern,natürlich einerseits der Experimente, aber auch wir auf der Beschleunigerseite.Wir haben wirklich ein System, das all diese Daten kontinuierlich lockt unddas einerseits über die Strahlqualität, aber andererseits auch über die Equipmentqualität.Und diese Datenmenge, die können wir dann eben verwenden, um Modelle zu trainierenund dann Vorhersagen zu machen.Man steckt noch ein bisschen in den Kinderschuhen für jetzt gerade diese Wartungsvorhersagen,aber wo wir viel Machine Learning oder Optimierung einfach verwenden,ist, um die Leistungsfähigkeit des Strahls zu verbessern.Es gibt Temperaturvariationen, im LHC gibt es zum Beispiel auch Einfluss der Gezeiten.Das sieht man auch, die Maschine ist relativ sensibel darauf, wie der Mond steht.Also die Parameter des Strahls können sich laufend ändern.Da kann natürlich der Operator, der die Maschine betreibt, intervenieren undverschiedene Parameter anpassen.Das passiert dann alle x Minuten, Stunden oder dergleichen, je nachdem,wie es erforderlich ist.Oder wir verwenden Optimierungsalgorithmen, die kontinuierlich die Strahlparameterüberwachen Und immer dann, wenn so ein Drift gemerkt wird, nachkorrigieren.Das hilft uns auch in vielen Teilen, die Leistungsfähigkeit unserer Strahleneinfach immer auf optimalem Niveau zu halten, sage ich mal.
Tim Pritlove 1:16:30
Das ist auf jeden Fall alles ein Moving Target. Es ist nicht einfach so eine Maschine,die man mal einschalten, dann läuft sie halt, sondern man muss eigentlich dieganze Zeit drauf schauen,man muss die ganze Zeit optimieren, gucken, dass nichts kaputt geht oder sichnicht zu schnell verschleißt und um sozusagen dann auch diesen Flow der Detektion,der letzten Endes das Ziel der ganzen Operation ist, nicht abreißen zu lassen.Trotzdem muss ja dann der Apparat ab und zu mal, also nicht nur gewartet werden,sondern es gab ja auch diese längeren Auszeiten, ich glaub das waren jetzt zwei große.
Alexander Huschauer 1:17:06
2019, 20, da war der letzte große Stopp, Long Shutdown 2.Davor gab es schon mal 2013, 14, gab es Long Shutdown 1 und jetzt für 26,27, 28 ist dann Long Shutdown 3 geplant.In den vergangenen zwei Jahren hat man sich darum gekümmert,dass die LHC-Injektoren bessere Leistungsfähigkeit haben,um sie vorzubereiten auf das Upgrade des LHC selbst, was 2026-2028 stattfindenwird, mit dem Ziel, dass wir mehr Kollisionen erzeugen können.Ein wesentlicher Parameter im LHC ist die Luminosität.Die sagt uns, wie viele Kollisionen pro Sekunde und pro Fläche können wir erzeugen.Das heißt, umso höher die Luminosität, umso höher die Anzahl der Kollisionen,die wir den Experimenten zur Verfügung stellen können.Und die Luminosität wird umso höher, je mehr Teilchen wir haben,haben oder je kleiner die Fläche unserer Teilchenpakete ist.Deswegen hat dieser vergangene Shutdown in den Injektoren dazu gedient,diese Strahlparameter zu verbessern, sprich mehr Teilchen in kleinere Strahldimensionenhineinpacken zu können.Wir haben im Prinzip für die LHC-Strahlen die Anzahl der Teilchen verdoppeltund die Fläche halbiert.Und somit können wir dann wesentlich höhere Luminosität zur Verfügung stellenfür die verschiedenen LHC-Experimente.Das war im Prinzip ein Upgrade-Programm, das rein ausgelegt war auf die Anforderungendes zukünftigen LHC, also High-Luminosity-LHC heißt dann das Upgrade vom LHC in den nächsten Jahren.Aber gleichzeitig ist das dann auch von Vorteil für alle anderen Experimente,die am CERN stattfinden, weil genauso diese verbesserte Strahlqualität auch denen zugutekommt.
Tim Pritlove 1:19:05
Also so kann man dann noch mehr rausholen aus dem LHC und dann wird ja,wie lange ist die Pause? In so einem Jahr?
Alexander Huschauer 1:19:11
Drei Jahre für den LHC.
Tim Pritlove 1:19:12
Drei Jahre?
Alexander Huschauer 1:19:13
Ja, wirklich große Umbauarbeiten sind da geplant. Da werden Teile der Magneteausgetauscht, da werden neueSysteme eingebaut, um diese Kollisionen eben noch effizienter zu machen.Und da braucht man dann doch einiges an Zeit, auch viel Arbeit passiert jetzt schon.Also alles was Infrastruktur betrifft, alles was neue Gebäude,neue Tunnelbereiche und so gibt, das wurde sogar schon alles fertiggestellt.Aber jetzt natürlich, jetzt holen wir noch so viel wie möglich raus aus derMaschine und warten auch noch bis die ganzen Bauteile dann wirklich zur Verfügungstehen, um dieses Upgrade machen zu können.Und dann wird die Maschine für drei Jahre abgeschaltet und abgegradet.
Tim Pritlove 1:19:55
Das ist schon echt speziell, dass man so eine unglaublich lange Auszeit hat.Für die Wissenschaftler stimmt das auch nicht so toll. Wobei so viele Datenwie hier anfallen, gibt es wahrscheinlich auch zwischendurch noch genug zu entdecken und auszuwerten.Also da wird einem nicht langweilig unbedingt.
Alexander Huschauer 1:20:15
Und es gibt auch noch die Injektoren. Also der LAC selbst wird drei Jahre stoppen,aber die Injektoren werden so ein, eineinhalb Jahre stoppen.Das heißt die ganze Physik in den anderen experimentellen Zonen,die beginnt vorher schon wieder.
Tim Pritlove 1:20:27
Also in dem Booster, in dem SPS, das läuft alles weiter, es ist nur der LAC.
Alexander Huschauer 1:20:33
Es ist ein kürzerer Stopp eben in diesem Maschinen.
Tim Pritlove 1:20:35
Okay gut, aber dann nach einem anderthalb Jahr kann man da zumindest schon malwieder arbeiten, aber der LHC der muss dann halt noch richtig hübsch gestrichenwerden sozusagen, bis alles hübsch ist.Okay, das heißt das ist dann sozusagen jetzt auch so der Ausblick für die zumindestabsehbare Zukunft, was jetzt auch schon ganz klar ist, dass das auf jeden Fall stattfinden wird.
Alexander Huschauer 1:20:57
Absolut.Dieses High-Luminosity-LHC-Projekt, das ist die Priorität für das CERN im Moment,dieses Upgrade durchzuführen.Da ist alles unterwegs, um diese neuen Elemente gerade zu konstruieren und einzubauen.Und das soll eben die LHC-Kette bis zum Jahr 2040 so in Betrieb halten,soll dann natürlich nach dem Upgrade wesentlich höhere Statistik den Experimentenzur Verfügung stellen, damit man schneller zu Entdeckungen kommen kann.Ungefähr ein Faktor 10 wird sich diese Luminosität erhöhen nach diesem Upgrade von dem LHC.Und das ist halt jener Schritt jetzt, um den LRC wirklich komplett auszunützen,bis ans Ende seiner Lebensdauer sozusagen.Und dann muss man halt schon darüber hinaus schauen und muss mal anfangen.Also der LRC ist 2008 in Betrieb gegangen. Die ersten Diskussionen und Vorschlägefür so eine Maschine sind 1984 gemacht worden.Also da ist wirklich eine lange Designphase, Entwicklung, Produktion,Installation und alles dahinter.Beim LHC ist es so, dass es damals schon in dem gleichen Tunnel,wo der LHC heute ist, eine Maschine gab, wo Elektronen und Positronen,also die Antiteilchen der Elektronen, beschleunigt und kollidiert wurden.Und da hat man im Prinzip einerseits die Elektronenspeicherringe oder Kolliderund andererseits die Protonenmaschinen.Mit Elektronen sagt man so, das sind Präzisionsmaschinen, weil die Elektronenkeine Substruktur haben.Das heißt, da treffen wirklich Elektronen auf Elektronen und man kann ganz genauphysikalische Prozesse damit untersuchen.Während diese Protonenmaschinen, Protonen, interne Struktur,Quarks, Gluonen, das heißt, da treffen keine Teilchen, keine einzelnen Teilchen,sondern da trifft man so ein Gemisch von Teilchen aufeinander.Dadurch entstehen extrem viele verschiedene Produkte, viel Background,den man auch gar nicht haben möchte, aber auch extrem viel Potenzial für neue Physik.Und deswegen heißen diese Protonen-Maschinen dann Entdeckungsmaschinen,oft, weil man damit eben neue Physik entdecken kann. Jetzt haben wir das Higgs-Bosonentdecken können vor zehn Jahren mit dem LHC.Natürlich möchte man weitere Dinge entdecken, aber man möchte genauso die Higgs-Eigenschaftenganz genau verstehen können. Und dafür braucht es im Prinzip wiederum so einePräzisionsmaschine mit höheren Energien.Die Eigenschaften des Higgs-Bosons direkt messen kann.Und deswegen wäre dann der nächste Schritt nach diesem High-Luminosity-LHC,nennen wir dieses Studiegerad FCC,Future Circular Collider, und das wäre dann eine Maschine, so wie es jetzt geplantwird, von 91 Kilometer Länge, die eben genauso hier in die Region hineinpassen würde.Also das ist auch dann schon sehr sehr herausfordernd in mehrerer Hinsicht.Natürlich in Hinsicht von Magnetfeldern, die man braucht für diese Maschine,in der Hinsicht von allein, wie baue ich diesen Tunnel, wie stabil ist das ganzeGestein, wo ich diesen Tunnel hinbaue, wie hoch sind diese Zutrittspunkte.Teilweise ist die Maschine dann unter dem Berg, da muss ich schon mal einensehr, sehr langen Access-Tunnel graben.Was ist dann Sicherheitsaspekte, wenn da unten irgendetwas passiert,wie komme ich rauf, wenn der Aufzug nicht funktioniert, all diese Dinge müssen dann beachtet werden.Aber so ein FCC für Elektronen und Positronen, das wäre so im Prinzip der nächstelogische Schritt, was die Beschleunigerkette betrifft, um dann diese Higgs-Propertiesim größeren Detail untersuchen zu können.Und dann wird das auch so aufgezogen, dass man nach diesem FCC-II auch wiederumeinen Protonen-Protonen-Beschleuniger machen kann.In dem gleichen Tunnel, in diesem gleichen 91 Kilometer Tunnel,eben gleich wie es mit diesem LEP unddem LAC war, dass man die vorhandene Infrastruktur wieder verwenden kann.
Tim Pritlove 1:25:14
Gleichzeitig oder als potenzieller Nachfolger?
Alexander Huschauer 1:25:16
Als Nachfolger, genau.
Tim Pritlove 1:25:17
Warum lässt sich das nicht gleichzeitig machen?
Alexander Huschauer 1:25:22
Weil dann auch die Kette, die dahinter steht, komplett andere Anforderungenwieder hat. Wir müssen Elektronen, wir müssen Positronen zur Verfügung stellen.Es sind auch die Zeitspannen, um wirklich all die Technologien,die Magnetfelder und so einmal technologisch herstellen zu können für so einenweiteren Protonen-Protonen-Kollider.Das ist auch noch in weiterer Zukunft. Das heißt, Machbarkeit ist auch eineandere Sache, da muss noch viel Forschung und Entwicklung hineingehen,bis man technisch diese ganzen verschiedenen Bauteile einfach wirklich herstellen kann.Deswegen sind das auch nicht die gleichen Zeitspannen.
Tim Pritlove 1:26:01
Also 27 Kilometer ist ja schon eine ganze Menge Holz.Im Prinzip was du ja sagst, du bist halt so Ingenieur und deine Maschine ist 27 Kilometer lang.Das ist schon ein Autobahntunnel, der nur ein paar Kilometer lang ist,wirft schon größere Wartungsfragen und Kontrollfragen auf sich,aber allein den Arbeitsplatz mal abzugehen, mit dem Fahrrad ist man ja schonden ganzen Tag unterwegs.
Alexander Huschauer 1:26:31
Ja auf jeden Fall. Die Fahrräder gibt es im Tunnel damit man sich fortbewegen kann.
Tim Pritlove 1:26:37
Wie fährt man denn hin an so einen Ort des Geschehens? Ist halt irgendein Magnet am schwächeln.Steigt man hier in den Tunnel und fährt da 10 Kilometer hin, macht man nichts?
Alexander Huschauer 1:26:52
Man steigt hier ins Auto, fährt hin zu einem der Access Points.
Tim Pritlove 1:26:55
Und wie viel gibt es davon?
Alexander Huschauer 1:26:57
Am ELC gibt es so acht Access Points, die verteilt sind.Einerseits bei den verschiedenen Experimenten, aber dann für die Hochfrequenz-Kavitäten zum Beispiel,dann gibt es Kollimationssysteme, die dafür sorgen,dass die Teilchen, die bei hoher Amplitude,also hoher transversaler Position,hoher horizontaler oder vertikaler Position, dass die quasi geschluckt werdenvon diesem Kollimatorsystem,bevor sie von den Magneten geschluckt werden würden,weil wenn wir Teile im Magneten verlieren,kann es dazu führen, dass dieses flüssige Helium sich erwärmt oder dass dieSpule dieser Supraleiter nicht mehr supraleitend ist,weil er eine lokale Erwärmung hat, das ist dann ein so genannter Quench,dann geht dieser Magnet dann von einem supraleitenden in einen normalleitendenZustand über und das möchte man einfach vermeiden während des Betriebs,weil das dauert dann acht bis zwölf Stunden bis man wieder recoveren kann unddas ist natürlich Maschinenzeit, die dann verloren geht.Und deswegen möchte man, bevor man solche Teilchen in den Magneten verliert,möchte man sie lokalisiert in sogenannten Kollimatoren.Das sind im Prinzip Metallblöcke, die möglichst nah am Strahl positioniert sind,aber nicht zu nah, um den Hauptstrahl zu absorbieren,aber eben Teilchen, die dann aufgrund der Kollisionen wird der Strahle auchimmer größer und größer,dann kann es passieren, dass eben Strahlteilchen zu höherer Amplitude kommenund die werden dann von diesen Metall-Kollimatoren absorbiert,bevor sie den Magneten treffen würden.
Tim Pritlove 1:28:34
So ein Absicherungssystem. Aber bist du schon mal rumgefahren?
Alexander Huschauer 1:28:40
Rumgefahren noch nie.
Tim Pritlove 1:28:41
Ist auch ein bisschen langweilig.
Alexander Huschauer 1:28:43
Geht auch gar nicht, weil du hast dann diese Interaktionspunkte,da ist dann wirklich die Maschine, der Beschleuniger ist getrennt von dem Experiment,das dahinter in dieser großen Halle steht.Da könntest du jetzt auch nicht weiterfahren.
Tim Pritlove 1:28:58
Okay, es ist eh segmentiert.
Alexander Huschauer 1:29:00
Ja, es gibt verschiedene Sektoren, nennt man das im LHC zum Beispiel.
Tim Pritlove 1:29:06
Okay, da ist man auf jeden Fall ganz gut unterwegs. Aber es ist auf jeden Fallein Maschinenpark, der sich sehen lassen kann und es ist die größte Maschine der Welt, oder?
Alexander Huschauer 1:29:16
Absolut, es ist die größte Maschine der Welt, der LHC. Der Beschleunigerkomplexist der größte Beschleunigerkomplex der Welt.Also wir haben hier schon einiges an Potenzial zu bieten, das dann natürlichauch sehr ansprechend ist für verschiedenste Institute, Universitäten dergleichenaus aller Welt, die dann hierher kommen, um ihre Experimente durchzuführen.
Tim Pritlove 1:29:36
Vielleicht zum Schluss nochmal so ein Blick in den Rest der Welt.Das ist ja aber nicht das einzige Synchrotron.Es gibt ja auch Beschleunigerringe an anderen Standorten.Was sind denn so die nächstgrößten Systeme und gibt es irgendeinen der auchnochmal ein ganz anderes Prinzip verfolgt oder andere technologische Ausrichtungenhat in irgendeiner Form?
Alexander Huschauer 1:29:59
Also es gibt natürlich ein paar Laboratorien, die sich wirklich mit Grundlagenphysik beschäftigen.Aber die Teilchenbeschleunigung oder die Anwendung der Teilchenbeschleunigerin der Grundlagenphysik macht nurungefähr 4-5 Prozent der Anwendung der Teilchenbeschleuniger weltweit aus.Natürlich gibt es einige größere Maschinen. Es gab zum Beispiel das TevatronFermilab, die haben genauso Protonen-Antiprotonen-Kollisionen gemacht in der Nähe von Chicago.Es gibt das Brookhaven National Lab in der Nähe von New York.Dort gibt es den Relativistic Heavy Ion Collider.Es gibt dann eben einerseits diese RIG, der Gold beschleunigen kann,wie er auch die Bleionen beschleunigen kann und können, um dann so ein Quark-Gluon-Plasmaherzustellen, wie es zum Beispiel in dem Alice-Detektor vor allem untersucht wird.Also um so eine Suppe von Teilchen im Prinzip zu erzeugen, die.Wo jetzt keine Atomkerne mehr gebunden sind, wo alle Teilchen frei herum existierenund diesen Status knapp nach dem Urknall im Prinzip zu reproduzieren.Und das kann man am RIG untersuchen, das kann man am LAC untersuchen mit Blei.Dann gibt es Programme in China zum Beispiel, um auch größere Beschleunigerzu bauen, die existieren aber noch nicht. Das ist ein bisschen so vielleichtein Konkurrenzprogramm.Es gab früher, am CERN gab es auch der SPS, der war früher mal ein Protonen-Antiprotonen-Kollider.Der ist dann umgebaut worden, der hat begonnen als SPS, als Protonenmaschine,wurde dann umgebaut in eine Protonen-Antiprotonen-Maschine und später wiederzurückgebaut in eine reine Protonenmaschine.Und dann gibt es halt extrem viele Anwendungen in Medizin,in Industrie, von wesentlich kleineren Anlagen,die Energien sind dann nicht mehr vergleichbar, aber gerade in Krankenhäusern,wo man Radioisotope herstellt, um die dann für Bildgebung zu verwenden,Positronenemissionstomographie, wo man etwas injiziert bekommt in den Körper,das sich dann zum Beispiel an Tumorzellen anlagern kann, erzeugt dann Photonen,die gemessen werden von Detektoren.Diese Stoffe muss man irgendwo erzeugen, dann muss man sie in den Körper bringen.Und dann gibt es natürlich auch Strahlentherapie, kann passieren mit Elektronenund dann Gamma-Strahlen,die erzeugt werden, es gibt Protonen oder Kohlenstoff-Ionen-Zentren,die wirklich dazu dienen, dass jetzt Krebstumore behandelt werden.Und je nachdem, ob man jetzt Elektronen verwendet zum Beispiel,wenn man oberflächennahe Tumore hat, kann man relativ gut Elektronen verwenden,weil die einen Großteil ihrer Energie nahe der Oberfläche, nahe der Haut nachdem Eindringen in den Körper verlieren.Andererseits dann, wenn man einen Tumor hat, der an kritischen Stellen sitzt,jetzt zum Beispiel neben dem Herz, hinter dem Aug, im Gehirn irgendwo,dann möchte man nicht unbedingt den Großteil der Energie beim Eintritt in denKörper verlieren und dann weniger Energie am Schluss überhaben.Da verwendet man Protonen und Kohlenstoff zum Beispiel, weil man mit denen dezidierteinstellen kann, wo soll die Energie verloren werden und somit kann man wirklichso einen Tumor scannen aus verschiedensten Richtungen und diese Tumorzellendann mit so einem Synchrotron zerstören.Das heißt, das braucht dann aber für so Protonen- oder Kohlenstoffionentherapiebraucht es wirklich ein eigenes Beschleunigerzentrum mit eigenem LINAC,Quelle LINAC, Synchrotron, verschiedenste Behandlungsräume, Transferlinien,während so Elektronenbeschleuniger dann vielleicht so drei, vier,fünf Meter Platz brauchen und dann wesentlich besser in ein Krankenhaus hineinpassen zum Beispiel.Und dann gibt es das noch in der Industrie, dass man sterilisiert zum Beispiel,Bakterien abtötet, dass man biologische Experimente versucht,dass man in der Halbleiterindustrie die die Oberflächenbeschaffenheiten verändert,indem man Ionen mit Beschleunigern einbringt in verschiedene Elemente.Also es gibt wirklich eine riesige Bandbreite an Anwendungen von Beschleunigern,die über die Grundlagenforschung hinaus geht.
Tim Pritlove 1:34:22
Okay, also wenn man sich da ein bisschen auskennt, gibt es genug Betätigungsfelderauf jeden Fall. Aber am CERN scheint ja noch genug abzusehen zu sein,dass hier noch genug Ingenieursbedarf ist auf absehbare Zeit.Ja, Alexander, dann würde ich sagen, haben wir es erstmal oder haben wir nochirgendwas ganz Wichtiges vergessen, was du noch allen mit auf den Weg geben willst?
Alexander Huschauer 1:34:46
Naja, vielleicht so.Abschluss können wir noch ein bisschen die Verbindung zum Kosmos wiederum machenmit einem der Experimente, das wir auch hier haben, nämlich Cloud.Jenes Experiment, das untersucht, wie Wolken formiert werden,wie verschiedenste kleine Teilchen, wie Aerosole am Himmel,in den verschiedenen Atmosphären, Ebenen zu dieser Wolkenbildung beitragen undvor allem wie der Einfluss von kosmischen Strahlen auf diese Wolkenproduktion ist.Da haben wir eine sogenannte Cloud Chamber, das ist im Prinzip eine große Stainless-Steel-Chamber,die extrem gute Oberflächeneigenschaften aufweist.Innerhalb dieser Kammer werden dann verschiedene Gase eingelassen,verschiedene Aerosole zugefügt.
Tim Pritlove 1:35:43
Was heißt denn extrem gute Oberflächenbeschärfung? Also gut in welcher Hinsicht? Glatt?
Alexander Huschauer 1:35:47
Genau, damit sich dort eben an den Wänden keine Elemente anhaften können,sondern dass die wirklich in diesem Volumen der Kammer dann existieren und zuder Wolkenbildung beitragen.Und dann kann man einerseits untersuchen, wie so Aerosole in der Luft auch alsKeime für Wolken dienen dienen und wie die physikalischen Modelle,übereinstimmen mit diesen Experimenten und andererseits kann man dann von demPS einen Strahl von Protonen auf wiederum so ein Target schicken,Sekundärteilchen erzeugen, die dann durch diese Kammer hindurch gehen und sichanschauen, wie diese quasi nachgebildeten kosmischen Strahlen die Wolkenbildung beeinflussen.
Tim Pritlove 1:36:30
Tun sie denn?
Alexander Huschauer 1:36:32
Sie tun auf jeden Fall zu einer gewissen Art und Weise.Man kann nämlich solche durch Kollisionen, wenn diese Teilchen kollidieren mitden Molekülen, dann werden andere Teilchen erzeugt, andere Aerosole,die dann wiederum ein Keim sein können für weitere Wolkenbildung und so.Was die Frage ist jetzt natürlich auch im Hinblick auf Klimawandel,inwiefern sind diese Wolken ausschlaggebend für den Klimawandel,wie gut passen unsere Modelle, wie gut können wir das vorhersagen,weil das eine große Unsicherheit ist, um die Zukunft auch vorauszusagen.Und deswegen gibt dieses Experiment auf jeden Fall gute, sage ich mal,grundlegende Einblicke, wie die Physik dahinter funktioniert und wie wir unsereModelle verbessern können, umin Zukunft einfach immer besser und bessere Vorhersagen machen zu können.
Tim Pritlove 1:37:24
Wahnsinn, unglaublich praktisch so ein Beschleuniger. Ich finde,jeder sollte einen haben. Vielleicht gibt es ja demnächst auch im Supermarkt.Alexander, Vielen vielen Dank für die Ausführung, das war sehr aufschlussreich und spannend.
Alexander Huschauer 1:37:37
Dankeschön, hat mich gefreut beim Gespräch, danke dir.
Tim Pritlove 1:37:40
Ja und ich bedanke mich auch wieder fürs Zuhören hier bei Raumzeit.Bald geht es weiter hier im Programm mit dem CERN und noch so einiges auf euch zu. Tschüss, bis bald!

Shownotes

RZ111 CERN: Geschichte und Erfolge

Das CERN in Genf und die Grundlagenforschung für Teilchenphysik

1954 gegründet, war das CERN von Anfang an Friedens- und Forschungsprojekt in einem. Der aufsteigenden Bedeutung der Kernforschung trug dieser neue Standort in Genf Rechnung und versammelte Wissenschaftler aus Europa und aller Welt, um zu erforschen, was die Welt im innersten zusammenhält. In seiner über 70-jährigen Geschichte konnte das CERN nicht nur grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse liefern sondern machte auch durch nebenläufige Durchbrüche wie die Erfindung des World Wide Webs von sich reden. Als 2012 durch die Experimente am CERN auch noch das lang gesuchte Higgsfeld bestätigt und damit der letzte gesuchte Baustein des Standardmodells der Teilchenphysik gefunden wurde, hatte das CERN die Aufmerksamkeit der ganzen Welt und steht seitdem wie kein anderer Standort für die Bedeutung der Grundlagenforschung in der Wissenschaft.

Dauer:
Aufnahme:

Manfred Krammer ist Leiter des Experimental Physics Department am CERN, das die Schnittstelle zu allen wichtigen Gruppen innerhalb des CERN darstellt. Wir sprechen über die Geschichte des CERN und die Anfänge der Grundlagenforschung in der Teilchenphysik, über die ersten Meilensteine des CERN und die Besonderheit der Entdeckung des Higgsfelds.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove 0:00:34
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Pridlaff und ich begrüße alle hier zur 111.Aufnahme von Raumzeit und ja, ich reise ja immer gerne im Rahmen dieses Podcastsund hab schon den ein oder anderen Standort in Europa abgeklappert.Eins fehlte mir auf jeden Fall noch und das war ein Standort in Genf.Konkret befinde ich mich jetzt hier am Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire.So wie es eigentlich offiziell nicht mehr heißt, aber mal hieß und die Abkürzungnach wie vor beibehalten hat, nämlich das CERN.Also hier der Standort für Kernforschung und Europa, finde ich,wird der Sache gar nicht so richtig gerecht.Eigentlich ist es der internationale Standort für Kernforschung.Was es genau ist und welche Bedeutung das hat, warum es das gibt,das erzählt uns heute mein Gesprächspartner für heute, nämlich Manfred Krammer.Hallo, herzlich willkommen bei Raumzeit.
Manfred Krammer 0:01:45
Ja, hallo. Ich freue mich auch, dass ich heute dabei sein kann.Mein Name ist Manfred Gramer. Ich komme, wie man vielleicht aus meinem Dialekt hört, aus Wien.
Tim Pritlove 0:01:56
Hört man. Genau. Und Sie sind Head of Experimental Physics Department. Schon länger?
Manfred Krammer 0:02:04
Seit 2016, also etwas mehr als sieben Jahre, leite ich hier die experimentelle Abteilung.
Tim Pritlove 0:02:09
Die sich um was genau kümmert? Also ich meine hier gibt es ja viele Leute,die hier arbeiten. Ich weiß gar nicht wie viele Leute hier arbeiten mittlerweile beim CERN.
Manfred Krammer 0:02:17
Ja gar nicht so viele. Vom CERN direkt bezahlt ungefähr 3500.Aber zwischen 12.000 und 13.000,Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt betreiben hier ihre Forschung.
Tim Pritlove 0:02:32
Sozusagen als Gast?
Manfred Krammer 0:02:34
Wissenschaftler bezahlt von ihren Heimatinstituten, aber sie sind manche ihrganzes Leben, ihr ganzes Forschungsleben hier an Zern, andere kommen vielleichtnur ein, zwei Wochen pro Jahr für Meetings.
Tim Pritlove 0:02:48
Das Experimental Physics Department kümmert sich konkret wo drum?
Manfred Krammer 0:02:51
Wir kümmern uns um die Infrastruktur. Wir helfen diesen Gastwissenschaftlernhier ihre Experimente durchzuführen.Das heißt, wir betreuen die Experimente, alle Experimente an Zern und meineAbteilung ist natürlich an einigen, hauptsächlich natürlich an den großen Expertendirekt auch als Institut beteiligt.
Tim Pritlove 0:03:11
Und das heißt Sie sind so ein bisschen auch die Schnittstelle zu diesen anderenWissenschaftlern sozusagen, vom internen Team nach außen.
Manfred Krammer 0:03:19
Wir sind die Schnittstelle zu den internationalen Teams, wir sind aber auchauf der anderen Seite die Schnittstelle zu den sehr internen Abteilungen.Zur Maschine, zum Legal Service, zu den Human Resources, also wir sind sozusagendie Schnittstelle für die User und die Experimente.
Tim Pritlove 0:03:41
Alright, dann schauen wir doch vielleicht nochmal kurz auf Ihre persönlicheGeschichte. Wann hat es denn angefangen mit der Wissenschaft bei Ihnen?
Manfred Krammer 0:03:49
Ja, ich habe in Österreich auf der Technischen Universität Technische Physikstudiert und bin relativ früh mit dem CERN in Berührung gekommen.Ein Professor von mir hat mich für ein Praktikum empfohlen, aus dem dann eineDiplomarbeit geworden ist.Das war Anfang oder Mitte der 80er Jahre.Nach kurzem Aufenthalt zurück inWien bin ich dann für meine Dissertation ebenfalls an den CERN gekommen.Ja und damit war es um mich geschehen. Ich war sozusagen ein CERNOA und habedann den Rest meines Forschungslebens nicht direkt am CERN verbracht,sondern bei einem Institut in Österreich, Institut für Hochenergiephysik,Aber ich habe immer für Experimente am CERN gearbeitet.Bin also sozusagen immer hin und her gebändelt, bis ich dann 2016 eingeladenwurde, die Leitung des Physikdepartements zu übernehmen.
Tim Pritlove 0:04:45
Schon eine große Ehre, oder?
Manfred Krammer 0:04:48
Ist eine große Ehre und eine sehr, sehr interessante, abwechslungsreiche Aufgabe.
Tim Pritlove 0:04:56
Kann ich mir vorstellen. Heute wollen wir ja so ein bisschen mal in Geschichteund Wesen der Organisation einsteigen und ich kann auch gleich verraten,das wird hier nicht die letzte Sendung sein, die ich vom CERN sende oder hier aufnehme,sondern es wird eine ganze Reihe von Gesprächen geben, die hier ins Detail gehen,insbesondere was die einzelnen Instrumente betrifft und wir wollen das haltdann entsprechend noch vertiefen.Das ist also jetzt in gewisser Hinsicht nur der Auftakt.Und ja, jetzt müssen wir mal so ein bisschen in die Geschichte auch der Wissenschaft zurückrudern,weil Kernforschung, klar, das war dann halt irgendwann mal ein Thema,aber gab ja auch mal eine Zeit, da wusste man noch gar nicht,dass es sowas gibt wie ein Kern.Also konkret geht es ja hier um den Atomkern, die Atomkernforschung und dasist ja sagen wir mal in dem Bereich auch wirklich der Ort für Grundlagenforschung.Also sehr viel mehr Grundlagenforschung glaube ich als hier geht nicht.Und wer sich vielleicht auch gewundert hat, warum ich das Thema überhaupt hierin einen Podcast reinwerfe, der eigentlich ganz klar mit Raumfahrt angefangen hat.Für mich ist so ein bisschen Zern Raumfahrt auf dem Boden, so wie Raumfahrtja auch oft so ein bisschen Zern in Space ist. Also nicht alles ist deckungsgleich,aber sehr viel der Erkenntnislage wird ja im Weltall gewonnen.Aber vieles wird eben auch teilweise hier gewonnen und letzten Endes arbeitenbeide Bereiche ja extrem an der Erforschung der Grundlagen.Aber wann entstand denn überhaupt in der Wissenschaft die Notwendigkeit dieseArt von Forschung vorzunehmen?
Manfred Krammer 0:06:45
Ja, vielleicht sollte man, wenn man über die Geschichte des CERN spricht,auch die Motivation für die Gründung des CERN erwähnen.CERN wurde 1954 gegründet, also nächstes Jahr feiern wir 70 Jahre.Und eine der Hauptmotivationen für die Gründung war, den CERN als eine Art Integrationsprojektfür westeuropäische Wissenschaftler zu gründen, kurz nach dem furchtbaren Zweiten Weltkrieg.Da sah man darin eine Notwendigkeit. Der CERN war sozusagen eines der erstenIntegrationsprojekte in Europa.Und als Forschungszweig hatte man, wie Sie schon erwähnt haben,Kernphysik ausgewählt.Und das war damals die Zeit, als man begonnen hat, kernphysikalische Untersuchungenmit Beschleunigern durchzuführen.Und daher wurde als erstes Gerät hier am CERN, aus heutiger Sicht ein relativkleiner Beschleuniger, das Synchrozyklotron, gebaut.Das ist eine Maschine, die man heute als Museumsstück noch an dem Originalort besichtigen kann,passt in eine Halle, ist ein großer Magnet, in dem Protonen auf gewisse Energien beschleunigt werdenund dann für kernphysikalische Untersuchungen zur Verfügung stehen.Und damit hat man damals exotische Teilchen untersucht.Diese hat man vorher in der kosmischen Strahlung gefunden. Die Erde wird jaandauernd von der kosmischen Strahlung bombardiert, die größtenteils aus Protonen besteht.Und diese Protonen erzeugen kernphysikalische Reaktionen in der Atmosphäre.Und bei Untersuchung dieser, was dann bis zur Erde herunterkommt,die langlebigen Teilchen, hat man Teilchen gefunden, die neu sind, die exotisch waren.Das ist zum Beispiel das Myon, ein schwerer Verwandter des Elektrons,beziehungsweise hat man dann Teilchen gefunden, die auch nicht in das damaligesehr einfache Schema gepasst haben.Aber natürlich, Untersuchungen der kosmischen Strahlung, das lässt sich sehrschwer planen. Und wie ich bereits gesagt habe, nur die langlebigen Teilchen,die bei diesen Reaktionen entstehen, kommen bis zur Erdoberfläche.Daher war der nächste Schritt, man macht das kontrolliert mit Hilfe von Beschleunigern.
Tim Pritlove 0:09:07
Aber gehen wir vielleicht nochmal ein bisschen zurück in der Wissenschaftsgeschichte,weil das Tor für diesen ganzen Forschungsbereich und überhaupt das Verständnisdieser Welten und das Bedürfnis das zu untersuchen begann ja im Prinzip erst so grob Anfang des 20.Jahrhunderts. So als die großen Revolutionen angestoßen wurden in beide Richtungen,Relativitätstheorie von Einstein, aber eben dann vor allem auch die ganzen Erkenntnisserund um die Quantenmechanik und dieses Bemühen der Wissenschaft überhaupt erstmalsozusagen zu verstehen, wie man so schön sagt, was die Welt im Innersten zusammenhält.Noch mal Goethe zitiert zu haben und das musste sich ja dann auch erst mal findenund auch dieses Konzept von Strahlung,Radioaktivität, also wann hat sich denn überhaupt das wissenschaftliche Bildsoweit geformt, dass man wusste womit man es zu tun hat?
Manfred Krammer 0:10:02
Ich habe gar nicht so sicher mit den Experimenten von Rutherford,Alpha-Strahlung auf Goldfolien.Da hat man zum ersten Mal gesehen, dass es so etwas wie einen Kern geben muss,dass die Materie durchlässig ist, aber aus Korpuskeln, aus Kernen besteht.Ich würde sagen, das war der Beginn des Verständnisses, des Aufbaus der Materie.Vorher hat man wahrscheinlich einen schwammigen Begriff von Materie gehabt,aber zu dem Zeitpunkt hat man dann begonnen, Teilchen zu identifizieren.Kerne und das erste Elementarteilchen und ein Elementarteilchen,um das vielleicht zu erklären, ist ein Teilchen, das sich nicht weiter unterteilenlässt, sozusagen mit unserem Wissen heute punktförmig ist.Und das erste dieser Elementarteilchen war das Elektron, das man entdeckt hatvor etwas mehr als 100 Jahren.
Tim Pritlove 0:10:54
Und bis dahin gingen wir ja davon aus, dass das Atom das schon vielleicht sei,weil das ja eigentlich der historische Name ist, der Unteralpakan.
Manfred Krammer 0:11:02
Damals oder schon noch einige Jahre vorher glaubte man das Atom ist der kleinstemögliche Baustein der Materie.
Tim Pritlove 0:11:09
Aber war halt nicht so. Genau und dann ist halt daraus sozusagen die Erkenntnisdarüber langsam geworden, dass es eben Teilchen gibt, aber ich glaube man hatam Anfang auch nicht im Ansatz damit gerechnet so viele unterschiedliche zu finden.
Manfred Krammer 0:11:23
Man hat am Anfang ein paar Teilchen gefunden, man hat einen Kern gefunden,hat festgestellt, der Kern besteht noch aus Protonen und Neutronen,man hat das Elektron gehabt und eigentlich hätte das auch ausgereicht und reichtauch aus, um das Biodensystem der Elemente zu erklären.Und dann kam, was ich vorher vielleicht schon erwähnt habe, Untersuchungen,dass der kosmischen Strahlung als plötzlich ein Teilchen auftauchte,das Myon, das ähnliche Eigenschaften hat wie das Elektron, nur viel schwererwar. Das hat gar nicht reingepasst.
Tim Pritlove 0:11:53
Aber wie konnte man denn das, also was hat sich denn da technisch bereits entwickelt,dass man das überhaupt messen konnte?
Manfred Krammer 0:11:59
Es wurden die ersten Detektoren entwickelt, die solche Teilchenspuren nachweisen konnten.Es gab damals die ersten Detektoren, die nicht nur nachweisen konnten,dass es Strahlung gibt, sondern auch verschiedene Größen dieser Teilchen messen konnte,wie Ablenkungen in einem Magnetfeld, Spuren und daraus konnte man dann schließen,dass es sich um ein anderes Teilchen handelt als das Elektron.
Tim Pritlove 0:12:34
Und dann gab's ja dann diesen Pfad dahin, dass man irgendwie gesagt hat,ich weiß nicht so ganz genau, wie so die Abfolge war, aber ein Teilchen kommtdazu, das Myon kommt dazu, also irgendwann bestand ja sozusagen dieser Bedarfmit, okay wir müssen das Feld neu sortieren.Wir müssen hier in irgendeiner Form ein neues Konzept finden.Man kam so vom Atom, das dann auf einmal aus Teilen bestand und jetzt muss jaquasi die Formel wieder neu aufgestellt werden.
Manfred Krammer 0:13:06
Ja, die Physik und im Speziellen natürlich, was wir jetzt Teilchenphysik nennen,ist ein Wechselspiel zwischen Theorie und Experiment.Die Experimentatoren messen etwas, finden etwas Neues, messen eine Abweichungund dann gibt es Theoretiker, die das versuchen zu erklären,die daraus ein Modell basteln, um das zu erklären.Umgekehrt kann es natürlich auch sein, dass Theoretiker ein Modell aufstellenund dann etwas vorhersagen, nachdem die Experimentatoren suchen und es entwederbeweisen oder falsifizieren.Also es ist ein Ping-Pong-Spiel zwischen Experimenten und Theoretikern und diesesPing-Pong-Spiel hat langsam zur Entwicklung eines Modells, einer Theorie geführt,die wir jetzt das Standardmodell der Teilchenphysiker nennen.Begonnen hat es natürlich sehr einfach.Ein paar einfachen Teilchen und Theorien, die das erklären konnten.Dann fand man etwas, was da nicht hineinpasst.Dann haben wieder ein paar sehr clevere Theoretiker ein anderes Modell vorgeschlagen,das aber auch Vorhersagen gemacht hat. Und da sind wir dann schon in der Zeitdes Zern und der Teilchenphysik mit Beschleunigern.Denn diese Vorhersagen konnten dann zum ersten Mal einen Beschleuniger überprüft werden.Zum Beispiel mit dem Synchrozyklotron am CERN konnte eine gewisse Theorie zurFall von Pionen das erste Mal gemessen werden und somit ein Teil,was wir jetzt das Standardmodell nennen, bewiesen werden.
Tim Pritlove 0:14:42
Ich würde gerne mal diesen Gedankengang versuchen nachzuvollziehen,warum man jetzt sozusagen auf Beschleunigung kam.Also man versucht ja zu beobachten. Man hat jetzt durch verschiedene Experimente,wie das erwähnte Rutherford Experiment, also erstmal rausgefunden,okay da strahlt was und so wie wir das beobachten, passt das mit unserer bisherigenTheorie nicht mehr zusammen. Es muss sozusagen Teilchen geben.Was ist denn dann sozusagen die Entwicklungskette da in der in der Theorie undin der Praxis und in der Technik gewesen zu sagen wir müssen jetzt irgendwasbeschleunigen um hier näher an die Wahrheit zu kommen?
Manfred Krammer 0:15:24
Die Beschleuniger brauchen wir.Teilchen zu erzeugen, die eine höhere Masse haben.Je stärker die Energie ist, die wir im Beschleuniger erzeugen können,umso schwerere, massereichere Teilchen können wir erzeugen. E ist gleich imc², die berühmte Formel.Und als offensichtlich war, dass es schwerere Teilchen geben muss,hat man begonnen, immer größere Beschleuniger zu bauen. Und tatsächlich mitjedem neuen Beschleuniger, der ein neues Energiespektrum eröffnet hat,hat man wirklich was Neues gefunden.Das ging sehr lange so.
Tim Pritlove 0:15:59
Aber warum muss die Masse, also wie geht der Gedankenschluss zu diesem Ansatz?
Manfred Krammer 0:16:06
Ich habe das schon erwähnt, dass sich wie ein Elektron erhält,nur eine größere Masse hat.Ähnliche Teilchen hat man beiden Hadronen gefunden, also Teilchen die aus Quarks zusammengesetzt sind.
Tim Pritlove 0:16:20
Also das was den Atomkern ausmacht.
Manfred Krammer 0:16:21
Kern auch ausmacht. Das sind Atomkern, besteht aus Neutronen und Protonen, das sind Hadronen.Dann kennen wir aber auch sogenannte Mesonen, die bestehen ebenfalls aus Quarks,aus zwei Quarks und davon gibt es auch eine ganze Reihe.Das erste Teilchen, das man kennengelernt hat, war das sogenannte Pion und dannhat man ein Teilchen gefunden, das Kaon, das sich wiederum ähnlich verhaltenhat als das Bion, aber schwerer war, wie wir jetzt wissen, weil es ein schwereres Quark enthält.Und um diese von Bionen auf Kaonen, um das immer weiter zu untersuchen,hat ein Beschleuniger mit immer höheren Energien gebraucht.
Tim Pritlove 0:17:07
Also was macht das Prinzip der Beschleunigung? Wie kam man überhaupt darauf,dass man einen Beschleuniger braucht?Das so ein bisschen versuche ich gerade herauszufinden.
Manfred Krammer 0:17:18
In der Analogie, ich denke jetzt, das ist natürlich lang vor meiner Zeit gewesen,ich denke natürlich in der Analogie zur kosmischen Strahlung.Wir wissen ja, kosmische Strahlung hat sehr hohe Energie, wusste man damals sicher auch.Die kosmische Strahlung trifft auf die Atome, Atomkerne der Gashülle und wennman das nachvollziehen möchte im Labor braucht man natürlich Beschleuniger,um Protonen auf höhere Energie zu bringen, um dieses Phänomen der kosmischenStrahlung nachvollziehen zu können unter kontrollierten Bedingungen.
Tim Pritlove 0:17:55
Das gibt mir auch die Gelegenheit auf eine andere Sendung zu verweisen,die ein bisschen mit diesem Thema zusammenhängt, Raumzeit 104.Da geht es um das Cherenkov Teleskop Array, was ja auch die kosmische Strahlungversucht zu analysieren und dabei eben konkret diesen Effekt,diese Cherenkov Strahlung auswertet, während die kosmische Strahlung auf dieAtmosphäre der Welt, der Erde auftaucht und dort halt Lichtspuren hinterlässt,die in diesem Fall von diesem Array gemessen werden.Und das ist im Prinzip das, was man im Beschleuniger versucht nachzubauen.Hier liegt die Masse zwar rum, aber sie ist halt nicht schnell und wenn mansie irgendwie beschleunigen will, muss man sie halt irgendwie auf Trab bringen.Das heißt, das sind wir jetzt sozusagen in der Zeit kurz vor CERN.Das war sozusagen die Erkenntnis.Es wurden erste Beschleuniger-Systeme gebaut in einem sehr überschaubaren Raumund man hat einfach gesehen,okay, jetzt haben wir hier schon eine ganze Halle voll gebaut oder wie großdie ersten Beschleuniger auch immer gewesen seien, mögen wir brauchen das jetzt mal in größer.
Manfred Krammer 0:19:07
Ja der erste Beschleuniger wie ich schon gesagt habe passt noch in eine Halle.Parallel dazu wurde aber auch der nächste Beschleuniger schon geplant und mitdem Bau begonnen. Das ist das Proton Synchrotron.Das hat immerhin schon einen Umfang von fast 800 Meter und damit hat man jetztdann natürlich deutlich höhere Energien erreicht und konnte damit Teilchen studieren,die noch höhere Massen haben.Das Prinzip war damals das sogenannte Fixed-Target-Experiment-Prinzip.Man hat hauptsächlich Protonen in diesen Beschleunigern auf hohe Energien gebrachtund diese dann auf ein Target geschossen.Das Target ist ein Materieblock, das kann Blei sein,Eisen sein, aber auch Wasserstoff, Gas und hat dann untersucht,welche Wechselwirkungen, welche Reaktionen diese hochenergetischen Protonenin dem Target verursachen.Indem man nach dem Target die Detektoren aufgebaut hat. dann konnte man dieTeilchen untersuchen, die bei den Reaktionen entstehen.Und das BS, das ebenfalls Ende der 50er Jahre gebaut wurde, ist noch immer im Betrieb.Es ist ein Vorbeschleuniger jetzt vom großen LHC, zu dem wir sicher noch sprechen kommen.Also diese Maschine ist nach einigen Verbesserungen aber immer noch im Betrieb.
Tim Pritlove 0:20:33
Dann münden wir doch mal sozusagen in die konkrete Entstehungsgeschichte ein.Also die Wissenschaft hat sozusagen erstmal festgestellt, gut,Kernforschung ist wichtig, weil das ist etwas, was uns überhaupt erstmal dieGrundlagen bringt, Physik überhaupt zu verstehen und die offenen Fragen zu beantworten.Und mit den Grundlagen, die so in den 30er Jahren gelegt wurden,theoretischer Natur und dann praktischer Natur, kann man dann eben schnell aufdiesen Punkt so beschleunigen, sind ein wenig der Schlüssel zur Erkenntnis.Das würde ich mal so festhalten.Also es ist jetzt nicht nur so irgendeine Technologie,sondern es ist schon so eine richtige Schlüsseltechnologie, die wirklich dazubeitragen kann, diesen Teilchen zu überhaupt erstmal zu kartieren und dann ebenauch daraus Schlüsse zu ziehen, was gehört jetzt hier eigentlich zu was,was hat worauf einen Einfluss, was besteht aus was.Also Beschleuniger sind nicht irgendwas, sondern Beschleuniger sind sozusagen essentiell.Und das ist dann das, was letzten Endes, gerade eben nach dem Krieg,sozusagen das verbindende Element war,wo man gesagt hat, okay es ist jetzt Zeit für ein wirklich großes wissenschaftlichesGesamtexperiment und einen neuen Standort und dann eben in dem Zuge vielleichtauch noch so ein Friedensprojekt,um an dieser Stelle die Grundlage zu schaffen für die weitere wissenschaftliche Forschung.Kann man das so stehen lassen? Ja, ja.Dann sind wir jetzt sozusagen in den 50er Jahren. Womit fing es denn hier an?
Manfred Krammer 0:22:10
Deswegen, wie ich schon gesagt habe, mit dem ersten kleineren Beschleunigeran, mit den ersten kernphysikalischen Experimenten.Wie gesagt, den Begriff Hochenergiephysik, Teilchenphysik, hat es damals sicherlich noch nicht gegeben.Dann die nächste Maschine, um zu höheren Energien zu kommen,war der Proton-Synchrotron.Damit konnten dann Teilchen erzeugt werden, die deutlich höhere Energien haben.Die wurden in der Zwischenzeit bei anderen Forschungseinrichtungen entdeckt,wie zum Beispiel das Chum-Teilchen in Amerika, Reaktionen, wo diese Teilchenmit ins Spiel kommen konnten, dann am CERN ebenfalls untersucht werden.Die Erkenntnis kam dann im Wechselspiel, wie ich bereits gesagt habe,mit der Theorie, dass es noch schwerere Teilchen geben musste.Dann schon langsam die Erkenntnis gekommen, dass man zur Erklärung der Phänomene,die wir sehen, es mehr als diese drei, vier damals bekannten Quarks,wir reden jetzt hauptsächlich von Quarks, geben muss.Und daher hat man dann begonnen, einen noch größeren Beschleuniger am CERN zubauen. Jetzt sind wir am Anfang der 70er Jahre. Das ist das sogenannte SPS.Das war dann immerhin immerhin bereits ein Beschleuniger mit ungefähr 7 km Umfang,der wiederum noch immer benützt wird als Vorbeschleuniger für den LHC.
Tim Pritlove 0:23:38
Jetzt muss ich nochmal ein bisschen auf die Technik als solche zu sprechen kommen,damit auch alle das nachvollziehen können. Bei so Beschleuniger hört man haltimmer so, okay, alles klar, wir beschleunigen jetzt hier so die Teilchen.Das macht man ja nicht eben so mit Haushaltsgerät.Man nimmt also irgendein Atom oder ein Teil davon und will den jetzt sozusagenauf die Reise schicken. Man will hohe Geschwindigkeiten erzeugen.Jetzt nimmt man ja nicht eine Zwille, sondern man muss ja in irgendeiner Formsowas leiten und es handelt sich ja immer um etwas extrem kleines.Was sind also sozusagen die Grundkomponenten, die man braucht,um diese Beschleunigung überhaupt zu erreichen?
Manfred Krammer 0:24:16
Ja zum einen muss ich das widersprechen, man macht es auch mit Haushaltsgeräten.Tatsächlich. zumindestens die Zuhörer, die noch einen Röhrenfernseher zu Hausehaben, das ist ein einfacher Beschleuniger.Die Elektronen werden in der Röhre beschleunigt und treffen dann den Schirmund erzeugen den Lichtblitz. Ein einfacher Beschleuniger.Durch Anlegen eines elektrischen Feldes werden Elektronen beschleunigt.Das ist das Grundprinzip eigentlich, nachdem auch die großen Beschleuniger funktionieren.Auch hier erzeugen wir ein elektrostatisches Feld.Und in diesem Feld, bei Durchlaufen des Feldes, werden die geladenen Teilchen,egal ob es jetzt Elektronen oder Protonen sind, beschleunigt.So, das ist das einfache Prinzip eines Linearbeschleunigers.Jetzt, Linearbeschleuniger hat natürlich das Problem, dass man die Teilchen,dass er sehr lang werden kann.Und daher ist man übergegangen, Kreisbeschleuniger zu bauen.Und um geladene Teilchen auf einem Kreis zu halten, braucht man Magneten.Ein geladenes Teilchen, das fliegt, beschleunigt wird, würde nur geradeaus fliegen.Jetzt brauche ich einen Magneten, um die Teilchen auf eine Kreisbahn zu zwingen.Und dann kann ich die Teilchen durch dieses elektrostatische Feld bei jederUmdrehung durchschicken.Ich habe also eine Beschleunigungsstrecke und die Teilchen fliegen da zigmalin der Sekunde durch und werden zu immer höheren Energien beschleunigt.Das ist der Prinzip eines Kreisbeschleunigens. Also ich brauche ein elektrostatischesFeld und Magneten, die die Teilchen auf einer Kreisbahn halten.Die Energie ist jetzt beschränkt durch die Energie, die ich zuführen kann durchdas elektrostatische Feld, aber auch durch die Abstrahlung, die Teilchen produzieren,wenn sie auf einer Kreisbahn fliegen.Ein Teilchen, das in eine Kreisbahn gezwungen wird, strahlt Energie ab,die ich wieder zuführen muss.Das kann ich jetzt insofern umgehen, als ich immer mehr Energie zuführe oderden Ring größer machen, damit weniger abgestrahlt wird.Das ist das Wechselspiel zwischen Größe eines Beschleunigers,elektrostatisches Feld und dann auch Magnetfeld.Das ist der Grund, warum, wenn ich zu höheren Beschleunigern komme,möchte ich zu höheren Energien kommen, weil ich immer größere Ringe brauche.
Tim Pritlove 0:26:47
Also ein klassisches Bigger is better Ding.Wenn ich jetzt das Magnetfeld brauche, um das Teilchen erstmal so in die Bahnzu zwingen, was macht das Teilchen schneller? Also was sorgt für die eigentliche Beschleunigung?
Manfred Krammer 0:27:04
Die Teilchen müssen ein Spannungspotential durchlaufen.In dem Spannungspotential werden sie dann beschleunigt. Also ich lege an derBatterie einen Volt an, wenn ein Teilchen durchfliegt, gewinnt es die Energie von einem Elektrovolt.Jetzt deswegen ist es natürlich sehr wenig, wir wollen ja auf Gigaelektronen,Voltärelektronen kommen. Und da gibt es das Prinzip der Kavitäten.In Kavitäten entstehen stehende Wellen, die ein elektrostatisches Feld erzeugen,das die Teilchen beschleunigt.Diese Gravitäten wurden auch so um die 50er, 60er Jahre entwickelt.Natürlich werden jetzt immer besser, immer effizienter, werden superleitend.Und das sind die Beschleunigerstrecken, die es zum Beispiel in LHC an einerStelle entlang des Ringes gibt.Und die Protonen jedes Mal, wenn sie bei dieser Stelle vorbeikommen,bekommen sie Energieschub.
Tim Pritlove 0:28:05
Das sind diese Hohlraumresonatoren.Okay, also über Resonanzen werden die Emel beschleunigt.
Manfred Krammer 0:28:13
Genau, beschleunigt und damit Energie zugeführt. Wir führen ja Energie zu.
Tim Pritlove 0:28:18
Das ist sozusagen die Technologie, die dann am CERN wirklich primär nach vorne gebracht wurde.Und wann haben sich denn das erste Mal dann auch konkrete Erkenntnisse daraus,aus dieser Arbeit ableiten lassen?
Manfred Krammer 0:28:36
Ja, vielleicht der erste Meilenstein, wenn man so will, oder die erste großeEntdeckung am CERN war die Entdeckung der neutralen Ströme.Wir haben hier auf der einen Seite die Quarks und Leptonen, also die Teilchen,die Materieteilchen, aber diese Teilchen müssen ja miteinander interagieren,sonst wäre das Universum sehr einfach und fad sozusagen.Und da kennen wir vier Grundkräfte, elektromagnetische Kraft,schwache Kernkraft, starke Kernkraft und die Gravitation.Und bei der schwachen Kernkraft war nicht klar oder war nicht sicher,ob es auch einen sogenannten neutralen Strom gibt, also eine Wechselwirkung,bei der keine Ladung ausgetauscht wird.Und der Nachweis für diesen neutralen Ströme wurde hier am CERN mit Hilfe desPS-Beschleunigers in einer sogenannten Blasenkammer erbracht.Das war der erste, würde ich sagen, große Entdeckung am CERN.War eigentlich nur der Anfang für ein wirklich besseres Verständnis dieser schwachen Wechselwirkung.Der Beweis, dass es einen neutralen Strom gibt, fordert auch,dass es ein Austauschteilchen gibt für diesen neutralen Strom.Das nennen wir jetzt das Z-Boson.Und genau dieses Z-Boson wurde dann ungefähr 20 Jahre, 15 Jahre später,hier am CERN ebenfalls entdeckt.Mit dem nächsten Beschleuniger.
Tim Pritlove 0:30:08
Um es gleich mal, um ein paar Leute noch mitzunehmen, weil man kommt ja hierschnell ins Schlingern in dieser ganzen Begriffswelt.Also Quarks, Leptonen, grob gesagt Quarks so ein bisschen das was so die Grundlagefür die Atomkerne darstellt, Leptonen ist quasi mehr so die Elektronenwelt,beides zusammen macht ja so die Atome aus.Und die vier Kräfte sind ja, ich frage ab und zu mal so Leute nach den vierGrundkräften und es ist gar nicht so, wie soll ich sagen, also Gravitation hatjeder schon mal gehört, beim Rest gibt's unterschiedliche Antworten.Schwache Kernkraft ist halt so ein bisschen die Treibkraft hinter der Radioaktivität,das was irgendwie sozusagen auch in der Lage ist so die Atome wieder zu zersetzen,die ja ansonsten sehr stabil sind.Die starke Kernkraft hält alles zusammen und die elektromagnetische Kraft istja sagen wir mal die bekannteste, das ist so das was uns hier irgendwie ermöglichtam Tisch zu sitzen und nicht in tausend Strahlen zu zerfließen. Das.Heißt...Diese erste Erkenntnis war vor allem erstmal eine Erforschung dieser schwachen Kraft,primär, die einem viele Rätsel aufgegeben hat und überhaupt die Radioaktivitätauch so ein bisschen am Anfang der ganzen Idee des Teilchen Zoos auch stand.Was hat dann diese Erkenntnis der neutralen Ströme klar gemacht?Also war das sozusagen eine Erfüllung einer lang gepflegten Theorie und wo mansich schon immer gedacht hat, das müsste so sein oder war das dann so revolutionärmit so oh hoppala ist ja ganz anders als wir gedacht haben?
Manfred Krammer 0:31:56
Nein, parallel dazu wurde eine Theorie entwickelt, die sowohl die elektromagnetischeKraft als auch die schwache Kraft als die Erscheinung einer einzelnen Urkraft erklärt.Also sozusagen die beiden Kräfte in einem mathematischen Konzept,in einer mathematischen Theorie, die wir jetzt die elektroschwache Theorie nennen, zusammenfasst.Und in dieser Theorie braucht man eben diese neutralen Ströme.In dieser Theorie gibt es drei Austauschteilchen.Wir stellen uns ja die Wechselwirkung der Kräfte so vor, indem sie Teilchen austauschen.Das bekannteste Teilchen, sicher für jeden Hörer bekannt, ist das Photon.Es tauscht die elektromagnetische Kraft aus. Für die schwache Kraft gibt esjetzt die W- und die Z-Bosonen.Also zusammen brauchen wir dreidieser Austauschteilchen, um die elektroschwache Kraft zu beschreiben.
Tim Pritlove 0:32:55
Damit sie überhaupt miteinander interagieren kann und nicht vollständig separat voneinander agiert.
Manfred Krammer 0:33:00
Genau.
Tim Pritlove 0:33:02
Ja das ist sozusagen die Suche nach den Bosonen.Also diese, genau, Photon ist glaube ich sehr bekannt, weil ich meine das machtdas Licht, deswegen auch der Name.Aber das Licht halt letzten Endes ja auch nur Elektromagnetismus ist,ist glaube ich mittlerweile allgemein bekannt.Und die anderen wechselwirkenden Teilchen,also die, die sozusagen, kann man das sagen, so Quarks und Leptonen ist mehrso das Ist und die Wechselwirkungen, also die Bosonen, die sind mehr so das,was wird und sich ändert.
Manfred Krammer 0:33:40
Mit einem leichten philosophischen Touch kann man das vielleicht so sehen.Wir nennen es auf der einen Seite sind es die Materie Teilchen,also das was sie als ist bezeichnen und das andere ist die Wechselwirkung zwischenden Teilchen, ebenfalls ausgetauscht durch diese Posonen, das sind ebenfalls Teilchen.
Tim Pritlove 0:34:02
So das heißt mit dieser Entdeckung wurde erstmal klar,es gibt überhaupt erstmal eine unmittelbare Beziehung zwischen diesen beiden Kräften,von denen man weiß, dass es sie gibt, die man messen konnte, beschreiben konnte,für die die Theorie auch da war, die Beobachtungen gepasst haben,nur ob sie komplett separat voneinander existieren oder dann doch irgendwasmiteinander zu tun haben, das war dann sozusagen diese Entdeckung, die dann,Haben Sie es gesagt, ein neutraler Strom, der keinen Ladungsaustausch vornimmt.Wie muss man sich das vorstellen?
Manfred Krammer 0:34:35
Also nachgewiesen wurde es, indem durch das Proton-Synchrotron am CERN wurden Neutrinos erzeugt.Das sind Leptonen, gehören zur Klasse der Elektronenmyonen und so weiter.Sie haben die Eigenschaft, dass sie keine Ladung haben, extrem leicht sind.Wir wissen gar nicht wie leicht.Wir haben noch keine Messung, praktisch durch alle Materie durchgehen,denn sie wechseln wirkend nur schwach.Und mit einem solchen Neutrinostrahl, Myon-Neutrinostrahl, den man hier erzeugthat, das hat man dann auf ein Target geschossen, in einer Blasenkammer,und hat dort Wechselwirkungen mit den dort vorhandenen Elektronen gesehen.Und zwar so, dass sich die Elektronen nicht umgewandelt haben,sondern einfach gestreut wurden.Also es war eine Wechselwirkung, ein Myon Neutrino geht rein,trifft ein Elektron und man sieht ein Myon Neutrino auf der anderen Seite rauskommen,ebenfalls mit einem Elektron. Also kein Austausch von Ladung.Vermittelt durch die sogenannten Z-Bosonen. Aber der Beweis,dass diese Theorie stimmt, ist erst erfolgt durch die Entdeckung dieser Z-Bosonen, 1983 am SPS.
Tim Pritlove 0:35:49
Was heißt das jetzt, dass man die entdeckt? Also man baut jetzt seinen Beschleunigerring,man schafft es halt, Teilchen auf hohe Energien hochzufahren,in dem der Ring schön groß ist, die Magnetfelder entsprechend stark sind unddie Hohlraumresonatoren ihrer Arbeit leisten.Das Teilchen fliegt, hat sehr viel Energie, aber wie kann ich jetzt sozusagendiese Erkenntnis aus dieser Beschleunigung herausziehen?
Manfred Krammer 0:36:19
Man bringt die Teilchen zu einer Wechselwirkung. Also man schießt,wie ich schon gesagt habe, die Protonen zum Beispiel auf ein Target und dannuntersucht man, was rauskommt.Man misst alle Teilchen, die bei der Reaktion entstehen.Man misst, in welchem Winkel sie entstehen, man wisst, welche Teilchenart,mit welchem Impuls sie entstehen, wie häufig gewisse Reaktionen stattfinden,weil nicht jede Reaktion ist gleich.Und das vergleicht man dann mit der Theorie, vergleicht man mit den theoretischenVorhersagen. Und im besten Fall stimmt das natürlich überein.
Tim Pritlove 0:36:58
Wie viel Prozent sind denn hier Theoretiker und wie viel Prozent sind denn hierso die Experimentalphysiker.Weil das ist ja immer so der Witz bei den Physikern, dass so die Theoretikerund die Experimentalphysiker so ein bisschen separate Türme sind,die auf unterschiedlichen Inseln wohnen.Aber hier kommt dann wirklich alles zusammen.
Manfred Krammer 0:37:17
Ja, wobei der CERN ein experimentelles Labor ist,also ich leite ja das Department für experimentelle Physik, ich habe knapp tausendLeute in meinem Department, während die Theoriegruppe ist ungefähr einen Faktor 10 kleiner.
Tim Pritlove 0:37:33
Aber es gibt sie.
Manfred Krammer 0:37:34
Es gibt sie natürlich, ist sehr wichtig und diese Theoriegruppe arbeitet natürlichmit den vielen tausenden Theoretikern auf der ganzen Welt zusammen.Also ich traue mir jetzt keine Aussage treffen, ob es mehr Theoretiker oderExperimentalphysiker gibt. Ich glaube es gibt mehr Experimentalphysiker,aber im Großen und Ganzen hätte sich das schon sehr die Waage.
Tim Pritlove 0:37:54
Aber die gehen auch gemeinsam Mittagessen. Die vertragen sich schon.
Manfred Krammer 0:37:58
Ja, natürlich. Wir arbeiten ja zusammen. Wir versuchen ja gemeinsam die Rätselder Natur zu entziffern. Für Theoretiker macht es keinen Sinn eine Theorie zuentwickeln, die keiner überprüfen kann.Und für uns Experimentalphysiker macht das ja auch keinen Sinn,etwas zu messen, wenn wir keinen Anhaltspunkt haben, was soll jetzt eigentlichherauskommen laut Theorie. Das heißt wir brauchen einander.
Tim Pritlove 0:38:20
Kommen wir wieder zurück zu der Weiterentwicklung des CERNs.Also nach diesem ersten Durchbruch, was hat denn das bewirkt?Also was, wie kann man sich denn das so vorstellen, was war denn so die Wirkung dieser Entdeckung,dieser neutralen Ströme auf einerseits die wissenschaftliche Öffentlichkeitweltweit, auch die Legitimation des Projektes in der Politik?Wie muss man sich das vorstellen? War das so ein Heureka-Moment oder hat man schon mit gerechnet?
Manfred Krammer 0:38:53
Ich glaube nicht, dass es ein Heureka-Moment war, denn man darf nicht vergessen,das waren ganz andere Zeiten.Informationsfluss war viel langsamer, es gab natürlich kein Internet,neue Erkenntnisse haben sich nur langsam herumgesprochen über Publikationen,Das hat sicher Monate gedauert, bis es publiziert war, andere Forscher gelesen haben.Also der Erkenntnisgewinn und die Informationenverbreitung damals war natürlichviel, viel langsamer, als es heutzutage ist.Inwieweit die Politik damals Notiz genommen hat von den Entdeckungen und Arbeitenan CERN, ja, bin ich mir nicht allzu sicher.Aber natürlich, ich denke, nachdem der CERN ja dann weiter Zukunft hatte undgrößere Projekte beschlossen wurden, dass es natürlich sehr positiv gesehenwurde von den Mitgliedsländern.Parallel dazu, muss man auch sagen, hat sich ja die Mitgliedschaft am CERN weiterentwickelt.Gegründet wurde der CERN von zwölf europäischen Mitgliedsländern.Mittlerweile haben wir 21 Mitgliedsländer und etliche assoziierte Mitglieder.Das heißt auch die Community und die Anzahl der Mitgliedsländer im CERN hatsich ja mit den immer größer werdenden Projekten auch erweitert.
Tim Pritlove 0:40:17
Mir fällt auch grad so ein bisschen ein, in meiner Wahrnehmung,es war jetzt auch nicht gerade meine Jugendzeit, so die 50er, 60er Jahre,aber die waren ja einfach auch extrem geprägt von einem Glauben des technischenFortschritts und Aufbruchs und insbesondere die Atomtechnologie spielte da ja eine große Rolle.Mal abgesehen jetzt von den.Militärischen Entwicklungen, Kernkraftwerke, unbegrenzte Energieversorgung,das war ja alles solche Träume,die dort aktiv ausgelebt wurden,überall wurden entsprechende Kernkraftwerke auch gebaut und es war generellja auch so ein Zustand der,Ich würde fast sagen auch Dankbarkeit für wissenschaftlichen Fortschritt,der ja nun gerade in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts dazu beigetragen hat, auch viele konkrete Probleme der Welt vonErnährung bis hin zu Transport zu lösen und fundamental voranzubringen.Also innerhalb von 50 Jahren hat sich ja die Welt enorm verändert,vielleicht so sehr wie seitdem auch nie wieder.Gut Internet ist jetzt nochmal vielleicht in eine andere Dimension und in gewisserHinsicht sehen wir ja auch immer noch eine exponentielle Beschleunigung in manchenBereichen, aber sagen wir mal was so das Leben an sich der Leute betrifft hatsich ja wirklich sehr viel verändert.Und das war ja dann auch so ein bisschen das Vertrauen, was in so ein großeswissenschaftliches Experimentsystem reingesteckt wurde.
Manfred Krammer 0:41:59
Diese Aufbruchstimmung und diese Technologie, glaube ich, war damals sicher präsent.Obwohl im Namen des CERN Kernphysik vorkommt, hat sich der CERN aber relativrasch zu wirklich der fundamentalen Grundlagenforschung entwickelt.Hier am CERN wurde nie Kernphysik an sich betrieben.Ich muss jetzt vorsichtig sein, wir haben nämlich einige Einrichtungen hieram CERN, wo wir sehr wohl kernphysikalische Untersuchungen machen.Aber am CERN wurde nie an Atomkraftwerken und schon gar nicht an irgendwelchenMilitärforschungen, Das wurde ja von vornherein ausgeschlossen,in der Konvention gearbeitet.Also der CERN hat sehr früh wirklich die fundamentalen Fragen versucht zu beantworten,was die Welt, wie Sie gesagt haben, innestens zusammenhält.Und daher, der CERN wurde, glaube ich, schon eher als Grundlagenprojekt gesehenund weniger als eine Einrichtung, die angewandte Forschung betreibt.Erst später hat man dann vielleicht erkannt, dass diese Grundlagenforschungsehr viel produziert und entwickelt, was man im angewandten Bereich braucht.Beschleunigertechnologie, auch die Detektoren, die wir entwickeln,ist der zweite große Bereich am CERN, wird vielfach in der Medizin verwendet.Computing, World Wide Web brauche ich glaube ich nicht extra erwähnen,aber die ursprünglichen Ziele und nach wie vor die Ziele des CERN sind absoluteGrundlagenforschung, für die es unmittelbar keine Anwendung gibt.Vielleicht darf man auch nicht vergessen, denke ich zumindest, dass am Beginn des CERN,die Maschinen, die wir jetzt besprochen haben, vielleicht bis hin zum SBS,der dann immerhin schon sieben Kilometer war, keine so riesigen,gigantischen Projekte sind, wie wir sie jetzt vielleicht sehen.Das hat sich ja alles mit der Zeit entwickelt. Das waren ja am Beginn kleineGruppen, wenige Leute, die Experimente gemacht haben.Erst mit der Zeit, als die Beschleunigung immer größer wurden,die Experimente immer komplexer, die Fragestellungen immer komplexer,hat sich das hin zu Kollaborationen entwickelt, die jetzt aus 3000 Wissenschaftlern bestehen.Eine Entwicklung, die übrigens nicht nur in der Teilchenphysik stattgefundenhat, sondern auch in anderen Bereichen der Wissenschaft.
Tim Pritlove 0:44:30
Kommen wir vielleicht noch mal zu diesen Meilensteinen, um daran auch vielleichtso ein bisschen die Entwicklung auch festmachen zu können. Also wenn ich dasrichtig sehe, diese neutralen Ströme, das war so 73, so größenordnungsmäßig.
Manfred Krammer 0:44:51
Aber diese W&Z-Busse waren 1983.Dazu musste, das ist vielleicht interessant zu erklären, dazu musste der SPSumgebaut werden. Der SPS wurde gebaut als eine Maschine für Fixed-Target-Experimente,ich habe das schon erklärt.Beschleunigt die Protonen und schießt sie dann auf einen Materioblocker undmacht dann die Messungen. Aber da geht sehr viel Energie verloren.Wenn das Proton auf einen Block trifft, geht viel der Energie hinten wieder raus.Viel effizienter wäre es, wenn man Protonen frontal qualitieren lässt.Da hat der Karl Rubia, weil man sozusagen doppelte Geschwindigkeit hat,mehr sogar frontal volle Energie bei der involvierten Teilchen,steht dann zur Verfügung.Und da hatte der Karl Rubia, später der Nobelpreisträger, die Idee gehabt, wir bauen das SPS um.Zu diesem Zeitpunkt gelang es bereits am CERN Antiprotonen zu erzeugen.Das sind die Antiteilchen der Protonen. Ein Proton besteht aus drei Quarks,ein Antiproton aus drei Antiquarks, hat aber sonst gleiche Eigenschaften außerentgegengesetzte Ladung.Und er hat jetzt die Idee gehabt, man kann eigentlich in dem gleichen Ring,im Uhrzeigersinn die Protonen, gegen den Uhrzeigersinn die Antiprotonen.Wenn man sich überlegt, wie die Felder der Magnete wirken, wirken sie genauentgegengesetzter, aber auch entgegengesetzter Ladung.
Tim Pritlove 0:46:15
Aber man nutzt sozusagen die Technik doppelt.
Manfred Krammer 0:46:17
Man nutzt die Technik des gleichen Beschleuniger, die gleiche Vakuumröhre,die gleichen Kavitäten, Hohlraumresonatoren und beschleunigt in die eine RichtungProtonen, in die andere Richtung Antiprotonen und kann sie dann zu einem Frontalcrashin der Mitte eines Detektors zusammenführen.
Tim Pritlove 0:46:34
Aber wo kriegt man denn so Antiprotonen her? Gibt es ja so Regale, wo die so drin stehen?
Manfred Krammer 0:46:38
Mittlerweile schon.
Tim Pritlove 0:46:39
Ach wirklich?
Manfred Krammer 0:46:43
Antiprotonen entstehen auch bei hochenergetischen Reaktionen.Wenn Sie einen Proton nehmen, wenn die Energie groß genug ist und Sie siehst,dass Sie auf ein Plei-Target kommen hinten alle möglichen Teilchen heraus.Unter anderem auch Antiprotone.Sehr selten. Aber wenn man eine gute Apparatur aufbaut, kann man diese Antiprotonenvom Rest der Teilchen separieren.Und mittlerweile wissen wir auch, wie wir sie aufheben können.Also wir haben mittlerweile Regale, magnetische Fallen, wo wir Antiprotonen speichern.Vielleicht kommen wir zu dem später zurück. Das ist ein ganz spannendes Thema.Aber bleiben wir bei dem SPS.Der SPS wurde umgebaut. Zwei Experimente wurden gebaut, UR1 und UR2.Ich hatte das Vergnügen, als kleiner Student beim Experiment UR1 mitarbeiten zu können.Und durch diesen Frontal-Crash der Protonen und der Antiprotonen stand genugEnergie zur Verfügung, um die W- und Z-Bosonen zu erzeugen. Und so gelang derNachweis der W- und Z-Bosonen.Das war sicher das größte, bis zur Entdeckung des Higgs, das größte Erfolg amZehren, der Nachweis der W- und Z-Bosonen.1983, ein Jahr später, hat der Karl Rubia gemeinsam mit dem Simon van der Meer,einem Beschleunigerexperten, den Nobelpreis bekommen.Das Simon van der Meer, dem ist es gelungen die Maschine so umzubauen,dass die Antiprotonen auch fokussiert bleiben und in der Maschine bleiben.Das war technologisch ein sehr wichtiger Fortschritt um diese Maschine überhaupt zu realisieren.
Tim Pritlove 0:48:17
Und 1983 gab es dann auch noch kein Internet, aber dann hat sich auch die Medienweltschon so ein bisschen verändert.Das dürfte dann schon ein bisschen mehr Impact gehabt haben oder dauerte dasimmer noch Monate lang bis das alles zur Kenntnis genommen hat?
Manfred Krammer 0:48:30
Ich hab damals schon Physik studiert, das war knapp bevor ich das erste Mal an den Zehren kam.Ich kann mich nicht erinnern, dass es im ORF I vorgekommen ist.
Tim Pritlove 0:48:41
Ja gut, alles klar.
Manfred Krammer 0:48:43
Als Physiker hat man das natürlich mitbekommen, überhaupt wenn man schon einTeilchen Physik studiert.
Tim Pritlove 0:48:53
Wie ging es dann weiter?
Manfred Krammer 0:48:57
Ja, jetzt, wir haben ja gesprochen über die Personen, elektroschwache Wechselwirkung.Gibt es drei Personen, Photon, W und Z Person.Und der große Unterschied ist zwischen diesen Personen der riesige Masseunterschied.Die Photonen sind masselos, deswegen fliegen sie auch mit Lichtgeschwindigkeitund ähnlicher Reichweite.Die W- und Z-Personen haben zwischen 80 und 90 Gigaelektronenvolt Masse.Das entspricht der 80 bis 90 fachen Protonenmasse.Also das sind riesige, schwere Auslausteilchen.Und das passt nicht ganz zusammen. Da fehlt etwas in der Theorie.Und da haben viele Theoretiker damals nachgedacht, wie kann das,oder die Überlegung fand schon in den 60er Jahren statt, Wie kann man dieseungroßen Massenunterschiede erklären?Und da kommen wir jetzt schon langsam zum Higgs, zum Higgs-Feld.Einige Theoretiker, allen voran die Theoretiker Braut,Angler und Higgs, haben dann eine Theorie aufgestellt, dass es im Universumein Feld geben muss, das für diese Massenunterschiede verantwortlich ist.Wir nennen es jetzt das Braut-Angler-Higgs-Feld.Und der Higgs war der Theoretiker, der erkannt hat, dass wenn es ein solchesFeld gibt, dann muss es auch ein Teilchen dazu geben, das Feldteilchen.Und deswegen nennen wir das Higgs-Boson jetzt Higgs-Boson.
Tim Pritlove 0:50:32
Da müssen wir vielleicht nochmal einen kleinen Physik-Exkurs einwerfen und soein bisschen auf diese Idee dieser Felder kommen.Das ist ja eine komplexe Materie.Das Verständnis, was ich so ein bisschen für mich erlangt habe oder glaube erlangt zu haben,Also ich rede quasi von dieser Quantenfeldtheorie, also die Annahme,dass eigentlich für jedes Teilchen, korrigieren sie mich, werden sie wahrscheinlichgleich tun, mehr oder weniger eigentlich auch ein passendes Feld dazu existiert.Wir eigentlich quasi dadurch in der Vorstellung von einer permanenten,wabernden Masse unterschiedlicher Feldtypen umgeben sind und diese ganzen Teilchen,die wir dann sozusagen finden, sind dann so mehr oder weniger Zuspitzungen in diesem Feld.Kulminationen, die dann sozusagen greifbar, quantisierbar,also zählbar werden, die diskret abgeteilt sind,die sozusagen so viel aus diesem Feld herausragen, dass man sagen kann,da ist ein sichtbares, greifbares, zählbares Element aus diesem Feld.Ist das ein Bild, was passt?
Manfred Krammer 0:51:55
Ja, ich würde das Einzige, was ich korrigieren würde, wir sind nicht von denFeldern umgeben, sondern durchdrungen von all diesen Feldern.Und ja, die Teilchen, wenn sie sozusagen an dem Feld rütteln, entstehen.
Tim Pritlove 0:52:08
Die Teilchen, genau. Weil das Bild hat mir ehrlich gesagt sehr geholfen dabei,weil so dieses, diese ganze Welt aus so herumfliegenden Objekten sich zusammenzubauen,macht's auch irgendwie schwierig, weil einfach alles permanent irgendwie kollidiertund wie ein riesiger Billardtisch funktionieren würde.Aber sozusagen alles so ein bisschen als wabernde Masse zu verstehen,wo sich dann irgendwie immer wieder was konkretisiert,das passt ja dann auch irgendwie gut so mit diesen Beschreibungen zusammen in der Quantentheorie,dass ja alles ja Welle und Teilchen gleichzeitig ist,dieser Dualismus, dieses Dinge sind nicht so konkret greifbar,ich kann sagen mit welcher Wahrscheinlichkeit irgendwas irgendwo ist,aber nichts ist wirklich total bestimmt.Was ja sagen wir mal auch die einfache Physik am Anfang des 20.Jahrhunderts auch so ein bisschen in Wallung gebracht hat, wo ja auch viele,ich glaube auch Einstein, so ein bisschen ihre Zweifel hatten,dass das sozusagen so ein Bild sein kann, mit dem sich alles erklären lässt,weil man eigentlich ja bis dahin immer so ein bisschen Konkretes haben wollte,Festgelegtes haben wollte, Abzählbares haben wollte und das ja sagen wir malBlick aufs große auch irgendwie gepasst hat.Allgemeine Relativitätstheorie war in der Lage so das Weltall zu beschreibenund auf einmal passte die Bewegung der Planeten und es ging irgendwie alleswunderbar auf und diesen großen Dimensionen,ja konnte man das alles so nachvollziehen, aber umso mehr man ins Kleine schaute,umso waberiger und unbestimmter wurde irgendwie alles und das dann irgendwiezusammenzubringen ist ja im Prinzip auch immer noch so ein bisschen die Aufgabe.Also diese Felder spielen einfach eine große Rolle und das Higgs-Boson,um da jetzt drauf zu kommen, oder die Higgs-Entdeckung, oder sagen wir überhaupterstmal die Theorie vom Higgs, ist ja sozusagen der Ansatz.Okay, wie, was ist überhaupt Masse? Und damit in letzter Linie auch so die Frage,was ist überhaupt Energie, wenn das sozusagen das gleiche ist,was ist das für eine Eigenschaft und wovon eigentlich?Und diese Theorie, wann wurde die aufgestellt?
Manfred Krammer 0:54:31
Ende der 60er Jahre.
Tim Pritlove 0:54:33
Das muss ja ein unglaublich weitblickendes Gedankenmodell gewesen sein,was jetzt sozusagen gesagt hat, okay unter all diesen Feldern,die wir sowieso haben, gibt's dann nochmal eins.Das sehen wir nicht, aber nehmen wir einfach mal an, das ist irgendwie da undes ist in gewisser Hinsicht so ein Metafeld, was für alle auch nochmal eineEigenschaft hinzufügt.Also vereinigen sich dann letzten Endes alle Felder.
Manfred Krammer 0:55:03
Ja, es war sicher damals eine sehr mutige Vorhersage, ein solches zusätzliches Feld einzuführen.Aber mathematisch in ihrem Mechanismus, diesem Brauteiger-Higgs-Mechanismus, hat das gepasst.Und hat all das erklärt, was man damals gemessen hat. Was man sich erklärenkonnte. Genau. Und seit diesen 60er Jahren suchen wir dieses Higgs-Teilchen.Weil, was die Theorie nicht vorhergesagt hat, bei welcher Masse sich diesesTeilchen befinden sollte.Deswegen haben dann eigentlich Generationen von Physikern versucht,dieses Higgs-Teilchen nachzuweisen.Man hat aber erst einen LHC gebraucht, um genug Energie in diese Kollisionenzu bringen, damit dieses Higgs-Teilchen entsteht.Und zweitens entsteht dieses Higgs-Teilchen, weil es auch so schwer ist,sehr, sehr selten. Das heißt, man braucht auch noch einen Beschleuniger,der eine hohe Interaktionsrate, eine hohe Intensität hat.Und das war erst durch den LHC möglich.
Tim Pritlove 0:56:07
Okay wir lassen nochmal kurz auf Dröseln.Also die Voraussage war ja im Prinzip es gibt nochmal ein Feld und nennen wires jetzt mal das Higgs Feld und das hat eine bestimmte Eigenschaft und um esnachweisen zu können muss man sozusagen ein Teilchen finden,also so eine Kulmination in diesem Feld, die erst dadurch angeregt wird,wenn man extrem hohe Energien zusammenbringt.Was heißt das jetzt mit ich suche ein Teilchen in einem bestimmten Energiebereich?Also wie muss man sich das jetzt… Ja bis jetzt haben wir eigentlich nur überden Beschleuniger gesprochen.
Manfred Krammer 0:56:49
Der Beschleuniger ist nur eine Komponente. Wie ich schon gesagt habe,um nachweislich das Higgs Teilchen brauche ich einen Beschleuniger,Der bei der Kollision, beim LHC, beschleunigen wir Protonen in beide Richtungen.Es kommt zur Kollision zwischen den einzelnen Quarks in den Protonen,beziehungsweise die Gluonen, die die Protonen zusammenhalten.Und bei dieser Kollision muss genug Energie zur Verfügung stehen,damit die Masse des Higgs überhaupt entstehen kann.Zweitens braucht man diese hohe Intensität, damit es auch oft genug entsteht.Aber das ist nur der erste Teil. Jetzt hat man es erst einmal erzeugt.Dann muss es nachgewiesen werden. Das Higgs-Boson zerfällt instantan.Man sieht es, man kann es auch im Detektor nicht nachweisen.Was man nachweisen kann, sind die Zerfallsprodukte.Da entstehen aber alle Teilchen, die wir bis jetzt kennen.Der LHC hat eine so hohe Energie, dass er die ganzen Teilchen so erzeugen kann.
Tim Pritlove 0:57:48
In einer einzigen Kollision?
Manfred Krammer 0:57:50
In einer einzigen Kollision. Wir haben aber jetzt eine Milliarde Kollisionenpro Sekunde, rund um die Uhr, fast das ganze Jahr.Das heißt, die Detektoren, die Experimente müssen so aufgebaut sein,dass sie zum einen die Kollisionen auseinander dividieren können,messen können, was dabei entstanden ist, und dann vergleichen wir in der Analysemit dem, was wir erwarten.Wir vergleichen zum Beispiel die Verteilung gewisser Teilchen mit einem Modellohne Higgs und mit einem Modell mit Higgs.Und dann schauen wir, was besser passt.Detail ist natürlich komplizierter. Zum einen machen wir eine blinde Analyse,damit wir das Ergebnis nicht, wir wollen ein Higgs finden und dann drehen wirso lange an den Parametern der Analyse, bis wir das wirklich finden.Also diese Analyse, was ich gerade gesagt habe, die wird blind gemacht.Das heißt, der Bereich, den man untersucht, der wird nie gezeigt auf dem Platz.Man definiert die Analyse, das sind ganze Teams von hunderten Leuten, die daran arbeiten.Man definiert die Suche, man definiert die Simulation, die Vergleiche und wenn man dann sicher ist,dass alles passen muss, dann öffnet man sozusagen die Box und schaut nach,ob das, was man sieht, der Theorie mit Higgs oder ohne Higgs entspricht.Und dann sieht man, dann hat man vielleicht dann die Zuhörer ja damals diese Plots 2012 gesehen,Da sieht man eine Verteilung, die hat eine kontinuierliche Kurve und irgendwoplötzlich steht ein Peak heraus.Und da haben wir dann das X-Boson identifiziert.
Tim Pritlove 0:59:36
Das heißt man hat genug Experimente gefahren mit unterschiedlichen Energienund in diesem einen spezifischen Energiebereich waren dann die Explosionen der Art,dass sich eben der komplette Teilchenzoo dort entwickelt hat und in der Verteilung,was da, in welcher Reihenfolge und wie viel sich sozusagen herausgetan hat,entsprach der Vorhersage des Higgs-Feldes und des Higgs-Teilchens und das hatman so in diesen ganzen anderen Energiebereichen nicht gesehen.Was war nochmal kurz diese Energie genau? 125 GV. 125 Gigaelektronenvolt.
Manfred Krammer 1:00:18
Das entspricht der Masse von 125 Protonen.Ruhemasse von 125 Protonen.
Tim Pritlove 1:00:24
Klingt nicht viel, wenn das so rot und so rumliegt.Aber wie kann man sich das...
Manfred Krammer 1:00:34
Entspricht glaube ich nicht, weil das ein Xenonatom war.
Tim Pritlove 1:00:36
Ja aber wie kann man sich vorstellen, dass es sich dabei um viel Energie handelt,wenn die auch einfach so rumliegen können.
Manfred Krammer 1:00:44
Naja herumliegen, wie ich ja gesagt habe, das Higgs Boson entsteht und zerfällt sofort.
Tim Pritlove 1:00:50
Ja, aber nur diese Energie. Wie kriegt man ein Gefühl dafür,dass das viel Energie ist? Weil es ist ja viel Energie, wenn man es so groß nennt.
Manfred Krammer 1:01:01
Also zumindest meine persönliche Normierung ist die Energie,also die Masse eines Protons oder Neutrons, das ist ungefähr ein GeV.Das ist sozusagen meine Kalibrationseinheit.Alles was drüber ist, ist schwer, alles was darunter ist, ist leicht.
Tim Pritlove 1:01:15
Klingt aber nicht beeindruckend.
Manfred Krammer 1:01:16
Nein und ist auch nicht wissenschaftlich, um ehrlich zu sein.
Tim Pritlove 1:01:23
Okay, aber nehmen wir einfach mal hin. Es ist eine Menge Holz und das überhaupterstmal in einem Beschleunigerring zu erzeugen braucht eben all diese ganzeTechnologie und wir werden hier über den LHC in anderen Folgen noch sehr vieldetaillierter sprechen.So und dann entstand das,ich meine das ist ja jetzt nicht so, man schaut auf den Bildschirm und macht so pling,sondern wir haben es ja schon gesagt, über einen langen Zeitraum permanent wirdimmer wieder quasi dieses Experiment permanent durchgeführt oder es wird einfach die ganze Zeit,werden einfach Daten erfasst und dann zusammengesammelt, Über welchen Zeitraummusste man dann sozusagen schauen, um letzten Endes dieses Bild und auch dieGewissheit zu bekommen.Weil es ist ja nicht ein Ereignis, sondern es ist ja sozusagen ein Ereignis,was mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auftrifft.
Manfred Krammer 1:02:21
Der Nachweis gelang relativ rasch. Mit den Daten von ungefähr einem Jahr hatte man die Gewissheit,dass die Abweichung von der Theorie ohne Higgs deutlich genug ist,dass man eindeutig sagen kann, da ist etwas Neues passiert.Das hat ungefähr die Eigenschaft eines Higgs-Posons und für die Entdeckung hat das ausgereicht.Aber jetzt, was wir seitdem machen, seit zehn Jahren, ist, genauer zu studieren dieses Teilchen.Und zwar auf der einen Seite die Reaktionen, die zur Erzeugung eines Higgs-Bosons führen.Darum gibt es eine ganze Reihe. Und dann auch die Zerfallsmechanismen.Das Higgs-Boson kann in alle bekannten Teilchen mit Masse zerfallen.Das ist ja sozusagen die Essenz des Higgs-Bosons, es koppelt an alle Teilchen mit Masse.Das heißt, in erster Linie zerfällt es in Teilchen mit großer Masse,dann mit geringer Statistik in kleinere und so weiter. Und das untersuchen wir jetzt.Und dazu brauchen wir viele dieser Experimente.Jede Kollision ist sozusagen ein Experiment, bei der eine dieser Reaktionen abläuft.In den seltensten Fällen entsteht ein Higgs-Boson. Es entstehen natürlich alleanderen Teilchen, wie ich schon gesagt habe.Man darf auch nicht glauben, dass wir am LHC nur das Higgs-Boson untersuchen.Die großen Experimente machen, wenn ich jetzt grob schätze, dürfte an die 100verschiedene Analysen gleichzeitig, wovon nur wenige das Higgs-Boson betreffen.Es gibt dann Analysen, um detailliert andere Teilchen des Standardmodells zuuntersuchen, wo erst jetzt die Energie zur Verfügung steht.Es gibt viele Suchen nach zusätzlichen neuen Teilchen oder Feldern.Also es ist eine riesen Bandbreite. Es arbeiten ja nicht umsonst mehrere tausendPhysiker pro Experiment.Und viele hunderte, auch mehrere tausende in Summe, an all den vier LHC-Experimenten.Studenten machen ihre Dissertation. Die arbeiten nicht alle an den Higgs-Boson.Aber natürlich, nachdem der LHC die einzige Maschine ist, die Higgs-Bosonenproduzieren kann, ist das natürlich ein Gebiet, das wir mit hoher Priorität untersuchen.
Tim Pritlove 1:04:42
2012 gab's Internet und ich erinnere mich noch relativ gut wie es so langsam anfing raus zu sickern,dass wohl irgendwie was passiert ist, also ich weiß gar nicht ganz genau,ich glaube es ist dann erstmal angekündigt worden, dass es eine Pressekonferenzgeben wird, da waren dann schon die Hände nass bei vielen und es sickerte haltdurch, weil es war ja auch klar wonach gesucht wurde.Und es ist auch klar, dass jetzt nicht für jede Minimalerkenntnis gleich einePresskonferenz aufgesetzt wird und insbesondere wenn dann so eine Geheimniskrebereiauch noch drumherum gemacht wird, was es denn ist, da waren dann schon alle irgendwie nervös.Und das war, und das ist jetzt so ein bisschen meine Außenperspektive,da hatte man wirklich so den Eindruck so, oh wow, okay, gut,jetzt kommt hier irgendwie das Zern und macht einen bold move.Also das war wirklich spürbar, dass das jetzt mal etwas ist,auch wenn das irgendwie so ein sonderbarer Moment war,dass man dann auf dieser Veranstaltung Wissenschaftler gesehen hat und dannwurde so eine, mehr oder weniger langweilig aussehende Kurve auf den Beamergeworfen und alle sind ausgeflippt, als hätten sie jetzt gerade irgendwie Fußball-Weltmeisterschaft zu feiern.
Manfred Krammer 1:05:58
Ja, und der Grund ist diese Blind Analysis, von der ich vorher gesprochen habe.Ein, zwei Wochen vorher wussten selbst wir nicht, dass wir wirklich schon beidieser Entdeckung sind.Weil es gab die beiden Experimente, Atlas und CMS, die mit unterschiedlichenExperimenten, unterschiedlichen Detektoren, unterschiedlicher Software,unterschiedlichen Personen ihre Daten analysieren.Damit ist sichergestellt, dass die Ergebnisse völlig unabhängig sind.Diese Gruppen reden auch nicht miteinander.Es gibt sogar Geschichten, dass Ehepaare, die eine arbeitete in Atlas,die andere in CMS, die sind heimlich aufs WC gegangen, um zu telefonieren mitihren Kollegen, als es um die Analyse ging.Und dann kommt es zu diesem Unplugging und dann sehen die Kollaborationen zumersten Mal, ob sie wirklich was gefunden haben und wie groß die Abweichung ist.Wir müssen ja auch sicherstellen, dass das eindeutig ist. Das peinlichste wäre,der CERN verkündet das X-Poson und ein Jahr später müssen wir sagen,es war doch nur eine statistische Fluktuation.Und da gibt es diese sogenannte 5-Sigma-Grenze in der Teilchenphysik,ab der man von einer Entdeckung spricht.Da ist dann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen,dass das eine Wahrscheinlichkeit verteilt.Und das heißt, kurz vor der Pressekonferenz wussten erst die Kollaborationen,dass sie etwas haben, aber sie wussten nicht, ob sie beide das gleiche sehen.Das wusste nur ein paar Tage vorher der CERN-Generaldirektor.Der wurde von beiden Kollaborationen informiert und der sah,dass sich diese Entdeckungen entdeckten.Denn es hätte ja sein können, ATLAS findet etwas bei 100 GeV,CMS findet etwas bei 200 GeV und dann glaubt keiner was.Und in dieser Pressekonferenz, Also in dem Seminar, das der Pressekonferenzvorangegangen ist, haben zum ersten Mal die Spokesbörsen bei der Kollaborationihre Ergebnisse gezeigt.
Tim Pritlove 1:08:09
Sprühen wir nochmal ein paar Wochen zurück oder wie weit auch immer.Also die Experimente, ich meine, ich habe ja mein Verständnis so,LHC arbeitet jetzt sozusagen permanent Es gibt solche Kampagnen über einen längerenZeitraum bis dann mal wieder eine technische Pause durchgeführt wird.Also es gab ja einen Upgrade von dem großen Beschleunigerring,dem Large Hadron Collider im Vorfeld, ich weiß nicht wie viele Jahre vorherwar das, der letzte Ausbau, der sozusagen diese Energien ermöglicht hat?
Manfred Krammer 1:08:40
In der ersten Stufe war das eigentlich, sogar mit einer halben Energie ist derLHC zu dem Zeitpunkt gelaufen. Mh.Die echte Experimentierphase hat 2010 begonnen, sehr geringe Intensität,das war erst der Start und dann 2011, Beginn 2012 ist dann die Intensität immerhöher gesteigert worden und damit war dann genug Statistik da um ein paar hundertdieser Higgs Ereignisse herauszufiltern.
Tim Pritlove 1:09:13
Okay aber das läuft ja dann sozusagen Tag und Nacht und wird die ganze Zeitaufgezeichnet und die Daten werden abgespeichert und da fließt ja auch irgendwie,da werden sehr viele Festplatten gefüllt und man kann ja die Daten gar nichtin Echtzeit so analysieren nehm ich mal an,also das ist ja sozusagen etwas, da muss ja quasi parallel muss man die ganzeZeit auf diesen Daten arbeiten und man ist den Experimenten immer Wochen,vielleicht Monate hinterher, weiß ich nicht genau.Und sowohl bei dem einen Experiment als auch bei dem anderen,Atlas und CMS, wurde auf die selben Zahlen reingeschaut und das Ziel war schon,okay Higgs, also nicht nur aber eben auch und die Gruppen die sich darum gekümmert haben,haben halt einfach ihre Daten analysiert so und Gab's dann irgendwie so einenStichtag, wo du gesagt hast, okay, jetzt schauen wir uns mal alles an und wertendas aus und das haben dann beide Gruppen parallel gemacht und das wussten dieaber auch, dass sie das beide parallel machen.
Manfred Krammer 1:10:10
Ja solche Schnittpunkte ergeben sich automatisch zum Beispiel Ende des Jahres,wo der Beschleuniger dann für ein paar Monate abgedreht wird,dann nimmt man die Daten des letzten Jahres als Paket, analysiert das und zeigt dann die Ergebnisse.
Tim Pritlove 1:10:23
Okay, das heißt das war dann Ende 2011?
Manfred Krammer 1:10:29
In dem Fall war der Zeitpunkt, wo man den Schnitt gemacht hat,Anfang 2012. Also ich bin jetzt nicht sicher, Mai oder so. Bis zu dem Zeitpunkthat man die Daten genommen.Dann hat man parallel schon die ganze Analyse vorbereitet. Dann hat man nochein paar Wochen Zeit gehabt, um abzuschließen.Und dann rechtzeitig, das Timing wird vorgegeben durch die Konferenzen.Wir haben üblicherweise eine Serie von Sommerkonferenzen und Winterkonferenzen.Und da versuchen die Experimente ihre Ergebnisse, ihre neuen Ergebnisse zu zeigen.Und in diesem Fall 2012 war es eine internationale Konferenz in Melbourne,bei der das Ergebnis gezeigt werden sollte.
Tim Pritlove 1:11:09
Eine Sommerkonferenz.
Manfred Krammer 1:11:10
Eine Sommerkonferenz, genau.
Tim Pritlove 1:11:12
Wobei in Melbourne ist ja dann wieder Winter.
Manfred Krammer 1:11:14
Das war relativ kühl dort.Und am ersten Tag dieser Konferenz wurde sozusagen das Ergebnis verkündet.
Tim Pritlove 1:11:24
Ok, aber wie ist das dann sozusagen abgelaufen? Das heißt beide Gruppen habendann sozusagen auf ihre Daten geschaut und dann dürfte so beiden so ein bisschender Mund trocken geworden sein.Weil ich meine, hat man damit gerechnet, dass man dann schon am Ziel ist?Also war das sozusagen die Erwartungshaltung, jetzt haben wir eigentlich dieEnergie, jetzt muss es passen.Sowas kann man ja eigentlich gar nicht sicher, da kann man sich nicht sicher sein.
Manfred Krammer 1:11:49
Man konnte sich nicht sicher sein, weil es war ja nur eine Theorie.Es hätte gar nichts auch herauskommen können.Also man konnte sich nicht sicher sein. Es gab natürlich schon in der Analyse,vielleicht ein Jahr vorher, gab es Fluktuationen, aber Fluktuationen kommen und gehen.Also wo man in diesem Bereich was gesehen hat, aber eben nicht diese 5 Sigma, sondern nur 2, 3 Sigma.Das ist eine Wahrscheinlichkeit, die kann mit ein bisschen mehr Statistik wieder verschwinden.Also die Optimisten haben natürlich schon geglaubt, das kann was werden,aber eigentlich viele, ich persönlich war auch überrascht, dass man so raschzu diesem 5 Sigma Schwelle gekommen ist.
Tim Pritlove 1:12:33
Und zwar beide Experimente.
Manfred Krammer 1:12:34
Beide Experimente und sehr genau übereinstimmend.Also da war ein geringer Fehler zwischen den beiden Experimenten.
Tim Pritlove 1:12:42
Okay und jetzt nochmal diese Timeline bis zu der Veröffentlichung.Also zwei Wochen vorher waren dann sozusagen alle mit ihren Daten durch undhaben dann Kurve gesehen und jede Gruppe selber meinte, okay wir sehen das.Aber die beide wussten nichts voneinander.
Manfred Krammer 1:12:59
Beide wussten nicht was sie sehen und ob sie was gesehen haben und schon gar nicht wo.
Tim Pritlove 1:13:05
Ok und dann fand dieses Seminar statt, was dann eine Woche vorher vor der Veröffentlichung war?
Manfred Krammer 1:13:10
Nein, es war am Tag der Konferenz, am ersten Tag der Konferenz.Die Präsentation beider Experimente wurde von hier übertragen nach Melbourne.
Tim Pritlove 1:13:27
Und da haben dann überhaupt das erste Mal festgestellt, dass das so ist.
Manfred Krammer 1:13:31
Dass beide etwas sehen und es übereinstimmt und das war dann eigentlich wirklich…Aber das war dann auch noch nicht öffentlich.Gleich darauf gab's die Pressekonferenz, so weit ich mich erinnere,das ist auch mehr als 10 Jahre her.
Tim Pritlove 1:13:43
Ich meine es gab so ein bisschen Vorlauf.
Manfred Krammer 1:13:45
Ja, Gerüchte, Gerüchte, jeder Kollaboration bestand aus ca. 3000 Leuten.
Tim Pritlove 1:13:52
Da entstehen Gerüchte.Ich meinte ja schon, es sickerte halt was durch. Aber ok, jetzt verstehe ich das erst.Es war dann wirklich auf dieser Konferenz eine sehr sehr sehr frische finale Erkenntnis,die eigentlich erst einen Tag vorher so gewonnen wurde und die dann,ja, die dann jetzt wirklich aber auch mal international auch wirklich abgestrahlthat, also das war dann schon auch wirklich mal ein echter Eureka Moment.
Manfred Krammer 1:14:24
Gigantische Resonanz hervorgerufen, die uns Physiker alle überrascht und ichwürde fast sagen überfahren hat.
Tim Pritlove 1:14:29
Warum?
Manfred Krammer 1:14:31
Weil wir mit einem solchen Medieninteresse alle nicht gerechnet haben.Also ich kann mich erinnern, ich war damals im Institut für Ironie-Physik,habe Interviews gegeben und die Fernsehstationen und Radiostationen haben sicham Gang geprügelt um die Plätze.Und so ein Interesse als Teilchenphysiker hat man in seinem Leben sehr selten.
Tim Pritlove 1:14:55
Im Nachgang gab es dann eine gute Erklärung dafür, was das sozusagen bewirkt hat.Hatte das was mit dem CERN zu tun? Hatte das was mit dem Thema zu tun?Also was hat das sozusagen gemacht, dass das so eine Aufmerksamkeit erzeugthat? Weil das ist ja ein Prozess, der muss ja auch an so einem medialen Apparatsich erstmal aus irgendetwas heraus entwickeln, also was war die Grundlage für dieses Interesse?Ich meine man hätte ja auch sagen können, ja Wissenschaftler haben ja irgendwasrausgefunden, denen interessiert das schon.
Manfred Krammer 1:15:29
Sicher hat der CERN eine Rolle gespielt. Der Status des CERN,dann die Tatsache, dass der LHC doch eine sehr riesige Maschine ist,die von der Technologie her sehr aufregend ist, wo man auch sehr schöne Bilderzeigen kann, nicht nur von der Installation, aber auch diese Kollisionen, die bunten Bilder.
Tim Pritlove 1:15:52
Ich meine mich, jetzt fällt es mir gerade wieder ein, da gab es doch vorherso eine putzige Diskussion um das Erzeugen von schwarzen Löchern.
Manfred Krammer 1:16:03
Vorher im Betriebnahme des LHC gab es ja die Befürchtung und da gab es einige Esoteriker,die das bis zum Karlsruher Verwaltungsgerichtshof gebraucht haben,die Gefahr, dass der LHC schwarze Löcher erzeugen kann und dieses schwarze Loch die Erde verschlingt.Das hat sicher auch das Interesse.
Tim Pritlove 1:16:28
Und konnte es?
Manfred Krammer 1:16:29
Nein.
Tim Pritlove 1:16:32
Warum?
Manfred Krammer 1:16:36
Es gibt die Erklärung der Theoretiker. Da hätte ich auch meine Bedenken.Theoretiker haben sie auch schon geirrt.Aber ich gebe ihnen die Erklärung des Experimentalphysikers.Jede Sekunde finden viele LHCs in der Atmosphäre statt.Weil die Protonen, die aus der kosmischen Strahlen haben zum Teil eine vielhöhere Energie als der LHC jemals erzeugen kann.Würden solche Kollisionen schwarze Löcher erzeugen, gäbe es uns nicht mehr.
Tim Pritlove 1:17:05
Ende der Diskussion. Im Endeffekt wurde es mal gerichtlich festgestellt,dass es keine Gefahr gibt.Ja, aber das kann wirklich der Katalysator gewesen sein, da kann man in derEthik wirklich glücklicherweise sein.
Manfred Krammer 1:17:18
Unglücklicherweise kam es ja nach der ersten Inbetriebnahme des LHCs zu einem Unfall.Es ist ja eine superleitende Leitung, hat einen Fehler entwickelt und dadurchist der LHC beschädigt worden 2008.Das hat bereits ein großes Medieninteresse hervorgerufen.Riesenmaschine, viel Geld und ist nach zwei Wochen schon kaputt.
Tim Pritlove 1:17:41
Ja, stimmt.
Manfred Krammer 1:17:42
Das hat sicher auch das Interesse und vielleicht hat das in Summe alles zusammenzu einer Steigerung geführtes Dannen.Am 4. Juli 2012 zu dieser Medien Explosion geführt hat.
Tim Pritlove 1:17:55
Das kann ich mir gut vorstellen, man ist ja auch immer so ein Thema in der Wissenschaft,wie kriegt man denn eigentlich auch so die Begeisterung für das Thema mit.Ich merk das ja so ein bisschen als Beobachter von außen,der ich jetzt viel mit Wissenschaftlern aller Couleur spreche,insbesondere halt in der Raumfahrt und wenn man erstmal so spürt wie viel Begeisterungfür das Thema dort einfach ist, wie besessen eigentlich alle davon sind,weil in dem Moment wo man sich das halt wirklich mal genauer anschaut auch klarwird, was das Faszinosum ausmacht.Verständnis des Weltalls, der unglaublichen Weite, die Komplexität in unsererEntstehungsgeschichte und des Seins,dass das ja sozusagen, dass dieser Arbeit ja der Schlüssel zu dieser Erkenntnisist und dass diese Erkenntnis an sich irgendwie einfach eine große Bedeutung hat,weil das ja im Prinzip auch so ein bisschen, sagen wir mal der Plump gesagt,so ein bisschen Sinn und Erläuterung des Lebens und des Seins ist.Andere Leute suchen die Erleuchtung, indem sie meditierend im Wald sitzen undandere versuchen es halt irgendwie Erkenntnisse über Experimente und Theorienzu finden und das ist ja sozusagen das was begeistert,aber nach außen, nachdem eben die erste Hälfte des 20.Jahrhunderts irgendwie diese Begeisterung auch überall hatte, Ichkann mich noch erinnern, wenn man sich so, Reden von Politikern,was hab ich da mal gesehen, Mitterrand, auch so in der Zeit noch, wie, mit wieviel...Anerkennung und Bewunderung wie für diesen wissenschaftlichen Fortschritt auchin der öffentlichen politischen Diskussion mit der Öffentlichkeit gearbeitet wurde.Das hat dann halt einfach später stark nachgelassen und interessante Geschichtenzu erzählen ist heute so ein bisschen glaube ich der Weg und das hier warenes in gewisser Hinsicht so die Unfälle,so dieses irgendwie ja schwarzes Loch die Erde wird verschlungen hö hö hö Sohat sich halt einfach gut gemacht und Unfälle kommen ja sowieso immer gut und ich glaube,dass Europa generell auch immer so eine gewisse Kommunikationsschwäche hat,man sieht das ja auch bei der ESA, die im Vergleich zu den Geschichtenerzählernder NASA, die das einfach immer schön dramatisieren können.Ich sag nur so sieben Minuten des Terrors bei einer Marslandung und so weiter.Einfach ein hervorragendes Framing einer wissenschaftlichen Geschichte.Insofern hat das dazu beigetragen. Aber ich denke, dass jetzt schon das CERNeinfach auch so einen gewissen Kultstatus dadurch jetzt auch erreicht hat undda war dann diese Higgs Geschichte irgendwie, passt da dann irgendwie auf einmal alles zusammen.So die Suche nach der Erkenntnis, 50 Jahre Wahnzündung glaube ich,seit der Theorie oder so, bis man das dann auch wirklich gefunden hat,das ist natürlich dann auch so ein schöner Rundenschluss gewesen.
Manfred Krammer 1:20:45
Dann die unglückliche Bezeichnung Gottesteilchen zu Wirks,natürlich für einen Physiker ein Albtraum ist diese Bezeichnung,aber praktisch in jeder Zeitung, in jedem Medium vorgekommen ist,das hat natürlich dem auch noch einen Auftritt gegeben.
Tim Pritlove 1:21:03
Aber das ist vielleicht ganz gut, greifen wir das doch nochmal auf, Gotteszeichen.Was da im Prinzip so ein bisschen dahinter steht ist, dass sozusagen das Higgs-Bosonund das Higgs-Feld und der Nachweis dessen im Prinzip auch so ein bisschen denSchluss um das Standardmodell der Elementarteilchen dargestellt hat.
Manfred Krammer 1:21:24
Den Schlussstein oder den Beginn von neuen Erkenntnissen,denn das Higgs-Feld und das Higgs-Teilchen ist nicht ein beliebiges weiteres Teilchen oder Feld,von dem wir sehr viele kennen, sondern das Higgs-Feld und Teilchen hat ganzspezielle Eigenschaften, nämlich fast keine.Es hat keine Ladung, keine Richtung. Es ist das einfachste Objekt,das man sich vorstellen kann.Es ist nur ein Feld, das das ganze Universum durchdringt.
Tim Pritlove 1:21:58
Aber das tun ja alle Felder.
Manfred Krammer 1:22:05
Aber mit Richtungen. Mit Richtungen, wie zum Beispiel elektromagnetische Felder,die haben alle Meereigenschaften, Meereparameter.
Tim Pritlove 1:22:11
Das X-Feld hat… Das ist einfach nur da.
Manfred Krammer 1:22:13
Ja, auch das Higgs-Boson, es hat nur Masse. Es hat keine Spiene,es hat keine Ladung. Also es ist das einfachste Teilchen, das man sich vorstellen kann.Weiß jetzt noch nicht, welche Rolle das Higgs-Feld und das Higgs-Teilchen noch spielen kann.Es kann so auch ein, wir nennen es ein Portal, ein Zugang zu der dunklen Materie zum Beispiel sein.Wenn das Higgs auch an die dunkle Materie koppelt, dann kann das unser Zugangsein, um die dunkle Materie zu verstehen.Das Higgs-Feld oder ein Feld mit ähnlichen Eigenschaften wie das Higgs-Feldkann zum Beispiel auch für die Inflation des Universums verantwortlich sein.Das haben wir auch noch nicht verstanden.Warum hat sich kurz nach dem Urknall das Universum inflationär erweitert?Da ist vermutlich auch ein Feld dahinter und das könnte unter Umständen einigeTheoretiker sagen, das ist das Higgs-Feld selbst, das könnte ein ähnliches Feld sein.Also das Higgs-Feld, so sehr es das Standardmodell abgeschlossen hat,kann es auch der Türöffner für neue Erkenntnisse sein.Und deswegen ist es unser Hauptziel jetzt so viel wie möglich über das Higgs herauszufinden.Und vielleicht können wir da jetzt einen kurzen Ausblick wagen,wie kann es am CERN weitergehen.
Tim Pritlove 1:23:39
Genau, darauf würde ich jetzt auch gerne kommen, weil das ist dunkle Materie,dunkle Energie, das hatten wir hier bei Raumzeit natürlich schon sehr sehr oft.Das sind einfach zwei von ein paar ganz elementaren Fragen der Physik,wo man irgendwie weiß, wir beobachten etwas, das nennen wir so,deswegen heißt es ja dunkel, nicht weil irgendwas wirklich dunkel ist,sondern weil man es einfach nicht weiß.So das verhält sich irgendwie wie Materie, man kann quasi die Schwerkraft beider Beobachtung des Weltalls feststellen,aber man kann sie nicht auf die normale klassische baryonische Materie,die uns sonst überall umgibt und von der wir wissen, dass sie eben diese Schwerkrafterzeugt, wir sehen diese Materie nicht.Also entweder gibt es irgendeine andere Materie, deswegen auch dieser Arbeitstiteldunkle Materie oder eben was auch immer anderes, was dann eben eine entsprechendeWirkung hat und vielleicht zu der Schwerkraft dazu kommt oder so oder die irgendwie verstärkt.Und die dunkle Energie, genauso dunkel und unklar,die halt in irgendeiner Form das Universum ja nicht nur zu dieser initialenExpansion getrieben hat, sondern ja auch immer noch weiter dazu beiträgt,dass es sich weiter beschleunigt.Also wir wissen mittlerweile, dass die Beschleunigung noch weiterhin zunimmt,zumindest derzeit noch.Und irgendwann unser Universum so auseinander zerrt, bis wir dann irgendwannkeine Sterne mehr sehen. Dann sind wir zwar nicht mehr hier,aber theoretisch steht das sozusagen auch noch auf der Liste.Das sind zwei Themen, die hier sicherlich auch mit eine Rolle spielen.Und was sind die nächsten großen Ziele noch darüber hinaus?
Manfred Krammer 1:25:26
Aus den Gründen, die ich gerade gesagt habe, dass das Higgs so interessant ist,sind wir uns, und wenn ich uns sage, dann denke ich schon, die Experimentalphysikerund die Theoretiker einig, dass wir eine Maschine brauchen, mit der wir dasHiggs besonders genau untersuchen können.Und mit dem LHC haben wir einen Beschleuniger, der Higgs-Teilchen erzeugen kann,aber er erzeugt sie in einem sehr schmutzigen Umfeld. Wir schießen ja Protonenauf Protonen, die bestehen aus Quarks und Gluonen.Das heißt, bei den Kollisionen selbst ist die Energie der Kollision nicht bestimmt.Das ist der Nachteil und gleichzeitig der große Vorteil eines Hadronbeschleunigers,weil es finden alle Experimente beim ganzen Energiespektrum gleichzeitig statt.Und die Bruchteile des Protons fliegen weiter. Also es ist eine sehr schwierige Umgebung.Hingegen hätte man einen Elektron-Positron-Kollider, wie der Vorgänger des LHC war,nur bei höheren Energien, dann kann man die Elektron-Positronen,das punktförmige Teilchen, Sie erinnern sich, so die Energie so einstellen,dass Higgs-Bosonen mit viel höherer Wahrscheinlichkeit erzeugt werden und auchbei genau definierten Energien in einer sehr klaren Experimentierumgebung Undmit einer solchen Maschine,wir nennen diese Maschine, an der wir derzeit planen und eine Machbarkeitsstudie machen,den FCCEE, Future Circular Collider Elektron,damit könnten wir Higgs-Boson extrem genau untersuchen und vielleicht Hinweiseauf die eine oder andere Frage, die ich vorher aufgeworfen habe,oder die Sie jetzt aufgeworfen haben, finden.
Tim Pritlove 1:27:15
Das ist dann sozusagen das, was nach dem LHC kommen könnte.
Manfred Krammer 1:27:20
Das könnte nach dem LHC kommen. In der Planung,in der Machbarkeitsstudie, die wir derzeit machen,würde das einen neuen Ring bedeuten, mit knapp über 90 Kilometer Umfang,in dem wir eine solche Elektron-Positron, also wir würden Elektronen auf Positronen schießen,als Higgs-Factory, das wäre eine Higgs-Factory, Und in dem gleichen Tunnel könnteman dann, 15 Jahre später, einen noch größeren Hadron Collider einbauen,der dann zu viel höher in Energien kommt.Ähnlich wie wir es am CERN schon einmal gemacht haben. Ich habe die Maschine,den Large Electron Positron Collider, noch nicht erwähnt.Das war die Maschine, die in dem gleichen Tunnel, in dem jetzt der LHC ist,installiert war und mit dem man Präzisionsmessungen der Z- und W-Bosonen durchführen konnte.
Tim Pritlove 1:28:15
Wir haben ja zum LHC jetzt noch gar nicht so viele Daten gesagt,aber das ist ja in dieser Kaskade der Beschleunigerringe, die hier gebaut wurden, der bisher größte.Und wenn man halt einmal durch die ganze Röhre durchfährt, dann hat man irgendwieungefähr 27 Kilometer zurückgelegt.Das sind glaube ich so knapp vier Kilometer im Durchmesser.Das liegt hier unterhalb dieses Geländes, an dem wir uns jetzt auch gerade befinden,teilweise in Frankreich, teilweise in der Schweiz.Wenn man jetzt diesen FCCE bauen würde mit 100 Kilometer Durchmesser,etwas mehr als 90, nicht Durchmesser, Entschuldigung, Umfang,genau, dann müsste man...Weiter graben. Und wie tief ist der LHC?
Manfred Krammer 1:29:05
In etwa 100 Meter unter der Erde.
Tim Pritlove 1:29:08
Und wie tief wäre dann der Nachfolger? Wäre der noch tiefer?
Manfred Krammer 1:29:13
Der wäre etwas tiefer, aber es hängt natürlich von der Oberflächentopologie ab.Der Grund für die Tiefe ist nicht,dass man tief bauen muss, damit keine Radioaktivität austritt oder sonst irgendwas,sondern damit man in einer bevorzugten Geologie den Tunnel baut,sogenannte Molasse, die sich leicht bohren lässt.Das ist der Grund für die Tiefe der Tunnel.
Tim Pritlove 1:29:41
Dass man sich hier nicht durch den Granit fressen muss oder so,gibt es ja hier auch eine ganze Menge.
Manfred Krammer 1:29:46
Das ist zum Beispiel Teil der Feasibility Study, dass man eine Platzierung desTunnels findet, wo sich der Tunnel relativ günstig und mit geringem Risiko realisieren lässt.
Tim Pritlove 1:29:58
Ja, aber das wird noch ein bisschen dauern, glaube ich.
Manfred Krammer 1:30:05
Momentan planen wir den LHC noch einmal kräftig aufzurüsten.Wir nennen ihn dann den Heilume-LHC. Das passiert jetzt schon und wird dannim Jahr 2028 abgeschlossen sein und 2029 beginnt dann diese zweite Phase vomLHC mit deutlich höherer Intensität.Parallel dazu müssen wir natürlich auch die Experimente umbauen,damit sie diese höhere Intensität verarbeiten können. Wir bauen dann neue,bessere Experimente ein, Detektoren ein und dieser verbesserte LHC soll dannbis etwa 2040-21 laufen.Parallel dazu könnte man mit den Vorbereitungsarbeiten für den FCC beginnen.
Tim Pritlove 1:30:52
Und? Wird das was? Kostet eine Menge Geld, ne? Nehme ich mal an.
Manfred Krammer 1:31:01
Die Forschung ist natürlich nicht billig. Andererseits ist eine Forschung,an der alle Länder, die diese Forschung betreiben, mit zahlen.Mit beitragen und mit zahlen.Also so gesehen ist es eine sehreffiziente Art und Weise, diesen Forschungsbereich weiter zu betreiben.
Tim Pritlove 1:31:21
Ja, ich denke, das ist der Vorteil dieses Standorts, dass hier man einfach auchwirklich zusammenarbeitet.Ich meine es gibt viel Forschung, die sehr national angelegt ist.Gibt es überhaupt einen vergleichbaren internationalen Ort zum Zernen,wo in ähnlicher Dimension gearbeitet wird? Mir würde da jetzt erstmal so,abgesehen von der Raumfahrt, so nichts einfallen.
Manfred Krammer 1:31:47
Naja, in dem Ausmaß, was die Internationalität anlangt, wahrscheinlich nicht.Aber in anderen Forschungsbereichen wird schon sehr breit international zusammengearbeitet.Zu erwähnen wäre vielleicht die Forschung der Gravitationswellen.Auch hier waren die Resultate nur möglich, weil viele Nationen gemeinsam gearbeitethaben und über Jahrzehnte das Projekt vorangetrieben haben.Also es gibt schon Deutschland, USA, Italien und Japan.
Tim Pritlove 1:32:18
Das ist richtig. Und man sieht es natürlich auch,wie schon erwähnt, in der Raumfahrt, wo halt die ESA ja im Prinzip ähnlich auchwie auch die ESO schon immer eine sehr internationale und auch schon längstnicht mehr so europäisch, nur europäische Organisation ist.Trotzdem ist das Zernen schon noch eine Besonderheit, oder? In den wissenschaftlichenOrganisationen, so wie es aufgestellt ist.
Manfred Krammer 1:32:44
Ja, sicher. Und ich glaube, der Grund ist die Konvention, die eben in den 50erJahren geschrieben wurde, die erstaunlicherweise noch so aktuell ist,dass sie praktisch nicht geändert wird.Also die Statuten des Zerns? Genau. Eine Änderung wäre jetzt auch wahrscheinlichfast unmöglich durchzuführen, wenn Sie eine Änderung durch 21 Parlamente inEuropa bringen müssten.Die Personen, die diese Statuten damals, die Konvention geschrieben haben,die waren schon sehr sehr vorausschauend und weitsichtig.
Tim Pritlove 1:33:20
Was ist so die Essenz dieser Statuten, die es so besonders machen?
Manfred Krammer 1:33:26
Die Offenheit der ZERN-Forschung,die Offenheit auch gegenüber anderen Nationen, Standorten, denn zum Beispielder ZERN wurde ursprünglich am Standort Schweiz gegründet.Der Übergang zu einer Anlage, die dann auch in Frankreich sich befindet undwir haben auch ein ZERN-Gelände in Frankreich, wurde von den Statuten nicht ausgeschlossen.Der CERN ist mittlerweile seit kurzem auch an Experimenten beteiligt,die in den USA stattfinden.Auch das ermöglicht die Konvention.Also ja, ich glaube, die wurde damals wirklich sehr weitsichtig verfasst.
Tim Pritlove 1:34:13
Immerhin hat sie zu all diesen Erfolgen geführt und wenn man sich den Standort heute anschaut,live und kicking, ein Ein riesiges Gelände, mit der Straßenbahn hier hingefahren,die Straßenbahn war so voll, wie viele Stationen wird's wohl dauern,bis sie dann mal leer ist und wieder Sitzplätze gibt.Aber es blieb voll und alle wollten dann halt dort zum Zerren.Und zwar ein diverses Publikum, ein sehr internationales Flair,was man schon in der Straßenbahn spürt und das ist hier so ein bisschen derHauch, der hier durch die Flure weht.Ja, Herr Krammer, ich würde sagen an der Stelle machen wir mal ein Schlussgesprächüber den ersten Überblick hier über das CERN. Vielen Dank für die Ausführung.
Manfred Krammer 1:35:04
Ja, gern geschehen, hat mich sehr gefreut.
Tim Pritlove 1:35:06
Ja und ich kann nur sagen, vielen Dank fürs Zuhören hier bei Raumzeit,das war jetzt wie gesagt unser erster Blick ins Zern und wir werden uns jetzt die anderen Teile,die hier noch eine große Rolle spielen, Sendung für Sendung näher anschauen.Um so ein bisschen dahinter zu kommen, was hier alles gemacht wird.Ja, bis dann, sage ich Tschüss und bis bald.

Shownotes

RZ110 Grenzen des menschlichen Körpers

Die Physiologie des Mensch in extremen Situationen

Der Mensch ist eine Erfolgsgeschichte der Evolution und hat bewiesen, dass er sich an die unterschiedlichsten Extrembedingungen gut anpassen kann. Trotzdem gibt es Grenzen, die schlicht durch die Biologie vorgegeben werden und mit denen man sich arrangieren muss, wenn man den Körper unter hohe Belastung stellt.

Was sind die Gründe für diese Beschränkungen und unter welchen Bedingungen können diese Grenzen ausgeweitet oder durch Technologie überwunden werden? Die Beschränkungen auf der Erde sind dann im Weltraum noch einmal deutlich kniffliger und müssen bei Astronauten im Orbit und bei künftigen Mondmissionen bedacht werden.

Dauer:
Aufnahme:

Hanns-Christian Gunga
Hanns-Christian Gunga

Hanns-Christian Gunga, Hochschullehrer für Weltraummedizin und extreme Umwelten am Zentrum für Weltraummedizin an der Charité Berlin, erläutert die Auswirkungen von Temperatur, Nahrungsentzug und Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper und warum wir in bestimmten Bereichen so schnell an unsere Grenzen stossen.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove 0:00:35
Hallo und herzlich Willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und anderekosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Pridlaff und ich begrüße alle zur 110.Ausgabe von Raumzeit.Und heute haben wir wieder mal ein interessantes Themenfeld im Auge und zwargeht es um die Medizin oder genauer es geht um den menschlichen Körper,der spielt ja auch in der Raumfahrt eine große Rolle.Und dafür begrüße ich meinen Gesprächspartner, Hans-Christian Gunga. Schönen guten Tag.
Hanns-Christian Gunga 0:01:09
Schönen guten Tag.
Tim Pritlove 0:01:11
Herr Gunga, ja, Sie sind schon lange dabei, sag ich mal, und sind schon einigesgewesen. Da sprechen wir auch gleich mal drüber.Vor allem aber auch Lehrer für Weltraummedizin und extreme Umwelten.Mit anderen Worten, die haben sich ganz intensiv mit dem menschlichen Körperbeschäftigt und tun das auch heute noch? Oder?
Hanns-Christian Gunga 0:01:40
Immer noch.
Tim Pritlove 0:01:41
Immer noch. Lässt man dann auch nicht so richtig sein.
Hanns-Christian Gunga 0:01:44
Es gibt genug andere extreme Umwelten, die einen immer noch überraschen.
Tim Pritlove 0:01:48
Ja, das stimmt. Podcast zum Beispiel ist auch sehr extrem.Genau und über die Grenzen des menschlichen Körpers möchten wir heute mal so ein bisschen sprechen.Aber fangen wir doch mal einfach mit Ihnen an. Wie fing es denn an?War Medizin schon immer Ihr Ding?
Hanns-Christian Gunga 0:02:06
Nee eigentlich nicht. Es war eher das Interesse daran, wie sich das Leben aufdiesem Planeten entwickelt hat. Also Leben im Prinzip.
Tim Pritlove 0:02:18
Ja, da wird man Biologe eigentlich in der Regel.
Hanns-Christian Gunga 0:02:20
Genau, das bin ich ja auch zusätzlich. Zur Medizin, ich habe ein sehr großesSchwein gehabt, dass ich Eltern gehabt habe.Die haben allen dreien, also ich habe einen älteren Bruder und eine jüngere Schwester.Und wir haben von zu Hause gesagt, ihr habt jeder 20 Semester,die ihr studieren könnt.Was ihr dann macht, ist eure Sache, bringt nur ein Examen her.Das ist ein gewisser Luxus. 20, da träumen einige von heutzutage.Diese Vorgabe war verbunden mit einer Verpflichtung, dass man das,was man da macht, ernst nimmt, aber das ist natürlich schon sehr großzügig.Und so haben wir das auch alle drei benutzt. Jeder hat von uns zwei Studiengänge gemacht.Ich habe halt Geologie und dann später hinzu Humanmedizin studiert.Mein Bruder hat Theologie studiert. Ich komme aus einem evangelischen Pfarrhaus in Westfalen.Und meine Schwester hat Psychologie und Theologie studiert.Ich bin ja mit der Geologie so ein bisschen dazwischen.
Tim Pritlove 0:03:38
Geologie, ok das ist ja interessant. Wenn man so auf der Suche nach dem Verständnisdes menschlichen Seins ist, spielt das ja auch eine große Rolle.
Hanns-Christian Gunga 0:03:49
Ja, das ist ein interessanter Einstieg den sie machen, aber es ist eigentlich sehr viel basaler. dann,Wie gesagt ich komme aus Westfalen, so einem klitzekleinen Kaff,das also auf den Landkarten kaum verzeichnet ist, man musste irgendwas haben,was einen daraus herausbringt.Das war immer mein Gefühl und da ist die Geologie oder ganz speziell natürlich die,wenn es ums vergangene Leben geht, die Paläontologie, Die hat mich eigentlichrichtig interessiert, also man muss Geologie und Paläontologie im Prinzip,wenn man Paläontologie studiert, muss man Geologie auch studieren.Aber mich interessiert insbesondere immer diese Entwicklungsgeschichte des Lebensund tatsächlich diese Möglichkeit auch aus dem engen Pfarrhaushaus ein bisschenauszuflüchten und sich dann irgendwo in Steinbrüchen herumzutreiben und so einbisschen sein eigenes Leben führen zu können.Denn in der Regel hatte nicht so jemand Lust da mit rumzukrauchen am Wochenendeda in irgendwelchen kalkieren Steinbrüchen.Also das war so ein bisschen auch ein Fluchtpunkt im Nachhinein wäre das einem eher klar.
Tim Pritlove 0:05:01
Ja in der Geologie steckt die Zeit Raumzeit 75 hier hat er auch diesen schönenTitel geologische Zeit wo ich mich mit Karl Urwein mal so über diese,Weltenaufzeichnung, Geologie,unterhalten habe, was man halt sozusagen überhaupt der Erde alles so ablesenkann, wie sich Leben entwickelt hat, wie sich die Welt, die Erde entwickelthat, was man daraus natürlich auch an kosmischen Zusammenhängen ablesen kann.Ja, Paläontologie, das heißt mussten auch Dinosaurier untersucht werden, gehört ja dazu.
Hanns-Christian Gunga 0:05:38
Ja, aber da muss ich ganz ehrlich sagen, als ich dann das Paläontologiestudiummachte, was mir dann ein bisschen gegen den Strich ging, Das sieht er wirklich, wenn man damit ...Mit den Lehrern oder Fachkollegen, die da einen unterrichtet haben,gesehen hat, die sind dann so spezialisiert auf irgendeinen Knochen,den sie bis ins Letzte genau hin beschreiben, also mich hat immer eher die Funktiondieses Knochen interessiert, als der Knochen an sich, sondern wie funktioniereneigentlich diese Tiere.Aber das konnte man also damals, das ist jetzt auch schon 40 Jahre her oderso, das war ein bisschen schwierig.Da haben sich schon einige Szenen ausgebissen an dem Thema.Aber da war ich irgendwie, da stockte dann so ein bisschen das Interesse undda hab ich gedacht okay, da hat sich auch noch die Möglichkeit gegeben,dass ich dann einen Medizinplatz bekam.
Tim Pritlove 0:06:28
Hatten sie sich nicht irgendwie gerade explizit mit der Größe der Dinosaurier beschäftigt?
Hanns-Christian Gunga 0:06:31
Ja das hab ich dann gemacht, aber aus dem Blickwinkel nachher des Mediziners oder des Physiologen.
Tim Pritlove 0:06:37
Das war noch vor Jurassic Park, danach wurde es ja total sexy.
Hanns-Christian Gunga 0:06:42
Das kam dann dazu, dass dieses Thema auf einmal so wahnsinnig virulent wurdeund wenn man voranfragen,wie denn eigentlich so ein Saurier gelebt hat oder was der gegessen hat undso weiter, das waren dann alles Fragen, die waren dann auf einmal ziemlich wichtig für viele Leute.
Tim Pritlove 0:07:02
Warum auch immer.
Hanns-Christian Gunga 0:07:04
In dem Augenblick kam das Thema auf und dann haben wir eine Forschergruppe gebildetmit Hilfe der deutschen Forschungsgemeinschaft.Und dann nachher, aus meiner Sicht nur 2, 3 die sich beschäftigen,nachher 30 Leute, die sich da um den Saurier auch zum Beispiel im Naturkundemuseum.
Tim Pritlove 0:07:20
Aber es ist ja auch faszinierend, also ich glaube...Was macht die Faszination von den Sauriern aus für die Menschen?Ich meine das ist auf der einen Seite eben diese Größe, weil irgendwas was größerist es wirkt ja dann erstmal per se mächtiger und man stelle sich vor hier würdenüberall so 30 Meter lange Viecher durch die Gegend stampfen,wäre schon ein bisschen beunruhigend.Andererseits beherrschten sie sozusagen ihr Ökosystem, aber dann ist halt auchdieser Fatalismus mit von heute auf morgen war es dann vorbei,dann kam irgendwie der Komet und das war es.Also ich denke da steckt eine ganze Menge drin, auch so an eigenen Ängsten,die Menschen vielleicht so vor sich her schieben.
Hanns-Christian Gunga 0:08:03
Und auch einfach eine Faszination, dass man sich eine Welt vorstellen muss oderauch die rekonstruieren muss, in der die gelebt haben, das ist ja eigentlichwie so ein Theaterstück, das wir entwickeln.Da muss man sehen, okay der muss auch was zu fressen haben, was hat der eigentlichgefressen, da sieht man die konnten eigentlich gar nicht viel fressen,denn die hatten nur ein geringes Menü, da muss man überlegen,wie viel müssen sie davon fressen.Also dann hat man eine ganze Reihe von Fragestellen, die sich wie so kriminalistischherangehen muss, um herauszukriegen, kann man das mit heutigen Methoden rekonstruieren.Und dann kommt dazu, dass da ganz ulkige Sachen passieren.Ich erinnere mich zum Beispiel an eine Situation, wo ich dem Hahn-Meitner-Institut,das ist hier eigentlich so ein Institut gewesen, das sich mit Radionukloidenbeschäftigt, also Zerfallsprodukten vom Uran.Die riefen mich auf einmal an, ich hatte gesagt, sie sollten mal analysieren,woraus diese Bestandteile dieser Knochen da eigentlich bestehen,was das jetzt ist. Das ist ja nicht mehr die eigentliche Knochensubstanz,man sieht zwar, wie der Knochen aufgewacht ist, aber das sind andere Mineralien.Riefen im Nachmittag, wo haben sie den Knochen denn her?Deutlich hat der zu viel Uran, 236 oder so etwas.Offensichtlich war dieser Saurier, der war da irgendwie in einem Delta,ist der verstorben und in der Gänge muss irgendwo eine größere Uran Ablagerunggewesen sein und dieses ganze Uran hat sich dann in diese Knochen da eingebildetund wenn man da mit dem Geigerzähler dran ist,dann tickert das Ding. Das Ding lag im Erkundungsmuseum.Solche Überraschungen kann man dann auch erleben. Und daraus ergeben sich dannwieder so Bilder von Landschaften,wie muss das gewesen sein, damit so etwas überhaupt zustande kommt,wo muss was abgetragen werden, also diese ganzen Veränderungen,die die Welt erfährt, das ist eigentlich großartig.
Tim Pritlove 0:09:52
Das ist mir so gegangen, die Tatsache, dass so diese schweren Dinger fliegen konnten.
Hanns-Christian Gunga 0:10:01
Ja, das ist mir bis heute nicht klar.Den einigen von denen, dieser Pteranodon, der hat eine Spannbreite von 14 Meter und 16 Meter,wenn sie den Körper angucken, wie man da eine Lunge reinkriegt,wie man da ein Herz reinkriegt, wie man da eine vernünftige Durchblutung,ich meine natürlich segeln können die aber, die müssen erstmal in die Luft kommen.Und ehrlich gesagt, das ist mir zum Beispiel noch nicht klar und ich hatte schonmal mit einem Kollegen, ontologisch, wo man da mal eine Arbeit schreibt,wo man sagt, okay, wie haben die das gelöst?Ja, denn ich meine das kostet erstmal viel Kraft den Auftritt zu bekommen,nachher wenn sie segeln, ja, aber irgendwann müssen sie auch runter,müssen irgendwann was trinken oder so, aber da kommen ein ganzer Sack Fragenhinterher, wenn man sich mit dem Leben beschäftigt, wieso das so möglich ist.
Tim Pritlove 0:10:49
Auch weil die Luft dicker ist also es war die die Luft war ja anders und dassdas ist Natürlich hat sich im Laufe der Jahrmilliarden unsere Erde verändert,aber was zum Beispiel Sauerstoffanteil angeht.
Hanns-Christian Gunga 0:11:10
Ungefähr, wenn ich mich recht erinnere, nach dem Karbon. Im Karbonzeitalterhatten wir eine höhere Sauerstoffkonzentration aufgrund der starken Vegetation.Aber danach, die letzten zwei, dreihundert Millionen Jahre,ist die Zusammensetzung der Atmosphäre nach den Erkenntnissen aus verschiedenenMikroorganismen, wo man weiß, wenn dieses Isotop da eingelagert wird,dann ist da so und so viel Sauerstoff da, ist das gleich geblieben.Wir haben 21% Sauerstoff seit mehreren Millimetern.
Tim Pritlove 0:11:42
Und in der Phase haben die angefangen zu fliegen?
Hanns-Christian Gunga 0:11:44
Ja, ja. Aber ich dachte das ist schon vorher gemacht worden.Ne, ne, ne. Also die Luftzusammensetzung, der Luftdruck insofern,der war im Prinzip über diese Spanngeleitung.Das macht es uns natürlich in der Rekonstruktion auch leichter,wenn wir nämlich andere Sauerstoffkonzentrationen zum Beispiel annehmen,da haben sie ganz andere Schwierigkeiten als Physiologe jetzt etwas zu rekonstruieren.Aber das in der Periode wo die Saurier gelebt haben, waren also die heutigen Verhältnisse.
Tim Pritlove 0:12:12
Okay da bin ich falsch informiert.Okay, so aber dabei ist es dann nicht geblieben mit der Geologie und der Paläontologie,sondern die Medizin kam noch dazu einfach um sich jetzt noch tiefer rein zu nerven.
Hanns-Christian Gunga 0:12:33
Wie gesagt, das eine ist immer sehr beschreibend gewesen in der Paleontologie,dass man Knochen gefunden hat, jetzt konnte man sozusagen, tatsächlich versteht man die Abläufe.Physiologie beschreibt die Lebensprozesse. Was muss da sein,damit ein Organismus lebt?Was zeichnet den eigentlich aus? Und dann sind natürlich solche Objekte wieso ein riesiger Saurier oder Wale oder Tiere,die in irgendwelchen extremen Umwelten leben, besonders interessante Beispiele,weil man an denen sozusagen austesten kann, wo liegt der Knackpunkt eigentlich des Organismus.Ist jetzt der Sauerstoffbedarf, den ich habe, wenn ich in die Höhe gehe, nimmt der ab?Dann habe ich weniger Sauerstoff in der Atmosphäre, dann habe ich da ein Problemmit dem Sauerstofftransport.Oder gehe ich in die Tiefe, dann habe ich eine Veränderung mit dem Wasserdruck,der da herrscht. Und diese Fragenzeigen dann auf, wo ist eigentlich das schwächste Glied in der Kette?Warum jetzt zum Beispiel ein Organismus hier und dort nicht sich aufhalten kann.Und das hat mich dann besonders interessiert, weil man da herauskriegen kann,wie funktioniert das Leben eigentlich.Also diese Grenzobjekte nennen wir sie mal, wenn man die studiert,dann kommt man der Sache schon auf die eine oder andere Weise näher. und.
Tim Pritlove 0:14:12
Das war dann so in den 80ern, ne, ihr Studium ungefähr.
Hanns-Christian Gunga 0:14:16
Ich hatte dann noch, eine Zeit lang habe ich beides zusammen gemacht,habe ich studiert, also Medizin und habe gleichzeitig die Rückseite des Mondesuntersucht, das sind auch nicht viele Leute mit denen man sich da unterhalten kann.Da ist aber eine interessante Arbeit raus geworden,die jetzt tatsächlich vor den letzten zwei, drei Jahren haben sich diese Ergebnisse,die damals theoretisch abgeleitet haben, nach jetzigem Stand bestätigt haben,dass der Mond also langsam schrumpft und dabei kommt es dann zu Verwerfungenund diese Verwerfungen an der Oberfläche, die habe ich damals untersucht.Aber wie gesagt da konnte man sich weltweit mit fünf Leuten vielleicht unterhalten,da wird es auch ein bisschen einsam dann, als Wissenschaftler.Ok, die meisten zieht es ja dann immer in die Tinten. Wenn sie dann ein Datehaben oder so etwas und sie sagen ok ich habe aber schon Rückseite zum Mond, das ist schränkend.Da findet man die wirklich interessanten Menschen dann, muss man ein bisschen durchhalten.Aber dann kam der Mensch in extremen Umwelten in den Fokus und da war der Ausgangspunkttatsächlich die Raumfahrt.Auf der einen Seite hatte ich diese Affinität zur Raumfahrt durch diese Geschichtemit der Planetologie, also die zwei Jahre die ich da gearbeitet hatte in demplanetologischen Institut und mich mit der Rückseite des Mondes beschäftigte.Und auf der anderen Seite waren dann die Astronauten, die gerade damals in Deutschland,das war am Beginn der Shuttle Missionen, und da war Berlin natürlich ganz vorneweg, weil hier gab es den Professor Kirsch, der bei den ersten Missionen dabei war.Also einer der sozusagen der Gründungsväter der Weltraummedizin hier in Berlin.Bei dem bin ich auch gelandet, hab bei dem bearbeitet, hab bei dem die Promotiongeschrieben und tatsächlich nachher wurde ich auf den dann zu gründen.
Tim Pritlove 0:16:24
Professur berufen. Aber extreme, also ich richtig verstehe,weil ihr Interesse eigentlich davon geleitet, sozusagen den Menschen im Extremzu beobachten, um daraus Rückschlüsse zu ziehen, über was macht denn jetzt sozusageneigentlich den Körper aus.Ich meine auf der anderen Seite hat man ja, Diesen Gegeneffekt,wenn man irgendwie gar nichts mehr macht und nur noch rumliegt und so weiter,dann bildet sich halt alles zurück in dem Moment,wo man ja extrem dann ausgesetzt ist, also besondere Leistungen vollbringenmuss, an den Grenzen eben arbeitet, dann macht der Körper dann auch wiederum Schritte dahin.Die Evolution findet dann im Kleinen auch sehr schnell statt.
Hanns-Christian Gunga 0:17:05
Ja, aber da ist, wenn wir hier bei Ihrem Thema Raum und Zeit nehmen,ist es natürlich so, dass tatsächlich, wenn ich jetzt eine Veränderung habe,die relativ zum Beispiel, nehmen wir den Extremfall die Schwerelosigkeit.Ich meine, wenn Sie in der Raumfahrt jemanden untersuchen, dann haben Sie dieGelegenheit sozusagen den Körper in eine völlig neue Umwelt zu bringen.Und dann schauen sie sich an, wie erstmal der Gesamtorganismus,aber auch dann Organe, Organsysteme, Zellen, wie die darauf reagieren.Und das machen die sehr in unterschiedlich schneller Weise, also manche neuronalenVeränderungen sind sehr rasch, andere mit dem Knochen oder Muskeln,die brauchen Tage, Wochen.Und diese unterschiedlichen Zeitgänge sind natürlich hochinteressant zu sehen,wo greift die Gravitation sozusagen in den Bauplan eines Organismus ein,da sind wir wieder beim Saurer.Ich meine so ein Ding zu konstruieren, die Schwerkraft war damals genauso da,das ist eine komplizierte Geschichte.Also da müssen sie sehr viel an Struktur aufbauen, damit sie so ein 60,70, 80 Tonnen Geschöpf auf der Erde herumlaufen lassen können.Im Wasser sieht das wieder ein bisschen anders aus, da hat man Auftrieb,aber an Land ist das schon eine ziemlich komplexe Angelegenheit.Und der Astronaut hat mit dem anderen Teil zu tun. Es ist ja so,wenn die in die Schwerlose gekommen ist, so als wenn wir hier in diesem Raumjetzt gerade das Licht ausschalten.Das geht ja so zack und schon geht es los,schon tickt die Uhr und natürlich das wirklich faszinierende ist,dass das Leben so konstruiert ist, dass es sich, obwohl es diesen Zustand nunwirklich nicht gehabt hat, außer sagen wir mal die neun Monate,die man vielleicht im Fruchtwasser da rumschwimmt, die Zeit,die ist hier auf der Erde, 10, 20, 30, 40,50 Jahre und dann machen sie das einfach weg und dann sehen sie,wie der Körper sich da anpasst.Das finde ich, ist eine ultimative Gelegenheit für einen Physiologen oder Mediziner,sowas mal zu untersuchen zu können. Das konnte keiner vorher,bevor wir die Raumfahrt...Sie können nicht hier Schwerelosigkeit auf der Erde erzeugen,im Parabel fliegen, 20 Sekunden.Ja, 21. Kommt auf die Parabel, die sind auch 30. Ich hatte die Gelegenheit schon mal.
Tim Pritlove 0:19:29
Das ist wirklich ein sehr...
Hanns-Christian Gunga 0:19:30
Wer es beim bekommt ist gut.
Tim Pritlove 0:19:32
Ja da hab ich Glück gehabt, jemand anderes nicht so viel gegabt.
Hanns-Christian Gunga 0:19:35
Andere werden da schön grün im Gesicht.
Tim Pritlove 0:19:38
Das ist wirklich sehr interessant, wenn es so von einem Moment wirklich aufden anderen alles anders ist.
Hanns-Christian Gunga 0:19:44
Man auch die Welt eben anders dann zum Teil auch wahrnimmt,was auch Gravitations, wir denken mal so in der Vertikalen,wie dann auf einmal so komplexe, natürlich unser Gehirn und unsere Strukturensind darauf angelegt, dass wir so einen klaren Schwerkraftvektor haben,aber wenn der auf einmal wegfällt, ist es wirklich hochinteressant zu sehen.Wie lange dauert das? Die Astronauten haben gerade mit der Raumkrankheit zu70% damit zu tun die ersten 5-6 Tage.Also auch so einen kurzen Aufenthalt im All, das kann auch tatsächlich starkin die Hose gehen, wenn es einem übel ist.
Tim Pritlove 0:20:23
Muss man auf jeden Fall gut drauf vorbereitet sein. Was ich faszinierend fand,das bestätigt was sie sagen, war also in dem Moment wo die Schwerkraft für michgefühlt wegfiel, aber ich fiel ja sozusagen genauso schnell wie sie normalerweisemich nach unten zieht, von daher hab ich sie nicht mehr bemerkt.Und dann war ich mit nichts mehr in Verbindung und das erste was mir aufgefallen ist so,ah, ich verliere die vollständige Kontrolle über meine Bewegung,ich konnte mich an nichts abstoßen, ich hätte mich theoretisch durch die Luftschwimmen können oder so, das war's dann aber auch, und dieser Verlust,dieser Kontrollverlust an der Stelle war dann wirklich so der erste Aha.Und man kann sich das zwar irgendwie vorher versuchen klarzumachen oder so,aber es ist dann doch nochmal ein bisschen anders, wenn es dann auch wirklich soweit ist.
Hanns-Christian Gunga 0:21:18
Das interessante daran ist, genau das was sie beschreiben, ist die Tatsache,dass der Körper dauernd nach Informationen sucht, sich zu orientieren.Er sucht danach, er hat hunderte von Millionen Rezeptoren,zum Beispiel was Druck angeht, wo ich hier jetzt sitze, wo mein Körper irgendwo,das sind dauernd Informationen die fließen ein um meine Kontrolle über den Raum zu machen.Zu haben wie ich mich da bewege aber in dem Augenblick wo ich eben die schwerelosgekommen und dann wirklich da im Schwebe dann passiert genau das jetzt suchtmein System händeringend,was ist das Wort danach irgendwo in Kontakt damit ich damit ihren Informationendarüber kriege wie bin ich jetzt eigentlich hier in dem Raum sortiert.
Tim Pritlove 0:22:04
Und wenn man die nicht kriegt wird's schwierig. ÄhnlichenEffekt hat man wenn man in so einen vollständig schallbefreiten Raum geht'sgibt so was im Bereich der Audio Technik wo man dann so extrem alles isoliertdas also überhaupt kein Hall mehr da ist und in so einen Raum rein zu gehenist sowas von beklemmend.Schmerz würde jetzt zu weit gehen, aber es ist halt sowas.
Hanns-Christian Gunga 0:22:33
Das ist schon eine Art von Folter, also wenn man das länger macht,das ist ja leider Gottes, der Mensch kriegt dann immer auf die skurrilsten Ideen,aber das ist ein Teil einer Folter, wenn ich Menschen in solche Isolationenbringe, die eben akustisch, lichtmäßig, in jeglicher Hinsicht deren Außenkontakt verliere.Auf der einen Seite, manchmal sucht man das,man möchte gerne isoliert sein von allem, aber auf der anderen Seite,das halten wir nicht lange durch, wir brauchen diese Inputs von außen und diese,wir nennen das ja dann auch Deprivation, Dieser Entzug von Informationen ist für uns.Sehr verstörend und wenn das dann über stunden geht und die raumfahrer in derraumfahrt geschichte in der raumfahrt medizin waren gerade solche versuche insolchen kammern oder auch in wasserbädern die mit salz gefüllt haben wo man dann so schön,Da hat man die mehrere Stunden in diesem, wer darf,heute wird das angeboten für 50 oder 100 Euro, ich weiß nicht,hier gibt es auch so ein paar Dinger, um sich dann zu entspannen,ja gut, okay, entspannen, aberwenn das zu lang geht, dann will der Körper wissen, woran er Kontakt hat.Eigentlich für das ja allein sein ist was anderes als sich einsam fühlen dassind auch zwei verschiedene das eine mag mal ganz nett sein mit sich selberaber sich einsam fühlen ist dann schon da beginnt schon der Schmerzcharakter.Sehr interessantes sehr interessantes psychophysiologisches Thema.
Tim Pritlove 0:24:16
Der Mensch als Sensor Netzwerk. Man kommt sich vor wie so ein Krake mit einer Million Arme.
Hanns-Christian Gunga 0:24:21
Ja eine Informationskrake die sich dauernd darüber informieren muss was ist hier eigentlich los.
Tim Pritlove 0:24:26
Und so ja das ist dann wahrscheinlich auch die Triebfeder von von Evolution und die Triebfeder von.
Hanns-Christian Gunga 0:24:34
Ohne dass ich diese Information kriege, kann ich auch kein Leben gestalten,zielgerichtet jedenfalls nicht, also dafür haben wir dann ein paar MilliardenJahre gebraucht, um das alles zu entwickeln, was da drin ist.
Tim Pritlove 0:24:47
Der Weg hat sich ja dann irgendwann an die Charité geführt, wann kam das dann dazu?
Hanns-Christian Gunga 0:24:52
Das kam an die Charité selber, ich war ja vorher an der Freien Universität Berlinin Dahlem, in der Arnim-Allee, im Physiologischen Institut.Dann wurde, nachdem Wovereit beschlossen hatte, dass da die Medizin hier neugeortet werden soll, Da kam die Zusammenlegung der...Es gab zwei Fakultäten, eine in der Humboldt-Universität und eine in der Freien Universität.Und die wurden dann zusammengenommen und die haben dann 2003,2004 das Dach der Charité bekommen.Deswegen hat auch die Charité als Universität zwei Köpfe. Sie haben sowohl denPräsidenten von der Humboldt-Universität wie von der Freien Universität.Das ist ein sehr eigenwilliges Konstrukt, das ist ja keine medizinische Hochschule,sondern sie ist, das war, was ich sehr gut finde,ich finde reine medizinische Hochschulen nicht gut,also ich finde die Anbildung an die Universität finde ich sehr gut,weil man da immer neue Inputs auch aus Fachgebieten bekommt,die jetzt nicht direkt etwas mit der Medizin vielleicht zu tun haben,aber doch irgendwie vielleicht eine Rolle spielen könnten, alsoIch bin ein größerer Befürworter von Studien, die eben auch mal den eigenen Horizont verlassen.Da vielleicht ist es dann leichter, als wenn man in der medizinischen Hochschulenur mit Medizin und deren Folgen zu tun hat.Also diese Zusammenlegung. Und dann wurde eben diese,wurde eine zunächst Stiftungsprofessur geschaffen,für Weltraummedizin und Extremumwelten,wirklich ein Unikat in der sogar europäischen Hochschullandschaft,nicht nur in der deutschen und da haben sich dann mehrere Personen drauf beworbenund ich habe dann nachher den Zuschlag bekommen.Und nach den fünf Jahren, das war sozusagen, da war diese Stifter,die das Geld zur Verfügung gestellt haben, also damals EADS,ein Raumfahrtkonzern, dann waren es private Stifter, dann war es die jüdischenÄrzte in Deutschland, und ein Vertreter von denen, der was mitgegeben hat.Also es war so aus mehreren Teilen auch interessant, eine Stiftung,die mehrere Mittelgeber hatte, und glücklicherweise hatten sie auch die richtigenRechtsanwälte, um dann mit den Universitäten zu verhandeln, damit man danach,Ich nach den fünf Jahren sagte, okay das war ja nett, sie haben das alles bezahlt,aber jetzt schauen sie mal wie es draußen aussieht.Da wurde da so eine Stellhülle gefunden, okay die Professur,wenn der fünf Jahre rum ist und stellt keine Dummheiten an, dann geht das über in einer Stellnummer.
Tim Pritlove 0:27:42
Wie groß ist das Institut, wie viele Leute sind da so unterwegs?
Hanns-Christian Gunga 0:27:45
In dem ganzen Physiologischen Institut sind wir glaube ich 70 Personen,da ist aber auch sehr viel technisches Personal, da sind andere dabei.Unsere Arbeitsgruppe sind jetzt acht Leute, die mir speziell zugeteilt sind.Wir haben ja die normale Ausbildung für die Mediziner auch, also wir beschäftigenuns jetzt nicht nur mit irgendwelchen Leuten, die durch die Sahara marschierenoder sonst wo, oder ins All fliegen, sondern wir haben die normale MedizinerAusbildung mit zu absolvieren.Das heißt Kurse, die sich mit Herz-Kreislauf-Atmung beschäftigen.Das ist ja das, was Physiologie eben ausmacht. die verschiedenen Funktionsweisenim Körper zu beschreiben.
Tim Pritlove 0:28:29
So extreme Umwelten, also Raum, Weltraum ist klar,aber was sind denn so die anderen extremen Umwelten,die sie jetzt im Rahmen dieser Tätigkeit so ins Auge fassen,wo manifestiert sich sozusagen das Wesen und die Grenzen des Körpers,was schaut man sich da konkret an?
Hanns-Christian Gunga 0:28:52
Eigentlich all die Dinge, die Natur im Wesentlichen ausmachen.Also das ist auf der einen Seite Veränderung des Trocks, auf der anderen SeiteVeränderungen der Temperatur.Dann auch, wie gerade angesprochen, auch die Isolation oder Confinement,das Beengtsein, wenn man in Räumen ist, so ein Übergangsbereich zwischen derPhysiologie und der Psychologie.Dann eben die Schwerkraft oder dann auch die Ernährung. Wenn sie hier am Wochenendeeinen Halbmarathon oder Marathon laufen, da ist die Frage, ist das jetzt einenergetisches Problem?Hat er lang genug trainiert? Dann sind sie in der Trainingswissenschaft,in der Sportwissenschaft.Also alle Bereiche haben ihren eigenen sozusagen Grenzpunkt,wenn ich wirklich einen Ausdauer auf mache und nicht genügend trinke,weil es entsprechend heiß ist, dann wird zum Beispiel die Thermoregulation eine Rolle spielen.Dann kann er noch sehr viel Energie im Körper haben, aber wenn er zu viel geschwitzthat, dann geht der Kreislauf runter, weil er nicht entsprechend hydriert worden ist.Oder wenn ich sage, ich schaue mir jetzt jemanden an, der tief taucht.Na gut, der kann alle Nahrungsmittel und alle Energievorräte im Körper haben,die er braucht, Aber weil der Druck zu hoch ist, führt das dazu,dass bestimmte Organe...Eben dann ihre Funktionen nicht mehr so durchführen können aufgrund des höherenäußeren Drucks und damit Veränderungen zum Beispiel in der Lunge erzeugen,die dann dazu führen, dass da bestimmte Druckverhältnisse sich verändern undzum Beispiel eben der Blutkreislauf dann ganz sich auf die Lunge konzentriertund dann unter Umständen dazu entsprechenden Veränderungen führt.Oder gehen sie in die Höhe, dann fehlt eben halt Sauerstoff,ist nicht mehr genügend da, dann muss man neue Zellen produzieren,die den Sauerstoff transportieren, wie die roten Blutzellen,die roten Blutkörperchen.Das machen ja Sportler zum Beispiel, um dann eben eine höhere Leistungsfähigkeitzu haben, also mehr Sauerstoff im Körper transportieren zu können.Jede dieser Bereiche wird im Prinzip angesprochen und unsere Aufgabe ist eben auch herauszufinden,was kann ich erstmal, wo liegt ein möglicher Schaden und wenn ich den erzeuge,wie kann ich den vielleicht mit entsprechenden Gegenmaßnahmen abmeldern oderin seiner Ausprägung jedenfalls vielleicht verhindern, dass es zu früh kommt.Irgendwo ist immer Schluss.Ich meine, es ist manchmal die Frage, speziell wenn es dann ins Physiologischegeht, warum das im letzten Fall, z.B. Temperaturregulation. Wir haben vielleichtdie nächste Hitzewelle jetzt schon in 2, 3, 4, 5 Wochen.Da ist eigentlich die Frage, warum stirbt ein Organismus eigentlich,wenn die Temperatur zu hoch ist?Warum, wenn wir die Körpertemperatur nur um 3-4 Grad im Körperkern erhöhen,also von 37 Grad normalerweise auf 40 Grad, das können wir nicht lange durchhalten.Da stellt sich die Frage für den Physiologen, warum ist das eigentlich so?Was ist der mögliche Auslöser, das dann dazu führt, dass wir nicht mehr lebensfähigerwerden? Das kann der Kreislauf sein.Es kann aber auch zum Beispiel in der Biochemie sein, weil bestimmte Prozessezum Beispiel im Energiestoffwechsel, die haben ganz verschiedene Enzyme,die müssen genau aufeinander abgestimmt sein, wie so eine Lieferkette.Wir hatten das Problem mit den Chips in diesen früheren Autos.Das ganze Auto kann fertig sein, aber wenn ich irgendwo nicht den Chip habe,der das Ding jetzt vom Zünder anfällt, dann bleibt die ganze Kiste stehen.Es kann durchaus sein, dass bei hohen Temperaturen zum Beispiel in dieser Kette,die man biochemisch zum Beispiel zum Zersetzen von Nahrung, wenn ich einen Kohlehydratoder einen Fett habe, dann gibt es verschiedenste Enzyme, die müssen da dasZeug so klein molekular zerhacken.Die haben alle irgendwo ein sogenanntes Optimum ihrer Temperatur,diese bestimmten Stoffe.Und wenn jetzt einer dieser Schritte vielleicht eine andere Temperatur brauchtoder eine Genauigkeit, dann kann es sein, dass da das Ding ausfällt.Dann habe ich aber da hinten auch kein richtiges Protein mehr,dass das nächste steuert.Und das kann dazu führen, dass zum Beispiel eine einfache Temperaturerhöhungum drei Grad dazu führt, dass ein Organismus darunter stirbt.Deswegen haben wir so viele Abwehrmechanismen.Wenn es heiß ist, wir fangen an zu schwitzen, wir erhöhen die Hautdurchblutung,wir machen uns auf, schnell möglichst was zu trinken,möglichst nicht viel zu essen, weil das dann zusätzlich unsere Durchblutung im Darm erhöht,das wollen wir nicht haben in dem Augenblick, also es sind verschiedenste Mechanismen,die alle darauf achten, dass wir bloß diese 37 Grad da,Kleidung, scharfes Essen essen, Es gibt Verhaltensweisen und in extremen Umweltenist meistens das Verhalten das entscheidend, ob sie da überleben oder sich nicht richtig verhalten.So groß sind unsere physiologischen Anpassungsmöglichkeiten nicht.Das Verhalten ist das entscheidende. Wenn es heiß ist, gehe ich halt manchmalan die Sachen. Dann wird eben die Hecke nicht geschnitten.Oder ich laufe eben nicht 25 Kilometer. Muss ich ja in der Regel nicht.
Tim Pritlove 0:34:21
Bleiben wir mal bei der Temperatur, weil wir da jetzt schon so rangegangen sindund gucken noch mal kurz auf die extremen Welten, wo das jetzt sozusagen eine Rolle spielt.Wir hatten den Sport, ganz klar, aber natürlich generell Wetter oder wo manhalt so wohnt spielt natürlich generell eine Rolle, gar keine Frage.Das heißt, in Ländern wo es generell heißer ist, haben die Körper dann ebenauch selbst entsprechende Gegenmaßnahmen sich herbei evolutioniert oder sindes eher Verhaltensweisen?
Hanns-Christian Gunga 0:34:55
Das sind Verhaltensweisen. Das ist dann vielleicht auch häufig so ein bisschenso ein Irrtum nach dem Motto, also die da im Sahara oder in anderen Wüstenbereichen,die können dann eine höhere Temperatur haben.Ne ne ne nix, die haben auch ihre 37 Grad die sie einhalten müssen.Da ist es das Verhalten, dass ich bestimmte Bekleidung habe,dass ich mich zu bestimmten Zeiten nur herausbewege, also es ist eine Verhaltensanpassung.Ich meine wenn sie über 40 Grad haben, Lufttemperatur vielleicht auch noch verbundenmit einer hohen Luftfeuchtigkeit, das ist für den Körper nicht so aushalten.
Tim Pritlove 0:35:29
Aber Hautfarbe mag eine Rolle spielen.
Hanns-Christian Gunga 0:35:31
Ja genau, das sind dann so spezielle Anpassungen, die zum Beispiel dann eben davor schützen,dass man bei zu hoher UV-Belastung oder Strahlung eben halt keine Zellschädigung erleidet,wie jetzt meinetwegen Hammer-Irre, der da nach Australien auswandert,der hat da ein Problem, weil der hat eben zu wenig von den Zellschädigungen.
Tim Pritlove 0:35:54
Ich kenn das, ich hab auch so ein paar britische Gene, das ist nicht so schön im Sommer.
Hanns-Christian Gunga 0:35:58
Hat aber den großen Vorteil, dass man eben halt in diesen Bereichen,wo es weniger Licht hat, besseres Knochenwachstum hat.Also wenn Sie jemanden nehmen, der nur dunkle Hautfarbe hat und bringen denin die nordischen Bereiche,dann hat der durchaus Probleme nachher genügend, weil wir über die Haut danneine bestimmte Aktivierung von Hormonen brauchen, die dann dazu führen,dass sie Calcium zum Beispiel einladen.Die haben dann Schwierigkeiten damit. Wenn jemand aus den Bereichen kommt,aus den Tropen in die Arktis geht, andersrum in der Regel haben diejenigen,die in tropischen Bereichen leben und schon mehrere zehntausend Jahre leben,die haben eine höhere Schweißproduktion.Ja und die Schweißzusammensetzung ist dann adaptiert, wie man sagt,die hat sich angepasst, da sind dann weniger Elektrolyte drin.Also wenn wir jetzt hier aus dem Urlaub da runterfahren und uns da unten irgendwie so begeben,dass wir ordentlich schwitzen, dann verlieren wir relativ viel Elektrolyte,also Salze, die in diesem Schweiß sind, Natrium, Kalium, Magnesium,Kalzium, die gehen dann leider verloren.Bei denjenigen, die da jetzt länger unten sind, da wird sehr viel von dem vordem Schwitzen zurück resorbiert.Der Körper lässt das gar nicht erst raus, sondern der holt sich diese Substanzund kann dann übrigens auch noch physikalisch leichter schwitzen.Je weniger Salz da drin sind, umso leichter kann man schwitzen.Verdunsten und durch das Verdunsten erzeugen sie Kälte.Da geht Energie mit dem Körper entzogen und das ist sehr viel Energie.Also ein Liter Schweiß macht ungefähr 560 Kilokalorien, also ein Drittel desEnergiebedarfs, den man proTag überhaupt hat in Ruhe. Können Sie dadurch bei einem Liter Schweiß...
Tim Pritlove 0:37:45
Steckt man in Schweiß?
Hanns-Christian Gunga 0:37:46
Ja, den steckt man in den Schweiß und damit wird der weggeführt,abgeführt und kann dadurch den Körper auf seinen 37 Grad halten.Und das ist evolutionär wahrscheinlich eine der entscheidendsten Veränderungen,die wir in einer Optimierung zur Ausdauerfähigkeit in der Evolution bekommen haben.Also diese Fähigkeit zu schwitzen ermöglicht uns sehr lange Strecken mit nichtallzu hoher aber doch ganz guter Geschwindigkeitslaufen.Wenn wir evolutionär sozusagen auf der Jagd waren früher,dann hat das sicherlich einen enormen Vorteil gehabt, dass wir schwitzen konnten,denn dann kann man auch Tiere, die schneller sind, aber dadurch entsprechenderlegen, dass man denen dauernd folgt, bis sie dann eben halt tatsächlich ineine Situation kommen, wo sie für uns greifbar gewesen sind,also es ist ein erheblicher Vorteil.Wir haben ja auch das Haarkleid verloren, was man dann auch nicht so gerne hat,man will ja nicht nur in die Haare eingepackt sein, sondern man möchte gerne schwitzen.Andere Organismen die das nicht haben, haben da ein Problem,die überhitzen alles sehr schnell.
Tim Pritlove 0:38:59
Ja Mensch der Superjäger sozusagen, das ist eine Fähigkeit. Laufen, das können wir.
Hanns-Christian Gunga 0:39:06
Ja, war doch einer dieser, ich glaube, Sattobek hat das mal gesagt,Fisch schwimmen, Vogel fliehen, Mensch läuft.So kann man es kurz zusammenfassen. Gut beobachtet, ja.
Tim Pritlove 0:39:19
Erklärt auch, warum man in heißen Regionen häufiger so salzhaltige Getränkezu sich neigert und Lassi etc.
Hanns-Christian Gunga 0:39:29
Ja, dann wird da substituiert sozusagen, was auf der anderen Seite eben mehrverloren geht und das schränkt dann nach einer gewissen Zeit halt unsere Leistungsfähigkeitauch da wieder ein, da kommen wir auch wieder an eine Grenze ran.Also diese Grenzen und da ist eben dann wiederum die Ausgangsfrage,was, wo, an welcher Stelle bricht diese Kette am Erden zuerst.Da ist es dann eben nicht unbedingt die Energie zuvor. Wir haben immer nochirgendwo ein kleines Fettpolster, was sonst aussieht.Man könnte es auch mal so zusammenfassen, um Ihre Ausgangsfrage auch nochmalzu beantworten, was extreme Umwelten sind.Wenn Sie sieben Minuten keinen Sauerstoff haben, dann sterben Ihre Hirnzellenab. Also Sauerstoff ist das Entscheidende. Ohne den kommen Sie nicht aus.Sie können sieben Tage ungefähr ohne Wasser leben als Erwachsener.Wenn sie Wien verschüttet, dann haben Leute da in der Türkei und Syrien,da können sie auch manchmal 10 Tage oder 11 Tage, da müssen sie aber in dieserHinsicht günstige Umgebungsbedingungen haben.Aber sie können in der Regel, wenn sie auch nicht sehr viel an Übergewicht haben,sieben Wochen können sie hungern.Also man sieht schon, der Sauerstoff ist wichtig, der Wasserbedarf ist wichtigund der Energiehaushalt.Aber jeder hat so seine eigene Zeitachse.
Tim Pritlove 0:41:01
Zum Essen kommen wir vielleicht gleich nochmal. Ich würde gerne noch bei der Temperatur bleiben.Große Wärme hatten wir jetzt schon, aber es gibt ja auch das andere Extrem. Ja, wir kühlen.
Hanns-Christian Gunga 0:41:12
Es gibt aber auch kalte Zonen auf diesem Planeten.
Tim Pritlove 0:41:14
Hat man schon von gehört ja, leben ja auch einige Leute und auch sehr spektakulär,wenn man sich das so anschaut, welche Kulturtechniken dort entwickelt wurden,um damit irgendwie klar zu kommen, so was Kleidung betrifft, Hausbau etc.Gehört ja alles mit dazu. Aber inwiefern haben sie das untersucht,wie fährt man dann da hin?Schaut man sich das an, untersucht man die Leute vor Ort oder steckt man einfachLeute in die Kühlbox ins Labor und macht Kabel dran und sagt,ist egal es sind nur zwei Stunden.
Hanns-Christian Gunga 0:41:51
Ja es kommt auf die Fragestellung an, im Labor kann ich eben Sachen sehr sehrgut kontrollieren, wenn ich zum Beispiel sehen möchte, welche Bekleidung istbesonders effektiv, die Körpertemperatur zu halten, Wärmeabgabe zu messen etc.Dafür gibt es solche Klimakammern.Da kann ich also sehr kontrollierte Ausmittelungen, aber die geben mir natürlichnicht eine natürliche Umgebung, in der ihr jetzt arbeitet oder wie wir zum Beispieleine Untersuchung haben in der Antarktis, bei den Leuten, die da auf der deutschenAntarktis-Station sind.Und ich hatte auch Gelegenheit in meinem Berufsleben da unten mal vorbeizufahren für mehrere Wochen,um zu sehen, wie die dort arbeiten und was für Probleme die halt haben und wiewirkt sich das aus, dass sie dann auf so einer Station da leben müssen.Da kommt man dann nicht herum, dass man sich das vor Ort anschaut.Also beim Menschen ist es wichtig, ihre Bemerkungen, die sie gemacht haben, erstmal zu beobachten.Großen vorgefertigten Hypothesen, wie das normalerweise in der Wissenschaftist, also die man hier am Schreibtisch entwickelt und dachte,das muss jetzt so sein und wenn die die Temperatur so haben,dann wird das hilft dir eigentlich in der Regel wenig.Was du mitnehmen musst, du musst erst mal die anschauen, wie leben die dort,wo treten die Probleme auf und die Probleme sind meistens völlig,zunächst scheinbar völlig belanglos. Ich erinnere mich an eine Situation dain der Antarktis, in dem allgemeinen Aufenthaltsraum.Da gab es zum Beispiel Ärger, weil jemand irgendwie den Stift,den irgendjemand da hatte an seinem Arbeitsplatz, immer irgendwo anders hingelegt hat.Das war nachher das Problem. Ja, darüber haben die sich geköppelt.Nicht, dass da draußen minus 30 Grad sind oder so, sondern es war die Situationpsychologisch, der hat ihnen fünfmal gesagt, hier, das ist mein Ding hier,das ist mein Platz hier, das schon wieder irgendjemand hat hingenommen oderirgendjemand hat hingenommen.Oder die Zahnbürste, die nicht andere... Solche Sachen sind dann auf einmalund das ist das, was man als Forscher machen muss, beobachten.Am besten so einfach ein Bleistift, Papier, ein Feldbuch, ähnlich wie so einGeologe, der sich eine Zeichnung macht über irgendeinen Aufschluss oder so.Erstmal beschreiben, was sind da wo, treten Konfliktpunkte auf,was belastet die Leute wirklich.Heute zum Beispiel, wenn sie Kälte haben, heute haben sie so ausgefuchste Bekleidungsstücke,da kann es draußen minus 50 Grad sein, dann haben sie immer noch Kälte.Eher das Problem, dass es dann unter Umständen, wenn sie körperlich arbeiten, zu warm daran wird.Aber der Mensch ist wirklich nur das eine, es gibt natürlich auch andere Organismenund wenn man da die extreme Umwelt betrachtet, dann muss man sich auch mal fragen,in welchem Lebenszyklus betrachten wir auch das Leben.Das ist nämlich auch noch interessant. Wir reden im Augenblick nur von Erwachsenen.Wenn sie einen Organismus haben, der sich erst formt, wie eine Kaulquapp oderso etwas, dann hat die eine ganzandere Temperaturempfindlichkeit als eine ausgewachsene Kröte oder Frosch.Oder dasselbe ist bei Menschen, wenn ich Kleinkinder habe, reagieren die andersals ein Pubertierender oder einer der 60 oder 70 Jahre. Es kommt also auch aufden Lebenszyklus an, in dem ich den Organismus betrachten will.Und das finde ich hochinteressant, wenn Sie sich das mal genau angucken im Leben.Da werden Sie sehen, dass 99% der Organismen, die auf diesem Planeten leben,die können nicht überleben bei Temperaturen für den gesamten Lebenszyklus bei über 45 Grad.Oder bei 32 Grad und darunter.Also in einer Spanne von 6 bis 7 Grad da spielt sich im Prinzip das Leben ab.Es gibt einzelne Formen die sich dann als Sporen oder so als halbgefroren oderso etwas überleben können. Aber um wirklich aktiv zu sein, ein aktives Lebenzu haben, das ist eine Spannbreite von 7 Grad.Das ist unglaublich gering.Man hätte ja auch meinen können, die Evolution hat in den drei Milliarden Jahrenein bisschen größeres Spektrum geschaffen,aber die hängen alle, die ganzen Lebensverhältnisse hängen alle so miteinander so verdraht,dass können sie nicht auf einmal sagen, gerade im Hinblick auf die Erderwärme,wo man sagt, okay dann passen wir uns eben an, dann ist es halt ein bisschenwärmer und dann ist auch unser Körper ein bisschen wärmer und damit läuft dashalt. Das läuft doch nicht, da ist zappenduster.Das ist die Spanne in der dieser Leben entsprechend.
Tim Pritlove 0:46:40
Gibt's da ne schlüssige Erklärung für diesen Sweetspot?Also ich meine wir hatten das ja schon tangiert, dass bestimmte Proteine einfachnur in so einem speziellen energetischen Zustand überhaupt funktionieren.
Hanns-Christian Gunga 0:47:00
Ja, aber es geht jetzt hier um die Spanne, denn interessanterweise diesen Schlüssel,den wir da erwähnt hatten mit dem sogenannten Intermediärstoffwechsel,also der beim Abbau eines Stoffes der im Körper jetzt in ein anderes Proteinzum Beispiel jetzt gebildet werden.Diese Kette, die wie gesagt hat sehr unterschiedliche Temperaturen und das interessante ist,früher hat man gedacht okay diese 45 Grad das ist jetzt deswegen weil da anfangendie Proteine zu denaturieren,also die verändern so ein Protein hat eine bestimmte Strukturbauweise und wennes dann zu warm ist dann geht diese Bauweise eben halt bricht da und dann istdas Ding nicht mehr funktionsfähig.Klingt erstmal plausibel, das kann man im Reagenzglas beobachten,es ist aber nicht ganz stichhaltig, wenn man sich jetzt interessanterweise anguckt, z.B.Organismen, die immer in der Kälte leben, wie so ein Eisfisch.Ein Eisfisch, der oben im Nordatlantik lebt, der lebt bei einer Wassertemperaturum 0 Grad oder 1 Grad minus oder 2 Grad minus.Können die, weil die so ne Art von Frostschutzmittel da in ihrem Körper haben.Aber die haben auch nur 6 Grad. Wenn sie so einen Eis-Fisch jetzt in ein warmes Wasser setzen...Bis sechs Grad hält er das aus, also die sechs Grad Temperaturspann hält eraus, aber wenn es sieben, acht oder neun Grad ist, dann stirbt auch dieser Organismus.
Tim Pritlove 0:48:34
Weil der Organismus dafür gebaut ist, in dieser kalten Umgebung genau diesemittleren Temperaturen zu erzeugen?
Hanns-Christian Gunga 0:48:41
Ja, weil dann ist das spricht eher dafür, dass was mit dem Intermediärstoffwechselt, also dass diese wie gesagt diese Kette dann durchbrochen wird,wenn da größere Temperaturschritte gemacht werden.Wenn es jetzt, denn ein Protein das ist denaturiert bei sechs Grad,das ist eigentlich relativ unwahrscheinlich.
Tim Pritlove 0:49:01
Aber herrschen denn in dem Fisch normale Temperaturen?
Hanns-Christian Gunga 0:49:06
Der hat die Temperatur von diesen ein, zwei, drei Grad. Der ganze Fisch?Der ganze Fisch, ja. Also es ist nicht so, dass er in der Mitte so einen kleinenReaktor hat? Nein, nein, nein.Es gibt andere Fische, die so viel haben und dann eine höhere Temperatur haben.
Tim Pritlove 0:49:20
Aber das heißt es gibt dann doch Proteine, die in anderen Temperaturbereichenauch lebenserreichenden Fruchtstoff haben?
Hanns-Christian Gunga 0:49:25
Ja, aber das Denaturieren beruht ja darauf, dass man sagt, okay dieses Proteinwird geknackt, weil wir eine zu hohe Temperatur haben.Wir knacken normalerweise Proteine bei 45 Grad aufwärts. 50 Grad fallen dieDinger auseinander und dann ist es raus. Aber wenn tatsächlich jetzt ein Proteinbei 6 Grad kann das nicht denaturieren. Das ist...Mehr als unwahrscheinlich, die Struktur wird nicht so verändert.Es ist aber offensichtlich so, dass eben diese verschiedenen Abhängigkeiten,um dann ein Protein, dass da die Temperatur eine Rolle spielt.Nicht jetzt im Einzelfall für das Protein was da geknackt wird,sondern der Weg dahin wird geknackt.Das ist wie als wenn verschiedene Türen sozusagen müssen erst geöffnet werden.Und da ist eben das interessante daran ist, dass man auf diese Spur gekommenist beim Fisch, der jetzt eiskalt ist und nicht bei einer Untersuchung bei 45Grad sich irgendwelche Organismen angeguckt hat, die da besonders warm sind.Die Argumentationslinie ist also genau umgedreht aus diesem,da haben wir Eisfischerforschung herausgekommen, okay das mit den 45 Grad könnteauch eine andere, könnte eine Folge sein von vorher ablaufenden Dingen.
Tim Pritlove 0:50:43
Gibt's dann irgendwie, ich meine es ist ja im wesentlichen,also diese ganze Betrachtung von, es gibt so ein Temperaturbereich in dem funktioniertjetzt der Mensch und die allermeisten anderen Lebewesen und es gibt so ein paarExtreme und die funktionieren nochmal anders aus anderen Gründen.Gibt es eine physikalisch chemische Erklärung warum ein Großteil dieser Proteinedie für uns Leben ausmachen dann ausgerechnet in diesem Bereich aufhören zu funktionieren?Oder ist es einfach nur so weil die Temperaturen bei uns auf der Erde eben nunmal so sind wie sie sind, haben wir uns den Satz an Proteinen für unser Leben quasi erworben?Daraus sind wir so heraus evolutioniert, weil das war halt das was so gut funktionierthat. Hätten wir jetzt höhere Temperaturen, gibt es vielleicht andere Proteinstrukturen,die sich erst noch bilden oder die so nie zum Leben herangezogen wurden,die wir dann quasi wo wir uns hin evolutionieren können.
Hanns-Christian Gunga 0:51:43
Interessante Frage, ich meine,wenn wir uns die Entwicklungsgeschichte des Lebens anschauen, dann...Sind ja wahrscheinlich die ersten schritte des lebens eigentlich in sehr heißenbereichen also solchen vulkanen ja es spricht einiges dafür dass dort entsprechendechemische verbindungen gebildet werden können aufgrund.Der hohen Temperaturen und des reichhaltigen Mineralgehaltes in diesen Hotspots, die da sind.Das heißt, diese Organismen, diese Zellen, gibt es auch einzelne Schutzmechanismen.Die produzieren zum Beispiel bestimmte sogenannte Heat Shock Proteins.Proteine, die die Zelle davor schützen. Die Zelle ist ja sozusagen auch füruns die grundlegende Funktionsstruktur,also die Einheit, die musste erst mal gebildet werden, die sich abkapseln kannvon der Umgebung um ein eigenes Biotop zu schaffen.Also jede Zellmembran ist auch, wenn man so will, eine Abkapselung von dieserWelt und die müssen wir erst mal bilden.Und als das gebildet worden ist, offensichtlich, wenn man in die Bereiche kommt,in denen meistens so eine Temperatur herrscht, in der sich Organismen dann entsprechend aufhalten,Die hat jetzt dazu geführt, dass wir offensichtlich einen Satz von chemischenStrukturen entsprechend zerlegen können mit der entsprechenden Effizienz.Dieser in diesem Temperaturabschnitt und alle anderen die da rausgehen sindhalt offensichtlich schwerer und anfälliger sonst hätte sich da ein größererHorizont aufgetan aber das ist für diesen Planeten ist das offensichtlich unddeswegen müssen wir halt mit dem Klima auch aufpassen weil wir sind nichts für was anderes gebaut.
Tim Pritlove 0:53:42
Wie ist das überhaupt zu erklären, dass wir eigentlich uns ja zumindest in diesen Breiten,es ist ja nicht 36 Grad warm, sondern das ist ja für uns schon eine anstrengendeTemperatur, sondern wir mögen es ja eigentlich eher kälter, brauchen aber imKörper so eine Betriebstemperatur.Gibt es eine schlüssige Erklärung dafür warum wir uns sozusagen nochmal einenhöheren Wärmeort selber permanent schaffen und dafür ja auch Energie aufwenden müssen,wenn man, warum ist es dann auf einmal unangenehm, wenn es wärmer wird,also im Mittel ist es halt so.
Hanns-Christian Gunga 0:54:26
Wir, das heißt die Inspirons, die Säugetiere, haben in der Regel so 37 Grad,plus, minus, ein, zwei, drei, zwei Grad. Das ist sehr eng für die Säugetiere.Das hat natürlich den riesigen evolutionären Vorteil, dass wir permanent aktivsein können. Ich meine, wenn sie so eine arme Eidechse sind,die muss ich erstmal in die Sonne legen, damit die ordentlich auf Fahrt kommt.Die Muskulatur der Stoffe, der braucht eben halt eine höhere Betriebstemperatur.Der Vorteil so einer Echse oder so einer Schlange, eines Reptils ist halt,dass sie sehr sehr lange mit relativ wenig Nahrung auskommen.Ich meine so eine Schlange, wenn die mal irgendwas gefressen hat,dann kann die auch mal ein halbes Jahr hungern. Das macht für die gar nichts.Wir brauchen, um unsere Betriebstemperatur sehr hoch zu halten,permanent entsprechende Energiezufuhr.Das ist ein Problem. Das wird zum Problem, je mehr wir halt,das sieht man ja in dieser Welt, je mehr wir Menschen haben,die alle etwas zu essen haben müssen.Wenn wir mehrere Milliarden sind, wird das allein die Beschaffung und die Verteilungzu einem gewissen Problem.Wenn wir eine relativ beschränkte Anzahl sind, ist das weniger ein Problem.Aber es ist sozusagen der große Vorteil ist wir sind zu eigentlich zu allenTages- und Nachtzeiten mehr oder weniger können wir aktiv sein,weil wir die Temperaturhaltung haben.Das kann man erstmal als evolutionären Vorteil beschreiben.
Tim Pritlove 0:56:14
Damit sind wir ja eigentlich schon beim nächsten Block so ein bisschen,nämlich diese Frage eben der Energie.Also wir sind ja nur so permanente Reaktoren und versuchen uns so,ja beschicken wir uns sozusagen mit Treibstoff und grad so dieses hungern undfasten oder überfressen,Ist ja auch immer so ein heißes Thema, wir sind ja alle sehr dick geworden,weil wir so viel Nahrung hier haben, im Westen zumindest,und der ganze Energiehaushalt ist nochmal eine andere Frage,aber was sind denn sozusagen die Grenzen des Körpers jetzt,wenn eben so ein Nahrungszustrom in irgendeiner Form unterbrochen ist oder eingeschränktist, also woraus zehren wir und wie lange können wir denn daraus zehren?Also ein halbes Jahr schaffen wir jetzt nicht wie die Schlange, aber was geht denn?
Hanns-Christian Gunga 0:57:15
Nehmen wir einfach mal einen 70 Kilogramm schweren Mann, der erwachsen ist,dann hat der ungefähr 30 Kilogramm Muskulatur und ungefähr, schätze mal, 10 Kilogramm Fett.Und dann hat er in dieser Muskulatur noch bestimmte Speicher,insbesondere ein bisschen in der Leber, wo er direkt Kohlenhydrate,also Zucker, speichern kann, wenn man so will.Zucker in der Leber sind das ungefähr 100-150 Gramm, die wir da an Zucker speichern,an Kohlenhydraten, und 350 Gramm in der Muskulatur, also ungefähr 500 Gramm haben wir.500 Gramm, das ist energetisch, ein Gramm Kohlenhydrate, ein Gramm Zucker,wenn man so will, hat 4 Kilokalorien, also wenn wir 500 Gramm haben,mal 4 sind 2000 Kilokalorien.Das ist gerade das, was wir, wenn wir mehr oder weniger gerade mal ein bisschenin Ruhe tätig sind, pro Tag brauchen. Also wir haben im Prinzip Prodehydrateals Speicher für einen Tag.Die müssen wir immer wieder aufwenden, deswegen haben wir auch einen hohen Appetit,wenn es zum Beispiel auf Zucker oder süße Sachen geht. Das ist ein begrenzter Stoff.Beim Fett jetzt, wenn wir 10 Kilogramm Fett haben, 10 Kilogramm,das sind also 10.000 Gramm.1 Kilogramm, 1000 Gramm, 10 Kilo, 10.000 Gramm. 1 Gramm Fett hat nun eine Energiedichtevon rund 10 Kilokalorien.Das sind ein bisschen weniger als 9, aber das ist leichter zu rechnen.Das heißt, wenn wir 10 kg Fett haben im Körper, dann haben wir 10.000 g Fett mal 10 kg Fett.Kilokalorien. Dann haben wir 100.000 Kilokalorien.
Tim Pritlove 0:59:13
Also hundertzig mal so viel.
Hanns-Christian Gunga 0:59:15
Genau. Also das heißt 50 Tage können wir im Prinzip bei 2000 Kilokalorien,können wir 50 Tage rein, jetzt theoretisch, davon leben. Dann haben wir jetzt noch Muskelmasse.Nun gut, die kann man auch noch verstoffwechseln. Das tut der Körper,wenn er extrem viel Hunger hat, dann geht er auch an die Muskelmasse.Ich meine, Sie können keinen Herzmuskelverstoff wechseln. Aber sie können dann eben Extremitäten,die Arme werden dünn, das was man teilweise auch bei älteren Personen dann schonbeobachtet, dass sie dann ihren Muskelmasse abbauen und diese Proteine auchals Energiereserve nehmen.Oder wenn eben halt sie in Regionen gehen, wo sie im Hunger leiden,dann sehen sie diese dünnen Beine, Da wird sozusagen das Wenige,was sie haben, was für die Bewegung noch da ist, wird auch wieder evolutionärversucht, den Körper noch mit etwas zu versorgen.Dann baut der Muskelmasse ab. Da haben sie auch noch mal gut und gerne vielleicht 10, 15 Tage.Also wenn man genau hinguckt, wir haben für einen Tag Kohlehydrate,Zucker, als Energieschränkung, muss also permanent neu zugeführt werden.Das kann man über Biochemische.50 Tage mit Fett und die meisten Leute haben ja nicht das Problem,dass sie 10 Kilogramm haben, sondern sie haben eher vielleicht 50 Kilogramm.
Tim Pritlove 1:00:35
Könnten also lange überleben.
Hanns-Christian Gunga 1:00:36
Ja.
Tim Pritlove 1:00:40
Aber das heißt doch jetzt nicht, dass ich problemlos lange Hunger...
Hanns-Christian Gunga 1:00:48
Es ist halt begrenzt, aber man sieht ja, es kommt immer auf die Zeitachse an,akut haben wir da kein Problem mit, aber wenn ich jetzt irgendwo havariere in ihrem Boot,dann können sie davon ausgehen, dass sie nach zwei,drei Tagen wird sich der Hunger mächtig steigern, das ist auch klar,Werden Enzyme, werden bestimmte Hormone hochgefahren, die ihr Hungergefühl maximal stressen.Auch so, dass sie nach ein paar Tagen schon, wenn sie mit einem anderen Kollegenim Boot gelandet sind, den vielleicht ganz anders angucken.Alles schon beschrieben worden. Das dauert nur ein paar Tage.Also da ist auch unsere zivilisatorische Rechtsgrundlage kommt da relativ schnell ins Schwanken.Und es gibt die ein oder anderen Schilderungen, die ja auch bekannt sind inden Flugzeugen, wo in den Anden abgestürzt sind und so weiter, die man kennt.Diese Quellen sind natürlich für uns Extremphysiologen.Das jetzt bitte richtig verstehen interessant in dem sinne dass man das kannman natürlich nicht experimentell und so untersuchen aber man kann natürlichaus den erfahrungen die diese menschen haben und wie sie das beschreiben,kann man die ein oder anderen rückschlüsse ziehen in welchem zeitgang spieltsich so etwas ab das ist auch zum beispiel schilderung also nach drei oder viertagen wie gesagt ist dann besonders starkes hungergefühl,Was dann auch zu entsprechenden Konflikten führt, dann flacht das im Prinzipab, aber dann geht der Körper auch in so ein bisschen so ein Dämmerzustand über,wenn man gar nichts mehr ist. Und dann so nach dem 20.Tag, dann geht das wieder hoch. 20. 25. so so so.
Tim Pritlove 1:02:41
Geht das wieder hoch, die Aufmerksamkeit?
Hanns-Christian Gunga 1:02:43
Ja ja, das Hungergefühl und jetzt der Drang das irgendwie zu lösen.Und irgendwie meine ich wirklich so wie ich sage irgendwie zu lösen und dasist dann gerade eben für Gruppen oder so etwas ist dann dann unter Umständeneine schwierige Geschichte.Und die englische Seefahrer Nation hatte dafür dann auch ein eigenes,Eigene Handhabung, da gab es kein gerechtes, das nannte sich Law of the Sea.Die haben dann tatsächlich, wenn sie in diese Havarie-Situation gekommen sind,dann haben die dann Hölzstäbchen gezogen, wer den koffert.Das war ein ungeschriebenes Gesetz, bis ich glaube so 1880 ungefähr,Dann wurde es mal gerichtlich geklärt in einem berühmten Rechtsstreit,ob das denn stadthaft ist, dass man jemanden tötet, um selber zu überleben.Und es ist dann herausgekommen, dass das nicht stadthaft ist.Und dann wurde daraus dieses damals übliche Law of the Sea geändert.Normalerweise wurden die Seefahrer dann vorher nicht angeklagt,wenn sie das nachweislich,wenn ein bestimmtes Schema auch eingehalten wurde, also mussten alle zustimmen,das ist auch so, in diesem Verfahren zum Beispiel,die mussten alle bei Bewusstsein sein, also es waren schon so ein paar Rahmenbedingungengegeben, damit dieses Law of the Sea auch entsprechend angewendet werden durfte.
Tim Pritlove 1:04:20
Wie ist denn das so wenn Leute fasten? Das ist ja auch so ein Ding,also manche versprechen sich ja davon,die Erkenntnisse, weiß ich nicht,mentale Stärkung, es hat halt auch so im islamischen Bereich,hat es ja auch so eine kulturelle Bedeutung sich so diesem Entzug hinzugebenund so weiter, auch wenn es ja sozusagen nur tagsüber ist in dem Sinne,aber ist das eigentlich in irgendeiner Form mal, haben sie das mal untersucht?Also ist das sozusagen etwas.Gibt es da ein Bedürfnis sowas zu machen oder ist das wieder so etwas,was wir uns haben so einfallen lassen, bringt es irgendwas, schadet es in irgendeinerForm, ist eigentlich egal, also ist so selbstgewählter Hungerentzug irgendwiemit Einlauf und dann geht es ja erstmal ein paar Tage.
Hanns-Christian Gunga 1:05:09
Ja und dann nimmt man in der Regel ja relativ schnell wieder zu,wenn man was abnehmen wollte, also ehrlich gesagt, ich habe bisher noch keinen getroffen,der, wenn er so eine Fastenkur gemacht hat, danach sein Gewicht gehalten hat,sondern in der Regel kommen die alle wieder darauf zurück, also ich habe aberselber in dem Bereich jetzt nicht untersucht, ich habe mich natürlich mit dem Thema beschäftigt.Es gibt eine Reihe von Untersuchungen dazu, wiederum kommt man aus dem Bereichder Evolution und der Evolutionsforschung,da ist es sicherlich richtig, uns stehen nicht permanent Nahrungsmittel zur Verfügung.Und eine sozusagen Intermediär, also mit Zeitabschnitten, ist wahrscheinlicheher der natürliche Zustand gewesen und nicht die permanente Verflüchtbarkeit.Insofern ist so eine willentlich hergeführte Fasten etwas, was naturgemäß sicherlich aufgetreten ist.Aber es ist natürlich was vollkommen anderes, wenn ich bewusst auf Nahrung verzichte,Als wenn ich durch eine Situation dazu gedungen bin, keine Nahrung zu haben.Das sind zwei völlig verschiedene Sachen.Wenn ich faste, habe ich dadurch tatsächlich eine mentale Stärkung,indem ich sage, ich habe eine gewisse Kontrolle über meinen Körper.Wenn ich aber da irgendwo im Boot sitze und habe nichts zu essen,dann wird mir das mächtig auf den Zahn gehen, weil das eigentlich nicht meinWunsch ist. Weil es auch nicht gerade um Kontrolle geht.Ich habe die Kontrolle nicht darüber. Hier ist die Frage, in der Tat,habe ich die Kontrolle über die Situation, dann ist das was anderes,deswegen hat es sich auch gezeigt, weil das...Dieses aktive moment ist ja das jene was auchpersonen die in den hunger streik gehen entsprechend nach außen bringen dasssie sozusagen indem ich keine nahrung zu mir führe setze ich natürlich den anderenauch unter druck dass mir was passieren könnte aber ich mache das ganz bewusst mit einem ziel.Nämlich, dass ich irgendeine Forderung oder irgendeine Rechtschöpfung erwarte,die mir bisher vorenthalten wird und die ich damit unter Druck setzen möchte.Das ist für Außenstehende dann, kann man das nur zunächst beobachten,aber es bringt natürlich mit jedem Tag der Uhr eine gewisse Gefährdung für diesePerson und damit auch für das System, das offensichtlich eine irgendwie gearteteHandlung nicht vollzieht.Und mit jedem Tag erhöhe ich den Druck. Aber es ist auch klar,es ist eine von der Person willentlich herbeigeführte Situation und deswegen teilweise haben die ja,wenn ich nur denke an die irischen Freiheitskämpfer, die da mehrere 70 oder80 Tage haben, die gehungert, da ist dann sehr viel auch emotional, ...Als Stärkung sozusagen so einen Zustand zu überleben, den man vielleicht ineiner normalen Situation halt nicht überlebt hätte.Also da kommt, es gab ja auch einige Hungerkünstler in unserer Geschichte,gerade hier in Berlin sind ja so vor 100 Jahren gab es mehrere Hungerkünstler,die sich dann in welche Gasthöfe gesetzt haben,in gläsernen Käfig und dann 30 oder 40 Tage gehungert haben und da kamen zehntausendevorbei und haben sie angeguckt wie die leute da gehungert haben in diesen diesenkisten die hunger künstler.
Tim Pritlove 1:08:46
Die sich dann dafür haben bezahlen lassen.
Hanns-Christian Gunga 1:08:48
Genau die haben dafür eintritt genommen dass sie man dann entsprechend die hattendaraus ein broterwerb gemacht die hunger künstler.
Tim Pritlove 1:08:58
Da kommt der begriff her.Dieses, ich versuche mich gerade händeringend an so ein Detail zu erinnern,was ich meine darüber wahrgenommen zu haben, aber mir fällt es gerade noch malnicht ein, aber dieses, die Nahrung kommt nicht regelmäßig.Ich meine ich hab mal einen Bericht gesehen über so verbliebene Naturvölker in Afrika,die also traditionell noch mit der Jagd sozusagen ihr Essen beziehen.
Hanns-Christian Gunga 1:09:34
Ja die Kunden, die Kunden oder der Kalahari zum Beispiel ist so ein Naturvolk.
Tim Pritlove 1:09:39
Genau, ich weiß es wie gesagt nicht mehr genau, da kam das auch zur Sprache,dass es halt für sie normal ist einfach mehrere Tage kein Essen zu haben,ich weiß jetzt bloß nicht mehr genau was so die Schlussfolgerung daraus war,aber das ist ja dann sozusagen auch ein Zustand, also weiß man,ob bei diesen Völkern da physiologisch irgendwas anderes abläuft,dann wenn sie dann Essen haben, dass es irgendwie anders war,aufgenommen wird im Körper, also dass der Körper sich in irgendeiner Form auchdaran anpasst an diese niedrige Verfügbarkeit und nicht gleich alle auf demZahnfleisch laufen nach zwei Tagen so,oh ich hab ja nix gefangen irgendwie, ich kann mich gar nicht mehr bewegen,weil ich meine Dämmerzustand und so weiter und dann jagen gehen,passt ja dann irgendwie auch nicht so richtig zusammen. Also, ähm...
Hanns-Christian Gunga 1:10:32
Es gibt, wenn ich die Frage ein bisschen anders drehen darf,es gibt Untersuchungen aus den 60er Jahren noch des letzten Jahrhunderts von Hamill,ein Amerikaner in Australien, die durchgeführt wurden bei den Aborigines undzwar jenen zum Beispiel die nahe der Küste leben und solchen die im zentralen Bereich leben.Wo sie sehr hohe Temperaturschwankungen haben, wo es permanent heiß ist im zentralen Bereich.Da hat man zum Beispiel herausgefunden, dass deren Körpertemperatur,wenn die sich schlafen gelegt haben, dass die Körpertemperatur abgefallen ist.Also die unter die 37 Grad auf 36, 34, 35 in der Nacht. Es ist relativ nachtsauch relativ kühl und der Körper hat nicht dagegen gearbeitet.Also nicht, dass er jetzt Bewegung und so die 37 hat, sondern er hat das zugelassen.Während hingegen diejenigen, die an der Küste lebten, die haben dann tatsächlichihre Körpertemperatur, wenn ihr ein bisschen abfiegt, haben die entsprechenddurch Muskelzittern und so weiter versucht, diese Körpertemperatur zu halten.Da war es sozusagen, natürlich ist es ein entsprechender Vorteil,wenn sie einfach sagen, okay der Körper kriegt jetzt nichts,der darf nichts für Stoffwechseln, weil sie natürlich dadurch jetzt eine gewisseEinsparung haben in ihrem Energiestoffwechsel.Also lässt er das auch zu, dass während der Nacht eben die Temperatur abfällt,ohne dagegen zu arbeiten. Wir hingegen, wenn wir uns daraus einden,haben einen sehr schnellen Anstieg unserer.Stoffwechselaktivität, um die Körpertemperatur zu halten. Noch wesentlich höherals diejenigen, die da zum Beispiel im tropischen Bereich von Australien gelebthaben, von den Aborigines.Also man hat die verglichen gegen Leute aus Nordamerika und Europa im Stoffwechselverbrauchwie jene, die in der Küste leben oder jene, die dort sind.Also es gibt kleine Anpassungen an diesem Stoffwechsel und dieser Stoffwechselhängt natürlich wiederum mit der Nahrungsaufnahme zusammen.Wenn ich tatsächlich nicht genügend Nahrung finden kann da im zentralen Bereich,dann hilft es mir, dass ich eben nachts jetzt nicht 100 oder 200 Kilokalorien dafür verbrenne,dass ich meine Temperatur die ganze Nacht hochhalte, sondern eigentlich sicherdavon ausgehen kann, dass es am nächsten Tag evolutionär wieder warm wird inden Bereichen von Australien.Und die, die da gelebt haben, da ist das so. Da können sie eigentlich davonausgehen, dass sie morgen sozusagen wieder mit der aufgehenden Sonne ihre Körpertemperaturwieder auf ihren Stand bekommen, ohne dass sie dabei was verloren haben.Also das ist ein sicher evolutionärer Vorteil, nicht alles sofort auf die Kartezu setzen, um das entsprechend zu aktivieren.
Tim Pritlove 1:13:16
Das heißt es ist schon möglich für den menschlichen Körper auch bei einer niedrigenTemperatur zumindest im Schlaf für einen bestimmten Zeitraum zu überleben?
Hanns-Christian Gunga 1:13:25
Genau, das macht man ja auch teilweise, oder das sind die Überlegungen,wenn man so entsprechende Kryotherapien,wo man den Körpertemperatur senkt und hofft dadurch die jeweiligen Organe,das kommt wieder aufs Organ an, die Organüberlebenszeit zu erhöhen.Wir sollten ein Herz operieren, dann kommt das Herz ja teilweise aus Hollandund wird hier in der Charité irgendwo eingesetzt.Dann brauchen sie drei, vier Stunden, ein Herz normalerweise,wenn es eine normale Temperatur hat, ist das nach ein paar Minuten das Herznicht mehr funktionsfähig,aber wenn Sie das Herz dann bei Temperaturen um ein paar Grad über Null halten,dann können Sie da mehrere Stunden dieses Herz.Noch funktionsfähig halten, weil der Stoffwechsel sehr sehr gering ist und dannbauen sie es hier ein und dann wird es langsam wieder warm und dann kann daseben der Organismus sozusagen damit den nötigen Nährstoffen versorgen.Da ist also so eine Herabsetzung von einem Organ in einer bestimmten Temperatur.Temperatur und Stoffwechsel gehört zusammen. Senken Sie die Temperatur,senken Sie gleichzeitig den Stoffwechsel. Erhöhen Sie die Temperatur,steigt der Stoffwechsel.Also wir müssen mehr Energie zur Verfügung stellen.
Tim Pritlove 1:14:36
Aber warum sind wir dann nicht generell nachts einfach kühler,weil wir uns weniger Energie verbrauchen?
Hanns-Christian Gunga 1:14:40
Ja dann hat man aber wieder die Frage, man ist dann natürlich weniger aktiv,wenn ich das auf den Gesamtorganismus beziehe.
Tim Pritlove 1:14:45
Aber im Schlaf?
Hanns-Christian Gunga 1:14:46
Ja im Schlaf, das ist ja auch etwas was wir, wenn wir tatsächlich sozusagenuns draußen in der Wildnis irgendwo aufhalten, würde ich sagen es ist sehr schnellnotwendig, dass wenn irgendeine Gefahr droht, dass sie da entsprechen.
Tim Pritlove 1:14:57
Achso wir können uns dann nicht gegen Gefahren wehren und so.Man ist dann so quasi eingefroren.
Hanns-Christian Gunga 1:15:03
Wir wären in einem stumpfen Zustand. Also dann sind sie nicht schnell genug.Das ist eine Überlebensstrategie sozusagen.Ja genau, das ist eine Überlebensstrategie. Das kostet alles Energie.Aber hat natürlich evolutionär einen erheblichen Vorteil, dass wir andere Organismen,die da nicht so in der Lage sind, eben so ein Krokodil, wenn das unterkühltist, können sie sich das schnappen. Wenn das Ding warm ist, wird's schwierig.
Tim Pritlove 1:15:34
Aber Winterschlaf ist ja auch so ein...
Hanns-Christian Gunga 1:15:35
Ja, da hat man zum Beispiel, da ist eine Strategie, da ist eine Strategie,dass man sieht, okay, ich meine, das ist für mich ein Rätsel,wie das ein Rätsel, wie die Natur so etwas konstruieren kann.Also so ein Murmeltier schläft sieben Monate, wacht dann auf und weiß,wo die Nüsse noch sind oder was er da eingegraben hat. Ich meine, das ist ever.Und vor allem wie wird so ein Prozess eigentlich hormonell gesteuert,da fällt die Außentemperatur, dann werden bestimmte Hormone gebildet,die kennt man heutzutage, also dopaminartige Strukturen.Und dann wird der Schlaf da eingeleitet und dann ein paar mal zwischendurch werden sie dann wach,wo man auch noch nicht weiß warum sie eigentlich wach werden, aber dann,damit ist es auch gut so und dann senken die die Herzfrequenz bis auf ein Zehnteloder noch mehr und haben dann die Fähigkeit,wenn es wieder wärmer wird und draußen wieder was zu beißen gibt,dann marschieren sie wieder und wachen auf und los geht die Reise und dann,Fünf Monate später geht der ganze Zauber wieder los.Aber wie wird in der Evolution so etwas eingebaut?
Tim Pritlove 1:16:43
Funktioniert aber auch nur weil die sich dann sozusagen ihre Höhlen bauen wosie dann eben nicht gefunden werden.
Hanns-Christian Gunga 1:16:49
Ja aber dann auch interessanterweise eben durchaus wenn die Temperatur zu tiefgeht also zum Beispiel beim Igel oder wenn das so bei sieben Grad oder so etwas ist ja,dann wachen die wieder auf deswegen so ein Igel wenn der da schläft und wennder nicht aufwacht, Wenn er mehrfach aufwacht, das ist energiereichst,wenn sie das aufwacht, was dann ein paar Stunden braucht, aber das ist enorm energieverbrauchend.Wenn das also nur zweimal oder was mehr passiert, dann verhungern die Tiere,dann schaffen die es nicht mehr bis zum Frühling.Aber auch das, wenn die da unten natürlich in der Höhle sind,natürlich sind die Temperaturen nicht so doll, als wenn sie draußen irgendwosind, die bauen sich da Höhlengänge, aber trotzdem ist das phänomenal und auch wie die das schaffen.Denken Sie daran, wenn wir in der Schwerelosigkeit sind und uns nicht bewegen,dann verlieren wir pro Monat 10% unserer Muskelmasse. Die behalten die Muskelmasse,die behalten die Knochenmasse. Wie machen die das?Deswegen hat die europäische Raumfahrtbehörde alleine so eine Gruppe,die sich nur mit diesen Winterschleifern beschäftigt, um herauszukriegen, wie machen die das?Welche Hormone sind da am steuern? Wie kriegen die das hin ohne Belastung?Normalerweise führt das zu einem Abbau. Wenn wir sieben Monate irgendwo liegenwürden, dann wären wir wahrscheinlich eher einer Quale ähnlich.Oder nicht ganz so, aber jedenfalls wird entsprechend Muskelmasse verloren und Knaumasse.
Tim Pritlove 1:18:20
Bevor wir nochmal auf diese ganzen Weltraum Aspekte kommen, immer noch einenBereich interessieren, der auch noch hier so eine Rolle spielt und das ist so die Zeit.Wir sind ja irgendwie ganz gut getaktete Wesen in gewisser Hinsicht,klar wir leben mit der Sonne auf die eine oder andere Art und Weise und najaes gibt ja auch so Begriffe so die innere Umgebung.Leute sind eher Eulen und Lerchen,ich bin definitiv eher eine Eule,so kann ich an mir festmachen, nicht dass ich nicht auch mal davon profitierefrüh aufzustehen, finde ichmal ganz interessant, aber die Tendenz geht dann doch eher in den Abend.Was macht es aus und was genau repariert eigentlich der Mensch im Schlaf?Also was wird denn da jetzt getan? Ich meine gut, die Temperatur wird hochgehalten,damit man schnell wieder aufwachen kann.Aber warum schlafen wir denn überhaupt ein? Ja.
Hanns-Christian Gunga 1:19:33
Gute Frage, Physiologen sind sich nicht klar warum man eigentlich den Schlaf braucht,man weiß nur wir brauchen ihn für eine gewisse Zeit das ist richtig der einevielleicht auch ein bisschen kürzer und der eine ein bisschen länger als derandere aber ganz genau geklärt warum wir das physiologisch brauchen ist nicht klar.Es gibt sogar einige Leute die können gar nicht schlafen so einige Fälle sindbekannt die schlafen gar nicht.Wie es gibt Menschen die gar nicht schlafen, gibt es so einzelne Fälle.
Tim Pritlove 1:20:09
Ohne dass man den Eindruck hat, dass die was leiden?
Hanns-Christian Gunga 1:20:15
Ohne das zu sehen, nein.
Tim Pritlove 1:20:18
Aber das heißt ja dann im Umkehrschluss wahrscheinlich auch es gibt Leute diebrauchen generell weniger Schlaf und es gibt welche die brauchen generell mehr Schlaf?
Hanns-Christian Gunga 1:20:26
Ja es gibt da Unterschiede, die eine braucht eben sechs Stunden oder vier Stunden,der andere kommt mit seinen achtStunden mal gerade so hin, gibt es aber warum und wieso das jetzt ist.Wichtig ist, dass wir sozusagen natürlich so eine gewisse Struktur in der Temperatur haben,weil, Und das ist hauptsächlich die Temperatur,die das da reagiert oder so einen internen Rhythmus, weil wir natürlich dieSteuerung brauchen, wann bestimmte Hormone besonders deutlich ausgeschiedenwerden müssen und wann ist das dann eher nicht so.Zwischen aktiver Phase und Ruhephase, zum Beispiel morgens gegen 5 Uhr zum Beispielhaben wir die tiefsten Temperaturen, tief heißt hier 36 Grad oder so.Die tiefste Körpertemperatur und dann steigt aber gleichzeitig,das ist dann auch ein Signal für zum Beispiel das Cortisol,das steigt dann an bis in den Dach hinein und das führt dann dazu,dass wir unter anderem wach werden und uns aktiv halten.Für körperliche Aktivitäten zum Beispiel haben wir eine hohe Körpertemperatur,die höchste Temperatur haben wir meistens so zwischen 17 und 19 Uhr abends, wir hier.Das ist deswegen auch wichtig zum Beispiel, wenn Sie irgendwelche sportlichenWegkämpfe haben, also so einen 100 Meter Lauf oder so, oder 400 Meter Lauf,den würden Sie nicht morgens machen.Da kriegen Sie keine Weltklasse Zeiten, den machen Sie immer zwischen irgendwann,schauen Sie mal, 16, 18 Uhr, 19 Uhr, da sind diese kurzen Strecken.Wenn sie einen Marathon laufen, den wollen sie nicht laufen,wenn sie die höchste Temperatur im Körper haben, sondern das findet in der Regelmorgens statt, um 9 Uhr oder um 8 Uhr.Also die sind ganz in die, morgens, wenn wir da eine relativ noch geringe Temperaturhaben, die dann über den Tag hinweg an der, die anderen brauchen eine hohe Temperatur,Betriebstemperatur, wenn sie eben halt kurzfristig sehr sehr hohe Geschwindigkeitenbrauchen, wo der Muskel dann da arbeiten kann.Also der Taktgeber dafür ist zum Beispiel jetzt wiederum die Temperatur oder der Stoffwechsel.Der wird gesteuert durch eine Struktur im Gehirn, die dann entsprechend vorgibt,wie dieser Rhythmus zu sein hat.Wie so eine Sinuskurve ist diese Körpertemperatur, morgens tiefsten und ruhigstenam Abend und wenn sie das durcheinander bringen,zum Beispiel die armen Leute die jetzt Schichtbetrieb haben und dann in wechselndenSchichten arbeiten müssen,einmal morgens, dann nächste Woche vielleicht nachmittags, oder dann noch schlimmerübernächste Woche dann in der Nachtschicht, dass die sind maximal belastet,das ist auch wieder eine extreme Umwelt.Veränderungen in dem Schichtrhythmus sind für den Körper sehr belastend und das führt dann dazu,dass sie unter Umständen zum Beispiel dann eher Stoffwechselveränderungen haben,dass sie unter Umständen auch Erkrankungen wie Diabetes fördern oder dann aucheine Hypertonie beziehungsweise eine entsprechende zu viel Essen,wenn sie sich dabei nicht bewegen.Also wir haben solche Untersuchungen insbesondere bei chilenischen Bergarbeiterngemacht, die diese starken Rhythmusschwankungen haben in der Höhe.Die arbeiten zwölf Stunden in der Höhe, in 4.000 Metern Höhe und dann schlafendie auf 3.000 Metern Höhe und dann fahren sie wieder hoch und wieder runterund dann fahren sie ganz runter ans Meer, dann sind sie auf null.Also die sind solchen Belastungen ausgesetzt und da sind eben bestimmte Erkrankungen,die man im weiteren zusammenfasst als das sogenannte metabolische Syndrom,wie das im akademischen Bereich heißt, die sind da häufiger bei denen anzutreffenals bei den Normalbürgern.Unser Stadtleben hier läuft nur dadurch, dass wir irgendwelche Schichtarbeitenmachen. Wie sie schon richtig sagen, aha, so ist das heute morgen hier,wer ist denn jetzt schon unterwegs, der Mölle ist schon weg,der muss da um 5 Uhr aus Frohnau gekommen sein oder woher.Dafür brauchen wir, also das ist sinnvoll,einen gewissen Takt geben, ich würde mal sagen wie beim Orchester,der den Takt vorgibt, okay jetzt ist das dran, jetzt ist das dran,jetzt ist das dran und das macht die Temperatur, das ist sozusagen der Konzertmeister vorne.Jetzt ist die Temperatur am tiefsten, bald musst du jetzt aufwachen und dannbald musst du ran an die Arbeit und dann wenn die Temperatur dann wieder an ist,dann geht das wieder raus und das ist der Konzertmeister, ist diese Temperatur,wieder sind wir beim Stoffwechsel, das ist ganz entscheidend.
Tim Pritlove 1:25:13
Aber innere Uhr gibt's.
Hanns-Christian Gunga 1:25:16
Die in der Uhr gibt es und die wird irgendwo im Hypothalamus von bestimmtenZellen produziert und die orientieren sich dann zum Beispiel natürlich auchnach dem Sonnenlicht das geht da ein,also wenn sie da nur in der Dunkelheit leben oder nur in Höhlen leben dann merktman zum Beispiel geht auch dieser innere Rhythmus geht dann verloren dann sindsie nicht mehr 24 Stunden, ist der Rhythmus, sondern es war 36 Stunden oder 50 Stunden.Und Leute, die mehrere Wochen in so Höhlen waren, die sind teilweise 70 Stunden wach gewesen.Also dann geht das auch verloren, dieses Zeitum.Und es gibt eine Reihe von Erkrankungen, zum Beispiel Parkinson,da verlieren sie dieses Zeitgefühl.Dann haben sie nicht mehr die Struktur, wie lang war das jetzt oder wie vielZeit brauchte ich dafür.Ja das ist interessant das ist ein interessantes zeitgefühl wie lange ist jetzteine minute oder wie lange ist jetzt eine stunde oder wie lange haben wir jetzt gerade hier geredet.
Tim Pritlove 1:26:21
Podcast entzieht sich auch jeglicher zeiteinteilung das stimmt und sind sieein führer gegen die sommerzeit.
Hanns-Christian Gunga 1:26:33
Ich halte das für aufoktroyiert, wenn man da auch einmal da umswitcht,ich bin dagegen, man sollte das nicht verändern.Es hat auch wenig gebracht an sich an dem, was ich jedenfalls gelesen habe,dass dadurch tatsächlich jetzt irgendein Stromverbrauch sich wesentlich rechenbeispielsweise, aber das ist ein anderes Feld, da lassen wir mal die Experteneher drauf gucken, was das bringt.
Tim Pritlove 1:26:57
Ja, ich glaube, da sind auch viele Erläuterungen erst im Nachgang gemacht worden.Das Ganze ist ja irgendwie im Rahmen der Kriege eingeführt worden,also eher so Versorgungsgründe gehabt.Die Frage war ja eher, lässt sich das irgendwie medizinisch beobachten,dass es negative Auswirkungen hat auf Menschen?
Hanns-Christian Gunga 1:27:18
Also wenn man die normalerweise, wenn man diese unterschiedlichen Zeitrhythmennimmt, dann ist das eine zusätzliche Belastung für den Menschen.Also der braucht solche Rhythmik, der hat ja auch seine,auch evolutionär wieder seinen Ursprung vermutlich in den Organismen oder esist eine sehr alte Struktur, wenn man genetisch in diese genetischen guckt,die für diese Zellen, diese neuronalen Netzwerke zuständig ist,da sieht man das sind ganz einfache strukturen haben das auch schon da ist eshalt dass man sich vorstellt das besonders wichtig war für die beurteilung,eben küsten nahen bereich wann zum beispiel haben wir jetzt tag wann haben wirentsprechende überflutung der bereiche da ist es sozusagen so eine rhythmuskennung wann ich was machen muss,ist von erheblicher Bedeutung, genauso gut wie ich als schwebendes Planktonoder so was wissen muss, wann ist es jetzt oben, wann ist es dunkel, wann ist es hell,wann verändere ich sozusagen meine Lage innerhalb eines Teiches oder einer See,dann weiß ich okay, jetzt muss ich hoch gehen, damit ich oben das und das vorfindeund wenn das weg ist, dann gehe ich lieber wieder runter.Das bringt ja auch einige Organismen, hier zum Beispiel in Brandenburg hatteich da eine interessante Studie gesehen,wo man die Seen untersucht hat, die kommen durch die artifizielle Beleuchtungkommen jetzt die Organismen,insbesondere die dort, die Mikroorganismen, die sich nach diesem Lichtschemaernähren, die kommen da durcheinander, weil jetzt permanent da,Großberlin, die Sonne scheint auf Gothors.Das ist, da sieht man wie wir sozusagen die gesamte Umwelt bis hin zu den Zeitstrukturenim Prinzip verändern und das ist dann für diese Organismen so eine extreme Belastung.Also wir müssen diese Extremgeister nicht so weit suchen, die sind hier in kleinster Umgebung.
Tim Pritlove 1:29:21
Ja wir schaffen uns das ja auch selbst, gibt ja den schönen Begriff des Jetlag,der auch erst mit der Erfindung des Jets dann sozusagen wirklich eine Rolle gespielt hat,das ist in dem Moment wo man also große Strecken überbrückt und der Tag dannauf einmal extrem viel länger und extrem viel kürzer wird, das hat vielleichtjeder der so eine Reise schon mal gemacht hat.
Hanns-Christian Gunga 1:29:41
Ostflüge verträgt man wesentlich schlechter als wenn man in der Westen,also Tag zu verlängern. Ist nicht so schlimm, aber warum?Ja das ist, der Organismus hat, einen Tag zu verlängern an Aktivität ist etwaswas so naturgemäß vorkommt,also Peter Fox würde es hier wahrscheinlich in Berlin sagen,das ist geradezu die Regel, dass die Tage verlängert werden.
Tim Pritlove 1:30:06
Ja.
Hanns-Christian Gunga 1:30:08
Einen Tag zu verkürzen, das ist etwas evolutionär, was so nicht vorgesehen war.Insofern ist diese Verkürzung schon nachvollziehbar, dass uns das mehr störtals die Verlängerung eines Tages.
Tim Pritlove 1:30:22
Dann kommen wir doch vielleicht doch nochmal so ein bisschen auf die Raumfahrt. Also sie haben ja auch,hab's schon angedeutet, einige Projekte begleitet und da spielt natürlich vorallem aber eben nicht nur Schwerkraft eine Rolle,aber eben auch so diese, wo wir schon ansatzweise darüber gesprochen haben,so die Isolationsfragen.Ich hatte hier auch zu dem Projekt Mars 500 auch schon mal eine Sendung gemacht.Das ist auch schon ein bisschen her. Muss ich gerade mal nachschlagen.Wie lange habe ich denn das...Das ist... ach Gott, das ist auch schon etwas...2011 genau eine langzeitsstudie die halt die psychischen belastungen einer möglichenmars mission beobachtet hat wo ja menschen ich weiß gar nicht wie viel warenes, 7,8 Leute oder sowas da.Da waren 6. Größen von 6 Leuten über eben so die dauer eines theoretischen marsflugs was man eben so meint wie lange das so dauert oder was man einfach weiß wie lange das dauert.
Hanns-Christian Gunga 1:31:25
500 Tage sind eigentlich nur die Hälfte.
Tim Pritlove 1:31:27
Nur die Hälfte genau, es war nur einmal hidden sozusagen. Und mehr wollte manden Leuten dann nicht zumuten, ich glaube das war 2010, 2011 war diese Studiegewesen. Das war ein bisschen mehr als ein Jahr.Ja knapp anderthalb Jahre. Inwiefern haben Sie daran teilgenommen?
Hanns-Christian Gunga 1:31:48
Da haben wir zum Beispiel den zirkadianen Rhythmus untersucht,also die Veränderungen der Körpertemperatur bei dieser Isolation,weil wir sehen wollten, wenn die da abgekapselt sind, ohne dass sie Sonnenlicht bekommen,sondern nur sozusagen über die Uhr gesteuert, wann Tag ist, wann Nacht ist,durch das was sie machen, inwieweit reicht das aus, um den zirkadianen Rhythmus zu behalten?Ja haben wir gesehen das reicht an sich nach den untersuchungen die wir danngemacht haben aber man hat gesehen okay der eine oder andere hatten sehr starkeninneren rhythmus gehabt es gab welche die haben deren rhythmus hat sich deutlich.Abgeschwächt, also da waren die Schwankungen in der Temperatur geringer und interessanterweise,als im sozusagen letzten Drittel, wenn ich mich richtig erinnere,hat man den sechs Probanden freigelassen, wann sie denn essen.Ja, sonst war es immer geregelt, Frühstück, Mittagessen, Abendessen. Ja, Liebling.Und dann haben wir gesagt, okay, jetzt lösen wir das auf, ihr könnt,Jeder soll bitte selbst entscheiden wann er Nahrung zu sich nimmt.In dem Augenblick gingen die einzelnen Kurven total durcheinander.Da haben wir alle einen eigenen Wert gefunden, da hat man gesehen okay dieseEssensvorgabe im Zeithorizont auch wiederum stoffwechselmäßig ist ganz entscheidendfür den zirkadianen Rhythmus.Diese Taktung von außen, wie Mönche, die jeden Morgen sagen,um 5 Uhr ist Gottesdienst und dann um 18 Uhr ist das und das und so weiter.Diese feste Zeitstruktur hat dazu geführt, dass sie einen entsprechenden Rhythmus behalten haben.Und wenn sie den wegnehmen und die Stoffwechsel sozusagen jedem einzelnen überlassen,haben sie da Unterschiede.Das ist natürlich sehr kritisch, sie wollen natürlich nicht Leute haben,die jetzt alle in ihrem Rhythmus da irgendwie unterschiedlich sind,weil sie müssen so eine Mission durchführen, die müssen alle ihren klaren Rhythmus haben.Der muss auch untereinander abgestimmt sein, sonst ist derjenige,der vielleicht für die Maschinen oder für die Elektronik oder für was auch immerzuständig ist, ist dann nicht so optimal ansprechbar.Je nachdem, wo wir uns in der Zeitachse befinden, ist unsere Leistungsfähigkeit unterschiedlich.Morgens sind wir für kognitive Sachen in der Regel besser gerechnet zwischen 9 und 11 Uhr.Danach normalerweise nimmt uns das schon wieder die Leistungsfähigkeit ab.Für manche ist das aber erst der Bereich, wo sie aufstehen.Wenn sie Leute haben, die alle durcheinander sind, dann hat man da vielleichtSchwierigkeiten in der Kommunikation.
Tim Pritlove 1:34:29
Also wir haben jetzt um 13 Uhr angefangen, normalerweise würde ich sagen istso 11 Uhr bei mir so der sweet spot so.
Hanns-Christian Gunga 1:34:37
Ja gut dann ist es halt ein bisschen verschoben, ich habe heute morgen um 7Uhr angefangen von daher bin ich ein bisschen länger schon.Jetzt gehen die beiden Wege wahrscheinlich auch auseinander und heute Abendum 22 Uhr neist sich bei mir wahrscheinlich ein Bedürfnis zur Ruhe zu kommen,Während vielleicht bei Ihnen noch das eine oder andere ansteht,was noch zu erledigen ist.
Tim Pritlove 1:34:58
Ja, dann werde ich mal richtig kreativ sein und muss forschen.
Hanns-Christian Gunga 1:35:03
Ja, also das war ein Teil der Untersuchung, die wir da gemacht haben.Und dann, wie wir nochmal betonen, das ist nur die Hälfte einer Mars Mission.Also nach den heutigen Vorstellungen brauchen sie ungefähr 1000 Tage für die gesamte Mission.Und das heißt, sie müssen auch, ich glaube bei einer 400 Tage oder was müssteman einrechnen, die man dann auf dem Mond bleibt, um dann da wieder die richtigeSchleife zurückzufinden. Da gibt es unterschiedliche Strategien, wie man das macht.
Tim Pritlove 1:35:32
Jetzt weiß ich auch wie lange es war. Es war halt 500 Tage.Manche Sachen sind dann doch ein bisschen zu offensichtlich.Aber auch bei der MIR und bei der ISS waren sie an Projekten beteiligt,da ging es dann mehr um Schwerelosigkeit oder Strahlung?
Hanns-Christian Gunga 1:35:55
Ne, da ging es hauptsächlich um Anpassung des Herz-Kreislauf-Systems und hierinsbesondere des Blutes, des Zusammensetzens des Blutes und ob die Blutbildunganders ist in der Schwerelosigkeit.
Tim Pritlove 1:36:08
Und ist sie?
Hanns-Christian Gunga 1:36:13
Warum das jetzt so ist, ist im Einzelnen auch noch nicht erklärt,aber wir konnten ganz klar sehen,dass ein Hormon, das für die Bildung von roten Blutzellen, die dafür zuständigsind, dass eben Sauerstoff transportiert wird, das nimmt schon am ersten Tagoben in der Schwerlosigkeit eben dieses Hormon ab.Und wenn es dann drei oder vier Tage oder nächste Woche, dann haben wir es kaummehr nachweisen können. Das heißt, das existiert.Und es ist sogar so, dass Blutzellen, die vorhanden sind, die werden tatsächlichweggefangen und es kommt zu einer Abnahme dieser roten Blutzellen.Das klingt zunächst einmal besorgniserregend, weil wenn das so weiterging,dann hätten wir keine Transportierenden mehr. Aber das pendelt sich dann ein,nach mehreren 2-3 Wochen, dann pendelt sich das so ein und bleibt dann auf einemgeringeren Hormonspiegel besteht.Und die Flüge, die jetzt ja auch auf der ISS stattgefunden haben,bestätigen, dass es da ein neues Niveau gibt.Offensichtlich hängt es zusammen mit der Flüssigkeitsverschiebung in der Spirulosigkeit.Wenn ich hier jetzt stehen würde, wären 70 Prozent meines Blutvolumens unterhalb des Herzens,in der Schwerelosigkeit hätte ich hier ein sehr hohes Blutvolumen im oberenKörperbereich und das misst der Körper oder verrechnet er so vermutlich,okay ich habe zu viel Flüssigkeit in meinem Körperkern, wird das los,dann scheidet er vielleicht Flüssigkeit aus, aber er baut auch Zellen ab,die in dem Blut eben heute herumschwärmen, wie die roten Blutzellen.Und das führt dann dazu, dass diese gesenkt ist, diese Anzahl der roten Blutzellen.Aber das passt sich dem neuen Situation halt an. Da brauchen wir offensichtlichnicht mehr. Wir brauchen die allerdings, wenn wir dann wieder hier auf der Erde landen.Da denkt der Körper nicht, da denkt der wieder rein physiologisch,der macht sich jetzt keine Sorgen darüber, dass ich irgendwann wieder auf diesemPlaneten lande, sondern der sieht nur halt, ich brauche das nicht,hier oben habe ich das nicht nötig, also weg damit.
Tim Pritlove 1:38:15
Aber es ist zumindest keine unmittelbare Auswirkungder Schwerkraft dasjetzt sozusagen an den Körper überall gezogen wird das ist eigentlich nichtdas Ding sondern da kommt wieder der Körper als Sensornetzwerk mit rein dereinfach feststellt weil die Schwerkraft anders ist verteilen sich Dinge andersirgendwo ist mehr als es sein soll und weniger als sonst.
Hanns-Christian Gunga 1:38:40
Und dann passt sich das auf ein neues Niveau an, auch wieder diese Dynamik des Systems,die Dynamik unseres Körpers, das ist geradezu grandios, wie der sich dieservöllig neuen Situation auf seine Weise eben spezifisch anpasst und da ein neues Niveau findet.Und wenn er dann natürlich wieder ruckartig in das Gravitationsfeld der Erdekommt, wie das dann einige Astronauten sind, die dann eben aussteigen und denendann auch ein bisschen schwindelig wird, weil sie unten auf der Erde landen,da brauchen sie nämlich diese ganzen Zellen wieder und zwar mehr davon.Deswegen haben die dann Schwierigkeiten, dann dauert es wieder ein paar Wochenin der Regel das ist interessant, guter Punkt.Es dauert in der Regel fast für alle Organe, Organsysteme die von der schwereKraft oder schwerer Losigkeit beeinflusst werden,dauert es, beinahe identisch lange bis sie hier wieder auf der Erde den Zustandhaben, also wenn sie, Gleichgewichtsorgan ist schon den ersten 6-7 Tagen obenwie gesagt ein bisschen durcheinander, weil das haben wir hier nicht auf der Erde.Es braucht hier 6-7 Tage, wenn die zurückkommen, dann ist das auch wieder geregelt.Abbau von Muskelmasse geht da oben wie gesagt 10% pro Monat vielleicht sogarnoch mehr teilweise, bestimmte Muskulaturen.Dauert auch einen Monat, wenn sie es hier wieder aufbauen oder zwei Monate,kommt ganz drauf an wie lange sie oben waren.Also der Zeitraum, den sie in der Schwerelosigkeit sind, zurückgekommen,dauert es ungefähr genau die selbe Zeit, das wieder aufzubauen.Also das sind so dynamische Vorgänge, die wir halt in der Raumfahrtmedizin,und das sind interessante Beobachtungen, weil die natürlich auch tatsächlich klinisch wichtig sind.Stellen Sie sich vor, jemand hat irgendwie mehrere Knochen gebrochen und liegtdann mehrere Wochen im Bett.Dann sind diese Erkenntnisse aus der Raumfahrt, wo man die Leute in eine absoluteSchwerelosigkeit bringt, sind hilfreich bei der Entwicklung von Gegenmaßnahmen.
Tim Pritlove 1:40:39
Und kann man jetzt davon ausgehen, dass Menschen jetzt so Star Trek mäßig lang,also über längere Zeit, sagen wir mal so jahrelang im All irgendwie überleben?Also im All als in sagen wir mal jetzt so Low Earth Orbit so wie die ISS so.Also abgesehen davon, dass das wahrscheinlich dann auch irgendwann nervt,wenn man auch mal andere Sachen sehen möchte, weil es ist ja auch immer so einhöllischer Lärm in so einer Maschine die ganze Zeit. zu sein.Aber so rein physiologisch geht dann irgendwann...Verbraucht sich das dann irgendwann und dann macht der körper nicht mehr mitoder pendelt er sich eigentlich tendenziell.
Hanns-Christian Gunga 1:41:18
Pendelt sich eher ein wobei die Strahlung natürlich etwas ist oder Strahlungseinflüsse.Die können dem ganzen System relativ schnell ein Ende setzen also wenn wir wirklichsehr sehr hohe kosmische Strahlung kam aufgrund von Protoparenzen,Ausbrüchen auf der Sonne oder nahegelegene Supernova in unserem System,von der wir im Augenblick nicht ahnen, dass da was aus uns zukommt,dann sind, das ist unter Umständen eine wirklich lebensgefährliche Situation.Die Sehnerv kommt sozusagen aus dem Gehirn durch den Nervenkanal hindurch undwenn da jetzt höher Druck ist,dann haben die Astronauten dann und wann eben deutliche Einschränkungen ihresVisus, also ihrer Sehkraft.Und bei einigen ist das offensichtlich so, dass sich das auch nicht wieder zurückbildet, wenn sie wunden sind.Außerdem ist es so, dass eben Gehirnstrukturen offensichtlich unter Druck stehen,da ist man gerade bei, das ist ein eigenes, neues Forschungsfeld,das ist auch so eine Sache,es wäre eigentlich am besten, wir würden irgendwie,wie das bei Odyssee 2013,am besten, wir lassen das Ding rotieren, machen uns ein eigenes Schwerkraftfeld,Dann haben wir diese ganzen Probleme mit dem Ab- und Hinaufbau,Abbau, Trainingsgeräte, jeden Tag müssen die Astronauten da oben auf der Eisezwei Stunden trainieren, jeden Tag.Teuerste Fitnessstudio auf der Welt, um nicht abzubauen,um die Muskelmasse nicht abzubauen und Herzkreislaufe abzubauen,wenn wir das ganze Ding und das ist eigentlich nur eine Frage von Energie,wenn wir Energie haben könnte man das Ding rotieren, vielleicht braucht man auch gar nicht 1G,also eine Schwerkraft wie auf der Erde, vielleicht brauchen wir auch nur 0,5G,also die Hälfte an Schwerkraft, um manche Prozesse entweder so zu verlangsamenoder vielleicht auch ganz zu verhindern, dann könnte man sich viel dieser Trainingsgeschichtenda sparen, wenn wir das Ding einfach rotieren und machen da oben Schwerkraft.
Tim Pritlove 1:44:30
Ich glaube es ist nicht nur eine Frage der Energie, es ist auch so ein mechanisches Problem.In der Struktur. Ja wenn man permanent so rotierende Körper hat und so weiter,dann ist natürlich viel Abnutzung, das hält dann alles nicht so lange.Schon auf der Erde müssen ja rotierende Sachen extrem gewartet werden,das ist dann im einen natürlich immer so eine Sache.Also wurde schon mal drüber nachgedacht, so ist es nicht, aber am Ende stelltman wahrscheinlich sowieso immer fest,dass der Nico, wenn er ein Recht hatte, 2001 kam er ja irgendwie die letzten50 Jahre Technologieentwicklung schön nachblättern, das war alles schon auf dem großen Bildschirm.
Hanns-Christian Gunga 1:45:06
Ja.
Tim Pritlove 1:45:07
Gerade mal nachgeschlagen, längster Aufenthalt im All, 437 Tage bisher.Poljakow. Genau, Poljakow und...
Hanns-Christian Gunga 1:45:16
Den habe ich gesehen, einen Tag später als er runter kam. Da war ich damals gerade in Star City.Da war er direkt aus da irgendwo, der kam ja in Kasachstan, wo er gelandet ist.Da wurde er dann nach Star City gebracht in Moskau. Wir hatten auch einen Versuch.Und der konnte an dem Tag schon wieder laufen. Also 24, 48 Stunden später warder da auf dem Kanken gesehen, gesehen, wie er da runterkommt,konnte der schon wieder ohne, dass er sich da irgendwo festhalten muss oder sowas.Ich meine, meine Güte, der ist wirklich anderthalb Jahre da oben im Hall,schwerelos und kann am nächsten Tag wieder laufen.Das nenne ich Flexibilität.
Tim Pritlove 1:45:56
Aber der hätte auch seine zwei Stunden dann abgerissen jeden Tag.
Hanns-Christian Gunga 1:46:01
Ja, das muss er, wenn er es nicht macht,also das hat man gemerkt, wenn die nicht trainieren, dann haben die da nachzwei Wochen schon deutliche Probleme,das war in den ersten Raumflügen, die dann so zwei Wochen waren ohne Trainingslater,da haben die wirklich schon gerade im Herzmuskelkreislauf erhebliche Problemegehabt, da kommen sie nicht drum rum.
Tim Pritlove 1:46:21
Das heißt würde man jetzt keinen Sport treiben, dann wäre es bald vorbei?
Hanns-Christian Gunga 1:46:29
Also da oben solange sie da in dem Environment bleiben ist das okay aber sobaldsie dann wieder runterkommen und auf 1G sind,dann haben sie Probleme weil dieser Wechsel ist dann innerhalb von,wenn sie aus der Erdumlaufbahn, Low Earth Orbit runtergehen,das ist 45 Minuten später landen sie da irgendwo in Kasachstan oder in der Mojave,wenn sie da früher mit dem Shuttle geflogen sind.Das war's für heute. Bis zum nächsten Mal.Da muss der Körper sich innerhalb von einer Stunde wieder auf die Schwerkrafteinplanen, die vorher nicht da war.Dazu sind sie nicht in der Lage, wenn sie nicht trainiert haben.
Tim Pritlove 1:47:03
Das sind immer so Realitäten, die einem immer so diese schönen Star Wars Träumeso schnell zerplatzen lassen.Wo man immer so hier jetzt fliegen wir mal auf dem Planeten,laufen wir mal da rum und so weiter. Und irgendwie das Gefühl so okay,das ganze Universum alles eingehen, so wird's ja dann wahrscheinlich nicht laufen.Das heißt mal so eben auf einem anderen Planeten landen und da einfach so vorsich hin leben ohne weiteres ist nicht so einfach.
Hanns-Christian Gunga 1:47:29
Ja vor allen Dingen, wo wollen wir den Planeten, wie wollen wir da hinkommen,also ich meine da müssen wir schon mit Lichtgeschwindigkeit uns hier hin bewegen,ich meine nächste Alpha Centauri ist glaube ich so 4,8 oder irgendwas,also 50 Billionen Kilometer entfernt.
Tim Pritlove 1:47:43
Ist ja in einer anderen Galaxie, da herrschen ja ganz andere planetare Dichten.
Hanns-Christian Gunga 1:47:47
Also ich hab jetzt nur gerade unsere Nähe im Kreis betrachtet.
Tim Pritlove 1:47:52
Das ist schon sehr klug, das ist mir auch später erst aufgefallen,dass sie einfach dieses in a galaxy far far away,so das, damit haben sie sich natürlich bei Dumbledore offen gelassen,ihr Milchstraßler, ihr habt ja nix gewohnt irgendwie, habt euch halt scheiße entwickelt.Ja wir haben ein beschränktes Bild. Auf jeden Fall. Das wissen wir schon vomUniversum. Keine Ahnung haben wir.Vielleicht so zum Abschluss, also Parabelflügel haben sie sich aber auch angeschaut,also ich hab's ja schon erwähnt,ich hatte ja mal die Gelegenheit da mitzufliegen und fand es wirklich grandios,hätte mich im Nachhinein gerne noch mehr drauf vorbereitet, aber es trifft einendann glaub ich dann doch irgendwie unvorbereitet, was kann man denn da medizinischmitnehmen aus solchen kurzen Phasen?
Hanns-Christian Gunga 1:48:44
Ja zum Beispiel, meine eigene Experimente gingen tatsächlich über diesen Fluidshift,also diese Flüssigkeitsverlagerung.Wie schnell ist das eigentlich im Körper, ist das jetzt, brauche ich dafür Tageoder geht das innerhalb von einer Stunde oder ist das akut, wenn ich jetzt indie Schwerelosigkeit komme.Das haben wir mit bestimmten Sensoren, haben wir zum Beispiel gemessen,wie sich die Schichtdicke der Haut verändert, wenn wir in die Schwerelosigkeit kommen.Und ich war davon ausgegangen, okay das ist etwas, was physikalisch einfachim Sekundenbereich passiert.Flüssigkeit wird unverlagert so, als wenn ich mich, wenn man so will, auf den Kopf stelle.Und in der Tat ist das so. Die Flüssigkeit in dem Gefäßsystem,innerhalb von 2-3 Sekunden, und so ein Parabel in der Schwerlosigkeit,die dauert 20 Sekunden, kommt auf den Flugbahnen an, oder eben halt 30 Sekunden.Da konnten wir das messen, dass das ein Vorgang ist, der dazu führt,dass vermehrt Blutvolumen dann im Gehirn ist und in der Haut und das kann manzum Beispiel da untersuchen.Andere Untersuchungen gehen zum Beispiel dahin, die gucken sich an,welche kognitiven Veränderungen hat man,wenn man bestimmte Bilder oder bestimmte Tests macht, wo man die Schwerkraftbraucht normalerweise als Koordinator für einen, Wenn ihr einfach wegfällt alseinen Informationspunkt, wie verändert sich dann?Koordinationsfähigkeit in einem Spiel zum Beispiel bestimmte Löcher zu findenoder bestimmte Kugeln irgendwo reinzubringen.Also was macht unser Gehirn? Das sind Untersuchungen.Dann gibt es Untersuchungen, die sich damit beschäftigen, wie verändert sichdurch diese Flüssigkeitsverlagerung jetzt die thermische Situation am Kopf.Weil in der Schwerelosigkeit haben sie auch keine, wie wir das nennen,natürliche Konvektion.Wenn ich jetzt hier sitze oder wenn ich hier noch anders, wenn ich hier aufder Erde hier nackt stehen würde, da wäre 600 Liter Luft an mir vorbeiströmen.Kalte Luft ist unten, warme Luft ist oben.Also warme Luft ist leichter und deswegen strömt die sozusagen meinem Körpervorbei. In der Schwerelosigkeit ist das nicht, in der Schwerelosigkeit habenwir das. Das ist egal, ob es kalt oder warm ist, deswegen haben wir da keinenatürliche Konvektion.
Tim Pritlove 1:51:04
Sieht man ja an Kerzenflammen. Richtig, genau.
Hanns-Christian Gunga 1:51:06
Sie sind einfach nur so eine Kugel. Also wie so eine Zwiebel,fällt dann die Temperatur zu Seite hin ab und ist eben keine Flamme,Flammenstruktur, wo ich dann sehe, ok, oben am Kopf ist es warm.Und nur dort, hier sieht man halt, der ganze Körper ist wie so eine ZwiebelschalenartigeTemperaturverteilung an seiner Oberfläche nach außen hin.Zumal sie dann noch das Problem haben, wenn sie oben in der Schwerelosigkeitschwitzen, das ist eine Sache, die würde ich noch mal gerne beim Paradoflucheruntersetzen, was passiert eigentlich, wenn sie in der Schwerelosigkeit schwitzen,geht dann der Schweiß, wie kommt der von der Hautoberfläche ab?Ich habe eher den Verdacht, dass die Adhäsionskräfte, also die Kräfte,die dazu führen die Flüssigkeit zusammenzuhalten, größer sind,als die durch die Verdampfung entstehende Energiemenge und sodass sich dannder Schweiß in so großen Latschen auf der Haut sammelt.Aber das haben wir bisher noch nicht durchgekriegt, das Forschungsprojekt.Würde ich gerne noch mal machen.
Tim Pritlove 1:52:08
Aber es gibt jetzt keine Berichte, dass da alle total verschwitzt sind die ganzeZeit oder die ganze Zeit feucht.
Hanns-Christian Gunga 1:52:12
Ja wenn sie so einzelne Sportler, also wenn sie die fragen, dann sagen die okmanchmal habe ich so mehrere...
Tim Pritlove 1:52:19
Ich meine jetzt oben auf der ISS?
Hanns-Christian Gunga 1:52:21
Ja wenn sie da oben Sport treiben, dann haben sie hinten auf einmal so ein Bubbleda hinten auf der Rückseite.
Tim Pritlove 1:52:26
Achso wenn man dort Sport tritt.
Hanns-Christian Gunga 1:52:28
Ja wenn man dort Sport tritt. Wenn sie da auf dem Laufband sind und die laufen ihre...Einige der Astronauten haben da oben schon Marathonläufe durchgeführt.Unten startete der Boston Marathonund oben war die Läuferin auch auf der Raumstation. Ist da mitgelaufen.Hatte aber in der Zwischenzeit dann glaube ich dreimal die Erde umrundet oder was scheißt.
Tim Pritlove 1:52:46
Das ist der Effizienz auf jeden Fall.
Hanns-Christian Gunga 1:52:53
Viermal.
Tim Pritlove 1:52:58
Jetzt ändert sich ja die Raumfahrt gerade ein bisschen durch verschiedenste Faktoren.Der Mond spielt auf einmal wieder eine Rolle. Über den Mars wird ja nun schon längere Zeit geredet.Also alles scheint so ein bisschen in den Startlöchern zu sein.Dafür wieder längere Missionen mit Menschen zu machen. Ich hatte ja vor kurzemauch über die Artemis Mission gesprochen, die jetzt ja im Prinzip den nächstenSchritt zu gehen scheint.Artemis 2 wird dann schon wieder mit Astronauten sein und dann Artemis 3 vielleichtdann eben auch wieder mit Astronauten auf der Mondoberfläche.Was sind denn das sozusagen für neue Voraussetzungen oder neue Anforderungenan die Physiologie für diese Missionen die jetzt kommen?
Hanns-Christian Gunga 1:53:53
Ja, gute Frage. Wir sind im Augenblick als Team gerade mit einem Sensor,habe ich gerade gestern gehört, dass unsere Chancen steigen,dass wir auf der Artemis 4 Mission, das ist glaube ich das,das den Mond umkreisen soll, dass unser Gerät dort mitfliegt von der ESA,finanziert vom DLR, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt.Da messen wir zum Beispiel die Körpertemperatur jetzt bei verschiedenen Aktivitätender Astronauten in der Kapsel.Also wenn die ihre Ruhephasen wieder haben, wie die Körpertemperatur sich verhält.Darüber gibt es für diese Aufenthalte außerhalb der Erdumlaufbahn noch sehr wenige Daten.Nur damals von den Apollo-Missionen gibt es da einzelne Kurven und die wollenwir mit einem bestimmten Gerät erfassen. Ich hoffe wir bleiben dabei.Da sind natürlich viele Forscher interessiert selber da irgendwie auf die Mission zu kommen.Aber im Augenblick laufen jetzt die Vorbereitungen und ich bin nächste Wochein Houston, wo wir zum Beispiel die entsprechenden Vorbereitungen treffen füreine Vorstudie, die jetzt auf der ISS stattfindet.Das heißt sogenannte T-mini heißt das Gerät. Temperatur, Messgerät, miniaturisiert.Das misst sozusagen die Temperatur am Kopf und das wird getragen wie so einStirnband und kann dann mehrere Tage die Temperatur am Kopf in dem Stirnbandaufzeichnen und daraus können wir dann wiederum diesen circadian Rhythmus entsprechendermitteln und können dann auch sehen,wie hoch beim Training zum Beispiel körperlicher Betätigkeit die Temperaturen dort oben ansteigen.Denn wir haben gemerkt aus den Vorläuferversuchen, teilweise haben wir da ziemlichhohe Temperaturen gefunden und das könnte unter Umständen nicht so gesund sein,wie wir das vielleicht Vielleicht hoffen, da müssen wir schauen.Gibt's doch keine Daten. Also wir sind mit dem Teilbereich dabei und das istnatürlich auch im Hinblick darauf,dass man vielleicht später mal Geräte braucht mit denen die Astronauten ihrer,wenn sie extra regulär arbeiten auf dem Mond oder Mars, dass man das kontrolliert,die Staubhauttemperatur, weil eben die Wärmeabgabe natürlich in so einem Raumanzugist eine sehr komplizierte Geschichte.Wenn sie zur Sonne hin orientieren, ihren Raumfahrtanzug, da haben sie plus180 Grad vielleicht, aber im Rücken haben sie minus 100, 120 Grad.Also sie müssen eine Bekleidung haben, die da über einen Temperaturbereich von einer 250,300 Grad Unterschied ihren Anzug richtig temperiert, So dass sie da drin nichtfrieren oder nicht das Gefühl haben sie werden da gegrillt drin.Und dafür wäre es natürlich wichtig, dass wir die Körpertemperatur bei verschiedenenAufgaben entsprechend betrachten.Und da läuft im Augenblick unsere Forschung hin. Aktuell.
Tim Pritlove 1:57:03
Aber wenn man jetzt von einem längeren Aufenthalt auf dem Mond ausgeht,also es gibt ja so die Ideen Mondbasis zu bauen und dort also wirklich auchPersonal am Start zu haben. Das sind ja dann im Prinzip auch nochmal ganz neuebisher unbekannte Bedingungen.Okay also Schwerkraft gibt es immerhin ein bisschen so.Das fand ich ja überhaupt am lustigsten als wir unseren Parabelflug gemacht haben.Ich weiß nicht ob das immer gemacht wird aber auf jeden Fall startete erstmalmit einer nicht ganz optimal oder mit einer anders geflogenen Parabel,die halt da nicht auf Schwerelosigkeit aus war, sondern die dann erstmal dieSchwerkraft des Mars simuliert.Das heißt man konnte schon noch so ein bisschen rumhüpfen,aber man sprang halt schon deutlich höher und die zweite Parabel war dann haltdie Schwerkraft des Mondes, auch funny, konnte man halt so wie so ein kleinesMondmännchen rumhüpfen.Es geht natürlich alles so schnell auch wieder weg, weil es sind ja nur 21 Sekundenund dann ging es eigentlich erst richtig los.Also würde ich mich jetzt sozusagen auf den Mond aufhalten, dann kennt man ja auch aus den Bildern,damals von den Mondlandungen kann man halt ordentlich rumhüpfen und das würdeja dann zumindest schon mal dem Körper helfen erstmal,das ist ja schon mal ein Vorteil, meinten ja vorhin so ein bisschen,Schwerkraft wäre immer ganz geil. Ähm...
Hanns-Christian Gunga 1:58:32
Aber, was kommt noch mit dazu,also es ist halt eine Frage der Koordination der gesamten Muskulatur,wenn sie sagen okay die können ja so sprengen, es gibt ja auch einige Apollo Astronauten,die haben bei dieser Sprungbewegung auf einmal in so eine Rückenlage hineinbekommen und haben dann versucht das gegenzusteuern und das klappte dann nichtso und wenn das natürlich in einer Situation passiert,wo man vielleicht nicht nur im Regolith landet, sondern halb im Krater oder so.Kann mir vorstellen das muss noch trainiert werden ja also die abstimmung derentsprechenden gelenke das entsprechend zu kontrollieren da müssen wir nochmalich meine für uns ist ja schon schwierig wenn wir irgendwo hier so ein stöpselhinten in den papierkorb werfenwo wir unsere kraft genau dosieren müssen damit wir die strecke haben,Und das Ding dann versenken mit der entsprechenden Gewicht was es hat.Hier müssen wir halt lernen mit dem Raumanzug entsprechende Strecken zu bewegenund eventuell eben auch dann wiederum in thermisch sehr sehr unterschiedlichenBereichen wenn sie durch den Krater hindurch gehen,da gibt es Bereiche da ist es stockfinster da kommt die Sonne vermutlich nicht hin,dann verändert sich das gesamte thermische umfeldund da kommen sie wieder raus unddas müssen sie das muss man ich denke das mussman alles erstmal lernen sich in dieser umwelt entsprechend ich will nicht sagendass das nicht geht das wird schon gehen aber das erfordert dass wir kognitivsehr gesund sind diese verschiedenen aufgaben mit kontrolle wie viel habe ichdenn noch sauerstoff wie langekann ich hier noch sein wann muss ich meine flüssigkeit zu mir nehmen etc.Dann sind das natürlich auch balkige Geräte, die selber einen eigenen Widerstandhaben, mit denen muss ich auch trainieren, deswegen das machen die ja teilweiseauch hier schon in Köln-Porz, wenn sie dann in entsprechende große Wassertanksreingehen und dann überhaupt mal mit diesen Anzügen da arbeiten.Das ist da in den Simulationsanlagen,wo man mal so ein bisschen Schwerkraft länger als die 20 Sekunden beim Parabelfloh,Sondern wo sie bestimmte Sachen mal machen können, wo man merkt,wie schwierig das dann ist.
Tim Pritlove 2:00:47
Wo man sich mal festhalten muss, ich meine in der Schwerlosigkeit überall wo sie anschauen,da fliegen sie ganz zack zurück,also man will was greifen aber wenn sie es nicht greifen dann haben sie sofortwieder einen Impuls der sie von dem Ding da wegbringt,also ist es schon, Ok das geht immer alles so ein bisschen von Aktivitäten außerhalb aus,das ist natürlich nochmal eine Sache, aber angenommen man hätte jetzt so eine Mondbasis,so ein schickes Häuschen, so eine Kuppel irgendwie die ist dann ordentlich bedruckt,da ist temperiert, also das sind jetzt erstmal nicht so die Faktoren so,man hat eigentlich nur die andere Schwerkraft und natürlich muss man gucken.Sonne ist natürlich jetzt, man hat keinen Tageszyklus.
Hanns-Christian Gunga 2:02:23
Doch sehr hoch noch auf dem mond also wenn ich mich recht erinnere wenn manalso dort dann auf dem mond ist dann hat man im prinzip in ein paar monatendie dosis abbekommen die man hier im ganzen leben auf der erde abbekommen.Also das muss man schon irgendwie schützen sie werden auch nicht endlos da draußenrumlaufen können weil sie einfach wiederum das strahlungsproblem die strahlungist für die zellen eine große.Bedrohung und nicht ohne Grund um wieder an den Anfang zurückzukommen,man kommt immer wieder zur Geologie, zur Evolution zurück.Warum ist das Leben vermutlich im Wasser entstanden, weil auch da sie natürlich die Möglichkeit haben,dass sie insbesondere von der UV-Strahlung geschützt sind, denn die DNA istsehr empfindlich, wenn es um UV-Strahlung geht, deswegen ist Wasser,Wasser ist eine super Substanz, um entsprechende Strahlung abzuschirmen.Insofern spricht auch dafür sehr sehr viel, dass das Leben da im Wasser entstanden ist.Wenn ich mich recht erinnere, hatten die Großteil der kosmischen Strahlung,wenn man so eine fünf Meter dickeSchicht Wasser um ein Raumschiff herum konstruieren würde oder Räume,in denen die mit fünf meter wasser umspült sind hätte man einen nahezu komplexwo der sich vor der strahlung schützt also wasser ist ein ausgesprochen vorteilhafte Substanz.
Tim Pritlove 2:03:55
Ist nur schwierig so eine große Wasserseitenblase da hin zu kriegen.
Hanns-Christian Gunga 2:04:00
Aber wenn es auf dem Mond, wir hatten ja auch von dem Mond von Stationen geredet,da könnte man natürlich vorstellen, weil man weiß, okay in verschiedenen Silikatenoder in bestimmten Punkten ist relativ viel Wasser drin,es soll auch einzelne Krater geben, insbesondere im Südbereich,wo man schon mit Satelliten also gefrorenes Wasser nachgewiesen hat.Tja schauen wir mal würde ich sagen ob es das gibt, wenn es das gibt wird mansicherlich darauf zurückgreifen und wird das irgendwie nutzen.
Tim Pritlove 2:04:33
Der Strahlenvorteil existiert auch wenn das Wasser gefroren ist nehme ich an.
Hanns-Christian Gunga 2:04:40
Das ist eine sehr gute frage wie ob das gleichwertig ist das weiß ich jetztnicht kann ich die frage kann ich nicht beantworten.
Tim Pritlove 2:04:48
Weil so unterirdisch wäre es ja also untermondisch wäre es ja sozusagen einfachereine gefrorene schicht zu haben.
Hanns-Christian Gunga 2:04:57
Als ist flüssiges wasser zu haben ja ja ja.Es gibt ja so eine eine monde die um den jupiter kreisen die sind ja mehr wasservorhanden als bei unseren weltmeeren die sind aber unter einer eisschicht dieso wahrscheinlich so 100 kilometer 120 kilometer dick.Das wäre hochinteressant zu sehen, wie sich das da, was da sich abspielt unter dem Eis,aber das lenkt ein bisschen jetzt ab,also es gibt schon Wasser, Das ist ein bisschen schwerer zu halten,aber ich denke, da werden auch mal Missionen Ende des Jahrhunderts hingehenund dann wird man zunächst sehen, wie man robotisch davor sich konnte,bevor man da Menschen hinschickt.Medizinische Betrachtung heißt ja auch, ist ja nicht nur die Vorgänge,sondern auch so ein bisschen die Reparatur, wenn jetzt so jemand längere Zeit auf dem Mond ist,ich weiß gar nicht was ich meine mit längere Zeit, wie lange würde man für soeine Mission dort dann realistisch da sein,schwer zu sagen, ich meine, hängt dann eben auch, Von der Versorgungslage erstmal ab,30 Tage, 40 Tage, also ein,zwei Monate in dem Bereich würde man wahrscheinlich erstmal arbeiten,die ersten werden vielleicht nur kurz,zwei Wochen und dann muss man sehen, was man auch direkt,alles ist sehr viel besser, wenn man natürlich direkt dort vor Ort,viele Sachen produzieren könnte bevor man da irgendwas hinschafft also 3D Druckerdie aus dem Material reguliert alles mögliche erstmal bauen können und fertigenund dann das Zeug vielleicht auch noch zusammensetzen das wäre natürlich daseigentlich das günstigste.
Tim Pritlove 2:06:47
Aber wenn es jetzt jemanden auf der ISS wirklich schlecht geht also wirklich,Das gab es ja glaube ich so bisher noch nicht, gab es schon mal so einen medizinischenNotfall auf der ISS in dem Sinne?
Hanns-Christian Gunga 2:06:57
Ne auf der ISS nicht, es sind auch von der Meerstation aus nicht ganz klarenGründen manchmal der eine oder andere zurückgeholt wird,wo man eher den Verdacht ist, das ist nicht vielleicht das richtige Wort,aber wo man eher annimmt, das waren psychische Probleme,die zu einer Unvereinbarkeit der dann da oben sich zusammenfienden Crew entwickelthat, wo man gesagt hat, okay komm, die holen wir lieber runter,als dass die sich da oben nachher irgendwie die Köpfe einschlagen.Aber richtig medizinische Notfälle hat es noch nicht gegeben.Es gab ein oder zwei Brände,an dem einen war der Herr Ewald, der deutsche Astronaut, war an Bord,als diese Not lag, das sind natürlich kurzfristig sehr sehr kritische Systeme,das eventuell auch mal irgendein Wrackteil oder sonst was irgendwie mal dieRaumstation da trifft und dann da ein Loch rein schlägt, Das ist ja nur sehrsehr dünn das Material, also die Gefahr besteht auch immer.Die war auch schon das eine oder andere teil hat er schon mal ein loch eingegeben.
Tim Pritlove 2:08:11
Also ist auf jeden Fall auf dem Mond nicht so einfach, weil auf der ISS gibtes zur Not halt die Kapsel, die sind 45 Minuten später, sind die irgendwo inKasachstan oder ne Stunde später.Also auf dem Mond müsste man sich ja sozusagen noch so ein kleines Krankenhaus noch mit dazu denken.
Hanns-Christian Gunga 2:08:27
Also die sollten schon so gescreent sein, dass man da nicht unbedingt darum einen Notfall hat,aber sich selber zu versorgen muss man schon für mehrere Tage können und also,Ich denke man wird da sehr viel lernen von den stationen die sich zum beispielin der antarktis befinden oder sowas was brauchen die was,was ist an rüstzeug nötig ist es natürlich sehr viel einfacher auf dem mondentsprechend zum beispiel jemand jetzt zu behandeln,rein jetzt händisch als in der schwerelosigkeit ich meine einige der versucheauf der isl haben schon gemacht dann nur mal ein tubus zu schieben oder so etwasoder auch nur einen zugang zu finden ist alles sehr schwierig in der schwerelosigkeit,wenn sie dann zugang legen wollen dann muss immer muss der arzt eben auch festgeschnalltsein und derjenige der dem die entsprechende prozedur,zugedacht ist der muss auch fixiert sein sonst treiben die immer durcheinanderdurcheinander weg ja also das ist nicht ein bisschen schwerkraft macht die sachensofort sehr viel einfacher.Praxismäßig nur schwerelosigkeit ist da schon das eher größere problem schwerkraft macht alles einfacher.Leichter, das ist ja ein wunderbares, die Schwerkraft macht alles leichter.
Tim Pritlove 2:09:42
Ja das stimmt, man sollte nicht so viel drauf schimpfen, auf die Schwerkraftkann auch ganz gut sein. Ja.Herr Gunger, ich glaube jetzt haben wir glaube ich unsere thematische Reisesoweit erstmal abgeschlossen.Ich will noch kurz die Gelegenheit nutzen auf ein paar relevante Sendungen zuverweisen, die ich hier schon mal gemacht habe.Ich habe mich ja unter anderem mit Reinhard Ewald auch über die Feuergeschichteschon mal unterhalten. Auch schon zwölf Jahre her sehe ich gerade Raumzeit Nummer10 und wie vorhin schon erwähnt Raumzeit 27 hat sich mit Mars 500 beschäftigt.Und natürlich habe ich auch noch ein Gespräch über Weltraummedizin mit Herrn Gerzer,dem Leiter dort beim IAC in Köln, von der Weltraummedizin geführt,auch schon zwölf Jahre her, ist schon so lange her, Raumzeit 21,seitdem war erstmal wieder Ruhe im Karton.Haben wir noch irgendwas wichtiges, ungesagtes, was im Raum, Weltraum steht?
Hanns-Christian Gunga 2:10:54
Tja, wir sollten wirklich durch die Raumfahrt den Blickwinkel auf unsere Erdewirklich sehr verschärfen, was wir ja auch tun.Dass wir das wirklich global angehen können und die Probleme,die wir hier nicht lösen können auf der Erde,einen anderen Lebensraum werden wir so schnell nicht irgendwo finden,das wird sehr sehr kompliziert.Also wir sollten uns immer bewusst machen, es ist alles nur geliehen und mitdiesem Geliehen sollten wir verpflichtet nochmal sehr sorgsam umgehen.Das sind einmalige Verhältnisse hier, wo übersprachen die nächsten Planeten, die man irgendwo,Sonnensystem betrachten kann sind ziemlich weit weg und nicht so ganz erreichbarund auf die anderen Planeten sind alle vielleicht noch Titan als Mond vom Saturn aber das ist alles,auch die anderen Planeten sind entweder zu heiß oder zu weit weg und das istalles sehr sehr kompliziert.
Tim Pritlove 2:12:02
Titan auch nur wenn man auf Ammoniak und kalte Temperaturen steht.
Hanns-Christian Gunga 2:12:05
Da steht ja, bei minus 200 Grad lebt das eben, wie wir gehört haben auch nichtso toll, deswegen müssen wir auf diesen Planeten hier achten.Und was den meisten vielleicht auch gar nicht bewusst ist draußen,Europa hat mit der ESA, mit der europäischen Raumfahrtbehörde in den letzten20 Jahren das ausgefuchste System für Umweltbeobachtung der Welt,wir sind die Weltmeister in den Satelliten.Das ist eine ganze armada von die über windüber wasser über temperatur über strahlung über zustand der meere zustand verschiedenerda haben wir satelliten nur an sentinel eins und zwei denke die das im metaauflösung machen das ist wirklichdas wir sind der weltmeister drin das läuft im stillen im prinzip.
Tim Pritlove 2:12:55
Das ganze Kopernikus Programm.
Hanns-Christian Gunga 2:12:58
Das ist wirklich, worauf wirmeiner Ansicht nach in Europa stolz sein und dass wir auf alle Fälle weiterausbauen und woran wir weiter arbeiten sollten und insofern leistet da Europawirklich eine Hilfestellung.Jetzt für viele Forschungen, die in der ganzen Welt laufen, wir selber habennoch Projekte in der Sub-Sahara, wo wir auch diese Satelliten,benutzen, um zu sehen, wie ist da die thermische Belastung in bestimmten Bereichenund wie wirkt sich das dann aus auf die Fähigkeit dort zu arbeiten bzw.Das nötige zum Überleben selber durch Anbau zu erhalten.Also Raumfahrt ist nicht weit weg,es kommt immer auf die Perspektive und dann jetzt häufig einfach auch RichtungErde gerichtet und das finde ich, sollten wir uns immer bewusst machen.
Tim Pritlove 2:14:05
Ja Erdbeobachtung auf jeden Fall auch wichtiges Thema. War hier auch schon Thema.Kann ich gleich noch ein paar Sendungen hinterher schieben. Ich hab mich malmit Herrn Hans-Joachim Lotz-Iwen unterhalten.In der Erdbeobachtung ein großer Name.Und natürlich war auch die Kopernikus-Geschichte hier schon öfter ein Thema.Unter anderem habe ich mit Josef Aschbacher gesprochen, der damals noch dafürzuständig war. Jetzt ist er ja der Chef der ESA geworden.Raumzeit 42, also da ist auch eine Menge zu holen.So, genug meine eigenen Sendungen geplagt. Jetzt erstmal vielen Dank für dieAusführungen, Herr Gunga.
Hanns-Christian Gunga 2:14:46
Danke sehr für das interessante Gespräch.
Tim Pritlove 2:14:49
Ja und vielen Dank fürs Zuhören hier bei Raumzeit. Hier bis bald geht es wiederweiter. Ich sag erstmal Tschüss und bis bald.

Shownotes

RZ109 Quantentechnologie für die Raumfahrt

Quantenmechanische Eigenschaften dienen zunehmend als Basis moderner Technologien

Die Grundlagenforschung im Bereich der Quantenmechanik ist in den letzten Jahrzehnten weit vorangeschritten und die gewonnenen Erkenntnisse dienen der Entwicklung neuer Technologien, die der Raumfahrt künftig noch genauere Mess- und Steuerinstrumente verspricht.

Doch auch auf der Erde werden diese Erkenntnisse und Technologien ihre Spuren hinterlassen, sobald sie sich im All bewährt haben. Das DLR hat gleich mehrere Institute gegründet um in diesem Bereich weitere Fortschritte zu erzielen und ganz konkrete Ansätze für die kommende Produktentwicklung zu liefern.

Dauer:
Aufnahme:

Lisa Wörner
Lisa Wörner

Wir sprechen mit der stellvertretenden Leiterin des Instituts für Quantentechnologie des DLR in Ulm Lisa Wörner. Sie stellt die Arbeit des Instituts vor und erläutert, in welchen Bereichen Quantenmechanik heute schon ein Rolle spielt, welche Anwendungen Quantentechnologie in naher Zukunft abdecken wird und was die Hintergründe und Ziele der Raumfahrtexperimente COMPASSO und BECCAL sind.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove 0:00:34
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Brittloff und ich begrüße alle zur 109.Ausgabe von Raumzeit.Und ja, kosmische Angelegenheiten, darum geht's heute glaube ich mal wieder.Aber es geht auch um die Raumfahrt.Ich habe mal wieder eine Reise angetreten. Der Weg hat mich nach Ulm geführtzu einem relativ neuen Institut des DLR und begrüße erst mal meine Gesprächspartnerinheute, nämlich Frau Lisa Wörner.
Lisa Wörner 0:01:09
Hallo, sehr schön, dass ich da sein darf.
Tim Pritlove 0:01:12
Ja, herzlich willkommen bei Raumzeit. Frau Wörner, Sie sind die Leiterin oderkommissarische Leiterin, wenn ich es richtig notiert habe, dieses Instituts.Macht das einen Unterschied?
Lisa Wörner 0:01:24
Absolut, das macht absoluten Unterschied. Mein Nachfolger ist bereits bestimmtund ich werde den Posten dann abgeben. Ich verwalte im Moment das Institut bis er kommt.
Tim Pritlove 0:01:31
Okay, also Sie managen sozusagen die Aufbaufase, die allererste.
Lisa Wörner 0:01:36
Genau so.
Tim Pritlove 0:01:36
Weil das ganze ist ja erst vor kurzem gegründet worden.
Lisa Wörner 0:01:40
Wir sind 2019 gegründet worden. Der Gründungsdirektor war noch jemand anders.Ich durfte das dann von ihm übernehmen, eben bis mein Nachfolger kommt.Und damit sind wir jetzt erst vier Jahre alt oder werden dieses Jahr erst vier Jahre alt.
Tim Pritlove 0:01:53
Was für so ein DLR-Institut ja geradezu Babyzustand ist.
Lisa Wörner 0:01:57
Total. Mit uns zusammen wurden noch sechs andere Institute gegründet.Drei von diesen sechs Instituten im Bereich der Quantentechnologie, eines davon wir.Und wir sind ganz ganz jung im DLR und versuchen uns da jetzt gerade mit denanderen Partnern zusammenzufinden und Verbindungen zu knüpfen und unsere Forschung zu betreiben.
Tim Pritlove 0:02:14
Genau, Institut für Quantentechnologie, müssen wir auch mal ausgesprochen haben,darum geht es hier. Also hier werden die Quanten durch die Gegend geworfen und beobachtet.Da werden wir jetzt gleich ausführlich drüber reden, aber vielleicht würde michauch mal interessieren, was macht denn das anders? Also ich meine,wenn man jetzt so ein etabliertes Institut reinkommt, da ist dann schon alleseingeruckelt, das haben wir schon immer so gemacht und so.Das ist ja dann im Prinzip Aufgabe und Freiheit in einem, oder?
Lisa Wörner 0:02:48
Ist eine total spannende Aufgabe, so ein Institut neu aufzubauen und auch totalspannend die Strategie für so ein Institut zu gestalten und auch die Zukunftzu entwickeln. Wo wollen wir hin? Das sind ja jetzt alles so Grundpfeiler,die jetzt gelegt werden.Ob wir Dinge grundlegend anders machen als andere Institute,weiß ich nicht, aber unsere Aufgabe ist natürlich eine andere.Bei uns geht es jetzt wirklich darum, die Phänomene, die wir aus der Quantenphysik kennen,die Quantenphysik, die wirklich auch schon jahrelang, fast ein Jahrhundert inzwischenuntersucht wird und erforscht wird,jetzt diese Phänomene, die wir kennen, auch in die Anwendung zu bringen,daraus eben eine Quantentechnologie zu machen und nicht mehr nur Quantenphysik.Superspannende Aufgabe.
Tim Pritlove 0:03:27
Wenn ich's richtig sehe, ist das Institut so ein bisschen...Auf der einen Seite schon auch ein wenig in der Grundlagenforschung verwurzelt,versucht aber sehr viel mehr so einen Brückenschlag zu machen in die konkrete Anwendung.
Lisa Wörner 0:03:43
So richtig viel Grundlagenforschung machen wir nicht. Wir untersuchen nichtmehr warum irgendwie ein Phänomen wie auftritt.Unser Ansatz ist tatsächlich zu verstehen, wie wir diese Phänomene verwendenkönnen. Dafür müssen wir sie untersuchen, dafür müssen wir sie verstehen,dafür müssen wir sie handhaben können.Kann man durchaus der Grundlagenforschung zuwächen, ist aber für mich auch immerschon ein angewendeter Ansatz.Das heißt, wenn ich jetzt irgendwie untersuche, wie Beschleunigungen das Systembeeinflussen, dann untersuche ich das natürlich aber immer mit dem Ziel hintendran,eine Technologie zu entwickeln, ein System zu entwickeln.Was bei uns noch ganz speziell ist, ist, dass wir auch eine dezidierte Theorieabteilunghaben, die dafür da sind,Neue, frische Ideen in das Institut zu bringen und auch neue Ideen aus der Forschungheraus für uns relevant zu machen,sodass wir da auch immer wieder gucken können, welche neuen Phänomene in derQuantentechnologie oder Quantenmechanik wurden entdeckt, sind für uns vielleichtrelevant oder wo haben wir noch nicht genügend in die Tiefe geschaut,um Dinge auch so umsetzen zu können, wie sie sinnvoll sind.
Tim Pritlove 0:04:46
Wie hoch ist da so die Schlagzahl aus dieser Grundlagenforschung?Wie viel muss man da so konsumieren pro Jahr?
Lisa Wörner 0:04:53
Also wir lesen natürlich ganz viel, wir fahren ganz viel auf Konferenzen.Ziel von uns ist es mindestens, also wir sind im Moment rund 50 Mitarbeiter,dass wir mindestens 20 internationale Vorträge auch haben.Sodass wir wirklich auch mit der Community kommunizieren wollen,mit der Community gemeinsam mitarbeiten wollen im Moment.Aktuell fokussieren wir uns noch auf die Technologien.
Tim Pritlove 0:05:16
Vorträge die man hält oder die hier gehalten werden?
Lisa Wörner 0:05:20
Dabei geht es vor allen Dingen um Vorträge, die wir halten, bei denen wir natürlichauch Sichtbarkeit schaffen, aber was auch heißt, dass wir rausgehen,dass wir uns auf Konferenzen zeigen.Die Zahl ist sicherlich zu niedrig, ich glaube wir machen viel viel mehr,das ist aber so unsere Zielvorgabe und gleichzeitig haben wir im Moment aucheinen wöchentlichen oder zwei wöchentlichen Termin,wo wir auch hier Vorträge haben, wo wir auch externe Kollegen einladen,auch das für uns ein ganz wichtiges Thema natürlich Leute reinzuholen.
Tim Pritlove 0:05:46
Also Institut für Quantentechnologie und das heißt halt hier geht es wirklichum die Anwendung und nicht nur um die Forschung, aber man ist halt natürlichmit dieser Forschung auch verbunden.Bevor wir dann vielleicht noch mehr auf die Struktur kommen und vielleicht auchnochmal so ein bisschen die Grundlagen all dessen beleuchten,um das weitere verstehen zu können, würde mich natürlich nochmal interessieren,Was sie eigentlich so hierher geführt hat. Wann hat sie denn das Thema Wissenschaft erwischt?
Lisa Wörner 0:06:15
Mein Leben ist eines in Umwegen. Ich hab tatsächlich Physik studiert,ich hatte auch in der Schule schon eine starke Affinität zur Physik,sodass das bei mir auch geblieben ist und auch die Wissenschaft mich immer schon fasziniert hat.Sicherlich auch ein bisschen aus dem familiären Umfeld, wo das auch immer ein starkes Thema war.Und auch die Raumfahrt tatsächlich eine starke Faszination war,die mich von Kindestagen an begleitet.Und dann habe ich aber in meinem Studium zunächst mal an Hochenergiephysik gedacht,habe mich also erstmal informiert über oder erstmal geforscht im Bereich vonHochenergiephysik, Teilchenphysik.Ich war damals vor allen Dingen an einem Experiment, was am FAIR in Darmstadtstattfindet, aber das bekanntere Experiment ist jetzt FAIR, die Facility forAnti-Protein and Iron Research.Die bekanntere Einrichtung dazu ist das CERN. Jetzt habe ich sehr sehr langegeredet über etwas, was ich nur ein Jahr getan habe.War wohl aufregend. War total spannende Zeit. Diese großen Experimente.Ich durfte in der Zeit auch ans CERN fahren und konnte den Large Hadron Collider,der damals gebaut wurde, Ja so alt bin ich schon.Tatsächlich auch noch von innen anschauen. Also ich konnte die großen Experimentevon innen anschauen. Alice hat mich damals unglaublich beeindruckt.Also wirklich ganz tolle Experimente, ganz spannende Physik.Und bin dann von dort aus in die Plasmaphysik gegangen.Das Max-Planck-Institut für Extraterrestrik und hab dort meinen Doktor gemacht.Mit einer Phase in Frankreich in der Zeit.
Tim Pritlove 0:07:41
Wo ist das? In München?
Lisa Wörner 0:07:43
Ich habe auch in München studiert und bin dann nach dem Abschluss meines Doktoratsoder während meines Doktorats, habe ich angefangen viele Audiobücher zu hörenund habe dann tatsächlich von Stephen Hawking den großen Entwurf gehört.Und in diesem Buch spricht er über ein Experiment mit dem Doppelspalt,wo Menschen es geschafft haben, Fullerene, das sind Moleküle aus 60 Kohlenstoffatomen,die bauen sich zusammen wie so ein Fußball, sehen die am Ende aus.
Tim Pritlove 0:08:10
Benannt nach Buckminster Fuller.
Lisa Wörner 0:08:13
Genau, Fullerene, Buckyballs, wie auch immer man sie nennen möchte,dass die damit Interferenzexperimente gemacht haben.Und Interferenzexperimente habe ich verstanden aus der Universität,war aber für mich immer so ein Welleteilchen, das ist alles super klein undwas Lichter macht und so, Papier ist total geduldig, da kann man ganz viel drüberreden, alles easy und hab dieses Experiment gehört und hab gedacht,prove it to me and I still won't believe it.Douglas Adams Zitat an dieser Stelle, aber ja. und bin dann...Auf die Suche gegangen und wurde dann eingeladen, weil ich war irgendwie klar,dass ich nicht in dieser Gruppe würde bleiben wollen und ich wollte mich auchweiterentwickeln nach dem Doktor, aber es war nicht so genau klar,wo ich, wo die Reise hingehen würde und wurde dann eingeladen auf eine sehrspannende Konferenz mit ganz, ganz vielen verschiedenen Themen.Und dort stellte Markus Arndt dann genau dieses Experiment vor und ich saß imAuditorium und hab gedacht, niemals, das kann doch nicht funktionieren,das geht nicht, mein Gehirn schafft es nicht, das zu verstehen.War dann, im Englischen würde man sagen lucky enough, im Deutschen.Ich hatte dann das Glück, tatsächlich in dieser Forschungsgruppe dann forschenzu dürfen bei Markus Arndt, der mich dann eingeladen hat und ich war dann dortzwei Jahre und habe mit ihm dort in Wien hochmassige Interferenz gemacht.Also wirklich die Frage, wo hört die Quantenmechanik auf, wo ist die Validitätder Quantenmechanik am Ende.Ja und ab da hat es mich dann gepackt und ich bin dann von dort nach Bremengegangen, wo wir dann Frequenzreferenzen angeschaut haben und uns dann angefangenhaben auf den Wellenteilchendualismus mit Atomen zu fokussieren.Das war für mich dann sehr einfach zu schlucken, nachdem ich geschluckt hatte, dass man so 20.000.Atomare Masseneinheitenteilchen interferieren kann, also wirklich,wirklich große Teilchen interferieren kann, waren dann Atome für mich nicht mehr so das Thema.Was dann dazu geführt hat, dass ich Projektleitung wurde im Projekt Bekal,da werden wir sicherlich gleich nochmal drüber sprechen, ins Detail ein bisschen gehen.Das hat mich am Ende des Tages dann an dieses neu gegründete Institut hier inUlm geführt. Da ich in München studiert habe, war das für mich auch dann örtlichein interessantes Thema.Dann hat sich die Chance ergeben eben hier auch die Leitung Kommissarisch zuübernehmen und jetzt sitzen wir hier. Wie gesagt Umwege, sehr sehr lange gesprochen.
Tim Pritlove 0:10:19
Ja, aber immer interessant. So,jetzt merkt man schon, das ist ein heikles Thema hier mit der ganzen Quantenmechanik,das ist so eine Technologie, wir haben es ja schon erwähnt,gibt es seit 100 Jahren, aber ich hab so den Eindruck,das ist so, Also nicht, dass jetzt komplexe physikalische Vorgänge generellin einer breiten Öffentlichkeit immer so jederzeit abgerufen werden können.Von vielen hat man was gehört, von manchen haben viele auch eine Vorstellung,aber mit der Vorstellungskraft im Quantenbereich setzt es ja auch bei den Physikerndann sicherlich hier und da auch mal aus.Weil es ja einfach kurz gesagt und ich formuliere das jetzt einfach mal so miteiner einfachen Sichtweise,der Blick in das kleinste hat zutage gebracht, dass da auf einmal die Gesetze,die man im größten beobachtet, nicht so ohne weiteres anzuwenden sind.Und ja, hat mit der Quantenmechanik sozusagen nochmal so ein komplettes Genreinnerhalb der Physik geschaffen, wo sich ja auch lange gestritten wurde,ob denn das denn alles so sein kann.
Lisa Wörner 0:11:34
Das ist richtig. Ganz wichtig an der Stelle, nicht alles was Quantenmechanik ist, ist klein.Und auch der Quantensprung, der so viel benutzt wird, der ist weder klein nochgroß. Der Quantensprung beschreibt die kleinste Einheit, die man sich bewegenkann. Deswegen ist das für mich immer so ein Pet und Peeve, wenn Menschen das benutzen.
Tim Pritlove 0:11:51
Ein lustiges Statement. Jetzt haben wir ja einen Quantenfonds gemacht.Alles klar, es hat richtig vorangekommen.
Lisa Wörner 0:11:59
Wo wir jetzt schon drüber sprechen, gebe ich Ihnen kurz ein Beispiel,vielleicht hilft das so ein bisschen zu verstehen, warum mich das so zum Lachen bringt.Geld ist typischerweise gequantet. Ich kann Ihnen einen Cent geben,ich kann Ihnen zwei Cent geben, ich tue mich sehr schwer Ihnen einen halbenCent zu geben. Das heißt, es gibt hier eine kleinste Einheit,die ich Ihnen geben kann, nämlich den einen Cent. Geld ist deswegen gequantet.
Tim Pritlove 0:12:17
Das ist im Prinzip Digitalisierung, könnte man es auch nennen.Also man schafft halt einfach Schrittweiten, die klar abzählbar sind und dasist die Quantifizierung.
Lisa Wörner 0:12:28
Wenn sie das so möchten, ja da muss ich jetzt noch drüber nachdenken,ob ich dem so mitgehe, aber das können wir mal so stehen lassen.Aber prinzipiell geht es darum.
Tim Pritlove 0:12:35
Ja bei Computern gibt es ja auch kein halbes Bit und das ist ja sozusagen dieSchrittweite, auf die man sich geeinigt hat.
Lisa Wörner 0:12:43
Genau, ein anderes schönes Beispiel sind Parkplätze. Parkplätze sind an sichauch gequantelt, nur dass wir es dauernd verletzen. Aber prinzipiell.
Tim Pritlove 0:12:50
Also halb befüllte Parkplätze habe ich schon gesehen.
Lisa Wörner 0:12:52
Ja, ich auch. Prinzipiell werden die aber auch gequantelt. Genau,jetzt habe ich vergessen. Wo wollte ich hin?
Tim Pritlove 0:12:59
Zur Quantenmechanik. Und warum, ja, was das Wesen dieses Forschungsbereichesist und was müssen wir verstehen, um das zu verstehen, was dieses Institut macht?
Lisa Wörner 0:13:11
Also ganz ganz wichtig über Quantenmechanik, wenn man über Quantenmechanik spricht,ist, dass wir uns von der Vorstellung, wie die Welt für uns sich so darstellt,ein bisschen verabschieden müssen.Wir sitzen jetzt hier an einem Tisch, das heißt sie sagen, auch wenn sie ausdem Raum rausgehen, der Tisch ist hier.Und ich sage ihnen, wenn ich aus dem Raum rausgehe, dass es nur eine gewisseWahrscheinlichkeit gibt, dass dieser Tisch hier ist.Die ist wahrscheinlich fast eins, aber sie ist eben halt nicht eins.Und das ist so der ganz große Unterschied zwischen der Beschreibung der Weltin der Quantenmechanik oder der Beschreibung der Welt in zum Beispiel Newtonischer Mechanik.Das ist so das, was wirklich unten drunter liegt, dass wir nichts beschreibenals das ist da oder das ist nicht da,sondern es wird allem eine sogenannte Wellenfunktion zugewiesen,die dann beschreibt, welche Wahrscheinlichkeit ein Objekt hat, irgendwo zu sein.Welche Wahrscheinlichkeit ein Elektron hat, in einer bestimmten Entfernung zum Kern zu sein.Wenn wir bei dem Beispiel bleiben, ist es die Quantenmechanik,die dann von dem Borsch-Naturmodell mit den Kreisen weggeht hin zu diesen Orbitalen.Die Orbitale beschreiben eine Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen um den Kern herum.Nur bis zu einer gewissen Größe. Es gibt wieder eine von Null verschiedene Wahrscheinlichkeitaußerhalb, aber prinzipiell ist das das, was die Quantenmechanik tut.
Tim Pritlove 0:14:32
Du die Vorstellung des Atoms umgeben von so einer Elektronenwolke,was halt nach wie vor eine definierte Anzahl von Elektronen hat,aber eben unbestimmbar wo sich etwas befindet, solange bis man es dann misst.
Lisa Wörner 0:14:49
Genau, genau. Und das ist tatsächlich auch, um wieder zurückzukommen,genauso funktioniert auch dieses Experiment mit den Fullerenen.Die Fullerene verhalten sich wie Wellen. Interferenz ist ein ganz typisches Wellenexperiment.
Tim Pritlove 0:15:00
Also wir reden ja von einem Molekül jetzt hier, gell?
Lisa Wörner 0:15:02
Wir reden von einem Molekül, von einem großen Molekül. Einem Molekül,was man mit einem Elektronenmikroskop tatsächlich sehen kann.Also noch nicht sichtbar mit dem reinen Auge, aber was tatsächlich sichtbargemacht werden kann. Also es ist wirklich nicht mehr klein.Und Interferenz ist ein typisches Wellenphänomen, kann ich nur im Wellenbilderklären, kann ich nicht erklären, wenn ich im Teilchenbild bleibe.Um das Wellenbild kurz zu verstehen und was Interferenz ist,wenn Sie an einem schönen,ruhigen See stehen, so einem ganz spiegelglatten See,wo sich wirklich auch die Berge auf der anderen Seite drin spiegeln und es istwirklich ganz ruhig und Sie nehmen zwei Steine und werfen sie in das Wasser,Dann bilden sich so konzentrische Wellen um diese Steine, da wo die Steine insWasser eingedrungen sind.Da wo die Wellenberge sich treffen, wird es dann doppelt so hoch,da wo die Wellen Täler sich treffen, wird es doppelt so niedrig.Und sie werden wie so ein Karomuster beobachten im Wasser, eben dieses sogenannte Interferenzmuster.Und das lässt sich nur erklären durch die Überlagerung von Wellen mit einersogenannten konstruktiver Interferenz, also da wo sich Wellen verstärken,und destruktiver Interferenz, da wo sie sich auslöschen. und damit bekommt mandieses Karo-Muster im Wasser.Und das funktioniert hier jetzt genauso nur, dass die Fullerene nicht die Steinesind, die wir ins Wasser geworfen haben.Das wäre ja super einfach zu verstehen, sondern die Fullerene sind die Wellen,die sich vorwärts bewegen.Das heißt, statt die Fullerene wie Objekte zu beschreiben, beschreiben wir dieFullerene jetzt als sich vorwärts propagierende Welle, die und jetzt kommt derganz schlimme Teil, jedes von diesen Fullerenen geht gleichzeitig durch beide Spalten durch.Statt dass das Folleren, das Teilchen was wir kennen, durch einen Spalt durchgeht,interferiert hintendran mit sich selber und produziert das Interferenzmuster.Das ist ganz schön viel Information auf einmal gewesen.
Tim Pritlove 0:16:45
Genau, also ein Folleren muss man sich ja vorstellen wie ein Fußball.Also der klassische Fußball, der seit ein paar Jahrzehnten ist, also der sich aus so.Einem Hexagon und Pentagons zusammensetzt, das ist ja im Prinzip die Molekülstrukturvon der wir hier sprechen.
Lisa Wörner 0:18:19
Schwierig. Also zunächst mal das Interferenzmuster. Der Punkt von diesem Doppelspaltexperimentist, dass man eben hinten nicht einfach das Schattenbild des Doppelspaltes findet,sondern eben ein Interferenzmuster.Wenn ich ein Interferenzmuster finde, Interferenz kann ich nur mit Welleneigenschaftenerklären. Das heißt, da muss ich komplett raus aus dem Partikelbild.Ich weiß nicht, vielleicht haben sie das auch mal in der Schule gesehen mitLasern oder manche, wir haben das mit Wasserwellen gesehen, diese Beugungsphänomeneund so was, Interferenzphänomene, das ist im Prinzip alles das gleiche.Das heißt, das funktioniert auch mit den Fußballen, das funktioniert auch mitden Pistolenkugeln, das funktioniert mit allen Arten von Teilchen,wir können es im Moment noch nicht mit der Größe, wir haben es mit der Größenoch nicht gezeigt. Und auch Molekülen.
Tim Pritlove 0:19:02
Wir sprechen jetzt wirklich bei diesem Fullerenbeispiel davon,dass man jetzt quasi so ein Doppelspalt-Setup hat und da fliegen dann diese ganzen Moleküle durch.
Lisa Wörner 0:19:09
Korrekt, korrekt. Und das Experiment, was Sie gerade angesprochen haben mitden Elektronen, das ist rund aus den 60er-Jahren.Das heißt, das ist auch so etwa 30 Jahre, 40 Jahre nach der Prostellation desWelle-Teilchen-Dualismus.Also es hat sehr, sehr lange gedauert, bis wir von dem Welle-Teilchen-Dualismus,von der theoretischen Beschreibung hingekommen sind, dass wir tatsächlich auchein Experiment dafür hatten.Fun Fact am Rande, das wissen Sie bestimmt auch, Einstein hat seinen Nobelpreisnicht bekommen für die Relativitätstheorie, sondern tatsächlich für den sogenanntenphotoelektrischen Effekt, der als erster den Welle-Teilchen-Dualismus gezeigt hat, nur andersrum.Er hat gezeigt, dass sich Licht nicht nur wie eine Welle verhält,sondern auch wie ein Teilchen.Das ist dann der Ausgangspunkt auch durchaus der Quantenmechanik.Und dieses Gleichzeitig beim Welle-Teilchen-Dualismus ist so eine Sache.Prinzipiell ist da schon so eine Gleichzeitigkeit da, wie ich das aber lieberformuliere, ist, dass ich jedes Teilchen auch wie eine Welle beschreiben kannund eine Welle wie ein Teilchen.Und jetzt muss ich das passende Bild wählen, was zu dem Phänomen passt, das ich sehe.Das ist häufig ein Problem oder war auch lange für mich als Physiker ein Problem,weil das kann doch nicht sein, dass ich irgendwie etwas wähle basierend auf dem, was ich messe.Aber tatsächlich ist es eben genau so. Auch Sie machen das. Sie wählen hinterherbasierend auf Ihrem Messergebnis eine Erklärung für die Thematik,die Sie gemessen haben. Wenn Sie jetzt morgen irgendwo hinkommen,da ist ein Autounfall, dann haben Sie auch irgendwie eine Idee, was da passiert ist.Und genau das gleiche machen wir hier auch. Nicht ganz so dramatisch.Aber im Prinzip wählen wir hier auch dann ein Bild basierend auf dem,was wir zeigen konnten. Und können zum Beispiel mit diesen Interferenzexperimenteneben tatsächlich zeigen, dass Moleküle auch der Quantenmechanik unterliegen.
Tim Pritlove 0:20:51
Was war jetzt bei den Follerenen so besonders, also was war dieser unglaubliche Aspekt?
Lisa Wörner 0:20:57
Die sind einfach so groß. Die sind einfach riesig. Also bei Elektronen, die sehe ich nicht.Da kann ich irgendwie noch akzeptieren, dass das da durchgeht.Bei Atomen tue ich mich schon sehr, sehr schwer.Das waren einfach die Fullerene, die ich dann damals als erstes gehört habe,auch vor den Elektronen und vor den Atomen.Und es war für mich sehr schwer vorstellbar, tatsächlich da hinzugehen und diesenAuflösungsprozess sozusagen, das Aufgehen eines substanziellen Teilchens ineine Welle und dann wirklich die Beschreibung in einer Welle.Und inzwischen sind die bei Teilchen,die haben rund 20.000 atomare Masseneinheiten, irgendwie 1.500 Atome.Das sind richtig, richtig große Moleküle, die immer noch Welleneigenschaftenzeigen. Das ist im Moment der aktuelle Massenrekord, der in Wien gehalten wird.
Tim Pritlove 0:21:47
Also auch wenn der Tisch so hart wirkt, wenn man draufhaut und man so eine Vorstellungvon der ganzen Welt hat, dass das irgendwie alles so massiv ist.Man weiß ja im Prinzip, Masse und Energie ist sowieso das gleiche,aber eigentlich muss man es noch ein bisschen weiter denken und wir leben eigentlichin einem großen Wellensalat.
Lisa Wörner 0:22:03
Wir leben eigentlich in einem großen Wellensalat und dass der Tisch so hart,das liegt an der Elektrodynamik, da ist einfach elektromagnetische Abstoßung,deswegen ist der Tisch so hart.Physik zu studieren kann ich jedem nur empfehlen, es macht aber ganz viel mitder Welt um einen herum und es ist nicht immer schön.
Tim Pritlove 0:22:20
Genau, also in diesem Wellensalat forscht jetzt,Entschuldigung, entwickelt dieses Institut Technologien, also auf Basis dessenwas sozusagen die Forschung bisher alles so ergeben hat, weil dort Potenzial gesehen wird.Bevor wir vielleicht auf die Sachen kommen, die hier jetzt angedacht werden,was so in der Zukunft kommen soll, was hat denn die Quantentechnologie jemals für uns getan?Also was ist denn sozusagen schon bisher entstanden, was man jetzt in diesemFeld zuordnen kann, wo man sagen kann, okay das ist jetzt sozusagen schon angewandteQuantentechnologie gewesen?
Lisa Wörner 0:23:04
Also natürlich ist es so, dass die Quantenmechanik auch unser Leben durchaus beherrscht.Auch wenn wir die Technologie nicht entwickelt haben und wenn wir die Dinge nicht gemacht haben,ist viel von den Prozessen, die so um uns herum passieren, von der Abstoßungbis hin zu kosmischen Prozessen und sowas, Tunnelprozesse, alles quantenmechanischeProzesse, die ganz wichtig sind.Das ist nicht ihre Frage gewesen, aber trotzdem ist ganz viel von unserem Leben,ganz viel von dem was passiert, tatsächlich viel besser mit Quantenmechanikzu erklären als mit Newtonischer Mechanik.Auch wenn wir immer das Problem haben, dass Newton für uns sehr sichtbar istund sehr greifbar, Dinge fallen runter, die Quantenmechanik eben halt so einbisschen schwierig ist für das Gehirn. Das ist okay, das hat was mit uns zutun, mehr als mit der Quantenmechanik.
Tim Pritlove 0:23:49
Aber dafür gibt es ja Podcast.
Lisa Wörner 0:23:50
Dafür geht es halt am Podcast, genau. Was hat die Quantenmechanik bisher für uns getan?Es gibt ein ganz ganz wichtiges Beispiel, was gerne so ein bisschen vergessen wird.Oder zwei sogar, zwei ganz wichtige Beispiele. Das eine sind Laser.Laser ist auch nur ein Akronym, das ich jetzt bestimmt nicht sinnvoll zusammen bekomme.Da ist irgendwie Light Amplification und das F ist Simulated Emission of Radiation.
Tim Pritlove 0:24:17
Stimulierte Lichtverstärkung.
Lisa Wörner 0:24:20
Genau, Stimulierte Lichtverstärkung. Was dabei ausgenutzt wird,ist eben genau die Energielevels,die sich in einem Atom befinden und auch die kann ich nur sinnvoll erklären,wenn ich die Quantenmechanik zugrunde lege und die Aufenthaltswahrscheinlichkeitenund damit die Energieniveaus berechnen kann und diese dann anregen kann,sodass wir das möglichst gleichförmigeLicht am Ende des Tages rausbekommen, was dann ein Laser ist.Das wird gerne mal bezeichnet als Quantentechnologie in der ersten Generationund sowas, aber da fällt sicherlich der Laser schon drunter.Das zweite Beispiel, das ich hier gerne bringen möchte, was auch nicht ganzso bekannt ist, ist die globale Navigation.Ich werde jetzt versuchen, ganz viel GNSS und Galileo zu sagen.GNSS ist Global Next Generation Satellite System.
Tim Pritlove 0:25:05
Globales Navigationssatellitensystem.
Lisa Wörner 0:25:08
Genau.
Tim Pritlove 0:25:10
Funktioniert auch auf Deutsch ist der Begriff. Prima.
Lisa Wörner 0:25:14
Globales Navigationssatellitensystem und Galileo ist das europäische.Das GNSS fasst Galileo, GLONASS und auch GPS zusammen.Das umfasst so ein paar mehr.Die funktionieren aber am Ende des Tages alle ganz ähnlich an Bord von diesenSystemen sind Frequenzreferenzen.Was ist eine Frequenzreferenz? Das ist im Prinzip ein Laser,den man nochmal stabilisiert hat.Aktuell ist es kein Laser, sondern es ist vor allen Dingen eine Radiofrequenz,die nochmal stabilisiert wird, sodass die möglichst stabil läuft.
Tim Pritlove 0:25:46
Also stabil im Sinne von konstante Frequenz.
Lisa Wörner 0:25:48
Ganz konstante Frequenz, deswegen nennt man das eine Frequenzreferenz.Die gibt ganz konstant immer wieder den gleichen Takt.Ist übrigens das gleiche System was die PTB macht, die Physikalisch TechnischeBundesanstalt in Braunschweig, die die Funkuhren Signatur schickt.Auch die haben eine Cesiumfrequenzreferenz, die gibt einfach ganz konstant basierendauf dem Cesiummolekül hier, basierend auf anderen Systemen eine Frequenzreferenz.Wenn Sie jetzt gerne wissen möchten, wo Sie sind, dann brauchen Sie vier Satelliten,weil wir vier Unbekannte haben. Drei sind klar. Ich brauche irgendwie X,Y und Z. Ich muss wissen, wo bin ich.Wie machen die das? Der erste Satellit schickt ihnen eine Information, die sagt, ich bin jetzt.Der sagt also ich bin 15 Uhr und schickt das zu Ihnen runter und das ist jetztsehr übertrieben, so lange dauert das nicht. Und Sie bekommen das unten undstellen fest ich bin 15 Uhr eins, also ist der eine Sekunde von mir weg.Das heißt ich muss diesen Abstand zu diesem Satelliten haben.Das gibt uns irgendwie so einen Kreis auf der Erdoberfläche.Jetzt sagt mir das der Zweite, dann habe ich zwei Kreise, die haben zwei Schnittpunkte.Und ich bekomme einen Dritten und dann muss ich an einem Punkt sein.Damit ich die Entfernung zu allen drei Satelliten richtig hinbekomme.Ich habe gerade gesagt, wir brauchen vier.Warum brauchen wir vier? Naja, der Punkt ist, dass keiner von uns eine hochgenaueFrequenzreferenz in der Tasche hat. Das heißt, ich muss irgendwie auch wissen, wann bin ich.Und damit habe ich vier unbekannte X, Y, Z und wann.Und damit brauche ich einen vierten Satellit, der mir auch die Zeitsignale übermitteltund damit mache ich die Navigation.Das heißt, Frequenzreferenzen basierend auf kontenmechanischen Prinzipien istetwas, was wir im Moment auch schon benutzen.
Tim Pritlove 0:27:25
Und warum ist das ein quantenmechanisches Prinzip? Weil es mit Wellen zu tunhat und dann nennt man das dann schon so oder?
Lisa Wörner 0:27:33
Weil schlicht und ergreifend das Atom, um das Atom sinnvoll zu beschreiben unddas Atom auch sinnvoll anregen zu können und lauter solche Sachen muss ich dieQuantenmechanik hernehmen.Ich muss die Schrödinger Gleichung für das Elektronen im Feld des Atoms aufstellen,dann bekomme ich diese Energieniveaus, die ich dann anregen kann und daraufkann ich dann die Frequenzreferenz stabilisieren.Damit sind Frequenzreferenzen tatsächlich wirklich quantenmechanische Systeme.Das soll jetzt vielleicht auch ein bisschen helfen, um festzustellen,dass Quantenmechanik nicht so abgehoben ist.Das fühlt sich total normal an. Wir sind unheimlich gewohnt,früher das GPS, das amerikanische System, das Global Positioning System,das gibt es seit Jahrzehnten.Wir sind unheimlich daran gewöhnt, dass das so funktioniert und es ist abertrotzdem ein quantenmechanisches Prinzip, was unten drunter liegt,was es uns ermöglicht, das zu nutzen.
Tim Pritlove 0:28:21
Das ist das quantenmechanische Prinzip, was der Technologie,die im Satelliten verbaut ist, sozusagen unterliegt. Also die Quantentechnologieist im Satellit und beim Empfänger ist es dann am Ende nur noch Mathematik.Aber damit man sozusagen diese hochstabilen Frequenzen so überhaupt bekommenkann, ist eben Quantentechnologie erforderlich.
Lisa Wörner 0:28:37
Richtig.
Tim Pritlove 0:28:40
Kurzer Spagat, mache ich immer ganz gerne, alte Sendung nochmal zu pluggen,Raumzeit Nummer 8, lang ist es her,2011, Felix Antreich eine sehr ausführliche Sendung zu Satelliten-Navigationssystemen gemacht,der ist nämlich beim DLR für Galileo zuständig und genau, kann man mal reinhören,ich glaube das stimmt alles noch, was da gesagt wurde.Das war aber noch vor dem Launch sozusagen.Also das ist quasi bei uns täglich der Fall. Gibt's noch irgendwas,was man auf jeden Fall erwähnen muss?
Lisa Wörner 0:29:14
Wie gesagt, die Zeit, die von der PTB gesetzt wird, wird nach dem gleichen Prinzip gesetzt.
Tim Pritlove 0:29:24
Warum verspricht man sich jetzt so viel davon, dass man ein neues Institut gründen muss?Also man kann ja auch sagen, okay, das mit den Soliden gelöstes Problem läuft.Was braucht man denn jetzt noch?Wo sieht man gerade die Verbesserungspotenziale existierender Technologie undwo zeichnen sich neue Dinge ab, die es vielleicht so bisher noch gar nicht gibt?
Lisa Wörner 0:29:56
Genau. Also ich glaube das Institut ist zur richtigen Zeitpunkt gegründet worden.Schlicht und ergreifend deswegen, weil wir dafür da sind, die Sachen,die Quantenphysik sind, jetzt zu transferieren in das, was Quantentechnologie ist.Und das ist ein ganz wichtiger Übergang. Wir sind im Moment in einer Situation,in der wir viel von der Quantenmechanik und auch von Prototypen so verstandenhaben, dass es ganz viele Ansätze gibt.Und dass wir jetzt dafür da sind, um eben halt viele von diesen Ansätzen auchRealität werden zu lassen.Was häufig, natürlich funktioniert das auch in einem universitären Umfeld undnatürlich gibt es auch die Fraunhofer und es gibt auch die Max Plancks und keineAhnung dieser Welt und ganz viele Industriepartner, die auch schon großes Interesse daran haben.Aber wir als DLR-Institut haben da eben auch nochmal einen sehr speziellen Auftragund können das auch sehr speziell nochmal angehen mit den entsprechenden Ressourcen,die uns zur Verfügung stehen. Ich halte das für ganz wichtig.Und ich halte das auch deswegen für wichtig, weil uns natürlich auch immer wieder gesagt wird,dass Deutschland ein Hochtechnologie-Standort sein möchte und wir hier aucheine ganz wichtige Technologie haben oder eine ganz wichtige,ja sehr breite, das ist Quantentechnologien, wenn wir sofort hinkommen,ist mehr so eine Überschnittstechnologie, die an ganz vielen Stellen eingreifenkann, als dass das ist wie Fahrzeugbau.Wir können im Fahrzeugbau helfen, aber wir sind nicht so eine alleine Säule wie der Fahrzeugbau,sondern wir sind mehr so eine Überschnittsthematik, sodass ich das für ganz wichtig halte,dass wir hier eben auch diese Ressource nutzen und weiter ausbauen und ebendann auch mit der entsprechenden Industriepartner, mit entsprechenden Forschungspartnerndafür sorgen, dass wir die Anwendung finden.
Tim Pritlove 0:31:29
Da hilft es vielleicht auch nochmal kurz auf die Struktur des Instituts zu schauen,weil hier gibt es ja verschiedene Forschungsabteilungen, die heißen dann glaubeich auch so, aber auch nochmal Querschnittsabteilungen.Erklären Sie doch nochmal kurz, was da so der Gedanke dahinter war,warum es sinnvoll ist, das so aufzuspalten, wie es getan wurde und warum.
Lisa Wörner 0:31:50
Bei uns beginnt eigentlich immer alles mit der Idee. Wir fangen vorne an miteiner Idee, welches quantenmechanische Phänomen könnten wir dann nutzen,um eine Applikation zu schaffen?Welches Phänomen gibt es vielleicht, was spannend ist? Oder wo möchten wir nochmalreinschauen? Und natürlich ist das auch so ein sich wiederholender Prozess.Das heißt, selbst wenn wir eine Technologie haben, wird die wieder zurückgeführt.Und wir reden nochmal darüber.Wie können wir die verbessern oder welche anderen Möglichkeiten gibt es da noch?Deswegen haben wir, das ist die erste Querschnittsabteilung,die natürlich mit allen Fachabteilungen auch gemeinsam arbeitet.Das ist die Theorieabteilung, die dafür sorgt, dass das unterfüttert ist,dass das verstanden wird, das Phänomen verstanden wird, um es dann auch richtig einsetzen zu können.Dann kommen danach im Prinzip die drei Fachabteilungen.Die entwickeln tatsächlich vom optischen Tisch das, was man vielleicht in derGrundlagenphysik verstehen würde, wirklich im optischen Tisch,im Labor bis so ein bisschen hin zum Prototypen entwickeln, die die Technologien,die dann spannend sind, bei denen wir Potenzial sehen.Seien das neue Frequenzreferenzen oder neue verschränkte Quellen oder was auchimmer, da gibt es ganz viel oder neue Magnetometer, gibt es ganz viele verschiedeneAnwendungsbereiche, die wir uns da anschauen.Und zum Schluss kommen die anderen beiden Querschnittsabteilungen da wiederdazu, die die dann unterstützen auf dem Weg hin zur nicht wirklich Produktreife,aber zur Prototypenreife oder zur Umsetzung in der Raumfahrt.Das ist einmal die Integration für Mikro- und Namenssysteme,also tatsächlich Miniaturisierung von Systemen ein ganz, ganz großer Punkt.Wenn Sie so, ich weiß nicht, ob Sie mal in einem Labor waren,das sind immer riesige Aufbauten, die kann dann der Postdoc XY bedienen undwenn irgendjemand anders reinkommt, dann zerbricht das ganze Experiment und nichts tut mehr.Das ist natürlich nichts, was wir als Technologie verkaufen können.Das ist nichts, was irgendein Industriepartner haben möchte,sondern die müssen tatsächlich irgendwie idealerweise in eine Schuhbox reinpassenund man hat außen einen Stecker und auf der anderen Seite einen Anknopf unddann funktioniert das von ganz alleine.
Tim Pritlove 0:33:48
Auch noch, wenn man fünfmal mit dem Hammer draufhaut.
Lisa Wörner 0:33:51
Idealerweise auch noch, wenn man fünfmal mit dem Hammer draufhaut oder wennman es auf eine Rakete drauf packt oder sonst irgendwas. Das Ding sollte möglichstidealerweise, wenn man es nochmal fallen lässt, sollte es immer noch funktionieren.Und dafür gibt es eben diese beiden verbleibenden Querschnittsabteilungen,die zweite heißt dann Quantum Engineering, also tatsächlich die Ingenieurwissenschaftda auch mit reinzubringen, mit einzubinden, Power Conception runterzubringen,das System kleiner zu machen, an den Anwendungsfall anzupassen und so weiter und so weiter.Das klingt jetzt so sehr getrennt voneinander, diese Abteilung,und die Aufgaben, das ist es natürlich nicht. Also am Ende des Tages vermischtsich das durchaus auch so ein bisschen.Aber so ist der Grundgedanke des Instituts, um eben von der Idee bis hintenraus zu einem Vorprodukt entwickeln zu können.Ganz wichtig an der Stelle, das Produkt selber machen wir nicht mehr.Das heißt, wir lizenzieren dann oder haben ein Patent oder machen eine Ausgründungoder sowas und versuchen das dann auch, eine unserer Hauptaufgaben,auch in die Industrie zu transferieren, sodass die Technologie dann eben haltdort auch weitergetrieben werden kann.Während wir dann wieder zurückgehen und sagen, top jetzt haben wir dieses Magnetometer,was können wir denn machen, dass das vielleicht noch besser wird oder was könnenwir denn tun, dass wir einen anderen Effekt ausnutzen können oder sowas in der Richtung.
Tim Pritlove 0:35:02
Diese Fachabteilung haben wir jetzt kurz angesprochen, aber noch nicht benannt.Also ich finde das ganz interessant, wie sich das aufteilt.Quantenmetrologie, das sozusagen, das Messwesen, ja?
Lisa Wörner 0:35:17
Das sind die mit den Frequenzreferenzen.
Tim Pritlove 0:35:20
Also mit den besonders stabilen Frequenzen.
Lisa Wörner 0:35:23
Genau und die haben im Moment ein ganz großes Experiment,das nennt sich Kompassung, gemeinsam mit anderen Schwesterinstituten von uns,wo wir versuchen, neue Frequenzreferenzen für dann den späteren Einsatz auchim Navigationsbereich jetzt erstmal auf der ISS vorzubereiten,um eben halt auch zu zeigen, dass wir die auch in der Raumfahrt benutzen können,dass wir sie dort sinnvoll installieren und sinnvoll operieren können.Ganz wichtiges Thema bei der Stelle.Die Abteilung macht zusätzlich dann auch noch so ein bisschen den größeren Kontextder Navigation, wo es dann auch um Inertialsensore geht.Also da wo GNSS Signale verloren gehen, zum Beispiel im Tunnel oder irgendwiewo schlechtes Signal ist, dass sie dann trotzdem noch sinnvoll weiter navigieren können.Dafür entwickeln wir hier dann auch neue Systeme. Auch das wieder gemeinsam mit anderen Systemen.
Tim Pritlove 0:36:12
Kommen wir gleich mal auf diese Projekte. Vielleicht um diese Fachabteilungnochmal benannt zu haben.Also neben dieser Meteorologie gibt es noch dann Quanteninformation und Kommunikation und die Nanophysik.Korrekt. Und ja steigen wir nochmal vielleicht, da wir jetzt schon so viel darübergeredet haben und das relativ anschaulich ist, mit diesen Navigationssystemen ein.Also es gibt ja jetzt schon Navigationssysteme und auch Galileo hat ja im Prinzipwie auch Nachfolgetechnologie bei GPS natürlich auch immer so mit dem Ziel,ist ja mit dem Ziel angetreten noch genauere Ortung zu ermöglichen.Bis hin zu so einem Submeterbereich, ich weiß gar nicht wo jetzt die Auflösungwirklich endet, sind wir da schon im Zentimeterbereich angekommen?Zehn Zentimeter, ich hab's nicht mehr so ganz im Sinne, also auf jeden Fall überhaupt,also Metergenau ist ja auch schon mal was, das hat ja GPS,einfache GPS so nicht geleistet, es gibt ja immer noch so die militärischen Varianten,die immer noch mal ein bisschen genauer sind, die jetzt für die Allgemeinheitnicht so ohne weiteres zugänglich sind,aber Wovon hängt denn das ab, wie genau ein Navigationssystem ist und wie kannjetzt so die Quantentechnologie und konkret das,was jetzt sagen wir mal im Rahmen von Compasso gemacht hat, also was ist hierdie Idee, wie man das verbessern kann?Was braucht es, um bessere Navigationssysteme zu schaffen?
Lisa Wörner 0:37:35
Wir erinnern uns kurz an vorher, wo ich darüber gesprochen habe,dass wir die vier Satelliten brauchen und ich brauche diese Zeitsignale undich habe so ein bisschen gesagt, ja das ist jetzt eine schlechte Abschätzung,der sagt es ist 15 Uhr und ich sage es ist 15 Uhr eins und je genauer ich diesenZeitunterschied kenne,desto genauer weiß ich auch, wo ich bin, also desto genauer weiß ich,wie weit ist der von mir entfernt und desto genauer bekomme ich die Positionierung.Das heißt, die Positionierung auf dem Boden hängt direkt, ist direkt proportionaloder hängt direkt ab von der Frequenzstabilität der Frequenzreferenz im Orbit.Jetzt gibt es da zwei Punkte. Das eine ist zu sagen, die ist möglichst stabil.Das ist das eine. Also wie genau ist der Taktgeber? Und das zweite ist,die Genauigkeit kann auch dadurch erhöht werden, dass man eine kürzere Wellenlänge nimmt.Das ist so, wie wenn Sie jetzt versuchen, mit einem normalen Lineal Submillimeterlängenzu messen. Dann werden Sie einen relativ großen Fehler machen.So ähnlich ist das hier auch. Je kürzer das Lineal, also je kürzer die Wellenlänge,desto genauer kann die Messung passieren.Und die Frequenzreferenzen, die wir jetzt entwickeln, sind im Optischen.Und die optische Wellenlänge ist einfach kürzer als die Radiofrequenzwellenlänge,sodass wir uns da auch schon durch das Konzept, durch diese neue Technologieeine Verbesserung der Zeitreferenz erhoffen.
Tim Pritlove 0:38:50
Aber hat man dann in dem Frequenzbereich nicht ein Problem mit Verschattungund so weiter, weil das geht ja dann nicht mehr überall durch.
Lisa Wörner 0:38:57
Man gibt nicht das optische Signal runter. Zumindest nicht in dieser erstenPhase. Es gibt dann andere Konstellationen.Das ist nicht mehr bei uns so sehr stark angesiedelt, sondern da gibt es dasInstitut für Kommunikation und Navigation in München und das sogenannte Galileo-Kompetenzzentrumauch in DLR, eine DLR-Einrichtung auch in München,die sich dann sehr stark mit Gesamtkonstellationsideen für die nächste Generation GNSS beschäftigen.Für mich ist hier erst mal zu sagen, diese optische Frequenzreferenz.Verbessert das Zeitsignal, was wir bekommen können und dann gibt es später soIdeen von Konstellationen wie zum Beispiel die Kepler Konstellation,die dann auch optische Frequenzreferenz mit optischen Links hat und natürlich Sachen.
Tim Pritlove 0:39:38
Also wir reden jetzt sozusagen das ganze auf Lichtbasis zu machen,um sozusagen einen genaueren Takt für die Generierung des eigentlichen Signales zu liefern.
Lisa Wörner 0:39:46
Man tauscht das dann, man tauscht das dann in ein Radiofrequenzsignal und schicktdann das Radiofrequenzsignal.
Tim Pritlove 0:39:51
Und von was für Differenzen reden wir jetzt hier,also welche Frequenz kommt so üblicherweise, also welche konkrete Frequenz wirdjetzt von so einem Galileo Satellit, in welchem Bereich bewegt sich das undvon was für Differenzen sprechen wir jetzt hier, die ein Problem sind?Kann man das irgendwie quantifizieren?
Lisa Wörner 0:40:11
Da erwischen sie mich ganz, ganz kalt. Da kann ich ihnen nicht so wahnsinnigviel helfen. Das war Episode 8, die wir vielleicht an dieser Stelle einfachnochmal referenzieren wollen.Ich glaube, dass die Experten ihnen da einfach viel besser weiterhelfen können,als ich die, ich kann ein bisschen was sagen zu der Frequenzvergleichs.
Tim Pritlove 0:40:27
Stabilität heißt ja, dass wenn die nächste Welle kommt, dass die nicht zu früh, nicht zu spät kommt.Davon reden wir. Also dass es keine Schwankungen innerhalb dieser Frequenz gibt,weil eine Frequenz an sich ist ja erstmal einfach erzeugt, aber ein stabilesSignal, das ist sozusagen das Ziel.
Lisa Wörner 0:40:45
Genau, es geht darum, dass die Wellenlänge oder die Frequenz eben immer gleichlang ist und das ist überraschenderweise bei einem Laser als solchen zwar schon der Fall,aber die schwanken immer noch relativ breit, das nennen wir dann die Bandbreiteund die versuchen wir hier einfach runter zu bekommen, um dann eben halt einehöhere Genauigkeit zu bekommen.
Tim Pritlove 0:41:06
So ein Jitter, den man da raus holen will.Und was wird jetzt bei COMPASSO konkret getan, um da voranzukommen?Also das ist ja ein Experiment auf der ISS, das ist da auch schon. Nee, das kommt da hin.
Lisa Wörner 0:41:22
Das kommt da hin.Kompasso ist ein Experiment, was genau zeigen soll, dass wir diese Experimenteoder diese Systeme, die wir brauchen, um eine Kepler-Konstellation,um eine nächste Generation GNSS zu bauen, dass wir die verifizieren.Und genau das, was wir vorhin hatten, mit dem wir lassen das runterfallen oderich werfe mit dem Hammer drauf,kann das, überlebt das den Raketenstart, überlebt das die Operation in Orbit,das ist nur auf der ISS, Das ist von der Strahlung her noch relativ harmlosim Vergleich zu dem, was Galileo-Satelliten aushalten müssen,aber kann ich das auch remote von dem Boden aus operieren?COMPASSO kann mehr als nur die optische Frequenzreferenz. Die optische Frequenzreferenz,die Iod-Referenz liegt bei uns, deswegen ist das für mich so ein ganz wichtiges Thema dabei,die eben dann auch als Taktgeber für zukünftige Satelliten-Missionen geplantwird und wo wir natürlich auch versuchen, das entsprechend umzusetzen,aber da ist noch mehr drauf.Da ist ein sogenannter Frequenzkam drauf, der von einem Industriepartner gebautwird, von Manlo Systems, der das optische Signal mit einem Radiofrequenzsignal vergleicht.Also das macht die Umsetzung von den optischen Signalen in Radiofrequenzsignale.Das ist nicht trivial, da gab es einen Nobelpreis für Herrn Hensch in München,worauf basierend dann auch diese Firma gegründet wurde, soweit ich weiß.
Tim Pritlove 0:42:41
Frequenzkamm ist eine Messmethode oder Mess...
Lisa Wörner 0:42:45
Ist wie ein Transformator.Ein Transformator der Wellenlänge im Prinzip.Der vergleicht die optische, die er dann wirklich auch weit weg legt,mit der Radiofrequenz. Ganz spannendes System, ganz lustig.Über Frequenzkämmer könnten wir auch alleine nochmal sprechen.Ist wirklich ein bisschen was in der komplizierteren Technologie.
Tim Pritlove 0:43:05
Okay aber Compasso ist selbst ein, also was macht das Gerät letztlich,was auf der ISS ist dann konkret und welche Rolle spielt Jod dabei? Genau.
Lisa Wörner 0:43:16
COMPASSO macht verschiedene Dinge. Also das eine ist, wir zeigen,dass das Jodsystem funktioniert, dass die Frequenzreferenz funktioniert,dass es so funktioniert, wie wir das tun wollen.Es übermittelt die Frequenz dann auch optisch auf den Boden.Das heißt, wir haben auch ein optisches Terminal gemeinsam mit München,mit den Instituten in München und mit dem Industriepartner TESAT,wo wir dann das optische Signal mit einem Terminal auf den Boden bringen undauch vom Boden wieder rauf, sodass wir da Signale vergleichen können.Und das ist wirklich ganz zentral oder auch ein wichtiges Thema dabei,macht diese Konversion in den Radiofrequenzbereich, um eben auch mit bestehendenGNSS Systemen zusammenarbeiten zu können.
Tim Pritlove 0:43:55
Also es wird jetzt schon so ein Modul, was an der Außenhaut der ISS installiertwird und konkret in Kommunikation tritt mit der Erde, damit man einfach realeKommunikation, Frequenzkommunikation betreiben kann.
Lisa Wörner 0:44:07
Genau.
Tim Pritlove 0:44:08
Und das Ziel ist sozusagen, also letzten Endes ist das genauso wie die Atomuhr in Braunschweig.Also es geht darum einfach ein sehr klares Signal zu erzeugen.Aber die Hoffnung ist, dass man jetzt auf Basis von Jodatomen das irgendwie genauer hinbekommt.
Lisa Wörner 0:44:27
Genau und Jod hat hier noch andere Vorteile. Also die PTB, ich weiß nicht obSie da mal waren, das funktioniert auf dem Zerfall von dem Cesiumatom.Das ist eine riesige Anlage, unsere Jodreferenz passt eben in so einen Schuhkarton rein,sodass wir die ganzen Dinge, die die Raumfahrt mitbringen, das System muss robustsein, das heißt es muss die ganzen Stöße und Störungen aushalten beim Start,das muss auch die Integration auf der Außenhaut der ISS überleben.Das System muss resilient sein, also es muss sich möglichst alleine wiederherstellenkönnen im Falle eines Fehlers.Das System muss automatisiert sein.Ich kann keine Astronauten da, die das dann mit Knöpfchen drücken und vielleichtauch nochmal justieren und Leute solche Themen.Das heißt, das muss auch automatisiert laufen und es muss klein sein und möglichstwenig Stromverbrauch haben.Das sind alles so Themen, die wir durch dieses Experiment eben auch zeigen könnenoder durch diese Nutzlast zeigen können und damit eben verifizieren können,dass die Technologien, die wir hier entwickeln, auch das tun,was wir gerne von ihnen haben möchten.Also das ist eine Verifikation der optischen Technologien in Orbit am Ende des Tages.
Tim Pritlove 0:45:34
Und das Ziel ist letzten Endes damit so ein Technologiedemonstrator zu machen.Hier mit diesem Ansatz auf Basis von Jodatomen können wir einfach nochmal vielgeilere Frequenzen erzeugen.Habt ihr noch nie gesehen so scharfkantig. Funktioniert super.
Lisa Wörner 0:45:54
Genau. Ich glaube vor dem Gespräch angesprochen, dass Raumfahrt immer gerneso zehn Jahre hinterher ist. Das hat was damit zu tun, dass in der Raumfahrtvor allen Dingen bekannte, verstandene Technologie benutzt wird.Verständlicherweise. So ein Satellit ist sehr sehr teuer.Wenn ich den in einen geostationären Orbit gebracht habe, komme ich da auchnicht mehr so ohne weiteres dran. Das heißt die Technologie,die an Bord ist, muss funktionieren.
Tim Pritlove 0:46:15
Gut abgehangen sagt man.
Lisa Wörner 0:46:16
Genau, gut abgehangen. Und für uns ist dieser Schritt zu COMPASSO sozusagenein Schritt vorwärts, um zu zeigen, dass die Technologie so funktioniert,wie wir sie versprechen.Und das ist für uns ein Schritt auf dem Weg hin zu Next Generation Navigation Systems.
Tim Pritlove 0:46:36
Ist COMPASSO nach diesem Tänzer benannt?
Lisa Wörner 0:46:38
Der Name von COMPASSO ist eine lustige Quiste.Es ist kein Akronym, sondern es geht ja hier dabei auch darum zu zeigen,dass wir eben diese Kepler-Konstellation bedienen möchten oder dass das so einerder Wege ist für die COMPASSO-Technologien und auch die Galileo-Thematik einso ein Thema ist dafür und gleichzeitig möchten wir auch zeigen,dass es eben in die Navigation gehört.Kompass ist ja auch etwas, was für die Navigation nutzt.Und Kompasso ist einer der ersten Rechenschieber, den Galileo und Kepler zusammenverwendet haben, also es ist so ein bisschen deren Pfadfinder gewesen,so wie jetzt unser Experiment der Pfadfinder für zukünftige Galileo-Systemeist oder zukünftige Kepler-Systeme.
Tim Pritlove 0:47:21
Alright. Hat immer alles einen Hintergrund.
Lisa Wörner 0:47:27
Es hat immer alles einen Hintergrund. Wir benennen nicht aus Versehen.
Tim Pritlove 0:47:35
Jetzt hatten wir vorhin schon das Projekt BECAL erwähnt. Das scheint ja hiereine wichtige Rolle zu spielen. Was hat es denn damit auf sich?
Lisa Wörner 0:47:43
BECAL ist ein tolles Experiment. BECAL ist tatsächlich ein Akronym.Steht für Bose-Einstand Condensate and Cold Atom Laboratory.Was uns auch schon ganz viel über das sagt, was das Experiment kann und soll.BKAL soll auf der ISS kalte Atome, ein sogenanntes Bose-Einstand-Kondensat,also man kühlt und kühlt und kühlt und kühlt die Atome, bis sie nicht mehr durcheine eigene, einzelne Wellenfunktion beschrieben wird, sondern auf einmal diesesganze Konglomerat an Atomen mit einer Wellenlänge beschrieben wird.Für das erste Bose-Einstand-Kondensat gab es den Nobelpreis,ich meine Anfang der 90er.Also auch noch gar keine so alte Technologie, die wir da jetzt benutzen, naja 30 Jahre.
Tim Pritlove 0:48:23
Also ein spezieller Zustand, in dem sich eine bestimmte Art von Materie,aber nicht jegliche Art von Materie befinden kann?
Lisa Wörner 0:48:30
Ja genau, also im Prinzip ist das ein Zustand der Materie wie das, was sie sonst so kennen.Sie kennen sicherlich Festkörper und Flüssig und sie kennen Gas und vielleicht,nachdem ich vorhin so lange darüber gesprochen habe, jetzt auch Plasma nochals zusätzlichen Zustand.Und wenn man das weiter kühlt und kühlt und kühlt und kühlt,dann kommt man zu dem sogenannten Bose-Einstein-Kondensat, also einem Kondensationsvorgang.Es können nicht alle Teilchen tatsächlich kondensieren, sondern nur die,die der Bose-Einstein-Statistik folgen, sogenannte Bosonen.Das hat was mit dem Spin zu tun.Da gibt es den großen Unterschied zu haben zum Beispiel elektronenhalbzahligenSpin, sagt man dazu. Das ist eine Quantenzahl, die dann bestimmt,wie sich das Teilchen verhält.Während zum Beispiel Protonen und Neutronen, nein das stimmt nicht,die haben auch halbzahligen Spin.Jetzt fällt mir kein gutes Beispiel ein, die Wechselwirkungs-Bosonen haben ganzzahligen Spin.Das Higgs-Boson, ein typisches Boson, hat ganzzahligen Spin und danach trenntsich das auch. Also das, was halbzahligen Spin hat, nennen wir ein Fermion,nach Fermi und das, was ganzzahligen Spin hat, nennen wir ein Boson, nach Herrn Bose.Und bei BKL schauen wir uns eben halt genau Bosonen an, die diese Kondensationuntergehen können. Elektronen können das, Fermionen können diese Kondensationnicht in dieser Form unterlaufen.Die kann man trotzdem kühlen und man kann dann ganz viel spannende Systematiken damit machen.Aber die Kondensation geht eben vor allen Dingen mit den Bosonen.
Tim Pritlove 0:49:57
Wie zum Beispiel das Photon.
Lisa Wörner 0:50:00
Das Photon ist auch ein Boson. Wir benutzen in diesem Fall Rubidium-Atome undKalium-Atome, die dann sowohl bosonisch wie auch fermionisch vorkommen und wir benutzen da die.
Tim Pritlove 0:50:12
Okay, also ein bestimmter Ausschnitt aus dem Teilchen-Zoo hat atomare Eigenschaften,die es ermöglichen, dass man dieses Zeug in diesen Zustand bekommt,den man sich quasi als weiteren Zustand neben dem, was man so kennt mit festflüssig, gasförmig etc.Trifft, aber das findet eben nur statt, wenn es alles sehr kalt ist.Aber wozu braucht man das?
Lisa Wörner 0:50:36
Ja, also erstmal ist das, das ist ja jetzt genau dieser Punkt,an dem wir jetzt an dem Überschritt sind von der Quantenmechanik hin zur Quantentechnologie.Quantenmechanisch ist dieser Zustand alleine super spannend.Ganz spannender Zustand, passieren ganz toll viele Sachen.
Tim Pritlove 0:50:50
Da sitzt der Forscher und staunt.
Lisa Wörner 0:50:52
Da sitzt der Forscher und staunt und ist ganz glücklich darüber und dann kannman damit ganz, ganz viele tolle Sachen machen. Das erste, was man damit machenkann, ist tatsächlich, also wir haben jetzt zwei Dinge.Das eine ist, diese Atome haben Masse. Das heißt, ich habe so eine Wolke,die hat Masse. Die folgt einer Beschleunigung. Feld zum Beispiel im Erdgravitationsfeld.Das ist jetzt der eine Punkt. Der zweite Punkt, der ist fast noch wichtiger.Ich habe über diese Wolke eine Wellenfunktion drüber liegen.Ein anderes System, was eine Wellenfunktion hat, die das sehr toll beschreibt, ist ein Laser.Da habe ich einfach diese eine Wellenlänge, die beschreibt, der Laser ist super,der ist total stabil, vielleicht habe ich ihn auch noch stabilisiert,ich bin total glücklich.Dann mache ich damit Interferometrie, um Dinge zu vermessen.Abstände oder Bewegungen oder sonst irgendwas. Aber immer das Problem,dass der Laser selber nicht Masse behaftet, ist der Laserstrahl als solcher.Das heißt ich kann nur die Bewegung dadurch messen, dass sich irgendwie einAbstand verändert oder dass irgendwie eine Testmasse sich verändert.
Tim Pritlove 0:51:49
So wie man zum Beispiel Gravitationswellen misst, indem man Laser wohin schicktmit dem Spiegel wieder zurück und wenn sich da zwischen der Raum expandiert,dann ändert sich die Frequenz des Lasers und daraus kann man das dann ablesen.
Lisa Wörner 0:52:01
Nicht die Frequenz, sondern nur das Interferogramm am Ende.
Tim Pritlove 0:52:05
Achso ja okay, also die beiden, also man schickt ja zwei im 90 Grad Winkel undguckt ob die sozusagen danach auch wieder überlagern und wenn nicht dann hatsich halt der Raum bewegt, gekrümmt oder?
Lisa Wörner 0:52:18
Genau, dann ist die Distanz kürzer geworden und auf einmal ist da wo die beidenWellenberge war, es ist jetzt vielleicht ein Wellenberg und ein Wellental unddas löst sich auf und auf einmal, das sieht man ganz schön, dann wandert dasInterferenzmuster am Ende so ein bisschen.Das ist genau das, was man macht. Also ein super schönes Beispiel dafür, absolut.LIGO und auch LISA. LIGO ist der auf der Erde, LISA ist der im All.
Tim Pritlove 0:52:40
Der irgendwann mal im All sein soll, ja genau. Kommt noch.
Lisa Wörner 0:52:43
Kommt noch. Total spannendes Experiment. Und wir haben jetzt den Vorteil,dass wir diese Wellenfunktion haben, aber das System ist in sich massenbehaftet.Das heißt, ich kann jetzt, wenn ich mit den...Also die Interferometrie mit den Atomen machen, nicht mehr an den Atomen.Also ich habe keinen, es ist nicht so, dass ich mit einem Laser reingehe undden zurückgehe und ich gucke dann in der Laserinterferenz nach,sondern ich benutze die Atome, um damit Interferenz zu machen.So ähnlich wie vorher mit den Fullerenen am Doppelspalt.Nur dass wir jetzt die Spalten durch Laser erzeugen, es wird sehr, sehr kompliziert dann.Kann ich damit Interferenz machen und kann eben mit diesen Atomen jetzt Systeme probieren.Insbesondere Beschleunigung. Und eines der ersten Experimente,was man damit versucht hat zu machen, ist die Äquivalenz des freien Falls zu untersuchen.Ganz spannendes System. Wenn Sie jetzt eine Feder und eine Bleikugel fallenlassen, dann behaupte ich, dass die gleich schnell fallen. Und dann sagen Sie,nein, das tun Sie nicht. Und dann sage ich ihnen, ja dann haben sie noch ein Luftproblem.Und dann nehmen wir die Luft raus und auf einmal sehen wir, dass die gleichzeitig fallen.Für interessierte Zuhörer, es gibt da ein tolles Video von der NASA,man sieht nicht so richtig viel drauf, aber ich glaube Neil Armstrong hat dastatsächlich auf dem Mond gemacht.Da hat er einen Hammer und eine Feder oder sowas auf den Mond fallen lassenund man sieht auf diesem Video auch wie das gleichzeitig fällt und das ist eine spannende Frage.Ist tatsächlich dieses Äquivalenzprinzip, dieses Einstein'sche Äquivalenzprinzip,Ist das valide bis überall oder finden wir da eine Verletzung?Das ist eine totale Grundlagenthematik, aber die kann man mit diesen kaltenAtomen eben untersuchen.Das wurde gemacht oder wird jetzt geplant auf einer sogenannten Höhenforschungsrakete,wo man ein Bose-Einstein-Kondensat auf eine Rakete packt, schickt das hoch undes kommt wieder runter. Sechs Minuten Schwerelosigkeit und kann in dieser Zeiteben Experimente machen.Um das zu tun, muss man zwei verschiedene Massen miteinander vergleichen.Ich muss also zwei verschiedene schwere Objekte haben und gucken,wie fallen die im gravitativen Potenzial.Bei uns machen wir das mit überraschenderweise Rubidium und Kalium.Man vergleicht das Fallen, die Beschleunigung in dem Gravitationsfeld durchsehr genaue Interferenz an diesen Testteilchen und kann damit dann zum Beispieldas Äquivalenzprinzip vermessen.Jetzt habe ich schon gesagt, ich kann damit also Beschleunigung messen,wie zum Beispiel die Erdgravitation.Super, dann kann ich das bestimmt auch für andere Dinge einsetzen.Also hier wäre die Quantenmechanik als Sensor für andere Fundamentalphysik gewesenund jetzt ist die Frage, kann ich diesen Sensor, den ich für die fundamentalePhysik eingesetzt habe, nicht auch für alles andere nutzen?Gibt es nicht vielleicht noch andere Anwendungsgebiete, in denen ich das benutzen kann?
Tim Pritlove 0:55:34
Vermessung der Erdschwere, gab es ja schon einige Systeme, Goethe aus Europaund ich glaube die Amerikaner hatten auch noch zwei, drei. Grace. Grace, genau.Und das ist ja schon ganz gut vermessen. Aber man will ja immer genauer sein.Wie, also das heißt, ich stelle mir das jetzt so ein bisschen vor,es gibt da halt so einen Kühlschrank, da ist irgendwie dieses Einstein-Bosel-Kondensat da drin,sozusagen so eine, wie soll ich es nennen, Also so ein Gemisch in diesem Zauberzustand,in dem sich alles irgendwie gleichförmig verhält, wie kann man dem denn jetztsozusagen diesen Messwert entlocken?Also wie fällt das an? Also die Gravitation wirkt dann halt auf diese Masse ein.Und wie kriege ich dann diesen Wert heraus? Woran kann ich feststellen,aha da rupft jetzt was hier an meinem Kondensat?
Lisa Wörner 0:56:31
Also zunächst mal machen wir hier keine Zauberzustände.
Tim Pritlove 0:56:33
Das funktioniert alles, das ist alles tatsächlich… Bevor ich jetzt irgendeinenVergleich mit Eis und Gas und so weiter mache, es ist ja ein anderer Zustand,was weiß ich, ich hab's ja noch nicht gesehen, vielleicht sieht das ja ganz irre aus.
Lisa Wörner 0:56:43
Ja, das ist Ei… ja, genau. Das kondensiert… ich nutze immer gerne die Jugendlichen,die sich hinten im Bus alle auf den gleichen Sitzplatz setzen.
Tim Pritlove 0:56:51
Also ich hab einfach gelernt, alles was jenseits unseres bisherigen Verstehensist, ist das was man Magie nennt. Also von daher ist das für mich jetzt alsZauberzustand ganz wertfrei.
Lisa Wörner 0:57:03
Genau, genau deswegen ist es für mich keine. Natürlich brauchen wir da so einbisschen Geschick und geschultes Personal, da steckt ganz viel Knowhow drin, es ist aber keine Magie.Wir verstehen wie die Systeme funktionieren.
Tim Pritlove 0:57:16
Aber wie entlockt man dem jetzt sozusagen diesem Zeug einen Messwert?Bei dem Laser verstehe ich das aber.
Lisa Wörner 0:57:23
Das wird jetzt ein bisschen tricky für mich zu erklären ohne dass ich dabeiBilder malen darf. Das ist die Kunst.
Tim Pritlove 0:57:30
Prinzip ist wichtig.
Lisa Wörner 0:57:32
Normalerweise fange ich jetzt an zu malen, weil dann erklärt das sich so einbisschen einfacher. Also, was man macht, ist...Wenn Sie sich jetzt vorstellen, Sie haben diese Atomwolke und jetzt nutzen wireinen ersten Laserstrahl und teilen die in zwei Anteile.Das ist im Prinzip genauso wie das,was bei LIGO passiert. Man nimmt den Laserstrahl und teilt ihn in zwei.Dann mache ich eine Rückreflexion mit einem zweiten Laserstrahl,sodass die wieder aufeinander zufallen und in einem dritten teile ich wieder jeden von denen,sodass ich am Ende dann zwei Massen bekomme, in denen sich die beiden dann überlagern,in denen ich einen Anteil von dem unteren Ast habe, der mit dem oberen Ast überlagertund einen Anteil, in dem sich der obere mit dem unteren überlagert.Sodass ich am Ende zwei Auslesewolken habe am Ende des Tages.
Tim Pritlove 0:58:23
Also man geht richtig konkret mit dem Laser durch dieses Kondensat durch.
Lisa Wörner 0:58:27
Genau. Nur dass der Laser hier wirkt wie bei dem Laser-Experiment die Spiegel und die Strahlteile.Das heißt der Laser ist zunächst ein Strahlteiler, dann ein Spiegel und wieder ein Strahlteiler.Und solange wir keine Gravitation haben, bewegen die sich eben auf diesem Pfadund ich kombiniere sie hinten und ich sehe keine Veränderung in dem Endresultat.Und jetzt ganz ähnlich wie bei Ligo und Lisa, wenn sich das jetzt im Gravitationspotentialbewegt, dann fallen die nach unten.Das heißt, ich verändere die Länge dieser Wege und damit auch verändere ichauch das Auslesesignal und kann dann aus dem Auslesesignal die Beschleunigungablesen, die ich vermessen habe.Und jetzt haben Sie gerade die beiden Experimente angesprochen,GOCE und GRACE, die funktionieren ein bisschen unterschiedlich.GOCE vermisst eine Gradiometrie, also die Veränderung des Gravitationsgradientenentlang des Gravitationsvektors.Das kann ich also hier genauso machen. Ich messe also an zwei übereinander geordnetenPositionen entlang des Gravitationsvektors,die Gravitation mit dem Atometerferometer und bekomme einen Gravitationsgradiometer,eine Goethe-artige Konstellation mit einem Satelliten, die das Erdschwerfeld vermisst.Und bei GRACE ist die Situation ein bisschen anders. Bei GRACE hat man zweioder mehr, wir lassen mal diese ganzen anderen Konstellationen,wo dann irgendwie mit drei vorgeschlagen wurde und dann so zueinander verkipptund so, das lassen wir mal alles raus.Gehen wir mal von der einfachen GRACE Konfiguration aus. Da habe ich zwei Satelliten,die fliegen hintereinander her.Und wenn jetzt unten drunter eine höhere Masse ist, zum Beispiel im Berg,dann wird die Beschleunigung durch diese höhere Masse größer.Das heißt der erste wird von dem zweiten wegbeschleunigt und die Entfernungzwischen den beiden wird größer.Dann fliegt der drüber, wird gebremst und dann kommt der zweite hin und wirdbeschleunigt, dann wird der Abstand kleiner. Wenn der zweite drüber geflogenist, wird der auch gebremst und wir haben wieder den Originalabstand zwischen den beiden.Damit messe ich das Gravitationspotential. Ich mache einfach eine Entfernungsmessungzwischen diesen beiden Satelliten.
Tim Pritlove 1:00:34
Ganz einfach.
Lisa Wörner 1:00:34
Ganz einfach. Also schon das Tracking ist super simpel. Verstehe gar nicht. Total einfach.Dabei ist es jetzt ganz wichtig, dass ich unterscheiden kann,ist diese Abstandsmessung, die ich mache, ist das tatsächlich ein gravitativesSignal oder liegt das daran, dass diese Satelliten gewackelt haben?Das heißt hierbei kann man Atominterferometer einsetzen, um die Beschleunigungdes Satelliten zu vermessen und das Signal dann eben zu trennen von dem Gravitationssignal.Wichtig an der Stelle, BKL machen wir hier auch,aber der Hauptanteil von BKL,also das Physics-Package liegt bei einem Schwesterinstitut in Hannover,bei dem Institut für Satellitengeodäsie und Inertialsensorik und wir haben ganz,ganz viele nationale Partner da drin, die verschiedene Systeme bauen,das Lasersystem, die Elektronik.In die Infrastruktur und dann auch noch ganz wichtig, BKL ist eine Kollaborationmit der NASA, die uns dann auf die ISS bringt und die ISS zur Verfügung stellt.Warum sage ich das alles?Weil diese Erdbeobachtungsmissionen danach, diese GOCHA-artigen,also die Gradiometrie und die Gravimetrie,die GRACE-artigen Experimente, das ist alles ganz viel Expertise,die auch in Hannover liegt, bei dem Institut für Satellitengeodäsie und Inertialsensorik,die dann auch tatsächlich Abteilungen haben, die diese Laser-Link-Systematik im Griff haben.Offensichtlich ist es so einfach, dass wir eine ganze Abteilung dafür brauchen,die die Atominterferometrie da drin im Griff haben,die dann die Modellierung des Ergebnisses,also die Rückführung dieser Abstandsmessung auf ein Gravitationssignal,auf eine tatsächliche Gravitationsfeldkarte zurückführen, lauter solche Sachen.Also da passiert ganz viel in verschiedenen Dingen.
Tim Pritlove 1:02:19
Ich muss ja nochmal fragen, was die Erwartung ist und wie viel genauer man soeine Messung dann mit diesem Kondensat durchführen kann als mit diesen anderen Methoden.
Lisa Wörner 1:02:28
Also eines der Hauptdinge und da gibt es eine Studie,die viel Kritik auch erfahren hat, weil die relativ einfache Modelle reingesteckt haben,ist, dass man damit die, also zum einen natürlich macht man die Sensitivitätbesser, aber das was man eben auch wegbekommt ist die Drift.Das ist das, was wir vorher auch bei der Navigation hatten, die Ihnen die Navigationim Auto kaputt macht, wenn Sie in den Tunnel reinfahren.Dann reibt das an irgendwas und dann geht das irgendwie mit der Zeit daneben.Und so ähnlich ist das hier auch.Die Systeme, die wir im Moment verwenden, die haben alle irgendwie eine Reibung an irgendetwas.Also ich muss irgendwie immer, ja den Beschleunigungssensor,den ich drin habe, muss ich immer irgendwo festhalten, damit er mir sagen kann,wie stark das System sich bewegt.Diese Drift haben die Atominterferometer nicht, sodass ich immer einen absolutenVergleich bekomme über die verschiedenen Orbits und damit auch eine bessereÜbersicht über Streifen, die nebeneinander passieren.Also wenn der Satellit 2 benachbarte Orbits überfliegt,dann bekommt man da im Klassischen ein sogenanntes Striping und auch diesesStriping wird man reduzieren können mithilfe von dieser … Weil einfach quasidie Messfehler geringer werden und man nicht mehr so unterschiedliche,grundlegende Daten hat.
Tim Pritlove 1:03:48
Beim zweiten Mal rüber, es nähert sich alles vom Messergebnis mehr aneinanderan. Genau. Okay, nachvollziehbar.Jetzt diese, das Beispiel ist ja jetzt schon ein paar mal gefallen und das istja auch sagen wir mal etwas, was man so aus der normalen Lebenswelt eben auchkennt, so diese Navigation in Tunneln.Ich hatte da schon, als das so losging mit diesen Handys und mit den Ordnungen und so,kennt ja jeder, man fährt da so in den Tunnel rein und dann auf einmal so,ja ich seh keinen Satelliten mehr und WLAN gibt's ja auch nicht,was mir weiterhelfen kann und der Tunnelbetreiber hat jetzt auch sonst hierkeine Beacons installiert, die sagen würden wo man jetzt gerade ist und derTunnel ist so ein bisschen länger und windet sich jetzt durch die Alpen.Klar, dann funktioniert natürlich eine Satellitennavigation nicht mehr,aber die Telefone haben ja einen Beschleunigungssensor da drin und so rein theoretisch,rein theoretisch müsste man ja jetzt durch kontinuierliches Auslesen diesesBeschleunigungssensors nachvollziehenkönnen, wie das Auto sich denn nun durch diesen Tunnel bewegt.Aber man hört es schon, sie schütteln mit dem Kopf. Leider nein.Ganz so einfach ist es dann doch nicht.
Lisa Wörner 1:05:11
Also das funktioniert für eine gewisse Zeit, der Beschleunigungssensor,insbesondere der im Auto, der weiß ja auch wann ich lenke und so,aber da ist eben immer diese mechanische Reibung mit drin, die eine Drift erzeugt.
Tim Pritlove 1:05:23
Aber in meinem Telefon noch nicht.
Lisa Wörner 1:05:25
Auch in dem System in ihrem Telefon erzeugt der eine Reibung,der muss ja irgendwie festgehalten werden, die Masse muss ja irgendwie ausgelesenwerden, die ist ja nicht schwerelos da drin. Dafür, dafür.Dafür liegt das jetzt auch schon zu lange auf dem Tisch, als dass ich glaube,dass das schwerelos da drin ist.
Tim Pritlove 1:05:40
Ja okay, also sozusagen die Schwerkraft zieht ja permanent an diesem Sensor.Also wenn man mit dem Computer so einen ganz normalen Beschleunigungssensorausliest von einem Telefon, was auf dem Tisch liegt, dann liefert das ja dieganze Zeit eine Beschleunigung, weil ja die Erdbeschleunigung die ganze Zeit drauf wirkt.
Lisa Wörner 1:05:57
Das ist richtig, das ist aber nicht das Problem. Das Problem ist,dass der Sensor an irgendwas fest sein muss.Damit der eben halt irgendein Signal gibt, muss der ja irgendwie sich bewegen können.Ich muss diese Bewegung auslesen und ich muss den irgendwo halten.Es gibt die elektrostatischen, aber auch die elektrostatischen müssen,halten das System fest. Der hält das elektrostatisch in dieser Position unddann wackelt das da drin. Das heißt aber ich habe immer noch eine Reibung.Also ich habe immer noch irgendwie eine rückstellende Kraft,die das System wieder in den Ursprungszustand zurückbringt und das sorgt für die Drift.Und die Drift sorgt dafür, dass nach relativ kurzer Zeit, tatsächlich auch imTunnel, nach relativ kurzer Zeit die Genauigkeit der Position stark runtergeht.Bei ihrem Handy haben sie da noch den Vorteil, dass sie, solange sie noch Signalhaben, also noch Mobilfunksignal, kann das auch noch helfen.Das macht dann eine Triangulation über die verbundenen Masten.Das kann helfen, aber nehmen wir das mal weg, dann haben Sie einfach nur diesenInertialsensor und der kommt sehr, sehr schnell an seine Grenzen und brauchtsehr schnell wieder ein GNSS-Signal, um zu sagen, ach so, da bin ich.Das sehen Sie auch daran, wenn Sie Ihr Handy aufmachen und Sie haben diesenkleinen blauen Punkt in der Mitte und dann ist da dieser große blaue Kreis außenrum,der sagt, das ist die Genauigkeit Ihrer aktuellen Position. Das hat genau was damit zu tun.Das wird immer, also wenn wir jetzt kein GNSS hätten und kein Telekom und siewürden damit loslaufen, dann würde dieser blaue Kreis sehr schnell immer immergrößer werden, weil er immer ungenauer weiß, wo sie sind.
Tim Pritlove 1:07:28
Der Kreis der Unsicherheit.
Lisa Wörner 1:07:29
Der Kreis der Unsicherheit. Den können wir hier mit Inertialsensorik basierendauf Quantentechnologien eben durch diese Driftfreiheit in dem Sensor,können wir den reduzieren.
Tim Pritlove 1:07:38
Und diese Driftfreiheit, die leitet sich woraus genau ab?Bezieht sich das jetzt auch wieder auf dieses Bose-Einstein-Kondensat oder redenwir jetzt noch von einer anderen Anwendung?
Lisa Wörner 1:07:55
Man kann das auch auf der Erde machen, aber bleiben wir mal bei dem Bose-Einstein-Kondensatund bleiben wir mal bei den GRACE-Satelliten, bei denen ich ja im Prinzip dieInertialsensorik genau dafür benutze.Dann habe ich eben den Vorteil, dass dieses System frei mit dem Satelliten um die Erde fällt.Das heißt, ich muss das nicht festhalten und damit befähigt sich das in einemsehr, sehr guten Vakuum.10 hoch minus 10, 10 hoch minus 11 Millibar. Da ist wirklich wenig Reibung.Da ist noch eine Rechtsreibung, was damit was zu tun hat, dass wir nicht sorichtig gutes Vakuum da reinbekommen. Aber da ist nicht mehr viel Reibung,sodass es wirklich keine Drift gibt.Ohne Reibung geht das nicht viel. Theoretisch. Da ist natürlich die reale Weltimmer noch so ein bisschen so eine Sache.
Tim Pritlove 1:08:36
Aber es ist so eine einheitliche Masse,die sozusagen in einem klar definierten Zustand ist, wo jedes Teil sozusagenderselben Gleichung gehorcht in diesem Zustand und deswegen sich gut messen lässt.
Lisa Wörner 1:08:53
Das Ensemble gehorcht der Wellenfunktion, mit der wir es beschreiben können.Und das bewegt sich eben ohne Reibung. Und ohne Reibung geht der Fehler,den man durch Drift macht, verloren.
Tim Pritlove 1:09:06
Jetzt fragen sich ja schon alle so, okay Raumfahrt und jetzt reden wir über Tunnel und so,aber es gibt ja auch Orte, wo man so hinfährt, wo es ja noch kein GPS gibt,wie zum Beispiel auf dem Mond oder so oder auf dem Mars, da könnte man sowasdann gegebenenfalls vielleicht auch zur Navigation benutzen.
Lisa Wörner 1:09:23
Das ist schön, dass Sie das ansprechen.Ich bin aufgefordert, am Montag die Antworten auf die Peer Review,also der wissenschaftliche Prozess funktioniert.Ich schreibe ein Paper, einen Aufsatz, gebe den an ein Journal,die geben den an Wissenschaftler, die überprüfen das und schicken mir Fragenzurück. Das ist das sogenannte Peer Review, also die Überprüfung durch andere Wissenschaftler.Zu einer Frage, die Mission heißt Marquis, bei der wir das Gravitationsfelddes Mars mit einer ganz ähnlichen Konstellation wie die Grace-Konstellation untersuchen wollen.Und natürlich, ja, Navigation auf dem Mond, Navigation auf dem Mars,aber das ist alles so ein bisschen zu kurz, also es gibt auch noch ganz vielmehr Quantentechnologie.Also es gibt im Moment an Bord von JUICE ist ein Quantenmagnetometer.Das heißt, die können auch da, zieht wieder das Argument der Driftfreiheit,dieses Quantenmagnetometer muss nicht kalibriert sein und dient als Kalibrationseinheitfür die tatsächlichen Messmagnetometer, um die Genauigkeit zu erhöhen,um diesen Abgleich eben regelmäßig zu machen, sodass es in der Exploration,Untertitel der Amara.org-Community,Auch bereits ganz viele Quantentechnologien gibt, auch über die Navigation hinaus,sondern auch eben Untersuchung vom Planeten.Magnetometrie wird viel eingesetzt, um so unter der Oberfläche Ozeane und sowas zu finden.Gerade bei den Monden der Gasgiganten, wie es so schön heißt.
Tim Pritlove 1:10:58
Genau, Jules ist ja die Jupiter Icy Moons Explorer Mission.Habe ich übrigens auch eine Sendung zugemacht, Raumzeit 95, als ich neulichbei der ESA in Madrid war und das startet ja auch bald, also wir haben heute,nehmen wir gerade auf, am 24.März und am 13. April soll es dann endlich mal losgehen mit dieser Mission,wo ich gerade dabei bin. Gotcha habe ich natürlich auch eine Sendung zu gemacht.Raumzeit 40, da kann man sich nochmal die Vermessung des Gravitationsfelds derErde anhören. Hervorragend. Genug geplagt.Alles gut, aber was Sie jetzt schon sehen ist, dass wir … Aber diese Navigation,aber das ist ja sozusagen, also okay, also Vermessung, aber es gibt ja sozusagenauch so Navigationsprobleme.Also ich erinnere mich bei der Rosetta Mission gab es glaube ich das Problem,also das ist ja dann sozusagen Navigation im All ist ja dann,also diese Fernmission funktioniert ja auf Basis von Star Trekern,da gibt es halt keine GPS Satelliten, aber da gibt es halt viele Sterne undman kennt das Sternbild ja mittlerweile ziemlich gut.Das heißt in dem Moment wo man eben mit dem Star Trekker auf die anderen Sterne schaut,dann gibt es mittlerweile die Technik die halt relativ schnell sagt,okay alles klar, sieht so und so aus, Pattern Matching und so weiter,wir sind hier und das kann ja auch die Position verhältnismäßig gut berechnen.Aber ich glaube, als dann Rosetta in der Koma des Kometen gelandet ist,also im Nebel sozusagen, da war es dann mit dem Star Trekker nicht mehr so.
Lisa Wörner 1:12:33
Korrekt. Korrekt. Das ist sicherlich auch ein Anwendungsgebiet.Ist vielleicht nicht ganz so massentauglich, aber absolut.Das gilt auch nicht nur für solche Missionen, die auf Satelliten landen wollen,sondern auch beispielsweise für den Mars, auf dem Staub ein echtes Problem ist,der dann sich eben auch auf dem Star Trekker ablagern kann und dann verliereich damit auch die Genauigkeit.Also von daher, da gibt es ganz, ganz, ganz, ganz viele Anwendungen der Navigationin der Exploration oder auf der Erde oder ja, wo auch immer.Bei denen wir mit Quantentechnologien helfen können. Und wo sie das gerade angesprochenhaben, sie haben jetzt irgendwie drei oder vier von ihren alten Podcasts,konnten wir irgendwie im Beitrag oder im Beitrag jetzt hier ansprechen.Ist ganz klar, was man dabei sieht, ist, dass die Quantentechnologien eben wirklichin ganz vielen verschiedenen Bereichen eingreifen können und mit Sensorik beiganz vielen verschiedenen Themen auch angreifen können und Beiträge einfach leisten können.
Tim Pritlove 1:13:35
Wenn man sich jetzt mal so vorstellt, nur mal so als Gedankenexperiment und ich weiß,mit der Quantifizierung istdas gerade bei den Quanten immer so eine Sache, aber nehmen wir mal an,man hätte jetzt sozusagen einen driftfreien Inertialsensor jetzt mit,Hat ja so seinen Bose Einstein Kondensat undso hält da ein Laser rein und weiß so okay alles klar das macht jetzt das unddas und jetzt würde ich irgendwie eine Rakete starten und würde dann ab einembestimmten Zeitpunkt parallel zu einem Star Trekker quasi nur über diesen Beschleunigungssensor,der letzten Endes ist, versuchen meine Position zu berechnen.Könnte man davon ausgehen, dass das dann ähnlich genau,genauso genau, vielleicht sogar noch genauer ist als andere Methoden,also dass man wirklich auch über einen längeren Zeitraum im Raumflug dann wirklichdie Position so mithalten könnte, rechnen könnte?
Lisa Wörner 1:14:33
Also es gibt natürlich so ein paar Realitätsabstriche, die man machen muss.
Tim Pritlove 1:14:37
Was? Wirklich?
Lisa Wörner 1:14:37
Ja, ist furchtbar. Aber prinzipiell ist das genau die Idee.Also es ist tatsächlich, da man eben halt die Driftfreiheit gewinnt,gibt es keinen Grund, warum dieser Sensor daneben gehen sollte.Man muss da ein bisschen über Repetitionsraten reden und über Implementierungund über Sensitivität des Sensors, der dann mit der Größe koppelt.Also je kleiner das System, desto weniger sensitiv. ganz typisches Problem.Wie gesagt, das sind so äußere Probleme, so Vorrandbedingungsprobleme,über die man sich dann kümmern muss.Gedanken machen muss, die dann sehr anwendungsspezifisch sind,aber prinzipiell gibt es keinen Grund, warum das nicht einen Star Trekker ablösenkönnte, außer den Swap Budgets, also Size, Weight und Power.Da ist der Star Trekker sicherlich überlegen, wenn ich also eine Mission habe,in der ich wirklich weiß, ich fliege, ich weiß nicht, zum Uranus oder zu Neptunoder sowas und das ist wirklich ganz kritisch und ich weiß auch,ich habe keinen Staub in der Nähe.Da ist wahrscheinlich ein Quantensensor, also ein Quanteninertialsensor einfach ein Tacken too much.Auf so einer Mission allerdings ein Quantenmagnetometer mitzufliegen ist sicherlich sinnvoll.
Tim Pritlove 1:15:52
Jetzt gibt's noch so einen Bereich der ganzen Quantentechnologie,der ist mir auch selber so ein bisschen, also mir ist hier sowieso das meiste wirklich ein Rätsel,aber das ist nochmal so ein spezielles Rätsel und das ist dieses Ding mit dieser Verschränkung,vielleicht können wir da nochmal kurz drauf kommen und das spielt ja dann aucheine große Rolle in so Technologie-Bereichen wie Verschlüsselung oder auch der,ja, Kommunikation, beschäftigt man sich hier damit oder was hat es da generell mit auf sich?
Lisa Wörner 1:16:30
Also hab ich einen schlechten Job gemacht, wenn das immer noch alles so magisch wirkt.
Tim Pritlove 1:16:35
Aber Verschränkung haben wir jetzt noch gar nicht geredet, weil das ist ja irgendwieso dieses merkwürdige Eigenschaft, dass Dinge an mehreren Orten sein können.
Lisa Wörner 1:16:49
Das ist so ähnlich, aber das ist, ach ja, genau.
Tim Pritlove 1:16:52
Dröseln wir das doch mal kurz auf.
Lisa Wörner 1:16:54
Also zunächst mal beschäftigen wir uns damit. Sie haben vorhin die verschiedenenAbteilungen des Instituts vorgelesen. Da gibt es eine, die nennt sich Quantenkommunikationund Information, Information und Kommunikation, andersrum.Wir sind sehr überrascht, wenn wir jetzt feststellen, dass diese Abteilung sichvor allen Dingen mit Verschränkungen beschäftigt.Es gibt auch andere Themen bei der Verschränkung, wieder in Hannover,die da auch versuchen dann zum Beispiel die Atominterferometrie damit zu verbessernund so, aber lassen wir das mal außen vor. Was bedeutet Verschränkung?Verschränkung ist ein ganz typisches quantenmechanisches Phänomen,was wieder an sich darauf zurückgeht, dass wir vieles über Wahrscheinlichkeitenbeschreiben und eben nicht über Tatsachen.Stellen Sie sich vor, ich habe eine Box und die Farbe der Box ist definiertdurch die Dinge, die ich reinlege.Wenn ich eine rote und eine blaue Kugel reinlege, ist die Box lila.Jetzt mache ich die Box zu. Die Box ist lila. Und die Information,die ich jetzt von außen habe, ist, dass die Gesamtfarbe ist lila.Und das Wichtige dabei ist, ich habe die da nicht wirklich reingelegt,sondern die sind da einfach drin. Und das, was ich weiß, ist,dass eine der Kugeln rot sein muss und die andere muss blau sein,wenn das von außen lila ist.
Tim Pritlove 1:18:03
Und dass es wirklich zwei Kugeln sind.
Lisa Wörner 1:18:04
Und dass es wirklich zwei Kugeln sind. Und ich weiß, dass es zwei Kugeln sind.Wie wir da hinkommen erkläre ich gleich noch. Aber ich weiß,dass es zwei Kugeln sind und ich weiß, dass eine von den Kugeln rot sein mussund die andere muss blau sein, wenn das System von außen lila ist.Was ich nicht weiß und wenn ich sage was ich nicht weiß, dann heißt das,was quantenmechanisch unbestimmt ist, ist die Farbe der tatsächlichen Kugeln.Also die Kugel 1 hat 50% Wahrscheinlichkeit rot zu sein und 50% Wahrscheinlichkeitblau zu sein. Und genauso hat die Kugel 2 50% Wahrscheinlichkeit blau zu seinund 50% Wahrscheinlichkeit rot zu sein.
Tim Pritlove 1:18:34
Also man weiß, eine ist rot, eine ist blau, aber man weiß nicht welche.
Lisa Wörner 1:18:38
Ja es geht sogar weiter. Die sind nicht rot oder blau. Ich weiß nicht nur nicht welche.Die haben beide 50% Wahrscheinlichkeit in den beiden Zuständen zu sein.Also die eine hat 50% Wahrscheinlichkeit rot oder blau zu sein,die andere hat 50% Wahrscheinlichkeit rot oder blau zu sein.Solange ich nicht reinschaue, habe ich keine Chance.Das ist im Prinzip diese Idee von Schrödingers Katze, die ja dann noch ein bisschen weiter nachgeht.
Tim Pritlove 1:19:02
Ob die Katze tot ist oder nicht.
Lisa Wörner 1:19:03
Ja das ist ja dann ob das Element zerfallen ist oder nicht eigentlich.Dass dann den Hammer auslöst, der das Gift und dadurch die Katze stirbt.Das ist ja das Experiment.
Tim Pritlove 1:19:13
Konnte sich keiner merken.
Lisa Wörner 1:19:14
Lieber die Katze tot oder lebendig. Richtig. Und das ist hier ganz wichtig.Das heißt allgemein bedeutet Verschränkung. Ich kenne den Gesamtzustand,aber ich kenne die Einzelkonstituenten nicht. Ich kenne den Zustand der Einzelkonstituenten nicht.Und in der Verschlüsselung macht man das so, dass man vorne ein Photon reinschicktund dann nimmt man ein Kristall.Dieser Kristall produziert mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit horizontalpolarisierte Photonen, Sie kennen das vielleicht aus dem Kino,wenn Sie mal in so ein IMAX gegangen sind, das 3D Ding.Da bekommt man so eine Brille und das eine Glas ist vertikal polarisiert unddas andere horizontal polarisiert.Was da drin ist, ist im Prinzip nur so eine Plastikfolie, die Streifen in horizontaleroder in vertikaler Richtung hat und da nur entsprechendes Licht durchlässt.Und wenn ich die jetzt übereinander lege und 90 Grad aufeinander drehe,dann kommt da nichts mehr durch. Das können Sie mal ausprobieren,wenn Sie das nächste Mal so ein 3D-Kino anschauen, dann kommt da auf einmal kein Licht mehr durch.Das nennen wir, damit ist das eines horizontal polarisiert, wenn ich das durchdas vertikal polarisierte Licht durchgehen lasse, dann kommt eben kein Licht mehr durch.Das ist im Prinzip die Idee von Polarisation. Das gleiche machen wir hier.Wir schicken ein unpolarisiertes Photon rein.Und hinten kommen zwei raus und wir wissen, dass es insgesamt unpolarisiert sein muss.Und das heißt, die beiden haben jeweils 50 Prozent Wahrscheinlichkeit,vertikal oder horizontal polarisiert zu sein.Das ist ein Gesamtzustand. Jetzt kann ich an zwei Stellen messen.Ich nehme diese beiden Photon, messe sie irgendwann und stelle einen horizontalenPolarisationsfilter rein und dann messe ich dahinter, ob ich das Photon gemessen habe oder nicht.Wenn ich es messe, war es horizontal polarisiert, wenn es nicht messe,war es vertikal polarisiert. Und gleichzeitig muss das auf der anderen Seite,wenn ich es hier horizontal messe, muss es dort vertikal sein und dann war es rum.Jetzt kann ich das messen und ich erzähle es mir nicht und dann kann ich damitim Prinzip einen Schlüssel generieren.Weil ich ja immer weiß, was der andere gemessen haben muss.
Tim Pritlove 1:21:26
Weil man von der einen Messung auf die andere schließen kann.
Lisa Wörner 1:21:28
Weil ich von der einen Messung auf die andere schließen kann.Wichtig ist dabei, dass dieser Zustand existiert über die beiden Photonen indiesem Fall oder über die beiden Kugeln vom Anfang.Der existiert, bis ich die Schachtel aufmache, bis ich messe.Und es gibt jetzt viele, viele Experimente, die versucht haben herauszufinden,ob dieser sogenannte verschränkte Zustand, ob der irgendwann eine Grenze hat.Also wie weit kann ich diese beiden Photonen voneinander entfernen und auf einmalkollabiert dieser Zustand zu früh, bevor ich ihn messe. Gibt es irgendwie eineEntfernung, über die das funktioniert?Das ist lustigerweise eine andere Gruppe in Wien. Wien ist ein ganz heißes Pflasterfür Quantenphysik und auch für Quantentechnologien.Die haben sich das angeschaut. Die armen Doktoranden mussten nach Teneriffa, glaube ich.Die armen Doktoranden. Die haben mir wirklich leid getan. Weil da die Luft schöndünn ist oder schön gleichmäßig und man dann zwischen den Inseln auch viel Platzhat, um diese Experimente zu durchzuführen.Hat das dann zwischen den Inseln gemacht. Dann bekannt geworden ist das MithiosExperiment von den Chinesen gemeinsam mit den Österreichern am Ende des Tages.Die haben den Satelliten gebaut und haben dieses verschränkte Photon vom Satellitenauf den Boden geschickt.Einen nach Österreich und einen, ich meine nach Gengzhou in China.Und haben sich angeschaut, ob das eben auch funktioniert und konnten damit nachweisen,dass diese Verschränkung über 7400 Kilometer...
Tim Pritlove 1:22:58
Wie haben die denn ein Photon von Österreich nach Japan geschickt?
Lisa Wörner 1:23:01
Nach China.
Tim Pritlove 1:23:02
Nach China.
Lisa Wörner 1:23:03
Die haben im Prinzip auf dem Satelliten die beiden Photonen entscheucht.
Tim Pritlove 1:23:06
Achso von einem Satelliten.
Lisa Wörner 1:23:08
Der METIUS Satelliten.
Tim Pritlove 1:23:09
Ja, ja ich dachte schon. Ich hätte das nicht mitbekommen mit der Erdkrümmung.
Lisa Wörner 1:23:12
Genau. Okay. Und die haben damit gezeigt, dass das eben...Über sehr sehr sehr sehr große Entfernungen funktioniert, sodass wir diesenEffekt jetzt eben auch ausnutzen können.Das eine ist die Grundlagenforschung daran, die sogenannten Bell-Tests,benannt nach Herrn Bell, der so der erste war, der ein Experiment vorgeschlagenhat, um diese Verschränkung zu testen.Die Verschränkung, die hat Einstein spooky interaction at a distance genannt,also geisterhafte Fernwechselwirkung, weil das ja dann, das ist ja das, was es erscheint.Ich messe hier und da passiert auf einmal was und ich kann das irgendwie übermehrere tausend Kilometer tun und bekomme immer noch, erhalte immer noch diesen Zustand und diese.
Tim Pritlove 1:24:00
Ich frage mich gerade, wie kann man denn überhaupt über tausende Kilometer diesePhotonen durch die Gegend schicken und dann noch genau dieses eine Photon messen?Aber woher weiß man denn, dass das genau das war?
Lisa Wörner 1:24:12
Das ist schon eine Herausforderung, zumal wir auch, da gehen ja auch Verlustraten dann mit ein.Also es kommt auch nicht jedes Photon an, was ich aussende und so.Und ich muss auch einzelne Photonen messen. Das ist nicht so trivial,aber es ist möglich. Es ist wirklich möglich.Auf jeden Fall war Einstein derjenige, der damals gesagt hat,das glaubt er nicht, da kommt das, Gott würfelt nicht her.Und hat an sogenannte verborgene Variablen geglaubt oder postuliert,glauben ist vielleicht in dem Kontext nicht das richtige Verb,sondern hat dann verborgene Variablen postuliert,die eben für uns unsichtbar, aber diese Zustände definieren,sodass die zwar von außen so aussehen, als wären die Zustände nicht definiertauf den Teilchen, aber dass sie eine verborgene Variable haben,an der das tatsächlich definiert wurde. Und das ist dann mit Bell-Tests.Möglichst Long Range Bell Test, also über feite Distanzen testet man eben genaudiese Hidden Variables, diese verborgenen Variablen und bisher müssen wir feststellen,die Quantenmechanik ist gültig.
Tim Pritlove 1:25:18
Aber welche konkreten Auswirkungen auf Technologie hat das jetzt?Wie kann man das zur Anwendung bringen? Wie wird das schon zur Anwendung gebrachtund was ist hier so die Vorstellung davon, was sich daraus an Technologie ableiten lässt?
Lisa Wörner 1:25:33
Ja also die ganz klare Situation dabei ist Schlüssel zu erzeugen.Ich kann zwischen den beiden Empfängern einen quantensicheren Schlüssel erzeugen.Der hat verschiedene Vorteile. Zunächst mal ist der echt zufällig,wenn ich die Quantenmechanik drunter lege.
Tim Pritlove 1:25:47
Wir reden von Schlüsseln für kryptographische Verfahren und da ist ja immerdieser Schlüsselaustausch,ist ja im Prinzip so das eigentliche Problem, weil wenn beide Seiten miteinanderkommunizieren wollen über eine Verschlüsselung, dann läuft diese Verschlüsselungja eben über einen Schlüssel, hence the name.Das heißt man hat quasi ein Parameter für diese ganzen mathematischen Berechnungen,der dann auf beiden Seiten in der Lage versetzt, sowohl Informationen zu ver-als auch wieder zu entschlüsseln.Aber man muss ja dazu darüber einen Austausch machen und wenn man diesen Austauschsozusagen über diese Methodik quasi schon weltumspannend erzeugen kann,dann gibt es sozusagen keinen abhörbaren Bereich dazwischen.
Lisa Wörner 1:26:35
Ja, also die große Herausforderung dabei ist ja, dass ich ihnen meinen Schlüssel geben muss, irgendwie.Ich muss den Schlüssel irgendwie austauschen. Wenn das abgehört wird,dann habe ich den Schlüssel in der Hand von dem Dritten, der dann alle meineNachrichten überprüfen kann. Der die Sachen selber entschlüsseln kann.Das heißt zum einen den Austausch von dem Schlüssel sicher zu machen und zumanderen einen sicheren Schlüssel zu generieren.Sie kennen unterschiedliche Schlüsselsicherheiten auch aus dem privaten Bereich.Meine WhatsApp-Verschlüsselung, wenn sie denn überhaupt existiert,ist sicherlich eher weniger sicher. Die, die meine Bank benutzt,um Daten zu übermitteln, ist hoffentlich etwas besser.Und das hat ein bisschen was damit zu tun, welcher Schlüssel da zugrunde liegt,wie dieser Schlüssel generiert wird und wie lang er ist.Bisher sind wir auch da stark darauf angewiesen, dass diese Schlüssel,die idealerweise zufällig sind,Die werden von dem Computer erzeugt. Die sind also nur so zufällig,wie der klassische Computer zufällig ist.Und das ist nicht besonders zufällig, sodass die Quantenmechanik uns hier zweiVorteile bringen kann. Das eine ist die tatsächliche Zufälligkeit des Schlüsselsund auf der anderen Seite die Nichtabhörbarkeit der Schlüsselerzeugung.Sodass eben halt wirklich diese beiden Parteien den Schlüssel haben am Ende des Tages und ich nicht,oder ich diesen Schlüssel nicht mehr klassisch übermitteln muss,sondern ich habe diesen Schlüssel bei den beiden Parteien erzeugt,die dann ihre Nachrichten verschlüsseln und dem anderen schicken und der anderekann das entschlüsseln.
Tim Pritlove 1:28:09
Und das heißt jetzt schon Technologie, wir hatten ja darüber gesprochen,Sinn dieses Instituts ist Grundlagenforschung aufzugreifen und sozusagen wirklichmindestens Modelle zu entwerfen, vielleicht Patentenverfahren etc.Oder eben auch konkrete technologische Ansätze, um das in irgendeiner Form realanwendbar zu machen. Ist man da in diesem Bereich schon so weit oder bewegtsich das nicht noch sehr im theoretischen Grundlagen?
Lisa Wörner 1:28:37
Also theoretisch bewegt sich das alles nicht mehr.Die Systeme, wir wissen, dass es geht, wir haben es experimentell getestet,wir haben die Experimente zur Verfügung.Das bewegt sich im Moment noch alles auf einem relativ geringen Level,was Industrialisierung angeht.Die Systeme werden tatsächlich auf Satelliten betrieben, wir wissen, wie es geht.Und wir forschen natürlich auch immer noch an der Verbesserung von den Quellenund von den Detektionssystemen, das ist im Moment alles noch sehr balky undsehr groß, aber prinzipiell ist das durchaus schon angewendet.Und wenn wir uns JUICE anschauen, ich weiß, das ist jetzt nicht mehr die Verschränkung,aber ich würde sagen, wenn ich ein System auf einer der großen ESA-Missionen,auf einer der großen Raumfahrtmissionen mit draufbringe, dann ist das kein...Kein Experimentieren mehr an dem System, sondern tatsächlich dann ist das einSensorsystem, den ich nutze, um neue Dinge zu erforschen. Also von daher ist da durchaus auch was da.Jetzt haben wir lange über die Verschränkung gesprochen. Die Verschränkung istauch das, was unter dem Quantencomputing drunter liegt, sodass wir uns auchhier in die Anwendung im Moment bewegen.Also das heißt auch, das Quantencomputing ist ja durchaus etwas,was auch schon genutzt wird und auch von industriellen Partnern schon genutzt wird.Oder auch von Industrie bereits hergestellt wird.
Tim Pritlove 1:29:58
Haben wir denn jetzt schon alles tangiert, mit dem sich dieses Institut so auseinandersetzt?
Lisa Wörner 1:30:05
So im Groben schon. Ich kann jetzt natürlich noch irgendwie drei Stunden weiterreden, welche anderen Anwendungen es noch gibt.Wichtig ist mir noch anzumerken, dass wir diese Systeme natürlich auch für verschiedeneAnwendungsbereiche einsetzen wollen und ein wichtiger Anwendungsbereich dabeiist für mich auch der Klimaschutz.Also die großen Herausforderungen unserer Zeit damit anzugehen und auch im Klimaschutzdann zu schauen, wie wir Quantentechnologien einsetzen können.Na das eine ist die ganze Erdbeobachtungsschiene, die wir jetzt ja auch schon besprochen haben.Eben anzuschauen wie der Planet sich verändert dadurch, dass wir da sind.Wie die Goldkappen abschmelzen und Leute solche Dinge. Andere Dinge sind auchüber verbesserte Navigationssystemen, Routen zu verbessern und Autos oder insgesamtFahrzeuge schneller von der Straße zu bringen.Von A nach B und dann nicht irgendwie noch drei Schleifen zu fahren,bevor man dann da hinkommt.Solche Themen fallen da auch mit runter. Also ganz viel von dem,was wir heute schon besprochen haben.Die Überwachung des Erdmagnetfeldes, das sich ja auch dauernd wandelt und dauernd verändert,dass es nicht so sehr in diesem Climate-Change-Thema mit drin ist,aber sicherlich auch ein Thema, was die Umweltbeobachtung, die Erdbeobachtung,die Beeinflussung des Klimas angeht.Ohne Menschen gemacht zu sein. Genau, lauter solche Themen. Wie können wir Quantentechnologieneben als Querschnittsthema hier auch einbringen, um bei Klimaforschung zu helfen,um bessere Klimamodelle zu entwickeln, um mehr Daten zu generieren.
Tim Pritlove 1:31:41
Wie entwickelt sich denn so das Interesse an dem Thema Jenseits,also sozusagen in der Außenperspektive eingenommen,weil ich meine es gibt ja viele Bereiche, wo so an allem möglichen interessantenZeug geforscht wird und wenn man mal reinfragt, sagst du, um wofür kann mandas benutzen, also Weltrevolution, es ändert alles und so weiter,also kann ja jeder sagen, sag ich mal so, ne?Ist sozusagen Quantentechnologie jetzt mehr auf dem Radar als noch zuletzt,vorhin kurz gesagt, eine gute Zeit, um jetzt mit diesem Institut anzufangen?Warum ist das so? Hat sich irgendwas an der Wahrnehmung geändert oder gibt esdie technologischen Durchbrüche oder ist alles andere gerade so am Ende,dass man da nicht mehr weiterkommt?Was macht das sozusagen aus?
Lisa Wörner 1:32:29
Nee, ich glaube es ist tatsächlich so, dass wir gerade mit diesen großen Missionen,die wir jetzt ja auch angesprochen haben, mit Beka und Compasso,wirklich dahin kommen, dass wir die Technologie entwickeln können.Und wir sind nicht die einzigen.Also das ist ein weltweiter Trend, der viel Technologieentwicklung im Momentvorantreibt und wir sehen das in ganz vielen Bereichen,dass das mehr und mehr auch auf Interesse stößt und die Systeme eben auch genauwegen der Vorteile, die sie bieten, mehr und mehr eingesetzt werden.Ich meine natürlich gehe ich davon aus, dass wir die Welt retten.Das ist mein, das ließ ich glaube ich auch.Ich glaube, ich wäre ein schlechter kommissarischer Institutsleiter,wenn ich das nicht glauben würde. Von daher, ja.
Tim Pritlove 1:33:14
Super, dann bleibt mir erstmal nichts weiteres als Danke zu sagen für die Ausführung.Die Technologie war sehr interessantund hat neue Einblicke geliefert und interessante Perspektiven,wie sich ja auch so die Raumfahrt dort verändern kann,weil gerade so im Bereich Kommunikation und auch so Fernkommunikation,also Missionen die weit raus gehen, Uranus und Neptun klangen an.Ich glaube es wird tatsächlich drüber nachgedacht bei der NASA dann doch vielleichtmal wirklich dort auch mal hinzufliegen und demnächst mal eine Mission zu formulieren.Ich fände das ja mal ganz gut, weil da ist ja seit Voyager nicht viel passiert.Und die ganzen Missionen haben immer das Problem, viele Daten werden eingesammelt,die müssen auch irgendwie alle wieder nach Hause telefonieren und da gibt esnoch einiges zu verbessern.
Lisa Wörner 1:34:07
Genau, auf jeden Fall.
Tim Pritlove 1:34:08
Und Navigation im Nebel und im Tunnel natürlich ganz wichtig.
Lisa Wörner 1:34:16
Navigation, Erdbeobachtung, Inertialsensorik, Kommunikation,Magnetfeldsensorik, Computing, ist nicht so stark angeklungen heute,aber ja. Es gibt ganz, ganz viele Bereiche, in denen wir unterstützen können.Vielen herzlichen Dank.
Tim Pritlove 1:34:24
Ja, ich hab zu danken und vielen Dank auch fürs Zuhören hier bei Raumzeit.Bald geht's wieder weiter, tschüss und bis bald!

Shownotes

RZ108 NASA

Einblicke in die Arbeit und Wahrnehmung der NASA und die Rolle der Wissenschaftsdirektion

Die NASA spielt in der Raumfahrt eine herausragende und damit führende Rolle. Keine andere Raumfahrtagentur und Wissenschaftsorganisation steht sowohl innerhalb der Wissenschaft als auch in der Öffentlichkeit so für Erfolg und Exzellenz.

Nach einer Reihe sehr erfolgreicher Missionen stehen im Rahmen einer sich ändernden Weltpolitik (die Rolle Russlands verändert sich und die Kooperation mit China bleibt schwierig) und wirtschaftlicher Veränderungen (zunehmende Privatisierung im Raumfahrtbetrieb) alle Agenturen - und damit auch die NASA vor neuen Herausforderungen.

Dauer:
Aufnahme:

Thomas Zurbuchen
Thomas Zurbuchen

Ich spreche mit Thomas Zurbuchen Er war von Oktober 2016 bis Ende 2022 der Wissenschaftsdirektor der NASA und hat in der Zeit an zahlreichen großen Missionen gearbeitet, darunter bahnbrechende Projekte wie Perseverance und Ingenuity und den Start des James-Webb-Teleskop.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove 0:00:35
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Pretlaff und ich begrüße alle zur 108. Ausgabe von Raumzeit.Und ja, was haben wir hier nicht schon viel Zeit verbracht bei Raumzeit aufdie deutsche und die europäische Raumfahrt und alle wissenschaftlichen Aktivitäten,die damit verbunden sind, zu blicken.Und heute will ich den Blick mal ein wenig erweitern auf den Elefanten im Raum.Nämlich die NASA, die eigentlich ja überall drin steckt und letzten Endes auchangefangen hat und ja dazu freue ich mich sehr meinen Gesprächspartner begrüßenzu können, nämlich Thomas. Thomas Zurbuchen. Hallo, herzlich willkommen bei Raumzeit.Ja, das freut mich sehr, dass es geklappt hat. Ja, Thomas, Tour buchen odersoll man sagen 289116 Tour buchen.Gibt nicht so viele Leute, nach denen ein Astrologerie benannt wurde,aber dir ist die Ehre zuteil geworden.Hat auch einen Grund, weil du bist ganz lange schon im Geschäft und ja,Physiker, nicht wahr, Physik studiert und dann, glaube ich, als Astrophysikerim Wesentlichen spezialisiert.Genau und dann später auch Professor für Space Science geworden an der Universityof Michigan und dann mündete das Ganzein eine gut achtjährige Zeit als Wissenschaftsdirektor eben bei der NASA.Oder wie das so schön heisst, Associate Administrator for the Science MissionDirectorate. Komplizierter Name. Was heisst das genau?
Thomas Zurbuchen 0:02:14
NASA hat im Wesentlichen vier Teile, die zusammenarbeiten. Der erste Teil,der natürlich sehr bekannt ist und ganz am Anfang von NASA stand,ist die Raumfahrt mit Menschen.Also mit Astronautinnen und Astronauten, die in den Raum gehen.Das zweite für ungefähr ein Drittel des ganzen Budgets ist die Wissenschaft.Es ist wirklich alle Wissenschaft von der Erde.Nicht nur Satelliten, die Forschung machen, zusammen mit internationalen Partnernoft, sondern auch die Satelliten, die die Wettervoraussagen auf der Ost- undWestküste geostationären, in Amerika.Aber auch Low-Earth-Orbit-Satelliten, die auch in Europa gebraucht werden.Satelliten auch hier in Deutschland oder in Europa werden die Daten von amerikanischen Satelliten gebraucht.Von dort, von der Erde bis ins tiefe Universum, wo zum Beispiel das James WebbSpace Telescope im Moment sich das tiefe Universum ansieht.Und alles dazwischen, auch die Voyager-Missionen, die ich in meiner ganzen Kindheitbegleitet habe, und dann Missionen auf dem Mars und vielen anderen Planeten.
Tim Pritlove 0:03:34
Also man ist sozusagen für alles zuständig. Mädchen für alles.
Thomas Zurbuchen 0:03:37
Ja genau, das ist die Wissenschaft. Die zwei anderen Teile übrigens sind Space Tech,also wirklich auf Technologie fokussiert und der erste bei NASA ist der Aeronautics,also wirklich auf die Technologie der Flugzeuge und Technologie für den Luftraum, nicht den Meltdown.
Tim Pritlove 0:03:56
Bevor wir dann richtig auf die NASA zu sprechen kommen, würde mich natürlichnoch mal interessieren, wie es denn überhaupt dazu kam. Wie hast du diesen Weg dorthin gefunden?Wie findet man so einen Job?
Thomas Zurbuchen 0:04:07
Also man hört es bei meinem Akzent. Ich habe einen Akzent in jeder Sprache,inklusive Deutsch, weil ich in der Schweiz aufgewachsen bin.Und was wirklich speziell ist an NASA, und du hast es schon vorher gesagt,wir arbeiten oft mit Europa zusammen und so weiter,Aber ganz am Anfang, bei Apollo 11, als die zwei auf den Mond gingen,und Armstrong das erste wissenschaftliche Experiment aufgesetzt hat,ein Schweizer Experiment.Das war eine Folie, eine Schokoladefolie aus Aluminium, einfach viel teurer und viel reiner.Diese Folie wurde ganz einfach von Basaldron aufgespannt. Übrigens habe ichBasaldron diese Woche getroffen.Er ist jetzt 93 Jahre alt und hat das aufgestellt und Sonnenwinde eingesammelt.Ausserhalb der Magnetosphäre, der magnetischen Schutzschild der Erde.Sonnenmaterial wurde dort gesammelt und zurück auf die Erde gebracht.Das war der Anfang des Institutes, wo ich gearbeitet habe. Und darum habe ich dort gelernt.Instrumente zu bauen für die ESA, aber auch mein erstes Instrument,das ich gebaut habe. Ich bin immer noch sehr stolz darauf, es fliegt immer nochbei der NASA. Es ist ein Teil des Satellitenwinds, der eben den Sonnenwind beobachtet.Ich habe diese Erfahrung dort gesammelt und übrigens auch in Deutschland gearbeitet,mit Göttingen, mit Freiburg und so weiter, in meiner ganzen Diplomzeit.Dann ging ich nach Amerika und baute eine Gruppe auf, in der wir Satelliteninstrumente gebaut haben.Ich unterrichtete, wie man das tut. Space Systems ist der amerikanische Artund Weise, darüber zu sprechen.Wie man Systeme baut. Viele meiner Studierenden sind Führer in der Industrie, auch bei SpaceX.Der Mann, der zuständig ist für die ganze ... Der Vice President for Launch.All diese Launches, die ganze Infrastruktur, inklusive der Schiffe,ist mein früherer Student, Kiko heisst er.Als wir das James-Webb-Spacetelescope aufgefaltet haben, wurde jede zweite Schichtin der Nacht von einem anderen Studenten von mir geführt.Als wir dort in den Asteroiden reingefahren haben, war die Frau am Mikrofon,die alle sahen, eine andere Studentin.Ich habe in Michigan auch ein Innovationssystem aufgebaut, insbesondere auchmit Raum. Das war eines der ersten.Dann kam NASA und sagte, wir brauchen eine Person, die für Wissenschaft zuständigist. Ich hatte die Erfahrung als Wissenschaftler in Engineering,also wie man das auch baut.Und dann das dritte, ich habe Erfahrungen gesammelt über Start-ups,wie funktioniert New Space.Wie geht das? Ich war einer der Ersten, der so ein Editorial herausgeschriebenhat, der hat gesagt, SpaceX kann erfolgreich sein, obwohl das sehr kontroverswar. Viele haben gesagt, es sei ein Akademiker, der nichts weiss.Die hatten wahrscheinlich recht, übrigens. Aber die Tatsache ist,NASA hat mich gefragt, darum ging ich dorthin und war der längste Direktor derWissenschaft in NASA seit der Geschichte der Agentur.
Tim Pritlove 0:07:39
Die Rolle ist jetzt nicht neu geschaffen worden, die gab es schon vorher?
Thomas Zurbuchen 0:07:42
Die gab es schon vorher. Ganz von Anfang an wurde das gebaut bei der NASA.Die Rolle ist ziemlich intensiv. Die Associate Administrator ist wirklich eineStufe unter dem Chef, zuständig für, wie gesagt, ein Drittel der Agentur.Und was das heisst, ist so die Unterschrift, die zählt. Also mit anderen Worten,ich habe immer gesagt, He who testifies makes the final decision.Also der, der im Kongress dann sitzen muss und verteidigen muss,was wir gemacht haben, das bin ich.Ich mache die Entscheidung und jede Entscheidung, ob man bereit ist zu launchen,welche Mission man baut, jede Stufe in der Entwicklung, das war mein Job.Bis vor kurzem, ich habe es gerade abgegeben, Ende Jahr.
Tim Pritlove 0:08:32
Acht Jahre waren das jetzt?
Thomas Zurbuchen 0:08:34
Ein wenig, 6,5 Jahre Vollzeit im Job. 6,5, ah ok.
Tim Pritlove 0:08:40
Immerhin eine Menge Zeit, da hat man auch eine Menge gesehen.Was muss man für ein Verhältnis aufbauen zum Apparat und seinen Mitarbeitern,um diesen Trust Level dann auch zu erreichen, weil den braucht man ja letztenEndes, wenn man irgendwie die letzte Entscheidung hat, bedeutet das ja,man muss ein Gefühl dafür bekommen, dass all das, was einem an Informationenzugetragen wird, man kann das ja nicht alles.Selber überprüfen, dass das auch passt, dass dieser ganze Apparat,dieser gesamte Überprüfungsmechanismus gut funktioniert.Muss der groß organisiert werden?Läuft das von alleine? Ist das so ein permanenter Verbesserungsmodus?Ist man damit im Wesentlichen beschäftigt? Oder was macht sozusagen diese Rolle im Wesentlichen aus?
Thomas Zurbuchen 0:09:26
Also es gibt zwei Teile davon. Das erste ist so operationell,also wie macht man entscheiden?Das andere ist die strategische Seite. Also sprechen wir mal über die Operationelle.Also es ist ein System aufgebaut worden in der NASA, die wirklich gebaut ist,sodass man Entscheidungen mit Risiko schafft.Das wird so aufgeräumt. Es gibt ein System, das anfängt mit den Ingenieurenund Techniken, die ihre Pläne mit Managern erarbeiten.Die kommen zu einer Stufe, zum Beispiel in der Astrophysik, in der Division.Die Astrophysiker sind zuständig und dann kommt es zu mir.Und wenn die zu mir kommen, als Chef der Wissenschaft, wenn die zu mir kommenfür eine Entscheidung, eine neue Mission oder weiterzugehen,hat es viele Meinungen im Raum.Ganz bewusst wird die Entscheidung verteilt.Am Schluss gibt es nur eine Stimme, die zählt, meine. Es ist nicht so,dass am Schluss gemittelt wird.Aber das Ganze ist so aufgebaut, dass man ganz bewusst versucht,verschiedene Ansichten in den Raum zu bekommen.Und zum Beispiel die Manager, die sicherstellen, dass alles sauber ist.Also alles perfekt, ich weiss, was ich tue, ich laufe auf Wasser und so.Alles, alles, alles perfekt. Aber dann haben wir eine unabhängige Gruppe,die für mich arbeitet und wirklich technisch tief schaut, geht das.Tief schaut mit nur Engineering. Also wirklich sind alle Lösungen gebraucht worden. Die Top-Notch.Es gibt Dinge, die wir in anderen Missionen wissen, von denen Sie lernen müssen.Und dann am Schluss im Raum ist zum Beispiel der Astrophysikchef,aber auch der Erdwissenschaftschef und der Heliophysiker, Planetologie.Und die helfen auch. Und ich habe noch einmal einen Direktor zuständig für Safety,einen Direktor zuständig für Engineering.Wir probieren aktiv, die Projekte zu röntgen. Und das richtet sich dazu,ist constant improvement.Also wirklich so am Anfang, als ich dorthin kam, hatte ich das Problem,dass oft die Leute gar nicht aufgepasst hatten.Also Leute haben E-Mails gemacht und so weiter. Und ich habe gesagt,ich will, dass jede Person, die in diesem Raum ist, am Anfang alles schon gelesen hat.Also ich will, dass die meiste Zeit im Raum Diskussion ist.Nicht irgendwie Glanz und Gloria Präsentation.Und jede Mission hat Risiken. Ich will verstehen, was die Risiken sind.Ich will nicht, wenn jemand zu mir kommt und sagt, es gibt keine Risiken,das heisst, dass sie nicht arbeiten. Also die schicke ich zurück.Jede Mission hat Risiken. Ich will wissen, was die sind. Und wir wollen darüber sprechen.Das ist eines der schönsten.Die Wissenschaft ist unglaublich schön. Diese Systeme, die gebaut werden,sind unglaublich imposant und schön zu sehen, wie die funktionieren.Aber das andere wirklich Schöne ist, die Schönheit eines Teams, dass es funktioniert.Wenn man wirklich die Leute... Keine Idee ist heilig.Jede Idee wird angegriffen. Das ist ganz normal.Die Leute in meiner, also mein Team war legendär in der NASA.Immer noch, weil das Team funktioniert genauso weiterhin.Aber jede Idee wird angegriffen. Jeder, der zu uns kam, der sagte,pass auf, jede Idee wird angegriffen.Und der Grund dafür ist, wie in der Wissenschaft, man glaubt an die Wissenschaftnicht, wie ein Gläubiger oder so, sondern weil man eine wissenschaftliche Tatsache ...Man versucht, alles zu töten. Und am Schluss lebt sie immer noch.Jeden Moment irgendwie Hämmer und Gewehre und alles. Man will diese wissenschaftlicheTatsache kaputt machen. Man testet sie, was man immer tut.Man ... ... tut sie unter Druck. Und am Schluss ist sie immer noch dort,diese Tatsache. Darum hat man Vertrauen. Das Gleiche ist der Fall in diesen Entscheidungen.Das ist so die operationale Art und Weise, wie ein intensives Team,wo wirklich Ideen hin- und hergeworfenwerden und am Schluss man zu einer Entscheidung kommt, ja oder nein.
Tim Pritlove 0:14:37
Jetzt würde mich mal interessieren, wenn man das mal so ein bisschen aufbrichtund sagen wir mal es beginnt jetzt,Missionen dauern ja immer sehr lange, also das ist ja von der ersten Idee bises dann wirklich zum Start und zum Abschluss einer Mission kommt,je nachdem worum es geht, reden wir ja mindestens über 10 Jahre,wenn nicht sogar sehr viel länger.Aber du wirst ja in der Zeit sozusagen eigentlich mit allen Phasen irgendeinesProjektes mal Kontakt gehabt haben.Wenn man mal so an den Anfang geht, wenn so die erste Entscheidung gefällt wird,dann ist es ja zunächst einmal wirklich auch ein wissenschaftliches Abwägen,wo wollen wir eigentlich hin?Was wollen wir eigentlich wissen und was denken wir, was wir auch an Wissengenerieren können mit den Mitteln und Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen?Was ist das für ein Prozess, wo fängt das an und wo schlägt das auch das ersteMal bei der NASA auf und wie geht man damit um?Um das mal herauszufinden, was machen wir eigentlich wirklich?
Thomas Zurbuchen 0:15:45
Das ist eine wirklich gute Frage. Bevor man über die erste Mission spricht,passiert ein Prozess, der unabhängig ist von der NASA.Und es ist unglaublich wichtig, dass er unabhängig ist. Es ist ein Prozess,der zu tun hat mit den National Academies, mit der Akademie.Das sind die besten Wissenschaftler in Amerika, haben auch internationale Mitglieder, die mithelfen.Sie kommen alle zehn Jahre in jedem Gebiet, Astrophysik, Erdwissenschaft,und fragen, was die wichtigste Wissenschaft in diesen zehn Jahren ist.Sie schreiben einen Report, eine Strategie.Sie sagen, von allen Dingen, die man tun könnte, planetare Wissenschaft zumBeispiel, ist das Wichtigste, das Erste, dass wir Proben von Mars zurückbringen.Das Zweitwichtigste ist, dass wir diese Planeten aussen, Uranus und Neptun, besuchen.Wir haben seit Voyager die nicht mehr gesehen.Wir kennen so viele Planeten überall in unserer Galaxie, die so aussehen wiediese Planeten. Wir haben sie nicht gesehen.Deshalb ist Uranus die zweite Priorität und die dritte Priorität für grosseMissionen ist zum Enceladus zurückzugehen.Dieser Mond, dieser verrückte Mond.
Tim Pritlove 0:17:07
Mit den Eisgeissieren.
Thomas Zurbuchen 0:17:08
Mit den Eisgeissieren. Das sind die Prioritäten und das hilft unglaublich.Also bevor jemand etwas tut bei der NASA, wissen wir, hier sind die Prioritäten.Wir wollen nicht ein System, wo der Chef der NASA die Strategie setzt.Ich will, dass wir die beste Wissenschaft tun.Wer auch immer der Chef ist. Wenn ich es bin, dann ich. Wenn es jemand anderes ist, dann die.
Tim Pritlove 0:17:35
Und die Akademie ist jetzt...Separat von der NASA. Absolut.
Thomas Zurbuchen 0:17:39
Und ich habe nichts damit zu tun, als Chef der NASA, als Chef der Wissenschaftbei der NASA, außer dass ich dafür bezahle.Und dann kommt diese Review und dann bauen wir eine Strategie drauf.Die höchsten Prioritäten, Planetologie, das sind die Prioritäten für die nächsten zehn Jahre.
Tim Pritlove 0:18:00
Ich wollte gerade fragen, ob das jetzt nur dahergesagt wurde.
Thomas Zurbuchen 0:18:02
Nein, nein, das sind absolut die Prioritäten.
Tim Pritlove 0:18:04
Das freut mich sehr mit dem Uranus. Ich habe mich schon immer gefragt,warum wir da noch nicht ...
Thomas Zurbuchen 0:18:07
Genau, das sind die Prioritäten. Und dann in dieser Strategie heisst es auch,wir sollen kleinere Missionen machen in der Umgebung des Innensonnensystems.Und auch zu anderen Orten gehen. Es gibt eine Liste von sechs Orten, wo wir hin sollen.Zum Beispiel gehen wir zu Mio. Wir sollen auf dem Mond eine Seismologienetwork bauen.Das sind nicht die grössten Missionen, sondern zweite Grösse.Dann gehen wir raus zu der Community und fragen, was die besten Ideen für das sind.Und jetzt kommen sie zu NASA und der erste Schritt ist, quasi einzuspuren.Wir gehen Richtung Uranus, sagen wir mal.Und jetzt gibt es im Wesentlichen, bis dass diese Mission auf dem Launchpad sitzt.Wirklich bereit ist zu gehen. Wie du gesagt hast, die schnellsten Missionen sind drei, vier Jahre.Die ganz grossen Missionen sind 23 Jahre.Übrigens, viele Fehler, dasist nicht der Standard. Man sollte nie eine Mission für 23 Jahre machen.Aber die Tatsache ist, es gibt so Abschnitte, quasi das erste Konzept,was ist die Wissenschaft, die wir tun, bis zum Schluss, nach drei Jahren oder so, eine Confirmation.Das heisst, wir haben das ganze System, wir verstehen es, wir wissen, was wir bauen müssen.Jeder Teil weiss, was gebaut werden muss, wie teuer wird das sein.Wir sagen, wie teuer. Dann sagen wir, wenn wir mehr als 15% drüber sind,oder 5%, je nachdem, die grössere Zahl, muss ich zum Kongress und erklären, warum.Die allermeisten Missionen, die wir bauen, sind innerhalb der Kosten.Mit Covid usw. waren wir mehr drüber. Aber im Allgemeinen ist es normal,dass wir alle bauen, so wie wir es sagen.Jede in dieser Geschichte wird anfangs mehr wissenschaftskonzentriert.Und dann wirklich auf das System und wirklich im Detail, was die Probleme sind.Wie gesagt, der Chef der Wissenschaft der NASA löst nicht diese Probleme.Wir haben riesige Probleme, wenn das bei Headquarters gelöst wird.Das ist nicht das Problem. Aber was passiert, wenn eine Firma sich nicht darauf konzentriert?Dann rufe ich an, den CEO.Hey, besuch mich mal. Du hast einen Vertrag für 300 Millionen Dollar.Es geht nicht gut. Ich wähle Veränderungen. Das ist mein Job,einfach am Schluss zu helfen, wenn sonst alles nicht hilft. Ja.
Tim Pritlove 0:21:14
Alle sozusagen auf Trab zu halten.
Thomas Zurbuchen 0:21:16
Genau, genau.
Tim Pritlove 0:21:18
Also wenn dieser Auswahlprozess stattfindet, ich finde das ist interessant,das ist auch immer glaube ich immer wichtig nochmal drüber nachzudenken,dass es ja um die großen Fragen geht,es geht wirklich sozusagen, man muss, man macht das ja nicht alles zum Spaß,so ja wäre ja mal schön, wenn wir die Raketentechnik ausprobieren würden oderso, sondern die ganze Technik wird ja immer gebaut, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen.Und der ist ja ultimativ die Beantwortung der offenen Fragen und die sind haltdann sehr weitreichend.Wenn man so eine Mission zusammenstellt, dann heißt das ja, es müssen vielePrototypen gebaut werden, es muss ja viel Technik gebaut werden.Wie und wer entscheidet, wie viele Kooperationen man macht und wie viel macht dann die NASA selbst?Am Anfang war ja die NASA der Ort wo alles passiert ist. Man hat die Raketenerst mal entwickelt. Es muss ja alles erst mal neu erfunden werden.Gerade das Mondlandeprogramm war ja super extensiv.Was da alles, wurde ja alles erfunden und alles war sagen wir mal unter staatlicherHoheit, alles war sozusagen die USA machen das jetzt.Heute haben wir eine sehr viel diversere Landschaft.Einerseits weil es Raumfahrtsorganisationen nicht nur in den USA gibt.Jetzt kommt auch noch diese Privatisierung mit rein.Zu welchem Zeitpunkt und wie geht man da strategisch ran, dass man sagt,hier brauchen wir die JAXA, hier brauchen wir die ESA, wer auch immer.Wie wird das ausgedealt?
Thomas Zurbuchen 0:22:53
Also auf der strategischen Seite. Die internationalen Partnerschaften,die werden Headquarters, also die entscheide ich in meinem Job.Und mein Team. Und wir haben ganz bewusste Ziele auch mit dem.Die Tatsache ist für uns, insbesondere in der Präsenz von Leuten,die andere Werte haben im Raum, als wir haben.Wir brauchen bei NASA nicht nur, dass wir sagen, ich weiss, was wir tun, alles, was wir tun.Wir sind konsistent mit den Regeln, denen wir sagen müssen. Wir folgen,also in Zivil Luftwaffe brauchen wir nicht alles für das Militär.Wir haben andere Agenturen für das in Amerika.NASA braucht es, ist zivil. In dem Fall wollen wir, dass die Länder so vielwie möglich zusammenarbeiten.Wir haben das Gefühl, das hilft dem Frieden auf der Erde, es hilft auch,uns grössere Ziele zu erreichen.Ich bin wirklich ein – ob es im Raum ist mit dem Team, aber auch,ob es internationale Partnerschaften sind – Ich habe wirklich das Gefühl, dass diverse ...Meinungen und andere Approaches, etwas zu tun, dass die uns helfen,besser zu sein. Wir können mehr tun, besser tun, wenn wir zusammenarbeiten.Deshalb sind über zwei Drittel der Missionen bei NASA, wissenschaftliche Missionen,haben internationale Teile für unsere Human Exploration.Also mit Astronautinnen und Astronauten haben wir alle grosse Systeme,haben internationale Teile, insbesondere von Europa.Orion in Deutschland, ganz klar, die gebaut, also Teile davon.
Tim Pritlove 0:24:55
Thema meiner letzten Sendung, das Service-Modul wird von der ESA gebaut.
Thomas Zurbuchen 0:24:58
Genau. Es ist wirklich spektakulär, diese Maschine. Und dann natürlich JAXA,also von Japan, aber auch andere, die Emirate und dann auch einzelne Ländervon Europa, Kanada und so weiter.Also wir bauen das ganz bewusst.Auf der kommerziellen Seite, die Partnerschaften, ist das, glaube ich,eine der Dinge, auf die NASA unglaublich stolz sein soll.Aber es ist unglaublich schwierig, das immer noch zu tun. Die Tatsache ist,die Regel, die ich immer gebraucht habe, und das ist eigentlich die Regel dort,wenn man etwas kaufen kann, bauen wir es nicht selber.Das ist absolut klar und das wollen wir so.Das heisst, für die allermeisten Missionen bauen wir keine Satelliten mehr.Wir bauen keine Raketen mehr. Wir bauen.Asterix, eine Rakete haben wir noch gebaut, SLS. Jetzt für die neue Industrie.Space Launch System für Artemis I zum Beispiel.Wir können später darüber sprechen, wie das weitergeht. Aber die Tatsache ist,es ist ein riesiger Erfolg für NASA,für Amerika, NASA zusammen mit der Air Force über die Space Force,dass zum Beispiel wir Firmen haben, zwei bis drei Firmen in jedem Segment,das Launch, die wir haben.Und wir bauen die nicht mehr innerhalb der Regierung. Wir sind Kunden von diesen Firmen.Das ist eine Entwicklung, die eine Rolle spielt. Ich habe das Gefühl,dass es in der Zukunft viel weitergeht.Zum Beispiel eine der Programme, die ich in den letzten sechs Jahren gebauthabe, ist, dass wir nicht nur Satelliten bauen, die die Erde beobachten,sondern Daten kaufen von Firmen, die schon Satelliten haben,die die Erde beobachten.Wir kaufen diese Daten quasi als Zweitimarkt und stellen sie zur Verfügung zur Wissenschaft.Das heisst, dass plötzlich neue Datenquellen zur Verfügung stehen,die wir keinen Dollar auf die Satelliten ausgegeben haben. Ehrlich gesagt,die können das viel billiger tun, als wir das könnten.Und das ist richtig so. Diese kommerziellen Partnerschaften sind wirklich einriesiger Teil der Führungsstrategie der USA.
Tim Pritlove 0:27:28
Ja und das ist ja auch so der Trend. Ich meine am Anfang musste man halt allesselber machen, weil es gab ja noch nichts und letzten Endes ist ja die Raumfahrtin den USA, wie in Europa, wie auch überall sonst ja eigentlich auch so einMotor der wirtschaftlichen Entwicklung.Durch diese komplexen Projekte ist es erforderlich, immer wieder Prototypen zu bauen,neue Materialien, Methoden zu erfinden,ob Solarpaneele sind oder spezielle Keramiken, Hitzebeständigkeit,all diese ganzen Anforderungen finden ja dann letzten Endes auch den Weg indie normale Wirtschaft und lassen das Wirtschaftsleben dann eben auch entsprechend aufleben.Einerseits und auf der anderen Seite ist es sozusagen dieses Selbstverständnis,auch ein Motor der Wissenschaft selber zu sein und dass das ja eigentlich das primäre Ziel ist,diese Wissensgewinnung sozusagen wirklich auch als finale Dienstleistung andie Gesellschaft etwas zu liefern, was im Prinzip sagt, wir liefern euch Erkenntnisse, oder? Genau.
Thomas Zurbuchen 0:28:29
Ich habe wirklich das Gefühl, dass eben als Wissenschaftschef der NASA – und ich glaube,dass das auch der Fall ist mit Wissenschaftschef in Deutschland,in verschiedenen Organisationen, nicht nur im Raum – als Wissenschaftler,insbesondere in der Grundlagenforschung, die wir bei der NASA tun,ich würde immer so sagen, ist eine der wichtigsten Teile der Menschheit.Wirklich sich Gedanken zu machen über uns selber, über uns, unsere Geschichte, mit dem grossen G.Also Geschichte nicht nur von Geburt zu uns, sondern der Menschheit,des Planetens, des Universums, in dem wir drin sind.Das ist unsere Geschichte, wenn wir das Universum sehen. Sondern auch zu verstehen,was wirklich die Regeln im Universum sind, die das Ganze zusammenhalten.Ob das unsere eigene Erde ist, mit den verschiedenen Teilen dieses komplexenSystems, dieses wunderschönen Planeten, das unser Heim ist.Oder ob das ist, um zu verstehen, wie ein Bose-Einstein-Kondensat in Schwerelosigkeit funktioniert.Wirklich Materie in einem ganz ungewöhnlichen Status. Etwas,woran Deutschland sehr viel arbeitet und wirklich führend ist. zusammen mit Amerika.Ich habe wirklich das Gefühl, dass.Wissenschaft, und insbesondere intellektuell aggressive Wissenschaft,ein grosser Treiber für die Menschheit ist, weil sie Lösungen zur Verfügungstellt für die Zukunft, für die Probleme der Zukunft. Heute.Als ich aufgestanden bin, oder vom Flugzeug weggegangen bin,was auch immer heute passiert ist, habe ich die Wettervoraussagen benutzt.Als wir angefangen hatten mit Satelliten, das erste schwarz-weiss Foto der Erde,man sieht die Ozeane, die Wolken, aber sonst nicht viel.Da hätte niemand gedacht, dass die Wettervoraussagen so gut sein werden unddass 80% der wirklichen Informationen vom Raum kommen wird. Das ist heute so weltweit.Ich habe wirklich das Gefühl, das ist ein unglaublicher Dienst der Menschheit.Insbesondere vom Wetter, das auch Leben zerstören kann.Grosse Stürme, Feuer und so weiter. Und das ist eine interessante Erde zu beobachten.Also fundamentale Wissenschaft der Erde ist immer noch wichtig.Interessant, aber diese Einsichten helfen uns auch, Sorge zu tragen zur Erde,aber auch Leben zu retten auf der Erde.Es gibt Hunderte und Tausende Beispiele von dem. GPS ist ein anderes.Die Technologie kam natürlich nicht aus der Wissenschaft heraus,aber die Anwendung kam aus dem Militär.Heute ein riesen Markt in GPs, also ausserhalb des Militärs.Viele der Anwendungen, Kommunikation, viele der Dinge, die heute uns selbstverständlichsind, kamen aus der Wissenschaft.Und die grossen Ideen, die grossen Innovationsideen, kommen alle aus der fundamentalen Wissenschaft.
Tim Pritlove 0:32:02
Ich sage mal, ohne Raumfahrt kein Handy. Also das Produkt wäre vollständig unmöglichohne Raumfahrt gewesen.Sieht denn das die Gesellschaft genauso und wie sieht es speziell auch nochmalso die amerikanische Gesellschaft?Wie ist die Wahrnehmung der NASA in den USA?So aus deiner Perspektive und vielleicht kannst du das auch mal mit Europa vergleichen.Ich habe oft den Eindruck, dass vielen diese umfangreichen Beiträge für Wissenschaftund Wirtschaft und Gesellschaft so nicht so bewusst sind.
Thomas Zurbuchen 0:32:41
Es ist absolut so, dass der Wert der Wissenschaft, nicht nur der Wert der Raumforschung,sondern allgemein der Wert der Wissenschaft sehr unterschiedlich von verschiedenenMenschen aufgenommen wird.Insbesondere in der Raumforschung muss ich sagen, dass in den letzten 15 JahrenRaumforschung sehr trendy geworden ist.Man kann eigentlich fast nirgendwo hinwandern, ohne dass man jemanden sieht mit einem NASA-Shirt.Ich habe eines an heute.Und ich meine, Teenager, alle, die haben das.Ein Modeartikel ist cool, das zu tun. Die private Raumforschung,SpaceX, all diese Firmen, die haben damit geholfen.Wir wissen auch, dass NASA einen grossen Trust Factor hat.Das Vertrauen der allgemeinen Bevölkerung in Amerika ist sehr hoch in der NASA.Im Vergleich zu anderen wissenschaftlichen Organisationen, Auch der Kongress,der Präsident usw. NASA ist viel, viel höher.Aber es ist wirklich so, dass das Bewusstsein des Wertes unterschiedlich aufgenommen wird.Und auch von ganz Anfang an, was viele Menschen vergessen,ist, dass die meiste Zeit währenddes Apollo-Programms, Das war einer der grössten Erfolge von Amerika.Die Unterstützung in der Bevölkerung war weniger als 50 Prozent.Erst ganz am Schluss ging es hoch. Tatsächlich? Absolut. Die Unterstützung vonMenschen ist nicht die beste Voraussage für Erfolg.Ich sage immer, als Führer muss man wissen, was wichtig ist.Das verstehen, ohne dass alle klatschen.Das ist das Ziel der Führung, dass man etwas tut, obwohl die Leute noch nichtverstehen, warum es wichtig ist.
Tim Pritlove 0:35:02
Man muss mutig sein.
Thomas Zurbuchen 0:35:03
Absolut. Mut gehört dazu.Die Menschen, die Mut haben, auch etwas zu tun, nicht nur darüber zu sprechen,etwas zu tun, sind die, die wirklich die Zukunft ändern und insbesondere verbessern.
Tim Pritlove 0:35:18
Es hat ja in den USA enorm zu so einem kulturellen Stolz auch auf die NASA geführt.Also ich denke das ist schon auch etwas aus der Ferne, zumindest so Wahrnehmer,dass NASA ist halt eigentlich mehr so ein Kulturgut schon der Gesellschaft geworden,das ist irgendwie da, das steht für etwas.Es hat auch eine unfassbare internationale Abstrahlkraft, es wird nahezu überallauch sehr positiv wahrgenommen.Mit der ESA zum Beispiel ist es etwas schwieriger in der europäischen Wahrnehmung.Wie siehst du die Rolle der ESA und was da hier noch nicht so geklickt hat?
Thomas Zurbuchen 0:36:00
Ehrlich muss ich sagen, obwohl ich einen Schweizer Akzent habe,habe ich meine ganze Karriere nach meinem Doktorat in Amerika verbracht.Ich verstehe Europa viel weniger gut, als man denken würde, wenn man mir zuhört.Aber was bei NASA hilft und was uns wirklich hilft ...Wir haben bei NASA ein Apparat aufgebaut, der aufgrund der Kommunikation wirklichbesser ist als viele in Amerika, aber auch international.Wir sind viel, viel transparenter zum Beispiel.Mit James Webb wussten die Bevölkerung, die Journalisten, alle Probleme. Ganz bewusst.Ich habe wirklich das Gefühl, ich bin nicht inspiriert von Superheroes,die Menschen oder Helden, die auf Wasser gehen, die fliegen können. Ich bin nicht so.Ich bin ein Mensch, der hat Stärken und Schwächen, mache manchmal falsche Entscheidungen,manchmal habe ich unglaublich Mühe.Aber wenn Menschen zusammenkommen, können sie diese unglaublichen Teams bauen,die viel besser sind als jeder einzelne Mensch.Und wenn man das sieht, ob es auf dem Sportplatz ist, ein Team,das zusammenkommt und wirklich etwas tut.Und wenn man es sieht, bei der NASA ganz transparent, also wirklich die Kameraläuft immer, wenn wir landen auf dem Mars.Wir hatten keine Ahnung, ob es funktioniert.Ich habe die Rede in meiner Tasche, die ich nicht geben will.Manchmal übe ich sie sogar. Aber die Tatsache ist, wir wollen die Menschen dazu inspirieren.Wir haben das wirklich bewusst gemacht.Was manchmal schwierig ist, ist, dass NASA hilft. Es gibt eine Quelle von Geld,und das ist das amerikanische Budget.Das hat natürlich auch negative Dinge, weil die amerikanische Politik ist dieamerikanische Politik.Aber in ESA, was schwierig ist, ist diese mehrere Länder, die Stärke von ESA,die unglaubliche Stärke. Darum ist ESA so unglaublich gut.Aber wenn es dann manchmal zur Kommunikation geht, gibt diese Vielfalt manchmalein wenig Reibung, habe ich gesehen.Und ich glaube, wenn ich mehr in Europa arbeiten würde, würde ich mehr an dem arbeiten.Ich habe wirklich das Gefühl, es hilft allen, wirklich die beste Geschichtezu erzählen. Und dann am Schluss aufzuholen.In der Natur ist es unglaublich wichtig festzustellen, welche Grösse erhaltensind und welche nicht erhalten sind. Zum Beispiel Masse ist erhalten.Man kann ein Kilogramm Masse, man kann tun, was man will. Am Schluss ist immernoch ein Kilogramm Masse.Wie auch immer ist erhalten. Credit, also wer die Leute sagen,ist zuständig für den Erfolg, ist nicht eine erhaltene Grösse.Alle können hundertprozentig sagen, was sie wollen. Und alle sollen gepriesenwerden. Man soll nicht ganz wenig die Elbogen raustun.Denn das hilft der Geschichte eben nicht. Die Geschichte wird weniger gut.Ich habe das Gefühl, dass Josef Aschbacher das wirklich versteht.Also der Chef, der ist ein guter Freund übrigens, einer meiner.Besten Freunde.
Tim Pritlove 0:39:48
Ich war zu Gast bei Raumzeit im Übrigen.
Thomas Zurbuchen 0:39:50
Ja, er ist wirklich ein guter Mann, der versteht das wirklich genauso gut.Ich glaube, man sieht schon jetzt, wie er dem wirklich hilft.Aber ESA ist einfach komplizierter.
Tim Pritlove 0:40:04
Ich finde es interessant, dass du gerade die Risiken schon mehrfach angesprochenhast und dass es auch wichtig ist zu kommunizieren.Ich glaube im Vergleich ESA, NASA, mir fehlt auch immer so ein bisschen ebenso dieser Mut eben auch eine Fehlerkultur wirklich voranzubringen und das dannauch in der öffentlichen Kommunikation ist.Vielleicht schon ein bisschen besser geworden, aber so die guten Beispiele habeich gerade auch in den letzten Jahren immer bei der NASA gesehen.Inbegriff fand ich dieses großartige Video zur Mars-Landung mit diesen 7 Minutes of Terror.Also was einfach wirklich so ein Filmchen war,wer es nicht gesehen hat, wo also diese komplette Landephase,diese komplexen einzelnen Schritte und was halt alles schief gehen kann,Oben diese immer wieder doch sehr schwierige Landung von so einem riesigen Gerätvon der Größe eines Autos ja,auf einem anderen Planeten, um das durchzuführen und dadurch,dass man von Anfang an immer klar macht, hier ist das, was alles schief gehenkann, wenn irgendwas nicht funktioniert so, ja.Und das macht dann irgendwie klar,dass es schwierig ist, was man tut, dass es auch schiefgehen kann,einfach weil es eben schwierig ist und dass es halt auch irgendwie okay ist,weil man auch daraus lernen kann.Dann gab es ja eine nicht so gelungene Marslandung der ESA Mission,ja wo also dieser Schiaparelli aufgeschlagen ist auf dem Boden aus,weiß nicht mal ganz genau, mal herausgefunden, was die Gründe waren,ist eigentlich auch egal und es war dann so schwierig,weil die ganze Kommunikation irgendwie immer nur auf Erfolg gebürstet war undin dem Moment, wo sich dieser Erfolg nicht einstellt, dann wird's auf einmalschwierig das zu kommunizieren.Und ich glaube, das ist auch so eine gewisse Verspanntheit, die vielleicht soein bisschen den Europäern an der Stelle auch eigen ist,während diese manchmal so auch ein bisschen nervige Lockerheit der Amerikanersehr hilft, an der Stelle so etwas zu kommunizieren.Also Risikomanagement ist ja so ein bisschen auch so der Kern eigentlich der Tätigkeit, oder?
Thomas Zurbuchen 0:42:16
Absolut. Ich glaube, alles, was du gerade gesagt hast, ist wirklich richtig.Kultur, wie man mit Risiken umgeht, ist wirklich eine kulturelle Art und Weise.Wir sprechen nur über ESA und NASA jetzt, aber wir könnten auch Japan dazu tun.Ganz eine andere Art und Weise darüber zu sprechen. Ich meine,die Japaner, ich habe sehr viel, auch manchmal ohne Kameras,viele Diskussionen mit.Japan, auch Indien zum Beispiel. Wie spricht man darüber, dass man Schwierigkeitenhat? Wie spricht man darüber?Niemand darf das wissen, sonst verliere ich meinen Stand. Statusprobleme. Ja, genau.Und ich habe wirklich das Gefühl, dass eine der Stärken, wie gesagt,jede Stärke ist auch eine Schwäche. Je nach Situation.Ich glaube nicht daran, dass eine Art und Weise besser ist als die andere.Jede Stärke hat auch Schwächen.Amerika hat auch Schwächen, die Europa nicht hat.Aber die Stärke in dem Fall, mit Risiko so umzugehen, indem man darüber spricht,ist etwas, was NASA gelernt hat, was aber in Amerika einfacher ist für uns.Ist für uns mehr eine vergebene Kultur.Insbesondere in der Kultur von Start-ups und in der Wirtschaft haben wir Menschen,die Firmen nicht erfolgreich waren.Und die können wieder probieren. Es ist nicht so, dass das ganze Leben vorbeiist, wenn sie mal eine Firma in den Konkurs geführt haben.Ich glaube, das ist wirklich eine Stärke, die eine neue Unternehmerskultur baut.Und es ist etwas, was man auch lernen kann.Also wirklich, dass man darüber spricht. Insbesondere die Führer dieser Firmenkönnen darüber sprechen.Ich kenne mich gut mit der Web. Ich hatte ein Problem mit dem James Webb SpaceTelescope, das war eine Anekdote, um darüber zu sprechen.Ich hatte das Gefühl, dass die Mission mit dem grössten Risiko,das ich geleitet habe, risikohaft war.Wir hatten unglaubliche Schwierigkeiten. Ich kam am Anfang der Mission reinund merkte, dass sie wirklich Probleme hatte.Ich habe die Mission fast verloren. Ich habe es gefunden, habe sofort gepflückt,habe viele Führer entlassen usw.Aber das Team war so gebaut mit alten Werten.Die wollten nie darüber sprechen, dass sie Schwierigkeiten haben.Und ich habe ganz bewusst, als wir gegen Ende der Mission waren,das Team wurde immer besser, immer besser, immer besser. Und ganz am Schluss war es unglaublich.Besser, als sie dachten, sie seien. Ich habe niemanden gefunden im ganzen Team,der vorausgesagt hat, wie gut das gehen wird. Also so gut waren wir.
Tim Pritlove 0:45:22
Also nicht nur der Ablauf des Starts und des Deployments, sondern auch die Wissenschaft,die am Ende dabei rauskommt.Mega, alle Funktionen funktionieren besser als gedacht.
Thomas Zurbuchen 0:45:32
Genau, viel besser als wir gedacht haben. Aber was ich gemacht habe,ganz am Schluss, das hat mir wirklich Sorgen gemacht.Weil wir nie über Risiken gesprochen haben, weniger als an anderen Missionen.Und das Problem, das ich hatte, ist, wenn wir nicht über Risiken sprechen,ganz bewusst, Und wenn wir ein Problem haben, kommt der ganze politische Apparat.Der politische Apparat auf mich los. Und ehrlich gesagt, die Leute können nicht unabhängig arbeiten.Ich wollte das Team beschützen, indem ich von Anfang an quasi sagte,das ist unglaublich schwierig. Ich habe einen Blog geschrieben, ganz bewusst.Der Kernsatz dieses Blogs war, wenn du nicht Angst hast oder sogar wenn du Angstträumehast über diese Mission, dann verstehst du nicht, was wir tun.Wenn du keine Angst hast, verstehst du nicht, was wir tun wollen hier.Und dann wurde das Team, insbesondere die Chefs, sehr nervös.Glaubst du nicht, dass wir das tun können? Absolut glaube ich es.Least den nächsten Satz. Der nächste Satz ist, wir haben das beste Team,um das zu tun im Moment. Ich glaube, wir werden erfolgreich sein,aber ich bin sicher, es wird schwierig sein.Das war wirklich die beste Idee, das zu tun.Wirklich ganz bewusst darüber sprechen und wir haben die ganze Pair,von Anfang an, dieser Plan wurde gemacht,wir hatten nur drei Presse-Communicators, also nach dem Launch,nur drei bis alles fertig war, bis in den Juli, also vom Dezember bis in den Juli.Wir haben das geändert auf jede Woche im Deployment und dann alle zwei Wochen beim Kalibrieren.Und das hat die ganze Medienwelt mitgefiebert.Ich gehe noch jetzt, wenn ich in ein Hotel reingehe, auf einem Flugzeug,die Menschen sprechen über James Webb, weil sie verstehen, dass es schwierig war.Und ich habe wirklich das Gefühl, das muss nicht amerikanisch sein.Das kann auch in Europa gemacht werden. Es braucht ein wenig Mut.
Tim Pritlove 0:47:48
Ich habe auch mitgefiebert. Ich auch. Absolut.Ich hab mit Hans Königsmann von SpaceX, hab ich hier auch schon gesprochen über so,wie die halt auch mit dem Risiko und der Fehlerkultur umgegangen sind,da findet sich jetzt viel wieder von dem was du gesagt hast,so ein bisschen so eben dieses Mut zum Scheitern ist einfach glaube ich sehrwichtig, wenn man die wirklich großen Dinge erreichen will und dann auch ebenein Scheitern dann auch selbst überlebt.Und da ist glaube ich gerade Europa so ein bisschen in so einer Schockstarreund obwohl die Technologie super ist, denke ich, muss ich hier Europa mal wiederein bisschen auf den Weg begeben.Ich würde jetzt ganz gerne nochmal so zurück zu den Missionen.Jetzt hatten wir ja schon ganz am Anfang, wie kommt man überhaupt erstmal aufdie Aufgabenstellung, dann kommen eben frische Missionen, wir haben jetzt schongehört, Missionen, die halt sozusagen auch Betreuung brauchen.Mir fällt eine andere Mission an, die ja auch in deine Zeit gefallen ist, Mars 2020.Also die Landung des zweiten großen Rover, des Perseverance Rovers und auchnoch mit meinem besonderen Liebling, dem Ingenuity, diesem kleinen Helikopter,der noch hinterher fliegt.Dieser Helikopter war ja für mich so ein bisschen der Inbegriff des Vagemoods,dass man also wirklich eine ohnehin schon super komplexe Mission,die so ganz klare Ziele hat, dann aber auch nochmal mit etwas bestückt,wo man sagt, das probieren wir jetzt nochmal aus, wer weiß, vielleicht funktioniertes ja sogar, weil ich glaube die Erwartungen waren gar nicht so hoch, oder?
Thomas Zurbuchen 0:49:31
Also, als ich zur NASA kam, haben mir alle Chefs gesagt, der Helikopter macht keinen Sinn. Kill den.Ehrlich gesagt, die verstehen nicht, wie ich denke. Ich habe das Gefühl,dass Führung immer zu tun hat, zu wagen.Immer. Ich habe ein Motto gebaut in meiner Zeit bei der NASA.Jede Mission muss etwas Neues dran haben, sonst will ich nichts damit zu tun haben.Wir müssen besser werden. Ich habe wirklich viel von SpaceX gestohlen.Man macht eben die Raketen besser, man baut nicht immer die Gleiche,man baut sie immer besser.Der Helikopter war so. Ich habe das erste Meeting mit denen gemacht.Sie kamen zu mir und gaben einen Vortrag, den man eben nicht geben soll.Ich sagte, alles sei gut, wir wissen, wie man das tut. Ich fragte,wie sie das Risiko einschätzen. Sie sagten, es sei ein Low-Risk.Habe ich gesagt, okay, du bist vom Rover weg.Wenn du nicht weisst, dass das ein hohes Risiko hat, hast du keine Chance, das zu tun.Du musst dir den Weg wieder verdienen, auf den Rover zurück.Ich habe zwei, drei Dinge gemacht, von mir aus, um denen zu helfen.Das erste ist, ich habe gesagt, dass der Mechanismus, das den Helikopter aufden Mars aufsetzt, darf nicht vom JPL selbst gebaut werden.Sie müssen zu jemand anderem. Was ich tun wollte, und ehrlich gesagt,im Nachhinein war es wichtiger, ich habe nicht so tief darüber nachgedacht.Es war eine wirklich gute Idee, aber ich habe es aus einem leicht anderen Grundgemacht. Aber es war eine gute Idee.Die hatten nicht genug Kapazität, das zu tun, darum habe ich es gemacht.Aber es war eine wirklich gute Idee, weil es quasi.Den Helikopterabschnitt vom Rover. Also mit anderen Worten, die mussten sagen,hey, so wird der an den Rover gehen, fertig. Du baust das jetzt,wir können das nicht mehr ändern. Also mit anderen Worten...
Tim Pritlove 0:51:37
Also Ingenuity ist ja unter dem Rover abgesetzt worden und dann ist er weggefahren.
Thomas Zurbuchen 0:51:41
Weil das Schlimmste, das passieren kann, ist, dass der Helikopter rauskommtund dann am Rover hängen bleibt.Und dann können wir die Mission nicht tun, für die wir zweieinhalb Milliardenausgegeben haben. Das darf nicht passieren.Mit anderen Worten, der Helikopter muss ein System sein, der nicht den Roverbeeinflusst. Der hängt wirklich unten dran. Das ist die erste gute Idee.Die zweite gute Idee ist, ich habe ihnen gesagt, es darf nicht mehr kosten alseine Zahl. Ich habe ihnen das Maximum, 80 Millionen, glaube ich.Ich habe ihnen gesagt, es darf nicht mehr kosten. Der Grund,warum ich das gemacht habe, ist nicht wegen dem Geld, sondern weil ich sie vonder Bürokratie beschützen wollte.Das ist ein interessantes Projekt, das alle helfen wollen. Das heisst,dass am Schluss 100 Leute die Arbeit von 10 tun.Und das gibt viel, viel mehr.Wenn man wirklich etwas so Schwieriges macht, muss man es mit einem kleinenTeam tun, das 150 Prozent ihres Herzens und Ihres Hirns da reinsteckt.Als sie das gemacht haben, habe ich sie zurück auf den Rover gebracht.Ehrlich gesagt, habe ich meine Zeit damit verbracht. Die Leute sind unglaublichgut, die zuständig waren.Aber von der Führungsseite habe ich sie von der Bürokratie beschützt.Ich habe gesagt, du musst nicht dasselbe tun wie der Rover. Als der Helikopterflieg oder fliegen wollte, ging es nicht zum ersten Mal. Ich war dort.Der Grund, warum ich dort war, war nicht, um zu klatschen.Ich wollte das Team auch dort beschützen von der Fehlerkultur von NASA.Ich wollte nicht, dass 100 Menschen denen helfen.Als es nicht ging, ging ich sofort auf die Kamera mit der Chefin,Mimi Ang, unglaubliche Geschichte, Immigrantin, also ein Flüchtling,Myanmarer, ein Immigrant, eine unglaubliche Frau.Und ich sagte ihm vor die Kamera, dass er schon alle Rekorde gebrochen hat.Er war noch nie ein fliegendes Gefährte auf dem Mars. Er wird das sicher herausfinden,aber wenn nicht, hat er schon alle Rekorde gebrochen.Und auf alle gesagt, back off!Wir gehen nicht in diesen Modus, in dem wir denen helfen.Und dann kam der erste Flug. Der erste Flug ging und wir wollten vier Flügemachen und vor kurzem hatten wir den 44.
Tim Pritlove 0:54:21
Flug abgeschlossen. 44. schon? Oh Gott, ich hab's gar nicht verstanden.
Thomas Zurbuchen 0:54:24
Und in der Zwischenzeit brauchen wir Helikopter für Mars Sample Return,also um diese Proben zurückzukriegen.Wir haben diese Helikopter gebaut als kleine Versicherung, wenn etwas falsch geht mit dem Rover.
Tim Pritlove 0:54:39
Ja und es ist ja vor allem etwas entstanden, was so überhaupt nicht geplantwar. Eigentlich war so der Rover, das war so die Mission, der fährt da so rum,der macht da so sein Ding, kennen wir schon, haben wir ja schon mal so ähnlich schon mal gemacht.Und durch dieses kleine Projekt, was jetzt sehr viel länger gehalten hat,ich weiß nicht, was hat man gedacht, wie viele Flüge, was hast du gesagt?
Thomas Zurbuchen 0:54:55
Vier, vier Booten länger.
Tim Pritlove 0:54:56
Vier Flüge sollten, so jetzt ist es halt schon irgendwie das Elffache davonund auf einmal wird es eine ganz andere Mission,weil der Helikopter fliegt voraus, schaut schon mal,wo könnten wir denn mal was interessantes finden, ja, also auch überhaupt diese Vorstellung,dass da sozusagen so zwei Roboter sich gegenseitig helfen und jedes Ding auchso seine eigenen Fähigkeiten sozusagen mit reinbringt und man ja vielleichtdann auch, ja, so weiterdenken kann.Bei diesen Planetenexplorationen, dass man sagt, ja okay, wir haben jetzt dasmit dem Fahrzeug, das haben wir fliegen können, vielleicht fallen uns noch einpaar andere Sachen ein und wir können das dann irgendwie ganz gut kombinieren.Es gibt ja, ich weiß gerade nicht, wie die Mission heisst, aber es wird ja eine neue Mission.
Thomas Zurbuchen 0:55:45
Dragonfly.
Tim Pritlove 0:55:46
Dragonfly für den Titan, genau.
Thomas Zurbuchen 0:55:48
Da hab ich auch gestartet, ja.
Tim Pritlove 0:55:50
Das geht ja im Prinzip in die gleiche Richtung.
Thomas Zurbuchen 0:55:52
Genau. Wenn man diesen Luftraum für Drohnen dazu bringt, gibt es total neue Optionen.Und für mich, wenn man etwas Neues… Man vergisst immer die Geschichte.Zum ersten Mal als wir einen Rover auf den ...Mars gestaltet haben. Die ganze wissenschaftliche Community fragte,warum vergeudest du unsere Zeit mit Reden.Wir können alles tun, was wir wollen auf dem Mars mit Ländern,also wie Viking und so die ersten wieder.In der Zwischenzeit will jeder Wissenschaftler einen Rover, weil man so dieganze Gegend erforschen kann, eben viel mehr als mit einem einzigen Ländern.Das Problem war, dass wir das technisch und finanziell gelöst hatten.Das Problem waren die Antibodies der wissenschaftlichen Community.Ehrlich gesagt, ich erinnere mich, am Schluss,vor dem Start, habe ich dem Chefwissenschaftler der Mission angerufen und gesagt,Du wirst in der nächsten Pressekonferenz positiv über den Helikopter sprechen.Aber ich bin nicht dafür. Du wirst darüber positiv sprechen,sonst finde ich einen anderen Chef.Du musst nicht sagen, es sei wichtig für die Wissenschaft, aber du kannst sagen,es sei wichtig für Technologien und für den Fortschritt. Und du wirst das sagen.Er war sehr zornig über mich. Er hat es natürlich gemacht, weil er seinen Job wollte.Aber die Tatsache ist, am Schluss war er der Mann, der den Helikopter gerettethat. Nach vier Flügen sagte ich, der Helikopter muss sich selber beweisen.Hat er gesagt, hey, wir können da drüben, gibt's so ein Dünenfeld.Wir können dort nicht hinfahren, weil der Rover bleibt stecken.Können wir dort hinfliegen und Bilder machen?Okay, ja, können wir. Gehen wir.Ah, okay, wir haben zwei Wege, mehr nach links oder mehr nach rechts.Kannst du vorausfliegen und sehen, welcher der einfachere Weg ist? Ja, können wir.Und darum, wirklich dieses Werkzeug zu brauchen, um die Wissenschaft zu unterstützen.Manchmal muss man ein wenig Medizin geben, bis so ein Werkzeug da ist.Ich bin unglaublich stolz auf dieses Team, aber auch auf die Idee.Übrigens, diese Tech-Demo, die anzuhängen auf anderen Missionen ...Es gibt eine Mission, die wir bauen, die heisst Nancy Grace Roman.Es ist wie der Hubble Space Telescope, aber 200-mal grösser als Field of View.Es ist viel schneller. Wir können den ganzen Himmel ablichten in Infrarot mit Hubble-Auflösung.Dort gibt es eine Tech-Demo, die daran hängt, die heisst Coronagraph.Das ist nicht nötig für die Mission.Ich bin unglaublich froh, dass wir die angehängt haben. Wie gesagt,wir haben auch gesagt, wie viel sie kosten dürfen.Und haben das entwickelt.Diese Tech-Demo wird, glaube ich, die wichtigste Schritt sein für die nächste grosse Mission.Das Habit of the World Observatory, das Observatorium, um wirklich andere Erdenin unserer Galaxie zu finden. Das nächste grosse Teleskop.Diese Tech-Demo wird der wichtigste Schritt sein. Und wir haben das gemacht,bevor wir wussten, dass das die nächste Strategie ist.Ich habe wirklich das Gefühl, dass es wichtig ist, auch Geld auszugeben aufbrilliante neue Technologien, um die wirklich zu entwickeln,dass wir sie zur Verfügung haben.
Tim Pritlove 1:00:01
Diese Mission ist vielleicht jetzt auch nochmal ein ganz gutes Beispiel schon,wäre so fast meine nächste Frage gewesen, jetzt ist so eine Mission in Fullswing,also ich meine so diese ganze Vorplanung und dann irgendwie erst bis zum Launchbringen und sozusagen den größten Teil geschafft zu haben,Aber so richtig spannend in gewisser Hinsicht wird es ja dann erst,wenn das Ding so richtig in Wallung kommt.Man hat es jetzt hier gesehen durch diese ganze Flexibilität, die dort gezeigt wird.Bei James Webb ist es ja schon ähnlich, weil dann auf einmal Dinge passieren,dann kommen irgendwelche Kometen angeflogen und müssen dann beobachtet werdenund auf einmal stellt man fest, Oh wow, jetzt haben wir irgendwie so fünf Instrumente,die alle irgendwie gleichzeitig dasselbe Ereignis im All mitnehmen,was ja dann auch nochmal einen ganz kompletten neuen Wert hat.Wie dynamisch ist dann dieses Geschäft dann zu diesem Zeitpunkt und das istja dann auch nochmal sozusagen jetzt aus der Direktoratsperspektive,wie schnell kann der Apparat auf so etwas reagieren?
Thomas Zurbuchen 1:01:07
Eines der Werte, die wir bei NASA haben, ist, dass wir wirklich runterdelegieren,wie wir den Satelliten brauchen. Mit anderen Worten, die kommen nicht zu mir.Wir wollen die beste Wissenschaft tun. Und wir wollen die Ideen finden auf derganzen Welt, um die beste Wissenschaft zu tun.Und wirklich dem Team die Flexibilität geben, um sich anzupassen auf diese neuenIdeen und wirklich mit denen umzugehen.Und wir machen das ganz bewusst so.Es gibt ab und zu, Osiris Rex kommt zurück,im September wird so eine Probe vom Asteroid Bennu,dass wir in 2020 gesammelt haben, wird das abgeben in Utah.Auf einem Fallschirm kommt das runter. Wir brauchen diesen Satelliten wieder.Wir haben einen neuen, wir gehen zu Apophis, also einer dieser Asteroiden,der sehr nah an der Erde vorbeifliegen wird. Wir gehen auf den los.Ab und zu können wir eine Mission total neu definieren. Wir wollen wirklichüber die Strategie sprechen,aber im Allgemeinen habe ich das Gefühl, um Wissenschaft zu maximalisieren,ist für grosse Bürokraten Wegzustehen.Wir wollen die Mission messen auf den Output. Wie wichtig sind sie?Ich erwarte von James-Worx Festalskop-Nobelpreise.Wenn es keine Nobelpreise gibt, weiss ich nicht, warum wir das tun.Also ganz bewusst, also ich weiss, Nobelpreise sind sehr, ich weiss nicht,ob man drauf… Also nicht für das Teleskop, sondern für die Wissenschaft,die daraus entsteht. Genau.Wir wollen wirklich die Natur mit einer neuen Art und Weise ansehen und wirklich verstehen,in einer Art und Weise, die so neu ist, dass die höchste Stufe erreicht werdenkann, was auch die sein kann.Und wir sollen das nicht von NASA aus entscheiden, was die richtige Wissenschaftist, Sondern eben die besten Ideen nehmen.
Tim Pritlove 1:03:38
Wie ist denn das mit solchen Methusalem Projekten, die ja auch noch laufen?Du hast es ja am Anfang schon erwähnt. Voyager 1.Wie viele Leute kümmern sich eigentlich noch um diese Sonde?Voyager 1 ist noch in Kontakt, Voyager 2 auch oder nicht mehr?
Thomas Zurbuchen 1:04:02
Beide, aber eines sieht weniger positiv aus als das andere. Wir haben ein Kommunikationsproblemmit einem, aber wir haben es mit zwei, wir sind in Kontakt und es gibt Messungen.Sehr auf Sparflamme jetzt. Wir haben wirklich das ganze Projekt runtergefahren.Ehrlich gesagt, haben wir neue Wissenschaftler als Projekt getan.Wir haben Programme gebaut, damit neue Ideen dort reinkommen.Woyze würde ich mal sagen.Wir verpassten ungefähr vor 15 Jahren, ich war dort nicht bei den NASA,aber wir verpassten diese Mission total zu retoolen.Wir hätten eine neue Generation von Wissenschaftlern auf dieses Projekt tunmüssen. Wir hätten mehr Wissenschaft herausbekommen, als wir haben.Voyager ist eine so erfolgreiche Mission, dass das quasi eine kleine Störungist auf der grossen Erfolgsdimension dieser Mission.Aber die Tatsache ist, was wirklich wichtig ist, und ich habe sehr damit gekümmert,dass wir neue Wissenschaftler auf alte Missionen bringen.Neue Energie, neue Ideen reinkriegen.Also Voyager unter uns gesehen ist wahrscheinlich das schlechteste,obwohl mit allen Erfolgen das schlechteste Beispiel, weil ich das Gefühl habe,wir haben den Zeitpunkt verpackt und das machen wir nicht mehr.Also wir haben ganz bewusst Missionen von neuen Führern übergeben.Die Maven Mars Mission ist zum Beispiel eine meiner früher, Die wurden nichtvon mir entschieden, aber eine frühere Studentin von mir, die ist jetzt die Chefin dafür, Maven.Das war ein anderer Mann, der mein Alter ist oder älter.Wir wollen wirklich die neue Generation ausbilden und neue Ideen reinbringen.Das ist absolut wichtig, ob es Voyager ist oder alle anderen.
Tim Pritlove 1:06:17
Maven ist die Mars-Atmosphären-Mission.
Thomas Zurbuchen 1:06:20
Genau.
Tim Pritlove 1:06:21
Ja, in dem Zusammenhang passt vielleicht auch die New Horizons Mission zum Pluto,die ja auch außergewöhnlich erfolgreich war.Super Start, eine der schnellsten Missionen,also was die Fluggeschwindigkeit betrifft und dann diese wunderbaren Bildervom Pluto, wo ja immer noch dran ausgearbeitet wird, aber das Ding fliegt noch,das Ding hat noch Kontakt und wir schießen dort sozusagen mit großer Geschwindigkeit ins All.Es gab glaube ich zwei weitere Beobachtungen seit dem Pluto von Virgo.
Thomas Zurbuchen 1:06:54
AquaRot war ein Vorbeiflug, ein naher Vorbeiflug vor ungefähr fünf Jahren.Das war ein unglaublicher Erfolg. Wirklich ein Kuiper-Belt-Objekt.Es sieht so aus wie zwei Objekte zusammen. Es ist wirklich ein ganz altes,ursprüngliches Objekt.In den nächsten zwei Jahren werden auf New Horizons Wissenschaft gemacht,nicht nur Beobachtungen vom Körperbild, die kleinen Körper,die wir von dort aus beobachten können, sondern auch Beobachtungen,die uns das Sodaic Light, also das Licht, das gestreut wird im inneren Sonnensystem,Das ist quasi der Hintergrund zur ganzen Raumbeobachtung.Wir werden Messungen machen, um das besser zu verstehen, weil wir auf der anderenSeite davon sind, dass die Dichte dieses Staubs darunter kommt.Wir machen diese Messungen. Und wir machen ganz bewusst Messungen über die Heliosphäre,also die Plasmakomponente der Sonne und der Galaxie, in einem Energiebereich,den wir noch nie gemacht haben.Also das sind die grossen Prioritäten jetzt. Wir haben das vor gerade letztesJahr entschieden, was die nächste Stufe ist und was nach der passiert.
Tim Pritlove 1:08:26
Sind denn dafür bei New Horizons Sensoren eingebaut worden, die jetzt für dieeigentliche Beobachtung des Pluto nicht herangezogen wurden?Also gibt es noch irgendwelche zusätzlichen Instrumente, wo man gesagt hat,können wir vielleicht noch gebrauchen, auch wenn es vielleicht jetzt beim Vorbeiflugdes Pluto keinen Sinn macht? Oder ist es einfach generell so,dass die Instrumente, die man jetzt sowieso hat, genau für solche Sachen auch getaugt haben?
Thomas Zurbuchen 1:08:50
Es ist mehr das Zweite. Wir haben quasi Instrumente dort zum ersten Mal in derGeschichte. Wir haben Kameras, die wirklich gut funktionieren, auch weit weg.Die Voyager-Kameras waren zu kalt damals und hatten weniger Bitrate.Wir konnten nicht die ganzen Bilder mit Farbkontrast runterbringen.Wir können das mit New Horizons.Der Plasma-Sensor war dort. Übrigens war das auf der Mission wegen des Plutons.Der Pluton hat ja eine Atmosphäre, und die Atmosphäre wird geladen,als diese neutralen Atmosphärenteile weggehen.Wie auf der Erde werden sie geladen, und diese geladenen Teilchen können gemessenwerden mit einem solchen Sensor.Darum war es auf der Mission.Auch die Staubmessungen waren für den Pluton. Aber die Tatsache ist,die werden wirklich neu erfunden.
Tim Pritlove 1:09:48
Jetzt gibt es ja noch so ein anderes, großes, neues Ziel, was eigentlich einaltes Ziel ist, nämlich der Mond.Dieses schöne Timon Struppi-Comic-Reiseziel Mond.Das scheint jetzt auch wieder ein neues Thema zu sein. Ist ja ganz klar.Die Artemis-1-Mission legt ja hier schon kräftig vor.Aber es gibt ja auch noch darüber hinaus große Ziele. Wie ist denn so die wissenschaftlichePerspektive und wie hat sich die NASA dazu auch eingestellt,was will man denn jetzt wieder machen mit dem Mond, worauf läuft's hin?Spielt hier auch eine andere Nutzung des Mondes jenseits der Erforschung eine Rolle?
Thomas Zurbuchen 1:10:34
Auf jeden Fall. Erstens gesagt, über die Forschung.Wir haben am Anfang über die nationale Strategie der Akademie gesprochen.Wenn man diesen Plan sieht, merkt man, dass der Mond wirklich wichtige wissenschaftliche Ziele hat.Ich würde sagen, wir gehen zum Mond zurück, aber wir gehen zurück zu einem Mond,den wir noch nie gesehen haben. Weil sich das wissenschaftliche Bild des Mondes verändert hat.Das sind zwei, drei Dinge, die wirklich anders sind. Erstens ist der Mond nichttrocken, sondern ist nass. Mit anderen Worten, es gibt Wasser dort.Wir haben das gemessen vom Orbit, aber wir waren noch nie auf der Oberflächeund haben es dort gemessen und gesehen, ob wir das Wasser rauskriegen.Übrigens, Wasser auf dem Mond, das war, was ich studiert habe in den 90ern, heresieren.Absolut alle, jede Vorlesung wusste, es gibt dort nichts.Und das ist wirklich interessant, wissenschaftlich gesehen. Das Zweite ist,dass wir gemerkt haben, dass wirklich das Datum,...Der Erdgeschichte festzulegen, müssen wir auf den Mond. Und der Grund dafürist, dass sich die Erde zu sehr ändert.Wegen der Geologie, der Erosion und so weiter.Auf den Mond wissen wir, wo wir hin müssen, um wirklich das Datum der Erdgeschichte festzulegen.In einer spezifischen Art und Weise. Und die dritte Priorität ist die,die du schon angesprochen hast. Das ist die Tatsache, dass wir den Mond brauchen wollen.Also ein Outpost, also wirklich eine Möglichkeit, ein Forschungsort,von dem wir andere Missionen machen können. Die Frage ist, ob wir Wasser oderandere Dinge vom Mond nehmen können, die uns helfen.Wasser geht weniger ums Trinken, ehrlich gesagt. Wir wissen,wie wir Wasser für Astronautinnen und Astronauten brauchen. Wir wissen,wie wir das tun. Wir haben auf der Raumstation, wir haben Wasser,wir können es wiederverwerten.Wir haben die ganze Maschine. Also es ist nicht vor allem zum Trinken,sondern um Treibstoff und Energie zu finden.Also die Frage ist, können wir das nutzen? Gibt es andere Werte auf dem Mond?Und wirklich, also die Frage, kommt der Mond in die Wirtschaftsphäre von Amerikaoder der westlichen Welt?Also das ist die Frage, die auch mit dem Mond zu tun hat. Ja,es ist fundamentale Wissenschaft, wirklich wichtige Wissenschaft.Die Erdgeschichte, aber auch wirklich unerwartete Überraschungen vom Mond.Das Zweite ist wirklich, ist das so ein Brückenkopf, Wirklich ein Ort,von dem wir weitergehen können ins tiefere Sonnensystem.
Tim Pritlove 1:13:48
Jetzt vielleicht mal zurück zur Erde.Die Raumfahrt, die stellt ja auch die Erde vor ein paar Herausforderungen,wenn man sich solche Projekte anschaut wie Starlink, Kuiper,OneWeb, also die Erschließung von Dienstleistungen für Internet mit riesigenSatellitenkonstellationen, solchen riesigen Netzwerken.Es ist ja so, dass eine Disziplin vielleicht in den letzten Dekaden überhauptnicht mitgehalten hat mit der Entwicklung, nämlich die Weltraumpolitik.Es ist eigentlich relativ wenig passiert und gerade jetzt sehen wir natürlicheine ganze Menge Reibung mit Russland,mit China auf der einen Seite, aber eben auch mit solchen privatwirtschaftlichen Dingen,die Astronomen fluchen halt immer mehr,Gerät, was ins All geht und die ganze Debatte darüber scheint nicht so richtigstattzufinden und macht gerade auch einfach nicht so den Eindruck,als ob sich irgendwie alle einig werden könnten und es gibt ja nun auch so einbisschen parallel, wie zum Klimawandel auf der Erde,Wir haben sozusagen auch ein bisschenKlimawandel im Orbit, weil Weltraumschrott ein großes Problem ist.Es wird viel gestartet, aber in zunehmendem Maße treten Kollisionen auf und ähnliche Sachen.Wie siehst du diese gesamte Situation? Ist sozusagen der Weltraumapparat,der internationale, langfristig überhaupt noch in der Lage, sich so global zumanagen, dass das auch noch eine Zukunft hat?
Thomas Zurbuchen 1:15:32
Ja, also ehrlich gesagt mache ich mir Sorgen über genau dasselbe.Nicht nur nachdem ich NASA verlassen habe, auch im Job bei der NASA.Wenn wir unsere Raumforschung, quasi die Bedrohung uns ansehen.Es gibt zwei Bedrohungen, die miteinander viel zu tun haben.Das erste ist, dass der Raum eine Ebene wird vom Krieg.Genauso wie Wasser. Wir haben ganze Armeen, die im Wasser, so Navy,die gehen, ob es U-Boote sind oder was auch immer, quasi Wasser-Ozeane sind,ein Ort, wo Krieg passieren kann.Die Luft ist so ein Ort, wir haben Flugzeuge und so weiter, die Bomben werfenkönnen und wird der Raum auch so ein Ort des Krieges.Und das Problem ist, wir wissen, dass GPS oder verschiedene Kommunikationssysteme,die militärische Apparatur wird unterstützt vom Raum.Aber die Frage ist, bringen wir Waffen in den Raum? Und die Regeln waren so,dass wir gesagt haben, das tun wir nicht.Die westliche Welt hat sich an diese Regeln gehalten, aber nicht die östliche, glauben wir.Und das ist wirklich ein besorgniserregendes.Das ist das erste Problem. Das zweite Problem ist dieser Weltraumschrott.Nicht nur der Schrott, sondern wie viel im Weltraum ist. Und das Problem ist,weil es das erste Problem gibt, gibt es keine Diskussion über das zweite.Das ist wirklich das Problem heute. Es ist fast unglaublich, darüber nachzudenken.Ich bin gerade letztens von Amerika nach Deutschland geflogen,bin hier in München gelandet. Man kann sich vorstellen, dass ein chinesischesFlugzeug hier landet und sagt, ich sage euch nicht, wo ich bin.Ich sage euch nicht, wann ich komme, aber ich werde in München landen.Tatsache ist, das ist absolut gefährlich, es kann nicht sein.Genau so funktioniert der Raum im Moment.Wir haben in Amerika die europäische Gemeinde, alle haben Japan.Wir haben alle unsere Satelliten in einem Verzeichnis. Wir sagen,wann wir die raustun, was wir tun.Jeder Launch ... Natürlich, wir sehen, wenn die Chinesen launchen usw.Aber die Tatsache ist, es gibt im Moment kein internationales Abkommen,das uns wirklich hilft, mit dem direkt umzugehen. Das Problem ist,es gibt nicht einen chinesischen Raum und einen europäischen, amerikanischen Raum.Der Raum gehört allen.Und wir haben nicht Transparenz.Das Ganze muss anfangen mit Transparenz.Ehrlich gesagt, wir haben schon jetzt grosse Probleme. Nicht nur die Astronomen.Wir haben grosse Probleme. Es gibt gewisse Orbits, wo wir fast nicht mehr reinlaunchen können.Orbits, die wichtig sind für die Menschheit.Wir haben grosse Schwierigkeiten und wir müssen unbedingt Fortschritte machen.Die internationale Gemeinschaft hat keine Lösung dazu gefunden.Die United Nations Office of Outer Space Affairs, oder wie die heissen,die Zeitskale von Änderungen oder von Regulationen sind vergleichbar mit geologischen Zeitskalen.Also mit anderen Worten, etwas das viel schneller, viel effizienter gehen muss,als wir heute Werkzeuge dafür haben. Das ist wirklich ein grosses Problem undes wird nachts schlimmer.
Tim Pritlove 1:19:29
Das heisst hier ist im Prinzip die internationale Politik gefragt,aber der Incentive da wirklich Fortschritte zu erzielen ist derzeit nicht so richtig da.
Thomas Zurbuchen 1:19:38
Genau. Aber es fiel mir einfacher zu verstehen, dass es ein zweites Problemgibt mit dem ersten zusammen. Es ist klar, die westliche Welt ist führend imRaum, insbesondere Amerika.Wahrscheinlich, wenn ich mit einem chinesischen Pass aufgewachsen wäre,würde mir das auch Sorgen machen. Ich weiss nicht.Für mich ist es nicht so, dass ich es nicht verstehe.Aber ich verstehe nicht, dass wir nicht zusammenkommen und das Problem angehen.Weil der Raum wird nicht mehr nützlich sein, auf der Art und Weise,wie er sein sollte für die Menschheit.Wirklich der Menschheit zu dienen, wenn wir das Problem nicht lösen.
Tim Pritlove 1:20:19
Und das wahrscheinlich auch schon recht bald, oder?
Thomas Zurbuchen 1:20:21
Ja, also ich habe das Gefühl, dass es innerhalb der nächsten zehn Jahren geht.Also wir sind schon jetzt auf Stufe gelb-orange.Also es geht auf Stufe rot in den nächsten zehn Jahren.
Tim Pritlove 1:20:33
Und diese Sichtweise teilen nicht alle oder es gibt einfach nur eben nicht diesenDurchbruch für die Politik, sich dieser Problematik auch anzunehmen oder daKompromisse zu schließen.
Thomas Zurbuchen 1:20:50
Also wo hakt es sozusagen? Also das grösste Problem,das ich sehe, ist wirklich, dass es auf der Stufe der Länder,die viel im Raum dazu beitragen, insbesondere China, dass China bis jetzt nicht an den Tisch kommt.Also das ist das erste. Und dann, das ist nicht das einzige Problem.Es gibt dann verschiedene Probleme, die nächste Stufe darunter ist.Was sind die Regulationen, die wir haben wollen? Also es ist klar,dass im Moment Starlink hat am meisten Satelliten, also Starlink wird,es wird so viele Starlink Satelliten geben wie alle anderen Satelliten,glaube ich, dieses Jahr oder nächstes Jahr.
Tim Pritlove 1:21:37
Seit der gesamten Raumfahrtgeschichte.
Thomas Zurbuchen 1:21:38
Genau. Und ehrlich gesagt, die sind sehr tief. Die Art und Weise,wie es gemacht ist, ist nicht dumm.Ich weiss im Detail, wie es gemacht wird. Es ist wirklich gut überlegt,dass Satelliten, die kaputt gehen, tief fliegen, nicht hoch fliegen.
Tim Pritlove 1:22:02
Weil sie dann halt schnell abgebremst werden und einfach runterfallen.
Thomas Zurbuchen 1:22:05
Genau aus dem Grund.Und SpaceX hat sich auch Mühe gegeben, die dunkler zu machen.Ehrlich gesagt waren alle überrascht, wie hell sie sind am Himmel.Sie sind viel dunkler und haben gewisse Dinge mit Astronomen gearbeitet.Aber die Tatsache ist, dass es eine Firma gibt, ohne weiteres könnte ich überfünf andere Firmen sprechen, die auch in den nächsten Jahren hunderte,wenn nicht tausende von Satelliten rausbringen.
Tim Pritlove 1:22:36
Zwei hatte ich ja schon genannt, Kuiper von Amazon und OneWeb,die sind auf jeden Fall am Start, aber weitere werden folgen und andere Länderwollen das wahrscheinlich auch haben,weil auch dieser Kampf ums Internet, man sieht das jetzt gerade auch mit demKonflikt um die Ukraine, da wird das ja auch wieder eine ganz wichtige,sicherheitsrelevante Infrastruktur werden.
Thomas Zurbuchen 1:22:56
Ja, genau. Drum wird das Problem grösser werden, als es heute ist. Absolut.
Tim Pritlove 1:23:03
Ein verwandtes Problem ist ja generell die Sache mit der Reparatur.Als es noch das Space Shuttle gab, da hatte man so eine fliegende Werkstatt.Das war zwar alles sehr teuer, aber hat ja funktioniert.Hubble, das tolle Teleskop, ist ja überhaupt erst durch so eine Reparaturmissionwieder in Stand gesetzt worden, nachdem es einen Konstruktionsfehler gab,in dem da so eine Brille aufgesetzt wurde, die ja super funktioniert hat.Gerade um so die Missionen solcher super teuren und super wichtigen Missionenwie Hubble zu verlängern, wäre das ja eigentlich ganz wünschenswert.Hat das noch eine Zukunft solche Reparatur-Missionen in irgendeiner Form zu starten?Ist so die Robotik und auch generell so die Launcher-Technik und die Kosten,wie sie sich jetzt abzeichnen, sieht das nach einem viablen Weg aus,dass man da nochmal hinkommt und solche Geräte repariert bekommt oder zumindestso große Busse wie der Envisat von der ESA,die da rumfliegen und leider nicht mehr reagieren, die vielleicht auch wiederkoordiniert zur Erde zu bringen?
Thomas Zurbuchen 1:24:12
Absolut. Schon jetzt gibt es Möglichkeiten,Satelliten, insbesondere geostationäre Satelliten, zu tanken.Es wurde schon gemacht, es gab eine Geschichte im letzten Jahr,als ein geostationärer Satellit getankt wurde während eines Fussballspiels.Also einen europäischen Fussballspieler über Amerika.Und er wurde getankt und der Satellit flieg weg und das Fussballspiel wurde nie unterbrochen.
Tim Pritlove 1:24:47
Also während er das Fussballspiel übertragen hat?
Thomas Zurbuchen 1:24:50
Wurde er getankt.
Tim Pritlove 1:24:51
Ah ja.
Thomas Zurbuchen 1:24:51
Ja, absolut. Also das gibt es schon heute.Das wurde entwickelt aus verschiedenen Gründen, auch für grosse Systeme in Amerika.Kommerzielle, aber auch andere Systeme. Und wir werden das mehr und mehr brauchen.Was gebraucht wird, werden robotische Servicing.
Tim Pritlove 1:25:16
Entschuldigung, war das ein geostationärer Satellit?
Thomas Zurbuchen 1:25:18
Ja, das gibt es schon. Wurde schon entwickelt. Wir sprechen nicht so oft darüber,weil viele der Anwendungen eben nicht so viele sind. Aber die Tatsache ist, es ist öffentlich.Das gibt es schon. Ich bin so sicher, dass es das gibt.Für zukünftige Satelliten, für grosse Teleskope werden wir von Anfang an reinbauen.Wir haben schon gesagt, dass das nächste grosse Teleskop von Anfang an reingebaut wird.Roman, das wir in 2026, 2027 rausschiessen, das grosse Teleskop,können wir schon tanken.
Tim Pritlove 1:25:57
Aber jetzt nur für Erdorbit-Missionen.
Thomas Zurbuchen 1:25:59
Für Erdorbit, aber L2, also eineinhalb Millionen Kilometer weg.
Tim Pritlove 1:26:06
Also da, wo jetzt James Webb und Herschel Plank und so weiter rumflogen.
Thomas Zurbuchen 1:26:10
Genau. Wir müssen die Technologie entwickeln. Wir haben der Industrie schongesagt, wir wollen das kaufen. Und die Tatsache ist, wenn man geostationär ist,ist nicht viel mehr Energie.Das Problem ist mit GPS, man muss sicher stehen, dass wir wissen,wo das ist innerhalb von ein paar Zentimetern.Das Letzte, was wir tun wollen, ist eine Kollision zwischen zwei Satellitenbauen, aber die Tatsache ist, das kommt wirklich und ist einer der guten Gründe.Es gibt zwei, drei Möglichkeiten.Das erste ist, Lebenszeit zu verlängern. Das heisst, wir müssen weniger raufschicken.Das zweite ist, die zu verbessern.Darum will ich es für die NASA-Wissenschaft tun. Wir wollen das Teleskop wieein Teleskop auf Hawaii oder Teneriffa bauen, damit man ein neues Instrumenteinbauen kann, wie bei Hubble.Aber wir wollen es mit Robotern tun.Das Dritte ist, wenn etwas nicht mehr funktioniert, dass wir es abholen undrunterschicken können.Etwas, woran wir arbeiten – ich bin nicht mehr bei der NASA,also ich kann nicht Neuigkeiten geben und so weiter – Aber wir arbeiten miteiner dieser Privatfirmen, Polaris, die mit SpaceX arbeitet,um Hubble hochzubringen, 80 Kilometer hochzubringen.
Tim Pritlove 1:27:31
Also wieder so einen Boost zu geben.
Thomas Zurbuchen 1:27:32
Wieder einen Boost zu geben. Und der Grund, warum wir das tun wollen,ist erstens, es hilft uns, Hubble länger zu halten, aber es gibt uns auch dieMöglichkeit, mit Hubble mehr zu lernen.Dass wir eben Hubble brauchen können, um Dinge zu flecken und wirklich mit dem wiederzulernen.Aber jetzt weniger mit Astronauten und Astronauten wie mit Hubble früher,sondern mehr mit Robotern.
Tim Pritlove 1:28:01
Müsste mit Hubble nicht auch die Gyroskope ausgetauscht werden,um da die Laufzeit wirklich garantiert zu verlängern?
Thomas Zurbuchen 1:28:07
Was muss ausgegangen werden?
Tim Pritlove 1:28:08
Die Gyroskope müssen noch drei, nur noch im Betrieb von den sechs und wenn einernoch ausfällt, dann ist alles vorbei.
Thomas Zurbuchen 1:28:15
In meiner Zeit bei der NASA habe ich alles schon analysiert.Also ich weiss, was wir tun können.Der erste Schritt ist, dass wir dem Hubble Lebenszeit geben müssen und wir wissen,was wir tun können. Ja, Gyroskope sind eine der wichtigsten Technologien.Das Zweite sind Computer. Die Computer haben Probleme.Wir haben auf einer Seite auf die andere Seite umschalten müssen,weil die eine Seite quasi so ein Computer sich aufhängt, auf eine Art und Weise mehr als es sollte.Es gibt zwei, drei andere Probleme, aber wir wissen, was wir tun können.Das erste ist, dass wir wieder ankoppeln müssen. Wir müssen lernen, wieder anzukoppeln.Und dann die Frage ist, was können wir tun zusätzlich.Also wir sind absolut dran.
Tim Pritlove 1:29:04
Jetzt ist leider unsere Zeit heutebegrenzt. Deswegen wollte ich dir jetzt nochmal die Gelegenheit geben,vielleicht am Schluss noch irgendetwas einzubringen, was ich jetzt noch nicht gefragt habe,aber was so vielleicht gut passen könnte zu dem, was wir bisher so besprochenhaben, wohin so die Reise geht mit der Raumfahrt, was man noch so erwarten kann,aber ich lass das jetzt einfach mal offen.
Thomas Zurbuchen 1:29:28
Ja, ich habe wirklich das Gefühl, dass die Raumfahrt ist wirklich eine dieserAktivitäten der Menschheit, die wirklich das Beste in den Menschen herausbringen kann.Zusammenarbeiten, internationale Gemeinschaften, sich auf die Natur zu konzentrieren,der Erde selber zu helfen, auch mehrere Menschen in den Raum zu bringen,in einer Art und Weise, wie das früher nicht war.Wir können gehen, ohne dass wir ein ganzes Leben drauf ausrichten müssen.Als Astronaut zu arbeiten für mich, das hätte ich nie gemacht.Fünf Jahre irgendwie zu trainieren, Schrauben anzuziehen im Raum,für mich baue lieber ein Sattel. Also ich habe viele Freunde,die Astronauten sind, Astronautinnen auch, und das sind unglaubliche Menschen.Nichts Kritisches zu dem, aber für mich, wenn ich meine...
Tim Pritlove 1:30:21
Man muss das machen, was man am besten kann.
Thomas Zurbuchen 1:30:23
Für mich die Frage ist, innerhalb der nächsten 15 Jahre können wir Wissenschaftler,die im Labor stehen, in einen Raum schicken, dass sie für ein Jahr dort arbeitenkönnen, oder ein paar Monate, um wirklich Experimente zu machen,so gut wie im Labor da unten.Ich glaube, die Antwort ist, das wird möglich sein.Wahrscheinlich innerhalb von zehn Jahren, vielleicht viel kürzer.Also wirklich Leute, die mit ein paar Monaten Training das tun können.Und für mich ist das alles möglich. Es gibt viele Dinge. Ja, es gibt Bedrohungen.Wir müssen die auch im Auge behalten. Und insbesondere die Friedenslage im Raum.Wie wir mit dem Raum umgehen. Aber auch, wie wir mit dem Raum umgehen bezüglich der Benutzung.Wirklich das überlegen. Auch auf dem Mond zum Beispiel. Wie werden wir mit demMond umgehen, wenn wir alle dorthin gehen?Das sind genauso wichtige Fragen wie der Zaun in der Nachbarschaft.
Tim Pritlove 1:31:25
Ich glaube, das ist auch ein ganz klares Bekenntnis zur bemannten Raumfahrt.
Thomas Zurbuchen 1:31:29
Ich glaube, dass Raumfahrt in der Zukunft auch bemannte Raumfahrt sein wird. Es wird beides sein.Es ist für mich ziemlich einfach, darüber nachzudenken.Wir haben viel Forschung in den schwierigsten Gebieten auf der Erde.Vulkane, Antarktika. Es gibt keine Expeditionen ohne Menschen.Obwohl wir Drohnen haben, die auch die unterstützen, die Menschen sind immer dort.Und warum? Weil es bessere Forschung ist.Das wird auch so sein auf dem Mars.
Tim Pritlove 1:32:02
Und es sorgt auch für eine ganz andere emotionale Beteiligung der Menschheitund die ist natürlich auch wichtig.
Thomas Zurbuchen 1:32:08
Absolut.
Tim Pritlove 1:32:10
Thomas, vielen, vielen Dank. Ich hätte noch stundenlang weiterreden können,aber die Zeit ist heute leider begrenzt.Vielleicht führen wir das Gespräch später mal weiter.Aber ich sage jetzt erstmal vielen Dank für die Ausführung.
Thomas Zurbuchen 1:32:22
Ja, vielen Dank und absolut, wenn wir eine Gelegenheit haben weiter zu sprechen,tue ich das gerne und alles Beste.
Tim Pritlove 1:32:31
Sehr gut, sehr schön. Und vielen Dank auch fürs Zuhören hier bei ROM-Zeit.Bald geht es wieder weiter. Tschüss, bis bald.

Shownotes

RZ107 Artemis und Orion

Mit der Artemis-Mission wagt die NASA gemeinsam mit der ESA die Rückkehr zum Mond

50 Jahre nach der letzten Landung auf dem Mond macht sich die NASA auf wiederum Menschen auf den Mond zu senden. Die Artemis-Mission setzt dabei zunächst auf drei konsekutive Missionen, die sich diesem Ziel schrittweise annähert. Das Projekt ist aber auch eine enge Kooperation mit der ESA, die mit dem European Service Modul eine der wichtigsten Komponenten stellt. Das Modul sorgt für den Antrieb des Raumfahrzeugs und versorgt das Crew-Modul der Astronauten mit allen lebenserhaltenden Funktionen. Die Artemis 1 Mission ist Ende 2022 erfolgreich abgeschlossen worden und alles bereitet sich nun auf den ersten bemannten Flug zum Mond seit einem halben Jahrhundert vor.

Dauer:
Aufnahme:

Tobias Langener
Tobias Langener

Ich spreche mit Tobias Langener von ESA, der verantwortlich für die Antriebssysteme des Orion European Service Modules am Projekt mitgearbeitet hat über die lange Vorgeschichte von Artemis, die technischen Herausforderungen des Projekts und dem erfolgreichen Verlauf der Artemis 1 Mission und welche Erkenntnisse diese geliefert hat.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove 0:00:35
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere.Kosmische Angelegenheiten.Mein Name ist Tim Prittlaff und ich begrüße alle zur 107. Ausgabe von Raumzeit.Und heute, nach tatsächlich zehn Jahren, ich bin erst einmal wieder nach Holland gefahren ins Estec.Das Estec ist das Europäische Weltraumforschungs- und Technologiezentrum, ESA.Es gibt ja verschiedene Standorte der ESA quer über Europa verteilt und nichtnur in Europa, es gibt ja auch den Raumfahrt-Startplatz in Kourou.Aber hier ist sozusagen der Ort, wo die Satelliten getestet werden,wo sehr viel Technik auch entwickelt wird, auch Forschung gemacht wird,alles Mögliche wird hier gemacht.Und heute wollen wir über ein Projekt sprechen, was gerade so richtig erst gestartet ist,nämlich das Artemis-Projekt, was eigentlich ein NASA-Projekt ist,aber bei dem auch die ESA eine Beteiligung hat, nämlich in Form des sogenannten Service Modules.Um darüber zu sprechen, begrüße ich meinen Gesprächspartner heute nämlich denTobias Lagener. Hallo Tobias. Hallo Tim. Herzlich Willkommen bei Raumzeit.Ja Tuias, wie lange bist du denn schon hier beim ASTEC?
Tobias Langener 0:01:51
Ja ich bin hier 2010 angefangen. Ich war zuerst als Ingenieur in der Forschungund Entwicklung tätig. Antriebsbereich, Aerothermodynamik.
Tim Pritlove 0:02:01
In der Industrie dann?
Tobias Langener 0:02:02
Ne ne, die finde ich direkt nach der, also ich habe erst, also ich habe in Stuttgartund in Amerika studiert.Und danach in Stuttgart dann promoviert. Mein Thema damals war Brennkammerkühlungfür Raumfahrtantriebe.
Tim Pritlove 0:02:15
Also direkt, du hast Weltraumtechnik?
Tobias Langener 0:02:17
Ja genau, ich habe Luft- und Raumfahrtechnik in Stuttgart studiert.Das ist eine große Universität für Luft- und Raumfahrtechnik.Und dann mein Promotionsprojekt, da hatte ich Verbindungen hier zu ESA.Ich war vorher auch mal zum Praktikum hier, das ist jetzt auch schon 17 Jahre her.Und gut, dadurch bin ich dann bei der ESA gelandet. Hab dann in Technologieim Forschungsbereich gearbeitet und dann auch angefangen,Projekte zu unterstützen im Antriebstechnologiebereich, also Studien,Auslegungen, Simulationen und nachher halt auch mehr auf Systemebene.Ich habe dann quasi immer meinen Arbeitsbereich vergrößert, habe dann irgendwannangefangen, ExoMars zu supporten vom Antriebsbereich.Das ist ja die Mission der ESA, die damals in Zusammenarbeit mit der russischenRaumfahrtagentur Roskosmos war, die ja mittlerweile stillgelegt ist.
Tim Pritlove 0:03:10
Aus den bekannten Gründen.
Tobias Langener 0:03:12
Aus den bekannten Gründen, ja. Und da gab es zwei Missionen.2016, das ist ein Orbiter am Mars mit einem Landedemonstrator,da habe ich ein bisschen dran gearbeitet. Und dann halt vor allen Dingen dieMission, die damals 2018 nach 2020 hieß, wo man den europäischen Rover mit einerrussischen Kapsel auf den Mars landen wollte.War ich da für die Antriebssysteme verantwortlich oder habe ich das Projektunterstützt mit Technologie Know-How.
Tim Pritlove 0:03:40
Ganz schön frustrierend, wenn so eine Mission, an der man jahrelang arbeitet,dann einfach so mir nichts, dir nichts aus politischen Gründen fällt, oder?
Tobias Langener 0:03:46
Das stimmt natürlich, wenn man da lange lang gearbeitet hat.Das ist jetzt, ich habe dann Gott sei Dank vorher, bevor die Mission stattfand,schon in dieses europäische Service-Modulprojekt gewechselt gehabt.Allerdings, ich weiß, dass die Leute, das Projektteam von ExoMars,die hatten schon ihre Koffer gepackt und wollten gerade los nach Baikonur.Die Launchkampagne wäre im März losgegangen und im Februar ist natürlich derUkrainekrieg begonnen.Gut, danach guckt man dann erstmalein bisschen blöd und man weiß nicht so richtig, was man machen soll.Jetzt ist die Mission umdefiniert, seit der Ministerratskonferenz,die Exumas Mission, dass es einen reinen europäischen Land ergibt mit amerikanischer Beteiligung.Und ja, hoffen wir, dass wir dann unseren Rover dann noch auf dem Mars bekommen.Aber gut, das Thema ist ja jetzt die Europäische Service Modul.
Tim Pritlove 0:04:42
Aber das Thema ist halt auch wirklich auch diese Kooperation NASA und ESA,die es ja schon immer gab und viele Projekte hatte.Aber Russland spielte natürlich eine große Rolle, das fällt jetzt komplett weg.Das bedeutet ja im Prinzip hier auch eine Neuausrichtung in vielerlei Hinsicht.
Tobias Langener 0:04:59
Na gut, ich meine, auf der Raumstationsebene geht die Kooperation weiter.Das war auch nie auf Arbeitsebene ein Problem, so wie ich das verstanden habe.Und auch politisch wurde da nicht so richtig daran gezweifelt,obwohl es da von russischer Seite, sage ich mal, Kommunikation gab,die wirklich unter der Gütelinie waren.Aber es läuft weiter. Ich habe auch, als ich in Houston war,da waren Russen im Kontrollzentrum, die halt für die ISS zuständig waren,die waren nicht weg, die waren dann ganz normal und haben weiter gearbeitet.
Tim Pritlove 0:05:28
Es ist ja auch bitter, muss ich sagen. Ich begleite ja die Szene von außen auchschon öfter und ich kenne einfach keinen Bereich, der so...Eigentlich mehr globale Friedenspolitik macht als die Raumfahrt.Weil hier einfach so die internationale Kooperation schon immer,wie soll ich sagen, der Politik eigentlich weit entrückt und voraus war in gewisser Hälfte.China ist noch ein schwieriges Thema, aber auch da gibt es ja auch sehr vielmehr Kooperation, als man es an anderen Stellen teilweise findet.
Tobias Langener 0:06:01
Ja genau, ich denke mal, die friedliche Nutzung der Raumfahrt ist natürlich ein Bereich,auf dem man kooperieren kann, weil das ist im Endeffekt eine wissenschaftsgetriebeneIndustrie, auf der man natürlich kooperieren kann ohne große politische oder Sicherheitsprobleme.Aber es gibt halt größere Projekte, auf denen dann auch eine echte Zusammenarbeit stattfinden kann.Zum Beispiel im Multimillionen-Euro-Bereich natürlich.Und da kann dann dadurch eine signifikante Kooperation mit Russland oder China oder natürlich den USA,unser Hauptpartner möchte ich jetzt mal meinen, in der man in den Raum fährt,durchgeführt werden, die auch auf politischer Ebene etwas Beachtung findet.
Tim Pritlove 0:06:56
Aber wir wollen ja heute eigentlich über Artemis sprechen, über dieses Projekt.Das ist ja nun auch so ein Projekt, was so lange Zeit etwas holprig vorangekommen ist.Dahinter steckt ja die Idee, nach vielen, vielen Jahrzehnten der Inaktivitätauf dem Mond endlich mal wieder dort Weltraumfahrt zu betreiben.Da kommt natürlich auch noch mal so ein neuer Aspekt mit rein für die Raumfahrt,jenseits der reinen Wissenschaft.Das ist natürlich jetzt hier auch so die Idee des Mondes als einerseits alsStandort, aber eben vielleicht auch als industrielle Nutzung.In gewisser Hinsicht steckt ja dann auch noch so ein bisschen im Hintergrund.Das ist, glaube ich, auch so weltraumrechtlich.Das soll heute nicht das Thema sein, aber das steht auf jeden Fall alles soein bisschen im Raum, dass sich hier einfach komplett neue Fragen stellen.Aber zunächst einmal geht es ja darum, vor allem aus Perspektive der Amerikaner,nach der Apollo-Mission hier endlich mal wieder den Fokus auf den Mond zu richten.Das ist auch schon eine Weile her mit dem Constellation-Programm.Das war, glaube ich, so der erste Ansatz, der aber nicht so funktioniert.
Tobias Langener 0:08:06
Ja, also es gab natürlich erstmal das Shuttle,was halt schon in den 60ern im Endeffekt konzipiert wurde parallel zu Apollound was dann halt in den 80ern, glaube ich, in Betrieb genommen wurde.Und als dann die Entscheidung getroffen wurde, dann keine Shuttle-Flüge mehrdurchzuführen, muss man natürlich irgendwie ein Ersatzprogramm herstellen,mit dem man größere Raumschiffe in den Weltall außerhalb von dem Leos,vom Low Earth Orbit, kriegen kann.Es gibt ja in Amerika auch Industriepolitik. Es ist ja nicht so,dass die Amerikaner davon frei sind.Ein Shuttle-Programm war ein sehr großes Programm, das große Industrien beschäftigthat, viele Leute in Arbeit gehalten hat und natürlich müsste man da irgendwieanknüpfen, um auch die Technologien weiter zu nutzen, das Know-How nicht zuverlieren und so weiter.Dann gab es halt, ich glaube George Bush.Junior hat das Programm oder während seiner Präsidentschaft wurde dieses Constellation-Programmin Auftrag gegeben bei der NASA,wo halt geguckt wurde, wie muss eine Raketenarchitektur aussehen,die vielleicht an die Shuttle-Technologie anklüpfen kann, um Erkundung vom Mondwieder oder Erkundung noch darüber hinaus mit Astronauten.Und es ist ganz wichtig gewesen, dass man halt ein großes Programm hat,um halt die Technologieführerschaft weiterzuführen.Und dann natürlich werden so Programme dann umdefiniert und auch mal wieder gecancelt.Und ja, das Artemis-Programm wurde dann, oder das Artemis-Programm,der Namen vom Artemis-Programm, den gibt's ja eigentlich erst seitdem Donald Trump Präsident war.Vorher gab es das Orion-Programm, was das Raumschiff war, dann SLS,dieses Space Launch System.Das ist das zweite Programm in dem Artemis-Konglomerat.Und dann gibt es Exploration Ground Systems. Das ist die Startrampe in Floridaund alle weiteren operational Technologien,Aspekte, die halt dazu nötig sind, so ein Raumschiff zu prozessieren,den Launcher starten zu lassen, die Kapsel wieder zu bekommen und so weiter.Artemis hieß vorher Exploration Mission One. Also nicht wirklich ein attraktiver, kein sexy Name.Und man brauchte dann halt irgendwann, als Donald Trump in Office war, auch einen neuen Namen.Was aber auch ganz interessant war, war, dass eigentlich der Starttermin wesentlichspäter geplant war. Also klar, der Termin war eigentlich immer eher geplant,aber die Mondlandung war erst für 2028 geplant eigentlich.Donald Trump hat gesagt, wir müssen das eher machen, wir müssen erst mal Artemis1 in 2020 fliegen und dann Artemis 3 mit der Mondlandung in 2024.
Tim Pritlove 0:11:11
Damit das noch in seine theoretische zweite Amtszeit fängt.
Tobias Langener 0:11:14
Das war natürlich nicht offiziell die Position, sondern inoffiziell hatten wirda so Vermutung, dass das vielleicht damit zusammenhängen könnte.Auf jeden Fall. Man muss aber auch sagen, das hat vielleicht dem Programm auchein bisschen gut getan, weil ein bisschen mehr Funding reingekommen ist.Also wenn man ja so eine Mission macht, die hat Gesamtkosten und wenn man dieüber 10 Jahre oder 15 Jahre ausbereitet, hat man natürlich pro Jahr wenigerBudget. Wenn man das jetzt vier Jahre schneller machen muss,braucht man pro Jahr mehr Budget.Und das ist halt auch zum gewissen Teil eingetroffen, dass die NASA in dem Bereichdann mehr Budget bekommen hat um die halt die Sachen zu beschleunigen und schneller zu machen.Gut, und das hat dann natürlich zur Folge, dass wir dann 2022.Mit Artemis 1 gestartet sind.Atomos 2 ist jetzt geplant für Ende 2024 und für Ende 2025 dann die Mondlandung im Atomos 3 Programm.Und dazu entwickelt gerade SpaceX das Landesystem.
Tim Pritlove 0:12:21
Wir sollten vielleicht noch mal kurz klar machen, worum es geht.Also es geht um einen Flug zum Mond und das langfristige Ziel ist halt auchwieder eine Landung mit Astronauten.Also das wirklich mal wieder Feet on the Ground herrscht nach dem Apollo.Deswegen heißt die Mission ja auch Artemis, weil Artemis eben die Zwillingsschwester von Apollo ist.Das stimmt, ja. Ich finde es immer interessant, wenn sich die Raumfahrt so inder griechischen Mythologie bedient.Liegt ja immer nahe, weil ja auch die Sterne danach benannt sind. Orion, ja.Wobei Artemis und Orion, das habe ich irgendwie ein bisschen nachgelesen.Da lief es irgendwie nicht so gut. Also ich hoffe, das wird dann nicht zu Problemen führen.
Tobias Langener 0:13:04
Da kennst du dich in der griechischen Mythologie besser aus als ich.
Tim Pritlove 0:13:07
Ja, das ist noch so eine etwas schwierige Liebe, die am Ende leider immer mitdem Tod von Orion endete.Aber das will ich jetzt mal nicht voranstellen.Ich bin da ganz zuversichtlich, dass er das schon ganz ordentlich plant.Also, nur um es nochmal klarzumachen.Also, du hast es ja auch schon erwähnt, SLS, das ist diese Rakete.Das ist im Prinzip eine Rakete, die erste amerikanische Rakete,die von der NASA gebaut wurde, die im Prinzip in der Leistungsfähigkeit derursprünglichen Saturn V-Rakete,der Apollo-Mond-Mission mithalten kann, die ja damals und dann eben auch bisheute eigentlich so mit die stärkste Rakete war, die es überhaupt gab und dieerst jüngst von SpaceX eingeholt wurde in der Leistungsfähigkeit.
Tobias Langener 0:13:48
Genau, also ich sag mal auch eine Falcon 9, das ist ja diese,sorry, eine Falcon Heavy, das ist ja diese SpaceX-Rakete mit den drei Boostern,hat nicht so eine Schubkraft wie ein SLS, das ist noch eine ganz andere Klasse.Die SLS, die jetzt im November gestartet ist, war wirklich die stärkste Raketeder Welt vom Startschub her.Die Nutzlastfähigkeit ist ein bisschen geringer als die Saturn V.Aber es gibt jetzt auch weitere Ausbaustufen von der Rakete,die dann wirklich in die Nähe kommen von der Saturn V auch.Also ich meine, das Artemis-Programm, um das jetzt nochmal mit Apollo zu vergleichen,Apollo war wirklich First Boots on the Moon Programm.Okay, wir wollen amerikanische Astronauten.Auf dem Mond landen. Wir wollen die ersten sein. Dafür wurde ein riesiger nationalerAufwand betrieben von Kennedy damals, um das hinzubekommen. Es gab halt unglaublicheMittel, die freigesetzt worden sind für das Programm.
Tim Pritlove 0:14:45
Mehrere Prozent des Gesamthaushalts.
Tobias Langener 0:14:47
Ja, richtig. Es war halt ein National Effort, wie man sagt. Das ist jetzt Artemis nicht unbedingt.Weil so ein National Effort ist halt auch nicht etwas, was man durchhalten kann für eine lange Zeit.Dieses Artemis-Programm ist jetzt wirklich längerfristig aufgelegt.Es gibt schon, sage ich mal, neue Missionen, die geplant sind.Man möchte nicht nur auf dem Mond landen, sondern auch diese Raumstation imMondorbit, der Lunar Gateway, damit aufbauen mit diesen Missionen.
Tim Pritlove 0:15:17
Also wirklich einen Standort zu schaffen, wo man immer wieder hinkehren kann,wo Infrastruktur entsteht.
Tobias Langener 0:15:22
Wo quasi eine Orbit-Infrastruktur entsteht, wo man hin kann.Die ist nicht permanent bemannt, dieser Lunar Gateway.Kann aber dazu dienen, auf die Mondoberfläche, das ist noch nicht ganz hundertprozentigklar, aber kann dazu dienen, auf die Mondoberfläche hinunterzukommen.Der Lunar Gateway wird eine Kommunikationsbrücke sein vom Mond-Orbit zur Erde.Und ist ein fester Bestandteil der NASA-Artemis-Explorationsarchitektur.Und dann möchte man natürlich drüber nachdenken, wenn auf der Oberfläche vielleichtetwas Permanentes entsteht oder sogar eine Lunar Economy,also eine profitable Mondwirtschaft, was natürlich auch ein bisschen Far Futureist, dass man dann sagt, okay, wir haben jetzt eine gewisse Infrastruktur imOrbit, das funktioniert gut,bauen jetzt noch einen Raumschiff, mit dem wir zum Mars fliegen können.Das ist das wirklich das langfristige Ziel, man sagt zum Beispiel Artemis Moon to Mars Program.Na gut, aber wir haben jetzt erstmal, ich denke mal bis Artemis 3,das ist die Mondlandung, das ist geplant Ende 2025 jetzt offiziell.Und da müssen wir jetzt erstmal gucken, dass wir das hinbekommen,dass SpaceX auch das Landesystem fertig hat, mit dem wir dann docken werden.Und danach gibt es dann die Mission zum Aufbau des Gateways.Da leistet die ESA natürlich auch einen großen Beitrag.Also wir haben zwei Module, die gerade auch schon in Auftrag sind und gebautwerden für diese Raumstation am Mond.Und die werden dann mit Orion sozusagen zum Mond geflogen.
Tim Pritlove 0:17:10
Um vielleicht noch mal die Begrifflichkeiten von vornherein klar zu machen.Also Artemis ist sozusagen der Name für das gesamte Projekt.Wir haben dann 1, 2, 3 die einzelnen Missionen, an denen dann die Entwicklungdieses Projekts sich festmacht.An den wichtigen Komponenten haben wir die Startrakete, die SLS,wie ich gerade schon beschrieben.Starkes, dickes Teil, kann einfach eine Menge Schub erzeugen,der halt auch einfach erforderlich ist, um einfach bis zum Mond zu kommen.Das ist jetzt eben nicht so mit, wir fliegen mal zur ISS, 400 Kilometer, haha.Das kriegen wir schon mittlerweile auf einer Arschpacke abgesessen,aber um die großen Geschwindigkeiten zu erzeugen, braucht man eben schon nochmalandere Sachen. Zumindest für diese Nutzlast.Wir haben ja auch solche Missionen gehabt, wie zum Pluto zum Beispiel.Das bedurfte ja auch einiger Geschwindigkeit, um dort sehr schnell hinzukommen,aber trotzdem die Nutzlast war halt nicht im Ansatz so groß,wie das jetzt der Fall ist.
Tobias Langener 0:18:04
Ja, richtig. zeichnet sich durchaus, dass man halt einen relativ hohen Geschwindigkeitsbedarfhat, also dieses Delta V, was durch die Rakete bereitgestellt werden muss.Und gleichzeitig hohe Massen von dem Raumschiff, also wir haben halt ein Raumschiff,was im Endeffekt Astronauten beherbergt und komplettes Lebenserhaltungssystem für die Astronauten,selber auch noch Manöver durchführen muss, durchführen können muss.
Tim Pritlove 0:18:36
Genau und das ist Orion. Das wollen wir nochmal sagen. Also wir haben die RaketeSLS. Wir haben Orion und Orion besteht im Prinzip eigentlich auch aus zwei Teilen.Nämlich einerseits aus der Kapsel, wo eben Astronauten dann später drin sitzensollen und die dann auch wieder zurückkehrt, als einzige zurückkehrt.Aber damit das irgendwie funktioniert, gibt es noch ein Service-Modul,sozusagen Technik und Antriebssystem,was diese Menschenkapsel letzten Endes durch den Weltraum drückt und das istdann auch gleich unser Fokus, aber das ist dann sozusagen der dritte wichtige technische Teil.Diese drei Komponenten machen im Wesentlichen das H-SMIS für die erste Mission so aus.
Tobias Langener 0:19:14
Genau, richtig und auch, ich meine, bei NASA gibt's halt noch ein drittes Projekt,das ist dieses Exploration Ground System Programm, die halt wirklich auch denneuen Startramper jetzt bauen.Für Artemis 3 brauchen wir einen neuen Startramper und so weiter.Also das ist auch nochmal ein signifikantes Projekt,was man nicht so richtig mitkriegt, weil wir haben halt den Launcher SLS,wie du schon richtig sagtest, eine Riesenentwicklung gewesen,der übrigens halt viel von der Technologie vom Shuttle übernommen hat.Wir haben die Haupttriebwerke vom Shuttle, also die Wasserstoff-Sauerstofftriebwerke,die da setzten, vier Stück vorne in der Hauptstufe und dann eine vergrößerteVersion der Booster, die halt wirklich den Hauptschub beim Start liefern.Und dann in weiteren Ausbaustufen wird dann noch eine neue Oberstufe konzipiert für Artemis IV.Die Exploration Upper Stage, mit der dann halt noch mehr Masse zum Mondorbit gebracht werden kann.Genau zum Aufbau dieser Raumstation, weil da braucht man Orion plus dieses Modulvon der Station. Das ist natürlich eine größere Masse als nur Orion,das Raumschiff selber, was ungefähr 25 Tonnen wiegt.
Tim Pritlove 0:20:17
Also 25 Tonnen Nutzlast soll letzten Endes hin.
Tobias Langener 0:20:20
Also Orion selber hat 25 Tonnen, das ist ja die Nutzlast vom SLS.Und dann, ich bin nicht 100% sicher, aber so ein Gateway-Modul wird wahrscheinlichauch zwischen 8 und 10 Tonnen wiegen.Und das ist dann halt auch auf der Oberstufe oder auf der SLS-Rakete drauf inder Ausbau-Stufe mit der neuen Oberstufe.
Tim Pritlove 0:20:41
Ja, das ist eine Menge Holz.
Tobias Langener 0:20:42
Das ist eine Menge Holz, gerade für den Mond-Orbit. Deswegen braucht man auch so große Raketen.
Tim Pritlove 0:20:48
Genau.Also, Nutzlasten sollte man sich schon mal klar machen. Also eine Ariane 5 hat,glaube ich, so eine Nutzlast von 5 Tonnen?
Tobias Langener 0:20:57
Ne, mit 10. 10 bis 10. 10? GTO, ja.
Tim Pritlove 0:21:00
Okay.
Tobias Langener 0:21:02
Also bis zum Geostationary Transfer Orbit sind es so 10.
Tim Pritlove 0:21:05
Mhm.
Tobias Langener 0:21:06
Genau, da können die zwei Satelliten 5 Tonnen oder so unterbringen.Ariane 6 wird in der gleichen Größenordnung sein, 6-4.
Tim Pritlove 0:21:13
Mhm.
Tobias Langener 0:21:14
Ja, das sind aber Raketen, mit denen man nicht unbedingt viel,vielleicht in der Ausbaustufe auch, vielleicht so acht Tonnen bis zum Mond kriegenkönnte, acht bis zehn Tonnen ungefähr, aber halt nicht die Größenordnung,um da halt ein komplett bemanntes System hinzuschicken.
Tim Pritlove 0:21:34
Gut, dann schauen wir doch mal genauer auf die Orion-Komponente,die ja eben aus zwei Teilen besteht.Blicken wir vielleicht erst mal kurz auf das ja eigentlichnoch zukünftige System was aber jetzt eben auchschon getestet wurde die Kapsel fürden human space flight also wo die astronauten letzten ende istdrin reisen im prinzip verfolgt man hier ein ähnliches konzept wie bei apolloso ein zweigeteiltes modul das heißt es gibt eben den teil wo die menschen drinsind wo dann halt temperatur sauerstoff etc alles also wo sozusagen Sachen gemütlichsein muss, sodass man da drin leben kann.Und dann gibt es halt diesen Serviceteil, der eben das alles bereitstellt undwo die Antriebstechnik mit drin ist. Und so war das ja bei Apollo auch.Genau. Und am Ende war es so, dass das, was halt auf dem Mond gelandet ist,diese Kapsel, wird dann halt abgespalten, kann dann selber wieder starten undverbindet sich wieder mit diesem Serviceteil.
Tobias Langener 0:22:31
Also Apollo hatte ja, das muss man auch noch sagen, Apollo hatte ja noch einedritte Komponente, das ist die Landefähre.Die gibt es jetzt bei Orion noch nicht, die wird ja gerade entwickelt und solldann separat bei Artemis 3 schon im Mondorbit vorhanden sein,mit der dann Orion, das Raumschiff Orion, was dann mit dem SNS wieder geloungewurde, dockt und dann diese Landefähre, die von bei 6 gebaut wird die soll dann auf dem Mond landen.Die Astronauten werden dann einige Zeit auf dem Mond ihre Experimente machenund dann wieder in dieser Landefähre einsteigen,wieder in den Mondorbit fliegen, wo sie dann auf Orion umsteigen und mit Oriondann wieder zurück zur Erde fliegen. Das ist das Artemis-3-Szenario.Im Vergleich zu Apollo, natürlich ein bisschen anders, weil die Landefähre,also die Eagle, war ja immer auf der Saturn V Rakete mit dabei.Also da gab es ein Service Modul, da gab es das Command oder das Crew Moduleund diese dieser Landefähre.Und im Vergleich zu Apollo, im Apollo waren ja drei Astronauten,die mitfliegen konnten und ich glaube die Lebensdauer der Capsula beziehungsweisedie die Missionsdauer war halt durch durch das Lebenserhaltungssystem beschränkt.Ich hoffe, da sage ich jetzt nichts Falsches. Das war glaube ich zwei Wochen,wo die halt die Mission durchführen können. Das können wir wesentlich längermit Orion, Die Kapsel ist so ausgelegt, dass die Astronauten länger supportet werden können.Und wir können vier Astronauten mitfliegen. Das hat natürlich zur Folge,dass die Kapsel auch wesentlich größer ist im Durchmesser.Orion ist ja typisch so eine chronische Kapsel für so ein Wiedereintrittskörper.Sie hat einen Durchmesser von ungefähr fünf Meter und somit auch das größteHitzeschutzschild, das jemals geflogen worden ist.Das ist auch eine technologische Meisterleistung, dieses Hitzeschutzschild.
Tim Pritlove 0:24:23
Also das Hitzeschild vom Space Shuttle war aber noch größer.
Tobias Langener 0:24:25
Ja, gut, aber für so eine kleine, natürlich das war wesentlich größer,aber für halt so eine runde, konische Kapsel unten auch.Wir haben ja auch beim Space Shuttle nun wieder Eintritt vom Low Earth Orbitund da sind die Geschwindigkeiten ja nochmal kleiner. Wenn wir vom Mond wiederkommenhaben, wir haben am Ende glaube ich 40.000 Kilometer pro Stunde gehabt und vomLeo hat man ungefähr 25.000 Kilometer pro Stunde.Ja, und das ist dann nochmal ein großer Unterschied in der Wärme,also in der Peak Heat Load,aber auch in der integralen Wärmestrom, dass man halt da das Hitzeschutzschilddann für auslegen muss, um halt die Astronauten sicher dann zum Mond zu bringen.
Tim Pritlove 0:25:06
Hitzeschutzschild und ich glaube auch, die eigentliche Flugbahn ist auch nochmal angepasst worden.
Tobias Langener 0:25:10
Die Flugbahn, da kann ich gleich nochmal beim Missionsverlauf zu kommen,aber die Flugbahn ist ein bisschen angepasst worden im Vergleich zu Apollo.Das Programm ist industriell so aufgebaut, dass die NASA als Missionshauptverordnete,die haben Lockheed Martin, im Boot, um das Orion-Raumschiff zu bauen.Die ESA hat dann mit NASA ein Memorandum of Understanding,also quasi so eine Art zwischen Regierungs- oder Intergovernmental-Vertrag,um diese europäischen Service-Module an die zu liefern und die werden dann vonLockheed Martin ins Gesamtraumschiff integriert.Also wir haben das Crewmodul, was halt in Amerika produziert wird,das europäische Service Modul, was dann in die USA geliefert wird und dann gibtes diesen Crewmodule Adapter,das ist sage ich mal so ein Ring, weil der Durchmesser vom Crewmodul ist größerals der Durchmesser vom Service Modul und dann gibt es quasi einen Ring,der nochmal auf das Service Modul gesetzt wird, was dann das Crewmodul aufnehmenkann. Adapter. So eine Art Adapter, genau.Aber auch mit dem Release Mechanismus, also den Mechanismus,um die Kapsel nachher vom Service Modul zu trennen. Das wird auch von LockheedMartin konzipiert und gebaut.Das ist natürlich von der industriellen Seite eine sehr...Spannende Aufgabe und der Airbus ist unser Hauptauftragnehmer.Airbus in Bremen. Die Firma hat eine sehr gute Historie im Bereich bemannte Raumfahrt.Kolumbusmodul wurde dort konzipiertund gebaut. Es gibt verschiedene Projekte, die da laufen zur ISS.Und auch ATV wurde mit Bremen, mit Airbus Bremen, auch mit Airbus Limerot beiParis konzipiert und gebaut.Es wurden ja auch fünf erfolgreichen Missionen von ATV geflogen.ATV, das heißt Automated Transfer Vehicle, das war eine der europäischen Beiträgezu Internationalen Raumstationen.Das ist ein Versorgungsschiff, das von der Ariane 5-Rakete in Kourou gestartetwurde und was dann autonom an die Raumstation docken konnte.An der Raumstation und dann Versorgung mit Treibstoff, Wasser,Experimenten, Lebensmittel und so weiter für die Astronauten durchführen konnten.
Tim Pritlove 0:27:36
Hatte ich im Übrigen auch hier schon bei Raumzeit behandelt, lang ist es her.Im Mai 2011, als ich hier zu Gast war, das erste Mal, habe ich mit Nico Dettmanngesprochen über das ATV und eben diese fünf Missionen, die dort gerade,das war noch gerade so die Zeit des letzten Space Shuttle-Flugs.Genau, da war das ATV dann gemeinsam mit dem Space Shuttle einer ISS dran.
Tobias Langener 0:28:00
Da gab es schöne Bilder, ja.
Tim Pritlove 0:28:01
Da gab es schöne Bilder, auf jeden Fall. Genau, so ein Prinzip.Die Technologie des ATV war dann ebenso die Grundlage für dieses europäische Service-Modul,was eben jetzt der wesentliche europäische Beitrag ist, kann man sagen.Aber das QModul wird jetzt wo gebaut?
Tobias Langener 0:28:22
Also integriert wird es im Kennedy Space Center. Da gibt es dieses Operationsand Checkout-Gebäude im Kennedy Space Center, wo auch schon Apollo integriert wurde.Und das ist jetzt quasi unter Verantwortung, diese Integration ist unter Verantwortungvon Lockheed Martin. Und da wird das Crewmodul zusammengebaut.
Tim Pritlove 0:28:40
Aber das eigentliche Modul wird in Deutschland gebaut?
Tobias Langener 0:28:43
Das europäische Service-Modul wird in Bremen gebaut.
Tim Pritlove 0:28:46
Aber ich meine, das Crewmodul.
Tobias Langener 0:28:48
Das Crewmodul wird ja in Amerika gebaut. gebaut.
Tim Pritlove 0:28:51
Ok, das wird in Amerika gebaut. Und integriert wird das natürlich auch allesin Amerika. Das heißt, hier kommt das Service Modul dazu, wird über den Teichgefahren und wird dann wahrscheinlich hier erstmal nochmal vorher gecheckt.
Tobias Langener 0:29:00
Also wir machen einen kompletten Abnahmetest bei Airbus in Bremen.Also das ist ein langer Prozess über mehrere Monate. Werden alle Systeme indem Service Modul wirklich funktional durchgecheckt.Größere Tests für die Qualifikation von dem Service Modul,aber auch von dem QModul, die haben in Amerika stattgefunden,weil man das auch in der Konfiguration testen musste, wo das QModul mit demService Modul verbunden war, zum Beispiel ein Thermal-Test oder ein Struktur-Test und so weiter.Das wurde dann auch schon vor einigen Jahren in Amerika durchgeführt,aber jetzt wirklich für die einzelnen Module, die ausgeliefert werden.Also 2018 haben wir zum Beispiel schon das erste europäische Service Modul an die NASA geliefert.Nach einem langen Abnahmetest, wo wirklich diese funktionalen Ketten,die das Raumschiff hat. Also ich fange vielleicht mal an kurz über die Architekturvon dem Service Modul zu sprechen.
Tim Pritlove 0:29:59
Ja, dann kommen wir mal auf das Service Modul zu sprechen.
Tobias Langener 0:30:02
Das ist ja auch das Hauptthema heute.Das Service-Modul hat im Wesentlichen die folgenden Funktionen.Es ist dazu da, das Crew-Modul zu unterstützen, die Astronauten am Leben zuhalten und alle wichtigen Funktionen im Orbit durchzuführen.Wir haben zum ersten das Antriebssystem, was die Manöver für die Orbitkontrolle,Orbitänderungen und für die Lagerregelung durchführen kann.Dann haben wir das Thermalsystem, was das Service Modul selber thermisch konditioniert,also auf Temperatur hält.Im Weltraum hat man ja das Problem, dass man auf der einen Seite die heiße Sonnehat, die quasi ungebremst auf das Raumschiff strahlt und auf der Rückseite quasiVakuum und schwarze Leere, die halt wirklich sehr kalt ist. Dazu braucht man ein Thermalsystem.Um das auszugleichen und zu kontrollieren. Aber das Thermalsystem hat auch eineSchnittstelle mit dem Crewmodul unddas übernimmt dann sozusagen auch den Thermalhaushalt für das Crewmodul,das ja so noch um sich schön angenehm temperiert da oben bewegen können.Dann haben wir das Power-System, also das System für die Stromerzeugung.Das ist quasi auch mit Historie von ATV.Und auch ganz interessant, wir befinden uns jetzt hier in Nordwijk in den Niederlanden.Das ist eine kleine Küstenstadt, die neben Leiden ist. Das ist vielleicht einbisschen größere Stadt.Und da hat Airbus zum Beispiel eine Filiale in Leiden, die die Solarpanele herstellen für das Raumschiff.Das heißt, interessanterweise kommen diese großen Solarpanele,die an einem Service-Modul dran sind, die ungefähr 14 Kilowatt an elektrischer Leistung produzieren.Hier aus Holland und werden dann in Kennedy erst integriert in das Raumschiff.
Tim Pritlove 0:32:03
Das ist diese ikonische X-Wing-Anordnung, wie man das bei ATV...
Tobias Langener 0:32:08
Richtig, die wurde dann einfach übernommen aus Gründen, dass man sagt,wir müssen halt die Architektur, wir müssen halt viel von der Architektur undden Komponenten vom ATV...
Tim Pritlove 0:32:19
Wie viel macht das aus? Also einerseits, wie viel Prozent der ATV-Technik istsozusagen wirklich mehr oder weniger 1 zu 1 übernommen worden?Und wie viel ist konzeptionell übernommen worden? Wie anders ist das Service-Modul?
Tobias Langener 0:32:34
Also das Service-Modul ist natürlich schon komplett anders von der Architekturher, wie das ATV. Das ATV war halt ein System, das bis zur Raumstation geflogenist und hat da auch einen bedrückten Teil, weil das hat ja gedockt.Also der Docking-Mechanismus zum Beispiel ist am Service-Modul nicht dran,der ist ja im Pro-Modul dran bei Artemis.Und hat halt diesen bedrückten Teil, damit auch Astronauten reinlaufen können.Das haben wir jetzt zum Beispiel nicht.Ja, aber zum Beispiel gab es ein Thermalsubsystem.
Tim Pritlove 0:33:03
Also mit gedrücktem Teil, dass man es unter Druck setzen kann, weil es ist ja Cargo.
Tobias Langener 0:33:08
Genau, also der Cargo muss natürlich, man sagt ja auch bedrückten und unbedrucktenTeil, im Raumschiff, der bedrückte Teil, im Raum gibt es ja nur Vakuum.Das heißt, ein Teil vom Raumschiff ist dann wirklich im Vakuum.Und der bedrückte Teil ist dann da, wo die Astronauten reinlaufen können, wenn es angedockt ist.Und wie bei beim ESM, beim Europäischen Service Modul auch, gibt es halt diesesLebenserhaltungssystem und auch bei Beatemis braucht man das, also mit Luft.Das heißt, wir haben halt Stickstoff- und Sauerstofftanks an Bord im Service-Modulund auch Wassertanks, die halt für den täglichen Bedarf der Astronauten sind.Das ist halt dann über die Schnittstellen verbunden mit dem Crew-Modul.Aber diesen Crew-Moduladapter, der von Lockheed noch angebaut wird,also immer von der Architektur her ist das Service-Modul schon sehr anders wie das ATV.Wo man konnte halt viele Komponenten übernehmen, zum Beispiel unsere Hilfstriebwerke.Im Antriebssystem sind die gleichen, die bei ATV geflogen sind.Die Solarpanele sind sehr ähnlich und auch auf Systemebene gibt es Vergleichbarkeitenfür das Thermalsystem und für das Lebenshaltungssystem.Das consumable storage system heißt das heißt esbei uns immer europäischen service modus naja wie gesagt also das ist auch ich sag mal ein bisschen vielleicht aufder ebene wenn man so ein projekt aufsetzt dass man versucht diese ähnlichkeitenzu einem vorhandenen system herauszustellen um dann entsprechend auch das warnicht dafür zu bekommen dass man so eine gewisse kontinuität auf technologieebene darstellen kann nach dem motto das haben wir doch alle schon erfundendas haben wir alle schon erfunden das brauchen anpassen genau das Das muss man ein bisschen anpassen.Das ist ja bei der NASA nichts anderes. Sie sagen, wir bauen einen Launcherbasierend auf einem Shuttle.Im Endeffekt auch ein komplett neues System und die Hauptkomponenten mussten auch angepasst werden.Klar, die Haupttriebwerke sind die gleichen geworden, aber auch Delta qualifiziert.Also nochmal neu getestet, werden auf einen anderen Betriebspunkt gefahren.Das ist etwas, um zu sagen, wir haben gewisse Industrien, gewisse Komponenten,die vorhanden sind und die nehmen wir halt ins neue Programm mit.
Tim Pritlove 0:35:21
Das macht ja auch Sinn. Ich meine, das ist ja auf der einen Seite,wenn man jetzt wirklich, im Extremfall würde ja Technik eins zu eins übernommen werden.Weil man weiß, diese Komponente funktioniert, die reicht jetzt auch in ihrerSpezifikation für das neue Projekt aus, dann nehmen wir das genauso.Wenn die Spezifikation jetzt nicht ausreicht, dann kann man aber zumindest sagen,aber das Prinzip haben wir schon mal getestet. Wir wissen, dass es grundsätzlichfunktioniert. Wir müssen jetzt hier nicht nochmal irgendwie einen Prototypenschaffen, wo wir uns im Vorfeld vielleicht unklar sind, ob das überhaupt so funktioniert.Und wir wissen, dass da auch genug Luft nach oben ist, weil wir es damals eigentlichgar nicht in das Maximum genutzt haben, aber vielleicht schon mal auf das Maximum getestet haben, etc.Das sind solche Sachen. Und diese Erfahrung, die dann halt auch damit drinsteckt,die ist natürlich auch was wert, die muss dann nicht in Ausbildung gesteckt werden etc.
Tobias Langener 0:36:10
Und forschen. Ja, richtig. Man will natürlich immer auf Komponenten zurückgreifen.Ich sag mal, es ist halt vielleicht nicht vergleichbar wie jetzt zum Beispielein Bulli aus der Automobilbranche.Man kann halt mit dem Bulli immer verschiedene Sachen machen.Da kann man Leute reinsetzen, da kann man aber auch Pakete mit transportierenoder ein Handwerker kann damit seine Arbeit machen.Bei der Raumfahrt ist es natürlich so, dass diese Missionsanforderungen,die wir haben, es gibt halt eine Mission zum Mars, es gibt eine Mission zumMond, es gibt eine Mission zur Raumstation, es gibt eine Mission zum Pluto.Diese Missionsanfahrungen haben einen extremen Einfluss auf die Architekturvon einem System. In dieser Architektur können dann Komponenten drin sein,die vorher schon mal geflogen sind. Das will man natürlich auch immer machen.Also Entwicklungskosten, auch für Komponenten, sind im Raumfahrtbereich sehr hoch.Wenn man ein neues Triebwerk entwickeln müsste, ist man einen sehr hohen Betrag los.Natürlich ist es auch wichtig, dass man das macht und dann auch ein bisschendie Leistungsfähigkeit dieser Komponenten weiterzubringen.Aber auf der anderen Seite, man muss auch nicht das Rad neu erfinden,gerade auf Komponentenseite.Man muss gucken, ob man da jetzt mit dem Vorhandenen schon seine Architektur aufbauen kann.Und das macht man ja generell eigentlich in vielen Industrien, dass man versucht,das zu benutzen, was schon da ist, was ja auch bewährt ist, was eine gewisseQualität hat und wo man vielleicht eventuell auch den den Nutzungsbereich erweiternkann durch weitere Tests und so weiter, das ist dann jetzt auch kein großer Aufwand.
Tim Pritlove 0:37:48
Beziehst du dich jetzt eigentlich auch auf das Triebwerk? Weil ich meine,die Anforderungen für den Antrieb sind ja dann jedoch etwas höher als bei derMission nur zu ISS, oder?
Tobias Langener 0:37:58
Ja, also ich sage mal, vielleicht kann ich da jetzt nochmal,weil das ist ja mein Fachgebiet, so ein bisschen auf das Antriebssystem eingehen.In dem ESM sind insgesamt 33 Triebwerke eingebaut.24 davon sind für die Lagerregelung von dem Orion Raumschiff.Acht sind die Hilfstriebwerke und die werden benutzt oder die sollen benutztwerden, wenn zum Beispiel das Haupttriebwerk nicht benutzt werden kann oder ausfällt.Und das Haupttriebwerk, das heißt, diese 27 Kilonewton-Triebwerk relativ großfür ein Raumschiff, das ist das alte Orbitaltriebwerk vom Shuttle.Und dieses Triebwerk, das da eingebaut ist, dieses OMSI, also Orbital ManeuveringSystem Engine, das Triebwerk, das kommt wirklich auch aus dem Shuttle.Also ich weiß jetzt nicht, was bei Artemis I geflogen ist, aber bei ArtemisIII ist ein Triebwerk von Atlantis eingebaut.Das sind wirklich wiederaufbereitete Triebwerke, die schon mal im Orbit gewesen sind.Und das ist unser Haupttrieb. Die werden von Ariane Group in Lampolzhausen gebaut.Ich weiß nicht, ob du da schon mal von gehört hast, von der Firma?
Tim Pritlove 0:39:10
Da war ich sogar schon mal.
Tobias Langener 0:39:11
Da warst du schon mal. Ich habe mir schon fast gedacht, du kennst dich wahrscheinlichbesser aus in der Raumfahrtsphäre in Europa als ich.
Tim Pritlove 0:39:20
Du hast eigentlich alles gesehen. Da habe ich über Raketenantriebe gesprochen,eine der ersten Sendungen überhaupt.
Tobias Langener 0:39:25
Ja, guck mal, dann kennst du auch die Spezies da. Das ist eine ziemlich bekannteFirma im Raumfahrtsektor auch,die natürlich die Ariane Rakete herstellt und vermarktet, aber auch gerade aufdem Triebwerksektor oder Komponentensektor sehr viel Know-how hat und da auchgute Produkte liefern kann.Und diese Lageregelungs-Triebwerke, die waren auch schon bei ATV im Einsatz.Und dann diese Hilftriebwerke, die werden von Aerojet in Kalifornien gebaut.Das ist eine bekannte amerikanische Firma, die die Raumfahrtantriebe herstellt.Und dieses Triebwerk geht schon zurück im gewissen Maße auf die Apollo-Zeiten.Das ist dann von der Triebwerkseite das System.Dann braucht man natürlich viel Treibstoff, wenn man zum Mond fliegen will undam Mond was machen möchte.Von diesen 25 Tonnen Gesamtraumschiffmasse von Oranien sind ungefähr 8,5 Tonnen Treibstoff sein.
Tim Pritlove 0:40:32
Krass.
Tobias Langener 0:40:34
Also sehr viel. Das ist lagerfähiger Treibstoff, der für alle Triebwerke benutztwird. Das ist quasi in der Mitte von dem Service Modul haben wir vier große Treibstofftanks.Die werden von Ariane Group in Bremen hergestellt.Das ist eine Firma, die da auch sehr viel Know-how und Historie hat auf demBereich von Raumschifftanks.Dann brauchen wir, also wie sowas funktioniert bei diesen Raumschift-Triebwerken heutzutage.Das ist eigentlich state of the art. Es gibt Entwicklungen, um das auch anders zu machen.Man hat einen Hochdruckteil, in dem ein ernährtes Gas gelagert wird.Also in unserem Fall Helium, also wir haben zwei Hochdruck.
Tim Pritlove 0:41:18
Was heißt, ernährtes Gas?
Tobias Langener 0:41:20
Ja, also nicht reaktionsfähig mit anderen Stoffen.Also zum Beispiel, ne ne, also gerade es kann halt einfach nicht reagieren,zum Beispiel Stickstoff oder Helium jetzt in dem Fall. In unserem System benutzen wir Helium.Da sind dann zwei Tanks in dem Raumschiff bei 400 Bar.Und dann haben wir eine wirklich sehr komplizierte Bedrückungsarchitektur,also ganz viele Ventile, mit denen dann dieses Hochdruckgas in diese Treibstofftanks geleitet wird.Und dann wird quasi der Treibstoff rausgedrückt aus den Tanks zu den Triebwerken hin.Das heißt, wenn die Triebwerke Treibstoff gebrauchen, dann fließt dieser Treibstoffaus den Treibstofftanks raus und somit verringert sich der Druck in diesen Tanks.Da muss man von oben wieder Gas nachgeben, dass das System permanent im gewissenDruckbereich sich befindet.
Tim Pritlove 0:42:18
Und dafür benutzt man das Helium?
Tobias Langener 0:42:19
Dafür benutzt man das Helium, genau. Das ist bei vielen Satelliten so,dass es dann für diese lagerfähigen Treibstoffe, gibt es eine Bedrückungsarchitektur.Um sozusagen den Tankdruck immer auf dem richtigen Level zu haben.Diese Triebwerke funktionieren halt nur im gewissen Druckbereich.
Tim Pritlove 0:42:39
Dafür ist Helium natürlich insofern optimal, dass es natürlich wirklich dasreaktionsunfreudigste Gas überhaupt ist. Also es ist der absolute Langweiler im Weltall.Andererseits ist Helium auch sehr schwierig zu speichern eigentlich.
Tobias Langener 0:42:50
Ja, also ich sag mal, Helium geht noch. Ich glaube, bei Wasserstoff wird es dann spannend.Also Helium ist ein der leichtesten oder zweitleichtesten Gas.Dementsprechend flüchtig, aber normalerweise. Wir haben natürlich Probleme mit Dichtheit.Das ist immer ein Problem in einem System, wo Fluide sind, also Gase und Flüssigkeiten.Aber das wird von Airbus natürlich alles vorher getestet.Das hat man im Griff. Gerade externe Leckage tritt eigentlich so nicht auf.Das wäre ja auch schlecht, wenn man im Orbit ist und man plötzlich wieder Gasoder Treibstoff verliert. Dann hätte man wieder so ein Apollo 13 Szenario unddas möchte man natürlich vermeiden.Aber gut, das wird natürlich alles vorher getestet, auch mehrmals,dass so etwas nicht auftreten kann.Das ganze System ist dann voller Ventile, sag ich mal. Man muss ja dann auchden Treibstoff entsprechend zu den verschiedenen Triebwerken hinleiten.Da gibt es dann verschiedene Ventile, die dafür da sind in dem System.Typischerweise werden die Rohrleitungen im System auch geheizt,um vorzubeugen, dass der Treibstoff einfriert.Wie gesagt, im Weltraum ist ja eine extreme Bedingung. Es kann ja wieder ganzheiß sein oder ganz kalt. Und natürlich wäre es für das Antriebssystem sehrschlecht, wenn der Treibstoff einfriert, weil dann kommt keiner mehr am Triebwerk selber an.Dann glättet man da oben rum und wartet bis vielleicht wieder aufgetaut ist,aber das ist natürlich auch nicht so einfach, gerade wenn es ein permanentes Problem ist.Und wie gesagt, dann um dieses Antriebssystem zu qualifizieren,hat die ESA dann im Rahmen des Projektes ein ein Qualifikationsmodul,also ein Antriebssystemqualifikationsmodul in Auftrag ergeben.Das wurde damals bei OHB, das ist ja auch ein deutscher Raumfahrtkonzern mitverschiedenen Niederlassung auch in verschiedenen europäischen Ländern bei OAB Schweden.Dieses Antriebssystem Qualifikationsmodul in Auftrag gegeben,was quasi ein Nachbau des wirklichen Flugantriebssystems ist,um damit halt zu zeigen, dass alle Manöver geflogen werden können.Dieses Modell wurde dann nach zu NASA, nach White Sands in New Mexico geflogen.WhiteSands Test Facility, das ist eine Einrichtung der NASA,die mitten in der New-Mexican-Desert ist.Da wurden auch schon das Apollo-Antriebssystem getestet und auch zum Beispieldieses Triebwerk vom Shuttle. Also alle lagerfähigen Antriebssystemtests werdenda in WhiteSands durchgeführt.Dann haben wir über Jahre dieses Antriebssystem getestet. Die letzten Testshaben, glaube ich, 2020 noch stattgefunden.Und so macht man das eigentlich vom Prinzip her. Man hat die Komponenten aufKomponenten-Eben, die man qualifiziert und so testet, dass sie der Anwendung entsprechen.Und das Gleiche macht man dann für das Subsystem auch, dass man dann Tests durchführt,wo man dann zum Beispiel mal eine komplette Mission durchläuft,wo man halt alle Triebwerke feuert,wo man das Haupttriebwerk mal für 10-15 Minuten anhat und den kompletten Sprit unten rausjagt,um zu zeigen, mein System mit der Bedrückungsarchitektur kann so einen Burnsupporten und gleichzeitig auch noch Lageregelung machen.
Tim Pritlove 0:46:38
Wie viel Redundanz ist in diesem System?
Tobias Langener 0:46:41
Ja gut, wir haben eigentlich eine Federtoleranz auf allen funktionalen Ketten.
Tim Pritlove 0:46:47
Was heißt das?
Tobias Langener 0:46:48
Man kann halt einen Fehler haben.Und man kann trotzdem noch die Mission zu Ende fliegen. Man wird dann zwar ineiner Situation sein, wo man sagt, okay, jetzt haben wir da einen Fehler,der nächste Fehler könnte eventuell fatal sein, wir fliegen jetzt nach Hause.
Tim Pritlove 0:47:01
Das wird dann die... Also im selben System. Im selben System.Nicht insgesamt ein Fehler und dann ist vorbei, sondern pro Subsystem.
Tobias Langener 0:47:08
Aber das Problem ist ja bei dieser Sache, wenn man jetzt in einem System einenFehler hat, kann der nächste Fehler wieder auch in dem gleichen System auftreten.Das ist ja nicht gesagt, dass das dann im anderen ist. Das heißt,normalerweise, wenn man einen Fehler hat und man hat nicht irgendwie andersnoch eine Redundanz, die irgendwo herkommt.Es gibt auch Fälle, da hat man mal doppelte Redundanz drin aus irgendwelchenGründen oder man hat eine operationelle Redundanz, dass man sagen könnte,okay, das Teil steht jetzt nicht zur Verfügung, aber wir können es auch anders machen.Normalerweise ist das dann ein Fall für loss of mission. Das heißt,man muss dann nach Hause fliegen, wirklich.Weil der nächste Fehler kann ja wieder da in dem System auftreten,sodass es dann nicht mehr zur Verfügung stehen würde.Aber einen Fehler können wir auf allen Systemen tolerieren. Okay.
Tim Pritlove 0:47:51
Das heißt, im Triebwerkssystem gibt es alles zweimal. Genau.
Tobias Langener 0:47:55
Deswegen gibt es auch zum Beispiel diese Hilfstriebwerke. Das ist jetzt malein Beispiel, wo man das gut illustrieren kann. Wir haben das Haupttriebwerk,dieses OMSI-Triebwerk vom Shuttle.Wenn das aus irgendwelchen Gründen mal ausfällt, ein Ventil geht nicht auf oderso was, hat man halt diese Hilfstriebwerke.Acht Stück an der Zahl, mit denen dann diese Hauptmanöver geflogen werden können.Natürlich ist die Brennzeit dann länger.Weil die nicht so viel Schub haben. Genau. Aber die sind so ausgelegt,das System ist so ausgelegt natürlich, um solche Manöver auch zu supporten.Das heißt, anders gesprochen, was halt nicht passieren darf,ist zum Beispiel Haupttriebwerk fällt aus und die Selbsttriebwerke fallen aus.Das geht ja nicht. Dann hat man natürlich ein Problem. Aber das sind ja zweiFehler, die dann in dem gleichen System auftreten würden. Das gleiche auch beiden Lageregelungstriebwerken.Also die sind komplett voneinander getrennt redundant. Wenn da auf einer Seitevon dem Langerungstriebwerk eine Lackage entsteht,kann man zum Beispiel dann dieses Triebwerk isolieren, die Ventile zu machen,die zu diesem Triebwerk hinführen und dann einfach das redundante Triebwerk dazu benutzen.Und dann muss man dann gucken, ob das wirklich dann schon Fall ist,um nach Hause zu fliegen oder nicht.Also im Prinzip ja, aber vielleicht kann man das dann operationell irgendwieumgehen, das ist dann noch nicht nötig. Aber das ist dann so eine Sache,die dann im Detail sich angeguckt werden kann.
Tim Pritlove 0:49:13
Ja, höhere Redundanzen gibt es ja meistens nur bei Missionen,die jetzt wirklich viele, viele Jahrzehnte im Einsatz sein könnten,im Idealfall oder zumindest so.Oder eben sehr weit weg sind und nicht die Option haben, mal eben wieder nach Hause zu fliegen.
Tobias Langener 0:49:29
Redundanzen sind wichtig natürlich, weil wir Astronauten an Bord haben.Deswegen macht man das ja auch so und damit beschränkt man dann sein Risikound erhöht seine Reliability.Das ist natürlich ganz wichtig bei so einem System. Es können viele Fehler auftreten,aber man muss halt nachweisen beim Entwurf von so einem Raumschiff,dass man mit einer gewissen Reliability die Mission zu Ende fliegen kann.Das ist wichtig. Das muss auf allen Ebenen gezeigt werden.Und ich sag mal, es gibt glaube ich,wie gesagt, vom Pro-Modul her habe ich so ein beschränktes Wissen,weil natürlich das Pro-Modul in Amerika gebaut wird und wir quasi durch dieseExport-Control-Geschichte da jetzt auch keine gute Visibility haben, was das angeht.Aber zum Beispiel von dem Flugcomputer her, was ja wirklich ein zentrales Dingist, da gibt es eine höhere Renundanz. Also nicht für alle Systeme,aber zum Beispiel für das Antriebssystem.
Tim Pritlove 0:50:32
Kommen wir mal auf die Artemis-1-Mission, die jetzt gelaufen ist im letzten November.Der Start hat sich ja relativ lange verzögert, gegenüber zwei Monate?
Tobias Langener 0:50:48
Ganz ehrlich, ich bin am Anfang 2018 hier im Projekt angefangen.Seitdem ich das eigentlich immer sehe, ist es schon in sechs Monaten.Das ist natürlich nicht eingetreten, wie man weiß. Wir sind ja im November jetzt gestartet.Gut, aber das erste ernste Datum war eigentlich Februar 2022.Bis man dann auch gesehen hat, okay, es wird schwierig, weil die Hauptstufe der SLS-Rakete,die wurde auch nochmal komplett getestet, also die geflogen ist,wurde quasi am Boden einmal komplett durchgetestet, man hat die Komplette,ja, hat sie komplett betankt und komplett entleert über acht Minuten burnen,um einfach zu zeigen, okay mit der Stufe können wir die Mission fliegen,das ist unser Qualifikationstest.Ja und da gab es dann auch wirklich Verzögerungen und dann wurde die Stufe halt von,das ist im Süden der USA, ich weiß gar nicht in welchem Bundesstaat,das ist auf jeden Fall, wo dann erstmal per Bar Kasse dann diese Stufe nachKennedy gebracht und musste dann da integriert werden mit den Boostern und so weiter.So ein langwieriger Prozess. Und das hat dann schon mal dieses Februar Datumweiter ins Frühjahr geschoben.
Tim Pritlove 0:52:00
Also es ist deshalb verzögert worden, weil man nochmal einen Test machen wollte,den man so vorher nicht eingeplant hat?
Tobias Langener 0:52:06
Der war geplant und bei dem Test gab es einen Abbruch nach einer Minute ungefähr.Da wurde halt ein Sensorwert zu hoch und dann haben wir gesagt,ok, jetzt automatischer Abbruch bei dem Test. Dann haben wir das nachher nochmalfeinjustiert, sich angeguckt, die Daten, es gab nicht wirklich ein Problem.Aber das hat dann schon wieder ein, zwei Monate gedauert, bis man dann sagenkonnte, wir können den Test wiederholen. Das ist ja Raketentechnologie,da kann man dann nicht sofort am nächsten Tag wieder so eine Stufe dann volltanken.Und außerdem war das ja auch das Flugmodell. Das war ja nicht so,dass das ein Testmodell war, sondern das war ja wirklich das,das Flugmodell von der Rakete, was fliegen sollte.
Tim Pritlove 0:52:46
Also Februar hat nicht funktioniert.
Tobias Langener 0:52:47
Aber wenn es überhaupt nicht funktioniert, dann hieß es irgendwann mal April.Und da sah man auch schon, okay, das klappt nicht, das kriegen die in Amerikanicht hin. Also das Service Modul, muss ich ja sagen, war seit Ende 2018 inAmerika, ist dann natürlich integriert worden.Das hat auch mehrere Jahre gedauert, bis das dann komplett durchgetestet undbetankt war. Wir haben betankt Anfang 21, ich glaube im März 21.Und wir sind dann, ja, das Raumschiff wurde wirklich dann im März 21 betanktund wir sind Ende 22 geflogen.Also wir sind anderthalb Jahre quasi betankt am Boden gestanden.Also von der Raumschlussseite, von Orion her, waren wir fertig.Wir hätten auch Mitte 21 schon fliegen können.Aber der SLS hat halt ein bisschen gedauert.
Tim Pritlove 0:53:30
Was macht man denn dann in der Zwischenzeit? Ich meine, Däumchen drehen oder?
Tobias Langener 0:53:34
Ja, das machen wir bei uns im Projekt garantiert nicht.Also ich muss sagen, es ist wirklich ein sehr anspruchsvolles Programm,weil wir ja auch weitere Flugmodelle ausliefern.Wir haben ja erst im 1. gut geliefert 2018, Aber die formale Qualifikation liefdann auch bis zum Ende 2020.Also das hat das ganze Papier. Noch war das, dass die ESA gesagt hat,okay, das Modul ist für den Nutzen, der angedacht ist, qualifiziert.Das ist ja wieder Abnahme, soll ich mal. Und dann gab es ja ESM2,was ja auch schon im Bau befand. ESM3 auch schon. Die Komponenten werden schonproduziert für ESM4, ESM5, ESM6.
Tim Pritlove 0:54:11
Genau, weil das wird ja auch nicht wiederverwendet. Das wurde hochgeflogen unddas tut seinen Dienst. Aber es kehrt ja nicht zurück. Also braucht man für jedeMission nochmal ein neues Modul.
Tobias Langener 0:54:21
Richtig. Das ist so. Der Aufwand dieses Systems zu recovern wäre wesentlichgrößer und hätte auch einen riesigen Impact auf die Systemarchitektur,als das jetzt immer wieder neu zu bauen und das dann verglühen zu lassen.Das ist natürlich ein bisschen für mich kein Problem. Manche Leute sagen auchschade, jetzt habe ich da vier Jahre lang daran gearbeitet an dem Teil und jetzt ist es verglüht.Ich meine, für mich ist das halt der Zweck. Er wird dafür gebaut,dass er dann am Ende verglüht. Er hat eine gewisse Lebensdauer,die Lebensdauer ist dann zu Ende und dann kommt ja schon das Neue.Service Modul, also das ESM2, haben wir.Ende 2021 schon nach Florida ausgeliefert.Und gerade in Bremen sind die schon sehr weit fortgeschritten,das Service-Modul für Artemis 3 zu integrieren.Da ist jetzt geplant, dass im Herbst die Auslieferung stattfindet.Das ist ja dann auch das Service-Modul, das ist ja sehr besonders,das ist ja das Service-Modul für die eigentliche Mondlandung.Das steht da jetzt schon sehr weit fortgeschritten rum.Artemis 2 wird ja gerade getestet in Kennedy. Wir erwarten, dass das komplettdurchgetestet ist im April.Und dann wird es verbunden mit dem Crew Module für Artemis 2,wo dann das erste Mal die Astronauten drinfliegen.Also wirklich eine sehr spannende...
Tim Pritlove 0:55:47
Also Europa ist im Zeitplan, kann man sagen.
Tobias Langener 0:55:50
Europa ist im Zeitplan. Also wir schlagen uns wirklich sehr gut auch dank Airbus,die auch immer wieder gucken, wie sie die Planung optimieren können und dieProduktion verbessern können.Ganz klar. Jetzt bei, das ist je nachdem von der Mission, ob es jetzt Raumschiffist oder Launcher, ich denke mal bei Artemis 3, ist es von der Planung her sehr anspruchsvoll.SpaceX muss natürlich auch erstmal die Landefähre bauen und fliegen.Bevor sie damit auf den Mond landen können und bis jetzt haben wir natürlichauch keine Hardware gesehen.
Tim Pritlove 0:56:25
Genau, das ist noch ein bisschen Zukunftsmusik, auch wenn SpaceX ja bisher gezeigthat, dass sie ganz gut performen können, wenn es mal drauf ankommt.Bleiben wir mal bei Artemis 1.Also Service Modul ist schon lange fertig. Das Problem war am Ende der Launcher,die SLS, weil man wollte einfach sehr, sehr, sehr vorsichtig sein,weil zumindest eins ist ja im Prinzip auch der Test sozusagen.Das ist der erste Flug, wo die Rakete das erste Mal fliegt,das ist der erste Flug, wo das Service Modul und die neue Orion-Kapsel fliegtund wo man ja auch einen komplett anderen Anflugsweg geplant hat,als das jetzt bei den Apollo-Missionen waren, einfach um nochmal Treibstoff auch zu sparen.Das ist ja so ein ganz pfiffiger Gravity Assist, der dort geflogen wurde.
Tobias Langener 0:57:16
Ja, das stimmt. Also vielleicht kann ich ja mal durch die Mission durchgehen.
Tim Pritlove 0:57:22
Genau, du wolltest mal jetzt zum Start kommen und dann können wir das ja mal Schritt für Schritt.
Tobias Langener 0:57:26
Also nachdem wir dann schon im September in Houston waren, wo dann ja zweimalder Start abgebrochen wurde, aus technischen Gründen, gab es dann ja noch zweimaleine eine Verzögerung wegen dem Hurricane.Stimmt. Das heißt, da gab es erstmal den Hurricane, wo wirklich viel Schadenentstanden ist in Florida, was dann den neuen Starttermin auf den 14.11.Geschoben hat und dann wirklich Woche vorher kam dann wieder ein Hurricane unddie Rakete stand ja schon draußen in dem Wetter.
Tim Pritlove 0:57:58
Und musste wieder reingeholt werden.
Tobias Langener 0:58:00
Nein, diesmal beim zweiten Mal ist sie nicht wieder rein geholt wollen die draußengeblieben. Ja also ich weiß nicht ob es eine Kategorie Kategorie 1 Hurricanewar oder im Endeffekt nur ein tropischer Sturm da gibt es ja dann diese da binich jetzt auch Experte Hurricanes.Also es war schlechtes Wetter aber es hat ordentlich Es war sicher,dass es passiert ist. fast wie in Holland heute, nur nicht so warm dabei.Deswegen wurde der Starttermin von 14. auf den 16.11.Verschoben, weil dieser Feuer, dieser Hurricane durchlief und die mussten nochmalden Launcher und das Raumschiff angucken und hätten den 14.11. nicht geschafft.Naja, und dann, gut, da waren wir halt mit unserem Team, also unser Team war quasi zweigeteilt.Hier bei ASTEC haben wir einen Raum, wo die Telemetrie ankommt,wo auch die Daten des Raums schlusslich eingeguckt werden können.Und wir haben natürlich auch in Houston die Mission unterstützt.Das heißt, ich war dann zum Beispiel mit einem Kollegen von Airbus in Houston,aber auch bei allen anderen Subsystemen.Wir waren ungefähr 20 Leute aus Europa im Kontrollzentrum in Houston,wo wir dann den Start und den Flug von SLS und Orion verfolgt haben.Und halt auch während des Fluges haben wir dann mitgeholfen, die Daten auszuwerten,die Systeme zu monitoren, um einfach zu gucken, ob alles im grünen Bereich ist,dass es keine Probleme gibt, über die sich Houston Sorgen machen muss.Naja, und da kann ich gleich noch mal drauf zukommen.
Tim Pritlove 0:59:37
War das eigentlich, ich meine, ich kann mir vorstellen, dass das schon für dieamerikanische Seele auch nochmal so ein besonderer Moment war,der Start dieser Mission, oder?
Tobias Langener 0:59:48
Ja, selbstverständlich. Also man hat zum Beispiel auch, jetzt hatten wir beiArtemis, bei dem Launch am 16. auch einen Nachtlaunch.Da war in Kennedy jetzt nicht so ganz viel los, aber beim ersten Ansatz,Ende August, da ja hunderttausende Menschen in Florida.Kamala Harris als Vice-President war vor Ort, da wurde die Nationalhymne gesungen,da gab es Flyby's, das war richtig ein Event.Also ich habe auch viele Bekannte in Amerika und das haben die in den Medienmitbekommen, die haben sich darauf gefreut, dass das stattfindet.Das war schon ein bisschen anders als in Europa, also in Europa war das natürlichauch in den Medien, aber das ist natürlich auch ein nationales,stolzes, nationales Projekt und Mission, wo wir als Europa...Und das möchte ich noch mal hier auch feststellen, als Juniorpartner mit dabeisind, aber wir sind da als Partner mit dabei.Unsere Industrie und auch die ESA sind halt in der Lage heutzutage,so ein Modul zu liefern und bei einer Mondmission mit dabei zu sein.Das muss man sich mal auch auf der Zunge zergehen lassen. Wenn man sagen würde,okay, wir hätten in den 60ern oder in den 60ern schon da mitgemacht bei so einer Mission wie Apollo.Das wäre natürlich Wahnsinn gewesen. Und jetzt sind wir halt in der Lage dazu, das zu tun.Und das ist auch für uns im Projektteam, aber auch für die Leute,die Raumfahrt interessiert sind in Europa natürlich was ganz Spezielles, denke ich.
Tim Pritlove 1:01:04
Ja, kann ich an der Stelle nochmal auf Raumzeit Nummer 98 verweisen.Da habe ich nämlich mit Helmut Trischler mal die Geschichte der europäischenRaumfahrt aufgemacht, also speziell natürlich dann auch die der ESA.Und das ist schon bemerkenswert, welchen Weg man genommen hat,weil zu Apollo-Zeiten war natürlich hier mit europäischer Raumfahrt noch nichts zu sehen.
Tobias Langener 1:01:23
Ja, soweit ich weiß, war hier eine Kuhwiese, wo wir heute sitzen.Das war in den 60ern war hier nicht, da war Sumpf.
Tim Pritlove 1:01:30
Aber jetzt auch so in Houston im Kontrollzentrum, ist das dann alles überlagertvon der Wichtigkeit der eigenen Arbeit in dem Moment oder hat man das irgendwieauch schon gemerkt, dass da so eine gewisse Emotionalität sich breit gemacht hat?
Tobias Langener 1:01:43
In Houston ist das so aufgebaut, also wir haben das in einem Kontrollzentrumhaben wir den Control Room, da sitzen dann diese Flycontroller,was quasi unser Darmstadt ist, also wir haben bei der ESA ja auch ein Kontrollzentrum in Darmstadt.Das sind die Leute, die wirklich auch die Kommandos an das Raumschiff schickendürfen und das dann fliegen dementsprechend.Und wir zusammen mit den amerikanischen Ingenieursteams saßen in der MissionEvaluation Room, wo quasi viel Telemetrie reinkommt, wo man sich wirklich dieDetails von den Systemen anguckt.Aber wir haben im Endeffekt die gleichen Displays wie die Flugcontroller zurVerfügung und wir haben uns das genauso angeguckt wie die auch.Bildschirme, kann man sich ja dann so vorstellen.Für die Amerikaner war das ein sehr wichtiges Programm, weil da jährlich Milliardenin das Projekt gesteckt wurden.Es gab auch viele Stimmen, die sagten, das ist ein Dinosaurierprojekt,das alte Technologien mit alten Industrien verwendet.Warum nehmen wir nicht einfach SpaceX oder Blue Origin und machen da alles mit?Dass die NASA nur noch Verträge rausgibt für den Service und nicht mehr so wiejetzt an der Entwicklung tief beteiligt ist.Aber Gott sei Dank hat ja alles sehr gut funktioniert bei Artemis I und ichglaube, diese Stimmen sind jetzt so ein bisschen, merkt man auch,auf Twitter und so ein bisschen ruhiger geworden, weil natürlich jetzt ein Erfolg da ist.Das Programm ist immer noch teuer und bewegt sich manchmal auch ein bisschenschwerfällig, aber man hat eine erfolgreiche Mission zum Mond geflogen.
Tim Pritlove 1:03:14
Und das wäre jetzt auch wirklich schlimm gewesen, wenn das gescheitert wäre.
Tobias Langener 1:03:17
Ja, das wäre...
Tim Pritlove 1:03:19
Also, man weiß nicht... Es ist immer schlimm, wenn was scheitert,aber ich glaube, das wäre dann schon wirklich sehr bedrohlich geworden für die NASA.
Tobias Langener 1:03:26
Ich denke auch.Generell, wahrscheinlich hätte man dann den Ansatz der Großprojekte der NASAvielleicht in Frage gestellt.Also, wenn das dann vor 20 Jahren passiert wäre, gab es ja keine Alternative.Aber jetzt gibt es halt in der Privatindustrie durchaus Kompetenzen und andereHerangehensweise an Raumfahrtprogramme, wo man vielleicht schneller und besser dabei ist.Aber auf der anderen Seite ist das ja auch ein so komplexes und spezielles System.Und die NASA hat natürlich jahrzehntelange Erfahrungen auf dem Gebiet auch,muss man sagen, die natürlich auch nützlich ist und man auch nicht vernachlässigendarf. Man darf jetzt nicht sagen, warum geben wir das nicht alles an die private Industrie.Der Ansatz der ESA ist ja immer ein bisschen, wir sind ja ein bisschen mehrals Agentur, als Procurement Agency da im Vergleich zu NASA.Die NASA hat ja wirklich eine Abteilung, wo entwickelt wird und das dann quasider D-Industrie vorgegeben wird.Das ist noch ein bisschen anders hier bei der ESA. Wir sind noch ein bisschenleaner als die NASA. Also ich sag mal im Vergleich, es sind dreimal so vieleLeute von der NASA an dem ESM-Projekt, beschäftigt als wie bei der ESA.
Tim Pritlove 1:04:37
Wirklich?
Tobias Langener 1:04:42
Ja, das ist halt so. die sind da sehr viel.Da sind wir halt sehr lean. Wir arbeiten quasi unter einem sehr großen Pensum,um das alles zu verfolgen und von unserer Seite her zu shapeen.
Tim Pritlove 1:04:59
Nicht schlecht. Kommen wir zurück zum Start. Du warst in Houston,oder nicht? Genau. Wir sind jetzt alle mal in Houston.Gewisse Nervosität macht sich breit, aber ich bin mir sicher,dass es total überlagert von der üblichen Professionalität, die die Leute indem Moment an den Tag legen. Der Start gelingt am 16.11.Das Ding boostet halt irgendwie los und wenn die SLS sozusagen ihre Aufgabeerfüllt hat, gibt es eine Trennung.Das heißt, ab dem Moment übernimmt auch das Service-Modul den Antrieb.Oder gab es noch eine zweite Stufe? Nein, gab es nicht.
Tobias Langener 1:05:37
Es gab eine Oberstufe bei der Rakete. Das heißt, man hat diese Translunar Injection Eyes.Das ist quasi das Manöver, was von der Oberstufe durchgeführt wird.Also die Oberstufe mit Orion trennt sich vom SLS und macht dann einen großenBoost, um das Raumschiff Richtung Mond zu schicken.
Tim Pritlove 1:05:53
Und wie genau war die Injektion an der Stelle? Ist die gut gelaufen?
Tobias Langener 1:05:57
Die ist sowohl, also gerade der Booster hat, also Booster SLS hat sehr gut funktioniert.Die Oberstufe auch präzise auf die Flugbange kommen zum Mond und dann findet diese Trennung statt.Das ist nach ungefähr zwei Stunden, glaube ich, findet die Trennung statt,zwei Stunden nach dem Start.Und dann übernimmt quasi das Raumschiff und das Servicemodul.
Tim Pritlove 1:06:24
Zwei Stunden, das war echt krass viel.
Tobias Langener 1:06:26
Ja, gut, man startet halt erstmal, macht dann sozusagen eine Umrundung fastum die Erde, Da sind ja schon mal so ungefähr 90 Minuten, dann wartet man kurzund dann findet das Manöver statt, um vom Erdorbit rauszukommen Richtung Umrund.
Tim Pritlove 1:06:40
Also um erst mal sozusagen den richtigen Punkt zu finden, wo man dann los kann.Wo man dann los kann, genau. Weil das hängt dann immer davon ab,wann man jetzt genau starten... Im Idealfall startet man ja genau so,dass man gar nicht erst nochmal umrunden lässt, oder?
Tobias Langener 1:06:55
Nein, eigentlich ist das so geplant, dass man nicht direkt da jetzt...Man hat ja gewisse Orbitmechaniken um die Erden drum herum, die man nicht jetzteinfach so übergehen kann.
Tim Pritlove 1:07:05
Ja, ich wollte auch nichts übergehen. Ich frage mich nur, warum man nicht einfachdirekt den richtigen Punkt finden kann. Was wird durch diese zusätzliche Umrundung noch gewonnen?
Tobias Langener 1:07:12
Ja, das ist eine gute Frage. Entweder ist das wirklich so ein Sicherheitsaspekt.Ich bin jetzt kein Orbitmechaniker, aber entweder ist das jetzt ein Sicherheitsaspekt,um erstmal einen stabilen Erdorbett zu haben. Man ist ja nie richtig einmalrum, man fliegt da quasi so dreiviertel rum.Und wenn dann was schief gehen würde, würde man erstmal noch mal im Erdorben bleiben.Wenn dieses CLA nicht funktionieren würde aus irgendwelchen Gründen.Diese Translunar Injection.
Tim Pritlove 1:07:36
So, also die SLS hat dann quasi ihre Schuldigkeit getan. Die Oberstufe ist dann auch fertig.Trennt jetzt Orion ab. Und Orion besteht eben aus dem Service-Modul und aus dem Crew-Modul.Und das zusammen ist jetzt auf einer Trajektorie Richtung Mond.
Tobias Langener 1:07:57
Richtig.
Tim Pritlove 1:07:59
Und diesmal hat man aber den Mond ziemlich scharf angeschnitten, sozusagen,indem man – also man muss sich ja immer klarmachen,so, Mond dreht sich halt langsam um die Erde,braucht ja einen Monat, aber man kommt jetzt sozusagen nicht von hinten und bremst dann ab,sondern man kommt sozusagen von vorne, macht so eine halbe Umrundung um denMond, fliegt sozusagen der Mond dem Mondorbit entgegen und lässt sich dann vom Mond abbremsen.Das ist ja sozusagen so ein bisschen das Gegenteil, was man eigentlich normalerweiseso kennt. Oft werden ja Planeten, also alle Körper mit ausreichend Masse,werden ja in der Regel zur Beschleunigung benutzt, aber genauso kann man das ja auch zum abbremsen.
Tobias Langener 1:08:49
Ja, sicher, also hier, man muss sich das ja so vorstellen, wenn man in der Mitte,wenn man jetzt nicht so diese Konstellation vorstellt, in der Mitte ist dieErde und da dreht sich der Mond drumherum. Einmal wie du es richtig gesagt hast,das dauert halt einen Monat, bis der Mond einmal rum ist.Und das Raumschiff rein sollte jetzt in diesen Distant Retrograde Orbit.Wenn man sich eine Skizze anguckt von dieser Mission, sieht das immer aus wieein Kreis um den Mond. Aber im Im Endeffekt was es ist, ist,dass das Raumschiff auch...In eine Umlaufbahn um die Erde fliegt.Diese Outbound Powered Fly, weil das ist das erste große Manöver,was von dem Service-Modul durchgeführt wird, das lenkt das Raumschiff nah amMond, und der Mond nimmt dann das Raumschiff mit.Dadurch wird das Raumschiff durch die Schwerkraft vom Mond in diesen DistantRetrograde Orbit geflogen. Das ist natürlich noch ein bisschen kompliziertervon der Bahnmechanik her.Aber ich fliege dann erstmal mit dem Mond mit und verändere dann meinen Abstandund dadurch sieht das dann nachher aus, als ob ich da einen Kreis drum fliege.Und dann, also dieser Transfer von der Erde bis zum Mond hat jetzt 6 Tage gedauert ungefähr.Und dann wurde dieses Outbound Powered Flyby, da war man glaube ich auf 160Kilometer Höhen, also sehr nah wirklich an der Mondoberfläche.Und wurde dann quasi mitgenommen in diesen Distant Retrograde Overt,wo man dann auch so um die sechs, sieben Tage geblieben ist und dann hat mandieses Return Powered Flyby Manöver geflogen.Das heißt im Endeffekt dadurch dann wieder durch die Mondschwerkraft Richtung Erde katapultiert.
Tim Pritlove 1:10:35
Also man nutzt sozusagen die Schwerkraft des Mondes zweimal aus,das Ganze wird aber auch nochmal von so einem Burn begleitet.Ja genau. das mal angeschaut. Das ist wirklich ganz interessant,weil du sagst, es hängt immer so ein bisschen davon ab, von welchem Körper ausschaut man sich jetzt eben diese Bahn an.Aus Sicht des Mondes ist es halt so, da kommt eben dieser Körper angeschossen,fliegt sehr nah an ihm vorbei, bremst selber noch mal ein bisschen ab,aber im Wesentlichen ist es halt die Anziehungskraft des Mondes,die das Raumfahrzeug abbremst.Daraus ergibt sich so ein elliptischer orbit um den um den mond herum und wennman das zweite mal am mond vorbeikommt.Bremst man schon wieder beschleunigt und zurückgeflogen. Wenn man das ganzevon der Erde aus betrachtet, macht das Raumfahrzeug eigentlich nur eine große Ellipse wieder zurück.
Tobias Langener 1:11:33
Da gibt es tolle Animationen auch bei uns auf unserer Webseite.In diesen zwei verschiedenen Reference Frames, in diesen Bezugsfenstern.Also wenn man da jetzt drauf guckt und im erdfesten Koordinatensystem,wo man dann sagt, der Mond dreht sich immer so mit und man guckt sich dann an,wie sich dann relativ dazu das Raumschiff bewegt, dann ist das quasi eine Ellipsedahin und dann halt so ein Kreis um den Mond rum und dann wieder eine Ellipse zurück.Wenn man sich jetzt anguckt, dass die Erde sich quasi im Mittelpunkt ist undder Mond dreht sich um die Erde in diesem Koordinatensystem,dann fliegt das Raumschiff quasi mit dem Mond mit, mit einem gewissen und variierenden Abstand.Aber das ist ja dann auch in der Realität so, auch wenn ich im wirklichen Mondorbitbin, dann bin ich ja auch um den Mond rum und fliege da mit dem Mond mit.Relativ gesehen zur Erde bewege ich mich dann eher so wie der Mond.Das ist natürlich auch das Antriebsvermögen vom Orion, das ist geringer alsbei Apollo, weil Apollo hat ja diesen Einschuss in den lower lunar orbit gemacht.Da braucht man halt ein bisschen mehr Antriebsvermögen für.Hier hat das System halt ein bisschen weniger Antriebsvermögen und dadurch könnendann solche Manöver durchgeführt werden, also mit diesem Powered Flyby und soweiter. wo man halt dann die Schwerkraft des Mondes benutzt,um eine Geschwindigkeitsänderung an dem Raumschiff durchzuführen.
Tim Pritlove 1:13:05
So, wie sah das jetzt aus der technischen Begleitung aus?Ihr wart da jetzt sozusagen in Newston und jetzt ging es ja leider drum.Also du warst dann auch die ganzen Zeitraum über in Newston.Ja, stimmt. Missionsverlauf. Was hat denn jetzt funktioniert und was hat denn nicht funktioniert?Weil irgendwas funktioniert ja immer nicht. Ich erzähle dir,dass jetzt alles problemlos funktioniert hat.
Tobias Langener 1:13:28
Also, ich muss sagen, man kennt ja auch seine, ich spreche jetzt vom Antriebssystem,man kennt ja auch seine Schwachstellen im System bzw.Nicht unbedingt Schwachstellen, sondern vielleicht die Komponenten oder dieSubsysteme, die so ein bisschen einem während der Entwicklung Kopfzerbrechenbereitet haben. Da denkt man, oh Gott, hoffentlich klappt das alles.Im Antriebssystem hat wirklich alles super funktioniert. Es gab im Interview,da gab es alle paar Tage Interview mit den NASA-Projektleitern,da fragte ein Reporter auch, welcher Schulnummer würden sie dem Antriebssystemgeben, und der Flight Director aus dem Kontrollzimmer hat gesagt,straight A, also halt eine Glatte 1.Das war natürlich sehr gut für uns und vor allen Dingen die Kollegen in Bremen,die das System ja im Wesentlichen entworfen und gebaut haben,dass das so gut funktioniert alles.Es gibt natürlich immer so kleine Abweichungen. Ich will es nicht mal als Anomaliebezeichnen, weil gut, man fliegt das zum ersten Mal, das ist ein paar Sachen, paar Daten oder...Das Verhalten vom System mal ein bisschen anders ist, wie man es ausgelegt hat.Das ist, glaube ich, normal.
Tim Pritlove 1:14:42
Anomalie heißt ja auch nur, irgendein Grenzwert wird überschritten,den man eigentlich nicht überschritten haben wollte.
Tobias Langener 1:14:48
Ja, oder man hat wirklich auch operationelle Probleme. Klar,wir haben viele Anomalien aufgeschrieben, weil du sagst, es wurde ein Grenzwert überschritten.Formal war es eine Anomalie, aber es hatte einfach technisch keinen Einfluss aufs System.Es gab auch, und das wurde auch in der Presse gesagt,bei uns im Power Subsystem, Da gibt es diese Power Conditioning and DistributionUnit, also diese Elektronikbox, die den Strom von den Solarpanelen kriegt,Load Current Limiters, also so eine Art Sicherung, die da eingebaut sind.Die sind hin und wieder mal rausgeflogen und wir wussten nicht so richtig, warum.Aber das ist dann wie zu Hause, man kann die dann wieder reinklicken über einenBefehl und dann läuft das wieder ein paar Tage und dann ist sie mal wieder rausgeflogen.Das heißt, es war jetzt keine permanente Degradation von dem System.Das ist eine der Sachen gewesen, die den Leuten im Baubereich ein bisschen Kopfzerbrechen bereitet haben.Aber nicht wirklich, dass man sagen würde, wir haben jetzt Redundanz verloren.Wir wissen, dass es ein wiederkehrendes Problem ist, was jetzt für AtomS2 behobenwird. Da sind wir jetzt schon dran.Aber also wirklich, also vom...Crew-Modul, vom Service-Modul lief alles wirklich sehr, sehr gut.Also ich selbst überrascht, also persönlich muss ich sagen mit der Vorgeschichte.
Tim Pritlove 1:16:09
Lief denn auch alles automatisch ab oder musste man auch jetzt sozusagen manuellnoch irgendwas freischalten? Oder war das im Prinzip alles vorbestimmt?
Tobias Langener 1:16:16
Im Prinzip ist das alles vorgeplant vor allen Dingen, also sequenziert und dannhalt auch teilweise kontrolliert von der Software, also Close Loop.Das heißt, manche Sachen, da kann man natürlich vom Boden her einflussnehmen,muss man aber nicht unbedingt.Das läuft dann automatisch durch. Ich kann zum Beispiel sagen,diese großen Manöver beim Outbound Power Flyby und beim Return Power Flyby Manöver,das sind wirklich, wo das Haupttriebwerk zwei Minuten brennt,beziehungsweise drei Minuten, also ein großes Manöver, wenn man denkt,dass eine Gesamtbrenndauer von dem System vielleicht zwölf Minuten sein kann.Das wird hinter dem Mond ausgeführt, ohne Kommunikation mit der Erde.Also komplett autonom. Man fliegt da halt rein, dann schalten die ganzen Anzeigenauf Türkis, weil das ist die Anzeige, wenn keine Daten kommen.Und dann holt man sich erstmal Kaffee.
Tim Pritlove 1:17:08
Weil man kann nichts machen.
Tobias Langener 1:17:10
Man kann nur warten, weil man kann ja auch keine Kommandos entschicken.
Tim Pritlove 1:17:13
Und zu sehen gibt es auch nichts. Also es ist alles komplett im Funsch,man hat überhaupt keine Möglichkeit. Man bräuchte halt irgendein Relay,der noch mit rumfliegt, aber der existiert nicht.
Tobias Langener 1:17:22
Den gibt es nicht. Da gibt es wohl jetzt auch eine Idee hier bei der ESA,das glaube ich Moonlight, zusammen mit Kommunikationsdirektorat und human spaceflight hier,dass man da Satelliten in den Mondorbit oder in DRO setzt, mit dem man dannRelay machen kann zurück zur Erde. DRO ist?Wo dann zum Beispiel auch der Gateway die Gateway Station sein wird.NAHO glaube ich. NAHO ist es, wo der Gateway sein wird. Aber gibt's,nicht.
Tim Pritlove 1:17:55
Gibt es derzeit noch nicht.
Tobias Langener 1:17:56
Gibt es derzeit noch nicht, deswegen auch nicht unbedingt relevant.
Tim Pritlove 1:17:58
Also muss man warten und das ist klar, da muss halt alles automatisch ausgeführtwerden. Das heißt, all diese ganzen, sowohl das Abrämsmanöver als auch das Beschleunigungsmanöver,fällt da, glaube ich, darunter?
Tobias Langener 1:18:10
Genau, im Endeffekt waren es die beiden.
Tim Pritlove 1:18:12
Also das Wichtigste sozusagen findet statt und man darf noch nicht mal live zuschauen.
Tobias Langener 1:18:17
Deswegen kannst du ja vorstellen, dass ich bei dem ersten Manöver leicht nervöswar, Also generell, es gab so ein paar Punkte. Also Band war halt der Aufstieg,also der Start der Rakete, weil da wirklich viele Sachen im System,das ist alles sequenziert und muss auf die Sekunde genau passieren.
Tim Pritlove 1:18:31
Haltest du auf die Millisekunde genau, oder?
Tobias Langener 1:18:33
Ja, also genau, es ist in Millisekunden im Endeffekt spezifiziert, ja.Richtig, also man hat dann gewisse Zeitvorgaben, in denen Sachen passieren müssen,und dann quetscht man da seine Operationen rein.Und es fing ja an auch mit dem Tanken und so, das ist ja alles von Countdowngeht glaube ich bei minus 42 Stunden los.Ja und ich bin dann halt ins Kontrollzentrum gegangen bei T-6 Stunden.Und dann sieht man halt wie das Bild getankt wird, wie es dann nicht klapptund wie es dann wieder klappt und so weiter. Also das ist dann schon alles ziemlichhektisch und ich gerne auch mal eine kleine Anekdote vielleicht zum Besten geben.Ich saß dann an der Propulsion-Konsole in diesem Mission Evaluation-Raum undneben mir waren die Leute, die Mechaniker, also Loads und so was machen,also die Mechanical Engineers, sag ich mal.Und da war ja dieser Hurricane durchgeflogen und dann sind da auch an der Kapselso ein bisschen dichtmaterial abgegangen, was die vorher schon gesehen hatten.Dann hatten die auch wieder ein Problem mit dem Betanken. Da mussten die soeine Crew rausschicken, die dann live mit einem halbgefüllten Rakete oben drüberunten im Groundsystem nochmal wieder ein paar Flansche anziehen mussten undein paar Muttern, damit das dicht wurde.Das war wirklich interessant. Das hieß Red Team. Interessanterweise kamen diealle in blauen Overrolls raus. Da wusste auch keiner, warum die jetzt Red Team heißen.Auf jeden Fall war das auch sehr lustig. Da hat man gesehen,wir sind eigentlich gut im Zeitplan, aber wir haben ja nur zwei Stunden Startfenster.Das heißt, wenn sich da im Betanken oder in der Sequenz vorher was bestätigt,man muss anhalten, man muss Sachen überprüfen, man muss Sachen reparieren.Wie gesagt, der Flansch musste angezogen werden, damit der Wasserstoff nichtmehr rausleckte. Das war halt in Kennedy alles und wir sehen das okay.Die Jungs vom Red Team kamen und dann guckten die in die Kameras und hängten da oben drin rum.Dann hatten die noch mehr von diesem Lichtmaterial gesehen, was halt währenddem Hurricane so ein bisschen losgegangen war, dass das baumelte da so rum.Das hatten die wohl bei der Begehung ein paar Tage vorher noch nicht festgestellt.Der Kollege neben mir, der musste dann halt quasi aus dem Bildmaterial Größe,Volumen, bestimmen und was passieren könnte, wenn das abfällt.Ob das irgendwie ein Problem ist. Man hat ja beim Challenger...
Tim Pritlove 1:21:02
Bei der Katastrophe war ja genau das Problem.
Tobias Langener 1:21:05
Genau, dass halt der Wasserstoss, der Material abgegangen ist und auf die Flügelvorderkantenvon dem Shuttle gefallen ist. Ich weiß nicht, ob das jetzt die gleiche Besorgnis war.Auf jeden Fall war das noch ein Problem, was sich noch angeguckt werden mussund was halt für den Staat wirklich auch bereinigt muss. Da musst du ja sagen,wenn ja geht oder ja geht nicht. Und dann kam irgendwann die Durchsage über uns zumindest. Yes.So, Loads, wie sieht es aus? Red Team ist fertig. Wir warten noch auf deineFreigabe für den Start. Der Typ, der hat natürlich auch ein Backoffice gehabt,wo die das dann organisiert haben und so weiter.Und spitzen. Der saß direkt neben mir.Ja und dann irgendwann, Gott sei Dank, also dreiviertel Stunde vor dem wirklichenStart an, sagte, okay, we're clear. Alle im Zimmer.Erstmal alle erleichtert, und dann ging es ja wieder in den Countdown.Das war wirklich eine spannende Angelegenheit.Und dann Countdown, T-minus eine Minute. Das war schon mal weiter als letztesMal, das ist ja schon mal nicht schlecht.Mal gucken, was noch passiert. Team minus 10 seconds. Also, shit.Geht's jetzt wirklich los?Ich sag's erst einmal, wir sitzen immer mit NASA-Kollegen an den Konsolen.Geht jetzt echt los. Scheiße, geht echt los.Ja, und dann ging es halt los. Und dann ist das ja wirklich wie ein Film.Wir haben das vorher auch sehr oft trainiert. Ich meine, es ist ja nicht so,dass wir da hingehen und machen das das erste Mal. Wir haben ja hier diesenTelemetrieraum, wo wir das simulieren können. Wir waren auch öfter in Houstonvorher, um in den Raum immer Flugsimulationen zu machen.Also wirklich vergleichbar wie ein Pilot, der für einen gewissen Flieger trainierenmuss. Haben wir halt für die Mission trainiert und dann auch ganz oft Aufstieg.Und dann lief das halt wirklich wie im Simulator. Da gab es ein paar kleinePunkte, wo mir mal das Herz hingewiesen ist, weil das dann doch nicht alles so ist wie im Simulator.Da hatte die Software mal was Komisches angezeigt von den Ventilen.Ich dachte, shit, jetzt müssen wir hier eine Contingency-Procedure und so ablaufenlassen. War aber Gott sei Dank nur, sag ich mal, eine Software-Sache.Also physikalisch hatte das keinen Grund, Gott sei Dank. Also da gab es keine Probleme.Dann war unser System fertig. Wir waren quasi startklar.Wie du sagtest, man merkt es knistert in der Luft, aber es ist professionelleAnspannung. Es ist jetzt nichtso, dass da die Leute irgendwie austicken oder dass viel Quatsch wird.Aber beim Outbound Powered Fly, das war ungefähr nach sechs Tagen nach dem Start,da hat man gemerkt, okay, die Systeme funktionieren alle ganz gut.Man hat gesehen, unser Power-Subsystem liefert super. Also mehr Strom als gedacht.Unser Thermalsystem braucht nicht so viel Strom, weil die Sachen nicht so kaltwerden wie gedacht. Das geht ja noch ein paar Grad, aber trotzdem, das ist halt Leistung.
Tim Pritlove 1:24:00
Also die Heizung ist im Prinzip nur ein Radiator letztlich, oder?
Tobias Langener 1:24:03
Ja gut, das sind halt viele Heizer, so Heizfolien mit Temperaturfühlern immerdaneben, um zu gucken, dass das auch richtig auf die richtige Temperatur gesetzt wird.Das ist halt das, Das ist das passive Thermalkontrollsystem,was über elektrische Leistung heizt.Wenn es dann nicht mehr benötigt wird, geht es aus und wenn es wieder benötigt wird, geht es an.Dann gibt es dieses aktive Thermalkontrollsystem, wo dann diese Radiatoren außensind und eine Kühlflüssigkeit durch das System gepumpt wird.Da werden dann verschiedene Baugruppen, die Wärme absondern.Mit versorgt und gekühlt. Und nachher auch die Kapsel damit auch gekühlt bzw.
Tim Pritlove 1:24:45
Beheizt. Thermalsystem heißt also sowohl für die ganze Technik,für die Gase etc. aber eben auch für das Chromodul.
Tobias Langener 1:24:52
Das ist das aktive Thermalkontroll.
Tim Pritlove 1:24:54
Und das wurde im Prinzip auch schon auf Menschenbedarf hingeheizt.
Tobias Langener 1:24:58
Richtig, also die Kapsel war auf Temperatur.
Tim Pritlove 1:25:01
Aber da waren jetzt keine Dummies an Bord.
Tobias Langener 1:25:04
Doch, da waren drei Dummies an Bord. Die Nase hatte eine Puppe.So eine Ganzkörperpuppe, die hatte irgendwie einen Commander,Commander Munikin oder so hieß sie.
Tim Pritlove 1:25:13
Und die hat auch selber Wärme erzeugt?
Tobias Langener 1:25:15
Nein, ich glaube nicht. Nee? Nein, nein. Ich glaube nicht. Und dann waren nochzwei Puppen, also eine vom DLR. Das war so eine Half-Body-Puppe.Und das war eine Kooperation, die das DLR wohl mit den Israelis hatten.Da gab es zwei Puppen. Eine Puppe war eine normale mit ganz vielen Sensorenausgestattet und die andere hatte dann so eine Strahlungsweste an.Mit den gleichen Sensoren ausgestattet, dann sollte gezeigt werden,was passiert, wenn wir so eine Mission fliegen, wie viel Strahlung kommt daeigentlich an, wie schlecht ist das für die Astronauten, hilft so eine Weste.Dann waren noch zwei Tiere an Bord. Snoopy?Und Sean das Schaf.
Tim Pritlove 1:25:54
Aber kein wirkliches Schaf.
Tobias Langener 1:25:56
Nein, nein, also dieser Cartoon-Charakter, das war halt unser ESA-Maskottchen,was mitgeflogen ist. Und dann Snoopy, das was ja seit der Apollo-Zeiten dasMaskottchen der NASA für die Bermannter Raumfahrt ist. Der war dann in einem Raumanzug mit.Und nochmal dann zurückzukommen auf diesen Return- oder Outbound-Powered-Fly-By,wo das Manöver hinter dem Mond, im Funkloch sozusagen, durchgeführt wurde.Das war interessant, weil das war für mich das erste Mal, dass das passiert.Ich war total aufgeregt und so weiter. Ich hoffe, das klappt und ich komme wieder raus.Bis dann irgendwann die Fly-Controller mit dem Kaffee bei uns in diese MissionEvaluation Room reinkommen und anfangen zu quatschen.Und alle stehen und quatschen und denken so, okay, anscheinend...Anscheinend läuft es gut. Und dann kriegt man dann eine Anzeige,natürlich, AOS Acquisition of Signer.Das ist natürlich alles geplant, man weiß ja ungefähr, wann dann wieder Sichtbarkeit da zur Erde,also eine Line of Sight zur Bodenstation besteht und dann weiß man ungefähr,ok so und so viele Sekunden bis wir unser Telemetrieset wieder haben und jadann läuft die Uhr auf Null runter und dann guckt man auf sein,also bis die Acquisition auf Signal ist und dann kommen halt so langsam die Daten rein.Also dann werden halt diese Türkisen ziffern, die halt auf dem Display sagen,ok ich hab keine Telemetrie werden, wie normal. Und man sieht,dass da wieder was kommt zum Raumschiff.Und dann plötzlich, Brendauer vom Haupttriebwerk war genau die zwei Minutenzehn hochgegangen, wussten wir, manöver hat geklappt.Raumschiff war nicht explodiert, weil wir kriegten ja Daten.Also alle happy. Man hat sich danach die Bedrückungsarchitektur bei uns im System geguckt.Sah gut aus, ist so gelaufen. Dann kamen so langsam auch die ganzen Druckdatenund so weiter rein, wo man ein bisschen Historie braucht und dann konnte mansagen, okay, wow, hat ja geklappt.
Tim Pritlove 1:27:50
Ist man da eigentlich so auf 24-7 abruf?Wie macht ihr das? Ihr müsst ja auch mal schlafen. Teilt ihr euch dann im Teamauf, dass immer jemand da ist oder sagt man einfach so, naja,jetzt darf man mal so gut schlafen und wenn was ist, wird man geweckt?
Tobias Langener 1:28:04
Schlaf war so eine Sache, kannst du dir vielleicht vorstellen.Also wir hatten halt wie gesagt ein Team in Houston und ein Team aber auch hierbei ASTEC, was auch die gleichen Telemetrie hatten.Wir hatten das so gemacht, pro Konsole hatten wir eigentlich zwei Personen,die Systemleute hatten ein paar mehr.Die Systemleute sind halt die, die den Gesamtüberblick über das Gesamtsystemhaben und die wollten halt quasi rund um die Uhr Support machen,brauchten ein bisschen mehr Leute.Ich habe mir da mit einem Kollegen quasi die Früh- und die Spätschicht geteilt,wir haben aber selten Nachtschicht gemacht, nur wenn wirklich was los war.Also wir haben am Schichtmodus gearbeitet.
Tim Pritlove 1:28:41
Oder zwölf.
Tobias Langener 1:28:44
Wie nötig, ne? Also offiziell an der Konsole glaube ich zehn mit Handover vorher und nachher.Und dann natürlich wenn irgendwelche Sachen waren, noch mal vorher und nachher.Also das ist wirklich nicht zu unterschätzen, weil die Mission ist ja wirklich 24 Stunden.Das heißt man wird wach, man hat neue Sachen, man vor dem Bett gehen,gibt es wieder, ist noch was los ist.Gott sei Dank hatten wir natürlich hier aus Holland guten Support,weil unser Antriebssystem das größte Subsystem war.Das gab es auch am meisten zu tun. Wir hatten hier drei Ingenieure,zwei von der ESA, ein Kollege von Airbus, die dann hier 24-7 rotiert sind.Das heißt, wir hatten eigentlich immer jemanden vom Antriebssystem,der live war, meistens zwei.Man hat offiziell einen Tag Rest bekommen, also Ruhetag bekommen,aber so viel Ruhe war dann auch nicht. Das kann man sich ja vorstellen,das ist ja klar, das läuft ja auch dann.
Tim Pritlove 1:29:43
Fährt man dann hier eigentlich nach Hause oder gibt es dann für solche Einsätzeauch hier die Möglichkeit zu schlafen?
Tobias Langener 1:29:49
Nö, man fährt dann nach Hause oder ins Hotel hier. Genauso wie bei mir in Houstonnatürlich auch. Ich bin dann ins Hotel gefahren danach, nach der Schicht.Das waren ja fast fünf Wochen, wo wir da waren. Das war natürlich eine langeZeit. Gott sei Dank ist die nächste Mission zwei Wochen lang nur. Das reicht dann auch.Und hier also wirklich war auch eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen den ungefährauch 20 Leuten hier, die hier auch rund um die Uhr gearbeitet haben und in den Houston.Super Kooperation muss ich sagen zwischen NASA und uns. War auch das erste Mal,dass wir die Ops dann die Operations dann mit der NASA zusammen durchführen.Ich meine, die Leute, mit denen wir dann wirklich da zusammengearbeitet haben,die kannten wir natürlich aus dem Projekt selber.Die Flight Controller, da hatten wir so ein bisschen weniger Kontakt mit vonhier, weil das sind ja wirklich die, die das fliegen.Die sind halt nicht unbedingt in der Wickelung so tief.Beteiligt. Die kriegen quasi das Design und die Capabilities und implementieren dann quasi die Mission.Auch wenn man ein Auto kriegt, da hat man dann ein Handbuch dazu und dann fährtman das. Aber man ist ja nicht an der Entwicklung beteiligt unbedingt.Und dann lief es auch wirklich so gut auch bei den meisten anderen Systemen,dass dann Management irgendwann gesagt hat, hey, ihr habt alle gedacht,im Mondorbit ist ruhig, weil da im Endeffekt fliegt man dann nur nebenher undda ist wirklich wenig los, lasst uns doch mal ein paar neue Tests definieren on orbit.Und dann haben wir uns hingesetzt und haben uns überlegt, was kann man denneigentlich noch so testen.Es gab halt vordefinierte Test-Objectives, aber auch Sachen,die jetzt noch mehr gemacht werden konnten.Es war ja eine Qualifizierungsmission, eine Testmission und dementsprechendgab es auch schon vorher Sachen, die getestet werden sollen,die man in einer Mission, die man das nicht unbedingt macht.Aber wir haben dann noch darüber hinaus neue Sachen on the fly definiert.Zum Beispiel einen 100-Sekunden-Test mit den Hilfstriebwerken,der überhaupt nicht vorgesehen war. Da muss halt der Orbit ein bisschen angepasst werden.Deswegen, um das thermische Verhalten von zwei Triebwerken nebeneinander sichanzugucken. Da hat man am Boden keine Daten, die haben wir dann quasi on Orbitgekriegt oder wir haben einen Leckagetest gemacht von Ventilen in Orbit.Macht man auch nicht für Astronauten.
Tim Pritlove 1:32:08
Was heißt, wie macht man einen Leckagetest?
Tobias Langener 1:32:11
Man stellt eine gewisse Drucksituation an dem Ventil ein, also vor dem Ventileinen gewissen Druck und nach dem Ventil hat man einen gewissen Druck.Und wenn sich diese Drücke ändern, dann leckt es.Das ist im Endeffekt der relativ einfache.
Tim Pritlove 1:32:24
Und ihr habt das jetzt so weit getrieben, dass es lag oder ihr habt nur geguckt, dass es nicht lag?
Tobias Langener 1:32:27
Wir haben mal geguckt, ob es lag oder nicht. Im Endeffekt war es wichtig,um zu gucken, ob sich da irgendwas verändert hat in dem System.Aber auch für mich wichtig zu wissen, wenn wir mal wirklich ein Problem damithaben, können wir das dann am Orbit dann irgendwie quantifizieren.Ja, und noch verschiedene kleinere Tests. Also da wurde eigentlich wirklichviel auf einmal getestet.Dann haben die die Triebwerke anders gefeuert. Also es war wirklich auf dereinen Seite ein bisschen spannend, auf der anderen Seite aber auch cool,dass wir das machen konnten.So ein bisschen Spielplatz, ne? Ja, genau. Wenn man so einen Raumschiff mitder Entwicklung Orion, wahrscheinlich 25 Milliarden oder so was,dann im Mondorbit hat und die Chefs sagen, ja denkt euch mal ein paar Testsaus. Ja, denk mal, ja. Playground für Grown-ups.
Tim Pritlove 1:33:09
Kommen wir nochmal zum Schluss vielleicht dieser Mission, also Rückkehr.Also man ist halt einmal hin, einmal um den Mond herum und wieder zurück.Und ja, dann kommt es ja dann nochmal die Separation, wo dann die eigentlicheCrew, das Crewmodul abgespalten wird und das Servicemodul dann verglüht.Wann findet das genau statt? Wie kurz vor Landung?
Tobias Langener 1:33:30
Das ist glaube ich 40 Minuten.Versuchen wir mal. Zap. Entry Interface. Ich glaube.
Tim Pritlove 1:33:39
Crew ist in Ordnung.
Tobias Langener 1:33:40
Ich sag mal jetzt 40 Minuten, weil ich habe in weder 40 Minuten noch eine Stunde im Kopf.Also in der letzten Stunde. Genau, in der letzten Stunde, da findet diese Separationstatt und dann dreht sich dann das Crewmodul einmal um um die eigene Achse.Das Crewmodul hat nochmal ein eigenes Lageregelungstriebwerkssystem eingebautund das dreht sich dann quasi um, um mit dem Hitzeschutzschild zuerst einzutreten.Und dann findet halt der Wiedereintritt von dem Crewmodul statt und das Servicemodul,das fliegt dann halt nebenan, macht seinen Wiedereintritt und verglüht dannirgendwie in der Atmosphäre und ein paar Teile bleiben dann über und die landen dann im Pazifik.Das Kuhmodul hat jetzt so eine Skipping-Trajektorie, da sind die geflogen.Man kann ja zum Beispiel auch direkt eintreten, indem man quasi eine direkteFlugbahn hat, da hat man sehr hohe Wärmelast.Die sind dann quasi reingekommen, haben dann nochmal hochgezogen und sind dannnochmal wieder eingetreten.Also quasi haben die vom Höhenprofil, es ging erst steil runter,dann ging es wieder ein bisschen hoch und dann ging es wieder steil runter.
Tim Pritlove 1:34:49
Kann man das denn steuern?
Tobias Langener 1:34:50
Über den Anstellwinkel von der Kapsel. Durch dieses Lage-Regelungssystem sindwir in der Lage, das Raumschluss zu drehen und anzustellen.Und dann über die Aerodynamik kann man das dann so einstellen,dass man verschiedene Trajektorien in der Atmosphäre fliegen kann.
Tim Pritlove 1:35:07
Also ist das so ein bisschen, als wenn man einen flachen Stein über Wasser...
Tobias Langener 1:35:11
Ungefähr, daher kommt das, glaube ich, Skippring-Trajektorie.
Tim Pritlove 1:35:13
Genau, also man trifft sozusagen auf, aber stellt einfach durch die Schräglage fest,dass man so viel Auftrieb wieder erhält, dass man wieder hochkommt und dadurchist dann insgesamt die Bremswirkung größer als würde man einfach straight soforteintauchen bzw. man nicht dieselben Temperaturen.
Tobias Langener 1:35:30
Ja und auch vor allen Dingen, so ich das verstanden habe, dass das halt einDesign, was die Verzögerung, also die mechanischen Lasten ein bisschen reduziert,was natürlich gut ist für die Astronauten.Aber anscheinend ist es halt schon eh ein ziemlich anspruchsvoller Wiedereintrittfür die Astronauten von so einer hohen Geschwindigkeit.Und so kann man das ein bisschen verteilen sozusagen die Wärmelast und auchdie mechanischen Lasten.Dass man dann nicht so eine hohe Bremskraft hat oder eine Bremswirkung und dasnatürlich dann auch mehrere Gs und die Astronauten dann nicht unbedingt in derHöhe, dann lieber zweimal weniger als einmal richtig.
Tim Pritlove 1:36:05
Wie lange kriegt man noch Daten von dem Service-Modul, bis es komplett verglüht ist?
Tobias Langener 1:36:10
Sobald es getrennt ist, ist es weg, weil wir keine Datenverbindung mehr habenzum Kronmodul. Ach so und das Kronmodul funkt?Genau, das Kronmodul funkt, wir funken nicht. Wir haben mal Datenverbindungennatürlich zum Kronmodul, aber sobald diese Nabel- schnur getrennt ist, ist Feierabend.Schade. Das ist eigentlich sehr schade, weil ich meine, gut der Wiedereintritt,der ist halt was er ist, aber was wir hatten, wir hatten ja auf den,daher kamen auch die ganzen tollen Bilder während der Atemmission,wir hatten ja Kameras auf diesen Solarpaneel, an den Enden von den Solarpaneeln.Man hat dem Projekter liebevoll Selfie-Sticks so gesagt, weil man die wirklichso benutzt worden hat. Man hatte wirklich das Gefühl, die Leute vom Public AffairsOffice von der NASA, also von den Kommunikationsleuten.Die haben das wirklich rumgefahren, um sich das Raumschiff von allen Seitenanzugucken, dann halt damit auch die Fotos zu schießen von Mond, Erde und so weiter.Und das ist eine Wi-Fi-Verbindung und die kann eigentlich theoretisch sogarein bisschen länger funken, also bis halt das Grundmodul, der Router sozusagen.
Tim Pritlove 1:37:23
Wirklich Wi-Fi jetzt? Also normales WLAN tatsächlich? Normales WLAN.
Tobias Langener 1:37:27
Ernsthaft? Ja, aber da sind ja GoPros.
Tim Pritlove 1:37:28
Ah, wirklich?
Tobias Langener 1:37:30
Ja, im Core sind das GoPros.Also im Core sind das GoPros, die da auf den Solarpanelen sitzen.Da wurde der Chip und die Kamera. Und dann wurde da ein Gehäuse drum gebaut,was dann halt Raumfahrt qualifiziert wurde und so weiter.Und da gibt es ein WLAN-System für die Kameras.Ich glaube im Prinzip könnte das sogar funktionieren, weil dann die Kameras, die kriegen noch Strom.Eigentlich oder haben Materie oder sowas und die könnten dann eigentlich nochein bisschen die Trennung sich angucken, ging aber diesmal nicht.Aus irgendwelchen technischen Gründen, die mir nicht bekannt sind.Ja genau, dann ist halt, die Bilder waren natürlich spektakulär vom Anflug aufdie Erde. Also man hat natürlich die größte Beschleunigung von dem Raumschiff,wenn es dann in den Gravity Well von der Erde geht.Und man sieht halt wirklich, dann kommt man da an, man läuft ins Kontrollzentrum,die Erde ist noch so klein klein und am Ende wird die immer größer.Man kann es wirklich auf dem Bildschirm dann größer werden sehen,wenn es dann zu der Trennung kommt. So ein ziemlich beeindruckender Moment. Und dann hatten wir,den Stream von der Kamera aus dem True-Modul, wo man quasi mit der Kamera ausdem Fenster geguckt hat und man hat dann gesehen, okay, jetzt ist Eintritt,weil das Plasma gerade am Fenster vorbeifliegt.Und dann war ja auch Funkstelle, da gibt es ja diese Blackout-Windows,wenn das Plasma eine gewisse Stärke hat, wo man nicht mehr durchfunkt.
Tim Pritlove 1:38:53
Da geht einfach nichts mehr durch, ne?
Tobias Langener 1:38:54
Ja, man kann nicht mehr durchfunkten, es ist halt dann elektrisch geladene Strömung um das Raumschiff rum.Und dann, nach dem ersten Eintrittsteil, wenn dieses Skipping beginnt, dann hat man wieder...Dann hat man wieder Kontakt und dann hat man auch toll gesehen,schon okay, ich fliege halt mit einer riesigen Geschwindigkeit über die Erde,man saut die Erde und dann hat man das halt, hat man wieder ein Blackout gehabtund dann sah man schon, okay, jetzt sind wir ja wirklich nah dran.Und dann kamen auch schon die Bilder vom Recovery Ship.Man hat dann da die Fallschirme gesehen, die rausgeflogen sind und wir warennatürlich mega happy zu dem Zeitpunkt, wo das Service Modul weg war,also als Europäer, unser Job war es done, well done.
Tim Pritlove 1:39:34
Aber man will ja auch, dass die Mission als Pflicht hier funktioniert.
Tobias Langener 1:39:37
Ja genau, für mich wäre die Mission kein Erfolg gewesen, wenn da was am Q-Modul passiert wäre.Obwohl wir nur in Anführungsstrichen das Service-Modul liefern,ist man da integraler Teil des Oraleprogramms und auch Artemis als ESA-Mitarbeiterin,auch als Airbus-Mitarbeiterin.Das würde ja auch niemand anders sagen. Also würde keiner sagen,ich bin nur für das Service-Modul zuständig und für das Rest ist mir egal.Das wird dir hier auf dem Flur keiner sagen und das wird dir auch bei den Kollegenin Bremen keiner sagen. Die sind alle Teil vom Artemis-Programm.Und dementsprechend, als die Fallschirme rausgingen, du weißt halt,okay, da kann noch mal was daneben gehen. Das ist ein zweistufiges Fallschirmsystem.Kann mal was passieren. Und als die draußen waren, alle happy,dann kam auch der NASA-Chef rein, hat man noch eine Ansprache gemacht.Der Bill Nelson kam rein.Das war dann ganz schön. Da hatten wir einen kleinen Umtrunk bei NASA auf dem Gelände.Die Mission ging im Endeffekt nochmal zwei Stunden weiter, weil die haben dieKapsel nochmal zwei Stunden lang wassern lassen.Auch aus Testzwecken, normalerweise machst du das nicht, holst du das schnellwie möglich rein, aber die mussten halt zeigen, okay wir können zwei Stundenwassern, unsere Systeme bleiben halt aktiv und können die Astronauten am Lebenerhalten, nochmal zwei Stunden danach.
Tim Pritlove 1:41:01
Da sind glaube ich noch so Sicherheitsballons aufgeblasen worden.
Tobias Langener 1:41:04
Ja genau, die sind halt zum Floating Devices.
Tim Pritlove 1:41:09
Zum Schluss blicken wir vielleicht mal kurz noch auf, was jetzt noch so ansteht.Artemis 2 und 3 haben wir jetzt schon ein paar Mal erwähnt.Das sind dann sozusagen die entscheidenden Missionen. Was ändert sich jetzt bei Artemis 2?Und klar, bei 3 sind natürlich dann die Astronauten mit dabei. Was ändert sich dann?
Tobias Langener 1:41:27
Bei Artemis 2 haben wir noch immer den gleichen Launcher. Wir haben bei Artemis2 dann eine Crew an Bord, eine amerikanische Crew.Im Service-Modul gab es...
Tim Pritlove 1:41:37
Das heißt, Artemis 2 ist im Prinzip nochmal das gleiche wie Artemis 1, was den Flug betrifft?
Tobias Langener 1:41:42
Nein, nein, der Flug ist komplett anders. Der Flug ist ganz einfach.Es gibt einen Free Return, heißt das.Das heißt, man, im Endeffekt fliegt man auf einer Bahn, also man macht dieseTranslunar Injection, also diesen Einschuss auf die Mondumlaufbahn, aber nichts weiter.Man fliegt dann nur am Mond vorbei und fliegt dann direkt zurück,ohne irgendwelche Manöver am Mond selber durchzuführen.Es gibt dann quasi nachher nur noch Lageregelung. Warum?
Tim Pritlove 1:42:08
Also ich meine, wenn man das vorher schon so geübt hat, warum macht man es dann anders?
Tobias Langener 1:42:11
Ja, man will halt natürlich die Mission zum einen nicht zu lang machen,weil man erst einmal die Astronauten, also Risiko ist eine Risikoabwägung,glaube ich, von der Missionsdesign, dass man sagt, okay, wir fliegen jetzt ineine bemannte Mission, damit die Crew sich ans Raumschiff gewöhnen.
Tim Pritlove 1:42:27
Jetzt wird das Raumschiff an die Crew gewöhnt.
Tobias Langener 1:42:30
Hall.9000.Also die Mission wird dann so wie folgt aussehen, wir werden dann wirklich aucheinen Tag im Erdorbit erstmal sein und da werden die Lebenserhaltungssysteme getestet.Macht ja auch Sinn, dass man nicht sich direkt jetzt wie bei Artemis 1 auf RichtungMond begibt und nach drei Stunden fällt einem auf, oh wir haben keine Luft mehr.Das wäre natürlich schlecht und deswegen macht man erst einen Tag,wo dann das ausgetestet werden kann und man macht eine Runde VU und einen Docking-Test im Erdorbit.Und es geht ja darum, dass manbei Artemis 3 mit dieser Mondlandefähre im Mondorbit, sage ich mal, dockt.Das muss man am besten noch mal testen vorher. Und das machen wir dann auchnoch im Mondorbit. Und dann, sehr interessant auch für mein System,dann wird dieser Mondeinschuss, nicht mit der Oberstufe gemacht,weil die ist dann ja schon längst weg, die wird dann mit dem Orion gemacht.Und das ist dann vielleicht auch ein Grund, warum man nachher dann keinen,keinen, nicht mehr ausreichenden Treibstoff hat, um irgendwelchen Mondeinschusszu machen, so wie wir es jetzt gemacht haben.Haben. Also generell eine Abwägung, was will ich in der Mission machen,was sind meine Capabilities vom Raumschiff und dann findet halt ein relativgroßer Bören von dem Haupttriebwerkstatt um Richtung Mond zu fliegen.Und dann kommt man nach, glaube ich, neun Tagen wieder zurück,landet dann die Astronauten sicher und hat dann das Raumschiff getestet mit den Astronauten.
Tim Pritlove 1:43:59
Das heißt, für das Service-Modul liegt dann der Fokus in der zweiten Missionweniger auf den Antrieb.Er ist natürlich auch erforderlich, aber es gibt jetzt wie gesagt nicht dieseBrems- und Wiederbeschleunigungsmanöver, aber mehr auf die Versorgung des Moduls etc.
Tobias Langener 1:44:15
Und gerade auch im Crew-Modul, was so ein Onboard-Computer-Jugend-Interface ist. Wahrscheinlich.Toilettensysteme, ich weiß nicht, was man da noch testen muss mit dem Astronauten.Also einfach so die Sachen, die halt mit dem Interface zwischen Astronautenund Raumschiff zusammenhängen.
Tim Pritlove 1:44:32
Ich sage mal voraus, dass die Nervosität beim zweiten Start noch größer sein wird als beim ersten.
Tobias Langener 1:44:38
Ja, das denke ich auch, weil es ist ja nochmal eine ganz andere Verantwortung.Das Gute ist, dass wir jetzt wissen, wie gut unser System funktionieren kann.Und wir haben ja auf der gleichen Weise das Service-Modul gebaut und getestet, wie beim ersten Mal.Sogar noch besser, weil Lessons Learned.Und deswegen glaube ich, wenn wir das Modul abgeliefert haben,sind wir da genauso gut in Shape wie bei Atmos 1.Das gibt ein bisschen Ruhe auf der anderen Seite, wenn die ersten Mal die Astronautendrauf sitzen, dann will man natürlich nicht, dass man noch eine Anomalie hat,die ja immer auftreten kann.Und dann weiß ich auch nicht, ob ich da unbedingt, also das ist natürlich eine Sache da,also das wäre natürlich ziemlich heftig, wenn man so eine Apollo 13 Situationhat und man sitzt da im Team,was die Anomalie dann irgendwie aufzulösen hat, das wäre natürlich schon,das ist eine Situation, die keiner haben möchte und die wahrscheinlich auchnicht auftreten wird, aber man weiß es nie.
Tim Pritlove 1:45:42
Letzter Ausblick dann vielleicht auch noch mal auf Artemis 3.
Tobias Langener 1:45:45
Okay.
Tim Pritlove 1:45:47
So ganz zum Schluss. Das wird ja dann so ein bisschen die Krönung,die vorläufige Krönung, soll ja noch weitere Missionen geben,aber das ist ja jetzt erstmal das mittelfristige Ziel.Wie wird es dann laufen mit dem Lander?
Tobias Langener 1:46:01
Wir haben ja jetzt quasi eine Mission geflogen, um in den Mond Orb zu kommen.Von der Oralenseite her wird das relativ ähnlich laufen.Der Lander, das ist so eine, im Endeffekt diese SpaceX-Oberstufe, die die jetzt beim...
Tim Pritlove 1:46:20
Das Spaceship meintest du jetzt?
Tobias Langener 1:46:21
Ja, das Spaceship, ja. Was in Bocotico da auf dem Pad grad steht.Was ja auch jetzt, also was gerade wichtig ist, ist, dass das ist eigentlichmal eine Sache für mich, da ich ja auch nicht unbedingt da in dem Programm soinvolviert bin. Das ist nochmal ein viertes Programm, was bei der NASA läuft,um Landing System. Da kriegen wir relativ wenig damit.Muss ich wirklich sagen, was in den Nachrichten steht, das verfolgen wir natürlich.Die müssen halt erstmal die Rakete starten, also dieses Spaceship starten unddann das Juven Landing System dementsprechend bauen, in den Mondorbit kriegen.Also im Endeffekt geht es darum, die müssen mehrere Speichel bauen.Weil die ja Betankungen im Erdorbit machen müssen, dann müssen sie mit dem Spaceshipzum Mondorbit fahren, dann muss das wieder im Mondorbit betankt werden,damit sie dann auf die Mondoberfläche landen können und wieder hochkommen können.Das ist quasi eine Raumfahrtinfrastruktur für nötig, die gibt es ja heutzutagenoch nicht. Und das Ganze soll in drei Jahren im Endeffekt stattfinden.SpaceX ist schnell, schneller als eine vergleichbare Firma, aber selbst beiCrew Dragon, Also quasi dem Versorgungsschiff für die Raumstation gab es ja50 Prozent Projektverzug.Das ist nicht unbedingt gesagt, dass es nur weil SpaceX ist,dass es dann innerhalb des vorgesehenen Planchefes ist. Aber müssen wir mal sehen.Gut, das ist halt für mich der kritische Punkt, weil da gibt es noch nichts.Aber wir von Orion wissen, okay, wir können, gerade wenn wir bei Atomos 2 geflogensind, wir können dann mit Astronauten zum Mond orbit.
Tim Pritlove 1:47:51
Aber vom Ablauf her ist es dann im Prinzip wieder wie die erste Mission?
Tobias Langener 1:47:55
Ja, genau, es ist dann eher so wie die erste Mission, dass Orion auch in Mondorbitmuss, wo sich dann dieses Human Landing System befindet von SpaceX.Das heißt, wir werden dann docken mit diesem HLS Human Landing System.Das muss man sich so vorstellen, wir sind der Delfin und das HLS ist der Wal,so von der großen Ordnung.Also wir sind halt ein kleines System, was dann dieses große Human Landing System,was die Oberschrift vom Spaceship ist und damit fliegen dann die Astronautenrunter auf den Mond und fliegen dann wieder zurück,docken mit Orion, steigen um und fliegen damit dann zurück zur Erde.Und warum müssen wir das machen? Weil SpaceX kann mit Dragon und Crew Dragonaus dem Leo zurückkommen.Also aus dem Low Earth Orbit zurückkommen.SpaceX legt Spaceship aus, um aus dem Low Earth Orbit wieder zurückzukommen.Mit den Hitzeschutzkacheln, die da angebaut werden und so weiter.Aber es ist halt noch nicht nachgewiesen, dass sie überhaupt einen Wiedereintrittmit den Motgeschwindigkeiten machen können. was halt wesentlich komplexer ist.Und das ist halt momentan, das Orion mit dem erfolgreichen Flug,das einzige qualifizierte Raumschiff, was einen Return, einen Wiedereintritt vom Mond machen kann.Deswegen brauchen wir das, um die Astronauten zurückzukriegen vom Mond-Orbit.Vielleicht ändert sich das in der Zukunft, man weiß es nicht in langfristig.Also wenn da gewisse Capabilities entstehen bei SpaceX, wo das passiert,aber ich sehe das halt momentan auch nicht kurzfristig eintreten einfach.Man sagt immer, SpaceX würde das alles übernehmen, aber es gibt durchaus auchtechnische Hürden, die da sind, das könnte man sicher nicht mehr kommen.Aber die Physik gilt auch für viele, die es machen. Das ist so.
Tim Pritlove 1:49:50
Gut Tobias, ich sage vielen Dank für die Ausführung. Gerne. Hier zu eurem spannendenProjekt und dem auch wirklich sehr gut laufenden Projekt und gut laufenden Kooperationen.Ich hoffe, das wird auch weiterhin so laufen.Insofern alles Gute dafür. Ja und vielen Dank dafür und ich bedanke mich auch.Fürs Zuhören hier bei Raumzeit. Bald geht es wieder weiter. Ich sage tschüss, bis bald.

Shownotes

RZ106 Der Gaia-Sternkatalog 2

Das Data Release 3 des Gaia-Sternkatalogs öffnet die Tür in das Universum weiter als zuvor

Die Sendung ist eine Fortsetzung von RZ076 über den Gaia-Mission und den daraus entstehenden Sternkatalog, dessen Inhalt die astronomische Forschung weltweit mit einer Druckbetankung von Daten versorgt und ganz neue Forschung ermöglicht. Das Data Release 3 diesen Jahres erweitert den bisher schon verfügbaren Datenreichtum um ganz neue Messungen und verbessert dazu die bereits veröffentlichten Daten.

Dauer:
Aufnahme:

Stefan Jordan
Stefan Jordan

Stefan Jordan vom Astronomischen Rechen-Institut vom Zentrum für für Astronomie ist wieder dabei und berichtet, welchen Weg die Gaia-Mission in der Zwischenzeit gegangen ist und welche technischen Probleme es bisher gegeben hat und wie diese gelöst werden konnten. Und wir sprechen über die Qualität des neuen Datenmaterials und die Vielzahl an neuen Erkenntnissen, die die Wissenschaft bereits hat aus dem Projekt gewinnen können.


Für diese Episode von Raumzeit liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove 0:00:37
Hallo und herzlich willkommen zu Raumzeit, dem Podcast über Raumfahrt und andere kosmische Angelegenheiten. Mein Name ist Tim Prittlaff und begrüße alle zur 106. Ausgabe von Raumzeit.Gab eine kleine Pause. Jetzt machen wir wieder weiter und ähm ja heute ähm kommt mal wieder eine der wenigen Follow-up Folgen, die ich hier bisher gemacht habe. Manche Themen.Ähm bedürfen einer gewissen Nacharbeit und das war so eins, wo ich mir dachte, da kann man auf jeden Fall nochmal nachfragen. Ich beziehe mich nämlich auf die Sendung sechsundsiebzig, der Geier Sternkatalog.Wurde veröffentlicht am 8 siebten zwanzig neunzehn, also vor dreieinhalb Jahren und dieser Sternkatalog äh ist und war damals auch schon work and progressund deswegen habe ich nochmal Stefan Jordan eingeladen, um weiter Auskunft zu geben. Hallo Stefan.Ja, herzlich willkommen bei Raumzeit. Ein weiteres Mal. Da wir schon letzte Mal so viel ähm über diedahinterstehende Technik gesprochen haben und so weiter, kann man vor allem erstmal hier auf die alte Sendung verweisen, sprich wenn ihr die nicht gehört habt oder vielleicht nicht mehr so richtig im Ohr habt, das wäre äh optimalerstmal reinzuhören und hier auf Pause zu drücken und wir schließen dann mehr oder weniger direkt dran an, aber trotzdem können wir vielleicht nochmal kurz was zu dir sagen.Du bist ja nach wie vor beim astronomischen Recheninstitut in Heidelberg.Und da hat sich auch wenig dran geändert in den letzten drei Jahren in der Tätigkeit.
Stefan Jordan 0:02:21
Ja, also an der Tätigkeit hat sich nicht sehr viel geändert und wir sind natürlich nach wie vor dabei,dass die Daten des Katalogs uns jeden Tag anzugucken mit das ist ja ein Team was das auch in Heidelberg macht. Die machen einen First Look, die gucken die Daten an und ähm messen die Datenqualitätwird äh beschäftigen wir uns auch mit Datenbanken, mit Visualisierung, mit ähBeobachtung von Gaja, vom Erdboden aus, um den Orbit richtig zu bestimmen,und die Leitung des ähm des der des Core Processing, also der hauptsächlichen AstrometrischenDinge, die findet auch in Gaja statt, das heißt also unser Team ist nach wie vor dabei in Heidelberg das,ist nach wie vor dabei äh an mehreren Fronten sozusagen das äh Projekt zu unterstützenZusätzlich gibt's natürlich zum Beispiel in Deutschland äh eine Gruppe in Potsdam und in Dresden, die dabei ist und international arbeiten ja in insgesamt 400 Wissenschaftler undSoftwareingenieure daran äh mit den Daten ähm weitere ähm ja ja weitere Daten zu produzieren, die dann auch Astronomen äh benutzen können.
Tim Pritlove 0:03:32
Also Heidelberg ist Gaya Central sozusagen.
Stefan Jordan 0:03:35
Nein, das kann man nicht sagen. Also das äh Zentrum ist äh in vielerlei Hinsicht äh aufgeteilt äh und in verschiedene Gruppen, je nachdem, mit welchem Bereich sich man sich innerhalb von Gaja beschäftigt, aber im Bereich der Astrometrie ist es in der Tat, dass das bei uns vonMichael Biermann zum Beispiel die dieser Teil geleitet wird und andere Gruppen sitzen eben in verschiedenenteilen Europas und äh ja die Oberaufsicht hat dann natürlich noch die ESA und äh verschiedene Gremien innerhalb vondem äh Konsortium, den und das für die Produktion des Sternkatalogs zuständig ist und.Ja also wie gesagt da gibt's keine Zentren aber wir sind die größte Gruppe innerhalb von Deutschland das kann man sagen ja.
Tim Pritlove 0:04:20
Zwanzig neun1, zwanzig zweiundzwanzig, da ist ja was äh passiert zwischendurch. Wie sehr hat euch so die ganze Corona äh Krise bei der Arbeit gehindert.
Stefan Jordan 0:04:30
Ja, sie hat uns die Arbeit nicht äh.Unmöglich gemacht, aber es ist natürlich schwieriger. Also wir haben natürlich schon vorher fast alle Kommunikationen mit Hilfe von Videokonferenzen gemacht, weil es eben auch ein Projekt ist, was über ganz.Europa verstreut ist, aber es war immer nützlich.Wenn man sich auch mal trifft. Und sei es abends mal auf dem Bier zu treffen, dass man eben das motiviert auch unheimlich, weil man sozusagen dann auch persönliche Beziehungen aufbaut zwischen den einzelnen,und äh äh das manchmal ist es auch leichter, mal in einem auf einem Meeting dannKaffeepause mit jemandem zu reden, als dass man sozusagen eine offizielle Konferenz hat, auf der man redet. Das heißt, die Kommunikation ist an dieser Stelle äh schwieriger geworden, aber das Gute ist vielleichtim Schlechten, äh dass das Gajaprojekt ja jetzt schon eine ganze Weile läuft und die meisten Leute sind schon von Anfang an beim Gaja-Prü,gewesen. Die kennen ja die Leute und haben auch schon mal mit denen sozusagen persönlich zu tun gehabt. Schwieriger ist es für neue Leute, weil für die äh sind das manchmal ganz abstrakte Personen, die sie vielleicht auch manchmal nur von der Stimme her kennen und äh das ist sicherlichungünstig, aber trotzdem sind wir da glaube ich sehr professionell und versuchen mit Hilfe von äh Videokonferenzen die Kommunikation doch so weit aufrecht zu erhaltentrotzdem kann man sagen, paar Monate Verzögerung hat's wahrscheinlich dadurch gegeben am Ende, das muss man sagen und äh natürlich gab's auch immer mal Leute, die dannCorona direkt auch ausgefallen sind, einige Wochen dann und äh also es ist nicht spurlos an uns vorbeigegangen, aber wir konnten damit halbwegs äh.Klar kommen und kommen auch nach wie vor klar. Inzwischen ist es so, dass es auch wieder die ein oder anderen persönlichen Treffen gibt, aber die sind immer noch in der Minderheit.
Tim Pritlove 0:06:11
Filtern so mal so ein bisschen so dieses.Unerwartete, ne? So diese äh klar wenn man weiß, worüber man reden will und solche Videokonferenzen haben immer so diesen Fokus, ne, da will man dann irgendwie auch keine Zeit äh vergeuden, aber manchmal kommen ja die wirklich richtig guten Ideen eher so nebenbei. Ne.
Stefan Jordan 0:06:29
Das gilt übrigens auch sogar innerhalb unserer Gruppe am Ari. Ich meine, da sind viele dann auch im Homeoffice. Auch ich bin weitgehend im Homeoffice gewesenund äh man hat sich früher dann eher beim Mittagessen getroffen und hat man da auch spontan mal irgendwas angesprochen, was man wahrscheinlich in einem äh Meeting wo ein klarer Plan für das Meeting vorlag, dann äh gar nicht besprechen würde. Also äh das das sind durchaus auch viele negative Seiten, die damit zu tun hängen.
Tim Pritlove 0:06:53
Ja weniger Wissenschaft mangels Trash-Talk.
Stefan Jordan 0:06:57
Wir sind eigentlich sehr stolz, dass wir das trotz allem ganz gut hingekriegt haben.
Tim Pritlove 0:07:01
Ja äh trotz des Verweises auf die alte Sendung sollten wir vielleicht nochmal kurz den Rahmen aufspannen, indem wir jetzt uns hier unterhalten. Wir reden also vor allem über die Ergebnisse der Raumsonde.Gaja, die Dezember 2013 gestartet wurde. Eine Mission zur Vermessung des,als primär der Milchstraße, aber teilweise eben auch darüber hinaus. Ähm seit hm weiß nicht, ging dann irgendwie ein Jahr später ungefähr halb.Los, ne, also.
Stefan Jordan 0:07:35
Die offiziellen Messungen begannen dann im Juli äh 2tausendvierzehnund zwischen dem Staat und der ähm Ankunft im am L2, das ist ja der Beobachtungsort, äh der 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist äh an dem Gaja die Messungen dann durchführt in einembestimmten Orbit, äh würden natürlich zunächst einmal sozusagen Gaja auf Herz und Nieren geprüft, vermessen und kalibriert äh und auch da hat übrigens äh Heidelberg sehr viel.Durch den First look, der damals natürlich eine ganz besondere Bewandtnis hat und im Juli begann dann die Messung. Das heißt, da heute auch Gaja immer noch Mist haben wir jetzt acht, ein Drittel JahrMessung.
Tim Pritlove 0:08:16
Das ist äh schon so einiges, ne? Fünf Jahre waren mal so mindestens angedacht und die Hoffnung lag auf zehn Jahren und sieht jetzt auch so ein bisschen danach ausdass das auch äh erreicht werden konnte. Also als wir die letzte Sendung aufgenommen haben, war nämlich das nominale Missionsende erreichtund dann ist aber verlängert worden bis Ende 20, dann nochmal verlängert worden, bis Ende 2undzwanzig. Das läuft also jetzt quasi gerade auch aus.
Stefan Jordan 0:08:40
Also bis 24 haben wir die äh Genehmigung, muss man dazu.Also das muss ja immer auch Geld zur Verfügung gestellt werden, weil natürlich die auch die Betreuung einer Mission natürlich äh zum Beispiel Bodenstation Zeit kostet undvielleicht noch ein bisschen später eingehe, ist es so, dass obwohl wir äh inzwischen ja natürlich einen gewissen Routine mit den Geierdaten haben, versuchen wir immer noch diedas Verständnis der Daten zu verbessern und die Qualität der Daten dadurch zu verbessern, dass wirbessere Kalibrationen machen und systematische Fehler, wie man sie nennt, reduziert. Das heißt, da muss immer noch eine ganze Menge Gehirnschmalz rein äh fließen und das bedeutet natürlich, dass auf Seiten der ESA bei der Raumschiffbetreuungähm äh Geld fließen muss und natürlich auch für die Auswertung der Daten natürlich noch.Da sein muss, aber äh das wird immer in Scheiben von zwei Jahren verlängert. Das ist nie so, dass sie sagen, wir verlängern jetzt mal für fünf Jahre, sondern das wird immer sozusagen, dass es ähm Standard bei der Es.
Tim Pritlove 0:09:38
Budget-Meeting sozusagen.
Stefan Jordan 0:09:39
Und dann heißt es natürlich, dass wir dann auch für den Rest äh der Mission äh auch nochmal äh natürlich eine Genehmigung haben wollen. Also wir rechnen damit, dass wir bisApril 225 messen kann, dann werden nämlich die Ressourcen an Bord erschöpft sein und diese Ressourcen sind im Wesentlichen das Kaltgas, das ist Stickstoffgas,zur äh Ausrichtung des Satelliten benutzt wird und wenn das erschöpft ist, dann können wir äh Gaja nicht mehr äh hat in den Messbetrieb haltendie sozusagen die das Abscannen des Himmels da nicht mehr funktioniert und die Messung mit Hilfe der äh lichtempfindlichen Detektoren nicht mehr geht. Äh das heißt also dann ist alles äh,aber das bedeutet, dass wir dann weit über zehn Jahre gemessen haben werden.
Tim Pritlove 0:10:24
Genau und da hat man in der letzten Sendung schon drauf hingewiesen, dass das ja sehr wünschens äh wert ist und wenn man ja auch gleich noch mal drüber ein bisschen sprechen, warum das so wünschenswert.War und ist. Ja, das heißt.Das dauert jetzt quasi nochmal drei ähzweieinhalb Jahre so maximal. Dann wird aber vermutlich das letzte bisschen Sprit, was drin ist, nochmal benutzt, um das Ding nochmal irgendwo hinzuschieben.
Stefan Jordan 0:10:48
Ja, also man äh plant dann äh Gaja in einen stabilen Ort mit um die Sonne herumzuführen. Es ist so, dass äh dass ja derBereich, in dem Gaja arbeitet. Dieser zwei zwar ein stabiler Punkt ist, also da man braucht nur ganz wenigTreibstoff, um ihn da zu halten, aber eben ein instabiler. Man braucht also äh regelmäßige, auch kleine Bahnkorrekturen, um dort zu bleiben. Wenn wir also dann keine Bahnkorrektur mehr durchführen würden, dann würde Gaja in irgendeine Richtung entweder irgendwie in einem Orbit um die Sonne gehen oder sogar mit einervon zehn bis 51 Prozent auf die Erde äh fallen. Was kein Großschaden verursachen würden, aber wir wollen eigentlich äh.Gehört, dann eben äh die Mission auch äh sinnvoll verhindern.
Tim Pritlove 0:11:33
Genau. Ja ja. Ist ja dieser Langrangepunkt zwei äh äh ich meine ist ja ein bisschen voll geworden jetzt, ne? Da also jetzt dieser James Web auch noch mit dazugekommen, da muss man ein bisschen Platz machen.
Stefan Jordan 0:11:43
Na ja, da ist super viel Platz. Tatsächlich ist es so, dass Gaja ja in einem Orbit um diesen Lakranzpunkt ist, der ihn bis zu 350.000 Kilometerwegführt und ganz ähnlich ist es beim James Bab Teleskop, das ist eine andere Art von Orbit, das ist äh weil Gaja sogenannter Orbit bei James Web, ein Halo Orbitund äh die sehen sich übrigens manchmal. Wir haben also jetzt äh schon.Glaube zweimal, ich bin nicht ganz sicher, ob's noch ein drittes Mal war. Äh James Web mit Gaya aufgenommen. Da haben wir auch eine kleine Story damals draus gemacht und.Wir sehen's nur als Punkt dann ne? Also man darf sich richtig groß was vorstellen aber da ist super viel Platz also es ist im ertnahen Raum natürlich viel viel ähm äh enger und auch der geostationäre Orbit ist viel viel.Enger und während da oben ist wirklich viel Platz und so ein Raumschiff hat ja nur ein paar Meter Durchmesser und und äh hier reden wir wirklich von hunderttausenden von Kilometern, äh die wir um den Lagrenzpunkt auf ganz verschiedenen Bahnenuns bewegen, das heißt die ähda kann man noch viele äh schöne Weltraum-Opservatorium äh hinbringen. Es war ja auch schon in der Vergangenheit so, dass dank äh ähm gewesen sind und dass der Map ähdie Sonne auch zur Vermessung vom vom kosmischen Hintergrundstrahlung sowie Plank. Äh das sind also schon Objekte dort gewesen. Es ist ein sehr populärer Punkt natürlich.Man dort äh den Vorteil hat, dass man da erstmal weit weg von der Erde stabile äh.Situation dort und man hat nicht ständig die Erde im Vordergrund, zum Beispiel beim Hvel Space Teleskop ist ja so, man hat äh äh den Großteil der Zeit, die Erde in der Richtung, wo man eigentlich vielleicht gerade hingucken wollte, äh das ist also.Und die Umlaufbahn ist alle 90 Minuten, kommt die Erde definitiv äh in den meisten Bereichen des Himmels ins Gesichtsfeld. Das heißt, man kann.Viel längere und viele äh kontinuierlichere Beobachtungen vom Lagrangepunkt aus durchführen.
Tim Pritlove 0:13:36
Kann James Web auch Geier sehen oder.
Stefan Jordan 0:13:38
Ja, theoretisch ja, äh das war auch schon mal so eine Idee. Hätten wir gerne, dass sie uns nicht vielleicht da ja mal angucken. Äh das wäre auch eine witzige Sache. Muss man mal gucken, ob das klappt. Ich weiß nicht, wie da die Verhandlungen sind.
Tim Pritlove 0:13:49
Einen größeren Spiegel, könnte schon ein bisschen mehr Detail bei rauskommen, oder? Das stimmt. Mhm. Interessant.Genau. Ja, also dieser ähm Punkt ist sehr beliebt, eben einfach, um das All in Ruhe beobachten zu können und das ist ja das, was Gaja macht, ne. Gaja ist ein.Sternenscanner, kann man im Prinzip sagender die ganze Zeit vor sich hin äh rotiert und schön scheibchenweise alles zusammenträgt und diese zehn Jahre Laufzeit, die man jetzt eben theoretisch und wie es aussieht auch praktisch äh erreicht. Wir haben einfach den Vorteil, während eben,Die Raumsunde um die Sonne mit der Erde, um die Sonne herum äh zieht. Ja immer wieder neue Positionen einem, permanent und dann eben für einen Umlauf.Ein Jahr braucht, hätte man dann sozusagen zehn Umläufe und kann alles nochmal aus derselben Position bis zu zehn Mal.Sehen.
Stefan Jordan 0:14:47
Genau, man kann aus derselben Position heraus ungefähr, aber wichtig ist natürlich auch die Sterne bewegen sich ja am Himmel und der der Punkt ist natürlich, wenn wir fünf Jahre messen, dann ist die Bewegung während dieser fünf Jahrekleiner als bei ähzehn Jahren und das hat den großen Vorteil, dass die Westgenauigkeit zum Beispiel mit der wir die Bewegung der Sterne messen können bei zehn Jahren deutlich höher ist,dass die Genauigkeitsverbesserung also äh erheblich ist. Also.
Tim Pritlove 0:15:15
Insbesondere so langsamer die sich bewegen im Verhältnis.
Stefan Jordan 0:15:17
Um um es mal ins Verhältnis zu setzen,zwischen dem Gaja-DR zwei, über den wir geredet haben, auf unserem letzten Podcast, der im April 2018 veröffentlicht wurde, daman Daten gehabt aus 22 Monaten und jetzt äh der neuste Katalog, der am 13. Juni veröffentlicht beziehungsweise der Vorkater teilweise, dass der Katalog schon im Dezember.220 veröffentlicht, kommt aus 34 Monaten. Das ist ja gar nicht so viel mehr, aber die Genauigkeit, mit der wir die Bewegungen messen können, hat sich dadurch schon verdoppelt.Bei einer Zehnjahresmission ist das so, dass das.Also ein sechs oder sieben Mal genauer ist, äh dann die die mit der wir die Genauigkeit, mit der wir die Bewegung messen können. Und das ist etwas, was äh gerade die Leute, die sich mit derVigo von Sternen unserer Milchstraße zum Beispiel beschäftigen, also ein eine großen Fortschritt bringen wird, wenn wir dann irgendwann mal die zehn Jahre,Daten auch äh zusammen haben, aber schon wenn wir beim nächsten Sternkatalog dann bei fünf JahrenMesszeit, also sogar etwas mehr äh Veröffentlichung haben, dann wird die Genauigkeit deutlich zunehmen. Also das ist ein großer Vorteil, aber auch die anderen Daten, die Positionen der Sterne wird natürlich genauer undwas natürlich beibesonders wichtig ist, die Entfernungsmessung würden auch genauer, mit je mehr Daten man hat, aber deren Genauigkeit steigt nicht ganz so schnell wie die Genauigkeit der Bewegungsmessung.
Tim Pritlove 0:16:38
Und sieht man auch mehr Sterne dadurch.
Stefan Jordan 0:16:43
Ähm Jein, man kann ein paar mehr Sterne sehen am schwachen Ende, weil die eben öfter mal beobachtet werden. Man hat äh es ist ja so, dass Gaja ein an.Äh des Satelliten eine äh Intelligenz hat, die eben die äh Helligkeit der Sterne misst und wir schneiden sozusagen ganz bewusst ab.Wir Sterne, die Lichtschwächer sind als das, was man 21ste Größenklasse nennt. Das entspricht ungefähr so einer Kerze in 20.000 Kilometer Entfernung.Dass man die Sterne, die schlicht schwächer sind, nicht zum Erdboden funkt.Das heißt, äh das hat damit zu tun, weil wir uns die Datenrate äh müssen wir für die Sterne äh haben und äh wir können nicht alle Messungen herunterladen. Das das schaffen wir halt einfach nicht zur Erde zu fu.
Tim Pritlove 0:17:28
Weil die Bandbreite nicht aus.
Stefan Jordan 0:17:29
Nicht ausreicht. Das ist so, dass wir nur mit etwa äh ja bis zu acht Megabit pro Sekunde äh übertypischerweise täglich 6 bis acht Stunden, daten zur Erde funken und sechsbis acht Meter bitte, das weiß jeder, der selber ein Internetanschluss hat, das ist ähm na ja, in manchen Gegenden aufm Dorf schon sehr viel, aber in den meisten Gegenden doch eher schlecht und wenn wir da richtig viele Daten runterfunken können, ist das nicht so toll. Nur ist der Himmel ja im Wesentlichen leer. Das heißt,Gaja ähm hat an Bord eine Messung, wo geguckt wird, wo sind eigentlich Sterne? Und nur diese Bereiche von den Messungen Messungen werden überhaupt zumBoden gefunkt und da wird auch eine Helligkeitsgrenze gesetzt, äh um einfach dann genau mit dieser Datenrate das Optimum am Daten zum Boden zu funken.
Tim Pritlove 0:18:16
Aber das finde ich ja jetzt dann doch ein bisschen überraschend muss ich sagen. Ich meine, sechs bis acht Megabit, das ist äh tatsächlich in etwa die Bitrate, mit der man so full HD Videos codiert.Dreißig Bilder pro Sekunde da kommt man also kann man auch weniger Qualität machen, wenn man so brauchbare Qualität haben will am zu der Zeit so sechs bis acht Megabits so das was man eigentlich haben will.Ist ja eigentlich schon eine ganze Menge an.
Stefan Jordan 0:18:43
Ja, nur haben wir ja eine Gigabit-Kamera, ja? Ich meine, Gaja hat eine Gigabit-Kamera an Bord. Äh äh also wir haben eine Milliarde Pixel, das ist natürlich äh mehr als eine HD-Auflösung und.
Tim Pritlove 0:18:55
Aber es muss ja nicht jedes Pixel auch übertragen werden.
Stefan Jordan 0:18:58
Na ja, das müssen wir schon. Wir wollen jede Messung äh haben. Wir wir messen jede Sekunde ähm mehrere tausend Sterne.Zum Boden gefunkt werden, indem da kleine Fenster ausgeschnitten werden, die dann zum Boden gefunkt werden. Und was noch hinzukommt, ist, dass wir nicht nur diese astrometrischen Messungen, also wo ist der Stern,Messung an äh zum Boden funken, sondern auch noch Sternspektren haben und Spektren äh bedeutet ja, dass das Licht in die einzelnen Wellenlängen zerlegt wird und dadurch man relativ große Fenster braucht, weil man dann sozusagen ja das äh nicht mehr einBild hat, was so punktförmig ist und ein bisschen was drumrum äh hat. Äh also so ein kleines Scheibchen, was was man von einem Stern natürlich als Bild auf der Fokalebene hat,Man hat ein Spektrum, was eine gewisse Ausdehnung hat und äh und das muss dann natürlich auch alles zum Boden gefunden werden. Also die Hälfte zum Beispiel der Datenrate geht fürSpektrographen, den wir für die äh für zwei Dinge benutzen, nämlich für die Frage, wie schnell fliegt der Stern auf uns zu oder von uns weg mit Hilfe des Dopplereffekt.Äh Geschwindigkeit auf uns zu oder von uns wegmisst äh ähm messen.Und und außerdem werden mit diesen Spektren natürlich ja bestimmt chemische Zusammensetzung auf der Sternoberfläche, äh das sind auch Dinge, die da.Eine Rolle spielen und die jetzt übrigens auch.Teil äh zum ersten Mal jetzt mitveröffentlicht wurden bei unserem neuen Sternkatalog. Also da geht die Hälfte der Datenrate ungefähr drauf. Also ähm nein, man muss wirklich jede Messung.Auf jedem der CCDs gleichzeitig zum Boden funken und äh das ist einfach äh mit mit der Datenrate, da geht's schon.Datenkompression mit ein, die allerdings natürlich verlustfrei sein soll, damit es auch äh wissenschaftlich korrekte Daten sind.
Tim Pritlove 0:20:40
Mhm. Was was für ein Frequenzbereich äh wird da genutzt für den Funk? Ist das äh das S-Bahnd oder äh was ist das für eine.
Stefan Jordan 0:20:50
Frage. Ich da müsste ich glatt nachgucken, ob's das XS oder X-Band ist oder ja.
Tim Pritlove 0:20:52
Aha. Also äh es ist natürlich klar, über so eine große Distanz kann man jetzt nicht beliebig mit normaler Funktechnik, also irgendwo ist dann ja auch äh Ende, das kann man ja irgendwie.
Stefan Jordan 0:21:03
Da ist noch eine Einschränkung. Warum eigentlich die Antennen vielleicht nicht noch mehr Datenrate machen könnten, liegt auch daranja ähm einen ganz störungsfreien Betrieb haben muss und in dem es.Rotiert und dass da zum Beispiel sich keine Veränderung dessen, was physikalisch das Trägheitsmoment ist, äh sein sollte und wenn wir zum Beispiel jetzt eine Parabolantenne hätten, die jetzt äh auf die Erde ausgerichtet ist, dann würden wir auch eine höhere Datenrate erzeugen könnenNur äh.Die würde muss man schwenken können und das bedeutet natürlich, dass äh Satellit sich bei der Drehung dann völlig anders verhält und dadurch die Messung gestört wurden. Das.
Tim Pritlove 0:21:39
Kann keinen Richtfunk machen.
Stefan Jordan 0:21:40
Genau, das was man hat, das ist eine Antenne, die äh phasengesteuert sind. Das sind solche Phasen, gesteuerten Antennen, wodurch die Veränderung der äh Phase auf dem einzelnen ähm ähäh kleinen Miniantennen sozusagen die Richtung, in der die.
Tim Pritlove 0:21:57
Gesteuerte Interferenzen.
Stefan Jordan 0:21:59
Die charakteristik äh in der man sozusagen sendet und empfängt äh dann festgelegt wird dadurch. Das.Also etwas, was auch viele andere äh Raumschiffe haben, aber äh hier ist es ganz besonders wichtig, dass das eben rein elektronisch geht ohne eine Veränderung der Mechanik.
Tim Pritlove 0:22:13
Mhm. So wie so eine Darling-Antenne auch funktioniert. Das ist ja heutzutage auch nicht im eigentlichen Sinne mehr eine Schüssel, sondern funktioniert nach dem selben.
Stefan Jordan 0:22:21
Aber wir sind eben auch anderthalb Millionen Kilometer.
Tim Pritlove 0:22:23
Ja ja klar, es ist nicht.
Stefan Jordan 0:22:25
Ganz nah an der.
Tim Pritlove 0:22:25
Ja, das stimmt schon. Ja, trotzdem habe ich mich gerade gefragt, obin Zukunft hier vielleicht Lasertechnologie zum Einsatz kommen könnte, um da mit höheren Datenraten zu arbeiten, weil das wäre ja dann im Prinzip, also das ist ja im Prinzip eineTierung, die jetzt gar nicht so die Raumsonde ist, sondern nur die Kommunikation in Anführungsstrichen. Hätte man jetzt so eine laserbasierte Kommunikation, sagen wir mal, man könnte dieses Gigabit auch wirklich roh äh zurückstrahlen, dann würdest du sagen, nehme ich.
Stefan Jordan 0:22:53
Natürlich, wir würden alles nehmen, weil auch der Bereich dazwischen natürlich interessante Daten enthält, aberin diesem Fall bei Gaia leider Prioritäten setzen und äh ich denke mal, ich bin jetzt äh von der Technik her nicht so bewandert, aber ich denke, solche Leser Dinge, äh solche Leserkommunikation könnten sicherlich helfenoder man könnte rein theoretisch auch ein in der Nähe von einem Satelliten oder einer Raumsondeein Relaisatelliten äh postieren, zu dem dann die Daten übertragen werden und der dann mit einer höheren.Das auch äh weitergeben könnte. Das sind alles Dinge, die aber eine solche Mission verteuern und wie bei jeder Raumfahrtenmission wird man immer ganz genau hingucken und sagen äh man muss auch die letzten drei, vier Prozent da noch einsparen äh.Dann zu sagen, wir kriegen dieses Projekt auch wirklich genehmigt.Hat immerhin den Vorteil, gegenüber vielen anderen Raumfahrtmission, dass wir voll im Budget geblieben sind, also etwas sensationelles, was bei Raumfahrtprojekten nicht zum Alltag.Von James Web zum Beispiel wissen.Wie gesagt das das ist auch ein Punkt warum Gaja eigentlich einen sehr guten Ruf hat weil das auch allessozusagen innerhalb der Prognose da war. Aber wie gesagt natürlich die Wunschträume für eine solche Mission werden immerein größeres Gerät noch zu haben, was noch äh mehr Photonen liefert, äh eine andere Kommunikation, wie wir sie eben angesprochen haben und.Ja vieles mehr also da die Wunschträume sind immer größer als das was man dann genehmigt aber wir sind im Prinzip sehr sehr zufrieden mit dem was Gaia leistet.
Tim Pritlove 0:24:24
Wollte eigentlich erst so gegen Ende mal so neue Missionsideen äh reden, aber bleiben wir vielleicht noch mal kurz dabei. Ich fand das nämlich jetzt gerade eine interessante äh Variante, so diese Abwägung, okay, man könnte ja im Prinzip nochmal für die Satelliten, Satelliten bauender dann.Ohne weitere Probleme so eine Parabolantäne, die dann auch so richtig groß sein könnte, um dann einfach noch mit äh traditioneller nicht lichtbasierter Kommunikation ähm einfach eine höhere Datenrate machen kann und dann mussder Satellit sozusagen nur noch.Um die Ecke äh Funken. Hat aber natürlich dann auch diesen Faktor mit drin. Was ist, wenn der dann kaputt geht? Weil das ist ja dann sozusagen noch mal ein zweites Teil, was genauso feingesteuert und genauso fein überwacht werden muss und präzise gebaut werden muss.
Stefan Jordan 0:25:05
Völlig richtig und äh und ich meine jede Komplexitätserhöhung äh erhöht auch Risiken. Das muss man sich natürlich immer bewusst sein. Das.Klar. Aber wenn Raumfahrten natürlich in Zukunft vielleicht mal billiger wird und Nutzlasten weiter dann kann man trotzdem natürlich vielleicht auch solche Dinge mehr.Am Denken als als bisher. Meine Gaja ist mit einer russischen Sojus-Rakete von ausgestartet und äh weil es einfach billiger war. Eine Ariane fünf warsozusagen zu teuer, deshalb ähm war ursprünglich mal die Ideenariane fünf zu nehmen,äh um Gaja durchzukriegen, musste man eine gewisse Reduktion der Größe machen, um's dann in eine Sojus packen zu können und heute wissen wir können wir nicht mehr benutzen aus politischen Gründen, da sind wir also heilfroh, dass das 2013 noch nicht so das äh Problem war.Man sieht, dass da eben auch Politik noch eine Rolle spielen.
Tim Pritlove 0:25:52
Mhm. Ja andererseits durch dieses neue von SpaceX. Wenn das äh dann mal an Start kommt, sieht ja so schlecht nicht aus. Wäre natürlich dann auch ganz andere Satellitengrößen auf einmal denk.
Stefan Jordan 0:26:06
Da könnte vielleicht solche Raketen von SpaceX mal was für die Astronomen und nicht gegen die Astronomen tun, was denn wissen sie ja, dass die Astronomen nicht gerade sehr äh happy darüber sind.
Tim Pritlove 0:26:17
Ja, das äh ist natürlich nochmal so ein anderer Aspekt. Ja, okay. Ähm gut. Also äh.Wird zehn Jahre laufen, gehen wir mal einfach mal von aus, also sieht zumindest sehr gut aus, dass das sowohl politisch als auch technisch abgesichert ist.Und ja, wahrscheinlich können wir dann hier so in fünfzehnäh also 15 Jahre nach Staat irgendwann mal den finalen Katalog beleuchten und äh darüber realisieren, was denn alles schonNeues herausgekommen ist, aber wir wollen auf jeden Fall mal so einen kleinen Zwischenstand aufnehmen. Ähm ich habe mir auch so ein paar Sachen aus der letzten Sendung noch äh notiert, wo es immer so hieß, muss man mal gucken und so.Bleiben wir noch mal kurz bei der äh Technik und hast es ja vorhin auch schon angesprochen. Es muss ja immer in dieser Kalibration gearbeitet werden. Also inwiefern ist das.Was hatte das für einen Erfolg, wenn wenn es einen hatte? Und gab's denn überhaupt noch Probleme mit der Raumsonde, als als solche.
Stefan Jordan 0:27:24
JaAlso wir haben tatsächlich Probleme mit der Raumsonde gehabt äh äh die wir teilweise wirklich lösen konnten und teilweise welche, die uns immer noch beschäftigen werden und eine größere Gruppen vom äh unserem in unserem Gajaprojekt eben immer noch,deren Gehirnschmalz erfordern, um,nur sozusagen mehr Daten zu gewinnen im Laufe der Zeit, sondern diese Daten auch immer noch besser zu verstehen. Also um mal drei Dinge zu sagen, weil die bei Gaja ein Problem waren.Am Anfang der Mission war es so, dass wir innerhalb kürzester Zeit sagen, dass die die Empfindlichkeit der Instrumente innerhalb von Wochen runtergingen.Äh wir haben das dann äh unsere die Hypothese, die auf die einzige mögliche ist, ist, dass sich dort Wasserin Form von Eis auf den Instrumenten abgesetzt hat und äh zum Glück haben wir an Bord HeizElemente, die dieses Wasser wieder beseitigen können und schon auf dem Weg zum L2 hat ja Gaja so auch bewusst solche Heizelemente eingeschaltet.Dann dafür sorgen, dass jedes Wasser, was vielleicht noch ähm,nach dem Staat vorhanden war aus dem wissenschaftlichen Instrument vertrieben wird. Heiz muss man sich übrigens vorstellen, dass das jetzt nicht auf 100 Grad geheizt wird, sondern äh die Vokalebene ist hat - 100 Grad etwa, wo wir Messungen machen und mal Hals etwa auf - 50 Grad auf. Das reicht dann auch, um sowas dann wiederbeseitigen im.
Tim Pritlove 0:28:44
Fünfzig Grad.
Stefan Jordan 0:28:45
Ja minus fünfzig Grad, das nennen wir dann Heizen, also,Genau, das ist.
Tim Pritlove 0:28:51
Immer noch unter dem Gefrierpunkt, also.
Stefan Jordan 0:28:54
Aber wir sind im Weltall, wo es wo wir ein Vakuum haben und das heißt äh dass die das erreicht, dass dass es denn auch das äh ähm Eis dann langsam verschwindet im Laufe der Zeit. Also das ist das ist äh nicht die wie die Verhältnisse auf der Erde sind, aber.Ähm also es ist.
Tim Pritlove 0:29:09
Hitze letzten Endes Bewegung von Atomen ist.
Stefan Jordan 0:29:13
Genau, genau. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit äh er wird auf jeden Fall erhöht, dass es dann sich sozusagen wieder äh in den Weltraum oder ins Baku, um aus den äh.
Tim Pritlove 0:29:21
Also es bleibt Eis, aber es löst sich ab.
Stefan Jordan 0:29:24
Genau und kommt dann irgendwann aus den beiden Öffnungen von dem Gaya Instrument heraus. Nur hat sich das dann auch immer wieder äh sozusagen festgesetzt und wir haben innerhalb von.Monaten bis Jahren dann immer wieder auch äh das Problem gehabt, äh woher die wo die Quelle ist, äh das haben wir bis heute nicht rausgekriegt. Das muss eigentlich aus dem.Servicemodul, was eigentlich abgetrennt sein sollte von den wissenschaftlichen Instrumenten gekommen sein. Da gab's nämlich keine klaren Vorschriften, wie viel Wasser da drin sein sollte, weil es ja abgetrennt ist.Aber irgendwo muss es herkommen, ne? Also,dass es einen Punkt gewesen, nur jetzt haben wir die glückliche Situation, dass wir jetzt wirklich festgestellt haben, nach der letzten Aufheizen, ich habe jetzt nicht mehr im Kopf, wie lange das her ist, aber es ist schon Jahre jetzt her, äh hat ist nichts mehr passiert und wir sehen ein ganz, ganz langsam.Effekt noch immer, aber der ist äh da können wir extra polieren bis zum Ende der Mission, dass das alles im Rahmen bleibt. Das heißt, wir brauchen keine einzige,Aufheizaktion wir machen an der Stelle,ist etwas sehr schönes, weil bei jedem Aufheizen nämlich auch die thermische Stabilität des Satelliten, die natürlich für unsere hochpräzisen Messungen äh enorm wichtig sind äh ja, dass die erhalten bleibt und man nicht wieder sozusagen abwarten muss, bis wir wieder stabil sind.Haben wir Streulichtprobleme, das ist auch etwas, was mit wir leben können. Wir haben ein bisschen mehr Hintergrundlicht.In dem Satelliten als als wir mal gewollt haben aber da das reduziert die Genauigkeit nur um einen Effekt den mit dem wir gut leben können aber ein wichtiger Effekt ist dass die.Wir ja zwei Teleskope haben, die in zwei verschiedenen Richtungen im Himmel gucken, nämlich hundertsechseinhalb Grad in zwei verschiedene Richtungen am Himmel und der Winkel zwischen diesen beiden Richtungen, der muss sehr, sehr genau bekannt sein oder möglichst auch stabil sein und.Ist äh deutlich instabiler als wir es von sozusagen ursprünglich gewollt haben und wackelt ein bisschen hin und her,und äh dieses wird zwar mit einem bestimmten Instrument vermessen, aber nur an zwei Punkten des Spiegels,und äh können wir also in gewissen Grenzen berücksichtigen. Damit können wir 97Prozent dieses Effektes sozusagen wieder herausrechnen.Aber wenn man sie genau hinguckt, dann sind da Effekte, die noch davon abhängen, wo in der Fokalebene man genau ist, das heißt, solche Abhängigkeiten, die muss man dann durch die genaue Untersuchung der Daten und durch,mathematische Modellierung herausbekommen, indem man die Daten selber benutzt, um solche äh Effekte dann noch noch weiter zu verbessern und.Da arbeiten wirklich Gruppen dran, die,Daten verbessern und das hat jetzt auch schon einen Erfolg gehabt beim dritten Sternkatalog, dass da Verbesserungen sind. Aber da sind wir immer noch nicht ganz zufrieden. Wir wollen da auch noch nach wie vor diesesystematischen Fehler, die dadurch hineinkommen äh verringern und das wird auch bestimmt noch äh weitergehen, aber das sind Dingevom Staat in der Weise nicht vorhergesehen haben. Es gibt immer unvorhergesehene Dinge. Wir sind eigentlich froh, dass Gaja super arbeitet, aber ein paar Dinge hätten wir uns vielleicht auch gerne erspart. Äh.Die Sache sehr komplex macht.
Tim Pritlove 0:32:23
Ist das ein Konstruktionsfehler oder wodurch kommt dieses Wackeln.
Stefan Jordan 0:32:27
Ja, es hat letztendlich mit thermischen Dingen zu tun. Eigentlich sollte Teleskope weitgehend thermisch entkoppelt sein von dem äh Raumschiff selber, von der Umhüllung.Das heißt, wenn wir uns mit dem Satelliten, wenn der sich dreht, äh verändert sich das schon und außerdem auch mit der Entfernung zu Sonne, die Entfernung.Zur Sonne von der Erde zum Beispiel ändert sich ja im Laufe eines Jahres und dann sehen wir auch, dass die Amplitude dieses Effektes mit der im jahreszeitlichen Lauf sozusagen sich auch verändert und da wird der Entfernung nicht Jahreszeiten, sondern Entfernung zur Sonne.Da ist letztendlich thermische äh Übertragung drin, die eigentlich nicht sein sollte. Das ist, man kann es als Konstruktionsfehler bezeichnen, aber man hat.Damals nach bestem Wissen und Gewissen gedacht, man hätte das.
Tim Pritlove 0:33:11
Fehler ist vielleicht ein bisschen übertrieben gesagt, aber konstruktionsbedingt.
Stefan Jordan 0:33:14
Na ja, man würde sagen, äh bei der nächsten Mission muss man drauf achten und aus diesem Fehler lernen.
Tim Pritlove 0:33:18
Ja, mhm. Abstand zur Sonne, ich meine, der ist ja im Prinzip mehr oder weniger konstant, nur dass wir eben diese Elypse der der Umlaufbahn der Erde haben, also der Unterschied macht schon Wasser aus.
Stefan Jordan 0:33:31
Im Januar ein bisschen näher an der Sonne als im Juli. Also das dieser das kann man auch sehen an den Daten. Äh das heißt wir können den Abstand so ein bisschen sozusagen auch in der in der Amplitude dieser Variation sehen. Und da wie gesagt.
Tim Pritlove 0:33:42
Januar sind wir näher.
Stefan Jordan 0:33:44
Ja am 6. Januar glaube ich ist der ja genau, jetzt kommt diejenigen, die ich weiß, dass du weißt, wie die Jahreszeiten wirklich entstehen und ähaber es dieses äh es gibt bestimmt Leute, die dieses äh Konzept im im Kopf haben.
Tim Pritlove 0:33:59
Irgendeine passende Verschwörung.
Stefan Jordan 0:34:01
Nee, aber aber auf jeden Fall ist das etwas, was eine der Hauptpunkte ist, die immer noch äh zu verbessern sind und wo aber die Hoffnung besteht, dass wir diese Effekte immer noch besser im Griff haben und dann,auch so um ganz äh elementare Dinge wie die Abbildung von dem Teleskop äh da die die äh erzeugt ja eine ganz bestimmte Art von Bildern und.Die ist auch noch davon abhängig welche Farbe und welche Spektren die Sterne haben und also das was man die nennt also für die.Aussieht, da gibt's auch immer noch Verbesserungen an an Dingen, die da gemacht werden oder wie man die Daten dann weiterverarbeitet. Da gibt's immer auch noch Optimierungsdinge, also.Am Ende ist es so, dass es äh immer nur dass man die Gajadaten selber ja benutzen muss, um das Instrument auch weiter zu vermessen. Das heißt, wir messen nicht nur für diemehrere Milliarden Sterne die wir verbessern also fast zwei Milliarden Sterne für die wir jetzt.Einen guten Katalog äh erstellt haben. Äh die Daten, sondern wir benutzen die gleichen Daten auch, um das Instrument äh besser kennenzulernen und das wird, wie gesagt, immer.Auch durch bessere mathematische Verfahren, bessere Überlegungen, die Phänomene zu verstehen. Äh am Ende zu einem besseren Sternkatalog.
Tim Pritlove 0:35:14
Wir hatten das glaube ich letztes Mal auch schon tangiert. Das ist ja so bestimmt, ich erinnere mich jetzt gerade nicht mehr ganz genau, was es war, aber so bestimmte äh Dinge gibt, an denen man sich quasi, also.Wo man Gewissheit hat, äh an denen man dann sozusagen die Genauigkeit des äh des Instruments wiederum kalibrieren kann.
Stefan Jordan 0:35:30
Ja, also eine eine der Hilfen sind da die Quasare. Es ist ja so, dass die Quasare, das sind äh ähm ja Kerne von Gala Kern,ein schwarzes Loch in der äh im Zentrum ist, wo und wo durch das Hineinfließen der Materie dort äh Energie in Richtung in zum Beispiel manchmal zur Erde gesandt wird und die dann sehr hell leuchten und die sind so weit entfernt, dass sie selbst für Galia natürlich,keine Bewegung haben und auch keine Veränderung durch die Bewegung der Raumsonde um die Sonne, also keine Paralaxe.Das hilft auf jeden Fall auch zur Kalibration, weil nämlich diese Bewegung, diese äh Variationen des ähmBasiswinkels äh das fischen den beiden Teleskopen äh sozusagen zu einer einer Unsicherheit in dem Nullpunkt der Paralaxe. Das ist das, was wir für die Entfernungsmessung benutzen führt und ähDiese Sache wird also immer besser auch korrigiert. Also da da kann man auch zum Beispiel äh benutzen äh.Ganz schlaue Ideen, äh das das das, was man misst am Ende äh für diesen Paralaxen-Nullpunkt.Zum Beispiel auch von der Farbe der Sterne abhängt, aber da gibt es zum Beispiel ja Doppelsterne, bei denen beide Komponenten praktisch in der gleichen Entfernung sind und allein die Tatsache, dass sie in der gleichen Entfernung sind, kann man erlaubt es einem sozusagen die Effekte derunterschiedlichen Farbgebung mit zu berücksichtigen.
Tim Pritlove 0:36:53
Unterschiedlichen Farbgebung der beiden Sterne.
Stefan Jordan 0:36:55
Weil die ja die gleiche Entfernung haben müssen am Ende, ne? Wenn man diese Randbedingungen für ganz viele Objekte nimmt und die auch gut vermessen sind,dann kann man solche ähm sozusagen Verschiebungen aufgrund der Farbe äh zum Beispiel mit heraus korrigierenalso man muss sich nur sozusagen Dinge überlegen, wo man nicht allzu viele Annahmen über die Objekte reinbringen wollen, denn wir wollen ja gerade mit Gaja relativ unabhängig von irgendwelchen Annahmen über die Objekte sein, damit wir eine objektive Messung zum Beispiel Entfernung und,Sterne habt oder auch der Helligkeit und vieles andere mehr. Äh und äh um da sollte man kann man also nichtzu viele Annahmen reinstecken, aber eine solche Annahmen, dass mittlerweile dergleichen Entfernung praktisch sind, das ist eine, die man auf jeden Fall machen kann und also solche Art von.Analysen, die man dann für für unter ähm äh Stichproben von demvon dem von den Gaja Daten macht, die helfen einem am Ende die Daten immer besser zu verstehen.
Tim Pritlove 0:37:53
So, jetzt gab es das schon angesprochene neue äh Release. Genau genommen gab es ja zwei. Es gab einen early Data Release drei und dann das eigentliche Data Releasedrei ähm Olli war jetzt genau vor zwei Jahren tatsächlich.Fast auf den Tag genau. Heute ist der zweite Dezember zweiundzwanzig, es war am 3 Dezember 20 und das Data Release, was nicht early war, das kam dann ähm.Jetzt am dreizehnten Juni zweiundzwanzig heraus. Was war.Der Grund dafür, dass so noch mal aufzuteilen, war das von vornherein so geplant oder äh hat man sich das später erst überlegt und ähm was.Ist nun sozusagen drin, also vielleicht noch mal kurz erläutern, also Data Release, klar, das ist also die Veröffentlichung äh der Daten und das ist sozusagen das, was eben.Sozusagen das Ergebnis eigentlich dieser Mission. Darum darum geht's, geht um diesen Katalogaller Sterne, die man irgendwie sehen kann, plus noch ein paar andere äh Objekte. Man schaut sich halt einfach alles intensiv an. Es wird die ganze Zeit gescannt und dadurch, dass wir jetzt immer mehr Beobachtungen haben der Sterne aus allen möglichen Positionen.Wird immer alles genauer und ist man sich immer sicher und kann vielleicht auch was vorher mal ein Konflikt war, weiter äh auflösen, umso länger das Ding läuft, umso mehr fällt dabei raus. Was.Ist nun drin im DR drei.
Stefan Jordan 0:39:24
Also diese Datum-Releases, das ist ja das, wovon die Astronomen immer hoffen, dass es möglichst schnell kommt,dann die Daten, Geier Daten benutzen können. Sobald wir die sozusagen einspeisen in unsere Tatenbanken, dann dann sieht man sofort, dass da hunderte und tausende Astronomen sofort rangehen, um die Daten herunterzuladen, um dann daraus Wissenschaft zu machenAber es ist natürlich wichtig, dass da jetzt was Neues dazukommt. Wir haben ja beim letzten Mal über den zwei geredet und das war schon mal ein Riesenschritt. Da sind wir denn bei.Eins Komma vier, eins Komma 5 Milliarden Sternen gewesen und für 1,3 von denen hat man dann auch Entfernungsmessungen, Bewegung der Sterne gemessen und.Die Helligkeiten und das war also ein Riesenschritt gegenüber dem, was man vorher hatte. Jetzt äh haben wir vielleicht einen nicht ganz so großen Schritt, aberalso äh jetzt ähm 1,8 Milliarden Sterne, von denen 1,5 Milliarden Sterne diese wichtigen Daten enthaltenund haben dabei natürlich eine Verbesserung der Genauigkeit zum Beispiel der Paralaxen, der Entfernungsmessung und der Bewegung der Sterne mit drin. Das ist also die Astrometrieund äh zusätzlich äh hat man auch natürlich die Messung der Helligkeit und der groben Messung der Farben,hat man im Data Release im Early Data Release drei im Dezember 2020 veröffentlichtUnd warum man das gemacht hat, hat ein bisschen damit zu tun, dass natürlich die Astronom möglichst schnell an die Daten herankommen. Und der Punkt ist, dass viele von den anderen Produkten, die wir in Gaya haben,die Astrometrie brauchen, die also den sozusagen den den Teil, der eigentlich dann schon fertig war im äh Dezember zweitausendzwanzig.Den sie benutzen, um da die weiteren Produkte, die wir jetzt im 13. Juni 22 veröffentlicht haben, in dem eigentlichen Dart Data Release, dass man dass die die verwendet haben, aber warumsollte man dann den Astronomen nicht ein bisschen früher schon diese Daten, die jawissenschaftliche Daten sind zur Verfügung stellen und das hat den Vorteil, dass dann eben auch ähdie Leute nicht ungeduldig auf den nächsten warten, sondern schon mal äh wieder zwei Jahre damit an Wissenschaft machen können und dieser Release drei war insofern auch sehr erfolgreich. Da steckt also sozusagen die Grundastrometrie von Einzelsternendrin für äh in diesem Fall eins Kommafünf, 1,8 Milliarden Sterne, je nachdem, ob man äh die Positionsmessung hat man für eins Komma acht Milliarden Sterne für eins Komma5man auch diese anderen Daten, die Astronomen brauchen und die Helligkeits- und äh Farbmessung. Die wurden also veröffentlicht in dem drei und jetzt im Juni 2013 kamen jetzt wichtige neue Produkte dazu.Und zwar ähm erstmal von der von der Art der Daten äh wurden erstmals auch Spektren veröffentlicht und zwar zwei Typen vonSpektren, nämlich äh niedrig aufgelöste Spektren, wo man also die Energieverteilung der Sterne über die einzelnen Wellenlängen.Sozusagen grob bestimmen kann, grob heißt, dass man sagen wir mal ja.Sieht, wie die wie die Form dieser Energieverteilung und Abhängigkeit von der Wellenlänge ist, aber man sieht eben nur in Einzelfällen zum Beispiel einzelne Spektralinien, die einem Astronomen ja etwas zum Beispiel die chemische Zusammensetzung sagen.Diese bisher war es so, dass wir ähm das sind zwei Fotometer, wie wir sie nennen, die eigentlich Spektrographen sindäh wir bisher benutzt haben, um daraus Helligkeit im Blauen in einem roten zu messen, indem wir einfach die Photonen zusammengezählt haben, die aus den beiden Spektografen gekommen sind. Okay, ganz so einfach ist es im Ende nicht, aber so grob.Ist die Idee davon und daraus eine Farbe bestimmt haben. Aber jetzt dadurch, dass wir viel mehr sozusagen kleine Bints dieser äh Spektren haben, können wir sozusagen die Farben genauer bestimmen, indem wir sagen, wir wollen jetztnur wissen, wie viel Licht, sagen wir mal, von 3tausend bis äh fünftausend.Oder 300 bis 500 Nanometer, äh wie viel Licht aus diesem Bereich kommt bei einem Stern und aus dem Restbereich von dann,fünfhundert bis zehntausend oder so, im roten Bereich, wie wir das nennen, sondern wir wollen auch detailliert wissen, wie viel, sagen wir mal, zwischen äh ja.400 und 50 und500 Nanometern kommen oder so. Also man kann das noch viel, viel kleiner äh sozusagen die Energieverteilung dann bestimmen und das ist natürlich nützlich für Astronomen, die Sternemodellieren und die dann auch das äh die die äh Sterne genauer verstehen wollen. Äh das ist also etwas, was hier nützlich ist und auch für andere Dinge im Übrigen äh sehr nützlich ist. Zum BeispielAsteroiden und alles Mögliche wird das benutzt und dann gibt es diese.Spektren von den Radialgeschwindigkeitsinstrument, von dem ich ganz kurz schon vorher sprach, was ja benutzt wird, indem man im nahen Infraroten in dem Fall.Einen kleineren Spektralbereich hat, in dem man äh aber sehr deutliche Spektrallinien sehen kann. Das ist also so aufgelöst, dass man da die die Spektrallinien, die verursacht wurden durch die Absorption von chemischen,Elementen von Atom und Molekülen in der Sternatmosphäre, die sie diese dunklen Linien machen, wie ja auch die Sonne sie macht und aus denen man dann,einerseits was über die chemischen Häufigkeiten und über die Temperatur in der Sterneoberfläche und.Die schwere Beschleunigung an der Oberfläche ist, also wie viel Gravitation da sozusagen ist. Das kann man alles aus den Spektrenaber das Wichtigste war für für die Astronomie erstmal dieBewegung der Sterne auf uns zu oder von uns weg, aber das ist eben zwei Dinge, die die Chemie und äh die Sternparameterund äh auf der anderen Seite diese Dinge. Das sind neue Produkte, die wir noch nie veröffentlicht haben. Wir haben vorher schon Radialgeschwindigkeiten veröffentlicht, aber nicht die Spektren, aus denen das sozusagen geschlossen wurde und,das ist sind natürlich jetzt Dinge, die äh jetzt benutzt werden kann, um zum Beispiel etwas über die chemische.Ähm Verteilung der Elemente bei Sternen innerhalb unserer Milchstraße äh eine Rolle spielen. Also das sind neue Produkte erstmal.Dann gehören zum Data-Release drei neue Unterkataloge. Da haben wir zum Beispiel auch ähm jetzt erstmals Daten für eine größere Zahl von,Doppelsterben, die da drin sind, weil Doppelsterne bewegen sich am Himmel anders als Einzelsternedie beiden Komponenten und manchmal sieht man auch nur einen von den beiden Komponenten, wenn die eine zum Beispiel sehr lichtschwach ist oder sehr nah dran ist. Ähmdass dass die also eine zusätzliche Bewegung machen, die laufen ja beide um einen gemeinsamen Schwerpunkt und das heißt die machen noch eine zusätzliche Wackelbewegung am Himmel und.Die kann man jetzt benutzen um zum Beispiel auf Parameter zu schließen, die einem was über den Doppelsterncharakter.Sagen und Doppelsterde sind enorm wichtig in der Astronomie, weil sie sozusagen zusätzliche Informationen bereitstellen.
Tim Pritlove 0:46:12
Gar nicht so selten, ne.
Stefan Jordan 0:46:13
Sind überhaupt nicht selten, also man kann eigentlich davon ausgehen, dass die Hälfte aller Sterne Mitglieder von Doppelsterben sind am Ende, also bei welchen Komponenten, die sehr weit auseinander sindist es auch gar nicht so wichtig, die bewegen sich im Prinzip fast wie ein Einzelstern, weil die Bewegung umeinandertausende von Jahren, teilweise dauert oder und deshalb sozusagen zu vernachlässigen sein kann oder in so einem kurzen Messzeitraum gar nicht so wichtig sind, aber wenn sie näher zusammen sind.Spielt das natürlich 'ne ganz große Rolle und also da haben also viele darauf gewartet, da es jetzt ein erster Katalog entstanden und äh der wird natürlich in den nächsten.Den nächsten Sternkatalog noch wichtiger werden, weil je länger man misst, desto mehr kann man natürlich von dem Orbit auch sehen, äh wie wie die sich bewegen,Das heißt, da hilft natürlich auch enorm, wenn wir dann am Ende zehn Jahre wirklich Messzeit haben gegenüber einer ursprünglich fünf Jahre Mission, also über Doppelsterne werden wir deutlich mehr lernen.Haben wir einen neuen Katalog über verinnerliche Sterne. Auch da äh haben wir jetzt einen Katalog, der sehr viel größer ist.Dann haben wir einen über die Radialgeschwindigkeiten, von denen ich eben schon sprach, dahaben wir jetzt33 Millionen Sterne auch schon die äh Bewegung der Sterne auf uns zu oder von uns weggemessen. Also die eine weitere Komponente, die wir mit den Positionsmessungen von Gaja, äh wo es ja um Winkelmessungen geht, gar nicht äh mitbekommen können. Beim DR zwei, bei dem Vorgängerkatalog waren's nur 7 Millionen Sterne, aber das waren für die Leute, die die Bewegung von Sternen in unser Galaxismit die wichtigsten Daten, diese 7 Millionen Faust von den einsKommadrei damals Milliarden und jetzt äh von denen sind diese 33 Millionen ein besonders wertvoller Datensatz und der wird natürlich auch noch viel größer im Laufe der äh Zeitund weil man damit sozusagen dann alle Raumkomponenten der.Haben kann. Und dann ist ein gibt's ein Ast ein Katalog über Asteroiden und äh auch Spektren von Asteroiden, die man gemessen hat.Und äh dann gibt es einen Leute, die haben versucht oder uns nicht nur versucht, sondern auch natürlich schafft, aus den Dateneine erste Klassifizierung der Sterne zu machen, also welche Sterntypen sind das, die Rohdaten? Was für ein Sterntyp ist das? WelcheEigenschaften haben, die welche Temperaturen haben die Sterne, solche Parameter wurden dann auch bestimmt. Das kann man hinterher nochmal genauer machen, während sich die Sterne einzeln anguckt, aber sie geben schon eine gewisse Orientierung als,als Datensatz, den wir dann sozusagen zur Verfügung stellen.
Tim Pritlove 0:48:44
Überrascht mich jetzt so ein bisschen. Ich dachte, das wäre würde mehr oder weniger schon bei der normalen Beobachtung bei abfallen, wenn man irgendwie weiß, wo die Dinger sind und wie hell sie sind und dann wie weit.Sind, dann ergibt sich ja dann im Prinzip auch automatisch eine Größe und eine Masse daraus und dann ist weiß man auch in etwa schon, was das ist oder.
Stefan Jordan 0:49:03
Eine Massenbestimmung ist noch ganz schwierig bei Sternen. Also das ist äh äh also man muss dann dafür mal richtig Sternmodelle äh haben, die einem sagen, in welcher Entwicklungsphase ein Stern und welcheMasse hat und welche Temperatur und äh es spielen alle möglichen Dinge eine Rolle. Also die äh das ist das ist bei DoppelsternMasse direkt bestimmen, wenn man alle Komponenten eines Doppelsterns, einschließlich der Radialgeschwindigkeiten äh zusätzlich hat, dann kann man daraus auch Massen bestimmen. Aber das ist sehr viel schwierigeralso diese Daten.Das ist nur Sinn natürlich teilweise Standardtechniken ähm mit denen man das macht, aber da gibt es auch unterschiedlich gute Modelle, mit denen man zum Beispiel dieParameter von Sternen bestimmt, aber äh das ist sozusagen ein Datensatz, der für einen großen Teil der Sterne eben auch solche Parameter ähm mitbestimmtzumindest mit dem, was man innerhalb von einigen Monaten dann äh aus dem Datensatz machen kann. Wie gesagt, im Einzelfall äh können auch Astronomen ihre eigenen Modelle benutzen und da noch andere Erkenntnisse draus ziehen.
Tim Pritlove 0:50:03
Ich würde gleich noch mal gerne auf die Beobachtung des Sonnensystems nochmal genauer äh kommen, aber das finde ich jetzt gerade interessant, weil ich glaube, das ist auch so ein bisschen so ähm könnte vielleicht nochmal zum Verständnis.Beitragen. Der Blick von Gaja auf die Sterne. Also vielleicht können wir das mal sozusagen sortieren.In der Reihenfolge von was sind die Dinge, die man über jeden Stern.Herausfindet und dann sozusagen absteigend mit der Anzahl der Sterne, für die man das bestimmen kannsind dann sozusagen immer die ungenaueren äh Informationen. Also was wissen wir über jeden jedes Objekt.Sieht.
Stefan Jordan 0:50:44
Ja, also was wir mindestens haben, sind die Positionen zu einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb des Messpunktes, wird's Bestzeitraums, also wo der Stern steht.Kriegen wir sehr genau hin und sonst würden wir den Stern auch nicht aufnehmen. Also wenn wir wenn wir diese Größe nicht bestimmen, dann kommt er halt nicht in den Sternenkatalog. Wir haben natürlich Daten für mehr als die 1,8 Milliarden Sterne, die wir wirklich veröffentlicht haben. Aber wir äh haben.
Tim Pritlove 0:51:07
Man das nicht immer, wenn man was sieht. Also ich meine, kann es sein, dass.
Stefan Jordan 0:51:10
Ja ja, ja.
Tim Pritlove 0:51:11
Und man weiß nicht wo es ist also.
Stefan Jordan 0:51:13
Aber aber die die Genauigkeit ist der entscheidende Punkt. Also nur wenn es mit der Genauigkeit, die auch Gaja äh anstrebt, äh gemessen werden kann, dann dann bleibt es auch im Katalog drin. Also.
Tim Pritlove 0:51:23
Aber wie messe ich denn die Genauigkeit? Also ich meine, ich sehe ja wohin, also man weiß doch verstehe ich es nicht.
Stefan Jordan 0:51:30
Das kann man daran messen, wie gut die einzelnen, wir haben ja viele Messungen, die man im Laufe der Zeit, das hast du ja selber gesagtäh macht und wenn die Messung am Ende zu einem guten fit führt, das ist eigentlich sowas wie kleinste Quadratefit, wie vielleicht der eine oder andere aus einer Regressions.Machen kann. Da steckt im Prinzip was Ähnliches dahinter. Nur geht es hier um viel dimensionale äh die da gemacht werden und.Und Gleichungssysteme, wo Millionen von Gleichungen eine Rolle spielen und Ähnliches, aber äh da geht es also darum, wie äh gut die Parameter am Ende sind. Das kann man bei den.Aus der aus der Güte des Fitz kann man etwas über die Qualität der Daten sagenDa gibt es natürlich Grenzen und es kommen auch durchaus äh Objekte hinein, bei denen der Fit vielleicht nicht so super war, aber man gibt dann auch anParameter äh da herausgekommen sind und wie genau die jeder Stern hat natürlich auch eine unterschiedlicheGenauigkeit, die man auch angeben kann wirklich. Man kann also aus dem aus dem mathematischen Lösung derSternposition aus diesen Fitz herausbekommen, wie gut kennen wir die Sternposition und da gibt es natürlich Daten, dieaus irgendeinem Grund völlig inkonsistent sind, weil da äh vielleicht sich Messungen gestört haben oder in Bereichen großer Sterndichte. Es istimmer können sich Sachen überlappen, da da werden Dinge weggeschmissen sozusagen, also,Wir haben paar 1hundert Millionen Sterne mehr als die 1,8 Milliarden Sterne, die äh die jetzt veröffentlicht worden sind. Aber die allermeisten sind tatsächlich veröffentlich.
Tim Pritlove 0:53:02
Aber also was was im Katalog ist, da ist man sich bei der Position sicher ab an bestimmt.
Stefan Jordan 0:53:09
In einem bestimmten Fehlerrahmen, den wir auch angeben, ganz genau. Und äh jetzt äh ist es so die nächsten äh.Punkte sind, wo wir die während des Messzeitraums auch eine Veränderung der Position mit.Einer hohen Genauigkeit äh sagen konnten. Und zwar gibt es ja zwei Dinge, die man an an der Veränderung der Position messen kann. Da ist einmal die Bewegung des Sternes selber am Himmel, weil der Stern sich eben im Raum bewegt.Sieht man von der Erde eben, der läuft über einen bestimmten Bereich des Himmels. Das das nennt man Eigenbewegung. Das ist die eine Winkelmessung. Wie um wie vielja Millibogen Sekunden pro Jahr sich ein Stern am Himmel in den beiden Koordinaten nennt man das im Himmel, sowas wie Länge und Breite auf der Erde äh wie sich das verändert.Gibt es aber natürlich die scheinbare Bewegung äh Wackelbewegung, die da rührt, dass wir ja mit Gaja um die Sonne laufen und dadurch unsere Beobachtungsposition ein bisschen ändern. Das ist ja das, was wir dann zur Entfernungsmessung.
Tim Pritlove 0:54:13
Sonnensystem ja auch noch selber ab.
Stefan Jordan 0:54:14
Genau, genau, durch das Sonnensystem bewegt. Das ist der andere Punkt. Und äh diese Bewegung dafür brauchen wir eben einen guten fit in den Parametern, die eben auch die Eigenbewegung und die Paralachse enthältDas sind in 1,5 Milliarden beim DR 3 Katalog.Also jetzt sozusagen dann die wertvollen äh Objekte, weil wir da viel mehr Wissenschaft machen kann. Genau zu wissen, wo ein Stern ist, ist eigentlich gar nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, wie er sich bewegt und welche Entfernung er hat.Zusammen mit Messgrößen wie äh für fast alle Sterne, die wir haben, haben wir auch die Helligkeitsmessung und die und die Messung wie helle im roten und im blauen Bereich ist.
Tim Pritlove 0:54:52
Mhm. Das das ist diese diese Basismesse und die schon in diesem Early Data Release auch mit drin war, ne? Genau.
Stefan Jordan 0:54:58
Haben wir für äh für eine eine kleinere Gruppe von Sternen haben wir jetzt äh auch die Spektren veröffentlicht und zwar gibt's da auch Qualitätskriterien und und Helligkeiten, da haben wir's also noch nicht für die ganz lichtschwachen Sternegemacht, weil wir bei denen noch nicht so sicher sind, dass man mit denen gut was anfangen kann, sondern wir wollen immer auch hochqualitative Daten erzeugen und nicht irgendwieDinge veröffentlichendie wir vielleicht selber noch nicht bis zu dem Grund verstehen, das wird im Laufe der Zeit natürlich auch immer besser sein und äh mit den Astronomen auch wirklich was anfangen können.Da gibt es also Helligkeitsgrenzen und deshalb sind das eben ähm ähm deutlich weniger als die eins Komma.8 oder 1,5 Milliarden Sterne, für die man diese diese Daten hat und.Äh ich muss mal den Mist müsst ihr jetzt mal ganz kurz einen Blick auf die Grafik äh wo mit den einzelnen Zahlen, dass sich das auch wirklich sehen kann.
Tim Pritlove 0:55:53
Ah ja, ich glaube, ich weiß, welcher Sekunde ähm ja, äh war das nicht hier irgendwo.
Stefan Jordan 0:56:00
Ja okay, das ist ähm das das ist aber der early Data Release, ne? Da da haben wirDa kann man aber schon erkennen, also die 1,8 Milliarden Sterne haben die Sternposition und die untene Helligkeitsmessung im gesamten äh äh Spektralbereich äh dann im imBlauen und einem roten haben wir ungefähr 1,5 Messen, sodass man da eine Farbe draus messen kann und für knapp 1,5 Milliarden haben wir äh Hellig Messung der Paralachse und der Entfernung undgenau jetzt nochmal zu dem drei.Da findet man jetzt, dass die dass wir eben für 33 Milliarden Sternen die Radialgeschwindigkeit haben. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Das ist eine sehr kleine Nommzahl äh im Verhältnis zu den 1,5 Milliarden, aber da die Spektren natürlich ähmWellenlänge aufgespalten sind, haben wir natürlich weniger Licht, deshalb können wir nicht ganz so tief gehenvon der von der Lichtschwäche wie bei der bei den Messungen der der Astrometrie selber. Das werden aber am Ende wahrscheinlich äh im Bereich von 100 Millionen Sternen sein.Dann haben wir diese niedrig aufgelösten Spektren für etwa 220 Millionen Sterne.Und für diese Radialgeschwindigkeitsspektren, diese hoch aufgelösten Spektren die man auch dann zur Messung der Chemie äh des Sternes bestimmen kann, haben wir knapp eine MillionenSpektren. Das werden deutlich mehr im Laufe der Zeit und.Ja gucken sie ruhig auf die Seite wer sich wirklich genauer für alle Zahlen interessiert auf WWW Cosmo Punkt Cosmos Punkt ESA Punkt in. Es äh Slash ähund da dann äh auf den Punkt äh DR drei gehen äh unter Data. Da können sie auf jeden Fall alle Daten finden äh mit den genauen Werten da. Es ist also jeder.Von diesen Daten drin. Also die wertvollsten Daten sind natürlich die, für die wir.Die Astrometrie haben, für die wir die äh Radialgeschwindigkeit haben, für die wir die äh niedrig äh und hochaufgelösten Spektren haben. Das sind von den Daten her die allerwichtigsten Sterne und äh.Darauf warten natürlich die Astronomen, weil sie teilweise solche Spektren kann man teilweise vom Boden sogar mit höherer Qualität äh bekommen, aber niemals für eine so große Zahl von Sternen auf einmal.Und wenn man jetzt findet in den Geierdatendass ein Stern besonders interessant ist von den Geierdaten selber, dann lohnt es sich manchmal auch mit einem anderen Instrument vielleicht mit James Web oder mit einem äh VLT äh Teleskop da nochmal hinzugucken, um irgendwelcheweiteren Messungen noch hinzuzufügen. Es ist nie so, dass die Geierdaten alleine.Alle Lösungen der Rätsel, der Astronomie darstellen natürlich, sondern im Zusammenhang mit anderen Daten äh sind die Geier-Daten sehr wertvoll. Manchmal auch aus sich heraus schonen.
Tim Pritlove 0:58:51
Ja, es ist so ein Starting Point, ne? Es ist halt äh äh etwas, da ist schon mal alles abgetastet äh worden und vor allem kann man ja dann auchsagen, okay, was weiß ich, mich interessiert eine bestimmte Gattung von Sternen oder Sterne, die eine bestimmte.Ja Geschwindigkeit haben, aus welchen Gründen auch immer, ne? Man forscht halt in alle möglichen Richtungen und dann kann man ja einfach direkt,die Datenbank befragen, sagen okay, gib mal her und dann äh reduziert man das dann eben durch weitere Forschungen und dann sagt man, okay, das ist jetzt hier unser äh Bereich, da wo wir nochmal.
Stefan Jordan 0:59:26
Aber ein ganz wichtiger Punkt für den ich mal kurz einschieben möchte, dadurch dass natürlich alle Daten irgendwo begrenzt sind, weil man von bestimmte wertvolle Daten nur für bestimmte Stellen haben, muss man sich auch immer klar machen, was sagt uns das jetzt über die Gruppe von allen Sternen ausWarum warum bemessen wir, sagen wir mal, man macht bei jeder Art von Messung äh das ja immer eine Stichprobe über alle Sternen äh hinwegäh genauso nehmen wir mal an, äh Meinungsumfrage. Da muss man ja auch kalibrieren, äh welches Alter haben die Leute, welche Bildungsabschluss haben die Leute, äh wohnen sie, welche Einkommen haben sie, wenn wenn man sie denn fragt, welche welche ähPartei sie wählen oder welche welche äh was sie gerne kaufen oder was auch immer so in solchen Meinungsumfragen äh geschlossen wirdum dann daraus sozusagen zu sagen, was die Gesamtbevölkerung denkt, muss man eine Menge an an Kalibrationen auch da machen und genauso äh ist es auch für die Astronomie, dass man immer berücksichtigen musswas man aus nicht sehen kann ähzum Beispiel sehen wir ja sehr lichtschwache Sterne, die sehr, sehr geringe Leuchtkraft haben, nur in der unmittelbaren Umgebung unserer Sonne.Dann die Sternen, diese lichtschwachen Sterne sehr schnell die 21ste Größenklasse wie ich die ich erwähnt habe als Grenzgröße erreicht haben und wir Sterne, die dann weiter weg sind gar nicht mehr sehen, müssen wir natürlich uns fragen, ja wie verteilen sie sich insgesamt.Oder sehr helle Sterne, die sind sehr selten, sehr leuchtkräftige Sterne.Ähm wie die kann man über ein viel größeres äh Volumen äh oder bis zu einer viel größeren Entfernung betrachtenund das muss man alles sozusagen dann auch modellieren um dann solche Beobachtungseffekte mit hineinzunehmen. Warum sehe ich äh in den Gajadaten nur die und die Daten. Das hat auch immer Gründe. Äh ähm die damit zusammenhängen.Und äh nur dann kann man Wissenschaft und Statistik über Sterne machen am Ende, wenn man diese Dinge, solche Auswahleffekte, wie man sie nennt, dann auch richtig berücksichtigt.
Tim Pritlove 1:01:29
Also diese Perspektiven finde ich jetzt auch nochmal interessant, würde ich auch gerne nochmal zwei, drei verschiedene Aspekte äh beleuchten. Also man muss ja immer klar machen,Wir sind irgendwo so in unserer Milchstraße, um uns herum sind irgendwie sehr viele äh Sterne, ganz klar so da man hat diese super äh Dichte Mitte der Milchstraße, wo man fast schon nichts mehr so richtig aufgelöst bekommt und.Jetzt haben wir 1,8 Milliarden Sterne äh quasi mal in den Fokus genommen und können für die zumindest mal sagen, okay, wir wissen äh wo die sind. Das ist natürlich im Verhältnis zu den 100 Millionen Plus, wieviel es auch immer genau.Seinen äh hundert Milliarden natürlich äh Sternen so also man erfasst gerade mal so knapp zwei Prozent.Davon ausgehen, von dem, was man derzeit so annimmt, wie viel es denn äh überhaupt ähm gibt. Das ist schon mal eine ganze Menge Holz.So aber äh ist eben, sagen wir mal, auch nur so der der Anfang des des Blickes, aber daraus ergibt sich jaein Bild beziehungsweise wir haben ja letztes Mal auch schon ein bisschen drüber gesprochen, äh was für ein Bild sich denn daraus sozusagen ergibt, weil wir haben ja auch dieses.Problem ist jetzt vielleicht nicht, aber.Die Milchstraße nicht von außen fotografieren, weil sie wir sind ja drin. So und äh natürlich kann man jetzt über die beobachteten Sterne eine Annahme darüber machen, wie sieht's denn nun unsere Milchstraße,aus, aber wir haben hier dieses klassische Spiralgalaxiebild, was ja eigentlich äh primär davon geprägt war, dass man irgendwann mal Andromeda.Die nächste wirklich richtig große Galaxie gesehen hat, die so eine reine Spiralgalaxi ist und dann haben sich ja alle gedacht, so oh boah, die ist aber hübsch. Wir sind ja wahrscheinlich so ähnlich so, dann war das so wie das Bild und ähmHat sich das ein bisschen verändert durch die Beobachtung der letzten Jahrzehnte, dass man sagt, so ja, Spiralgalaxie schon, aber wahrscheinlich so eine Balkenspiralgalaxie.Was sind denn jetzt für neue Erkenntnisse oder sind neue Erkenntnissekommen, wie denn die Mähstraße tatsächlich aussieht und inwiefern könnte man sie eben aus den Gajadaten heraus auch wirklich modellieren.
Stefan Jordan 1:03:32
Also das sind auf jeden Fall wichtige neue Erkenntnisse, auf die ich auch gleich eingehen werde. Ähm ähm gekommen und zwarist es ja in der Tat so, dass dass man von anderen Galaxien ein einfaches Foto macht und dann sieht man, wie die Spiralarme aussehen, zumindest wenn man sie einigermaßen gut von oben sehen kann. Äh bei denbei der Milchstraße haben wir zwarVorteil, dass wir die Sterne sehr nahe haben und deshalb auch alle Sterne sehr genau untersuchen können, aber den großräumigen Blick haben wir dadurch nicht so leicht und äh brauchen also die Entfernung der Sterne. Und dann muss man sich nochmal eine Sache klarmachenWas sind denn eigentlich die Spiralarme in einer Galaxie? Sind das wirklich jetzt Gebiete, wo mehr Sterne sind.Ja in begrenzten Weise ist das so, die da heißt die Sternendichte minimal höher als in den Bereichen zwischen den Spiralarmen. Äh aber warum sieht man die so deutlich? Das sieht die sieht man deshalb deutlich,dort sehr helle, junge Sterne leuchtenDas heißt also, es sind Sterne, die grade geboren sind. Grade heißt natürlich nicht wie beim Menschen, sondern dass die vielleicht vor ein paar hundert ähtausend oder paar Millionen Jahren geboren worden sind. Das sind sehr leuchtkräftige, meist auch sehr massereiche, junge Sterne. Das sind Sternentstehungsgebiete. Die wo die spiralarme sind undleuchten die sehr hell und sie sorgen auch dafür, dass die Materieäh äh zwischen den Sternen teilweise zum Leuchten angeregt werden durch den durch die der hellen, leuchtkräftigen jungen, auch sehr heißen Sterne.Äh deshalb sieht man die Spiralarme so deutlich. Das heißt, wenn wir jetzt mal überlegen wollen, wie sähe unsere Milchstraßesozusagen von außen aus und wie wo sind die Spiralarme, dann sollten wir uns aus den Gajadaten die jungen Sterne, die hell leuchten heraussuchen.Und äh das hat man natürlich gemacht.Aber man muss natürlich da durchaus einige tausende von Lichtjahren überbrücken, also äh die die Entfernung in unserer Milchstraße sind ja doch riesig, also unsere Milchstraße hat so einen typischen Durchmesser von00.000 Lichtjahren und um einen guten Überblick zu kriegen, muss man also tausende von Lichtjahren auch weit messen. Und selbst mit Gaja sindeinige tausend Lichtjahre weit weggehen, die hat manpaar Prozent Messfehler dann in der Entfernung. Das heißt äh aber das ist schon sehr sehr gut, was man da hat. Also man man kann also zumindest rund um die äh Milchstraße, nee um die SonnePositionen unserer Sonne, unseres Sonnensystems, wo Gaja misst, äh einige tausendLichtjahre heraus gut diese Sterne, ähm hellen Sterne finden mit Hilfe der Geierdaten, mit Hilfe der Farben, mithilfe der der ähm der Astrometrie mit Hilfe und deren Entfernungen sagen, wo die sind.Wenn man sich das mal auf äh in einer Karte darstellt, dann zeigt sich.Diese Spiralarme bei der Milchstraße wahrscheinlich nicht so stark ausgeprägt sind wie bei diesem berühmten Bild, was sie vielleicht, wenn sie auf Wikipedia gehen, sofort haben äh von dieser künstlerischen Darstellung der Milchstraße, die so.So aussieht wie die M 51 Strudelgalaxide, wo man so typisches Beispiel einer es äh sogenannten SC-Spirale, wo man ganz deutliche Spiralarme hat. Wahrscheinlich ist es so, dass da.Die ähm die Sterne und das sieht man an den Daten eben viel ähm auch stärker,nicht so stark konzentrieren hin zu den Spiralarmen, aber die Spiralarme deutlich auch zu erkennen sind in demwas wir von der Milchstraße haben. Das heißt also zumindest für einige tausend Lichtjahre rund um die Sonne können wir sagen wie die Spiralarme verlaufen.Ein paar Messungen aus der Radioastronomie, wo man ein bisschen weiter messen kann, aber äh das sind sehr viel weniger Objekte. Das heißt, mit den Geierdaten hat man zum ersten Mal jetzt für eine große Zahl von.Tausenden bis Millionen Objekten ein die Möglichkeit die Spiralarme sozusagen zu lokalisieren und.Gibt es auch äh Karten, die die dichte Verteilung dieser jungen Sterne zeigt und die einem einen Eindruck geben, wie die Milchstraße dann aussieht,Rest der Milchstraße, da muss man immer noch so ein bisschen ja künstlerische Darstellungen machen, die dann mit dem, was man in der Umgebung sieht, kompatibel sind.Ganz sicher ist in der Mitte so eine Balkenspirale, das hat man auch schon vor Gaja gewusst und äh übrigens kann man diese Balkenspirale in der Orientierung auch mit den Geierdaten noch besser vermessen. Äh aber auf jeden Fallhaben wir eine gewisse Kartierung der Milchstraße, die aber bestimmt im Laufe der Mission auch noch weiter verbessert wird und da werden wir auch, wenn wir dann die Daten für,die zehn Jahre oder zumindest für die fünf Jahre, das wird ja der nächste Sternkatalog seinwerden wir auch diese Position der Spiralarme nochmal genauer sehen können. Aber mit dem zwei und besonders jetzt auch mit dem Release drei haben wir schon eine sehr sehr guteder dichte Verteilung der der jungen Sterne und können sagen, wie die Spiralarme um die Sonne herum aussehen.
Tim Pritlove 1:08:31
Ist daraus jetzt sozusagen auch schon eine neue Erkenntnis äh gewonnen worden, was man meint, wie die Milchstraße nun aussehen würde, würde man sie jetzt von Andromeda aus fotografieren? Also.
Stefan Jordan 1:08:42
Ja, wie gesagt, das ist dann eine eine ähm ja etwas wie man sagen wir mal sie die die wirklichen Messungen der Geierdaten dann in einkünstlerisches Bild immer noch sozusagenDarstellung, welches kompatibel ist, denn wir müssen ja ausgehen, dass die das Verhalten in unserer Sonnenumgebung ein typisches Verhalten ist. Das heißt also, dass es nicht auf der anderen Seite jetzt ganz plötzlich ganz scharfe Spiralarme sind, auf der anderen Seite total unscharfe. Das,das machen Galaxien nicht. Äh das wissen wir von anderen Galaxien, das heißt also wirdamit schon ein Bild machen, aber dieses Bild wird nicht in allen Bereichen natürlich äh ähm ganz genau sein und das wird man auch mit äh in absehbarer Zeit nicht schaffen. Äh.
Tim Pritlove 1:09:22
Ja gut, vielleicht ist es nicht genau, aber ich meine es gibt ja einen Trainer. Also ich meine, ich hab's nicht so verfolgt, aber was ich so bisschen mitbekommen äh habe, also erstmal war ja sozusagendas war so erstmal äh so der der erste Zwischenstand, so okay. Wahrscheinlich sind wir nicht genauso wie Androme da, sondern äh eben so mit so einem Balken. Dann ähmhieß es die das äh die Milchstraße hat eine sehr viel höhere vertikale Ausdehnung, also jetzt im Verhältnis zu der eigentlichen.Plane, ich weiß nicht genau, wie man's nennen soll.Ebene, genau. Äh ja, dass dass es höher sei, als man angenommen hat. Das äh habe ich noch so ein bisschen mitgenommen. Ähm.Andere Parameter, die sich so in den letzten Jahren und vielleicht auch durch Gaja jetzt äh ändern.
Stefan Jordan 1:10:09
Also also man versteht inzwischen auch diese diese Dicke der Scheibe zum Beispiel besser, weil man weiß, dass die Milchstraße, das gilt übrigens natürlich auch für andere Galaxien im Laufe der Zeit.Ja nicht alleine war, sondern immer mehr auch mit kleineren Galaxien, Zwerggalaxien, aber auch größeren Zwerggalaxinen äh Wechsel gewirkt hat, die dann im Laufe der Zeit auch mit der Milchstraße teilweise verschmolzen sindund man geht davon aus, dass bei einer Verschmelzungeiner Galaxie, die man heute aus den in Kellerus nennt, das ist eine Galaxidi Wohl für etwa zehn Milliarden Jahren äh mit unserer Milchstraße verschmolzen ist, dass die dazu geführt hat.Die ähm die Scheibe der Milchstraße dicker geworden ist, weil einfach durch die Gravitationswirkung dieser Galaxie und ähmdiese Sterne, die mal aus dieserGaja im Kellerdos Galaxie gekommen sind, die bewegen sich heute immer noch anders als viele andere Sterne in der Galaxie. Und jetzt und da die Geier-Daten ja so hervorragend.Bewegung der Sterne messen kann, kann man diese Sterneanhand ihrer Bewegungen alleine schon sehr gut identifizieren, wenn man dann noch hinzunimmt die chemische Zusammensetzung und bestimmte Spektraleigenschaften, dann kann man wirklich.Sagen, dass ein Großteil oder ein Filet der Sterne, die sie sozusagen die Milchstraße insgesamt umgeben, das was man in den Halo einer Galaxie nennt.Ausfüllen und äh dass dort äh man die Sterne, diese Geier in Kellerdossterne noch identifizieren kann und die hat haben äh.Eben wahrscheinlich eben auch dazu der zu der Verformung der Galaxie auch der Verdickung der Galaxie äh in dem Fall geführt und.Kann man tatsächlich aus den Gaja-Daten schließen. Das hat man in äh schon ein aus dem Gaja-DR zwei, über den wir das letzte Mal geredet haben, beschlossen, aber man hat das natürlich jetzt auch mit den neuen Gajadaten untersucht und ähbestätigt und jetzt auch für mehr Objekte noch äh gemessen, denn dazu braucht man möglichst die IG-Sterne, diedie wir alle Raumkomponenten haben, also diese 3unddreißig Millionen Sterne untersucht und da findet man denn welche Sterne gehören zu diesem Ereignis, was vor zehn Milliarden Jahren einmal stattfandUnd dieses Ereignis war es durchaus signifikant. Die Milchstraße war nämlich noch nicht so groß, wie sie heute ist. Sie ist noch gewachsen, nämlich hat nämlich im Laufe der Zeit andere ähm.Kleinere Objekte dann äh integriert. Wahrscheinlich war diese äh Gaja in Kellerdos Galaxiehatte wahrscheinlich ein Viertel der Masse unserer Milchstraße, also waren schon nicht mehr das, was man so ein typisches Zwergalaxie nennt, sondern schon ein größeres Objekt. Das war wahrscheinlich das einflussreichste Ereignis in der Geschichte der MilchstraßeUnd solche hat man mehr gefunden, also man man kennt sozusagen Ströme von Sternen, die äh aus solchen ähmgalaktischen Ereignissen kommen und man kann also aus den Gajadaten viele solche Ereignisse identifizieren, viele solche Sternströme aufBegegnung mitverfolgen sodass wir auch ein Bild haben, wie unsere Milchstraße im Laufe der Zeit ähm ja sich entwickelt hat, auch in der Begegnung mit kleineren Galaxien.
Tim Pritlove 1:13:22
Die ähm also diese ganzen geschluckten Galaxien, die sind sozusagen so eine eigene.Struktur in der Struktur oder man kann sie zumindest zurückrechnen, ne. Also man kann dann quasi, könnte man ja, gibt's ja wahrscheinlich auch schon so Animationen, wie dann die dann wohl vermutlich mal auf die Milchstraße aufgeschlagen ist, als es dann eben soweit war.Über die Zeit äh verortet hat, das heißt das ist ja auch so ein Metadatum, dass man im Prinzip jedem SternNicht im Geierkatalog, aber so generell äh so als Attribut auch sagen kann, okay du bist wahrscheinlich aus,Dieser Verschmelzung hervorgegangen. Ähm.Um mal eine Ebene kleiner äh zu gehen. Da hatten wir letztes Mal auch schon drüber gesprochen, aber es stand auch noch so ein bisschen im Raum, ob da jetzt neue Erkenntnisse sind. Äh.Die Sonne und ihre Nachbar.Also so wie's ja in der gesamten Galaxie Zusammengehörigkeiten gibt, wie zum Beispiel aus welcher Galerie bin ich denn geschickt worden? Ähm,Dann auch diese Sternhaufen, denteilweise eben einfach aus derselben Geburtsphase her resultieren oder eben aus anderen Gründen wissen wir denn jetztwer so unsere Schwestersonnen sind oder Bruder sollen meistens die Sonne ja immer männlich in den meisten Sprachen ist ja nur bei uns anders. Also ähm.Gibt's noch so einen lokalen Bereich,jetzt ausmachen kann, wo man sagen kann so, ah okay, das ist hier so unsere Hood, das ist so irgendwie das, was sich bei uns so mitgebildet hat, dazugehört, die gleiche Richtung fliegt, so äh hat das einen Namen.
Stefan Jordan 1:15:06
Das ist sehr, sehr schwierig, weil ähm da gibt's mehrere Dinge zu zu sagen. Also so ein Sternhaufen, der ist ja tatsächlich eine ein Gebiet, woviele Sterne gleichzeitig aus einer großen Molekülwolke entstanden sind, die dann durch die Gravitation unter bestimmten Bedingungen und äh der Temperatur und der Druckverhältnisse.Zur Sternbildung geführt haben und ähm ähm ob unsere Sonne mal in einem solchen Sternhaufen geboren ist, ist übrigens nicht klar. Es gibtdie in Sternhofen geboren sind. Das sind sehr viele wohl äh aber wie viele äh relativ zu den Einzelstellen, das ist äh nicht mal unbedingt sehr klar. Aber was wir wissen ist,die Sterne, die zum Beispiel jetzt gerade unsere Sohn Nähe sind, keinesfalls immer äh in der Sonnennähe waren, dennWenn man äh es gibt so eine schöne Simulation, die wir auch gemacht haben oder die der Stefan gemacht hat, die man sich auf YouTube auch angucken kann, die zeigt, dass die äh.Sterne, die wir jetzt in der Sonnenumgebung haben. Da die sind also in dem Fall geht es um Sterne, die jetzt nur hundert Paar Sekt, das sind 326 Lichtjahre von uns entfernt sind. Das ist so eine Kugel im Moment sozusagen alle Sterne, die da drin sind.Über die nächsten Millionen Jahre weiterverfolgt.Äh und äh unsere Sonne ja um die Milchstraße wandert, aber jeder Stern, der wandert nicht zusammen mit unserer Sonne, ganz genau, sondern die haben ganzBahnen teilweise. Wenn wir das jetzt mal weiter simuliert, dann verstreut sich das enorm, selbst nach einem Umlaufsind die Sterne schon lange nicht mehr auch nur in der Nähe von unserer.Sonne. Das heißt und manchmal kommen die dann auch ein bisschen wieder zusammen. Das ist ganz witzig, dass da auch auch auch Periodis, äh Bahnen drin sind, wo man also sich hin und wieder mal wiederfindet,aber über den Zeitraum von viereinhalb Milliarden Jahren. Unsere Sonne ist ja vor viereinhalb, 4,6 Milliarden Jahren entstanden über diesen Zeitraumsind die so verstreut, dass man soweit niemals zurückrechnen kann, also dass man zumindest für den Einzelstellen und sagen, dieser Stern, der war mal in der Nähe der Sonne, also das das ist wirklich unmöglich.
Tim Pritlove 1:17:09
Das gilt für für keinen ein.
Stefan Jordan 1:17:11
Das gilt im Prinzip für keinen einzelnen Stern über solchen Zeitraum.
Tim Pritlove 1:17:14
Also es wird doch alleine.
Stefan Jordan 1:17:16
Ja jaaber es kann durchaus sein, dass unsere Sonne natürlich so geboren ist und es gibt eine kleine Spekulation, dass äh so ein kosmisches Ereignis, wie ich das beschrieben habe mit dem Verschmelzen der Milchstraße.Durchaus mit der Entstehungsgeschichte unserer Sonne ein bisschen zu tun hat, nämlich äh die sogenannte Sakretarius Zwerggalaxi. Das ist eine, die auf der anderen Seite im MomentMilchstraße steht, von der Sonne aus gesehen haben wir das galaktische Zentrum und dahinter befindet sich jetzt gerade diese und die läuft ein paar Malum die Milchstraße herum und verschmilzt auch äh irgendwann mal mit unserer Milchstraße stärker. Aber sie war einmal vorEs gab mal eine nahe Begegnung vor etwa 6 Milliarden Jahren. Das kann man übrigens ganz gut zurückrechnen, dass es solch eine Begegnung gab. Und jetzt ist so Idee, dass wenn sie so eine.Zwerggalaxie nahe der galaktischen Scheibe ist, dass dort Druckwellen entstehen, die dazu führendort so Verdichtungen in der sich bilden und dann eine höhere Sternanstehungsrate damit verbunden ist. Und ähm die kann also durchaus zu einem Sternenentstehung geführt haben, die dann überein, 2 Milliarden Jahre noch andauerte, sodass die äh Entstehung unserer Sonne vielleicht mit diesem Ereignis sogar zusammengehängt haben könnte,dort eine höhere Entsternestehung war. Aber es ist noch mehr ein bisschen spekulativ. Man äh es gibt andere Analysen, wo es um die Sternentstehungsraten gehen, wo auch andere Ergebnisse hervorkommen, aber das ist zumindest eine gute Möglichkeit, dass so einezum Beispiel mit,Galaxie dazu geführt hat. Übrigens diese Sagettariusgalaxie hat wahrscheinlich auch dazu geführt, dass unsere Milchstraßenebene eben gar keine richtige Ebene ist, sondern auch verbogen ist,auch das da gibt es schöne Animationen die das zeigen die die wie verbogen die Milchstraße ist und diese Verbiegung ist eben auch durch.Wechselwirkung. Also unsere.
Tim Pritlove 1:19:09
Ripple, so einen Ripple-Effekt, als wenn man was ins Wasser schmeißt.
Stefan Jordan 1:19:12
Ganz genau. Aber wie gesagt äh wir können ein bisschen was darüber sagen und es ist auch durchaus möglich, dass unsere Sonne nicht in der Entfernungentstanden ist, die vom galaktischen Zentrum, wo sie heute steht. Es ist zum Beispiel ganz interessant, dass unsere Sonneeine relativ hohe Menge von schweren Elementen in ihrer Sternatmosphäre enthält.Und äh wenn man das jetzt mal vergleicht mit den jungen Sternen in der Sonnenumgebung, die ja eigentlich sozusagen später entstanden sind, wo eigentlich sogar mehr im Laufe der Zeit werden jawird ja das galaktische Material angereichert mit schweren Elementen, die ja in Sternen erbrütet wurden. Im Urknall sind ja nur Wasserstoff Helium, ein ganz klein bisschen Lithium entstanden. Alles andere ist ja mal ein Stern entstanden und kann nur durch Supernova-Explosion oder durch Sternenwinde wieder ans Unterstelle, medium gegeben werden. AlsoErde besteht ja aus schweren Elementen. Unser Körper besteht zu einem erheblichen Teil aus schweren Elementen. Äh das ist alles später entstanden undSonne muss also auch ein Stern sein, der sich schon angereichert hat damit. Und aberRund um die Sonne gibt es viele Sternen, die eine geringere Metallizität wie die Astronomen das nennen, zum Unglauben der Chemiker, die die natürlich eine ganz andere Definition von Metallen haben. Äh.Und das kann also sein, dass unsere Sonne vielleicht aus einem Gebiet gestammt ist, was näher am galaktischen Zentrum gewesen ist. Es gibt also paar Anzeichen, aber das können wir nicht wirklich hundertprozentig.
Tim Pritlove 1:20:34
Aber wir sind definitiv auch in der Milchstraße entstanden, das weiß man. Wir sind jetzt nicht so von außen eingetragen oder so.
Stefan Jordan 1:20:41
Davon davon muss man ausgehen.
Tim Pritlove 1:20:42
Okay, also.
Stefan Jordan 1:20:43
Aber wie gesagt, das äh.Kann also sein, dass da also durchaus eine Menge steht. So weit kann man für diesen Einzelstern das sehr, sehr schwer zurückrechnen, aber man kann natürlich Modellierungen machen, die einem sagen kann, das alles kann mit der Milchstraße oder mit den nicht mit der Milchstraße, aberund mit unserer Sonne geschehen sein. Da gibt es also verschiedene Modelle, aber die sind noch nicht zu einem ja, endgültigen Ergebnis gekommen.
Tim Pritlove 1:21:06
Okay, also ich nehme daraus jetzt mal mit äh nach aktuellem Erkenntnisstand gibt es jetzt keine unmittelbare äh lokale Struktur äh zu der die Sonne so gehört, die sich derzeit so erkennen lässt.Ja? Okay, weil ich meine, wenn man ins Große schaut und es würde ja ein bisschen nahe liegen.Man kennt so die ganzen Supercluster und Filamente und so weiter, also umso weiter man ins Universum reinschaut, bilden sich da ja so Strukturen und Gruppen ab und es gibt Lehrräume und esFüllräume und irgendwie würde man auch habe ich zumindest bisher äh erwartet, dass man ähnliche Strukturenauch so in der Galaxis selber, okay, war eine Spirale haben wir und so weiter, aber äh dass es sich vielleicht lokal noch ähm mehr Strukturen nachweisen lässt, aber es ist dann wohl.
Stefan Jordan 1:21:53
Na ja, also man man man sieht sehr viele Strukturen, zum Beispiel eben von diesen aufgelösten Begegnungen von Galaxien, die danndurch die Gezeitenkräfte, durch die Gravitation zerrissen wurden und die dann dazu führen, dass wir solche Sternströme haben in unserer Galaxie, die wir jaGaja jetzt hoch genau vermessen können. Äh das kann man alles sehen und und man sieht viele Strukturen, aber man kann jetzt nicht sagen genau aus welcher Struktur unsere Sonne kommt.
Tim Pritlove 1:22:18
Ja, okayJa diese Sternströme, das hatten wir ja letztes Mal ja auch schon angesprochen, ich finde äh also ich finde ja allein schon das Wort für dich ja irgendwie irre, also so diese Vorstellung, dass also wirklich äh so ein Fluss.Von Sternen irgendwo äh durchzieht, aber dem ist ja so. In dem Moment, wo man das visualisiert und äh sagt, okay, jetzt gehen wir aber hier mal so richtig auf Speed und jeder Frame äh überspringt hunderttausende von Jahren, dann merkt man, dass da so äh richtig Leben in der Bude ist.
Stefan Jordan 1:22:48
Genau.Das ist das kann man eben wie gesagt äh sagen und dafür ist natürlich der Geierdatensatz der Datensatz, der einem da mehr liefert. Vorher hat man sehr, sehr viele äh Dinge schon entdeckt, äh dadurch, dass man zum Beispielda die Entfernung nicht so genau gemessen hat wie mit Gaja, sondern deren, deren äh ja den modelliert hat und sozusagen indirekt geschlossen haben, welche Entfernungen die haben müssen und äh und und natürlich hat man diedie Geschwindigkeitsmessung nicht so genau gehabt, aber mit kann man das jetzt mehr entdecken, weitere Ströme entdecken und man kann die, die mangekannt hat äh natürlich viel genauer vermessen und das ist dann natürlich eine Sache von den Leuten, die äh Simulation machen, wie.Galaktische Potential aller Objekte in unserer Milchstraße, denn auf so einen Sternstrom wirkt und die Bewegung von jedem einzelnen Stern ist ja beeinflusst durch die Masse und alle anderen Objekte in der Milchstraße.
Tim Pritlove 1:23:47
Blicken wir mal kurz außerhalb der Milchstraße, die ja natürlich Fokus eigentlich von Geier ist, aber da ist ja in anderen Galaxien eben auch.Manche helle Sterne gibt, fallen die ja dann sozusagen auch noch in die äh über diesen Freshold, äh den Gaja registriert mit rein beziehungsweise man sieht auf jeden Fall von sehr vielen Galaxien, die schon erwähnten Quasare, also diese leuchtenden Zentren der äh GalaxienGab's da jetzt sozusagen auch neue äh Erkenntnisse? Also wir hatten ja schon.Auch wiederum ganz gute Startkerzen beziehungsweise Posten Posten, Leuchttürme quasi.
Stefan Jordan 1:24:28
Wir haben jetzt ähm äh es gab jetzt auch einen extra Katalog innerhalb von drei, der äh und äh Galaxien.Umfasste. Und zwar ist es so, dass wir ja für viele dieser Objekte, auch diese zumindest niedrig aufgelösten Sternspektren auch haben.Und das heißt, wir können ähm zum Beispiel bei Quarsaren, die haben ganz starke.Emissionslinien in dem Fall ähm in der Wellenlänge vermessenDarauf können wir sogar aus den Geierdaten selber schon deren Rotverschiebung äh messen.
Tim Pritlove 1:25:05
Also deren Bewegung im All.
Stefan Jordan 1:25:06
Die Bewegung im All und zwar die mit der kosmischen Umgebung, mit dem mit dem Urknall sozusagen, mit dem, was nach dem Urknall geschehen ist, dass die Galaxien auseinander streben und eben auch die Quasare.Dass sie äh umso schneller von uns sich entfernen, je weiter sie entfernt sind durch diese kosmologische Bewegung der ähm.Dunkle Energie kommt jetzt immer mehr dazu im Laufe der Entwicklung des Universums äh ähm spielt dasimmer mehr eine Rolle. Es dehnt sich also, wie wir wissen, äh beschleunigt aus, aber wir haben, wie gesagt, für für viele neue äh Galaxien äh undäh deren Rotverschiebung zum Beispiel auch messen können, ne? Ohne dass man jetzt auch vom Erdboden kann man das auch sehr schön machen, aber äh es ist sozusagen ein großer Datensatzwomit man jetzt das äh machen konnte. Und natürlich ist das Untersampel der Kawasare wichtig wie ich vorhin erwähnte eben auch für die Kalibration von Gaja selber. Das ist eine SacheUnd wenn wir jetzt mal ein bisschen zu den näheren Galaxien kommen. Also es ist ja so, dass unsere Milchstraße hat ja Nachbarn, du hast den Andromedanebel erwähnt undEs gibt ein paar andere Galaxien und ein paar viele kleine Zwerggalaxien, die sich äh auch in zur sogenannten lokalen Gruppe gehören. Und da sieht man in der Tat auch einzelne Sterne drin, äh deren Bewegungen man messen kann undZwar ist es so, dass man jetzt mit Hilfe der Geierdaten sogar sehen kann, die wie die Rotation im Andromedanebel zum Beispiel ist, wie die Sterne sichum den Atommedanebel herumbewegen, also so genau kann Gaja jetzt schon mit denjetzt nur auf 34 Monat beruhenden Datenkatalog äh eine Aussage treffen und das ist natürlich nach zehn Jahren wir wissen wir sind noch viel viel detaillierter.Und wir können vor allen Dingen ganz wichtig messen, wie sichGalaxien selber bewegen, denn die Sterne da drin bewegen sich zwar um den und haben eine Rotation um dieses Zentrum, aber das ist wesentlich langsamer als sich die Galaxie selber bewegtwir können also gucken mit welcher Geschwindigkeit sich zum Beispiel der Andromedanebel durchs All bewegt. Wie schnell er auf uns zukommtvon uns weg. Das kann man von der Erde supergenau messen mit Hilfe des Doppler-Effektes, aber wie sozusagen die seine Querbewegung ist, das wissen wir noch nicht genau.Weiß ja schon lange, dass der Andromedanebel mal äh mit der Milchstraße verschmelzen wird.Was jetzt dann genau geschieht, das hängt sehr stark von dieser Querbewegung an. Wie nah kommt dennder Andromedanee will jetzt unserem galaktischen Zentrum sozusagen. Davon hängt ab, was man mit der Milchstraße oder dem Gemeinsamen dann verschmolzenen Produkt aus der Milchstraße und dem Andromi daneben mal geschieht. Das heißt, wenn wir die äh wenn wir die Geierdaten noch weiter verfolgen, dann kann man äheine sehr gute Simulation machen, was mal mit diesem Objekt geschehen kann. Besser als man das bisher konnteUnd man kann für viele Zwerggalaxien, die sich um die Milchstraße bewegen, äh sagen, wie sie sich tatsächlich welche Eigenbewegungen sie habenjetzt mit den Geierdaten schon möglich und wird ingroßen endgültigen Datensatz äh mit einer extrem hohen Genauigkeit messen kann. Also wir können also nicht nur die Bewegung der Sterne in unserer Milchstraße messen, sondern auch die das Verhalten der Galaxien in unserer lokalen Gruppe sehr genau äh.Darstellen.
Tim Pritlove 1:28:20
Dreiunddreißig war ja auch noch so eine gehört auch noch zu lokalen Gruppen.
Stefan Jordan 1:28:24
Die drei, die drei großen Galaxien sind die äh Milchstraße, der die Andromeda Galaxien und dann äh mit einem deutlichen Abstand die der DM 33 und dann gibt es viele äh Galaxien, die man Zwerggalaxin nennen würde.
Tim Pritlove 1:28:37
Ja, M dreiunddreißig ist ja äh bekannt geworden, weil dort das Schwarze Loch sozusagen visualisiert wurde.
Stefan Jordan 1:28:45
Nein, nein, das war M siebenundachtzig.
Tim Pritlove 1:28:47
M siebenundachtzig. Ah, habe ich verwechsel.
Stefan Jordan 1:28:48
Ja ja, das ist ein das ist ein das ist ein sehr viel weiter entferntes Objekt als die als M dreiunddreißig.
Tim Pritlove 1:28:54
Man kommt durcheinander bei den Zahlen.
Stefan Jordan 1:28:57
Schwarze Löcher gibt's in praktisch allen Zentren von Galaxien, aber aber äh um sie aufzunehmen müssen sie sehr, sehr groß sein und bei M 78 ist es so, dass das einen sogroßes, schwarzes Loch ist, dass man das selbst von der Erde aus mit den speziellen Radio astronomischen Techniken, Interphherometrischen tatsächlich vermessen konnte. So wie man dann auch später das äh.Milchstraßen schwarze Loch messen konnte.
Tim Pritlove 1:29:21
Genau.Dann blicken wir doch noch mal auf das Sonnensystem, weil Gaja natürlich zwangsläufig auch alles irgendwie äh vor die Linse bekommt, was in unserem Sonnensystem her so herumfliegt. Das bedeutet, man sieht natürlich die Planeten. Ich weiß nicht, darüber wird wahrscheinlich.Wird wahrscheinlich nicht groß neue Erkenntnisse gebracht haben vermute ich mal. Ähm so wie äh Gaja auf die Umgebung blickt, aber eben auf diese lichtschwachen Objekte, die Asteroiden. Äh derer es ja eine Menge gibtSo ähm die fallen dann schon.Erwähnt es auch Spektrennen dann natürlich auch äh gebildet werden können, was uns dann auch über die Zusammensetzung der Asteriden nochmal was Neues äh sagt. Das fand also statt.
Stefan Jordan 1:30:06
Ja, also Asteroiden äh waren immer geplant, dass sie von Gaja natürlich vermessen werden und ähm die das sind äh sind äh ja Objekte, die natürlich durch die Fokalebene von Gaja laufen und deshalb natürlich mit gemessen werdenund wir haben für mit dem drei jetzt ein Katalog von hundertfünfzigtausendAsteroiden, die im Gaja DR3-Katalog drin sind und für die für die Bahnbestimmung, die Geierdaten selber benutzt worden sindund viele von den Daten sind äh schon mit den 34 Monaten, auf denen das beruht jetzt besser als das, was man mithunderten von Jahren teilweise na ja oder vielen Jahrzehnten zumindest für die meisten,Beobachtung gewonnen hat und im Laufe der Zeit wird das natürlich noch viel, viel genauer. Das heißt, die Bewegung der Asteroiden äh kann man äh deutlich genauer irgendwann erfassen und teilweise jetzt schon erfassen, als man's bisher kannte.Aber was ganz wichtig ist, ist, dass man für diese Asteroiden auch diese niedrig aufgelösten Sternspektren hat.Und äh es ist ja so, was sieht man von einem Asteroiden im Spektrum? Da sieht man eigentlich, dass reflektierte Sonnenlicht.Das ist die leuchten ja nicht selber wie Sterne, sondern die reflektieren das und wie viel sie von der abhängig von der äh Wellenlänge reflektieren, hängt natürlich von der von der Chemiewelche Steine, welches Gestein an der Oberfläche ist, ob das irgendwelche Silikate oder äh äh irgendwelche kohlstoffreichen äh Verbindungen sind. Ich bin da jetzt kein Mineraloge und kenne mich da auch sehr sehraus, aber es ist so, dass man für ähm ungefähr ähm achttausend.Der Asteroiden bisher von der Erde aus äh solche Spektren gemessen hat. Und mit denen könnte man klassifizieren, welchewelche chemische Zusammensetzung die einzelnen Asteroiden haben. Jetzt mit Gaja haben wir jetzt fünfundfünfzigtausend.Solcher Spektren. Das heißt, wir haben eine erhebliche Vergrößerung des Samples, für die wir jetzt etwas wissen über die chemische Zusammensetzung.Ein ganz interessanter äh Punkt, den man auch schon vorher äh ohne die Geier-Daten identifiziert hat, aber was man jetzt noch wieder genauer sehen kann, ist, dass äh viele der Asteroiden mal.Aus der Kollision von größeren Asteroiden entstanden sind oder dadurch, dass ein.Ein größerer Brocken mal auf einen größeren Asteroiden gefallen sind und das Material dann herausgeschleudert ist, denn das hat teilweise die gleiche chemische Zusammensetzung wie der dieses Mutterobjekt und ähBahnen sind immer noch äh identifizierbar, dass sie dazu gehören. Also wenn man es gibt so einen schönen schöne Grafik, wo man.Bahndaten sozusagen aufträgt, zum Beispiel die der Abstand von der Sonne und die Exzentrizität, also wie elektrisch die Bahn ist und dann einfärbt ähchemische Zusammensetzung die haben, dann gibt es so Gruppen, das sind man kann also etwa hundert so Asteroiden Familien, so nennt man die, identifizierenund und dieser Plot ist jetzt deutlich besser geworden, wenn man das vergleicht mit dem, was man äh vorher, vor Gaja hatte, kann man das jetzt viel genauer sehen. Das heißt also, auch über die Entwicklung des Asteroidengürtels kann man natürlich viel bessere Modelle jetzt machen.
Tim Pritlove 1:33:23
Wildschweinfamilien, die so um den Wald herumziehen, ja und dann nehme ich auch an, sind auch neue Astroidenten gefunden worden oder kannte man das.
Stefan Jordan 1:33:33
Paar, ein Paar, es ist so, dass die das Gaja in den Daten versteckt äh garantiert ganz viele Objekte hat, die vielleicht noch nichtda gewesen sind, aber muss sie auch zusammenführen. Man muss äh macht ja sozusagen Aufnahmen von den Objekten, die jetzt gerade durch das Fokalebene tun, kommen und bei Sternen, da weiß man, dass die sich relativ langsam bewegen und sie ja nicht jetzt ähgewaltig woanders sind, während ein Asteroid, der hat bei unserer nächsten Beobachtung.Völlig andere Position am Himmel, weil die ja typischerweise eine Bewegung habe, die nur wenige Jahre laufen, die einmal um die Sonne herum, das heißt, die sind ganz woanders,und die dann zusammenzubringen, dieses was man Cross-Matching nennt, der Daten, die dass sie zu einem Objekt gehören. Das ist bei Asteroiden unglaublich schwierig.Ähm man kann, wenn man.
Tim Pritlove 1:34:21
Aber das Spektrum dann wieder genauer.
Stefan Jordan 1:34:22
Ja, das kann sein, aber das das wird noch nicht wirklich benutzt dafür bisher. Es ist so, dass manchmal Gaja ja,ein Asteroiden vielleicht ein paar Mal gemessen hat und dann wieder Monate nicht misst.Und es gibt so ein paar Projekte, wo sich übrigens auch Amateurastronomen dran beteiligen können, äh solche Messungen dann ein paar Tage später nochmal vomBoden aus, sich anzugucken, dann kann man nicht gucken, äh wo steht der ein paar Tage nach der Gaja-Messung und dann kann man besser vorhersagen, äh wo er wo er dann vielleicht in ein paar Monaten stehen wird und dann kann man nachgucken wiederum was dazugehört. Das das das kann helfen, die Sachen zusammenzuführen. Aber in der Tat ist das noch nicht so richtig für die große Gruppevon Asteroiden gelungen, aber auch das ist eine Sache,natürlich in Zukunft äh sich verbessern wird. Da wird man also auch viele weitere Objekte in den Daten finden. Aber muss nicht immer klar machen, die die Manpower äh äh die man im Moment da reingesteckt hat, die hat ebenwar im Moment genutzt worden, die bekannten Objekte in Gaja zu identifizieren, genauere Bahnmessungen zu machen und diese Spektren zu messen.Und äh alles andere äh entwickelt sich auch weiter und neueObjekte werden sicherlich gefunden. Aber nicht in einer riesigen Zahl jetzt, äh die das als ähm sagen wir, Entdeckungsmaschine für für Asteroiden,begreifen würde,interessanter Aspekt ist, dass wenn wir jetzt die mit Gaja, die Asteroiden genau vermessen können und die Sterne, dann passiert es ja hin und wieder mal.Ein Asteroid von einem äh einen Stern bedeckt vor der Erde ausgesehen.Äh dass wenn die nur ein paar Kilometer groß sind, dann werfen sie sozusagen von dem Stern auch nur einen kleinen Schatten auf der Erde.Es gibt Amateurastronomen, die ihre Teleskope dort aufstellen, wo vorhergesagt wurde, wo so eine Bedeckung stattfindet und dann kann man aus der Zeit, diezwischen dem Verschwinden und wieder auftauchen des Asteroiden zum Beispiel deren Durchmesser messen und sogar deren Form messen, wenn man ganz viele Beobachter hat.Und bisher war es so,oft Diebst, weder die Sternposition noch die Position des Asteroiden so gut bekannt war, dass man den sehr genau sagen konnte, wo die Beobachtung stattfand, da waren also war's oft so, dass es dann auch so war, dass man vorher gesagt hat, da stattfindet was statt und dann fand gar nichts statt.Oder umgekehrt stand dann statt, aber da war kein Beobachterkann man jetzt heute viel genauer sagen können, das heißt die die Anzahl der Fehlbeobachtungen ist wesentlich kleiner geworden und das sind sehr wertvolle Ergebnisse, weil man durch solche Bedeckungensehen kann, dass da vielleicht noch ein zweiter Asteroid ist in der Nähe. Das gibt nämlich inzwischen viele Doppelasteroiden und es gibt manchmal sogar Ringe um einen Asteroiden, dass da vor dieser Bedeckungkurzzeitig schon mal das Licht ein bisschen verschwunden ist, dann wieder aufgetaucht ist, dann hat der Asteroid die Bedeckung gemacht und dann ist das auf der anderen Seite nochmal passiert. Äh solche Beobachtungen sind unglaublich wertvoll undda gibt es also eine richtig große Gruppe von Amateuren, die jetzt froh sind, dass die Geierdaten so gut sind, dass man solche Messungen äh deutlich verbessern kann. Also,Gibt es also viele interessante und sehr aktive Leute, die gar nicht ähm ja Berufsastronomen sind, aber viel Spaß äh die Wissenschaft hier zu unterstützen.
Tim Pritlove 1:37:39
Ich gehe mal davon aus, die meisten dieser Astrid sind befinden sich im Astridengürtel, die jetzt hier gefunden wurde, aber es gibt ja noch einen Körpergürtel sozusagen, wo dann halt auch so dietunischen äh Objekte rumlungern und die sind ja in den letzten Jahren zu ähm,besonderer Berühmtheit gekommen, weil man erstmal eine ganze Menge neue also größere Strukturen entdeckt hatJa, was ja letzten Endes auch Pluto so ein bisschen seinen Planetenstatus gekostet hat, weil man festgestellt hat, dass er so besonders dann auch nicht äh ist schon immer ein bisschen weird warsuper hübsch aussieht. Muss man auch mal dazu sagen. Also äh nichts gegen Pluto, aber das Ganze ist ja dann auch äh nochmal so.Heftiger in die Diskussion gekommen wegen der Diskussion um nein, also der mögliche 9te Planet, den's vielleicht gibt oder nicht so und ob's den gibt oder nicht, ob die Daten, die man bisher darauf hinweisen oder nicht. Darüber ist glaube ich die ganze äh.Ganze Astrogemeinde fünfzig, 50 gespalten, habe ich so den Eindruck. Ähm jetzt könnte's ja sein, dass Gaja auch irgendwas äh gesehen hat.
Stefan Jordan 1:38:44
Äh hat man nicht, also man von den transnekturischen Objekten hat Gaja so ungefähr ein Dutzend sehr gut vermessen bisher. Also.Ähm aber äh man hat keine weiteren gefunden und die Objekte werden wahrscheinlich auch sehr stark im Infraroten sein. Wenn's diesen Planeten neun gibt, danner mit Gaja sehr, sehr schwer überhaupt zu sehen sein und dann auch noch äh die Daten richtig zusammenzubringen, also sehr sehr unwahrscheinlich. Es ist auchsehr umstritten, ob diese Idee von den Planeten neun natürlich richtig ist. Da gibt's ja äh ein paar Hinweise aus den Bahnen der bekannten transnatürlichen Objekte, diese sehr großen Objekte, die durchaus teilweise ähm Durchmesser haben, die vergleichbar sind mit dem, was Pluto sindkleiner, aber jetzt nicht irgendwieHundertstel oder Zehntel, sondern auch durchaus also äh größere Durchmesser haben so äh und Macke Marke und wie sie alle heißen da draußenund äh die Bahn haben da sind ein bisschen asymmetrisch, sind nicht gleich verteilt, deshalb hat man diesen Schluss gemacht, also äh es ist aber sehr umstritten, ob das eine Rolle.
Tim Pritlove 1:39:45
Denn die Bahnen dieser Objekte genauer bestimmt werden erstmal.
Stefan Jordan 1:39:49
Nein, bisher ähm gibt es keine Daten. Also ich ich weiß nicht, ich bin jetzt auch nicht der der Superspezialist für in der Gruppe. Ich bin nicht in der Gruppe, die diese äh Asteroiden behandelt. Ich weiß da nur, was da herausgekommen ist. Ähm äh und äh.Ich denke mal, dass die eigentlich in einer äh Reichweite teilweise von Gaja sein müssten, aber sie sind äh im Moment äh.Gibt es da keine Bahnbestimmung bei denen die Geierdaten irgendwie besser sind als das, was man bisher hatte. Das liegt auch vielleicht ein bisschen daran, dass sie sich sehr langsam bewegen, aber äh da bin ich jetzt auch nicht äh.Genau informiert, inwieweit man von denen dann auch noch Bahnen erwarten kann,Aber ich glaube, für diese Idee äh der nicht gleich Verteilung braucht man jetzt auch gar nicht größere Daten. Das das ist sozusagen da reichen die groben Daten, die man eigentlich hat, um diese Schlussfolgerung zu ziehen oder auch nicht.
Tim Pritlove 1:40:39
Man müsste ihn einfach nur mal sehen. Das wäre äh ganz hilfreich,Okay, also erstmal kein kein Planet neun. Ich setze mich wieder hin. Ein äh anderes ähm eine andere Art von Objekten, wo ja da ja auch so ein halbes Auge drauf geworfen hat, sind Ex-Planeten.Da gab's ja so einige äh Hoffnungen, dass die eine oder andere äh Erkenntnis sich aus den Geierdaten herausziehen lässt. Gab's.
Stefan Jordan 1:41:07
Also die die Idee ist auf jeden Fall, dass man ähm Exoplaneten in großer Zahl entdeckt, also so exoplaneten von der Masse.Jupiter vielleicht ein bisschen dadrunterähm in der Sonnenumgebung und man hat abgeschätzt, dass man wahrscheinlich mit Gaja einige zehntausend von ihnen entdecken wird. Und zwar dadurch, dass der,Stern, um den dieser Planetkreis, die bewegen sich ja gemeinsam um einen Schwerpunkt und das sorgt dafür, dass der Stern ein bisschen hin und her wackelt und das.Macht man, was benutzt man ja oft dazu, dass man die Dopplereffekte nutzt, wie stark das Wackeln auf uns zu oder von uns weggeht, aber äh mit Gaja kann man eben auch die Querkomponente messen. Also man muss sich mal vorstellen, umgekehrt, wir würden unser Sonnensystem vonsagen wir mal zehn Pasek oder 30 Lichtjahre Entfernung betrachten. Was würde man an der Sonne sehen? Man würde an der Sonne sehen, dass die Sonne ein bisschen.Hin und her wackelt und zwar auf einer relativ komplizierten Bahn, weil ja nicht nur der Jupiter als größtes massenreiches Objekt darum wandern würde, wenn man nur den hätte, dann wäre das eine Lipsenbahn,um den gemeinsamen Schwerpunkt geht, aber da ist ja noch Saturn und andere Massereiche Objekte und insgesamt ist das eine recht komplizierte Bewegung.Mal anguckt, wie groß die Amplitude von dort aus sind, dann ist das ungefähr eine Millibogen Sekunde. Von 30 Lichtjahren Entfernung, die Jupiter und Saturnan an der Sonne hin und her ziehen würde,Sekunde, das ist etwas, was für Gaja ja überhaupt kein Problem ist zu messen. Wir gehen ja in den Bereich von bei den besten Objekten so von 20 Mikrobogensekunden oder manchmal auch nur hundertMikrobogen je nach Genauigkeit. Das heißt also, wir können zehn bis äh50 Mal besser messen als diese Milli-Bogen-Sekunde. Das heißt, wir können eine solche Bahn von der Sonne sehr genau äh detektieren und das können wir natürlich genauso erwarten, wenn wir einen Stern beobachten,Nun muss man sich Folgendes klarmachen. Ähm im Fall der Sonne ist es ja zum Beispiel der Jupiter und der Jupiter bewegt sich nur alle zwölf Jahre um die Sonne herum.Heißt auch diese Wackelbewegung, die ist sehr langsam. Das heißt, man braucht einen möglichst großen Messzeitraum, um eine solche Bewegung zu äh bekommen.Und da sind die 34 Monate, die wir jetzt in dem Gaja DR drei drin haben, eigentlich ein sehr kurzer Zeitraum und es gibt tatsächlich Objekte, bei denen man das jetzt schon gemacht hat, aber eine kleine Zahl, also ich äh es ist in, also,als ein Dutzend Objekte, wo man sowas messen konnte äh und Taiwan waren's auch bekannte Objekte, wo wir,wo man zwar mit Hilfe vom Doppeleffekt gemessen hat, da ist ein Planet, aber das Masse man nicht bestimmen konnte, weil manBahn sozusagen nicht in der nur die Bewegung auf uns zu oder von uns wegbestimmen konnte, aber nicht deren äh Querbewegung, also die echte Bahn kennt und damit auch die Masse bestimmen konnte und das hat man jetzt mit Gaja in vielen Fällen machen könnenund äh jetzt muss man leider in dem Fall bis zum Data-Release vier warten,um jetzt für eine große Zahl und auch den entsprechend längeren Messzeitraum dann äh wirklich auch neue äh in größerer Zahl äh Exoplaneten in größerer Zahl zu entdecken. Da werden definitiv äh neue und in größerer Zahl Objekte.Sein und ganz bestimmt in dem was dannsozusagen am Ende der zehn Milliarden zehn Jahresmission für den finalen Sternkatalog herauskommen wird. Äh das wird also ein gewaltiger Datensatz, der dannalso auf jeden Fall wahrscheinlich mehr äh Exo Planeten aus Gajaam Ende herauskommen wird als durch irgendwelche anderen Projekte. Also zumindest oder zumindest gleichziehen würdest, die anderen Projekte werden ja bis dann.Genau so in der Kepler-Dimension wird ja ungefähr 5000 Exo Planeten bekannt und man schätzt eben wie gesagt ab, dass bei Gaja äh einige zehntausend Objekte herauskommen werden,Wie gesagt, da muss man noch ein bisschen Geduld haben, um da äh sozusagen weitereErkenntnisse zu bekommen. Das Gleiche gilt für viele Doppelsterne, bei denen auch natürlich die längere Beobachtungszeit und viel mehr über deren Bahn äh verraten werden am Ende. Aber das da ist sozusagen im mit DR 3 der erste größere Datensatz und Doppelstern jetzt drin, aber,kommt noch Einiges.
Tim Pritlove 1:45:17
Bei den ich meine mit dem Jupiter ist natürlich so ein Beispiel so okay der Jupiter hat äh halt eine Umlaufzeit, die was war das 12 Jahre so ne, passt natürlich nicht so ganz äh hier ins Beuteschema andererseits das was ja bisher an Exoplaneten so beobachtet werden konnteMan stellt ja.Ganz genau, ob das sozusagen die Einschränkung der Beobachtung äh ist bisher, aber wir haben ja sehr viele äh Systeme beobachtet, wo es diese Hot Shupitas gibt, also diequasi die Größe haben eines Jupiters, also entsprechend auch reißen an ihren Stellen, aber eben sehr viel näher dran sind, deswegen entsprechend heiß.
Stefan Jordan 1:45:52
Absolut. Die werden auch leichter zu entdecken sein. Das ist ganz klar. Aber äh wie gesagt, ähm trotzdem ist es so, dass da ähm die Anzahl der der Entdeckung jetzt ähm im DR drei noch sehr, sehr begrenzt ist.
Tim Pritlove 1:46:04
Ja ähm letztes Mal hatten wir noch kurz äh drüber gesprochen, dass es äh,schwierig ist, sehr, sehr, sehr helle, sehr nahe Sterne äh zu mästen, weil dann sozusagen ja allesso dermaßen überstrahlt wird, dass dann wiederum die äh Grenzen der äh der der Messinstrumente bei Geier überschritten werden, nicht unterschritten werden, sondern überschritten werdendie Hoffnung geäußert, dass man durch irgendwelche Tricks da vielleicht äh trotzdem noch zu Erkenntnissen kommen kann.
Stefan Jordan 1:46:39
Also wir es ist so, dass wirversprochen haben, am Anfang der Mission, dass wir eigentlich nur Sterne äh sehen werden mit Gaja oder in den Katalog haben müssen, die man mit bloßem Auge grade nicht mehr vom Erdboden aus erkennen kann. Das sind ungefähr die sechste Größenklasseund äh was wir jetzt ähm in Gaja DR3 schon drin haben, sind Sterne, die äh drei Größenklassenheller sind. Das ist äh jetzt weiß ich, drei Größen, das müsste ich mal schnell umrechnen. Das sind vielleicht irgendwie zwanzig Mal oder so ähm heller sind. Die kriegen wir also schonganz gut mit Gaja äh jetzt vermessen.Aber die Hoffnung ist natürlich, dass man da noch mehr machen kann und da gibt es so ein paar Ideen, wie man das machen kann und äh auch Projekte, die von der Beobachtung her äh gemacht werden äh mit den Standardtechniken.Einfach dies die in der in den astrometrischen CCDs die Objekte aufzunehmen wird das nicht klappen weil die hoffnungslos äh alles überbelichten.Aber es gibt in dem äh in dem CCDs in den lichtempfindlichen Detektoren, die dafür zuständig sind, den Stern erstmal aufzufinden und zu sagen, wo ist jetzt eigentlich ein Stern in der Fokalebene, äh da gibt es ähm.Ein Messgerät, welches auch äh mal für einige Sekunden und einige Minuten theoretisch äh.Alle Sterne aufnehmen kann und dann sozusagen ein richtiges Bild vom von den Sternenregionen am Himmel erzeugen kannund äh also so ein großes Fenster dran machen kann, was also nicht normalerweise vorgesehen ist,und das wird standardmäßig für alle hellen Sterne regelmäßig gemacht. Äh das kostet natürlich zusätzliche Daten, aber da das wenige sind, das sind ja es handelt sich ja nur um ein paar hundert Sterne, die da äh so hell sind oder maximalen.Vielleicht tausend Sterne. Äh das sind wenige am Himmel. Da kann man sich das denn leisten. Und da wird jetzt natürlich versucht, diese.Hellen Sterne dann auch zu vermessen, aber das ist bisher noch nicht,so in dem Maße gelungen, da eine gute Astrometride aus rauszumachen, die die man bräuchte, aber das ist in Arbeit und äh wie gut das sein wird, das wird man wahrscheinlich dann im nächsten Sternkatalog sehenwas da äh am Ende herauskommen kann.
Tim Pritlove 1:48:53
Das sind also unsere Klassiker, ne, so Polarstern und äh Sirius.
Stefan Jordan 1:48:57
Der Polarsterne ist so an der Grenze, da hat der zweite Größe, der ist nur ein Faktor zweieinhalb sozusagen von unserer bisherigen Grenzgröße entfernt und ich weiß nicht mal, ob dich.Ich schätze mal vielleicht, den kann man vielleicht sogar klassisch noch am Ende vielleicht äh extra poliert kriegen, aber ähm Sterne, die heller sind, also Sirius ist einfach ein superheller Stimm.Der der sorgt dafür, dass natürlich äh weite Bereiche äh überbelichtet sind und äh.Macht die ganze Sache schwierig. Also die Hoffnung ist schon da und äh die da arbeiten auch sehr intelligente Leute dran, das zu machen, aber äh da kann ich nicht sagen, was da bisher dabei rausgekommen ist.
Tim Pritlove 1:49:36
Ja ich gucke grad mal hier auf der Liste. Also Polarstern ist Platz 47 auf der Liste der hellsten Sternen unserer Wahrnehmung.
Stefan Jordan 1:49:44
Ja gut, also ähm aber sagen wir mal die Hessen 100 werden wahrscheinlich immer noch eben Schwierigkeiten machen, würde ich jetzt mal sagen oder vielleicht auch 2hundert und.Aber zweite Größe da kann man vielleicht schon noch hoffen, dass man da vielleicht irgendwie äh ein bisschen was machen kann.
Tim Pritlove 1:50:02
Mhm. Ja mein äh mein Lieblings-Nebenspace, wenn ich meine Computer benenne, dann äh nehme ich mir immer Sternenname. Ja. Ja äh wäre ich ganz gut, wenn die auch mal alle vermessen sind, dann.
Stefan Jordan 1:50:14
Übrigens äh auch die äh Computer im astronomischen Recheninstitut, die haben alle äh Sternennamen oder Himmelsobjekte zumindest.Und äh.Genau.Und manchmal kann man natürlich tricksen, also ich bin ja äh beschäftige mich mehr zusätzlich mit Tunalismus, also der Erforschung von Entenhausen.
Tim Pritlove 1:50:35
Tatsächlich. Mhm.
Stefan Jordan 1:50:36
Und äh Erika Fuchs ist ja die berühmte Übersetzerin äh der Donald-Geschichten und ähm mein äh Computer heißt dort Erika Fuchs.Essen und Erika Fuchs ist kein Stern, nein, aber es gibt ein Asteroiden, der nach ihr benannt wurde und weil natürlich äh es auch viele Fansdie dann astroid entdecken und die natürlich die Benahrung vorschlagen, genauso wie Karl Barrks, der die tollen Geschichten oder die besten Geschichten gezeichnet hatam Himmel natürlich verewigt ist und dass mein Laptop dann ähKarl Barks äh hieß oder heißt äh und ähm insofern kann man da so ein bisschen auch sich bei Himmelsobjekten so was äh aussuchen, weil viele Namen dann grade in die Asteroiden drin sind als Namen.
Tim Pritlove 1:51:17
Drei eins eins sieben fünf Erika Fuchs. Äh nach dir ist noch keiner benannt.
Stefan Jordan 1:51:24
Nach mir ist noch keiner genannt. Also wenn noch jemand entdeckt und äh den gern nach Wirbel nennen würde, ich wäre sehr froh, wenn das passiert.
Tim Pritlove 1:51:33
Ja. Jetzt ähm.Vielleicht nochmal kurz über die Datenbank äh reden. Ähm gab's noch so ein paar Sachen, die mir aufgefallen sind. Also es wird ja alles dann.Wie wir schon erwähnt haben, Isak.In Spanien vorgenommen, dass es ja quasi so das Servicezentrum für die Wissenschaft, habe ich auch jüngst einige Sendungen dort vor Ort aufgenommen, auch zu diesem äh Thema.Dort landet das dann alles und äh bietet im.Den Zugriff für, ja, jeden, ne? Also so ist ja nicht nur auf die Wissenschaft äh begrenzt. Da kann sich ja jeder einklinken. Ähm.Gibt ja dann auch noch solche also erstmal hat der so jedes jedes Objekt hat ja dann so eine so eine eindeutige Kennung.Ein paar Kennungen haben sich aber geändert jetzt irgendwie beim neuen Katalog. Warum.
Stefan Jordan 1:52:30
Es gibt äh mehrere Gründe. Also zum Beispiel kann es manchmal sein, dass man herausfindet, dass ein Stern, der im Sternkatalog vorher.Als ein Objekt gesehen wurde jetzt im neuen Katalog als zwei Objekte identifizieren muss, dass das ein Doppelstern ist. Da muss man natürlich.Machen und dann muss man die ändern. Also die allermeisten Sterne haben ihre Identität übrigens behalten, aber für ein paar gilt das nicht und dann gibt's auch ein paar ganz wenige Sterne.Gar keine Sterne waren, die nur ein Artifakt waren. Das kann auch passieren, dass das wird ein,vielleicht zwei Prozent oder so der Sterne vielleicht mal eine Zahl in den Raum geschmissen ohne dass ich sie wirklich kenne aber äh das kann auch mal passieren und dann wird halt der Stern äh rausgenommen oder es werden neue gefunden in der Tat natürlich, weilwir natürlich jetzt mehr Sterne im Katalog haben als im Vorgängerkatalog. All das sorgt dafür, dass wir eben ein paar neue Benennungen haben. Aber es gibt.Datenbank äh eine Tabelle, in der Datenbank natürlich eine Tabelle, die die Identifizierung zwischen dem vorherigen Katalog und dem jetzigen natürlich äh sicherstellt.
Tim Pritlove 1:53:34
Mhm. Eine andere Information ist äh eine eine Healpix äh Information, die so einen Stern auf die Erdoberfläche verortet, wie.
Stefan Jordan 1:53:47
Ja also nicht.Sind eigentlich nicht die Erdoberfläche, sondern es ist so, dass die Hirtes, äh Hirpix äh ist eine ein Verfahren, ein mathematisches Verfahren, die den Himmel in,in gleichflächige äh gleiche Flächen einteilt. Eine Kugel oder ein äh ein Koordinatensystem, gleiche Flächen ein.Und äh das ähm ist so, dass man Healpix verschiedene Stufen hat.Je höher die Stufe, desto feiner ist diese Einteilung. Aber das besondere, es ist gar nicht so leicht eine Kugel äh in gleiche Flächen einzuteilenAlso das ist ja das Grundproblem, wie man das macht. Aber mit geht das und ähm man kann dann auch äh die in einer sehr systematischen Weise miteinander identifizieren, sodass man auch herauskriegen kann, welche Flächen miteinander benachbart sind anhand der.Nummer, die dort gemacht wird. Und diese Nummer werden übrigens auch benutzt dann in Gaja, um dieBenennung der Sterne zu machen. Also da die Benennung der Sterne haben wir natürlich keine Eigennamen, das kann man bei 1,8 Milliarden Sternen schlicht vergessen da Einnahmen zu machen und äh früher hat man da Koordinaten genommen zu einem bestimmten Zeitpunkt.Dass es auch sehr auch genauso unleserlich im Grunde genommen und auch ändert sich auch, weil man natürlich im Laufe der Zeit ändern sich Koordinaten, aber äh so leicht verlässt man nicht so ein und es ist einfach so, dass man die Nummer des inin äh das Zahlensystem von null bis äh neun äh übersetzt sozusagen und äh in äh und dann durchnummeriert und das ist da müssen so viele Zahlendrin sein, so dass man auch auskommt mit der Anzahl der Sterne, die dort drin sein könnten und äh das heißt, man kann anhand der Stern.Benennung in Gaja, äh wenn man genau weiß, welchewelche äh wie viele Ziffern jetzt zu Healpix gehören und wie man das umrechnet äh kann man genau sagen zu welchem sozusagen ein bestimmter Bereich äh gehört. Das ist sehr nützlich, wenn manKarten des Himmels machen möchte, weil man ja da zum Beispiel nicht jeden einzelnen Stern auftragen möchte, sondern wissen möchte, wie die dichte Verteilung der Sterne ist. Dann sind die sozusagen schon zusammengefasst zu Objekten, die eine bestimmte Größe inich sage jetzt mal Millibogen Sekunden haben,und äh dann kann man sagen, wie viele Sterne zu diesem gehören, das steht im Sternkatalog ja drin, dann hat man die schon zusammengefasst und kann dann so eine Karte machen.Und äh das ist also ein sehr nützliches System, um äh Sterne zu benennen und äh und äh.Und ähm wissenschaftliche Karten äh darzustellen.
Tim Pritlove 1:56:22
Und daraus ergibt sich sozusagen auch automatisch so eine äh so eine Baumstruktur äh in der quasi alle Sterne angelegt sind oder abgespeichert sind. Mhm.
Stefan Jordan 1:56:33
Wurde zum Beispiel sehr viel gemacht äh bevor Gaja da war für die für die ähm Bilder von kosmischem Hintergrund. Da will man nämlich auch wissen, wie wiedie eine bestimmte Entfernung voneinander haben ähm miteinander korrigiert sind, weil man ja wissen möchte, welche.Muster sich da in einem Hintergrund umgeben, die was mit der Dichtefluktuation im frühen Universum zu tun hat. Da da hat man das glaube ich zum ersten Mal großräumig benutzt in der Astronomie, aberin in in der Astrometrie benutzt man das eben jetzt wie gesagt auch sehr.
Tim Pritlove 1:57:05
Aber welche Form hat denn diese dieser Pixel? Also das ist ja dann kein Kreis, sondern es ist dann.
Stefan Jordan 1:57:10
Nee, dass das so eine so eine.
Tim Pritlove 1:57:12
Oder.
Stefan Jordan 1:57:12
Ja, das das hängt ein bisschen davon ab, wo man am Himmel ist. Die ändert sich so ein bisschen. Das gibt eine schöne, gucken Sie einfach auf Wikipedia Healpics, da gibt es äh schöne Plots, wie das aussieht, denn glaube ich, sagt da ein Bild doch mehr, als sich das jetzt im Einzelnen beschreiben würde.
Tim Pritlove 1:57:26
Sind gar nicht so viele schöne Bilder irgendwie hier. Nö, da ist nur so ein bisschen Projektion äh äh ist da und ansonsten noch ein bisschen Hintergrundstrahlung, also mehr ist da irgendwie nicht zu sehen, ne.
Stefan Jordan 1:57:38
Unter Hilpics äh oder was? Okay.Dann habe ich eine andere Webseite im Gedanken. Äh ja genau, dann war das gar nicht auf Wikipedia. Dann muss ich da muss ich vielleicht den Link äh irgendwie dir nennen, den ich von äh den ich dir dann einfach nochmal zuschicke. Dann kann sich das jeder gut angucken.
Tim Pritlove 1:57:56
Wikipedia weiß auch nicht alles. Das haben wir haben wir den Beweis.Jetzt haben wir eigentlich schon ganz äh gut alles abgeklappert, aber vielleicht gab's ja noch ein paar Studien so aus der letzten Zeit, die an dir vorbei geflogen sind, weil jetzt haben wir ja sehr viel darüber geredet, was sagt,Datenbank selber aus und was hat sich.Äh verbessert, aber interessant am Ende ist ja dann eben wirklich äh die Wissenschaft, die dabei herauskommt, dass sich jetzt also Wissenschaftlerstürzen und sagen, okay, alles klar, jetzt habe ich hier endlich mal die Datenbasis, mit der ich diesen Aspekt untersuchen kann. ÄhmSo und hat's ja schon erwähnt, es gibt da so ein paar, die.Scharren schon mit den Hufen und äh an dem Tag, wo die Daten rauskommen, wissen sie ganz genau, worauf sie schauen müssen und andere gucken dann halt überhaupt erst mal, ob sie was Interessantes finden, aber das findet ja die ganze Zeit stattGab's jetzt schon irgendwelche neuen Erkenntnisse in den letzten drei Jahren, die so auf äh Gaja basierten.
Stefan Jordan 1:58:57
Ja, auf jeden Fall. Also ein paar habe ich sozusagen indirekt schon erwähnt, wo man Genaueres machen kann mit den Sternströmen, mit den mit der mit der Frage, wie sich die äh.Sterne verteilen, die wohl durch äh solche galaktischen ähm Begegnungen stattgefunden habenAber äh ja eine ganz neue Entdeckung, die auch vor vor wenigen Wochen durch die Presse ging, war zum Beispiel die Entdeckung eines eines Schwarzen Loches, welches das nächste Schwarze Loch ist in der Sonnenumgebung.Und wo ein etwa sonnenähnlicher Stern innerhalb von äh ich weiß nicht wie viel.Hundert Tagen, ich sage jetzt mal, 160 Tagen oder sowas, um äh die die um etwas kreist, was wo was dunkel ist und ähmDas äh.Waren Kandidat aus den Geierdaten für ein Schwarzes Loch, weil man sich nicht vorstellen kann, das muss ein Massenobjekt sein, was wahrscheinlich so was wie zehn Sonnenmassen hat.Auf der Bewegung des des sonnenähnlichen Sterns bestimmen und was aber überhaupt nicht leuchtet.Und da kommt äh einem eigentlich nur ein schwarzes Loch in in.Als Möglichkeit, also von allen Objekten, die man kennt, sind schwarze Löcher. Das Einzige, was sozusagen damit kompati.Äh es ist immer ein indirekter Beweis, solange man nicht so ein Bild vom von der von der von ja man.Vor dem Schatten des Schwarzen Loches, wie wir's kennen, von so einem so einem supermassiven Schwarz und auch dieses viel, viel kleiner dieses Schwarze Loch wird es zehn Sonnenmassen hat, hat.30 Kilometer Durchmesser. Das ist also was äh was kann man nichtauch nicht von der Erde dann vermessen. Aber es ist eben irgendwie 16hundert Lichtjahre von der Erde entfernt und damit das nächste schwarze Loch, was man kennt und äh es ist ganz anders entdeckt worden als die meisten schwarzen Löcher, denn die meisten schwarzen Löcher ähm.Entdeckt man dadurch, dass sie gar nicht so dunkel sind, dass Objekte Schwarze doch selber, das sieht man nicht, aber in der Umgebung von schwarzen Löchern tut sich meist einiges. Wenn da nämlich Materie.In Richtung eines Schwarze Loches fließt, denn äh bildet sich um das Schwarze Loch so eine Scheibe vondurch die Drehimpulserhaltung, dass die um das Schwarze Loch hin nah und um äh rumfällt und die und das Gas, was da strömt, das reibt aneinander und dadurch entsteht Röntgenstrahlung und.
Tim Pritlove 2:01:18
Den Quarzan.
Stefan Jordan 2:01:19
Zum Beispiel bei den Quasanen ist das also das ähnliche Mechanismen. Und äh da.Und da und das und gerade dieses wenn das Materie gefüttert wird dieses schwarze Loch, dann kann man das entdecken und dann kann man aufgrund der Eigenschaften auch sehen, dass das schwarzes Loch ist. Hier ist es so, dass wir tatsächlichsozusagen ein Objekt haben, was eben nicht gefüttert wird durch.Dunkle Materie, so ein ruhendes schwarzes Loch, wie man's da nennt. Äh ähm und das ist in insofern etwas sehr, sehr seltenes, was weil man davon noch nicht sehr viele entdeck.Noch nicht so nah. Äh die Geier ähm Entdeckung selber reichte nicht aus, da hat man noch ein paar ähm äh.Beobachtungen gemacht, um die Radialgeschwindigkeit zu messen mithilfe von sehr großen Teleskopen, von dem sonnähnlichen Stern, der da äh sich bewegte und ähmzusammen mit diesem Vitting Gaya Beobachtung konnte man dann aber identifizieren, dass es sich um sein solches Zehn-Sonnenmassen schwarzes Loch äh.Muss. Das sind übrigens Entdeckungen, wo auch äh.Heidelberg beteiligt war, nämlich das Max-Punk-Institut für Astronomie äh ähm war da beteiligt und der Erstautor äh der auch in Harvard arbeitet äh und Max-Planck-Institut äh gearbeitet hat.Der stammt eben auch von, hat diese Beobachtung dann mit seinem Team veröffentlicht und da waren wie gesagt auch einige ähdie dann die weiteren äh erdgebundenen Messungen zusammen, dass sie überhaupt etwas, was immer sehr wichtig ist, dieses Wechselspiel, äh man hat was Interessantes gefunden mit Gaja und manchmal braucht man noch ein paar zusätzliche Beobachtungen, dann kann man gucken, ob schon irgendwelche Beobachtungen gibt. Es gibt ja anderedie man vielleicht von den Sternen hat und äh das Tolle an solchen Datenbanken, das geht äh ging ja ein bisschen um das Thema Datenbanken, auch ist, dass man heute das viel leichter zusammenführen kann. Die Beobachtungen, die mit verschiedenen Instrumenten gemacht werdenkombinieren, um dann ein Gesamtbild von den Objekten, die man dort studiert, dann auch am Ende zu haben. Und ähm.Ja, also äh die anderen Dinge habe ich glaube ich im Wesentlichen genannt, die jetzt ganz großräumig ähm sind.
Tim Pritlove 2:03:27
Noch mal eine Frage zu diesem Schwarzen Loch. Also.Gefunden hat man's, weil man einen Stern gefunden hat, der eine sehr enge Rotation um so einen Punkt äh hatte. Das ist ja etwas, was man eigentlich aus diesem Katalog sehr leicht herauslesen können müsste.Heißt es dann nicht, dass man dann eigentlich relativ fix auch noch.Tausend andere schwarze Löcher auf die Art und Weise äh finden kann oder ist das so selten, dass das jetzt hier so ein totaler Zufallsfund war, weil ich meine, das ist ja nun vergleichsweise einfacherParameter, den man hier finden kann, so eine Rotationsgeschichte aus den Bewegungsdaten, wie sie Gaja rausgibt zum.
Stefan Jordan 2:04:05
Also ich bin an dem Projekt nicht selber beteiligt, dass sie, weiß ich nicht jetzt, wie viel Objekte sozusagen noch drinstecken geht. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass sie in Geierdaten natürlich noch andere äh schwarze Löcher da drin sind, aber äh und ähm.Aber diese eine Fund sozusagen hat sich schon gelohnt zu veröffentlichen an der.Also ich bin bin mir sicher, dass in den Gaja-Daten noch mehr äh solche Objekte äh drin sind. Man muss natürlich auch für intelligente Weise die Daten filtern.Und man muss sich immer klar machen die Geier Daten sind schon sehr komplex wenn man sich das genau anguckt. Eigentlich.Sind so die wesentlichen astrometrischen Daten, da ist eine Position, da ist eine die Eigenbewegung, von denen wir geredet haben und dass die Paralaxe.Das sind eigentlich fünf Werte übrigens, also zwei Koordinaten, mit denen man die Position beschreibt.Zwei, die einem sagt, in welche wie schnell sich ein äh Objekt in diesen beiden Koordinaten pro Jahr bewegt und dann die Entfernung oder die Paralachse. Äh aber in Wirklichkeit ist es natürlich so, dass da die MessfehlerKorrelationen dieser Daten miteinander, also viele, viel mathematische Statistik über die Beobachtung selber mit drin ist und deshalb muss man eben sehr genau gucken, welche Daten sind jetzt genau auch signifikant für diese Sache.Äh das macht die Filterung schwieriger, als wenn man jetzt einfach sagen würde, die Daten sind jaso genau, dass alle äh alles andere vernachlässigt werden kann. Das heißt, man muss also erstmal eine grobe Filterung machen und guckenwelche als Kandidaten zur Verfügung steht und dann muss man sich jedes von diesen Daten sehr genau angucken, ob ob die einzelne Messungen auch zuverlässig sind, denn ähm da da gibt's aber viele Parameter in den Garten, Geierdaten, die einendarüber Auskunft geben und in diesem Fall auch noch die Nachbeobachtung, die haben das ja dann auch noch gezeigt, dass da eine solche Bewegung stattfand, dann in der Kombinationkonnte man das in diesem Fall schließen. Das heißt, es ist schon wahrscheinlich ein gewisser Aufwand damit zu verbunden, aber ich kann jetzt im Kopf nicht abschätzen, ob da ob man ob da jetzt zehn oder hundert oder tausend.Solche schwarzen Löcher in den dreier Daten jetzt drinstecken. Dafür bin ich einfach zu weit weg von der eigentlichen Entdeckung in diesem Fall.
Tim Pritlove 2:06:07
Na ja, ne. Ich freue mich ja jetzt auch eher, was das sozusagen für die Strategien in Zukunft aussagt, wie man denn nun sich sozusagen diesem Datenmaterial nähert. Ist klar, wenn man jetzt was.Bestimmtes äh hat, dann freuen die sich so, ah hier endlich der Stern, äh auf den ich schon immer schaueMal äh genau oder die Gruppe oder was auch immer man da äh schon hat, aber das eigentlich Spannende ist ja ähbisschen einfach die Angel in den Teich äh zu werfen und mal zu gucken, was so anbeißt. Ähm das dauert natürlich dann lange äh also möchte man äh eher so ein Netz ähm auslegen um dann äh nach interessanten Dingen zu fischen und dasnatürlich so ein bisschen äh nach dieser Machine äh Technik, mit der man ja sind so diffusen Datenmaterial, bestimmte Muster äh dann eben auch trainieren kann, indem man quasi das Wissen, was man derzeit hatquasi matcht auf diese Datenbank und sagt so okay, das damit trainiere ich jetzt sozusagen die alles was wahr ist und suche äh auf diese Art und Weise nach Neuem.
Stefan Jordan 2:07:08
Absolut, also diese neuronalen Netzwerke oder ähnliche Techniken der künstlichen Intelligenz, um äh um Klassifikationen zu machen und in Datensätzen bestimmte Muster zu finden. Das ist natürlich hochgradig populär und,ganz, ganz viele äh ähm wissenschaftliche Veröffentlichungen beruhen inzwischen auf solchen äh auf solchen Suchstrategienund sie helfen auch zum Beispielherauszufiltern, welche gehören dazu und welche sind vielleicht Hintergrund oder Vordergrund er nicht dazu gehört, dass da dass es sehr, sehr hilfreich. ÄhHinterher muss man natürlich dann immer auch gucken, eine Interpretation, denn das das Dumme an diesen Netzwerken ist, dass sie einem zwar irgendwie Objektlisten liefern, aber sie sagen einem nicht genau, warum dieses Objekt.Gehört. Das ist ja ein bisschen das Problem dieser Art von Mustererkennung. Das heißt also äh da äh da aber zumaber sie sind extrem populär und auch sehr extrem erfolgreich, um um bestimmte Daten auch äh herauszubekommen und zu klassifizieren und das wird zum Beispiel auch gemacht, umäh um um diese äh Sternparameter, von denen ich sprach, die dann ja auch sozusagen veröffentlichen Temperaturund ähm wir haben Massen und Leuchtkraft äh Bestimmungen und ähnliches, die die veröffentlicht sind. Da sind auch teilweise solche Strategien angewendet werden, um schnell für große Datensätze solche Parameter zu bestimmen.
Tim Pritlove 2:08:27
Gibt sicherlich äh viele auch komplexe mathematische Herangehensweisen, was weiß ich, so Gravitationslinsen äh Effekte kann man ja im Prinzip dann auch.Finden, ne, also.
Stefan Jordan 2:08:39
Oh ja, ja, ja, ja, ja.
Tim Pritlove 2:08:40
Schon sortiert sind sozusagen, weiß man ja okay, ich schaue mir jetzt mal irgendeinen Bereich an.Verhalten sich hier bestimmte Sterne so, dass sie aussehen, als wären sie halt so langgezogene Dinger, ne. Ist das überhaupt mit solchen Sternen, die so durch so eine Gravitationslinse,gar nicht mehr richtig punktförmig sind.Gaja so etwas.
Stefan Jordan 2:09:03
Ja, also bei Sternen, die äh einigermaßen weit noch von der Linse entfernt sind, ist diese Verzerrung eigentlich gering, aberPositionsverschiebung, die kann man durchaus mit Gaja sehen, das heißt ähm also die meisten Gravitationslinsen, die man ja heute entdeckt vom Boden aus, äh indem man,Millionen von Sternen jeden Tag nach der Helligkeit macht. Das sind Helligkeitsmessungen vor allen Dingen. Also da da sieht man, dass so eine Gravitationslinse, dass die Helligkeit eines äh.Eines ähm durch einen vorbeifliegendes Objekt, was davorfliegt, äh die Helligkeit des Hintergrundobjektes äh verstärkt, um einigen.Faktoren und äh das ist das, was man eigentlich hauptsächlich misst.Mit Gaja kann man tatsächlich astrometrisch messen, wie die Sternposition, wenn du wenn man dann in die Nähe von der von dem Objekt kommt, misst und zwar über einen viel breiteren Bereich, während diese Linseim Allgemeinen in der Helligkeit variiert über Monate hinweg.Ist es so, dass man äh astrometrisch diesen Effekt schon über Jahre messen kann im Prinzip. Also über längeren Zeitraum, aber es ist natürlich komplizierter und viel schwieriger diese Messungen dann zu machenDas beste ist natürlich man hat beides am EndeTeilweise wird auch vorhergesagt aus der aus den Gajadaten, welche Objekte möglicherweise Kandidaten für eine Gravitationslinse sind. Das dazu muss man natürlich sehr genau die Positionen der Sterne äh kennen, die dort beteiligt sind. Also dashätte man vorher gar nicht gewagt vor den Geierdaten, solche Vorhersagen zu machen.Aber diese Verzerrung, die kommt eigentlich erst, wenn man ganz, ganz nah an die Linse rankommt und das ist ein so seltenes, ob die ähSachen und ich glaube, dass man mit Gaja solche Verzerrungen auch nicht messen könnte. Dafür fehlt uns auch die Auflösungwir können zwar die Position sehr genau bestimmen aber machen ja keine tollen also wirklich Bilder von den Objekten in dem Sinne dass wir so etwas dann erkennen könnten.
Tim Pritlove 2:10:57
Äh meine wirst ja sicherlich auch äh mit einigen mit mit offenstehendem Mund auf die äh Bilder geschaut haben, die jetzt vom James WebTeleskop äh gekommen sind. Ich denke, dass soweit ich das mitbekommen habe, ist die Qualität dieses äh Teleskops ja da.Besser als man's äh im besten Fall,angenommen hat so. Das absolute Maximum was physikalisch möglich ist, wurde erreicht und jetztquasi auf Bilder die alles sprengen, was man sich so erhofft hat, oder.
Stefan Jordan 2:11:33
Extrem eindrucksvoll und das James Web Teleskop äh auch wenn es sehr lange gedauert hat und alles war ist wirklich ein tolles Projekt und äh hat sich mit Sicherheit auch gelohnt und äh die die das was man soaußen, ich bin ja nicht jetzt an diesem Projekt selber beteiligt, aber was was man so hört ist und was man sieht äh auch an tollen Bildern, wo man dannja in Bereiche reinsehen kann, wo man im Optischen einfach nicht reingucken kann, weil da die Intersteller Materie davor.Dahinter liegenden Objekte ja verschluckt und mit der Wärmestrahlung, die er von von dem gemessen wird, kann man da teilweise reingucken und äh und in Auflösungen, die auch besser sind, wobei man natürlich immer sagen muss.Ähm äh sagen wir dem Infraroten beobachtet, braucht man auch ein größeres Teleskop, um die gleiche Auflösung zu erzielen, die man im Optischen hat, weil,die äh die Auflösung sinkt ja mit der Wellenlänge linear, also je äh bei der doppelten Wellenlänge hat man auch nur das halbe Auflösungsvermögen an der Stelle, aber das äh,Ist wirklich äh extrem eindrucksvoll, was man damit äh James Web äh machen kann.
Tim Pritlove 2:12:35
Mit Geier gibt's ja eigentlich nur im Bereich der Beobachtung der Exoplaneten dann, ne.
Stefan Jordan 2:12:41
Ja, ganz sicher, dich jetzt Überschneidung geben, aber der Punkt ist ähm angenommen, es gibt ein interessantes Objekt, was man mit James Web entdeckt.Man braucht das da die Entfernung, die kann dem nicht messen.Wir können es auch mit Gaja sehen. Das ist natürlich Voraussetzung. Also es darf nicht so ein Objekt sein, was wo das Licht verschluckt wird durch irgendwie äh Dunkelwolken und äh das ist ein Objekt, was Mobige gar nicht sehen kann, aber wenn wir das mit Geier sehen können und mitJames Wrap wurden irgendwelche Erkenntnisse gewonnen über das Objekt, dann ist die Entfernungsmessung zum Beispiel immer noch ein zusätzlicher Parameter, der einem auch für die äh Beurteilung und die Erforschung mit James Bab hilftAlso immer die Kombination verschiedener Beobachtungen helfen weiter. Gaja ist manchmal nur ein ein Mosaikstein für ein Paper, manchmal auchWichtigste für eine.
Tim Pritlove 2:13:28
Zumindest der Startpunkt, ne.
Stefan Jordan 2:13:29
Das ist der Start auf der Startpunkt, aber äh zusammen mit James Web äh Beobachtung kann das auch sehr nützlich sein.
Tim Pritlove 2:13:37
Paper sind denn jetzt so rausgekommen, die man auf Gaja zurückführen kann? Letztes Mal hatten wir tausendsiebenhundert, da hast du gesagt, das war so vier pro Tag.
Stefan Jordan 2:13:44
Wir sind also in den äh ja wir sind ungefähr bei fünf äh Veröffentlichungen seit dem Veröffentlichung des zweiten Sternkatalogs sind wir bei fünf Veröffentlichungen pro Tag ungefähr.Das ist sehr, sehr konstant geblieben und äh ähm hat ist es äh ist wirklich eindrucksvollalso und äh der der etwas, was ähm wirklich ganz, ganz selten ist, dass wir Dob von der NASA bekommen.Also ich meine, die Amerikaner äh sind ja manchmal sehr äh zentriert auf das, was NASA macht und so. Aber der Wissenschaftsdirektor der NASA, der hatin einem Tweet letztens äh geschrieben,im letzten Jahr Gaja, was die für Anzahl der Veröffentlichung pro Jahr angeht, äh habe es Base Teleskop geschlagen hat, was bisher das erfolgreichste.Was die Anzahl der Wissenschaft Paper angeht und darauf sind wir natürlich sehr, sehr stolz und auch, dass das sozusagen von der Nase auch wirklich angenommen wurde und.Ganz tolle Sache ist, dass jetzt im äh Gaja einen Preis bekommen hat und zwar auch von einer amerikanischen Organisation, das ist der Barkley-Price, Preis der äh verliehen werden wird im.Glaube im Januar oder im Januar wahrscheinlich nächstes Jahres auf der Tagung der äh amerikanischen astronomischen Gesellschaft. Dort wird dieser Preis verliehen und zwar für das Gajaprojekt und.Auch sehr schön, dass da äh wir da die Sichtbarkeit äh haben und äh das auch wahrgenommen wird und.Wenn wir uns angucken, wer die Daten abruft, ist Amerika, USA äh so sehr, sehr weit auch äh dabei, die die europäischen Daten zu sehen und ich höre das auch, wenn ich auf Tagung bin. Ich war auf einer Tagung über weiße Zwerge, bei denen Gaja natürlich übrigens eine enorme Rolle spielt äh ähwo viele amerikanische Wissenschaftler auch waren und die natürlich Gaja extensiv äh und also intensivbenutzen und äh in in vollem Umfang natürlich auch äh auswerten. Also etwa 5 Prozent aller Paper war sind übrigens über weiße Zwerge, mein dieLieblingsgebiet, mit dem ich mich wissenschaftlich lange beschäftigt habe und da gibt es auch viele neue Erkenntnisse, also zum Beispiel über.Kristallisation von weißen Zwergen, das sind Dinge, die die man erst mit den Geierdaten jetzt auch auf Tipp, obwohl vorher theoretisch vorhergesagt äh sehr sehr genauja zeigen kann, dass es wirklich passiert genau dieser Vorgang während weiße Zwerge, die ja im Inneren keine Kernfusion mehr machen, sich abkühlenso einen bestimmten Zeitpunkt, wo die Kristallisieren und dann nochmal bisschen latente Wärme freisetzen, wie wir's bei jedem Kristallisationsprozess stattfindet undkann man an bestimmten Diagrammen äh erkennen, dass das äh und zwar nur durch dieGaja äh Daten äh zusammen mit anderen Messungen, aber durch die Gaja-Informationen ist man in der Lage, diese dieses diesen diese Sache auch wirklich nachzuweisen. AlsoEs ist man kann eigentlich in jedes Gebiet, auf dem man sich ein bisschen auskennt, hineingehen und sagen, Gaja hat daunglaubliches geleistet und das finde ich ist auch so mit eins der spannendsten Dinge, dass Gaja nicht fürfür Asteroiden gemacht oder für Sterne oder für sondern für alles.Auf all diesen Gebieten leistet Gaja enorme Sachen. So ein bisschen ja so eine eierlegende Wollmilchsau in gewisser Weise. Äh was das angeht.
Tim Pritlove 2:17:02
Gibt's eigentlich Missionen, die so.Ich meine der Bedarf so eine Mission wie Gaja nochmal zu wiederholen, der wird jetzt erstmal.Nicht so groß sein, weil es ja absehbar ist, dass jetzt mit zehn Jahre Beobachtungszeit, so also bis man diesen Katalog überhaupt erst mal extensiv ähm.Durch hat, so also da gibt's wahrscheinlich gar nicht genug Wissenschaftler. Ich wollte schon das Gefühl, um das sozusagen äh alles rauszuholen, wird ja auch äh Huble hat ja auch noch irgendwie genug Arbeit für für viele. Aber so dieses.Beobachtungsprinzip.Die wir Art und Weise, wie diese Raumsonde auch funktioniert, das mag ja dann auch für andere als artige Beobachtungen und Katalogisierungen, die sich.Andere Aspekte anschaut, vielleicht auch interessant sein. Gibt's irgendetwas, was man so in puncto Nachfolgemission oder äh verwandte Mission dort schon diskutiert.
Stefan Jordan 2:18:02
Das gibt's natürlich, also es ist ja so, dass äh die ersten sehr konkreten Ideen für eine neue Mission, die dann später Gaja genannt wurde, äh äh kam, als die Hyperkostmission zu Ende war1993 war die der etwa hunderttausend Sterne vermessen hat äh hochgenau und äh einigemit etwas niedriger äh Genauigkeit ähm hat dann gerade seine die Beobachtungen beendet und wurde dann ausgewertet.Der Datensatz und da kam dann ja auch die Ideen und sehr konkreteVorschläge für die Konstruktion eines neuen Gerätes und so ist es natürlich auch jetzt äh dass äh schon während der Mission natürlich Ideen sind für eine Nachfolgemission. Also dieses Prinzip eines Scanningsattelliten.Das ist tatsächlich eins, was extrem gut ist für für Astrometrie, also das ist schon sehr sehr äh für diesen Zweck äh gemacht worden.Und ähm die Idee für einen Gaja-Nachfolgemission ist, dass man.Da auch so ein bisschen ins Infrarote geht, um nämlich äh zu vermeiden, dass man die Sterne, die man ja aufgrund der Interstelle an Materie durch die Absorption nicht siehtman die ein bisschen ähm da dass man da mehr Objekte bekommt.Ein also eine würde mehr Infraroten beobachten. Das sind noch einige technische Probleme zu lösen. Das ist äh nämlich die Ditektoren äh,genauso arbeiten, wie man für so einen Scanning-Sathliten braucht. Die gibt es bisher für für Infrarot noch nicht. Aber prinzipiell kann das möglich sein. Da werden Studien gemacht, die auch.Gerade auch schon anlaufen oder demnächst anlaufen. Und interessanterweise hat bei der Veröffentlichung vomDR 3 die offizielle Veranstaltung der ESA. Da hat er ähm ja Wissenschaftsdirektor der ESA der Professor Günther Hasingergenau dieses Projekt eines Nachfolgers schon erwähnt und dass es offenbar auch in der durchaus äh ja sehr,populär ist, gerade wegen des großen Erfolges von Gaja.Mit einem gewissen zeitlichen Abstand ist es durchaus sinnvoll, Gaja einen Gaja-Nachfolge auf äh zu machen, wo auch Astrometrie wieder eine Rolle spielen wird.Eben dann im Infraroten und äh ichdenke mal, aber das die Realisierung wird wahrscheinlich eher so im Bereich zwanzig, 30 Jahre sein. Äh das sind natürlich Zeithorizonte, die dann eben auch da eine Rolle spielen, aber äh das wird natürlich jetzt äh untersucht, um dannspäter äh so ein Projekt zu gegebener Zeit, wenn dann die Technik und auch.Konstruktion eines solchen Satelliten und äh in der Konkurrenz mit anderen Projekten dann äh wieder so ein Projekt für,notwendig genug gehalten wird, um es dann auch zu finanzieren.
Tim Pritlove 2:20:46
Ja, das war so der Zeitraum, an den ich auch äh dachte, ist klar, dass das nicht von heute auf morgen äh.
Stefan Jordan 2:20:51
Also Gaja Nier heißt das im Moment, aber ich meine, es wird mit Sicherheit nicht Gaja heißen und auch nicht Gaja, aber es gibt ja immer erstmal so einen Titel, dann weiß man, wo's.
Tim Pritlove 2:21:00
Gemeint ist so, ne? Ja, ich meine, das hat man ja schön gesehen, jetzt, wenn man die Bilder äh von äh Jim Step vergleicht.Aufnahmen von Huble, vom selben Ort. Wiedass ja die Wahrnehmung der Geräte nochmal komplett ändert in dem Moment, wo man halt Infrarot draufgeht. Also alles, was so Dickicht und Nebel war, ja, so hier ähm wie heißt auch gleich hier diese Geburts äh Galaxie ähm.Säulen der äh der Schöpfung, genau. Ja, pathetischer hätte man's jetzt kaum bezeichnen können, so.
Stefan Jordan 2:21:35
Das stimmt. Im im Adlernebel eine Struktur ja.
Tim Pritlove 2:21:39
Genau so und und äh ne und und James.Schaut halt einfach durch den Vorhang und und und blickt auch noch mal auf äh andere Sachen. Aber verstehe ich das auch richtig, dass das sozusagen auf der einen Seite eben quasi den Blick in die Milchstraße eröffnen wurde, so insbesondere durchs Zentrum hindurch.Aber letztlich ja vielleicht auch eine Astrometrie von ferneren Galaxien und so weiter auch noch äh mit befördern könnte, so wie James Welp das macht.
Stefan Jordan 2:22:06
Ja, also ich glaube, durch das Milchstraßenzentrum sehr hindurch oder so, das werden wenige Objekte sein, das ist schon sehr, sehr dicht dort, aber man wird also deutlich erweitert und deutlich weiter auch Richtung galaktisches Zentrum gucken können damit.
Tim Pritlove 2:22:18
Meine ich jetzt überhaupt sozusagen in in dieser Richtung.
Stefan Jordan 2:22:20
Ja, ja, da wirdman sehr, sehr viel mehr sehen äh in dem Bereich und andere Galaxien, äh die also stärker in Richtung Infraroten sind. Das hängt natürlich davon ab, wie groß so ein Teleskop ist. Ich meine, man man muss ja auch noch bedenken, dass äh wenn wir jetzt äh inden Zeitraum fünfundzwanzig, 30 Jahre denken, dass dann vielleicht ein Teleskop äh von erheblich größerer Größekein Problem sein wird, weil einfach vielleicht die Raumfahrt auch billiger wird und man dann also äh ja nicht so viel an äh ja.Die Begrenzung war ja zum Beispiel bei Gaia, dass es in der Sojus äh reinpassen mussmit der Faltung des Sonnenschirms und solche Dinge. Das wird natürlich ganz enorm natürlich helfen, wenn man da größer und äh mehr ins Infrarote gehen können. Da ist natürlich einiges möglich an an neuen äh Objekten, die man dann sehen kann.
Tim Pritlove 2:23:15
Schneller, weiter.
Stefan Jordan 2:23:16
Genau, das ist, die Wunschträume sind natürlich schon jetzt gigantisch, aber es wird bei in vielen Sinne länger dauern, aber was eben jetzt äh möglich geworden ist, ist wirklich enorm äh eindrucksvoll.
Tim Pritlove 2:23:29
Ja bedanke mich für die auch eindrucksvolle Schilderung der Fortschritte und wir haben ganz gut angeschlossen finde ich in die letzte Sendung nochmal so einige neue Aspekte äh aufgemacht, die wir so letzte Mal noch gar nicht abgeklappert hatten.Vielen Dank. Wir waren.
Stefan Jordan 2:23:46
Ich bedanke mich und ich freue mich immer, wenn ich ein bisschen was über.Unser spannendes Projekt erzählen kann, denn äh anders als äh James Web, wo man natürlich ganz leicht mit in die.In die Nachrichten oder in die äh Tage, in die in die Webseiten, in die äh Tageszeitung kommen kann, wenn da ein tolles Bild äh veröffentlicht worden sind, haben wir's mit Gaja doch ein bisschen schwerer, weil wir eben keine tollen Bilder machenauch mit Simulation, man kann im Internet auf YouTube.Auch viele schöne Darstellung finden. Die sind aber meist computergeneriert, die dann aus den Daten hervorgegangen haben wir es da deutlich schwerer, aber wann immer man über dieses Projekt redet äh und Zuhörer hat, die sieht.Die ähm ja lernen zum ersten Mal was über dieses.Da hört man ganz oft Mensch äh ich hätte da viel früher gerne was drüber gehört und äh und ähm ja wir es ist schön, wenn wir so ein bisschen die Anzahl der Leute, die mit dem Gayer Projekt was anfangen kann.Verbreitern und da danke ich ganz herzlich auch für dieses sehr angenehme Gespräch.
Tim Pritlove 2:24:47
Na klar. Macht nur weiter schöne, viele Videos von diesen Sternenströmen ist äh das ist auf jeden Fall ausreichend sexy.Ja, dann bleibt mir nur noch mich fürs Zuhören zu bedanken. Das war's heute von Raumzeit. Ich sage tschüss und bis bald.

Shownotes

Glossar